Elfriede Gerstls Arbeitsjournal' von 1955
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Zeitschrift für Germanistik und Gegenwart Konstanze Fliedl Elfriede Gerstls ‚Arbeitsjournal‘ von 1955 DOI: 10.25365/wdr-01-02-03 Lizenz: For this publication, a Creative Commons Attribution 4.0 International license has been granted by the author(s), who retain full copyright. WIENER DIGITALE REVUE 1 (2020) www.univie.ac.at/wdr
Konstanze Fliedl Elfriede Gerstls ‚Arbeitsjournal‘ von 1955 1 Eine Notiz von Elfriede Gerstl aus dem Jahr 1991 lautet: „Tagebücher sind zwar Dokumente der Zeit, aber immer auch Dokumente persönlichen Unglücks.“ (Gerstl 2017: 145)1 Wohl auch aus diesem Grund hat Gerstl kein Tagebuch im eigentlichen Sinn geführt, obwohl es ‚Dokumente persönlichen Unglücks‘ in ihren hinterlassenen Schriften durchaus gibt. Die betreffenden Aufzeichnungen sind im Nachlassband ihrer Werkausgabe nicht enthalten, weil das Herausgeberteam versuchte, ihrer Direktive zu folgen, dass allzu Privates unter Verschluss bleiben möge – eine Zurückhaltung, die Gerstl selbst in all ihrer Ambivalenz reflektiert hat: tagebuchseiten wegschmeissen in die man geweint hat weil kein gesprächspartner da war schwer ein stück eigenes leben in den müll zu schmeissen teile in den kopf zurückzustopfen aus schonung für wen für die gfraster die diese schonung gar nicht verdienen oder schont es mich erlittenes nicht einer gierigen öffentlichkeit auszuliefern (Gerstl 2017: 87, datiert 2001) 2 Diese Diskretion soll hier beibehalten werden: Verstreute private Notizen werden nicht behandelt, zumal diese Niederschriften ohnehin nicht in tagbuchähnlicher Konsequenz erfolgten. Eine klassische Diaristin ist Gerstl also nicht gewesen. Die formalen Vorgaben des Genres, eine bestimmte Regelmäßigkeit im täglichen Eintrag von Arbeitspensen, Erlebnissen oder Begegnungen, stehen auch quer zu ihrer Poetik der ‚Beiläufigkeit‘: Das Schreiben, so Gerstls dichterisches Programm, sollte sich gleichsam von selbst ergeben und keinesfalls pathetisch inszeniert werden. Als Instrument der Selbsterziehung oder Selbstbeobachtung – so die historischen Funktionen der Gattung – war ihr das Tagebuch vermutlich auch zu narzisstisch und egozentriert; als Kontrollorgan eigener schriftstellerischer Tätigkeit zu pedantisch, als ‚Dokument der Zeit‘ zu gravitätisch. Ihre Kindheitserfahrungen im Dritten Reich hat Gerstl bekanntlich in ausgesprochen diskreter Weise behandelt; wie Andreas Okopenko einmal bemerkt hat, hat sie es gerade nicht darauf angelegt, „ihre politische Kindheit (jüdisches ‚U-Boot‘) umzusellern in eine überlebende Anne Frank“. (Okopenko 2012: 173) Fliedl (2020): Elfriede Gerstls Arbeitsjournal von 1955. doi:10.25365/wdr-01-02-03
3 Dabei hat Gerstl aber nicht nur dem Freund Okopenko 2004 eine Hommage mit dem Titel verspätetes tagebuch gewidmet (siehe Gerstl 2015: 272–274), sondern auch und gerade dem Tagebuch der Anne Frank eine Besprechung (Gerstl 2015: 227–229), und zwar anlässlich einer dramatisierten Fassung, die im Mai 1957 im Theater in der Josefstadt uraufgeführt worden war. Gerstls Rezension ist in der Neuen Generation, der Kulturzeitschrift des ‚Verbands Sozialistischer Studenten Österreichs‘, erschienen. Auf die Gemeinsamkeit des Schicksals deutet lediglich eine versteckte Parenthese: Es ist eine doppelte Wahrheit, die in diesen Aufzeichnungen lebt: die von uns kontrollierbare – vielleicht schmerzhaft erlebte – Realität, und die subjektive Erfahrung dieses erstaunlich hellsichtigen und früh gereiften Kindes. (Gerstl 2015: 228) 4 Die Sätze über die Gattung des Tagebuches selbst sind aber über den Anlass hinaus verallgemeinerbar: Sicher aber ist: das Tagebuch ist ein Kunstwerk und verträgt sogar einen strengen Maßstab, denn hier wird unbewußt ein künstlerisches Gesetz eingehalten, das lautet: Allgemeines werde durch ein Besonderes dargestellt, oder – anders formuliert: am Schicksal eines Individuums werde das seines Volkes (einer Gruppe, des Typus oder einer anderen Gemeinschaft) gezeigt. (Gerstl 2015: 228) 5 Wenngleich Gerstl sich selbst nicht in dieser Art des ‚Kunstwerks‘ versucht hat, hat sie dennoch datierte Aufzeichnungen geführt. Die frühesten stammen aus den Jahren 1954/55. Sie lassen sich am ehesten als Arbeitsjournal bezeichnen: Es sind Prosaskizzen und lyrische Versuche, die korrigiert und mitunter in Hinblick auf eine Veröffentlichung durchaus nachdrücklich redigiert worden sind. Abbildung 1. Elfriede Gerstls Arbeitsjournal 1954/55, 1962. Fliedl (2020): Elfriede Gerstls Arbeitsjournal von 1955. doi:10.25365/wdr-01-02-03
6 Das Material aus dieser Zeit ist höchst divers und einigermaßen schwer zu ordnen. Wurde es zeitlebens publiziert, in Zeitschriften oder Sammlungen, findet man es in betreffenden Bänden der bei Droschl erschienen Werkausgabe (die weiteren Bände sind Gerstl 2013 und Gerstl 2014). Manche der unveröffentlicht gebliebenen, handschriftlich erhaltenen Texte sind im fünften Band, Das vorläufig Bleibende, als Inedita abgedruckt, und zwar unter verschiedenen Rubriken wie ‚Gedichte und Prosa‘ oder ‚Träume‘. Das Herausgeberduo Christa Gürtler und Manfred Wedl hat hier eine Auswahl getroffen; sie folgte verschiedenen Rücksichten, etwa auf die Intimsphäre der Autorin oder auf den literarischen Status des Niedergeschriebenen; manchmal kamen auch rein pragmatische Aspekte wie die Entzifferbarkeit der Schrift ins Spiel. Daher sind zahlreiche Notate aus dem Nachlass nach wie vor nicht ediert. 7 In der Tat sind aber viele dieser Texte chronologisch, also quasi-diaristisch aufgezeichnet worden. Im Nachlass sind sie in verschiedenen Notizbüchern und -blöcken überliefert, die Gerstl manchmal parallel, manchmal gegenläufig geführt hat, das heißt, bestimmte Eintragungen wurden nacheinander niedergeschrieben, andere auf dem gewendeten, von hinten nach vorne benutzen oder aber einem weiteren Textträger. Im Folgenden sollen die erhaltenen Aufzeichnungen eines Jahres rekonstruiert werden – ob publiziert oder nicht –, um aus ihnen so etwas wie ein Tagebuch zusammenzustellen. Gewählt wurde das Jahr 1955, und zwar deswegen, weil die frühesten Notizen zwar ins Jahr 1954 zurückgehen, aber noch kein ausreichendes Korpus bilden; erst ab Januar 1955 folgen datierte Aufzeichnungen mit einiger Regelmäßigkeit. Darüber hinaus wurden in diesem Jahr auch die ersten Texte aus dem ‚Journal‘ publiziert, es handelt sich also um den Zeitraum des ersten öffentlichen Auftretens. 8 Das betreffende Konvolut umfasst vier Notizblöcke,2 wobei der erste und der letzte jeweils auch Eintragungen von 1954 bzw. 1956 enthalten; die ersten beiden wurden alternierend beschrieben. Herangezogen werden nur Texte, die entweder durch Datierung oder Lage zweifelsfrei dem Jahr 1955 zugordnet werden können; das sind insgesamt 49 Aufzeichnungen, von denen 28 zu Lebzeiten Gerstls gedruckt wurden, die meisten von ihnen in den Neuen Wegen zwischen 1955 und 1958 und im Jüdischen Echo von 1955 bis ins Folgejahr. Zwei Gedichte hat Gerstl später in Sammlungen aufgenommen, eines in die wiener mischung (1982), das andere in alle tage gedichte (1999). Dazu kommen zwei Texte, die sich jetzt im Nachlassband Das vorläufig Bleibende finden; die übrigen neunzehn sind unpubliziert. Einzelne weitere Veröffentlichungen Gerstls aus 1955 sind in den Notizblöcken nicht enthalten. Sie wurden hier nicht berücksichtigt, weil das Konvolut eben nicht nur als Entwurfs- oder Stoffsammlung gelesen werden soll; in den Blick genommen werden hingegen Thematik und Stilistik unter den von Gerstl selbst als diaristisch genannten Aspekten: der Zeitgenossenschaft und des ‚Persönlichen‘. 9 Freilich ist dabei die banale biographistische Basisannahme nicht zu umgehen, dass sich Privates wie Zeitgemäßes in literarischen Texten spiegelt. Diese Spiegelung ist in Gerstls Aufzeichnungen aber gerade durch die zeittypische Tendenz zur Chiffrierung in Naturmetaphern oder mythologischer Bildlichkeit vielfach zurückgenommen. Selten wird sie so konkret wie in den folgenden zwei Beispielen. Beim ersten handelt es sich um ein unveröffentlichtes Gedicht vom 21. Oktober 1955, Was der Teich Narziß zu sagen vergaß: Ich will dir gern deine Züge zeigen Brauchst dich nur über mich zu neigen Schon siehst du sie, die leere eitle Fratze, Du staunst und schleichst wie eine Katze Um mich herum?! Fliedl (2020): Elfriede Gerstls Arbeitsjournal von 1955. doi:10.25365/wdr-01-02-03
Der Kuckuck singt nur seine K.[uckucks?]lieder Komm’ doch und schau Schau dich nur immer wieder.3 10 Unter diesem Text steht folgende lapidare Fußnote: „(Nach einem Weigl Vortrag geschrieben)“. Die versifizierte Abrechnung mit dem autokratischen Publizisten Hans Weigel, der zu dieser Zeit mit Hermann Hakel, dessen Kreis Gerstl angehörte, um die Rolle des Supermentors der jungen österreichischen Literatur konkurrierte, lässt sich freilich auch auf andere Zeitgenossen übertragen. 11 In die Rubrik ‚zeitläufig‘ der Sammlung wiener mischung von 1982 hat Gerstl dann folgenden, am 17. 9. 1955 niedergeschriebenen Text aufgenommen: die zinnsoldatenrevue eins, zwei marschieren die soldaten die kleinen graugrünen zinnsoldaten in einer reih. eins, zwei kam der kasperl gesprungen und hat einen langen säbel geschwungen und schlug vielen grauen den schädel entzwei die übrigen gingen in einer reih eins, zwei. dann kam ein könig ganz ohne fragen der hat gar viel aufs haupt geschlagen (man musste sie nicht mehr ins hospital tragen) die übrigen gingen in einer reih eins, zwei. dann kam ein irrer im hemde gelaufen der schickte gleich einen grösseren haufen sich schnell mal mit zyankalium besaufen die übrigen gingen in einer reih eins, zwei u.s.w. Fliedl (2020): Elfriede Gerstls Arbeitsjournal von 1955. doi:10.25365/wdr-01-02-03
12 Der Nachlasstext allerdings trägt den Titel: Das Kasperltheater EUROPA bringt wieder die Zinnsoldatenrevue:. Zehn Tage zuvor, am 7. September 1955, hatte der österreichische Nationalrat einen Gesetzesentwurf verabschiedet, der die Aufstellung eines Bundesheers und die allgemeine Wehrpflicht vorsah. Die Bundesrepublik Deutschland war in den vorhergehenden Monaten der NATO beigetreten, hatte einen Verteidigungspakt mit den USA geschlossen – inklusive der betreffenden Rüstungslieferungen – und die offizielle Gründung der Bundeswehr, die dann im November erfolgte, vorbereitet. Im Kontext der Wiederaufrüstungsdebatte liest sich Gerstls Text als ein unmittelbarer Reflex auf das Zeitgeschehen, der in der Groteskerie der Figuren auch ein wenig an Brechts Legende vom toten Soldaten (Brecht 1988: 112– 115) von 1918 erinnert. 13 So direkt wird die ‚Dokumentation der Zeit‘ aber selten. Daher sollen im Folgenden andere Charakteristika der tagebuchähnlichen Eintragungen zur Sprache kommen, nämlich die Chronologie der Eintragungen, ihre Stilistik in Hinblick auf ihre Veröffentlichungsmöglichkeiten und die thematischen Kontinuitäten. Zuletzt geht es um die Frage, inwieweit diesen Aufzeichnungen die Selbstreflexion der werdenden Schriftstellerin Elfriede Gerstl abzulesen ist. 14 Was die Frequenz der Eintragungen betrifft, so fällt auf, dass fast ein Viertel der Jahreseintragungen im Januar gemacht wurden, bis zur Jahresmitte drei Viertel. Die abnehmende Häufigkeit ließe sich natürlich auch damit erklären, dass Gerstl andere Textträger benutzte, die nicht erhalten sind (für die nicht im Konvolut befindlichen, aber 1955 publizierten Texte muss das auch der Fall sein). Dennoch ist es vielleicht nicht ganz falsch, von einem Motivationsmangel auszugehen, sieht man auf die Publikationslage: Von den bis April entstandenen Texten wurden vierzehn in den Neuen Wegen gedruckt; von den zwischen Mai und August entstandenen erschienen sieben im Jüdischen Echo. Die meisten Texte der danach entstanden Texte blieben unpubliziert, was möglicherweise auch mit deren Qualität zu tun hat: Die letzten Eintragungen des Jahres fallen rein handwerklich hinter die früheren zurück. Der Versuch Gerstls, eine eigene Stimme zu finden, könnte paradoxerweise durch ihre Veröffentlichungsmöglichkeiten blockiert worden sein: Die kessesten Texte aus dieser Zeit sind jedenfalls weder in den Neuen Wegen noch im Jüdischen Echo erschienen. Die ersten verlangten offenbar einen symbolgesättigte, ‚schöne‘ Sprache, das zweite einen Bezug zur biblisch-jüdischen Tradition. Gerstl hat sich bemüht, diesen Anforderungen nachzukommen; ihre eigene Handschrift trat dem gegenüber im Lauf des Jahres deutlich zurück. 15 Stilistisch finden sich daher vollkommen unterschiedliche Techniken. So wird zum Beispiel bei den von den Neuen Wegen angenommenen Texten mehrmals ein traditionelles Verfahren der oppositionellen Platzierung übersemantisierter Dingsymbole eingesetzt, wie etwa in folgendem im Januar entstandenen Gedicht: Die runde Schale Schwer und voll von Wein Spiegelt den großen Garten In ganz anderen Bildern Als jener schwarze Krug mit Pflanzensäften In deren Bitterkeit d. ewig Kranken Ihre Heilung finden 16 Der Abdruck in den Neuen Wegen unterstreicht das noch durch den hinzugekommenen Titel Zweierlei Spiegel. Fliedl (2020): Elfriede Gerstls Arbeitsjournal von 1955. doi:10.25365/wdr-01-02-03
17 Dem Prinzip wiederholender und antithetischer Reihung, wie es sich zum Beispiel auch bei Erich Fried findet – den Gerstl 1956 übrigens wegen seiner „starke[n] skurrile[n] Effekte“ ausdrücklich gelobt hat (Gerstl 2015: 224) –, folgen ebenfalls zahlreiche Texte, zum Beispiel das ‚Schlaflied‘ Mama wird ..., Anfang Januar niedergeschrieben und im Märzheft der Neuen Wege gedruckt: Bist du müde? So schlaf Bist du wach? Mama wird dir singen Bist du fröhlich? Dann lach Und Mama lacht mit dir Bist du traurig mein Kind? Auch dann sollst du lachen Und Mama wird weinen mit dir. 18 Interessanterweise stehen unmittelbar neben diesen Texten auch solche, die ganz andere Verfahren einsetzen, etwa dieser vom 17. Januar: Traurige Fahrt Ohneland Ging Hand in Hand Mit Zeitlos Auf Maisfloß Mais zerbrach Ufer fern Kein Stern Lob dem Herrn. 19 Die lapidare Kürze, die Lakonik der Chiffrierung und die ironische Pointe antizipieren Merkmale von Gerstls späterem Schreiben; veröffentlicht wurde das Gedicht damals und bis heute nicht. Dass die Rücksicht auf die raren Publikationsmöglichkeiten sich dämpfend auf Gerstls inventive und innovative Potentiale niederschlugen, belegt folgendes thematisches Beispiel: Einige Anfang des Jahres verfasste Texte kreisen um das Thema Schuld. Die Assoziation zu einer biblischen Urschuld bildet dann offenbar das Gelenk zum noch im Januar entstandenen Text Befund (in der Handschrift ursprünglich Göttlicher Befund): Name des Patienten: Kain. Geboren: als Gott für einen Augenblick das Antlitz wandte. Beruf: Hirte und Schlächter. Diagnose: Finsternis der Seele bei Klarheit des Geistes, asoziale Persönlichkeit, krankhafte Eifersucht, gewalttätig (siehe besondere Bemerkungen). Therapie: Brandmal zwischen Augen. Es ist zugleich das Zeichen des obersten Arztes; er wird seinen Patienten daran erkennen – nur ER darf seine Behandlung beenden. Besondere Bemerkungen: erschlug seinen Bruder Abel. Fliedl (2020): Elfriede Gerstls Arbeitsjournal von 1955. doi:10.25365/wdr-01-02-03
20 Den parodistischen Umgang mit Genres – hier als Kreuzung von Krankenakte und biblischer Erzählung – wird Gerstl als satirisches Verfahren später wieder aufnehmen.4 Zwischen Meditation und Medizin bildet das kleine Prosastück eine für diese Phase charakteristische Schnittmenge. Der Text gehörte zu den allerersten Publikationen Gerstls; er erschien bereits im Februarheft der Neuen Wege. 21 Auf „Mai 55“ datiert ist dann die Parabel Unsere Namen sind böser Herkunft. Sie erzählt von der Verbindung von Individuation und Schuld: Im Anfang hätten die Menschen noch keine Namen gehabt und Gott habe sie alle kollektiv gerufen. Dann habe er sie in ‚Männer‘ und ‚Weiber‘ geschieden. Nach dem Abfall Luzifers habe sich aber eine Frau darüber beklagt, dass die Männer nach Gottes Ebenbild geschaffen wurden, die Frauen diesem Abbild aber nur mehr ähnlich seien: Nur wenige verstanden, was sie sagte, aber das Böse in ihnen wuchs und immer mehr verstanden die Worte und es gab immer neue Worte. Nun gaben sie sich untereinander Namen: diejenigen, in denen die Worte des Bösen wuchsen, und die anderen, um nicht mit jenen verwechselt zu werden. Und auch die Männer gaben sich Namen: Kain hießen sie oder Abel und waren böse oder gut, aber schon in ihren Söhnen und Töchtern lagen die Samen beider Worte. 22 Als alternative Sündenfallgeschichte hält der Text immerhin am weiblichen Vergehen gegen Gottes Willen fest; vermutlich hätte sich Gerstl in späteren Jahren von dieser Umerzählung distanziert. Für Das jüdische Echo war aber die Fortschreibung des Genesis-Berichts akzeptabel, der Text erschien unter dem Titel Unsere Namen in Heft 2/3 von 1956. 23 Schließlich gibt ein auf November 1955 datiertes, Fragment gebliebenes Gedicht die die biblische Erzählung aus der Perspektive der Mutter wieder: Eva hat nun ein Zeichen. Wo mag so lange nur mein Abel bleiben Schwarz dunkelt in den Büschen schon d. Nacht Er wollte doch d. Lämmer heimwärts treiben Die er im grünen Tale hat bewacht!? Schleicht da nicht Kain heran, mein andrer Sohn? Oh Herr, gib mir von Abel jetzt ein Zeichen Mir wird so bang bei seiner Schritte Ton Laß mich von seiner Rede nicht erbleichen! riß Da fiel von Kains Gesicht d. Maske Nacht sprang 1. Drauf bracht er flammend dar d. Gotteszeichen. 2. Dort flammte brennend rot ... 3. Drauf brannte ... Fliedl (2020): Elfriede Gerstls Arbeitsjournal von 1955. doi:10.25365/wdr-01-02-03
24 Generell haben der fünfhebige Jambus und der Kreuzreim dem Schreiben Gerstls nicht besonders gutgetan. Gegenüber dem kecken Umgang mit der Überlieferung in Befund ist hier ein überaus traditioneller Weg der Bibelparaphrase gewählt; dass das Gedicht weder fertiggestellt noch publiziert wurde, nimmt nicht wunder. 25 Thematisch spiegeln die Eintragungen vielfach die zeittypische Existentialimus- und Kafka-Rezeption, so eine Aufzeichnung vom 7.1.1955: Bei der Geburt werden wir zu lebenslänglichem In-der-Welt-Sein verurteilt. Wer flieht hat seine Schuld nicht verbüßt und ihn erwartet eine unbekannte Str[afe]. Begnadigt wird man immer nur zum Leben – den Tod muß man verdient haben. Abbildung 2. Auszug aus Elfriede Gerstls Arbeitsjournal, 1955. Fliedl (2020): Elfriede Gerstls Arbeitsjournal von 1955. doi:10.25365/wdr-01-02-03
26 Interessanterweise gibt es eine frühere Variante: „Wer flieht hat seine Schuld nicht verbüßt (und muß die Strafe (in anderer Gestalt) von Neuem antreten.“ Dieser offenbar allzu buddhistische Gedanke ist dann ersetzt worden, was die Anklänge an Sartres und Camus’ Aussagen zum Suizid noch schärft. Die Neuen Wege haben den Eintrag, zusammen mit anderen ‚Fragmenten‘, 1956 gedruckt. Direkt an Camus angelehnt ist das Gedicht Wo bleibt Antigone? vom 23. März: In dieser Phantasie ist die Erde bevölkert mit unbestatteten Leichen, die auf jemanden warten, der „die Strafe“ verachtet. In einer überarbeiteten Version wurde sie bereits 1955 in den Neuen Wegen veröffentlicht. Auch andere Texte, wie die Gedichte Ödipus oder Ophelia (Januar und Mai 1955), benutzen mythologische oder archetypische Figurationen, die zeitgemäß als Protagonisten des In-die-Welt-Geworfen-Seins auftreten. Unpubliziert blieb das im Februar aufgezeichnete Prosastück Traum vom 1. Nachtdienst, das eine kafkaeske Situation nachstellt: Vier Patienten verurteilen das Erzähler-Ich – die Ärztin im Nachtdienst – aufgrund einer unbekannten Schuld der Medizin: Der Zeuge stand in seinem Bett auf: Wir haben die Medizin verurteilt sagte er langsam u betonte jedes Wort und da gerade [S]ie heute Dienst haben werden wir an [I]hnen das Urteil vollziehen. 27 Die Vollstreckung besteht darin, dass der Ärztin die Schädeldecke entfernt und das Gehirn entnommen wird, was sie aber relativ unbeschadet übersteht. Nachdem man ihr das Schädeldach wieder aufgesetzt hat – „wie einen alten Hut“ –, entfernt sie sich freundlich grüßend. 28 Entlastet von dieser philosophischen und intertextuellen Schwere wird der (gewaltsame) Tod danach als gesellschaftliches und soziales Problem thematisiert. Besonders im Sommer entstehen da bedrängend viele Texte. Das Kindergebet vom 14. Juni richtet sich an Gott, damit er eine zerbrochene Puppe wiederherstelle – während die Mutter des Kindes, offenbar wegen der Untreue ihres Mannes, Selbstmord begangen hat. Ebenfalls im Juni niedergeschrieben wurde das Prosastück Barbara wohnt[e] nebenan, die Geschichte einer einsamen Witwe, die sich mit Leuchtgas vergiftet. Am 25. Juni, also neun Tage nach Gerstls 23. Geburtstag, entstand der Text Der Geburtstag – im Jüdischen Echo abgedruckt unter dem Titel Sein Geburtstag –, in dem sich die Feier für einen Kranken in einen expressionistisch anmutenden Totentanz verwandelt. Und das Gedicht Eine Liebesgeschichte vom 7. Juli findet sarkastische Brecht’sche Töne für den Suizid: Sie wußte, daß sie dennoch häßlich war Auch wenn sie sich die Lippen färbte und die Brauen Sie brauchte gar nicht in den Spiegel schauen Sie wußte, daß sie dennoch häßlich war. Mitunter lachte laut ihr großer Mund Doch ihre Augen waren dabei naß Das machte einem jungen Manne Spaß Der wußte, daß er gar nicht häßlich war. Am Heimweg kaufte sie noch einen Strick Und als sie ihre Wäsche in die Sonne hängte Schlang sich der Strick ganz fest um ihren Hals (Der merkte gar nicht, daß sie häßlich war) Und liebte sie noch länger als sie lebte. Fliedl (2020): Elfriede Gerstls Arbeitsjournal von 1955. doi:10.25365/wdr-01-02-03
29 Die ironische Pointe, dass die ‚Liebesgeschichte‘ eigentlich vom Strick handelt, wird auch formal getragen von dem Umstand, dass die ersten Strophenteile dem klassischen Bau des Sonetts folgen, der dritte aber Reim- und Zeilenschema durchbricht und so das zu früh abgebrochene Leben durch die fehlende letzte Zeile abbildet. 30 Trotz Gerstls notorischer Diskretion hinsichtlich autobiographischer Themen enthält das Konvolut auch zwei Texte, die unmittelbar mit ihren Erinnerungen zu tun haben, so das Gedicht Braun u. Grün, das zwischen April und Mai, also zu den zehnten Jahrestagen der Gründung der Zweiten Republik Österreich (27. April) und dem offiziellen Kriegsende (8. Mai) aufgezeichnet worden ist: Braun u. Grün. Braun u grün waren die Kacheln des Kamins In Großmutters Zimmer Braun u. grün erinnern seither an Wärme Braun war die Decke auf meinem Krankenbett Braun ist auch haarig und weich Grün war die Wiese im Park Wo ich meinen Ball verlor Und das Grün duftete und war diesmal von Sonne so warm Braun war die Tür aus der man Großmutter tot heraustrug Br. d. Tür hinter der man beriet ob ich sterben sollte oder leben Br. d. niedrige Tür die hinter mir zufiel Und mir kurze Zeit Schutz gewährte Br. sprang sie auf mich freizulassen u. wieder war das Holz warm von Sonne Und ich ging hinaus u. saß wieder unter den alten Bäumen Nähe [!] der Wiese auf der ich einen Ball verloren Und diesmal war das Grün schützend u kühl Und nahm meinen Schatten auf In den Seinen 31 Bereits am 11. Jänner niedergeschrieben wurde eine Kindheitserinnerung, die eine Vorstufe bildet zu dem 1981 erschienenen autobiographischen Beitrag Das kleine Mädchen, das ich war (jetzt in Gerstl 2015: 279–283), den man lange für Gerstls erste Auseinandersetzung mit ihrer Vergangenheit im Dritten Reich gehalten hat. Der Text von 1955, im Septemberheft der Neuen Wege erschienen, heißt Mein Lichtstrahl und beginnt mit den Sätzen: Als Kind habe ich einen Lichtstrahl gekannt; im Sommer 1942 lernte ich ihn kennen. Es war ein freundlicher Lichtstrahl: wenn es nicht gerade regnete, kam er durch einen Riß in den Verdunkelungsrouleaux in mein Zimmer. Er schnitt einen lichten Flimmerstreifen in den dämmrigen Raum, so daß man für zehn bis zwölf Minuten lesen konnte. Fliedl (2020): Elfriede Gerstls Arbeitsjournal von 1955. doi:10.25365/wdr-01-02-03
Abbildung 3. Auszug aus Elfriede Gerstls Arbeitsjournal, 1955. 32 Die Qual, die es bedeutet haben muss, als Halbwüchsige weder laut reden noch sich irgendwie bewegen zu dürfen, kommt in dem stillen und völlig unsentimentalen Bericht selbst nicht zur Sprache; und die Panik beim Herannahmen von ‚Stiefeln‘ auf der Treppe wird auf psychologische Begriffe gebracht: Sonderbar – ich hatte die Gewohnheit, in diesen Sekunden oder Minuten die Augen zu schließen und den Atem anzuhalten; Totstellreflex nennt man dieses Verhalten bei Tieren, die sich in Lebensgefahr wissen, und die Wissenschaft definiert ihn als Schutzreflex. 33 Thematisch liest sich das Arbeitsjournal also auch als ein Diarium der Traumabewältigung, als Auseinandersetzung mit Schuld, Leid, Tod und versehrter Körperlichkeit. Daneben gibt es aber auch noch eine andere Dimension: Das Journal begleitet Gerstls Selbstreflexion als Schriftstellerin. Interessanterweise sind die beiden einschlägigsten Texte zu Lebzeiten unpubliziert geblieben. Gleich zu Anfang des Jahres niedergeschrieben wurde folgendes Gedicht: Fliedl (2020): Elfriede Gerstls Arbeitsjournal von 1955. doi:10.25365/wdr-01-02-03
Mit dem Herzblut schreib’ der Dichter Sagen manche, die’s nicht sind Und in ihrem Munde schmeckt Süsser Kannibalenkonfekt. Und ich träumte, dass ich meine Adern ritzte All mein arterielles Blut verspritzte Blatt um Blatt füllt es mit krausen Zeichen Ohne dass ich eine meiner bleichen Hände zu dem Werk benützte. Als zuletzt die Herzbluttropfen (Denn das Herz stand ohne Klopfen) Meinen Innenraum verliessen Wusst’ ich plötzlich was sie hiessen: Mich macht kein Skalpell zum Dichter Und verschied (der Wecker schrillte) Unverseh’ns zu neuem Leben. 34 Poetisch mögen die Verse noch Einiges zu wünschen übriglassen, in der ironischen Poetologie weisen sie auf Gerstl-typische Verfahren voraus. Das Menschenfresserische der Gesellschaft wendet sich hier gegen ‚den Dichter‘, der sein Letztes zu geben habe. Dabei ist die Rede vom ‚Blut‘ des Dichters durchaus kanonisch; in Nietzsches Also sprach Zarathustra (1883–1885) beispielsweise heißt es: „Von allem Geschriebenen liebe ich nur Das, was Einer mit seinem Blute schreibt. Schreibe mit Blut: und du wirst erfahren, dass Blut Geist ist.“ (Nietzsche 1999: 48) Gegen solch Über- und Herrenmenschliches wenden sich Gerstls Verse mit der intrikaten Volte, dass zwar aus dem Blut Zeichen entstehen, diese aber einfach das Gegenteil besagen: Nur mit dem Blut schreibt man nicht gut. Die paradoxe Pointe der letzten beiden Zeilen zeigt die Leichtfüßigkeit ihres späteren antiautoritären Gestus gegenüber philosophischen Doktrinen. Einigermaßen raffiniert ist der Einsatz vom Reimen, die immer dort fehlen, wo man es eben nicht mit dem Dichterischen zu tun hat. Biographisch gelesen, ließe sich das Gedicht auch auf die Situation der Medizinstudentin Gerstl zwischen klinischer und literarischer Praxis beziehen („arterielles Blut“, „Skalpell“); im Kontext der Aufzeichnungen ist es ein selbstironisches poetisches Programm zum Jahresanfang. 35 Zu Ende des Jahres, am 22. November, findet sich schließlich folgender Text: Ad me ipsum. Ein So-nett. Wüstensand Riesenei Sonnverbrannt Birst entzwei Ausgekrochen Riesenviech (Angestochen) Fliedl (2020): Elfriede Gerstls Arbeitsjournal von 1955. doi:10.25365/wdr-01-02-03
Ich. Lang schon vorbei? Sehnsucht nach Wüstenei! 36 Nur als Satire auf Hofmannsthals feierliches Ad me ipsum (Hofmannsthal 2015) – mit seiner These der Präexistenz – ist der Text poetologisch lesbar; da „angestochen“ wohl nicht nur in Bezug auf das Ei, sondern auch in der wienerischen Bedeutung als „betrunken“ zu verstehen ist, handelt es sich um die tumultuarische Selbstbeschreibung einer aus dem Ei gekrochenen Dichterin, die sich in die Präexistenz („Wüsten-Ei“) oder in die Einsamkeit („Wüstenei“) sehnt. Mit dieser Form von Selbstironie, Komik und Vieldeutigkeit weist das Gedicht auf Kommendes voraus. Im Zusammenhang des Journals ist dieser Text auch ein Widerspruch gegen die Domestizierung durch die Rücksicht auf Veröffentlichungsmöglichkeiten und eine Vorwegnahme dessen, was die späteren Aufzeichnungen zeigen werden: Gerstl als Meisterin des poetisch-witzigen Understatements. Anhang Datum Titel Block Erstdruck Werke 1. 4. 1. Kannibalen B2 Neue Wege 102 (1955) IV,71f. 2. Mit dem Herzblut B2 V,36 3. Mama wird ... B2 Neue Wege 103 (1955) IV,74f. 4. 5. 1. Schuld B2 Neue Wege 102 (1955) („Du bist IV,70f. schuld“) 5. Befund B2 Neue Wege 102 (1955) IV,72 6. 7. 1. Bei der Geburt ... B1 Neue Wege 113 (1956) IV,101 7. 11. 1. Mein Lichtstrahl B2 Neue Wege 106 (1955) IV,82f. 8. Ödipus B2 Neue Wege 103 (1955) IV,73 9. Der nervöse Briefkasten B2 10. Traum vom ersten Nachdienst B2 11. 13. 1. Erst das Unendliche ... B1 12. Die runde Schale B1 Neue Wege 103 (1955) („Zweierlei IV,76 Spiegel“) 13. 17. 1. Traurige Fahrt B1 14. 22. 2. Kreuzabnahme B2 Das jüdische Echo 7 (1956) IV,96 Fliedl (2020): Elfriede Gerstls Arbeitsjournal von 1955. doi:10.25365/wdr-01-02-03
15. Mondlicht B2 Neue Wege 109 (1955) IV,88f. 16. 22. 3. Wo bleibt Antigone? B1 Neue Wege 105 (1955) IV,80 17. „Logische“ Schlüsse B1 18. Nur in die Dunkelheit B1 19. Hände, die sich ... B1 20. Die böse Stiefmutter B1 21. Wenn die Störche ... B1 Neue Wege 113 (1956) IV,101 22. Und Sonnennetze B1 23. März Der Tod und der Gärtner B3 Neue Wege 109 (1955) IV,87f. 24. März Gute Vorsätze B3 Neue Wege 113 (1956) IV,102 25. April Schlaflos B3 Neue Wege 112 (1956) IV,97f. 26. 8. 4. Die alte Marie B3 Das jüdische Echo 7 (1956) IV,97 27. 14. 4. Was uns gehört B3 Neue Wege 105 (1955) IV,78f. 28. Traurig B3 29. Braun u. Grün B3 alle tage gedichte (1999) III,179 30. Mai Gericht zu Babel B3 Das jüdische Echo 7 (1956) IV,94 31. Mai Ophelia B3 32. Mai Unsere Namen sind böser B3 Das jüdische Echo 2/3 (1956) IV,106f. Herkunft („Unsere Namen“) 33. 14. 6. Kindergebet B3 Das jüdische Echo 1 (1955) IV,83 34. Juni Barbara wohnte nebenan B3 Das jüdische Echo 7 (1956) IV,93f. („Barbara wohnt nebenan“) 35. 25. 6. Der Geburtstag B3 Das jüdische Echo 1 (1955) („Sein IV,85f. Geburtstag“) 36. 7. 7. Eine Liebesgeschichte B3 Das jüdische Echo 1 (1955) IV,84 37. 8. 8. Der Stern namens Mutti B3 Neue Wege 107 (1955) IV,86f. 38. 14. 8. Die schwerere Bürde B3 Das jüdische Echo 1 (1955) („Ben IV,84f. Akiba“) 39. 17. 9. Das Kasperltheater EUROPA ... B3 wiener mischung (1982) („Die II,86 Zinnsoldatenrevue“) Fliedl (2020): Elfriede Gerstls Arbeitsjournal von 1955. doi:10.25365/wdr-01-02-03
40. Sept. Warten B3 41. 8. 10. Verlorenes Lied B4 Neue Wege 135 (1958) IV,119 42. 21.10. Was der Teich Narziß zu B4 sagen ... 43. Nov. Eva hat nun ein Zeichen B4 44. 22. 11. Ad me ipsum B4 45. 26. 11. Alter Vater u. Sohn B4 46. 28. 11. In der Schule B4 V,8 47. 11. 12. Junger Dichter träumt B4 48. 23.12.? Drehorgellieder vor Gott B4 49. 23. 12. Frei gab Gott die Wahl ... B4 Literaturverzeichnis Brecht, Bertolt (1988): Legende vom toten Soldaten, in: Gedichte I. Sammlungen 1918–1938. Bearb. v. Jan Knopf u. Gabriele Knopf. Berlin/Weimar: Auf bau / Frankfurt a.M.: Suhrkamp (Werke 11), S. 112–115. Gerstl, Elfriede (o.J.): Literarischer Teilnachlass Elfriede Gerstl. Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek, LIT 370/10. Gerstl, Elfriede (2012): Mittellange Minis. Hg. u. mit einem Nachwort v. Christa Gürtler und Helga Mitterbauer in Zusammenarbeit mit dem Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek. Graz/Wien: Droschl (Werke 1). Gerstl, Elfriede (2013): Behüte behütet. Hg. und mit einem Nachwort von Christa Gürtler und Helga Mitterbauer in Zusammenarbeit mit dem Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek. Graz/Wien: Droschl (Werke 2). Gerstl, Elfriede (2014): Haus und Haut. Hg. u. mit einem Nachwort v. Christa Gürtler und Martin Wedl in Zusammenarbeit mit dem Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek. Graz/Wien: Droschl (Werke 3). Gerstl, Elfriede (2015): Tandlerfundstücke. Hg. u. mit einem Nachwort v. Christa Gürtler und Martin Wedl in Zusammenarbeit mit dem Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek. Graz/Wien: Droschl (Werke 4). Gerstl, Elfriede (2017): Das vorläufig Bleibende. Texte aus dem Nachlass und Interviews. Hg. u. mit einem Nachwort v. Christa Gürtler und Martin Wedl in Zusammenarbeit mit dem Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek. Graz/Wien: Droschl (Werke 5). Hofmannsthal, Hugo von (2015): Ad me ipsum, in: Sämtliche Werke. Kritische Ausgabe. Bd. 37: Aphoristisches, Autobiographisches, frühe Romanpläne. Hg. v. Ellen Ritter. Frankfurt a.M.: S. Fischer, S. 117–158. Nietzsche, Friedrich (1999): Also sprach Zarathustra I–IV. Hg. von Giorgio Colli und Mazzino Montinari. München: Deutscher Taschenbuch Verlag (= Kritische Studienausgabe 4). Okopenko, Andreas (2012): Zu: Elfriede Gerstl: Spielräume, 1977, in: Gerstl: Mittellange Minis, S. 173–175. Anmerkungen 1 Mein Dank gilt Herbert J. Wimmer für seine freundliche Zustimmung zur Wiedergabe bisher unveröffentlichter Texte aus Elfriede Gerstls Nachlass. Martin Wedl danke ich für die Überlassung von Transkripten, Christa Gürtler für zahlreiche Informationen zur Werkedition. 2 Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek, LIT 370/10: Literarischer Teilnachlass Elfriede Gerstl, Archivbox „Werke 1“, Blöcke 1–4. Die Synopse im Anhang zeigt Datierung, Textträger, allfällige Erstpublikation und Abdruck in der Werkausgabe. Fliedl (2020): Elfriede Gerstls Arbeitsjournal von 1955. doi:10.25365/wdr-01-02-03
3 Die Texte werden auch im Folgenden in der Nachlassfassung, also in der betreffenden Orthographie und mit dort verwendeten Kürzeln, Auslassungen usw. wiedergegeben. 4 So stellt etwa das Hörspiel du bist nicht allein (1973) die eigene Gattung satirisch in Frage (Gerstl 2012: 47–61). Zusammenfassung Eine Notiz von Elfriede Gerstl aus dem Jahr 1991 lautet: „Tagebücher sind zwar Dokumente der Zeit, aber immer auch Dokumente persönlichen Unglücks.“ Wohl auch aus diesem Grund hat Gerstl kein Tagebuch im eigentlichen Sinn geschrieben, obwohl sie dennoch datierte Aufzeichnungen geführt hat. Die frühesten stammen aus den Jahren 1954/55. Sie lassen sich am ehesten als ‚Arbeitsjournal‘ bezeichnen: Es sind Prosaskizzen und lyrische Versuche, die korrigiert und mitunter in Hinblick auf eine Veröffentlichung durchaus nachdrücklich redigiert worden sind. Sie zeigen sowohl zeitgenössisch typische wie poetisch-witzige Formen der Vergangenheitsbewältigung, der Erinnerung und der Selbstreflexion. Abstract Elfriede Gerstl’s work journal of 1955: A note by Elfriede Gerstl from 1991 says: “Diaries may be documents of their time, but they always are documents of personal tragedy, too.” As Konstanze Fliedl states in her contribution, this may be one of the reasons Gerstl did not keep a diary in the proper sense, although she still kept dated notes. The earliest ones date from the years 1954-55. They may best be characterized as ‘work journal’: They include prose sketches and lyrical attempts that were corrected and sometimes emphatically revised for publication. They present some forms of coming to terms with the past, of remembering and self-reflection that are typical of their time, but also poetic-witty ones. Schlagwörter: Elfriede Gerstl, Aufzeichnungen, Diaristik, Nachlass Keywords: Elfriede Gerstl, notations, diaristics, literary estate Autor/in Konstanze Fliedl Universität Wien Fliedl (2020): Elfriede Gerstls Arbeitsjournal von 1955. doi:10.25365/wdr-01-02-03
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