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Empfehlungen FÜR WIRKUNGSVOLLE KRITERIEN ZUR LUFTREINHALTUNG IN STANDARDS FÜR DIE LEBENSMITTELBRANCHE UND BESCHAFFUNGSRICHTLINIEN VON LEBENSMITTELUNTERNEHMEN
Inhalt 1. Luftreinhaltung in der Landwirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 2. Das Projekt LIFE Clean Air Farming . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 2.1 Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 2.2 Maßnahmen und Aktivitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 2.3 Projektpartner und Finanzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 3. Methan- und Ammoniakemissionen aus der Landwirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 3.1 Methan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 3.2 Ammoniak . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 3.3 Umweltauswirkungen der Landwirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 3.4 Analyse der Richtlinien und Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 4. Handlungsempfehlungen für wirkungsvolle Kriterien zur Luftreinhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . 10 2 4.1 Stallbau und Lagerung des Wirtschaftsdüngers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 4.2 Ausbringung des Wirtschaftsdüngers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 4.3 Nährstoffmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 4.4 Herdenmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 5. Handlungsempfehlungen für Lebensmittelhandel und Lebensmittelhersteller . . . . . . . . . . . . 14 6. Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 7. Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Ein Projekt von: Gefördert durch: Kofinanziert durch: Clean Air Farming (LIFE17 GIE/DE/610) wird gefördert durch das LIFE-Programm der Europäischen Kommission Empfehlungen zur Luftreinhaltung für die Lebensmittelbranche Bodensee-Stiftung
1. Luftreinhaltung in der und Beschaffungskriterien, für Qualitätssicherung und für Nachhaltigkeit unterstützen, das Thema Luftreinhaltung Landwirtschaft wirksamer im Standard bzw. im Unternehmen zu veran- kern. Auch Erzeugergemeinschaften und Branchenverbän- Emissionen von Ammoniak (NH3) und Methan (CH4) wir- de sind angesprochen, die Empfehlungen als Orientierung ken sich negativ auf die menschliche Gesundheit, das Kli- für eine landwirtschaftliche Produktion für eine saubere ma und Ökosysteme aus. Methan hat ein um etwa 28-mal Luft zu sehen und umzusetzen. Weiterhin werden politi- höheres Treibhauspotenzial (GWP) als CO2 (IPCC, 2014). sche Verantwortliche eingeladen, die Handlungsempfeh- Zusätzlich ist es eine Vorläufersubstanz bei der Bildung lungen und die damit verbundenen Maßnahmen in För- von bodennahem Ozon (O3), das Pflanzen schädigt und derprogrammen und Auflagen für Agrarsubventionen zu somit zusätzlich indirekt zum Klimawandel beitragen kann. berücksichtigen, um endlich die Rahmenbedingungen zu- Ozon führt zu Entzündungen der Atemwege, Asthma, Ein- gunsten einer luftqualitätsorientierten Landwirtschaft zu schränkungen der Lungenfunktion und einer Beeinträch- verändern und verantwortungsvolle Landwirt*innen bei tigung der körperlichen Leistungsfähigkeit. Im Jahr 2014 ihren Praktiken zu mehr Luftreinhaltung zu unterstützen. war bodennahes Ozon für 2.220 vorzeitige Todesfälle in Deutschland und 1.630 in Frankreich verantwortlich (Eu- ropean Environment Agency, 2017). 2. Das Projekt In Europa ist die Landwirtschaft für 90 % der Ammoniak LIFE Clean Air Faming und über 50 % der Methanemissionen verantwortlich. Die wichtigsten Quellen sind direkte Emissionen aus den Nachhaltige Landwirtschaft entwickelt Lösungen für ge- Verdauungsprozessen bei Rindern und Schafen, Wirt- sunde Lebensmittel, saubere Luft und den Schutz der 3 schaftsdünger aus der Tierhaltung, synthetische Dünger Ökosysteme. Im Projekt Clean Air Farming wird das Wissen auf Harnstoffbasis und Zersetzungsprozesse organischer und der Einsatz von Techniken zur Reduzierung von Am- Substanzen. Daher ist es wichtig, dass vor allem Emissio- moniak- und Methanemissionen genauso wie die Wert- nen aus der Produktion von Fleisch und Milchprodukten schätzung von Lebensmitteln gefördert. Vor allem Fleisch- verringert werden. und Milchprodukte werden noch zu häufig weggeworfen und daher unnötig hergestellt. Darin besteht ein hohes Weniger Ammoniak und Methan aus der Landwirtschaft Potential zur Vermeidung von Emissionen und Luftschad- sorgt für gesündere Menschen und Tiere. Luftverschmut- stoffen, die bei der Lebensmittelproduktion entstehen. zung kann eingedämmt werden, wenn schon die Entste- hung von sekundärem Feinstaub und bodennahem Ozon LIFE Clean Air Farming geht die größten Herausforderun- verhindert wird. Gleichzeitig werden naturnahe Ökosyste- gen bei der Maßnahmenumsetzung zur Minderung von me vor Überdüngung und Versauerung geschützt. Ammoniak- und Methanemissionen aus der Landwirt- schaft an. Im Fokus stehen dabei die Berücksichtigung Luftreinhaltung ist nicht nur ein Umweltthema, sondern und Integrierung von bereits vorhandenem Wissen in Ge- auch Grundvoraussetzung für Produktionsprozesse, setzgebungsverfahren und in die Praxis sowie der bessere Dienstleistungen und Lebensqualität. Lebensmittelher- Vollzug von vorhandenen Rechtsvorschriften. In Bezug auf steller und -handel mit der Landwirtschaft als wichtigster Methan bestehen bisher keine konkret gesetzlich geregel- Zulieferer haben wesentlichen Einfluss auf die Luftrein- ten Verpflichtungen zur Reduzierung im landwirtschaft- haltung. Die direkten und indirekten Wirkungen der Un- lichen Sektor. Bei Ammoniak hingegen gibt die Richtlinie ternehmen auf die Luftqualität sind oft komplex und die zur Reduktion nationaler Emissionen bestimmter Luft- Verminderung der negativen Einflüsse eine Herausforde- schadstoffe (kurz NEC-Richtlinie) jährliche Höchstmengen rung für die gesamte Lieferkette vom Acker bis zum Su- vor, die seit Jahren von Deutschland überschritten wer- permarktregal. den. Zudem muss die Agrarpolitik die Einführung emissi- onsmindernder Praktiken stärker als bisher forcieren. Die vorliegenden Handlungsempfehlungen richten sich in erster Linie an Standardorganisationen und an Unter- nehmen der Lebensmittelbranche mit eigenen Beschaf- fungsrichtlinien. Sie sollen das Management sowie die Verantwortlichen für die Überarbeitung von Standard- Bodensee-Stiftung Empfehlungen zur Luftreinhaltung für die Lebensmittelbranche
2.1 Ziele eine emissionsreduzierte Landwirtschaft in der Eu- ropäischen Union fördert und fordert. Die Revision Das Projekt LIFE Clean Air Farming hat vier Hauptziele: des Göteborg-Protokolls auf internationaler Ebene wird mit dem Ziel begleitet, dieses auf Methan zu • Sensibilisierung der Verbände der Fleisch- und erweitern. Milch produzierenden Industrie und der Akteure des Lebensmittelsektors sowie die Erarbeitung ei- • In Frankreich fördert das Projekt den notwendigen ner gemeinsamen Position Diskurs zwischen den Akteuren zur Harmonisie- rung der unterschiedlichen Politiken im Bereich • Einbindung zivilgesellschaftlicher Organisationen der Luftreinhaltung und die tragfähige Umsetzung in Gesetzgebungsprozesse und bei der Implemen- des Nationalen Plans zur Reduktion von Luftschad- tierung nationaler Luftreinhalteprogramme stoffemissionen (PREPA). • Verbesserung des Lehrplans der landwirtschaft- • Ammoniak- und Methanreduktion soll verstärkt lichen Berufsausbildung, um zukünftige Land- in die landwirtschaftliche Berufsausbildung integ- wirt*innen über die Auswirkungen ihres eigenen riert werden. Dazu werden in einer Umfrage und Handelns zu informieren und praktische Instru- in Expertengesprächen Berufsschulen und Uni- mente zur Vermeidung von Emissionen zu vermit- versitäten, Landwirtschaftskammern, Institute, teln Verbände und Berufsschulen in Deutschland ad- ressiert. Zusammen mit den Verantwortlichen der • Reduzierung von Lebensmittelabfällen von Fleisch- Landwirtschaftskammern werden Verbesserungs- 4 und Milchprodukten entlang der Lieferkette zur vorschläge entwickelt. Steigerung der gesamten Ressourceneffizienz bei der Nahrungsmittelproduktion und zur Reduzie- • Mithilfe von Petitionen und Fachgesprächen wer- rung der absoluten Emissionen von Methan und den rechtliche Missstände adressiert, welche Le- Ammoniak bensmittelverschwendung ermöglichen und be- feuern. 2.2 Maßnahmen und Aktivitäten • Durch intensive Presse- und Öffentlichkeitsarbeit • An Runden Tischen diskutieren Verbände der wird in der Gesellschaft das Bewusstsein zum The- Fleisch- und Milch produzierenden Industrie und ma Lebensmittelverschwendung weiter geschärft Akteure des Lebensmittelsektors Methoden und und die Medien informiert. deren Harmonisierung zur Reduktion von Methan und Ammoniak und identifizieren notwendige po- 2.3 Projektpartner und Finanzierung litische Rahmenbedingungen und Anreize. Das Projektteam besteht aus den vier Partnern Boden- • Darüber hinaus werden Lebensmittelunterneh- see-Stiftung, der Deutschen Umwelthilfe, dem European men motiviert, wirksame und nachweisbare Environmental Bureau (EEB) und France Nature Environ- Kriterien bezüglich Ammoniak und Methan an ment. Zusammen entwickeln die Projektpartner Lösungen Lieferanten und zertifizierte Betriebe zu stellen. mit Akteuren aus der Landwirtschaft, dem Lebensmittel- Schriftliche Empfehlungen für die Überarbeitung sektor und der Politik. Das Kerngebiet der Projektaktivitä- existierender Label und Standards in der Fleisch- ten liegt in Deutschland und Frankreich. Über die Betei- und Milchproduktion werden an Unternehmen ligung des EEB strebt das Projekt eine Übertragung von und Organisationen vermittelt. Ergebnissen auf den Europäischen Rahmen an, um diese in mindestens fünf weiteren EU-Ländern zu vermitteln. • Europaweit koordiniert das Projekt die Beteiligung von zivilgesellschaftlichen Organisationen zur Um- Das Projekt läuft von August 2018 bis Januar 2022 und setzung und Revision der relevanten Richtlinien wird durch das EU LIFE Programm der EU-Kommission und Programme. Dies umfasst die Umsetzung der und durch die Landwirtschaftliche Rentenbank gefördert. NEC-Richtlinie. Darüber hinaus forciert Clean Air Farming eine neue Gemeinsame Agrarpolitik, die Empfehlungen zur Luftreinhaltung für die Lebensmittelbranche Bodensee-Stiftung
3. Methan- und Ammoniak von Wirtschaftsdüngern. Ammoniakemissionen entstehen bei der Ausbringung von harnstoffbasierten Mineraldün- emissionen aus der Land- gern und auch bei der Lagerung von Wirtschaftsdünger aus der Schwein-, Rinder- und Geflügelhaltung. Maßnah- wirtschaft men zur Emissionsminderung sollten daher immer den Klimaschutz wie auch die Verbesserung der Luftqualität In Europa ist die Landwirtschaft für über 90 % der Am- im Blick haben, um Problemverschiebungen (pollution moniak- und 50 % der Methanemissionen verantwortlich. swapping) zu verhindern. Zusätzlich leisten zahlreiche Emissionen von Ammoniak (NH3) und Methan (CH4) wir- Maßnahmen für mehr Luftreinhaltung auch einen positi- ken sich beide negativ auf die menschliche Gesundheit, ven Beitrag zum Boden und zum Schutz der biologischen das Klima und Ökosysteme aus. Methan hat nicht nur ein Vielfalt. Landwirtschaftliche Produktionsverfahren, v.a. im höheres Treibhauspotenzial als CO2, zusätzlich ist es eine Bereich der Milch- und Fleischerzeugung, bieten Ansatz- Vorläufersubstanz bei der Bildung von bodennahem Ozon punkte für eine wirkungsvolle Minderung von diesen ver- (O3), das Pflanzen schädigt und somit zusätzlich indirekt ursachten direkten und indirekten Treibhausgasen. zum Klimawandel beitragen kann. Ozon führt zu Entzün- dungen der Atemwege, Asthma, Einschränkungen der 3.1 Methan Lungenfunktion und einer Beeinträchtigung der körper- lichen Leistungsfähigkeit. Im Jahr 2014 war bodennahes Methan ist ein sehr klimawirksames Gas, welches ein 28 Ozon für 2.220 vorzeitige Todesfälle in Deutschland und Mal höheres Treibhausgaspotenzial als Kohlendioxid be- 1.630 in Frankreich verantwortlich (European Environ- sitz und somit einer der bedeutendsten Klimagase ist. Es ment Agency, 2017). Ammoniak führt nicht nur zur Eutro- entsteht durch natürliche (Moore, Wälder) und anthropo- phierung und Versauerung von natürlichen Ökosystemen, gene Quellen (Energiewirtschaft, Entsorgung und Land- 5 sondern reagiert auch mit anderen Luftschadstoffen zu wirtschaft). Bevorzugte Habitate für methanbildende Bak- sekundärem Feinstaub und heizt über indirekte Lachga- terien sind die Mägen der Wiederkäuer. Ein Großteil der semissionen ebenfalls das Klima an. deutschen Methanemissionen entsteht daher bei der Auf- zucht und Haltung von Milch- und Fleischkühen, Schafen Eine gemeinsame Betrachtung der Schadstoffe Methan und Ziegen. Im Jahr 2018 verursachten diese 77 Prozent und Ammoniak ist sinnvoll, da sie aus ähnlichen landwirt- der Methanemissionen und 39,4 Prozent aller Treibhaus- schaftlichen Quellen entstehen. Die Methan-Hauptquellen gase aus der Landwirtschaft. Weitere 19 Prozent entwei- sind Emissionen, die aus dem Verdauungsprozess bei Wie- chen bei der Lagerung und Ausbringung von Wirtschafts- derkäuern entstehen sowie Emissionen aus der Lagerung dünger (Festmist und Gülle). Der restliche Anteil von 4 Abbildung 1: Entwicklung von Ammoniak und Methan zu Abbildung 2: Beeinträchtigung des menschlichen Körpers Luftschadstoffen durch Luftverschmutzung Bodensee-Stiftung Empfehlungen zur Luftreinhaltung für die Lebensmittelbranche
Emissionen aus Gärresten wurden durch die wachsende Quellen von Methan in der Landwirtschaft (2018) Biogasproduktion im vergangenen Jahrzehnt immer be- Biogasanlagen/Lagerung von Gärresten 4% deutsamer, so dass sie heute ca. ein Fünftel der landwirt- schaftlichen Ammoniakemissionen in Deutschland aus- machen. Laut NEC Richtlinie dürfte Deutschland seit 2010 19% nicht mehr als 550 Kilotonnen Ammoniak jährlich emittie- Wirtschaftsdünger ren. Trotzdem ist die Emissionsmenge weiter gestiegen und lag im Jahr 2016 bei 662 Kilotonnen. Im Rahmen der neuen NEC-Richtlinie, (EU) 2016/2284 zur Reduktionsverpflichtung der Emissionen bestimmter Luftschadstoffe, ist Deutsch- land verpflichtet seine Ammoniakemissionen bis 2030 um 29 % gegenüber dem Referenzjahr 2005 zu senken. Das nationale Luftreinhalteprogramme, welches in 2019 ver- abschiedet worden ist, zeigt die Entwicklungen der Ammo- niakemissionen der letzten Jahre auf und welche Maßnah- 77% Verdauung bei Wiederkäuern men zum Reduktionsziel führen können. Es müssen jedoch Quelle: Thünen Report 77, 2020 © Deutsche Umwelthilfe e.V. mehr Maßnahmen umgesetzt werden um dieses Ziel über- Abbildung 3: Quellen von Methan in der deutschen haupt zu erreichen. Landwirtschaft in 2018 (Thünen Report 77, 2020) Die größten Herausforderungen bei der Reduktion von Met- han- und Ammoniakemissionen sind die mangelnde Um- Prozent stammt hauptsächlich aus der Vergärung von setzung von Rechtsvorschriften und die Berücksichtigung 6 Energiepflanzen aus Biogasanlagen (Haenel, et al., 2020). von bereits vorhandenem Wissen in Gesetzgebungsver- Seit 1990 konnten die anthropogenen Methanemissionen fahren und in der Praxis. Verpflichtungen zur Reduzierung in Deutschland in alle Sektoren reduziert werden, am we- der Methan- und Ammoniakemissionen sind unzureichend nigsten jedoch die Emissionen aus dem landwirtschaftli- oder nicht vorhanden. Das Göteborg-Protokoll zur Verrin- chen Sektor, die seit 2006 mehr oder weniger stagnieren. gerung der Versauerung, Eutrophierung und des bodenna- In der Landwirtschaft steckt daher noch das größte Met- hen Ozons enthält keine Ziele in Bezug auf Methan. Auch hanminderungspotenzial, welche ausgeschöpft werden in der NEC-Richtlinie wird Methan nicht adressiert. Jedoch muss um die Klimaschutzziele auf EU- und Bundesebene bestehen Reduktionsverpflichtungen u.a. für NH3- und zu erreichen. 3.2 Ammoniak Quellen von Ammoniak in der Landwirtschaft (2018) Das stechend riechende Gas Ammoniak (NH3) entsteht Andere Gärreste 3% bei den natürlichen Abbauprozessen von Eiweißen und 10% Harnstoff in der Gülle und im Mist von Nutztieren. In 23% Rinder Deutschland stammt Ammoniak zu 95 Prozent aus der Landwirtschaft. Es wird vor allem in Ställen und in den La- 12% Mineraldünger gerstätten von Wirtschaftsdünger sowie auf Feldern und Grünland kurz nach der Düngung freigesetzt. Mehr als die Hälfte der Emissionen aus der Tierhaltung stammen von Rindern, gefolgt von der Schweine- und Geflügelhaltung 15% (Haenel, et al., 2020). Schweine Seit der Erfindung des Haber-Bosch-Verfahrens kann 32% Düngemittel auch synthetisch hergestellt werden. Wird Ausbringung 5% Wirtschaftsdünger auf Harnstoff basierender Dünger ausgebracht, entweicht Geflügel Quelle: Thünen Report 77, 2020 auch hier Ammoniak. Dieser Anteil war in den letzten Jah- © Deutsche Umwelthilfe e.V. ren steigend. Abbildung 4: Quellen von Ammoniak in der deutschen Landwirtschaft in 2018 (Thünen Report 77, 2020) Empfehlungen zur Luftreinhaltung für die Lebensmittelbranche Bodensee-Stiftung
PM2,5-Emissionen für die Jahre 2020 und 2030. Im Rahmen von Nationalen Luftreinhalteprogrammen (NAPCP) müssen die Mitgliedstaaten festlegen, mit welchen weiteren Mitteln diese Ziele erreicht werden können. Es fehlen jedoch bis- lang umfassende Informationen und der politische Wille, die notwendigen Maßnahmen umzusetzen. 3.3 Umweltauswirkungen der Landwirtschaft Die Europäische Kommission hat die potentiellen Umwel- tauswirkungen der Landwirtschaft erkannt und mit der Farm to Fork Strategie Maßnahmen vorgeschlagen wie diese reduziert werden können. Der übermäßige Nähr- stoffeintrag aus der Landwirtschaft ist ein wesentlicher Faktor der zur Luft-, Boden- und Gewässerverschmut- zung beiträgt. Dieser Nähstoffüberschuss kann mit einer Studien realisiert. Der Schwerpunkt des Screenings lag auf Reduktion des Düngemitteleinsatzes um 20 % bis 2030, der Luftreinhaltung in der Landwirtschaft. gemindert werden. Die Screening-Matrix gliedert sich in drei Teile: Handlungsbedarf sieht die Europäische Kommission vor allem im Tierhaltungssektor, mit einer Verbesserung der • Informationen über die Standardorganisation Nachhaltigkeit. Hier besteht eine große Chance, in Re 7 gionen mit intensiver Tierhaltung durch eine ausgewo- • Standardpolitik und Bezug zur Luftreinhaltung gene Düngung und einer nachhaltigen Nährstoff- und Landbewirtschaftung Ergebnisse zu erzielen. Die Land- • Standardkriterien/Beschaffungsanforderungen wirtschaft kann Umweltleistungen gezielter erbringen von Unternehmen und ihre Relevanz für Luftrein- und zur Luftreinhaltung beitragen, wenn ihre Maßnah- haltungsaspekte men auch angemessen honoriert werden. Standards und Unternehmen können die Landwirtschaft dabei unter- Die Matrix wurde für jeden Standard auf der Grundlage stützen, indem die verbesserten Umweltleistungen und der im Internet veröffentlichten Kriterien und zusätzlicher positiven Beiträge zur Luftreinhaltung durch faire Priese Informationen der Standardorganisationen ausgefüllt. Das entlang der Lieferkette vergütet werden. Screening umfasste nationale und internationale Stan- dards, regionale (Qualitäts-) Standards und private Labels. 3.4 Analyse der Richtlinien und Schlussfolgerungen STANDARDPOLITIK: SCREENING Es wurde analysiert, ob sich Standardorganisationen auf folgende Themen beziehen: Es gibt mehr als 400 Standards, die für den europäischen Markt relevant sind, und eine unbekannte Anzahl von Be- • Werden Fachbegriffe in Bezug auf Klimaschutz, schaffungsanforderungen für Lieferanten und Lebensmit- Luftreinhaltung, Methan oder Ammoniak verwen- telunternehmen und Einzelhändler in der EU. Im Rahmen det? des Projekts LIFE Clean Air Farming, wurden 9 Standards ausgewählt die Milch- und Fleischproduzierende Betriebe • Gibt es einen Bezug auf klimarelevante Emissio- zertifizieren und diese auf ihre Relevanz für die Luftrein- nen und Luftschadstoffe? haltung analysiert. • Wird der Klimaschutz/Verringerung von THG Emis- Da es sich beim LIFE-Programm nicht um ein Forschungs- sionen/Luftreinhaltung thematisiert? programm handelt, wurde das Screening der Standards basierende auf den langjährigen praktischen Erfahrungen • Werden übergeordneten Klimaschutzzielen und der Autor*innen und auf den Erkenntnissen zahlreicher Luftreinhaltungszeile thematisiert? Bodensee-Stiftung Empfehlungen zur Luftreinhaltung für die Lebensmittelbranche
STANDARDKRITERIEN ODER BESCHAFFUNGS • 3 = weniger wirkungsvoll, weil der Effekt auf den ANFORDERUNGEN: Luftreinhaltungsaspekt gering ist Kriterien/Anforderungen wurden identifiziert, die zu einer • 4 = keine Einschätzung möglich Reduktion von Emissionen in den Hautquellbereichen für landwirtschaftliche Luftschadstoffe beitragen: Transparenz: • Stallbau bewertet wurde, ob ein Kriterium klar definiert ist oder in- terpretiert werden kann • Nährstoffmanagement • 1 = Kriterium ist klar definiert / Standardnehmer • Lagerung und Ausbringung von Düngemitteln hat klare Anleitung für die Umsetzung • Herdenmanagement • 2 = Kriterium ist interpretierbar • Klimawandel Überprüfbarkeit: • Allgemein bewertet wurde, inwieweit das Kriterium überprüfbar ist Für jeden Bereich, der zur Luftreinhaltung beitragen kann • 1 = Die Umsetzung des Kriteriums kann problem- wurden wichtige landwirtschaftliche Maßnahmen fest- los überprüft werden, da Indikatoren oder Metho- gelegt um für die Empfehlungen eine detailliertere Auf- den zur Verfügung stehen 8 schlüsselung zu erhalten. Darüber hinaus erhält die Be- wertungsmatrix Angaben zur Bewertung der Kriterien und • 2 = Die Umsetzung des Kriteriums ist in begrenz- der Anforderungen. tem Umfang nachprüfbar, da nur Dokumente und schriftliche Nachweise gefordert werden BEWERTUNG DER KRITERIEN UND DER ANFORDERUNGEN • 3 = keine Einschätzung möglich Die Bewertung aller Kriterien und Anforderungen wurde unter Berücksichtigung ihrer Gewichtung, Wirksamkeit, • 4 = Überprüfbarkeit braucht eine besondere Ex- Transparenz und Überprüfbarkeit durchgeführt. pertise des Auditors Gewichtung (Art des Kriteriums): Ein Kriterium kann ein obligatorisches Kriterium (M), ein optionales Kriterium (O) oder eine Empfehlung (R) sein. Wenn eine Gewichtung geändert werden soll, wurde diese Empfehlung auch aufgenommen. Wirkungsgrad: bewertet wurde, welchen möglichen Effekt das Kriterium auf die Luftreinhaltung hat • 1 = sehr wirkungsvoll, weil der Effekt auf den Luftreinhaltungsaspekt (Ziel) hoch ist • 2 = wirkungsvoll, weil der Effekt auf den Luftrein- haltungsaspekt durchschnittlich ist Empfehlungen zur Luftreinhaltung für die Lebensmittelbranche Bodensee-Stiftung
SCHLUSSFOLGERUNGEN In den neun Standards wurden insgesamt 117 Kriterien men umgesetzt werden können die zur Reduktion von identifiziert die zur Luftreinhaltung beitragen können. Die Ammoniak- und Methanemissionen führen. Kriterien wurden Bereiche zugeordnet in denen Maßnah- Internationale Standards Regionale/Nationale/Europäische (n = 3) Standards (n = 6) Stallbau 2 5 Nährstoffmanagement 2 4 Lagerung und Ausbringung von Düngemittel 2 6 Herdenmanagement 0 1 Klimawandel 1 1 Allgemein (Umwelt) 1 0 Tabelle 1: Anzahl der Standards die Kriterien für die Hauptquellbereiche für landwirtschaftliche Luftschadstoffe formuliert haben 9 Internationale Standards Regionale/Nationale/Europäische (n = 3) Standards (n = 6) Stallbau 0 0 Nährstoffmanagement 0 2 Lagerung und Ausbringung von Düngemittel 1 2 Herdenmanagement 0 0 Klimawandel 1 0 Allgemein (Umwelt) 1 0 Tabelle 2: Standards die mindestens ein sehr wirkungsvolles Kriterium zur Reduktion von Ammoniak- und/oder Methanemissio- nen für die Hauptquellbereiche für landwirtschaftliche Luftschadstoffe formuliert haben Fast alle gescreenten Standards haben Kriterien in den Die Richtlinien der gescreenten Standards beziehen sich Bereichen Stallbau, Nährstoffmanagement und Lagerung bei drei der neun Standards auf CO2- Einsparung auf den und Ausbringung von Düngemittel formuliert (Tabelle 1), landwirtschaftlichen Betrieb aber keins der Standards be- wobei diese Kriterien in den wenigsten Standards sehr zieht sich explizit auf das Thema der Luftreinhaltung oder wirkungsvoll für die Reduktion von Ammoniak- und Met- die Reduktion von Ammoniak- und/oder Methanemissio- hanemissionen sind (Tabelle 2). Obwohl im Bereich Her- nen. Wir sehen daher die Notwendigkeit Empfehlungen zu denmanagement einige wirkungsvolle Kriterien umgesetzt formulieren wie das Thema der Luftreinhaltung, die Syn- werden könnten, hat nur eins von neun Standards ein Kri- ergieeffekte mit dem Klimaschutz hat, erfolgreich in Stan- terium definiert (Tabelle 1). dards aufgenommen werden kann. Bodensee-Stiftung Empfehlungen zur Luftreinhaltung für die Lebensmittelbranche
4. Handlungsempfehlungen tion von Ammoniak- und Methanemissionen auf. Mit- telfristig sollten Standardorganisationen möglichst alle für wirkungsvolle Krite Empfehlungen in ihren Vorgaben berücksichtigen, um die Reduktion der Emissionen optimal zu erreichen. rien zur Luftreinhaltung Den Autoren ist bewusst, dass die Organisationen schritt- Die Empfehlungen orientieren sich an den Hauptquellen weise vorgehen werden und unterschiedliche Vorgehens- von landwirtschaftlichen Luftschadstoffen. Zusätzlich wird weisen wählen, z.B. betont, dass zahlreiche Maßnahmen für mehr Luftreinhal- tung auch wichtige Beiträge sind, um Klima, Boden und die • Kriterien bzw. Maßnahmen zunächst für einen be- biologische Vielfalt zu schützen. stimmten Zeitraum als Kann-Kriterien ausweisen Die Empfehlungen zielen darauf ab, negative Wirkungen • Auswahl an Maßnahmen erstellen und Mindestan- auf die Luftreinhaltung zu vermeiden oder zu reduzieren zahl definieren, die umgesetzt werden muss und die Umsetzung von Emissionsmindernden Maßnah- men zu fördern. Sie sind für alle landwirtschaftliche Betrie- • Sonderpunkte für die Umsetzung von anspruchs- be im Bereich der Tierhaltung relevant. vollen Maßnahmen vergeben Da regionale, nationale und internationale Standards mit Wichtig ist, dass Standardorganisationen und Unterneh- den Empfehlungen angesprochen werden, war es nicht men ihre Kriterien und Anforderungen mit den Empfeh- möglich in dieser Publikation die gesetzlichen Vorgaben lungen vergleichen, die Verbesserungspotentiale identifi- 10 für die verschiedenen Handlungsfelder aufzulisten. In der zieren und wirkungsvolle Schritte tun, um das Thema der Regel gehen die Empfehlungen über die gesetzlichen Vor- Luftreinhaltung ernsthaft und wirkungsvoll in Ihr Quali- gaben hinaus. Dieser „Extraschritt“ ist dringend notwen- tätsverständnis zu integrieren. dig, um die Ziele der Luftreinhaltung und des Klimaschut- zes zu erreichen. Die nachfolgenden Empfehlungen haben das Ziel, die Am- moniak- und Methanemissionen auf dem landwirtschaftli- Mit dem Katalog von Empfehlungen zeigen die Autoren chen Betrieb zu reduzieren und für mehr Luftreinhaltung eine Bandbreite an Handlungsmöglichkeiten zur Reduk- zu sorgen. Empfehlungen zur Luftreinhaltung für die Lebensmittelbranche Bodensee-Stiftung
4.1 Stallbau und Lagerung des • In Schweineställen z.B. durch das schnelle Abfüh- Wirtschaftsdüngers ren der Gülle aus dem warmen Stallbereich z.B. durch Schiebersysteme im Kanal, Kanal-Spülsyste- NIEDRIGE STALLTEMPERATUREN me mit Wasser oder Verringerung der Kanalober- fläche mit V-förmigen Gülleablaufkanälen. Niedrige Stalltemperaturen gewährleisten ein gutes Stall- klima und mehr Tierwohl durch geringeren Hitzestress für b) Abgedeckte Lagerung von Wirtschaftsdünger die Tiere und weniger schädliche Gase in der Luft. Bei der Lagerung von Gülle sollten geschlossene Gülleau- Der landwirtschaftliche Betrieb ßenlager mindestens eine Folienabdeckung haben. setzt diese gute fachliche Praxis in allen Ställen durch ein c) Güllenansäuerung aktives und/oder passives Kühlen der Stallluft mit mindes- tens eins der folgenden Maßnahmen um: Durch das Absinken des pH-Wertes werden die aus der Gülle entstehenden Ammoniakemissionen reduziert. Die- • Bestehende Ställe: Errichtung von ausreichend se Ansäuerung kann im Stall, im Lager oder während der Ventilatoren im Stall, Errichtung einer aktiven Küh- Ausbringung erfolgen, wobei eine Ansäuerung im Stall das lung durch das Ansaugen von Luft aus dem Schat- höchste Reduktionspotenzial hat da es auch eine Abnah- ten, Berieselungssysteme auf der Dachoberfläche. me der Emissionen auf die nachgelagerten Bereiche hat. • Stallneubau: wärmgedämmtes Dach, Dachbegrü- Das Standardunternehmen nung, hellere Dach- und Fassadenfarben, Erdwär- 11 metauscher sowie die oben aufgeführten Maßnah- • bietet Beratungen zur Ansäuerung von Gülle an, men. die der landwirtschaftliche Betrieb in Anspruch nehmen kann. Dort können Fragen zum Arbeits- LAGERUNG schutz sowie zur Bewilligung der Lagerung von konzentrierter Schwefelsäure beantwortet wer- Methan- und vor allem Ammoniakemissionen können im den. Stall und bei der Lagerung von Wirtschaftsdüngern wir- kungsvoll vermieden werden. 4.2 Ausbringung des Wirtschaftsdüngers Der landwirtschaftliche Betrieb SCHNELLE EINARBEITUNG VON WIRTSCHAFTSDÜNGER setzt mindestens eine der folgenden Maßnahmen um (a, Ab 2025 ist die Einarbeitung von Wirtschaftsdünger auf b oder c): unbestelltem Ackerland innerhalb 1 Stunde verpflichtend als Teil der Düngeverordnung. Dies hat einen positiven a) Schnelle Trennung von Harn und Kot Luftreinhaltungseffekt durch eine Reduktion der Ammo- niakemissionen. Betriebe sollten bereits vor 2025 mit der Harn und Kot sollen möglichst schnell getrennt werden Einarbeitung innerhalb 1 Stunde beginnen, um die Luft- um Ammoniakemissionen zu vermeiden. Bei Rinder- und qualität so rasch wie möglich zu verbessern. Schweineställen kann dies durch einen schnellen Abfluss von Harn gewährleistet werden. NUTZUNG EINER BIOGASANLAGE • In Rinderställen z.B. durch ein Quergefälle von 3% Die Standardorganisation der Laufflächen und einer Harnsammelrinne so- wie einem Schieber mit Rinnenräumer. Der Schie- • fördert Betriebskooperationen um die Gülle in be- ber reinigt während der Aktivitätszeit der Tiere alle nachbarte Biogasanlagen zu bringen oder damit zwei Stunden. Z.B. durch Bodenrillen mit Drainage- landwirtschaftliche Betriebe eine Gemeinschafts- öffnungen. anlage bauen können. Somit kann die Gülle besser verwertet und die Methanemissionen reduziert werden. Bodensee-Stiftung Empfehlungen zur Luftreinhaltung für die Lebensmittelbranche
Der landwirtschaftliche Betrieb FLÄCHENGEBUNDENE TIERHALTUNG Wenn eine Biogasanlage auf dem Betrieb vorhanden ist: Gute Beispiele: • gewährleistet eine kontinuierliche Zufuhr der Gül- Europäische Öko-Verordnung: Eine flächenun- le über das Entmistungssystem in den Fermenter abhängige Tierhaltung, bei der der Tierhalter kei- ne landwirtschaftliche Nutzfläche bewirtschaftet • deckt alle Gärrestelager gasdicht ab. und/oder keine schriftliche Vereinbarung mit ei- nem anderen Unternehmer im Sinne von Artikel WEIDEHALTUNG 3 Absatz 3 getroffen hat, ist verboten. (889/2008, Seite 68) Die Weidehaltung ermöglicht die sofortige Trennung von Naturland Richtlinien: Eine Intensivierung über Harn und Kot und die sofortige Infiltration des Harns in das standortverträgliche Maß hinaus (Über- den Boden. Dadurch entstehen weniger Ammoniake- düngung) muss vermieden werden; bei eigener missionen. Zusätzlich fällt weniger Gülle im Stall an und Tierhaltung darf daher durch den Zukauf eine verringert somit auch die lagergebundenen Methan- und Gesamtdüngermenge entsprechend 1,4 DE/ha Ammoniakemissionen. Es kommt nur zu reduzierten nicht überschritten werden, dabei sollen die Wirt- Emissionen, wenn während der Weidezeit Stall und Lauf- schaftsdünger im Rahmen der Fruchtfolge gleich- hof sauber gehalten werden. mäßig auf die Betriebsflächen ausgebracht wer- den. (Naturland Richtlinien Erzeugung 05/2019, Der landwirtschaftliche Betrieb Seite 15) 12 • steigert die Weidezeit, falls es die betrieblichen Gegebenheiten zulassen. Um einen nennenswer- Der landwirtschaftliche Betrieb ten Effekt zur Luftreinhaltung zu erzielen, sollten die Tiere an mindestens 120 Tagen im Jahr für min- • weist nicht mehr als 2 GVE/ha auf um keinen destens sechs Stunden am Tag auf der Weide sein. Stickstoffüberschuss auf dem Betrieb zu gene- Dies gilt für Betriebe auf denen Weidegang durch- rieren und langfristig auf eine Besatzdichte von geführt wird oder möglich ist. 1,4 GVE/ha Futterbaufläche zu kommen. Eine flä- chenunabhängige Tierhaltung ist nicht zulässig. 4.3 Nährstoffmanagement REDUKTION VON MINERALDÜNGER ANBAU VON LEGUMINOSEN UND ZWISCHENFRÜCHTEN Das Standardunternehmen Gutes Beispiel: fordert Nährstoffbilanzen und gibt eine anerkannte Me- Naturland Richtlinien: …dabei ist ein Mindestan- thode für die Erstellung vor. teil an Hauptfruchtleguminosen von 1/5 der Ackerfläche einzuhalten. (Naturland Richtlinien Der landwirtschaftliche Betrieb Erzeugung 05/2019, Seite 18) Auf Flächen, die mindestens 12 Wochen in der • führt regelmäßige Nährstoffanalysen durch, um Vegetationszeit (April – November) brachliegen, eine an den Pflanzenbedarf orientierte Düngung ist eine Gründüngung anzubauen. zu gewährleisten. Hiermit kann die Menge an syn- thetischen Stickstoffdünger reduziert werden. Der Anbau von Leguminosen fixiert Stickstoff im Boden • Erstellt für Ackerflächen eine Humusbilanz und und führt somit zu einem reduzierten Verbrauch von syn- lässt alle sechs Jahre eine Humusuntersuchung thetischem Stickstoffdünger. Dieser reduzierte Verbrauch erstellen. Die Humusbilanz darf nie negativ sein. führt zu reduzierten Ammoniakemissionen auf dem Feld; In Deutschland wird die Bilanzierungsmetho- da weniger Stickstoff unbenutzt auf dem Feld verbleibt. de, empfohlen durch die LFL, verwendet: Zusätzlich wird die Bodenstruktur verbessert und Humus http://www.lfl.bayern.de/iab/boden/031164/ aufgebaut. Empfehlungen zur Luftreinhaltung für die Lebensmittelbranche Bodensee-Stiftung
Der landwirtschaftliche Betrieb • baut vielfältige Zwischenfruchtmischungen mit ei- nem Anteil an Leguminosen an - auf Flächen, die mindestens 12 Wochen in der Zeit von April – Janu- ar brachliegen. Somit kann der Reststickstoff ge- bunden und die Stickstoffeffizienz des gesamten Systems erhöht werden. • baut auf mindestens 10% der Fläche Leguminosen oder Gemenge, die Leguminosen enthalten, an, um Leguminosen stärker in die Fruchtfolge auf dem Betrieb zu integrieren. 4.4 Herdenmanagement LEBTAGLEISTUNG ERHÖHEN Die häufigsten Ursachen für den Abgang von Milchkühen Bei Rindern ist auf eine Ausgewogenheit zwischen dem sind immer noch Fruchtbarkeitsstörungen, Eutererkran- Rohproteingehalt, der Abbaubarkeit des Rohproteins und kungen, Stoffwechselstörungen und Erkrankungen des dem Energiegehalt zu achten, da dies den Anteil von Stick- Fundaments (Gliedmaßen und Klauen). Wenn es darum stoff im Harn reduziert. 13 geht, die Lebtagleistung von Milchkühen zu erhöhen, soll- ten diese Störungen und Erkrankungen vermieden wer- Das Standardunternehmen den. Durch eine Verlängerung der Laktationszeit sowie der Zwischenkalbezeit kommt es zusätzlich zu weniger • bietet vermehrt Fachberatungen zur N-angepass- Nachzucht/weniger unproduktiven Tieren die emittieren. ten Fütterung an. Damit verringert sich der Ausstoß von Treibhausgasen all- gemein und im speziellen auch von Methan je Liter Milch. Der landwirtschaftliche Betrieb Durch eine gezielte Zufuhr der Nachzuchttiere in die Käl- bermast, können zusätzlich die Methanemissionen redu- • nimmt mindestens alle zwei Jahre an einer Bera- ziert werden. Um dies zu gewährleisten muss die Fachbe- tung zur N-angepassten Fütterung teil und weist ratung stärker in Anspruch genommen werden. dies nach. Der landwirtschaftliche Betrieb • weist mindestens alle zwei Jahre eine Beratung zur Verlängerung der Nutzungsdauer von Milchkühen vor. • dokumentiert die Nutzungsdauer seines Milch- viehbestands (mittlere Lebtagleistung des Be- stands pro Jahr) dauerhaft und strebt eine konti- nuierliche Verbesserung an. FÜTTERUNG Durch eine N-angepasste Fütterung an die Wachstums- und Produktionsphasen der Schweine, kommt es zu ver- ringerten N-Ausscheidungen. Dies ist durch eine Mehr- phasenfütterung zu erreichen und durch eine Anpassung des Rohproteingehaltes. Bodensee-Stiftung Empfehlungen zur Luftreinhaltung für die Lebensmittelbranche
5. Handlungsempfehlungen und dieses Wissen in den der Unternehmenspoli- tik und bei Entscheidungen berücksichtigen. für Lebensmittelhandel • Projekte/Studien fördern, die Kosteneinsparungen und Lebensmittelhersteller durch Maßnahmen zur Luftreinhaltung analysie- ren und dokumentieren. Lebensmittelhersteller und -händler sollten: • die direkten und indirekten Wirkungen auf die Lieferanten und Produkte Luftreinhaltung transparent darstellen. Die Kom- munikation der Maßnahmen zur Verbesserung • sich von Vorschriften für optische Mängel von land- der Luftqualität sollten auf Fakten basieren und wirtschaftlichen Produkten lösen, da es oftmals ausgewogen sein. keine Mängel hinsichtlich der Ernährungsqualität oder der Hygiene gibt. Somit kann der Lebensmit- • ihren Einfluss auf Entscheidungsträger*innen in telverschwendung entgegengewirkt und einen der Politik und in der Branche geltend machen, Beitrag zur Luftreinhaltung geleistet werden. damit aktuelle Qualitätsanforderungen in Bezug auf ihre Wirkung auf die Luftreinhaltung überprüft • einen angemessenen Anteil an den Kosten der Er- und Anforderungen mit negativen Wirkungen re- zeuger für verbesserte Umwelt- und Luftreinhal- vidiert werden. Neue Qualitätsanforderungen dür- tung sowie Sozialverantwortlichkeit übernehmen. fen keine negativen Wirkungen auf die Luftreinhal- tung haben. • sich nicht an Preisdumping zu Lasten von Umwelt- 14 und Sozialstandards beteiligen. • die vielfältigen Kommunikationsmöglichkeiten nutzen, um Akteure der Lebensmittelbranche Information und Kommunikation (Geschäftspartner, Zulieferer, Branchenverbände etc.) und Konsument*innen über die Bedeutung • sich regelmäßig über neue Erkenntnisse zur der Luftreinhaltung für die Herstellung von Le- Luftreinhaltung in der Landwirtschaft informieren bensmitteln zu informieren und zu sensibilisieren. Empfehlungen zur Luftreinhaltung für die Lebensmittelbranche Bodensee-Stiftung
15 6. Literaturverzeichnis AGRIDEA, & Agrofutura AG. (2020). Ammoniak.CH. Von European Environment Agency. (2017). Air Quality in https://www.ammoniak.ch/home abgerufen Europe - 2017 Report. Luxembourg: Publications Office of the European Union. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU), Arbeitsgruppe IG I 2. (2019). Haenel, H.-D., Rösemann, C., Dämmgen, U., Döring, U., Nationales Luftreinhalteprogramm der Bundesrepublik Wulf, S., Eurich-Menden, B., . . . Fuß, R. (2020). Deutschland. Deutschland. Thünen Report 77. Braunschweig: Johann Heinrich von Thünen-Institut. Ebert, D., Gerwing, E., Horlitz, D., & Mityron, L. (2020). Unwelt- und klimarelevante Qualitätsstandards im Lebens- IPCC. (2014). Climate Change 2014: Synthesis Report. mitteleinzelhandel. Dessau-Roßlau: Umweltbundesamt . Contribution of Working Groups I, II, III to the Fifth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on European Commission. (2020). Farm to Fork Strategy - Climate Change [Core Writing Team, R.K. Pachauri and For a fair, healthy, and environmentally-friendly food L.A. Meyer (eds)]. Geneva, Switzerland: IPCC. system. Brussels. Bodensee-Stiftung Empfehlungen zur Luftreinhaltung für die Lebensmittelbranche
ÜBER CLEAN AIR FARMING Mit unserem EU-geförderten Projekt „Clean Air Farming“ (LIFE17 GIE/DE/610) setzt sich die Bodensee-Stiftung mit ihren Partner dafür ein, die durch die Landwirt- schaft verursachten Ammoniak- und Methanemissionen zu senken. Zum Schutz von Klima, Biodiversität und Gesundheit stärken wir die Kompetenzen innerhalb der Landwirtschaft und der Lebensmittelbranche und treiben technische, rechtli- che und politische Lösungen voran. Das Projekt ist im August 2018 gestartet und endet im Januar 2022. Weitere Informationen finden Sie unter: www.clean-air-farming.eu IMPRESSUM Bodensee-Stiftung Ansprechpartner*in Fritz-Reichle-Ring 4 Carolina Wackerhagen 78315 Radolfzell Projektleiterin Deutschland +49 (0) 7732 9995-443 www.bodensee-stiftung.org +49 (0) 7732 9995-49 info@bodensee-stiftung.org carolina-wackerhagen@bodensee-stiftung.org Fotos: pixabay Patrick Trötschler Stellv. Geschäftsführer und Programmleiter +49 (0) 7732 9995-41 +49 (0) 7732 9995-49 p.troetschler@bodensee-stiftung.org Gefördert durch:
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