ENERGIEATLAS Werkbericht 1 - Zukunftskonzept Erneuerbares Wilhelmsburg Auszug - IBA Hamburg

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ENERGIEATLAS Werkbericht 1 - Zukunftskonzept Erneuerbares Wilhelmsburg Auszug - IBA Hamburg
IBA Hamburg GmbH / Umweltbundesamt /
TU Darmstadt (Hg.)

ENERGIEATLAS
Werkbericht 1
Zukunftskonzept Erneuerbares Wilhelmsburg

Auszug
März 2015
ENERGIEATLAS Werkbericht 1 - Zukunftskonzept Erneuerbares Wilhelmsburg Auszug - IBA Hamburg
Impressum

    Herausgeber:
    IBA Hamburg GmbH
    Am Zollhafen 12
    20539 Hamburg

    TEL. +49(0)40.226 227-0
    FAX +49(0)40.226 227-315

    www.iba-hamburg.de
    info@iba-hamburg.de

    Datum:
    März 2015

    Projektkoordination:
    Jan Gerbitz, Katharina Jacob

    Konzeption und Gestaltung:
    IBA Hamburg GmbH
    Katharina Jacob, Karla Müller

    Redaktion:
    IBA Hamburg GmbH
    Katharina Jacob

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ENERGIEATLAS Werkbericht 1 - Zukunftskonzept Erneuerbares Wilhelmsburg Auszug - IBA Hamburg
Inhalt

4        WERKBERICHT ZUM ZUKUNFTSKONZEPT
         ERNEUERBARES WILHELMSBURG
         Uli Hellweg, Manfred Hegger, Harry Lehmann

11       AUF DEM WEG INS ERNEUERBARE WILHELMSBURG
         Uli Hellweg, Manfred Hegger, Harry Lehmann, Jan Gerbitz, Katharina Jacob,
         Simona Weisleder, Karsten Wessel

26       VISION
         Jan Gerbitz, Katharina Jacob, Simona Weisleder, Karsten Wessel

32       ABBILDUNGSVERZEICHNIS

                                                                                     3
ENERGIEATLAS Werkbericht 1 - Zukunftskonzept Erneuerbares Wilhelmsburg Auszug - IBA Hamburg
Werkbericht zum Zukunftskonzept
    Erneuerbares Wilhelmsburg
    Uli Hellweg, Manfred Hegger, Harry Lehmann

    Mit dem Klimaschutzkonzept Erneuerbares             den modellhaften dezentralen Ansatz mit
    Wilhelmsburg hat die IBA Hamburg 2010 ein           praktischen Bauprojekten und Kampagnen
    strategisches Konzept zum energetischen             in einem ersten großen Schritt bis zum Jahr
    Umbau eines zentral in Hamburg gelegenen            2013 – dem finalen Präsentationsjahr der
    Stadtteils mit einer Größe von 35 Quadrat-          IBA Hamburg – umzusetzen.
    kilometern und mehr als 55.000 Bewoh-
    nern vorgelegt. Das Demonstrationsgebiet            Die Eckpfeiler des Klimaschutzkonzeptes
    der IBA Hamburg, die Hamburger Elbinseln,           Erneuerbares Wilhelmsburg, das 2010 im
    ist ein durch die beiden Arme der Süder-            Energieatlas1 veröffentlicht wurde, sind die
    und Norderelbe sowie den Altarm Reiher-             Verbesserung der Energieeffizienz und die
    stieg eindeutig stadt- und sozialräumlich           Nutzung lokaler energetischer Ressourcen
    definiertes Gebiet. Insbesondere aufgrund           wie Wind, Sonne, Biomasse und Geother-
    der historischen Fluterfahrung von 1962 bot         mie. Der Energieatlas beschränkte sich
    es sich hier in besonderer Weise an, mo-            bewusst auf die energetische Optimierung
    dellhaft zu zeigen, wie und was die Städte          der Gebäudesubstanz der privaten Haus-
    als Hauptopfer, aber auch als Hauptver-             halte, des Gewerbes, des Handels und der
    antwortliche des Klimawandels selbst zum            Dienstleistungen (GHD) – also den Kernbe-
    Klimaschutz beitragen können. Die ganz-             reich der gebauten Umwelt in der Stadt mit
    heitliche Arbeitsweise einer Internationalen        einem Anteil von ca. 41 Prozent des bun-
    Bauausstellung bot zudem die Möglichkeit,           desweiten Gesamtenergieverbrauchs.2 Die

    Abb. 1: Das Projektgebiet der IBA Hamburg, die Elbinsel Wilhelmsburg.

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Energiebedarfe der Industrie, des Verkehrs    burg bereits heute der klimafreundlichste
und des Lebensstils der Städter blieben bei   Stadtteil Hamburgs bei der Versorgung der
diesem Konzept außer Betracht – und soll-     privaten Haushalte und der GHD-Betriebe
ten einer späteren Bearbeitung vorbehalten    sein. Die Voraussetzungen zur Realisierung
bleiben (vgl. Beiträge Hain, Pichl/Hain,      des Klimaschutzkonzeptes Erneuerbares
Lehmann). Diese selbst gewählte Beschrän-     Wilhelmsburg in der energiepolitischen
kung reduziert einerseits den Aussagewert     Landschaft Hamburgs waren besondere,
der Ergebnisse, denn die im Energieatlas      nicht nur wegen des „Ausnahmezustandes
anvisierte nahezu CO2-neutrale Selbstver-     IBA“. 20 Prozent des Hamburger Gesamt-
sorgung mit Strom Ende der 2020er Jahre       wärmemarktes werden mit Fernwärme
und mit Wärme Ende der 2040er bedeutet        aus fossilen Energiequellen versorgt3, die
natürlich noch nicht die völlige Klimaneu-    Hamburger Elbinseln gehören nicht dazu.
tralität der Hamburger Elbinseln. Anderer-    Im Zuge des Neubaus des umstrittenen
seits erlaubt sie jedoch eine methodische     Kohlekraftwerkes Moorburg war 2007 der
Durchdringung, die auch architektonische      Anschluss der Elbinsel Wilhelmsburg an
und gestalterische Aspekte (vgl. Beitrag      das Fernwärmenetz geplant. In Verhand-
Hegger) umfasst, die beim energetischen       lungen mit dem Hamburger Senat und dem
Stadtumbau oft vernachlässigt werden.         Energieversorger Vattenfall gelang es, den
Vor allem aber boten die Möglichkeiten        bereits vertraglich vereinbarten Bau des
einer Internationalen Bauausstellung die      Netzes aufzugeben, um so den Raum für
Chance einer ersten praktischen Umset-        das dezentrale Versorgungskonzept der IBA
zung der Strategien und Projekte. Heute       zu schaffen.
stellt der Energieatlas ein international
beachtetes und angewandtes methodisches       Damit boten die Hamburger Elbinseln ein
Instrumentarium des dezentralen ener-         einzigartiges Labor des energetischen
getischen Stadtumbaus dar (vgl. Beiträge      Stadtumbaus, in dem viele Probleme der
Kemfert, Droege, Lehmann, Hain, Gerbitz –     heutigen energiepolitischen Diskussion
„Smart Energy City“-Forschung). Für Ham-      schon frühzeitig wie durch ein Brennglas
burg ist er die Roadmap für die modellhafte   fokussiert sichtbar wurden. So stellen sich
energetische Erneuerung Wilhelmsburgs         heute nicht nur für Hamburg die Fragen der
und der Veddel in den nächsten Jahrzehn-      Netzintegration und des Lastmanagements
ten (vgl. Beiträge Gerbitz – „Zukünftige      von zentralen und dezentralen Energieer-
Wärmekonzepte für die Elbinseln“ und „Auf     zeugern sowohl im Wärme- wie im Strom-
dem Weg ins Erneuerbare Wilhelmsburg“).       bereich (vgl. Beitrag Sandrock; Gerbitz
                                              – „Smart Energy City“-Forschung). Wurde
Bis 2013 konnte die IBA die meisten der       im Energieatlas 2010 noch stark vereinfacht
geplanten Projekte der Roadmap 2010           der Jahresenergiebedarf der Elbinsel den
umsetzen. Dadurch ließen sich 1420            in einem Jahr produzierten Energiemengen
kWp Strom an Leistung auf den Elbin-          gegenüberstellt, so untersuchte die Insel-
seln installieren. Praktisch bedeutet dies,   Stromstudie von 2013 (vgl. Beitrag Lutzen-
dass 35 Prozent der Haushalte mit selbst      berger) nun die dynamische Stromnachfra-
produziertem Strom (bilanziell) und zwölf     ge und -produktion für vier unterschiedliche
Prozent der Haushalte mit Wärme von der       Wetterjahre mit einer stündlichen Auflö-
Insel versorgt werden (vgl. Beiträge Sauss/   sung. Die Ergebnisse sind eindeutig: Einer-
Kühl und König/Diedrich/ Witowski/Wil-        seits sind die Annahmen des Energieatlas
ken). Damit dürfte der Stadtteil Wilhelms-    korrekt und die gesteckten Ziele zur lokalen

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ENERGIEATLAS Werkbericht 1 - Zukunftskonzept Erneuerbares Wilhelmsburg Auszug - IBA Hamburg
Soll-Ist-Vergleich Selbstversorgung mit erneuerbaren Energien

                  140

                  120
                               Bauausstellung

                  100
     Anteil [%]

                  80

                  60

                  40                                              Elektrische Selbstversorgung Plan
                                                                  Elektrische Selbstversorgung Ist
                                                                  Elektrische Selbstversorgung Prognose
                  20                                              Thermische Selbstversorgung Plan
                                                                  Thermische Selbstversorgung Ist
                                                                  Thermische Selbstversorgung Prognose
                   0
                   2000     2010                2020                2030             2040            2050
                                                       Zeit [a]

    Abb. 2: Prognose der Entwicklung des Klimaschutzkonzeptes Erneuerbares Wilhelmsburg.

    Deckung des Jahresenergiebedarfs durch                 umbaus in einem sozial benachteiligten
    erneuerbare Energien erreichbar. Anderer-              Stadtteil. Die IBA-Erfahrung zeigt, dass die
    seits führt die stark fluktuierende regene-            nachhaltige Entwicklung eines urbanen
    rative Stromproduktion in der dynamischen              Raumes am wenigsten ein technisches Pro-
    Betrachtung zeitabhängig sowohl zu hohen               blem ist, sondern vor allem ein soziales und
    Stromüberschüssen als auch zu hohen De-                ein politisches, danach auch ein finanzielles
    fiziten in der Bereitstellung. Nicht die lokale        sowie ein architektonisches und stadtge-
    Autarkie kann daher das Ziel einer nach-               stalterisches. Dies zeigt sich besonders in
    haltigen Energieversorgung sein, sondern               der Frage der jährlichen Erneuerungsrate,
    Autonomie, das heißt die Ergänzung der                 dem entscheidenden Faktor der Energieef-
    lokalen Produktion durch Lastmanagement,               fizienzsteigerung im Gebäudebestand. Das
    den Einsatz von Speichern und den Energie-             Konzept Erneuerbares Wilhelmsburg geht
    austausch mit den übrigen Stadtquartieren              in seinem Exzellenzszenario, das zu der ein-
    und der Region.                                        gangs erwähnten Fast-CO2- Neutralität im
                                                           Gebäudebestand führt, von einer Erneue-
    Zu den Lernprozessen nach fünf Jahren                  rungsrate von drei bis fünf Prozent aus. Die
    Klimaschutzkonzept Erneuerbares Wil-                   energetische Modernisierung der Häuser in
    helmsburg gehören natürlich nicht nur neue             Wilhelmsburg dürfte jedoch tatsächlich heu-
    technische und wirtschaftliche Herausfor-              te bei ca. 0,8 Prozent liegen – und damit auf
    derungen, sondern auch veränderte politi-              Bundesdurchschnitt (vgl. Beitrag Hartwig).
    sche Rahmenbedingungen auf Bundes- und
    Landesebene (vgl. Beitrag Hain) sowie die              In diesem Zusammenhang muss man auch
    soziale Empirie des energetischen Stadt-               feststellen, dass die von der IBA 2009 ge-

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ENERGIEATLAS Werkbericht 1 - Zukunftskonzept Erneuerbares Wilhelmsburg Auszug - IBA Hamburg
startete „Prima Klima“-Kampagne, mit der          Ein Durchbruch bei der Erneuerungsrate
private Hausbesitzer für eine energetische        konnte auf diese Weise jedoch nicht erzielt
Modernisierung ihrer Häuser gewonnen              werden. Die Ursache hierfür ist – trotz der
werden sollten, mehr qualitative als quan-        eher finanzschwachen Sozialstruktur auf
titative Ergebnisse gezeigt hat. So konnte        den Elbinseln – nicht primär in den Kosten
zum Beispiel mit dem Projekt Wilhelmsbur-         der Maßnahmen zu suchen, sondern vor
ger Straße 76–82 auf der Veddel erstmals          allem in zwei Aspekten: der Demografie
in Hamburg bewiesen werden, wie man die           – viele Eigenheimbesitzer befinden sich
für die Hansestadt so typischen Gebäude           im fortgeschrittenen Alter – und in der
aus den 1920er Jahre mit ihren charakte-          Tatsache, dass energetische Maßnahmen
ristischen Backsteinfassaden – Hamburgs           selten alleiniger Anlass für eine Investition
„rote Stadt“ – nahezu auf energetischen           in das eigene Haus sind. Meistens geht
Neubaustandard modernisieren kann,                es um weitergehende Modernisierungen
ohne die historische Fassade sichtbar zu          (Bäder, Grundrisse) und Instandsetzungen,
verändern. In ähnlicher Weise wurden              sodass das Gesamtpaket der Kosten steigt
gründerzeitliche Häuser in Wilhelmsburg           und die Erneuerungsrate stagniert (vgl.
modernisiert. Außerdem entstand ein weit          Beitrag Jacobs). Sollten die Erkenntnisse
beachtetes Modellprojekt der Firma Velux,         aus der „Prima Klima“-Kampagne repräsen-
die mit dem LichtAktivHaus eine – nicht           tativ sein, stellt sich die Frage, ob nicht die
nur – energetische Vorlage für die Mo-            Lieferseite – also die Produktion erneuerba-
dernisierung von Siedlungshäusern aus             rer Energien – gegenüber der Effizienzseite
den 1930er und 1950er Jahren lieferte.            – also der privat finanzierten Hausmoderni-

Abb. 3: Auf der ehemaligen Mülldeponie in Georgswerder wird mit Sonne und Wind Strom für die
Elbinsel produziert

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ENERGIEATLAS Werkbericht 1 - Zukunftskonzept Erneuerbares Wilhelmsburg Auszug - IBA Hamburg
sierung – strategisch und praktisch an Ge-      erneuerbarer Energien. Ein wesentliches
    wicht gewinnen muss, ohne dass man sich         Implementationsproblem beim Anschluss
    der Illusion hingeben sollte, dass dadurch      bestehender Quartiere an Wärmenetze liegt
    auf die Steigerung von Energieeffizienz bei     in den institutionellen, logistischen und
    Gebäuden und Betrieben zu verzichten sei        rechtlichen Problemen – sei es, dass große,
    (vgl. Beitrag Hartwig). Zudem birgt die Stär-   selbst stadteigene, Wohnungsbaugesell-
    kung der Lieferseite eigene Probleme: Sie       schaften ihre energetischen Sanierungskon-
    kann mangelnde thermische Behaglichkeit         zepte nicht oder nur mangelhaft mit dem
    in den Wohnungen ebenso wenig beseitigen        Energieversorger abstimmen, sei es, dass
    wie den allgemein in Deutschland vorzu-         Förder- und Steuerrecht den Anschluss an
    findenden Sanierungsüberhang, der einem         neue umweltfreundliche Versorgungsnetze
    weiteren Verfall der Bausubstanz Vorschub       erschweren oder verhindern (vgl. Beitrag
    leistet und am langen Ende zu erhöhten Sa-      Sandrock).
    nierungs- oder Ersatzaufwendungen führt.
    Eine Stärkung der Lieferseite würde zudem       Damit gewinnt dann auch die Frage an
    dem allgemeinen Gebot der Effizienzsteige-      Bedeutung, was die richtigen Konzepte und
    rung zuwiderlaufen. Sie würde angesichts        die notwendigen rechtlichen Rahmenbe-
    der mit dem Erneuerbare-Energien- Gesetz        dingungen zur Versorgung von Stadtteilen
    (EEG) verbundenen Unsicherheiten dem            und Städten mit erneuerbaren Energien
    Verbrauch von fossilen Energieträgern           sind. Wer sind in Zukunft die maßgeblichen
    weiter Vorschub leisten und damit die Ziele     Akteure der Energiewende? Welche Rolle
    der Europäischen Union wie auch der Bun-        spielen dabei die Bürger und dezentrale
    desregierung zur CO2-Einsparung in weite        lokale Konzepte? Und: „Cui bono“ – wem
    Ferne rücken lassen. Die großen Abhän-          nützt das Ganze? Der Masterplan Klima-
    gigkeiten insbesondere von konventionel-        schutz der Freien und Hansestadt Hamburg
    len Wärmelieferanten (Kohle, Erdgas und         sieht die modellhafte Wei- EINFÜHRUNG
    Erdöl) würden prolongiert. Es ist deshalb zu    9 terführung des Klimaschutzkonzeptes
    hoffen, dass nationale und möglichst auch       Erneuerbares Wilhelmsburg vor. Doch stellt
    lokale Anreizprogramme in naher Zukunft         sich auch in Hamburg angesichts des durch
    zur Erhöhung der Sanierungsquote beitra-        Volksentscheid beschlossenen Rückkaufs
    gen und somit die Effizienzseite stärken. In    des Fernwärmenetzes die Frage, welchen
    Verbindung damit sind weitere Beteiligungs-     Stellenwert dezentrale Versorgungsstruk-
    und Aktivierungsprozesse notwendig, die         turen in der neuen Wärmestrategie der
    Klimaschutzkonzepte zu einer Angelegen-         Stadt Hamburg haben werden (vgl. Beiträge
    heit der gesamten Bürgerschaft machen.          Gabányi/Dietrich, Sandrock), zumal gegen-
                                                    wärtig zentrale neue Investitionen wie zum
    Auch wenn bezogen auf den Energieatlas          Beispiel in ein GuD-Kraftwerk in Wedel zur
    festgestellt werden muss, dass der Zielerrei-   Debatte stehen. Noch sind keine abschlie-
    chungsgrad auf der Lieferseite deutlich hö-     ßenden Entscheidungen gefallen; klar ist
    her ist als bei der Effizienzsteigerung durch   aber schon jetzt, dass mit den Investitions-
    energetische Modernisierung des Gebäude-        entscheidungen in die Kraftwerkstruktur
    bestandes, so muss auch hier vor übertrie-      auch die Weichen für dezentrale, quartier-
    benem Optimismus gewarnt werden; denn           bezogene Konzepte gestellt werden. Mit der
    diejenigen, die die ersten sind, Kritik an      Vorlage der Wärmestrategie des Senates
    den „Dichtern und Dämmern“ zu üben, sind        wurde bei Redaktionsschluss zum Ende des
    keineswegs immer die Pioniere beim Bezug        Jahres 2014 gerechnet.

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ENERGIEATLAS Werkbericht 1 - Zukunftskonzept Erneuerbares Wilhelmsburg Auszug - IBA Hamburg
Abb. 4: Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern bei der Entwicklung des „Zukunftsbild Georgswerder“

Als das Zukunftskonzept Erneuerbares               der Nachweis geführt, dass dezentrale
Wilhelmsburg zwischen 2008 und 2010                Konzepte innerhalb kürzester Zeit einen
von der IBA in enger Zusammenarbeit mit            wesentlichen Beitrag zur energetischen
der Forschergruppe der FH Nordhausen4              Selbstversorgung und zur CO2-Minderung
und einem internationalen Beirat5 entwi-           in den Städten leisten können (vgl. Beitrag
ckelt wurde (vgl. Kurzzusammenfassung              „Auf dem Weg ins Erneuerbare Wilhelms-
des Klimaschutzkonzeptes im Anhang),               burg“).
schien die Welt des Erneuerbare- Energien-
Gesetzes noch in Ordnung. Mittlerweile             Zum anderen werden wesentliche Aufga-
hat sich eine Reihe von politischen und            benstellungen für die Zukunft definiert,
rechtlichen Rahmenbedingungen geändert             wie zum Beispiel die Frage der intelligen-
– von der Limitierung des Zubaus regene-           ten Verlinkung von dezentraler Wärme-
rativer Energieerzeuger bis zur finanziellen       und Stromproduktion sowie die Frage
Belastung kleiner dezentraler Anlagen. Der         dezentraler Speichertechnologien (vgl. Bei-
Werkbericht zum Zukunftskonzept stellt             trag Lehmann). Gleichzeitig wird aber auch
daher nicht nur die bisherigen Ergebnisse          deutlich, dass das Zukunftskonzept Erneu-
und Wirkungen des Konzeptes Erneuerba-             erbares Wilhelmsburg zwar auf einer Insel
res Wilhelmsburg dar, sondern untersucht           entwickelt wurde, selbst aber keine Insel in
auch, welche Konsequenzen sich aus den             der energiepolitischen Landschaft unserer
zwischenzeitlichen Weichenstellungen               Tage ist. Aus einem Experiment ist ein
auf Bundes- wie auf Landesebene für die            strategischer Ansatz geworden, der einen
Fortschreibung der Roadmap ergeben. So             maßgeblichen Beitrag zur politisch gewoll-
wird zum einen eine kritische Bilanz des           ten Energiewende zu leisten vermag. Von
bisher Erreichten gezogen und damit auch           ihm gehen auch wesentliche Impulse zur

                                                                                                      9
weiteren Verfeinerung des Methodenreper-        (vgl. Beitrag Peters), denn nur wenn die
     toires für kommunale bzw. regionale Klima-      Verbraucher als Akteure der Energiewende
     schutzkonzepte und Energieentwicklungs-         gewonnen werden, kann diese gelingen.
     pläne aus (vgl. Beiträge Lehmann, Hegger/       Auch das Klimaschutzkonzept Erneuerbares
     Schulze). Hochschulen und Forschungsin-         Wilhelmsburg muss seine wirtschaftliche
     stitute in vielen Ländern der Welt haben        und letztlich auch gesellschaftliche Trag-
     den Planungsansatz der IBA Hamburg für          und Mehrheitsfähigkeit erst noch erweisen
     den Stadtteil Wilhelmsburg aufmerksam           (vgl. Beitrag Krümmel).
     zur Kenntnis genommen – wie aktuell zum
     Beispiel die Bodensee- Alpenrhein-Region        Das Klimaschutzkonzept erfordert eine
     (vgl. Beitrag Droege). Sie entwickeln auf       sorgfältige Erfolgskontrolle der Einzelmaß-
     dieser Grundlage Lösungen, die in Zukunft       nahmen über ein rein technisch angelegtes
     die Bestandsaufnahme von Bedarfen wie           Monitoring hinaus, wie dies für Wilhelms-
     Potenzialen sowie die ortsbezogen passge-       burg vorgesehen ist. Vor allem aber bedarf
     naue, wirtschaftlich optimierte Entwicklung     dieses große Projekt weiterhin einer enga-
     von zukunftsfähigen Energiekonzepten            gierten und fachlich kompetenten Führung,
     erleichtern sollen. Das Klimaschutzkonzept      die sich unabhängig vom politischen Alltag
     Erneuerbares Wilhelmsburg ist damit eine        dieser beispielgebenden Umsetzung der
     Blaupause im Wortsinne: noch auf hand-          Energiewende widmet.
     werklichen Methoden beruhend und dabei
     in seinen Ergebnissen außerordentlich           Anmerkungen
     zuverlässig, experimentell und dennoch          1. IBA Hamburg (Hg.): Energieatlas – Zukunfts-
     schon Vorbild für viele andere Anwender.           konzept Erneuerbares Wilhelmsburg. Berlin
                                                        2010.
     Auch auf den Hamburger Elbinseln ist der        2. AG Energieverbrauch e. V: Anwendungs-
     Ansatz immerhin so erfolgreich, dass sich          bilanzen für die Endenergiesektoren in
     jetzt nicht nur in Hamburg die Frage stellt,       Deutschland in den Jahren 2011 und 2012
     ob er zumindest auf vergleichbare Stadttei-        mit Zeitreihen von 2008 bis 2012. Berlin
                                                        2013.
     le übertragen werden kann. Die Diskussion       3. Hamburger Senat: Drucksache 20/11237.
     dazu ist noch nicht abgeschlossen.                 Hamburg 2014. http://www.gruene-fraktion-
                                                        hamburg.de/sites/gruenefraktion- hamburg.
     Die Umsetzung solcher Klimaschutzkonzep-           de/files/dokument/11451_ska_jens_ kerstan.
                                                        pdf.
     te benötigt einen langen Atem, in Hamburg       4. Dieter D. Genske/Thomas Jödecke/Jana
     wie anderswo. Die mittel- bis langfristig an-      Henning- Jacob/Ariane Ruff: Energetische
     gelegten Maßnahmen sind in regelmäßigen            Optimierung des Modellraumes IBA Ham-
     Abständen zu überprüfen und an veränder-           burg. Hamburg 2011.
                                                     5. Mitglieder des Fachbeirates „Klima und
     te technische, wirtschaftliche und politische      Energie“ der IBA Hamburg waren: Prof. Pe-
     Gegebenheiten anzupassen. Hier werden              ter Droege (Hochschule Liechtenstein und
     insbesondere technische Weiterentwicklun-          Vorsitzender des Weltrats für erneuerbare
     gen sowie damit verbundene Änderungen              Energien, Australien) , Prof. Manfred Heg-
                                                        ger (Technische Universität, Darmstadt), Dr.
     in den Kostenstrukturen eine große Rolle           Harry Lehmann (Fachbereichsleiter am Um-
     spielen. Die Entwicklung und der Markt der         weltbundesamt, Dessau), Prof. Irene Peters
     erneuerbaren Energien stehen noch in ihren         (HafenCity Universität Hamburg), Matthias
     Anfängen und sind entsprechend dyna-               Schuler (Geschäftsführer Transsolar, Stutt-
                                                        gart und Dozent an der Harvard University,
     misch. Ebenso wird in Zukunft die Integrati-       USA), Stefan Schurig (Director Climate
     on von Analysen zum Nutzerverhalten in die         Energy, World Future Council, Hamburg).
     Planung einen größeren Raum einnehmen

10
Auf dem Weg ins Erneuerbare
Wilhelmsburg
Uli Hellweg, Manfred Hegger, Harry Lehmann, Jan Gerbitz, Katharina Jacob,
Simona Weisleder, Karsten Wessel

Dieser Werkbericht zum Energieatlas zeigt      geförderten Wohnungsbau führen – selbst
ein differenziertes Bild der Umsetzung und     wenn das Wärmenetz mit erneuerbaren
Weiterentwicklung des Zukunftskonzeptes        Energien betrieben wird und damit den
Erneuerbares Wilhelmsburg im Jahr 2014.        Klimaschutzzielen dienlich ist. Zusätzlich
Große Teile der Roadmap 2010 konnten           erschwert das Mietrecht den Anschluss an
bis heute umgesetzt werden: Der Energie-       ein Wärmenetz, da durch den Wechsel der
berg Georgswerder versorgt rechnerisch         Wärmeversorgung keine höheren reinen
20 Prozent der Haushalte der Elbinsel mit      Wärmekosten für den Mieter entstehen
erneuerbarem Strom, die Wärmenetze um          dürfen, wobei hierbei Investitionskosten bei
den Energiebunker und in der Wilhelmsbur-      Einzelanlagen nicht berücksichtigt werden.
ger Mitte haben ihr Potenzial noch nicht       Der Wärmepreis des Wärmenetzes steht au-
ausgeschöpft, können aber in Zukunft viele     ßerdem in direktem Vergleich mit der Ver-
Haushalte der Elbinsel mit erneuerbarer        sorgung durch „den billigsten Gaskessel“.
Wärme versorgen. Alle Neubauten und Sa-        Im Projekt Tiefengeothermie Wilhelmsburg
nierungen, die im Rahmen der IBA auf den       waren und sind es vor allem die hohen In-
Elbinseln und im Harburger Binnenhafen         vestitionskosten von fast 30 Millionen Euro,
umgesetzt wurden, haben die gesetzlichen       die die Umsetzung des Projektes verzögern:
Mindestanforderungen an die Energieeffi-       Ihre Wirtschaftlichkeit musste durch lang-
zienz unterschritten. Andererseits lassen      wierige Untersuchungen geprüft werden,
sich zahlreiche damals nicht vorhersehbare     deren Ergebnisse gegenwärtig bewertet
Faktoren konstatieren, die einzelne Projekte   werden. Zu den institutionellen Schwierig-
ganz scheitern ließen und andere verzöger-     keiten gehören divergierende wirtschaftli-
ten. Analysiert man die Gründe für die zwei    che Pläne der jeweiligen Eigentümer oder
gescheiterten Projekte – das Nahwärmenetz      mangelndes Interesse am energetischen
Neue Hamburger Terrassen und das Urbane        Stadtumbau. Bei manchen Immobilienbe-
Biogasprojekt – und die zeitlichen Verzö-      sitzern und zukünftigen Anschlussnehmern
gerungen realisierter Projekte, so lassen      herrscht eine generelle Skepsis gegenüber
sich fünf Hauptfaktoren benennen: erstens      der Versorgung durch ein dezentrales Netz
rechtliche bzw. betriebswirtschaftliche        statt einer Versorgung durch den eige-
Gründe, zweitens institutionelle Hindernis-    nen Kessel im eigenen Keller. Aber auch
se, drittens städtebaulich-immissionsrecht-    städtebauliche und immissionsrechtliche
liche Probleme, viertens sozio-demogra-        Gründe können Projekte verhindern oder
fische Barrieren und fünftens veränderte       verzögern, wie zum Beispiel im Fall des Ur-
politische Rahmenbedingungen.                  banen Biogasprojektes, dessen nach langer
                                               Suche mühselig gefundener Standort im
Bei den rechtlichen und betriebswirtschaft-    Südosten Wilhelmsburgs schließlich einer
lichen Hindernissen steht eine mangelnde       neuen Verkehrstrasse zum Opfer fiel; ein
Übereinstimmung zwischen vorhandenem           alternativer Standort konnte nicht mehr ge-
Miet-, Steuer- und Förderrecht im Woh-         funden werden. Von besonderer Bedeutung
nungsbau und der politisch gewollten           sind die soziodemografischen Barrieren
Absicht des energetischen Stadtumbaus im       des energetischen Stadtumbaus, die sich
Vordergrund. So kann die Stilllegung noch      insbesondere in der (zu geringen) Erneue-
nicht abgeschriebener Heizungsanlagen zu-      rungsrate niederschlagen. Die IBA hat hier
gunsten des Anschlusses an ein Wärmenetz       die entsprechenden Erfahrungen in der
zu bilanziellen Verlusten und zu Problemen     „Prima-Klima“-Kampagne (gestartet 2009)
der Nachberechnung der Kostenmiete im          gemacht. Es zeigt sich, dass die Bereit-

                                                                                              11
schaft und die Befähigung zur Sanierung          eine modifizierte Fortschreibung des Klima-
     der eigenen Immobilie an Standorten wie          schutzkonzepts Erneuerbares Wilhelmsburg
     Wilhelmsburg verschwindend gering ist. Sa-       erforderlich machen. Eine lineare Umset-
     nierungen erfolgen darüber hinaus oftmals        zung der Roadmap, so wie sie schon in der
     ohne die Einbindung von Energieberatern          ersten Ausgabe des Energieatlas 2010 als
     und Architekten und bei Einfamilienhäusern       „Wagnis“ formuliert worden war, ist zum
     zusätzlich oft in Eigenleistung („Baumarkt-      gegenwärtigen Zeitpunkt nicht möglich.
     Sanierungen“) und damit ohne zusätzliche         Insofern gibt es auch keinen gesicherten
     finanzielle Förderung. Auch die Einbindung       Weg, die im Atlas 2010 formulierten Ziele
     erneuerbarer Energien wie Solarthermie ist       der CO2-Neutralität in Wilhelmsburg auch
     trotz der eingeführten Technik mit langjäh-      tatsächlich zu erreichen. Andererseits zeigt
     rigen Erfahrungen noch nicht ausreichend.        aber gerade die Dynamik der letzten Jahre,
     Mögliche politische Risiken bei der Umset-       einschließlich geopolitischer Veränderun-
     zung langfristig angelegter Klimaschutzkon-      gen und Konflikte, wie sensibel und verän-
     zepte wie dem Erneuerbaren Wilhelmsburg          derlich Energiepolitik ist. Es ergibt daher
     liegen in wechselnden Rahmenbedingungen          aus Sicht der Herausgeber nicht nur Sinn,
     auf den verschiedenen nationalen und             sondern ist auch dem bisher Erreichten
     internationalen Ebenen. So haben sich nicht      und seiner Wirkung weit über Hamburg und
     nur EU-rechtliche Ziele verändert, sondern       Deutschland hinaus geschuldet, das Klima-
     auch auf nationaler Ebene wurden mit dem         schutzkonzept Erneuerbares Wilhelmsburg
     EEG 2014 und auf Hamburger Ebene mit der         als Leuchtturmprojekt des energetischen
     in Arbeit befindlichen „Wärmestrategie für       Stadtumbaus weiterzuführen. Hamburg ist
     Hamburg“ Rahmenbedingungen gesetzt, die          mit diesem Projekt – gerade wegen seiner

     Abb. 5: Der Energiebunker versorgt das umliegende Quartier mit erneuerbarer Wärme

12
Roadmap
        Erneuerbares Wilhelmsburg 2050
Energieeffizienter Neubau                                 Energetische Sanierung des Bestandes

•   Effizienzhaus55 bei Wohngebäuden bzw. EnEV2009        •   Umsetzung von Kampagnen-Bestandteilen zur
    minus 30 Prozent                                          Information und Motivation von Eigenheimbe-
•   bei Nichtwohngebäuden als Mindeststandard bei             sitzern
    allen Ausschreibungen                                 •   Präsenz von Energieberatern vor Ort bei Veran-
•   und Wettbewerben, Passivhaus bzw. Effizienz-              staltungen der organisierten Eigenheimbesitzer
    haus40 als Zielstandards                                  und dezentrale Angebote von Einzelberatungen
•   Entwurfliche Integration von Photovoltaik als         •   Entwicklung von konkreten Mustersanierungs-
    Mindestanforderung bei allen Ausschreibungen und          konzepten für größere Eigenheimquartiere wie
    Wettbewerben                                              in Kirchdorf
•   Zur Beheizung und Warmwasserbereitung vorrangi-       •   Information und Kampagnen für CO2-neutrale
    ge Nutzung von Biogas und Biomasse sowie vor Ort          Wärmeversorgung vor Ort
    verfügbaren Ressourcen wie Solarthermie, Geo-         •   Verbesserung der Vermittlung von und Beratung
    thermie, Ab- oder Umgebungsluft zum Betrieb von           zu Fördermitteln für Eigenheimbesitzer und
    Wärmepumpen                                               Wohnungseigentümergemeinschaften
•   Null- oder Plusenergiehaus als Zielstandard           •   Umsetzung von Projekten der Energetischen
•   LifeCycle-Ansatz und nachhaltige und nachwach-            Stadtsanierung in Quartieren wie der Veddel,
    sende Baustoffe als besonderes Kriterium bei allen        dem Reiherstiegviertel, Kirchdorf oder Kirch-
    Ausschreibungen und Wettbewerben                          dorf-Süd

Erneuerbare Wärmenetze                                    Erneuerbare Stromerzeugung

•   Weiterentwicklung der energieräumlichen Konzepte      •   Modellhafte Weiterentwicklung des Konzepts
    und bundesrechtlichen Möglichkeiten zur dezentra-         zur Netzintegration und zum Lastmanagement
    len Wärmeerzeugung auf den Hamburger Elbinseln            dezentraler Stromerzeuger auf den Hamburger
    unter Einbeziehung dezentraler Erzeuger (Wärme-           Elbinseln
    verbünde)                                             •   Modellhafte Umsetzung von Konzepten wie
•   Weiterentwicklung und räumliche Ausweitung des            Power-to Heat und Powerto-Gas
    Energieverbundes in der Wilhelmsburger Mitte          •   Information und Unterstützung zu den Möglich-
•   Forcierte Abstimmung der Sanierungspläne von Ein-         keiten der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK)
    zelheizungsanlagen mit einem weiteren Netzausbau      •   Unterstützung von Betreibermodellen zur Nut-
    des „Energiebunkers“ im nördlichen Reiherstiegvier-       zung von Photovoltaik
    tel                                                   •   Modellhafte Umsetzung von Plusenergiehäusern
•   Umsetzung des Projektes Tiefengeothermie Wil-             und Plusenergiesiedlungen auf den Hamburger
    helmsburg                                                 Elbinseln
•   Verankerung von Nahwärmenetzen bei den verdich-       •   Technische und organisatorische Ausweitung der
    teten Entwicklungsgebieten in Wilhelmsburg                Eigenstromnutzung
•   Initiierung von Nahwärmenetzen in Bestandsquar-       •   Repowering veralteter Windkraftanlagen
    tieren im Rahmen der energetischen Stadtsanierung     •   Erweiterte Suche und Umsetzung neuer Stand-
    und als Erweiterung von Netzen in angrenzenden            orte
    Entwicklungsgebieten
•   Qualifizierung der Nahwärmekonzepte durch den
    Einsatz innovativer Maßnahmen

                                                                                                      13
ambivalenten Praxiserfahrungen – nicht nur      Bauens in den Status quo ante – also in die
     international ein Vorreiter neuer städte-       Zeit vor der IBA – aufzuhalten. Vor dem
     baulich-energetischer Konzepte sowohl           Hintergrund der in Hamburg insgesamt zu
     im Stadtneu- wie im Stadtumbau, sondern         verzeichnenden Bautätigkeit ist dies ein
     auch ein Labor für innovative praktische        ehrgeiziges Unterfangen, soweit es dabei
     Lösungen. Diese pole position sollte weiter     auch um Fördermittel geht.
     ausgebaut und genutzt werden – nicht
     zuletzt auch, um dem lange vernachlässig-
     ten Stadtteil Wilhelmsburg zu einem neuen       Eckpunkte für die Weiterentwicklung
     innovativen Image als Pionierstadtteil Ham-     des Klimaschutzkonzepts Erneuerba-
     burgs zu verhelfen.                             res Wilhelmsburg

     Vor diesem Hintergrund sind die folgen-         Zur Erreichung des ambitionierten Ziels ei-
     den Empfehlungen für die Weiterführung          ner klimaneutralen Elbinsel bis 2050 hatte
     des Klimaschutzkonzepts Erneuerbares            sich die IBA Hamburg in ihrem Klimaschutz-
     Wilhelmsburg eher als Eckpunkte zu sehen,       konzept Erneuerbares Wilhelmsburg im
     denn als Patentrezept für eine Klimaneu-        Jahr 2010 vier strategische Handlungsfel-
     tralität von Wilhelmsburg im Jahre 2050.        der vorgenommen:
     Dennoch steht dieses Ziel nach wie vor im
     Fokus der Umsetzung, denn nur so ist ein        •   Energieeffizienter Neubau
     postfossiler, nachhaltiger und lebenswer-       •   Energetische Sanierung des Bestandes
     ter Stadtteil für über 70.000 Menschen zu       •   Erneuerbare Wärmenetze
     schaffen. Damit dieses Ziel nicht nur „Visi-    •   Erneuerbare Stromerzeugung
     on“ bleibt, sondern Realität werden kann,
     bedarf es nicht nur einer Roadmap – also        Diese strategischen Handlungsfelder haben
     einer Karte – sondern (um im Bild zu blei-      sich in der Praxis bewährt; daher sollen in
     ben) eines driver, was man hier besser mit      diesen Feldern Vorschläge für die Wei-
     „Treiber“ als mit „Fahrer“ übersetzen sollte.   terentwicklung des Konzeptes gemacht
     Bisher war dieser Treiber die IBA Hamburg       werden.
     GmbH, deren Aufgaben 2014 enden. Wenn
     das Innovationsprojekt Erneuerbares Wil-
     helmsburg erfolgreich fortgesetzt werden        Energieeffizienter Neubau
     soll, wird ein neuer „Treiber“ gebraucht – im
     besten Fall ist das die Stadt Hamburg selbst    Ein erster Schritt zur Erreichung von Klima-
     –, der Strategien, Projekte und Vorgehens-      schutzzielen ist die Reduzierung des Ener-
     weisen entwickelt, voranbringt, anpasst,        gieverbrauches für Raumwärme und Warm-
     umsetzt und überprüft. Ein solcher Akteur       wasserbereitung auf ein Minimum. Der
     oder „Kümmerer“ ist auch notwendig, um          Senat der Freien und Hansestadt Hamburg
     den sich in Wilhelmsburg gelegentlich ab-       strebt mit dem Masterplan Klimaschutz die
     zeichnenden Trend zum Rückfall des Mög-         Senkung des jährlichen Endenergiebedarfs
     liche politische Risiken bei der Umsetzung      (Heizung und Warmwasser) bei Mehrfamili-
     langfristig angelegter Klimaschutzkonzepte      enhäusern im Bestand auf durchschnittlich
     wie dem Erneuerbaren Wilhelmsburg liegen        40–45 kWh/m2 und bei bestehenden Einfa-
     in wechselnden Rahmenbedingungen auf            milienhäusern auf 45–55 kWh/m2 an. Um
     den verschiedenen nationalen und inter-         diese Ziele 2050 zu erreichen, müssen be-
     nationalen Ebenen. 184 energiepolitischen       reits jetzt neu zu errichtende Gebäude und

14
Quartiere den Anforderungen der Zukunft        diese Mindeststandards einhalten, wenn
genügen und zum Ausgleich der komplexen        nicht sogar übertreffen können. Die Praxis
Situation im Gebäudebestand die durch-         hat dabei gezeigt, dass die gelegentlich kri-
schnittlichen Ziele deutlich übertreffen       tisierten erhöhten Baukosten oftmals nicht
– auch wenn die gegenwärtige Wohnungs-         nur auf höhere Material- und Arbeitskosten
baupolitik in Hamburg dies nicht per se        zurückzuführen sind, sondern zumindest
vorsieht, da bestehende ordnungsrechtliche     zum Teil auf Mängeln in der Planung und im
Wärmeschutz und Energieanforderungen           Baumanagement sowie auf Fehlern durch
für den Wohnungsbau auf Landesebene            die Beauftragung ungeeigneter, vermeint-
nicht verschärft werden sollen. Die Lösung     lich preiswerterer Planer und Unternehmer
könnte darin bestehen, bei der Grund-          beruhen.
stücksvergabe optional höhere Energieef-
fizienzstandards vorzusehen. Das Klima-            Effizienzhaus55 bei Wohngebäuden
schutzkonzept Erneuerbares Wilhelmsburg            bzw. EnEV2009 minus 30 Prozent
hatte schon 2010 als Ziel den Standard des         bei Nichtwohngebäuden als Mindest-
Passivhauses oder vergleichbare Effizienz-         standard bei allen Ausschreibungen
hausstandards formuliert. Bestmögliche             und Wettbewerben, Passivhaus bzw.
Wärmedämmung, energiesparende Bauteile             Effizienzhaus40 als Zielstandards
wie Fenster, Luftdichtigkeit und Wärmebrü-
ckenminimierung, eine kontrollierte Be- und    Wo immer möglich und wo nicht an erneu-
Entlüftung und eine effiziente Haustechnik     erbare Wärmenetze angeschlossen, sollten
sowie integrale Planung und Bauleitung und     Neubauten erneuerbare Energien und vor
Qualitätssicherung gehören heutzutage          Ort verfügbare Ressourcen wie Biogas, Bio-
zum Stand der Technik. Mindeststandard für     masse oder Ökostrom zur Beheizung und
den Status eines IBA Projektes waren seit      Warmwasserbereitung nutzen. Solarther-
dem Jahre 2009 aus Ermangelung passen-         mie sowie Umweltwärme wie Geothermie,
der Effizienzhausstandards die Kriterien       Ab- oder Umgebungsluft zum Betrieb von
der Energieeinsparverordnung EnEV2009          Wärmepumpen können den Verbrauch von
minus 30 Prozent. Dieser Standard wird von     wertvollen Rohstoffen reduzieren. Pho-
der IBA aktuell als Kriterium bei Ausschrei-   tovoltaik macht das eigene Gebäude zum
bungen und Wettbewerben, aber auch bei         Kraftwerk und trägt zur Versorgung mit
der Entwicklung und Vermarktung von            erneuerbarem Strom bei.
Grundstücken außerhalb der bisherigen          Daher hat die IBA in der Vergangenheit
räumlichen Kulisse der Bauausstellung als      zahlreiche unterschiedliche Konzepte für
Effizienzhaus55 bei Wohngebäuden bzw.          die Nutzung und Produktion von erneuerba-
EnEV2009 minus 30 Prozent bei Nicht-           ren Energien umgesetzt und wird die Integ-
wohngebäuden weitergeführt. Mindestens         ration dieser Komponenten auch zukünftig
dieser Standard sollte auch bei zukünftigen    durch die Berücksichtigung bei Ausschrei-
Grundstücksvergaben beibehalten wer-           bungen und Wettbewerben vorantreiben.
den mit dem Ziel, ihn sukzessive weiter zu     Perspektivisch sollte jedes Gebäude den
erhöhen; bessere Standards sollten bereits     Standard als Null- oder Plusenergiehaus
heute positiv in die Bewertung von Aus-        erreichen.
schreibungen und Wettbewerben einfließen.
Die Erfahrungen zeigen, dass versierte Ar-         Entwurfliche Integration von Photo-
chitekten, Investoren und Bauträger relativ        voltaik als Mindestanforderung bei
unproblematisch und nahezu kostenneutral           Ausschreibungen und Wettbewerben

                                                                                               15
Zur Beheizung und Warmwasser-               Energetische Sanierung des
         bereitung vorrangige Nutzung von            Bestandes
         Biogas und Biomasse sowie vor
         Ort verfügbaren Ressourcen wie              Für eine zielgerechte Umsetzung des Kli-
         Solarthermie, Geothermie, Ab- oder          maschutzkonzepts Erneuerbares Wilhelms-
         Umgebungsluft zum Betrieb von               burg ist der Bestand – wie generell beim
         Wärmepumpen                                 energetischen Stadtumbau – von zentraler
                                                     Bedeutung. Auf die Probleme, die Erneu-
         Null- oder Plusenergiehaus als Ziel-        erungsrate vor dem Hintergrund der kon-
         standard                                    kreten sozio-demografischen Situation in
                                                     Wilhelmsburg zu erhöhen, wurde mehrfach
     Nicht nur der Betrieb, sondern auch die         in diesem Band hingewiesen. Die energe-
     Produktion der Baustoffe und Bauelemente,       tische Sanierung des Gebäudebestandes
     die Errichtung sowie Abriss und Wiederver-      stellt daher weiterhin die größte Heraus-
     wertung oder Entsorgung tragen zur Ener-        forderung dar – nicht nur in Wilhelmsburg.
     giebilanz eines Gebäudes bei. Besonders bei     Die Situation auf den Elbinseln ist dabei
     energieeffizienten Bauten kann der Anteil       zwar spezifisch, die Maßnahmen sind aber
     dieser sogenannten Grauen Energie über          oftmals generell und übertragbar, sodass
     50 Prozent betragen. Daher werden die           eine gesamtstädtische Sicht notwendig
     Berücksichtigung des Life- Cycle-Ansatzes       erscheint, die dann lokal umgesetzt werden
     und die Nutzung nachhaltiger Baustoffe          muss. Um die langfristigen Klimaschutzziele
     immer relevanter. Die IBA Hamburg konnte        zu erreichen, müssen alle Bestandsbauten
     das Thema Holzbau wieder in Hamburg             bewertet und den jeweiligen Gegebenheiten
     platzieren und gute Beispiele realisieren.      – wie in den Stadtraumtypen des Energiea-
     Die gewonnenen Erfahrungen haben zu ei-         tlas modellhaft gezeigt – angepasst sowie
     ner Qualifizierung der Planern und Ausfüh-      optimal energetisch ertüchtigt werden.
     renden in Hamburg und Norddeutschland           Zu berücksichtigen sind dabei zahlreiche
     geführt. Dieser Schub soll weiterhin genutzt    Faktoren von der baulichen Situation über
     werden. Im Rahmen der europäischen              die historische Bedeutung bis zur sozio-de-
     Gesetzgebung müssen ab 2021 alle Neubau-        mografischen Situation, zu den Eigentums-
     ten Niedrigstenergiegebäude (nearly Zero        verhältnissen und zur Mietpreisentwicklung.
     Emission) sein, alle öffentlichen Neubau-       Dabei sind auch die unterschiedlichen
     ten sogar zwei Jahre vorher. Damit kann         Eigentümergruppen zu berücksichtigen, die
     die öffentliche Hand bzw. der öffentliche       jeweils spezifisch angesprochen und moti-
     Investor als Vorbild und mit guten Beispie-     viert werden müssen. Eine große Herausfor-
     len vorangehen. Eine Regelförderung für         derung stellen die privaten Eigentümer von
     Projekte mit weitgehender CO2-Neutralität       Geschosswohnungsbauten und Einfamilien-
     in der LifeCycle-Analyse wäre sinnvoll, nicht   hausbesitzer dar. Bei diesen Gruppen beste-
     zuletzt, um Defizite in der Erneuerungsrate     hen oftmals nur geringe finanzielle Mittel
     des Bestandes zu kompensieren.                  zur energetischen Sanierung. Außerdem
                                                     sind die Möglichkeiten der Information über
         LifeCycle-Ansatz und nachhaltige            eventuelle Maßnahmen allgemein und die
         und nachwachsende Baustoffe als             konkrete Situation der eigenen Immobilie
         besonderes Kriterium bei Ausschrei-         schlechter als bei größeren und organisier-
         bungen und Wettbewerben                     ten Gesellschaften.

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Die Erfahrungen der „Prima Klima“-Kam-        Wärmeversorgung sowohl finanziell als
pagne lehren, dass Erfolge bei der Erneue-    auch energetisch ineffizient oder zumindest
rungsrate nicht kurzfristig und nicht durch   schwierig umsetzbar. Für die Gebäudetypen
einmalige Aktionen zu erzielen sind. Es       in Wilhelmsburg, für die sich der Anschluss
wird durch gelegentliche Kampagnen zwar       an ein Nahwärmenetz nicht lohnt, sind
durchaus eine Aufklärung und ein Bewusst-     passende Konzepte für eine dezentrale CO2-
sein geschaffen, für breite Ausstrahlungs-    neutrale Wärmeversorgung (zum Beispiel
effekte und eine konkrete Investitionsent-    durch Wärmepumpen, Solarthermie oder
scheidung bedarf es allerdings nicht nur      Biomasse) inklusive Planungsvorgaben, För-
eines langen Atems, sondern vor allem         dermöglichkeiten und Kosten zu entwickeln.
auch gezielter und kompetenter Beratung.      Diese sollten konkret und zielgerichtet
Initiativen wie die „Prima Klima“-Kampagne    durch Kampagnen vor Ort vermittelt und
sollten daher in Wilhelmsburg fortgeführt     befördert werden.
und mit konkreten Beratungsangeboten
durch geeignete Energieberatern unter-            Information und Kampagnen für
stützt werden.                                    CO2- neutrale Wärmeversorgung vor
                                                  Ort
    Umsetzung von Kampagnen zur
    Information und Motivation von            Die Umsetzung von Maßnahmen zur Sanie-
    Eigenheimbesitzern                        rung der Gebäudehülle sowie zur Einbin-
                                              dung von erneuerbaren Energien sollte
    Präsenz von Energieberatern vor           durch verbesserte Fördermittel besonders
    Ort bei Veranstaltungen der orga-         bei den Programmen für Eigenheimbesitzer
    nisierten Eigenheimbesitzer und           und Wohnungseigentümergemeinschaften
    dezentrale Angebote von Einzelbe-         unterstützt werden.
    ratungen
                                                  Verbesserung der Vermittlung von
Auch wenn jedes Gebäude als Einzelobjekt          und Beratung zu Fördermitteln für
zu betrachten ist, ergeben sich in vielen         Eigenheimbesitzer und Wohnungsei-
Siedlungsstrukturen wie den Eigenheim-            gentümergemeinschaften
siedlungen in Kirchdorf ähnliche Bau- und
Sanierungsaufgaben. Für diese ähnlichen       Gemeinsames Handeln im Quartier bietet
Projekte können einfache Mustersanie-         nicht nur aus technischer und gestalteri-
rungskonzepte hilfreich sein, um zum einen    scher Sicht, sondern auch aus finanziellen
die Eigentümer niederschwellig, aber kon-     Gründen Vorteile gegenüber einer Be-
kret über mögliche Sanierungsmaßnahmen        trachtung von einzelnen Gebäuden. Viele
und deren Kosten zu informieren, aber auch    Städte verfolgen daher einen sogenannten
den städtebaulichen Kontext der Siedlun-      Quartiersansatz für die Bewältigung der He-
gen zu fördern oder zu erhalten.              rausforderungen der energetischen Stadt-
                                              sanierung bzw. des Stadtumbaus. Daher
    Entwicklung von konkreten Muster-         unterstützt auch die KfW-Bank zurzeit so-
    sanierungskonzepten für größere           wohl die Erstellung eines Quartierskonzepts
    Eigenheimquartiere wie in Kirchdorf       als auch die Koordinierung der Umsetzung
                                              durch einen sogenannten Quartiersmana-
Die geringe Wärmedichte von Einfamilien-      ger mit einem speziellen Programm. Trotz
hausgebieten macht eine netzgebundene         der Förderung wird dieses Instrument im

                                                                                            17
Moment noch wenig in Anspruch genom-            Wärmeversorgung des weniger energieeffi-
     men. Auch in Wilhelmsburg könnten für die       zienten Bestandes beitragen.
     Quartiere Veddel, Reiherstiegviertel, Kirch-
     dorf oder Kirchdorf-Süd Quartierskonzepte           Weiterentwicklung der energieräum-
     und -manager zu einer besseren Koordinie-           lichen Konzepte und bundesrechtli-
     rung der Maßnahmen der Einzeleigentümer             chen Möglichkeiten zur dezentralen
     beitragen. Hierin könnte eine wesentliche           Wärmeerzeugung auf den Hambur-
     Aufgabe des eingangs erwähnten „Ak-                 ger Elbinseln unter Einbeziehung
     teurs“ oder „Kümmerers“ liegen. Zu seinen           dezentraler Erzeuger (Wärmever-
     Aufgaben sollte auch die Beschaffung der            bünde)
     notwendigen Komplementärfinanzierung
     durch die entsprechenden Behörden und           Mit dem Energieverbund als offenes Wär-
     Verwaltungsstellen sowie die beteiligten        menetz wurde ein innovatives Konzept der
     Immobilienbesitzer und Energieversorger         Nahwärmeversorgung realisiert. Durch die
     gehören.                                        Versorgung mit einem Biogas-Blockheiz-
                                                     kraftwerk konnte eine nahezu CO2-neutrale
         Umsetzung von Projekten der                 Wärmeversorgung geschaffen werden, die
         energetischen Stadtsanierung in             auch für die Investoren attraktiv ist, da sie
         Quartieren wie der Veddel, dem              das Erreichen hoher Effizienzstandards
         Reiherstiegviertel, Kirchdorf oder          ohne weitere Investitionen möglich macht.
         Kirchdorf-Süd                               Gleichzeitig konnte durch die Möglichkeit
                                                     der Einspeisung der Deckungsanteil durch
     Erneuerbare Wärmenetze                          Solarthermie bei einzelnen Projekten und
                                                     im Gesamtsystem erhöht werden. Aller-
     Einige erneuerbare Energien lassen sich nur     dings steht die dezentrale Einspeisung in
     in einer netzgebundenen Wärmeversorgung         Wärmenetze organisatorisch und technisch
     nutzen oder sind dort deutlich effektiver als   noch ganz am Anfang. Ein wirtschaftlicher
     in Einzelgebäuden. Beispiele hierfür sind       Betrieb ist zunächst nur bei besonderer
     Quellen wie industrielle Abwärme, Tie-          Förderung möglich. Wichtig ist hier vor
     fengeothermie, Blockheizkraftwerke oder         allem die Weiterführung des energetischen
     größere Solarthermieanlagen. Zusätzlich         Monitorings, um damit Schwachstellen zu
     ermöglicht eine Vernetzung unterschiedli-       erkennen und die Effizienz des Gesamtsys-
     cher Erzeuger einen Austausch zwischen          tems zu erhöhen.
     diesen und dadurch eine Erhöhung der
     Ausnutzung der Systeme. Daher sieht das             Weiterentwicklung und räumliche
     Klimaschutzkonzept Erneuerbares Wil-                Ausweitung des Energieverbundes
     helmsburg bis 2050 die Wärmeversorgung              in der Wilhelmsburger Mitte
     aller verdichteten Gebiete durch Nahwär-
     menetze unterschiedlicher Ausprägung vor.       Der Energiebunker im Reiherstiegviertel als
     Mit dem Nahwärmenetz um den Energie-            Pufferspeicher zur Sammlung von verschie-
     bunker und mit dem Energieverbund in der        denen erneuerbaren Energiequellen wie
     Wilhelmsburger Mitte wurden erste Projekte      Solar thermie, Biogas-Kraft-Wärme-Kopp-
     oder erste Bauabschnitte realisiert. Auch in    lung, industrieller Abwärme und (zukünftig)
     Zukunft sollte verstärkt das Augenmerk auf      Biomasse konnte mit den Wohnungen des
     intelligente Wärmeverbünde gelegt werden,       „Weltquartiers“ sowie einigen öffentlichen
     in denen hocheffiziente Neubauten zur           Einrichtungen seine ersten Anschlussneh-

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mer finden. Deren Anzahl ist bis zur maxi-      Benutzungsgeboten zu sichern. Bei der
malen Anschlusszahl von 3000 Einheiten          Aufstellung von Bebauungsplänen und
weiter auszubauen.                              bei städtebaulichen Verträgen sowie bei
                                                der Konzessionsvergabe ist auf eine hohe
    Forcierte Abstimmung der Sanie-             Klimaneutralität zu achten.
    rungspläne von Einzelheizungsanla-
    gen mit einem weiteren Netzausbau               Verankerung von Nahwärmenetzen
    des „Energiebunkers“ im nördlichen              bei den verdichteten Entwicklungs-
    Reiherstiegviertel                              gebieten in Wilhelmsburg

Das Projekt der Tiefengeothermie stellt         Für weitere Bestandsquartiere wie die
einen entscheidenden Baustein zur Um-           Veddel oder Kirchdorf-Süd sollte eine
setzung des Klimakonzeptes Erneuerba-           Nahwärmelösung im Rahmen von Quar-
res Wilhelmsburg dar und könnte einen           tierskonzepten der energetischen Stadtsa-
bedeutenden Beitrag zur regenerativen           nierung (siehe oben) erfolgen. Besondere
Wärmeversorgung der Wohnungsbauten              Möglichkeiten und Potenziale ergeben sich
des südlichen Reiherstiegviertels, aber auch    aus städtebaulichen Entwicklungen wie in
von ansässigen Gewerbebetrieben leisten.        Veddel-Nord als erstem Kristallisierungs-
Nach Klärung der finanziellen Rahmenbe-         punkt eines neuen Netzes.
dingungen sollte das Gemeinschaftsprojekt
des städtischen Versorgers und eines orts-          Initiierung von Nahwärmenetzen
ansässigen Unternehmers realisiert werden,          in Bestandsquartieren im Rahmen
um so nicht nur die langfristig stabile             der energetischen Stadtsanierung
Energieversorgung für die angeschlossenen           und als Erweiterung von Netzen in
Betriebe und Haushalte zu garantieren,              angrenzenden Entwicklungsgebieten
sondern ein Pilotprojekt für Norddeutsch-
land zu realisieren. Sollte eine Realisierung   Im Rahmen der Entwicklung oder Auswei-
nicht gelingen, sind zur Umsetzung des          tung der Nahwärmenetze sollte laufend der
Klimaschutzkonzeptes alternative Quellen        Einsatz innovativer Maßnahmen wie Power-
zur Wärmeversorgung in einem erheblichen        to-Heat oder die urbane Gewinnung von
Umfang zu erschließen.                          Biogas aus biogenen Reststoffen geprüft
                                                werden.
    Umsetzung des Projektes Tiefen-
    geothermie Wilhelmsburg                         Qualifizierung der Nahwärmekon-
                                                    zepte durch den Einsatz innovativer
Bei neuen Entwicklungsgebieten wie der              Maßnahmen
Dratelnstraße und der Nord-Süd-Achse
entlang der dann ehemaligen Trasse der
Wilhelmsburger Reichsstraße sowie in            Erneuerbare Stromerzeugung
Georgswerder oder am Haulander Weg sind
Anschlussgebiete mit einer ausreichen-          Die Roadmap 2010 zur dezentralen Strom-
den Energiedichte für eine wirtschaftliche      erzeugung auf den Hamburger Elbinseln
Versorgung durch ein Nahwärmenetz im            hat sich heute veränderten politischen und
Rahmen von energetischen Gutachten              rechtlichen Rahmenbedingungen zu stellen.
zu bestimmen und im Bebauungsplan               Das Klimaschutzkonzept Erneuerbares
über Festsetzungen von Anschluss- und           Wilhelmsburg basiert grundsätzlich auf

                                                                                             19
einer zukünftigen Stromversorgung, bei der      Überkapazitäten zu nutzen, sondern kann
     sich zentrale Großanlagen wie Offshore-         sowohl den Anteil des regenerativen Gasan-
     Windkraft und Onshore-Windparks und eine        teils im Erdgasnetz erhöhen, als auch durch
     dezentrale Erzeugung mit Kraft-Wärme-           die Nutzung in Anlagen mit Kraft-Wärme-
     Kopplung, Photovoltaik und einzelnen Wind-      Kopplung rückverstromt werden, um damit
     kraftanlagen ergänzen. Dieser Ansatz findet     Deckungslücken zu füllen.
     sich auch in den Analysen der Insel-Strom-
     studie wieder, in der die Möglichkeiten der         Modellhafte Umsetzung von Kon-
     Netzintegration und des Lastmanagements             zepten wie Power-to Heat und
     bei zentraler und dezentraler Versorgung            Power-to-Gas
     untersucht werden. In einem nächsten
     Schritt müssen die unter den aktuellen          Bei der Verbrennung in Gaskesseln nur die
     Bedingungen noch vorhandenen Potenzi-           Wärme zu nutzen, ist nicht mehr zeitgemäß.
     ale für eine dezentrale Stromerzeugung          Die Wärmenutzung ist möglichst flächen-
     konkretisiert und praktisch genutzt werden      deckend mit der Gewinnung von Strom
     (zum Beispiel Erhöhung des Photovoltaik-        durch Kraft- Wärme-Kopplung (KWK) in
     Anteils). Die begonnenen Arbeiten sollten       Blockheizkraftwerken oder Brennstoffzellen
     in den nächsten Jahren unter Federführung       zu kombinieren. Bei der weiteren Nutzung
     des „Kümmerers“-Konzepts fortgeschrie-          von Gas in nicht netzversorgten Gebieten
     ben werden.                                     ist daher bei ausreichend großen Gebäude-
                                                     einheiten auf den Einsatz von KWK hinzu-
         Modellhafte Weiterentwicklung des           arbeiten. Eine entsprechende Kampagne
         Konzepts zur Netzintegration und            mit Informationen und Planungsrichtwerten
         zum Lastmanagement dezentraler              kann dieses unterstützen.
         Stromerzeuger auf den Hamburger
         Elbinseln                                       Information und Unterstützung zu
                                                         den Möglichkeiten der Kraft-Wärme-
     Eine Schlüsselfunktion für den energeti-            Kopplung (KWK)
     schen Stadtumbau wird in Zukunft die Frage
     der Speicherung von Überschussenergien          Die Nutzung von Photovoltaik ist die ein-
     spielen. Die Insel-Stromstudie hat die Dring-   fachste und niedrigschwelligste Form der
     lichkeit dieses Problems am Beispiel Wil-       dezentralen Stromproduktion. Sie kann
     helmsburgs gezeigt. Daher werden neben          durch jeden Immobilienbesitzer umgesetzt
     der überregionalen Vernetzung von dezent-       werden, aber auch Anleger ohne eigene
     raler Stromproduktion in Zukunft innovative     Aufstellungsmöglichkeit können sich ge-
     Technologien zur energetischen Nutzung          meinschaftlich organisieren. Entsprechend
     von temporären Überkapazitäten an Bedeu-        ist der Aufbau von Energiegenossenschaf-
     tung gewinnen. Wilhelmsburg eignet sich         ten oder das Engagement von Schulverei-
     auf Grund der bereits gebauten Infrastruk-      nen und ähnlichem weiter zu unterstützen.
     tur (Energiebunker, Energieberg, Energie-       Darüber hinaus kann die Elektromobilität
     verbund Mitte) in besonderer Weise dafür,       von der dezentralen Stromproduktion pro-
     seine Pionierposition auszubauen. Power-to      fitieren und gleichzeitig Speichermöglich-
     Heat ist eine Option, die die Nutzung im        keiten bieten und die Eigenstromnutzung
     Rahmen des Ausbaus der Nahwärmenetze            erhöhen.
     ermöglicht. Darüber hinaus bietet Powerto-
     Gas nicht nur die Möglichkeit, elektrische

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Unterstützung von Betreibermodel-           Mit dem Repowering der Windkraftanlage
    len zur Nutzung von Photovoltaik            auf dem Energieberg haben Wilhelmsburg
                                                und die IBA einen eigenen Beitrag zum
Um die Rentabilität der eigenen Strom-          Ausbau der Onshore- Windkraft geleistet.
produktion zu erhöhen und gleichzeitig          Weitere Potenziale des Repowerings sollten
die Netzinfrastruktur zu entlasten, ist         genutzt werden. Bei der Suche nach Stand-
eine möglichst hohe Eigenstromnutzung           orten für neue Anlagen sollte zum Beispiel
anzustreben. Die eigene Stromprodukti-          auch das Hafengebiet stärker genutzt
on ist Bedingung für die Entwicklung von        werden, wie es in den letzten Jahren auch
Plusenergiehäusern und Plusenergiesied-         bereits getan wurde.
lungen. Entsprechend sind diese Konzepte
weiterzuentwickeln und zu fördern und die           Repowering veralteter Windkraftan-
Pilotprojekte in den baulichen Mainstream           lagen und Umsetzung neuer Stand-
zu überführen.                                      orte

    Modellhafte Umsetzung von Plu-                  Erweiterte Suche nach Standorten
    senergiehäusern und Plusener-                   für Windkraftanlagen
    giesiedlungen auf den Hamburger
    Elbinseln

    Technische und organisatorische
    Ausweitung der Eigenstromnutzung

Abb. 6: In den „Nahwärmeverbund Wilhelmsburg Mitte“ können die angeschlossenen Gebäude
überschüssig produzierte Wärme auch einspeisen

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