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RECHENZENTRUM: IMMOBILIE, INFRASTRUKTUR ODER TECH? SPIELT ES EINE ROLLE? Vorwort Rechenzentren bilden die Grundlage der voranschreitenden Welle der Digitalisierung, die längst Einzug in das alltägliche Leben unser Gesellschaft gefunden hat und zum maßgeblichen Kriterium der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen avanciert. Die daraus resul- tierende stetig steigende Nachfrage nach Kapazitäten und Fläche, Rolf Zarnekow basierend auf exponentiell steigenden Datenmengen und zuneh- Head Investment Management Real mendem Bedarf an Rechenkapazitäten, bilden den Grundstein für Estate attraktive und wachstumsorientierte Opportunitäten für Investoren. rolf.zarnekow@aquila-capital.com Analog zur Entwicklung im Logistikbereich, der sich in der letzten Dekade aus dem Nischenbereich zum festen Bestandteil institu- Rolf Zarnekow hat über 20 Jahre Erfahrung in der Branche. Bevor er tioneller Immobilienportfolios entwickelte, unterstützt eine zunehmende 2012 zur Aquila Gruppe kam, arbeitete er für zahlreiche institutio- Institutionalisierung die Entwicklung des Marktes für Rechenzentren. nelle Immobilienunternehmen in leitenden Funktionen, in denen er Doch der enorme Strombedarf und darauf basierende Anforderun- die Durchführung von Immobilientransaktionen im Wert von mehr gen an die Infrastruktur stellen die Branche vor neue Herausforderungen. als 8 Milliarden Euro verantwortete. Rolf hat einen Abschluss in Be- Insbesondere Nachhaltigkeitskriterien rücken inmitten der europäis- triebswirtschaftslehre von der European Business School Oestrich- chen Energiewende in den Mittelpunkt und die Verfügbarkeit Winkel. erneuerbarer Energiekapazitäten entwickelt sich zum entscheidenden Faktor. Wir sehen dabei ökologische Aspekte für die Basis zukunftsträchti- ger und auf auf langfristiges Wachstum ausgerichteter Investitionen. Aufbauend auf die Entwicklung grüner Logistikimmobilien bieten wir eine einzigartige Kombination immobilienspezifischer sowie infrastruktureller Aspekte für die Entwicklung nachhaltiger Rechen- zentren. Synergien ergeben sich innerhalb der Aquila Gruppe durch ein Portfolio an erneuerbarer Energiekapazität von mehr als 10 GW, langjähriger Erfahrung in der Strukturierung privater Stromabnah- meverträge, einer professionellen Ausrichtung auf Energieeffizienz sowie der Expertise in nachhaltiger Bauweise. Autor: Peter Schnellhammer Investment Research peter.schnellhammer@aquila-capital.com Peter Schnellhammer ist Investment Researcher bei Aquila Capital. Er verfügt über mehr als 4 Jahre Erfahrung in den Bereichen Strate- gic Research und Alternative Investments. Bevor er 2019 zur Aquila Gruppe kam, konzentrierte er sich auf makroökonomisches Research von Immobilienmärkten. Peter Schnellhammer hat einen Master- Abschluss in Volkswirtschaftslehre von der Universität Rostock. © 2021 AQUILA CAPITAL – NUR FÜR PROFESSIONELLE INVESTOREN 2
RECHENZENTRUM: IMMOBILIE, INFRASTRUKTUR ODER TECH? SPIELT ES EINE ROLLE? Entdecken Sie in diesem Whitepaper, Marktwissen von: Carl von Hessen Jan-Henrik Kohler Head of Data Centre Investments Investment Manager Data Centre carl.hessen@aquila-capital.com jan-henrik.kohler@aquila-capital.com Carl von Hessen ist europaweit im Segment der Rechenzentren tätig, Jan-Henrik Kohler arbeitet als Investment Manager im Data Center wo er für die Aquila Gruppe das erste Entwicklungsprojekt sichern Team. Seine derzeitige Position umfasst die Begleitung bestehender konnte. Als er 2015 zur Aquila Gruppe kam, betreute er zunächst und neuer Rechenzentrums-Investitionsprojekte in Europa. Zusätzlich die Identifizierung, Bewertung und Akquisition von Greenfield-In- unterstützt er die strategische Positionierung und Entwicklung von vestments im Wohn- und Logistiksegment in Südeuropa. Carl ist AQ Compute, der Rechenzentrumsmarke von Aquila Capital. Er bereits seit 2013 in der Immobilienbranche tätig. Bevor er zur Aquila verfügt über mehr als 5 Jahre branchenübergreifende Erfahrung im Gruppe kam, arbeitete er für die ECE Projektmanagement in Hamburg Energiemarkt. Jan-Henrik kam 2020 von Roland Berger zur Aquila als Development Manager für ein Büroentwicklungsprojekt in Nor- Gruppe und war zunächst im Corporate Development Team tätig, ddeutschland. Carl hat einen Bachelor-Abschluss in internationaler in welchem er gemeinsam mit dem Real Estate Investment Team Betriebswirtschaftslehre von der Erasmus-Universität Rotterdam. auch die Rechenzentrumsstrategie begleitete. Jan-Henrik hat einen Bachelor-Abschluss der Umweltwissenschaften und einen Master- Abschluss in Management & Finance der Leuphana Universität. © 2021 AQUILA CAPITAL – NUR FÜR PROFESSIONELLE INVESTOREN 3
RECHENZENTRUM: IMMOBILIE, INFRASTRUKTUR ODER TECH? SPIELT ES EINE ROLLE? Kurzfassung 1. Rechenzentren – Grundvoraussetzung der Digitalisierung . S. 5 n Rechenzentren bilden die essentielle Grundlage der Digitalisie- 2. Daten die Ressource des 21. Jahrhunderts . . . . . . . . . . . . S. 6 rung, die bereits fester Bestandteil des Alltags ist und einen 3. Immobilienperspektive – eine neue und substantiellen Einflussfaktor für die Wettbewerbsfähigkeit von andere Nutzungsart . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 9 Unternehmen darstellt. 4. Bedeutung für die Infrastruktur – enormer n Die rasante Entwicklung digitaler Technologien und daraus Stromverbrauch und die Energiewende . . . . . . . . . . . . . . . S. 12 erwachsende Möglichkeiten führen zu sich selbstverstärkenden 5. Bezug zum Tech-Segment – die vierte industrielle Prozessen, die in exponentiellem Wachstum der Datenmengen Revolution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 17 münden und somit eine äußerst dynamische Nachfrage nach 6. Renditeerwartungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 19 Rechenzentrumskapazitäten hervorrufen. n Die maßgeblich durch den Bedarf privater Unternehmen getriebene Auslagerung eigener IT-Infrastrukturen in private Cloud-Umgebungen erzeugt einen enormen Flächenbedarf. n Co-Location Rechenzentren bilden eine kosteneffiziente und flexible Lösung für diese Nachfrage, die attraktive Opportunitä- ten für Immobilieninvestoren schafft. n Profitieren können Investoren durch diversifizierte Multi- Tenant-Strukturen und stetig exponentiell steigende Nachfrage, während das technische Risiko vom Mieter selbst getragen wird. n Aus der Notwendigkeit die Digitalisierung flächendeckend zu gestalten, erfolgt eine Dezentralisierung der bis heute sehr konzentrierten Marktstruktur, wodurch sich erhebliche Wachs- tumspotentiale jenseits der FLAP-D Märkte ergeben. n Insbesondere Skandinavien bietet die idealen Rahmenbedin- gungen für nachhaltige Rechenzentren. n Rechenzentren stellen insbesondere durch den Stromverbrauch hohe Anforderungen an die Infrastruktur. n Inmitten der Energiewende wird die Nachhaltigkeit und somit die Verfügbarkeit erneuerbarer Energiekapazität sowie die Energieeffizienz zur entscheidenden Determinante der Objekt- qualität, Wettbewerbsfähigkeit und der zukünftigen Tragbarkeit n Rechenzentren selbst stellen darüber hinaus eine kritische Infrastruktur dar, da sie die Basis jeden Fortschritts in der Tech-Branche und damit die Vorraussetzung für die 4. Industri- elle Revolution darstellen. n Rechenzentren bieten in diesem Zusammenhang eine ideale Kombination aus einem Investment in den Bereichen Immobi- lie, Infrastruktur und Tech. n Wettbewerbsvorteile können durch Erfahrungen in der Ent- wicklung grüner Logistik – aufgrund der Parallelen – sowie Expertise in der Infrastruktur – insbesondere Erneuerbarer Energie – generiert werden, während die Risiken durch die rasant fortschreitende technische Entwicklung digitaler Kom- ponenten nicht getragen werden. n Die Zuordnung zu einer der drei Kategorien spielt daher keine Rolle. Rechenzentren bieten langfristige, alternative Anlage- möglichkeiten, die inmitten der grünen sowie digitalen Transformation von exponentiell steigender Nachfrage profitieren. © 2021 AQUILA CAPITAL – NUR FÜR PROFESSIONELLE INVESTOREN 4
RECHENZENTRUM: IMMOBILIE, INFRASTRUKTUR ODER TECH? SPIELT ES EINE ROLLE? 1. Rechenzentren – Grundvoraussetzung der Digitalisierung Rechenzentren bilden das Fundament einer digitalisierten und ver- Primär sind Rechenzentren reale Gebäude, deren Ausstattungsmerk- netzten Welt. Als in der Regel eigenständige, physische Gebäude male sowie Lagekriterien Ähnlichkeiten zu den Anforderungen im ermöglichen sie die Zusammenführung von IT-Strukturen an einem Logistiksegment aufweisen. Analog zur Logistik, die wiederum ins- zentralen Ort. Bestehend aus zentralen Rechen- und Speicherres- besondere vom wachsenden Onlinehandel profitiert, zeigten die sourcen stellen sie die Kapazitäten für Datenspeicherung, Anwen- Rechenzentren eine hohe Krisenresilienz bzw. profitierten von einem dungen und Verarbeitung zur Verfügung. Obwohl Rechenzentren sprunghaften Wachstum. Ungeachtet der nicht gegebenen Drittver- aufgrund ihrer Lagekriterien, der Netzwerkverbindung und eher un- wendung versprechen sie eine stetig steigende Mieternachfrage. Die scheinbarer Gebäudehüllen kaum bzw. gar nicht auffallen, greift Bindung an das Objekt – durch äußerst schwierige Verlagerungen nahezu jeder von uns mehrmals am Tag auf die Kapazitäten eben – bietet langfristig stabile Zahlungsströme. In der jüngsten Immobi- jener zu. Banküberweisungen per App, E-Mails auf dem Smartphone, lien-Trendumfrage von PWC1 liegen Rechenzentren bereits an erster Videokonferenzen und soziale Netzwerke sind nur einige Beispiele, Stelle in der Gunst der Investoren. In allen Teilkategorien (Investment, deren essenzielle Grundlage Rechenzentrumskapazitäten darstellen. Entwicklung, Einkommen) werden die Aussichten für Rechenzent- ren, noch vor der Logistik am höchsten eingeschätzt. Dennoch sind Rechenzentren sind damit der maßgebliche physische Bestandteil Rechenzentren Spezialimmobilien, die auch traditionelle Immobili- einer zunehmend von immateriellen und anwendungsbezogenen eninvestoren und -manager vor neue Herausforderungen stellen. Charakteristika getriebenen Welle der Digitalisierung. Die durch die Pandemie ausgelöste Krise führte der Gesellschaft und der Wirt- Rechenzentren stellen ein systemrelevante Infrastruktur dar – ver- schaft die Wettbewerbsaspekte einer digitalen Abbildung unserer gleichbar mit dem Zugang zu Wasser, Heizung und Strom – da zahl- Realität vor Augen. Die Möglichkeit, Geschäftsbereiche, operative reiche wirtschaftliche, private und öffentliche Anwendungen zwin- Tätigkeiten aber auch die Schulbildung sowie Verwaltungsbereiche gend diese Kapazitäten benötigen. Darüber hinaus ergeben sich ins Digitale zu verschieben, war entscheidender Faktor einer erfolg- durch den enormen Strombedarf hohe Interdependenzen – positive reichen Aufrechterhaltung des Wirtschaftslebens. Die Weichen für wie negative – mit der allgemeinen Energieversorgung und damit diese Entwicklung wurden bereits deutlich früher gestellt. So zeigte verbundener Nachhaltigkeitsaspekte. sich insbesondere im Einzelhandel, dass rein stationäre Händler ohne die Bedienung digitaler Kanäle stark an Wettbewerbsfähigkeit ver- Zudem sind Rechenzentren die Hardware und damit das Rückgrat loren. Die Pandemie zeigte sich in vielen Bereichen der Digitalisie- der Tech-Branche, deren Avantgarde sich seit Beginn des Jahrtau- rung als Katalysator, der bereits bestehende Megatrends nachhaltig sends zu den weltweit am höchsten bewerteten Unternehmen ent- beschleunigt. wickelte und damit einen maßgeblichen Anteil an der Entwicklung der Aktienmärkte verantwortet. Die Anwendungen und Möglich- Rechenzentren bilden das physische Pendant zu den meist immate- keiten der IT-Branche entwickelten sich zu essenziellen Bestandteilen riellen Entwicklungen in Bereichen wie Big Data, Industrie 4.0, E- des Alltags. Daraus entstehende Entwicklungen und Möglichkeiten Commerce und der Cloudifizierung. Insbesondere die Verschiebung verändern die Unternehmensumwelt und verstärken sich zunehmend in die Cloud, d.h. in eine imaginäre Datenwolke verdeutlicht die Dis- gegenseitig. krepanz zwischen der allgemeinen Wahrnehmung und dem realen Investitionsbedarf in die Hardware Rechenzentren. Doch die spezi- fischen Charakteristika von Rechenzentren, insbesondere die relativ unelastische und dynamisch wachsende Nachfrage, rücken sie zu- nehmend in den Fokus der Investoren. Vor dem Hintergrund anhal- tend niedriger Zinsen steigt die Nachfrage nach alternativen Anla- gemöglichkeiten ungebrochen. Rechenzentren bieten in diesem Zusammenhang eine einzigartige Kombination aus den Bereichen Immobilie, Infrastruktur und Tech. 1 PWC Emerging Trends in Real Estate (2021) © 2021 AQUILA CAPITAL – NUR FÜR PROFESSIONELLE INVESTOREN 5
RECHENZENTRUM: IMMOBILIE, INFRASTRUKTUR ODER TECH? SPIELT ES EINE ROLLE? 2. Daten die Ressource des 21. Jahrhunderts Daten sind nichts anderes als Informationen, die in digitaler Form – mit entsprechend verfügbarer Kapazität – endlos gespeichert und unabhängig von Ort und Zeitpunkt abrufbar sind. Die Abbildung der analogen Welt durch digitale Daten eröffnet stetig steigende Mög- lichkeiten der Analyse und Steuerung. Betrachtet man die weltweite Erzeugung von Daten sowie daraus resultierende Ströme, werden die erforderlichen Kapazitäten zur Speicherung und Verarbeitung umso deutlicher. Daten sind die Grundlage für digitale Anwendun- im Jahr 2017 bis 2022 verfünffachen.3 Neben den privaten Nutzern sind gen, die durch deren Nutzung und die wachsende Nutzeranzahl Unternehmen die mit Abstand größten Datenproduzenten. weitere Daten generieren und damit immer neue Anwendungen ermöglichen. Dieser Perpetuum-Mobile-Effekt führt zu einer expo- Abbildung 2: Datenproduzenten nach Branchen 20184 nentiell steigenden Datenmenge. Abbildung: Globale Datenmenge (in Zettabyte)2 25 % 21 % 200 175 ZB 180 Verdopplung 160 (2 Jahre) 140 120 Verdopplung 100 2% (4 Jahre) 80 13 % 60 4% 40 20 7% 33 ZB 0 2018 2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 12 % 7% 9% BOX 1 Einordnung Zettabyte (ZB) Produzierendes Handel Finanzdienstleistung Ein Zettabyte entspricht einer Milliarde Terabyte (TB) und ein Gewerbe Terabyte entspricht einer Million Megabyte (MB). Ein 90-Minu- Infrastruktur Medien und Gesundheit ten-Film in Standardqualität benötigt rund 500 MB Speicher- Unterhaltung platz. Das heißt ein ZB entspricht ca. zwei Billionen Filmen (2.000.000.000.000). Transport Rohstoffe Sonstige Datenintensive Anwendungen wie automatisierte Fertigung und die Damit die Verarbeitungs- und Speicherkapazität Schritt hält, erfor- Vernetzung über Unternehmensgrenzen hinweg machen das Pro- dert die enorme, sich in immer kürzeren Abständen verdoppelnde duzierende Gewerbe zum Datenproduzenten Nummer eins. Danach Datenmenge ein dazu proportionales Wachstum von Rechenzent- folgen der Handelssektor – getrieben durch: Onlinehandel und Da- rumskapazitäten. tenanalyse zu Werbezwecken – und Finanzdienstleistungen, bei denen mobiles Bezahlen, Online-Banking und Online-Brokerage Maßgeblicher Treiber des Datenwachstums ist die zunehmende Ver- maßgebliche Faktoren sind. netzung mobiler Endgeräte. Zum einen steigt die Anzahl privater Nutzer – bis 2023 wird erwartet, dass 71 % der Weltbevölkerung Doch die Datenproduktion ist in ständiger Bewegung. Künftige Ent- mobilen Zugang zum Internet haben. Zum anderen steigen die An- wicklungen werden das Wachstum langfristig auf einem exponen- wendungsmöglichkeiten, die enorme Datenströme produzieren – der tiellen Niveau halten und damit anhaltend hohe Nachfrage nach mobile Datenverkehr in Westeuropa wird sich ausgehend von 2,4 GB Rechenzentrumskapazitäten schaffen. 2 International Data Corporation (2019) 3 Cisco – Annual Internet Report (2020) 4 International Data Corporation (2019) © 2021 AQUILA CAPITAL – NUR FÜR PROFESSIONELLE INVESTOREN 6
RECHENZENTRUM: IMMOBILIE, INFRASTRUKTUR ODER TECH? SPIELT ES EINE ROLLE? „Die Digitalisierung der Gesellschaft hat gerade erst be- gonnen. Die Rechenkapazitäten müssen für die unzähligen BOX 2 Latenz Möglichkeiten der neuen Technologien, wie künstliche In- Die Latenz bezeichnet in der Telekommunikation die Verzöge- telligenz oder Augmented Reality, bereitgestellt werden. rungszeit, die eine Information oder ein Datenpaket von der Neben der großen Anzahl an benötigten Rechenzentren Quelle bis zum Zielpunkt beansprucht. Neben Bandbreite und wird diese Assetklasse zunehmend als kritische Infrastruk- Fehlerrate ist die Latenz einer der bedeutendsten Faktoren für tur für die Gesellschaft eingestuft werden.“ die Qualität einer Datenübertragung oder Netzwerkverbindung. (Carl von Hessen, Head of Data Centre Investments, Aquila Capital) Insbesondere Echtzeitanwendungen wie autonom fahrende Autos machen die Latenzzeit zum entscheidenden Faktor, da wenige Millisekunden einen signifikanten Unterschied machen. Treiber des exponentiellen Wachstums Trotz annähernder Lichtgeschwindigkeit, mit der sich Daten in Vielschichtige technologische Entwicklungen sind die Grundlage des Glasfasernetzen übertragen lassen, setzt die tatsächliche Ent- enormen Wachstums. Die Grenzen gehen dabei fließend ineinander fernung7 der Latenz physische Grenzen. Anwendungen, die eine über. Bei der Betrachtung folgender systematisierter Bereiche ist zu Latenzzeit von rund einer Millisekunde erforderlich machen, be- beachten, dass sie alle miteinander verbunden und durch enge Ver- nötigen ein Rechenzentrum in maximal 100 km Entfernung. flechtungen charakterisiert sind. Ihre Wirkungsrichtung bezogen auf Weniger von der Latenz abhängige Vorgänge, wie zum Beispiel das dynamisch positive Wachstum ist jedoch gleichgerichtet. die Simulation von Crash-Tests im HPC-Segment können dabei von Standorten in kühleren Regionen profitieren. Die Latenzzeit Cloud-Computing: von Oslo zu den bedeutendsten Europäischen Standorten be- Daten von Unternehmen oder gesamte IT-Infrastrukturen werden trägt dabei nur 12 - 20 ms.8 zunehmend in die „Wolke“ migriert. Der Speicherplatz befindet sich jedoch keineswegs am Himmel, sondern ist physisch in Form von Rechenzentren vorhanden. Das Outsourcing bietet enorme Vorteile Autonomes Fahren: durch die hohe Skalierbarkeit und anhaltende Flexibilität in der IT- Analog zum IoT werden die Fortschritte im autonomen Fahren enorme Infrastruktur. Um das Datenwachstum und die einhergehende Nach- Datenmengen erzeugen. Intel schätzt, dass ein autonomes Auto bei frage zu beherrschen, vermieten sogenannte Co-Location Rechen- einer Fahrzeit von 8 Stunden rund vier Terabyte (TB) Daten – mit zentren geeignete Flächen nach Bedarf und bieten Sensoren und M2M – generiert und konsumiert. 4 TB entsprechen Wachstumspotential. Die Marktforscher von Gartner erwarten, dass dabei der Datenmenge von etwa 1,2 Mio. Fotos. Zudem spielt die bis 2025 rund 80 % der Unternehmen weltweit traditionelle Rechen- Latenz eine zentrale Rolle, da bei 100 km/h bereits Bruchteile einer zentren – wie eigene Serverräume (-Schränke) – abschalten und Sekunde entscheidend sein können. Cloud-Lösungen nutzen.5 Die Interaktion mit den Endgeräten erfor- dert die Übertragung großer Datenmengen und die steigende Nut- Edge Computing: zung von Anwendungen erzeugt wiederum zusätzliche Daten. Reaktionen in Echtzeit sind eine maßgebliche Voraussetzung für das IoT und insbesondere für das autonome Fahren. Um die Latenz zu Internet der Dinge (Internet of Things – IoT): minimieren, muss in unmittelbarer Nähe zu Maschinen und Autos Das IoT ist ein System vernetzter Computergeräte, die eine Kommu- ausreichend Rechenleistung zur Verfügung stehen. Edge computing, nikation zwischen Maschinen – z. B. in der automatisierten Fertigung d.h. an der Edge/am Rand der Cloud, rückt entsprechende Ressour- – ermöglichen. Diese M2M (Machine-to-Machine) Kommunikation cen näher an die Datenquelle und den Nutzer. Mit diesen Entwick- ist das Herzstück der Industrie 4.0, die insbesondere im produzie- lungen einher geht ein Wandel in der Rechenzentrumsinfrastruktur. renden Gewerbe ein neues Zeitalter einläuten wird. Die erforderliche Um den steigenden Anforderungen zu entsprechen, muss der Aus- Sensorik, die Messung und resultierende Kommunikation ermöglicht, bau von Rechenzentrumsnetzen und der Cloud in Zukunft deutlich erzeugt laufend riesige Datenmengen. Die Verarbeitung dieser Da- dezentraler erfolgen. Der Studie Data Age 20259 zufolge wird er- tenströme muss – um entsprechend kurze Reaktionszeiten zu ge- wartet, dass bis 2025 rund ein Viertel aller Daten „on the edge“ ge- währleisten – in Echtzeit ablaufen. Deshalb kommt der Latenz (s. Box neriert wird. 2) eine zunehmende Bedeutung zu. Laut Ciscos Networking Index6 werden M2M-Module bis 2022 etwa 55 % aller mobil vernetzten Geräte verantworten und damit sogar Smartphones auf den zwei- ten Platz verdrängen. Bis 2025 wird mit einem weiteren Datenwachs- tum von 30 % im produzierenden Gewerbe gerechnet. 5 https://www.silicon.de/experten-tipp/mit-der-cloud-das-datenwachstum-beherrschen 6 https://www.netzwoche.ch/news/2019-02-22/mobile-netzwerke-uebertragen-2022-fast-1-zettabyte-daten 7 https://www.telekom.com/de/konzern/details/was-ist-latenz-in-echtzeit-durchs-netz-435638 8 https://invinor.no/industry-opportunities/data-centers/ 9 International Data Corporation und Seagate (2018) © 2021 AQUILA CAPITAL – NUR FÜR PROFESSIONELLE INVESTOREN 7
RECHENZENTRUM: IMMOBILIE, INFRASTRUKTUR ODER TECH? SPIELT ES EINE ROLLE? 5G-Mobilfunk: Im Zuge des Ausbaus des mobilen 5G Standards wird die Vernet- im Bereich künstlicher Intelligenz erfordern enorme Rechenleistun- zung mobiler Endgeräte und das damit einhergehende Datenwachs- gen. In diesem Zuge wird der Bedarf an High Performance Compu- tum weiterhin deutlich zunehmen. Höhere Übertragungsgeschwin- ting (HPC) branchenübergreifend signifikant zunehmen. Beispiele digkeiten machen 5G zum wesentlichen Bestandteil der Industrie sind unter anderem aufwendige Animationen im Unterhaltungsbe- 4.0. Ein beschleunigter Ausbau kann Netzwerkengpässe vermeiden reich und möglichst realitätsnahe Simulationen im technischen Um- und zur Bewältigung des enormen Datenaufkommens beitragen. feld. So nimmt HPC, d.h. die Nutzung von Hochleistungsrechnern Die Übertragungsgeschwindigkeit wird mit dem Ausbau von 5G bis mit einer signifikant höheren Rechenknotenanzahl und einer höhe- 2023 um den Faktor 13 steigen. Die neue Mobilfunkgeneration wird ren Rechenleistungsdichte, eine zentrale Rolle in der Weiterentwick- unter anderem auch dem Bereich E-Health ermöglichen sein volles lung der Digitalisierung ein. Bis 2024 soll der globale HPC-Markt um Potential zu entfalten. Für den Gesundheitsbereich wird mit einer 40 % auf ein Volumen von 55 Mrd. USD wachsen. Auch innerhalb Wachstumsrate von 36 % bis 2025 die im Branchenvergleich dyna- der Digitalstrategie der EU kommt dem Ausbau von HPC-Kapazitäten mischste Entwicklung erwartet. Telemedizin und Gesundheitsportale eine zentrale Rolle zu, „(…) zur Entwicklung innovativer Lösungen tragen den maßgeblichen Anteil bei. in den Bereichen Medizin, Verkehr und Umwelt“11. Blockchain-Technologie10: Die Digitalisierung ist ein bedeutender Wettbewerbsfaktor für Un- Der Ursprung der Blockchain liegt in dezentralen Buchführungssys- ternehmen. Über sämtliche Branchen hinweg werden in diesem Zuge temen und ist betriebswirtschaftlich mit einem Kassen- oder Haupt- die Datenmengen stetig wachsen und eigene Kapazitäten zuneh- buch vergleichbar. Dieses liegt dezentral auf einer Vielzahl von Rech- mend übersteigen. Das Outsourcing in die Cloud bietet dabei kos- nern in exakt identischer Form vor. Berühmtheit erlangte die teneffiziente und strukturelle Vorteile. Doch insbesondere im Unter- Blockchain-Technologie durch die Kryptowährung Bitcoin, doch die nehmensbereich spielen Sicherheitsaspekte dabei eine zentrale Rolle. Einsatzmöglichkeiten reichen weit darüber hinaus. Anwendungen So muss zwischen der öffentlichen Cloud und der privaten Cloud ergeben sich branchenübergreifend für lückenlose und vertrauens- unterschieden werden. Während bei datenschutzrechtlich unbe- würdige Dokumentationen in Abhängigkeit von Vorgängern. Zudem denklichen Daten und Anwendungen auf öffentliche Cloud services bieten sich durch die Blockchain Möglichkeiten für „smart contracts“, von z. B. Amazon, Microsoft oder Google sowie deren IT Infrastruk- die flexibel auf Veränderungen reagieren. In diesem Zusammenhang tur zurückgegriffen werden kann, erfordern kritische Daten und An- entstehen gerade für die Energieversorger intelligente und effiziente wendungen eine private Cloud-Umgebung mit eigener IT-Hardware. automatisierte Lösungen. Mit Hilfe von aufeinander aufbauenden Die Nachfrage nach Rechenzentrumsflächen wird dementsprechend Datenblöcken, die unveränderlich über sämtliche Nutzer gespeichert langfristig auf hohem Niveau bleiben und damit ideale Rahmenbe- werden, entsteht eine Kette von Blöcken. Mit wachsender Anzahl dingungen für Immobilieninvestoren schaffen. dieser Kette wird für die Erstellung neuer Blöcke (Mining) eine stetig wachsende Rechenkapazität erforderlich. Für das sogenannte Mi- „Mittlerweile ist die Dynamik eine völlig andere: Das Gebäude ning werden zunehmend Kapazitäten in Rechenzentren angemietet wird hingestellt, und ruckzuck, nach ein paar Wochen oder sowie eigene Rechenzentren ausschließlich für diesen Zweck gebaut, Monaten, ist es schon voll ausgelastet.“ (Paul Fay [2020], stell- um komplexe mathematische Probleme lösen zu können. Mit den vertretender Leiter des Frankfurter Energiereferats zu Umweltaufla- steigenden Anwendungsfeldern und daraus entstehenden Ketten gen für Datacenter)12 ist von einer erheblichen Nachfragesteigerung nach Rechenkapazi- täten auszugehen. High Performance Computing: Unter dem Oberbegriff Big Data wird die systematische Verarbeitung und Auswertung des immer größer werdenden Datenbestandes zu- sammengefasst. Die Auswertung riesiger Datenmengen etwa im Bereich der Forschung und Entwicklung sowie weitere Fortschritte 10 Leadvise (2021) 11 European Commission (2020) 12 https://www.datacenter-insider.de/ich-kann-die-entscheidung-von-amsterdam-gut-verstehen-a-910872/ © 2021 AQUILA CAPITAL – NUR FÜR PROFESSIONELLE INVESTOREN 8
RECHENZENTRUM: IMMOBILIE, INFRASTRUKTUR ODER TECH? SPIELT ES EINE ROLLE? 3. Immobilienperspektive – eine neue und andere Nutzungsart Die sogenannten Hyperscaler, zu denen unter anderem die FAANG13 Primäre Kriterien stellen die bereitgestellte Stromleistung, Interne- Unternehmen zählen, stehen mit riesigen eigenen Rechenzentren tanbindung und einhergehender Latenz sowie technische Leistungs- im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Um ihre Anwendungen überall daten dar. Statt, wie im gewerblichen Immobilienbereich üblich – zur Verfügung zu stellen, mieten die Anbieter neben eigenen Kapa- Mieten in Euro pro Quadratmeter und der Mietfläche in Quadrat- zitäten zumeist sogenannte Co-Location Rechenzentren an. Diese metern – stehen Euro je Kilowatt und Bestand in Megawatt im Fokus. stehen ebenfalls im Fokus einer breiten Mehrheit privater Unterneh- Eher leidenschaftslos sind kühle Bewertungen der technischen Leis- men. Co-Location bezeichnet „private“ Rechenzentren, die im Ge- tungsfähigkeit und der Ressourcenverfügbarkeit die entscheidenden bäude eines Drittanbieters errichtet werden. Das bedeutet, dass in Parameter. speziell darauf ausgerichteten Immobilien Raum für Server und an- dere IT-Hardware angemietet werden kann. In der Regel weisen Co- In Anbetracht des enorm hohen Stromverbrauchs steigen auch die Location Rechenzentren mehrere Mieter auf, die separate Einheiten Anforderungen in Bezug auf Umweltaspekte. Das Ziel, europäische des Gebäudes besetzen. Durch diese Konstellation ergeben sich Rechenzentrumskapazitäten bis 2030 klimaneutral zu machen14, ist Vorteile für beide Seiten. Neben der Vermeidung hoher Investitio- äußerst ambitioniert und stellt auch die Gebäudekonzepte vor zu- nen für den Bau eines eigenen Rechenzentrums, profitieren Mieter sätzliche Herausforderungen. von sinkenden laufenden Kosten – die auf Skaleneffekte zurückzu- führen sind – und einem hohen Maß an Flexibilität. Kosten, die auf Parallelen zum Logistiksektor Kühlung, Strom, Netzwerkanbindung, Sicherheit und Systemüber- Betrachtet man das Universum für traditionelle Immobilieninvestiti- wachung entfallen, rechnen sich erst ab einer kritischen Größe und onen lassen sich Rechenzentren am ehesten mit dem Logistikmarkt werden im Co-Location Rechenzentrum anteilig auf die Mieter ver- vergleichen. Neben der in der jüngsten Krise bewiesenen Resilienz teilt. Da Flexibilität im dynamischen Wachstumsumfeld von beson- der Nachfrage zeigen die Nutzungsarten weitere Parallelen auf. Ana- derer Bedeutung ist, können Vermieter durch bestehende Reserve- log zu Logistikhallen weisen Rechenzentren ebenfalls baulich einfa- flächen für die Erweiterung des Rechenzentrums Wettbewerbs- che Gebäudehüllen auf. Im Mittelpunkt stehen praktische und effi- vorteile erzielen. So müssen Mieter nur den tatsächlich benötigten ziente Nutzungsmöglichkeiten im Inneren der Gebäude. Die Raum anmieten während perspektivisches Wachstum keine Kapazi- Anbindung an die regionale Infrastruktur ist ebenfalls in beiden Be- tätsprobleme darstellt. Der Vermieter wiederum kann die Abhän- reichen von essenzieller Bedeutung. Ähnlich zur Bedeutung der Ver- gigkeit von einzelnen Mietern reduzieren und ein hohes Maß an Di- kehrsinfrastruktur für das Logistiksegment – das bedeutet Anschluss versifikation erreichen. Darüber hinaus ist die Bindung der Mieter an an Fernverkehrsnetz und wichtige Verkehrsknotenpunkte – ist für das Objekt im Vergleich zu anderen Nutzungsarten in der Regel Rechenzentren der Zugang zum Breitbandnetz und die Anbindung deutlich stabiler. Hohe Investitionskosten in die jeweilige IT-Hardware an Internetknoten unerlässlich. Starke Wachstumsimpulse durch den und die Einrichtung des Rechenzentrums gestalten Umzüge tech- Onlinehandel im Logistiksegment und die Digitalisierung bei Rechen- nisch und wirtschaftlich sehr aufwändig. In der Regel ist die Fluktu- zentren sorgen für stabil steigende Nachfragecluster. Sie münden ationsrate gering, wodurch stabile Auslastungsquoten mit entspre- jedoch in Engpässen in der innerstädtischen Versorgung. Während chend langfristigen Mieteinnahmen erreicht werden. Logistiker insbesondere im Paketgeschäft neue Wege für die letzte Meile konzipieren, erfordern auch kritische Latenzzeiten eine De- Es gilt jedoch zu beachten, dass Rechenzentren Spezialimmobilien zentralisierung der Rechenzentrumsstandorte. In diesem Kontext sind, deren bautechnische und lagespezifische Anforderungen sig- gewinnt Edge-Computing zunehmend an Bedeutung, um die Speicher- nifikant von denen etablierter Gebäudeklassen – wie etwa Büro und und Rechenkapazitäten näher an den Ort der Verwendung zu bringen. Einzelhandel – abweichen. Während die enorme und anhaltend stei- gende Nachfrage nach Rechenzentrumskapazitäten die Attraktivität des Segmentes stetig erhöht, ergeben sich neue Herausforderungen auch, oder gerade für traditionelle und etablierte Immobilieninves- toren und Manager. Verschiedene Faktoren wie der Zugang zur Stromversorgung, die Strompreise, Anschluss an Glasfasernetz- werke, Nähe zu großen Internetknoten, Sicherheit, Gebäudekühlung und das zugrundeliegende operative Management, welches sich sehr von klassischem Gebäudemanagement unterscheidet, haben maßgeblichen Einfluss auf den Immobilienwert. Basierend auf die- sen Grundlagen werden ebenfalls andere Kennzahlen zur qualitati- ven Einschätzung und Bewertung benötigt. 13 FAANG – Facebook, Amazon, Apple, Netflix, Google 14 European Commission (2020) © 2021 AQUILA CAPITAL – NUR FÜR PROFESSIONELLE INVESTOREN 9
RECHENZENTRUM: IMMOBILIE, INFRASTRUKTUR ODER TECH? SPIELT ES EINE ROLLE? Weiterhin stehen Rechenzentren wie auch der Transportsektor im Das exponentielle Wachstum der Investitionen, wie in Abbildung 3 Mittelpunkt der verschärften EU-Klimabestrebungen. Beiden Sek- ersichtlich, verhält sich proportional zum Wachstum der Datenmen- toren kommt eine Schlüsselrolle für die Erreichung der ambitionier- gen. Als erster der FLAP-D Märkte führte Amsterdam bereits 2019 ten Ziele zu. Projektentwickler mit Erfahrungen und Expertise im Bau strikte Regulierungen ein, die einem Moratorium gleichkamen. Aus nachhaltiger Gebäude, insbesondere grüner Logistik, können diesen energetischen Kapazitätsengpässen und Umweltgründen stoppte Vorsprung gut auf die Assetklasse der Rechenzentren übertragen. Amsterdam den Rechenzentrumsausbau für zunächst ein Jahr. Ähn- Den EU-Zielen folgend nehmen die Auflagen der Stadtplanungen in liche Engpässe künden sich ebenfalls in Deutschlands Markt Num- puncto Nachhaltigkeit stetig zu und werden zunehmend entschei- mer eins Frankfurt an. Der australische Immobilieninvestor Cromwell, dend für Genehmigungsprozesse. der eine ein Milliarde Dollar schwere Rechenzentrumsstrategie an- kündigte, zog sich aus den Planungen für ein Rechenzentrum in Frankfurt zurück, da absehbar war, dass am Standort nicht die be- „In der letzten Dekade haben sich Investitionen in Logistik nötigte Menge an regenerativer Energie bereitgestellt werden kann.16 von einem Nischenmarkt zu einem festen Bestandteil ins- titutioneller Investitionsportfolios entwickelt. Eine ähnli- Neben den Kapazitätsproblemen der FLAP-D Märkte tragen auch che Entwicklung ist für den Rechenzentrumsmarkt zu er- strukturelle und technische Änderungen, die eine Dezentralisierung warten, wobei sich der Prozess der Etablierung derzeit der digitalen Infrastruktur erfordern, dazu bei, dass sich das Wachs- deutlich beschleunigt.“ tum in weiteren europäischen Märkten deutlich beschleunigt. (Carl von Hessen, Head of Data Centre Investments, Aquila Capital) Abbildung 4: Prognose des Zubaus (in MW)17 Erwartbares Wachstum Ex-FLAP-D 350 350 % Die Entwicklung von Rechenzentren in Europa hat sich lange Zeit 300 300 % auf fünf Märkte konzentriert. Diese wurden unter der Abkürzung FLAP-D zusammengefasst. Frankfurt, London, Amsterdam und Paris 250 250 % zogen durch eine starke wirtschaftliche Infrastruktur und eine tiefe 200 200 % Verwurzelung des Finanzsektors die meisten Aktivitäten an. Dublin ergänzte diese Liste durch den starken Ausbau der Hyperscaler, deren 150 150 % Standorte für das Europageschäft – nicht zuletzt aus steuerrechtli- chen Gründen – bereits seit Jahren in Irland verankert sind. Insbe- 100 100 % sondere Frankfurt zieht das Interesse auf sich durch den, am Daten- 50 50 % durchsatz gemessenen, weltweit größten Internetknoten DE-CIX. 0 0% Reykjavik Zürich Warschau Marseille Wien Oslo Mailand Berlin Madrid Prag Doch die Rechenzentrumskapazitäten in diesen Metropolen sind bezogen auf Flächen- und Energiebedarf nicht unbegrenzt. Allein für den Ausbau der europäischen Kapazitäten von Cloud Strukturen wird in den fünf Jahren von 2019–2024 mit einem Wachstum von 2020 Prognose* Wachstumsrate (in %) nahezu dem Faktor 6 gerechnet. *In Bau oder Planung Abbildung 3: Prognose der europäischen Rechenzentrums- investitionen der Cloud (in Mrd. EUR)15 Den aktuellen Rechenzentrumsentwicklungen in FLAP-D mit einem Volumen von 500 MW stehen geplante Erweiterungen von 680 MW 60 in den in Graphik 4 abgebildeten aufstrebenden Märkten gegen- 50 über. Hat sich in bedeutenden europäischen Hauptstädten wie Prag 50 und Madrid bisher wenig im Rechenzentrumsmarkt bewegt, ist ein 40 sprunghafter Anstieg abzusehen. Stark vom Finanzsektor geprägte Standorte wie Zürich und Warschau (Nearshoring von Geschäftspro- 30 zessen) erwarten mit 90 % bzw. 100 % eine Verdopplung der bisher 20 verfügbaren Rechenzentrumskapazitäten. Jenseits der Verdopplung 8,7 liegen die Standorte Oslo und Reykjavik, die durch kühle Witterungs- 10 bedingungen und dem Zugang zu günstiger regenerativer Energie 0 ideale Rahmenbedingungen für Rechenzentren bieten. Insbesondere 2018 2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 Norwegen wird durch eine neue 175 km lange Glasfaserverbindung 15 Structure Research (2020) 16 Australian Financial Review (2021) 17 Structure Research (2020) © 2021 AQUILA CAPITAL – NUR FÜR PROFESSIONELLE INVESTOREN 10
RECHENZENTRUM: IMMOBILIE, INFRASTRUKTUR ODER TECH? SPIELT ES EINE ROLLE? zum europäischen Festland weitere Wachstumsimpulse erfahren. signifikant zunimmt. Deloitte rechnet damit, dass bis 2023 rund 75 % Angeführt wird die Liste vom boomenden Wirtschaftsstandort Ber- der Unternehmen eine Form des Edge-Computings nutzen werden. lin, dessen Start-Up und Tech-Szene sowie die durch die Küstennähe Um die Wirtschaftlichkeit der kleineren Einheiten zu gewährleisten, und durch das Umland gesicherte Kapazität an erneuerbarer Energie werden Co-Locations eine zentrale Rolle spielen. Resultierend wird die enorme Anziehungskraft ausstrahlt. Nachfrage nach Co-Location Flächen weiterhin signifikant wachsen. Die weitere Penetration von Cloud-Services sowie neue Technolo- Zudem können Investoren in den Märkten jenseits der FLAP-D durch gien verstärken die Tendenzen weiterer Dezentralisierung des Mark- Aufholprozesse eine weitaus größere Dynamik erzeugen. In Frank- tes für Rechenzentren. Dies wird in den aufstrebenden Märkten jen- furt zum Beispiel sind durch die hohe Nachfrage von Rechenzent- seits FLAP-D nachhaltig Dynamik erzeugen. Während unkritische rumsbetreibern die Preise bereits massiv gestiegen. Dies schmälert Daten in der öffentlichen Cloud entsprechender Unternehmen ir- zum einen die Renditeaussichten und verdeutlicht zum anderen die Ka- gendwo auf der Welt gespeichert werden können, erfordern kriti- pazitätsprobleme, da andere Gewerbe zunehmend verdrängt werden. sche Anwendungen und Daten von Unternehmen anhaltend private Rechenzentren in Co-Locations. Nicht zuletzt aus Kostengründen, „Für einen Gewerbequadratmeter wird in der Mainmetropole die mit der Übertragung großer Datenmengen verbunden sind, rückt bereits so viel bezahlt, wie normalerweise beim Bau eines eine gerätenahe Speicherung zunehmend in den Mittelpunkt ge- Einfamilienhauses.“ (Paul Fay [2020], stellvertretender Leiter des schäftlicher Aktivitäten. Neben Latenzzeiten ist auch der Zugang Frankfurter Energiereferats zu Umweltauflagen für Datacenter)18 zum Rechenzentrum durch eigene Mitarbeiter an die Regionalität gebunden. Darüber hinaus wird Edge-Computing zur zentralen Vo- raussetzung für das Ausschöpfen des Potenzials, das mit dem Inter- „Da die Verfügbarkeit von Strom der limitierende Faktor net der Dinge verbunden ist. Reaktionen in Echtzeit erfordern aus- in den FLAP-D-Märkten ist, wird sich das Wachstum in reichend Rechenleistung in unmittelbarer Nähe zum Nutzer. Die kleineren Edge-Computing-Einheiten bilden die Brücke für die Kom- diesen Märkten verlangsamen. Gleichzeitig rechnen wir munikation zwischen Nutzer und zentralen Rechenzentren. Damit mit hohem Ausbaupotenzial in den Sekundärmärkten.“ einher wird ein Wandel in der Rechenzentrumsinfrastruktur gehen, (Jan-Henrik Kohler, Investment Manager, Aquila Capital) durch den die Breite der Abdeckung und damit die Dezentralisierung 18 https://www.datacenter-insider.de/ich-kann-die-entscheidung-von-amsterdam-gut-verstehen-a-910872/ © 2021 AQUILA CAPITAL – NUR FÜR PROFESSIONELLE INVESTOREN 11
RECHENZENTRUM: IMMOBILIE, INFRASTRUKTUR ODER TECH? SPIELT ES EINE ROLLE? 4. Bedeutung für die Infrastruktur – enormer Stromverbrauch und die Energiewende Rechenzentren bilden die Grundlage digitaler Ökosysteme, deren Anwendungen werden dazu beitragen die zentrale Stellung von Re- Stellenwert zunehmend der grundlegenden Versorgung mit Wasser, chenzentren für das sie umkreisende digitale Ökosystem zu mani- Strom und Heizung gleichkommt. Im Zuge einer immer breiteren festieren. Zudem erhöht sich der Druck die Konnektivität auch an Verwendung – das bedeutet über Branchen hinweg – von Cloud- den äußersten Rändern der Netzwerke zu gewährleisten. So wird Lösungen, sind Rechenzentren zentraler Bestandteil der Aufrechter- die Fähigkeit Verbindungen in zunehmend verzweigten hybriden haltung des Geschäftsbetriebs. Im Rahmen der Pandemie zeigte sich Netzwerken sicherzustellen zum essenziellen Bestandteil der Rechen- wie bedeutungsvoll das Ausweichen auf digitale Kanäle für Unter- zentrumsinfrastruktur. Zudem wird in diesem Zuge die Tendenz für nehmen sein kann. Home-Office- und Home-Schooling-Lösungen wachsende Dezentralisierung der Netze verstärkt. setzten in diesem Zuge neue Standards und werden der Welle der Digitalisierung zusätzlichen Schub verleihen. Die bereits hohe Integration digitaler Anwendungen zur Steuerung von beispielsweise Telekommunikation, Verkehr und Sicherheit of- Covid-19 und das Wachstum der VPN Nutzung fenbaren, dass Rechenzentren Teil der kritischen Infrastruktur sind. (15.03.-22.03.2020)19 Mit der anhaltenden Vertiefung dieser Entwicklungen, die in rasan- tem Tempo zunehmen, gehen auch besondere Herausforderungen 80.000 80 % einher. Ausfälle der Rechenzentrumsinfrastruktur hätten schwerwie- 71 % gende Auswirkungen zur Folge. Aus diesem Grund nehmen in Ab- 70.000 70 % hängigkeit der Kritikalität sowie der Bedeutung von Daten, Prozessen 60.000 60 % und Anwendungen im Unternehmensbereich die Uptime-Anforde- rungen stetig zu. 50.000 50 % 48 % 40.000 40 % BOX 3 30.000 30 % Uptime20 23 % 22% Uptime ist die Zeit, in der ein System, in diesem Fall ein Rechen- 20.000 20 % 11 % zentrum, wie geplant genutzt werden kann. Störungszeiträume, 8% 10.000 10 % die die Verfügbarkeit einschränken bzw. ausfallen lassen, wer- 11% 4% den dementgegen als Downtime bezeichnet. 0 0% Deutschland Italien USA Spanien Frankreich Iran GB Schweiz Für ein Jahr und geforderte 90% Uptime ergibt sich folgende Kalkulation: n 1 Jahr entspricht 8.760 Stunden Covid-19 Fälle pro Woche Wachstum VPN Nutzung n Verfügbarkeit des Systems im Zeitraum = 7.840 Stunden n Uptime: 7840 h/8.760 h=0,9=90% Bereits in den Anfängen der Pandemie zeigten sich die Auswirkun- gen durch ein enormes Wachstum der Nutzung von VPN (Virtual Private Networks) Verbindungen, die einen sicheren Zugriff auf fir- Ausgerichtet auf die Bedürfnisse der Kunden werden vier Stufen meninterne Daten (ggf. in der Cloud) ermöglichen. Diese Entwick- (Tier-Level) anhand der zugrundeliegenden Infrastruktur von Rechen- lung wird sich auch nach der Pandemie fortsetzen. Viele Unterneh- zentren unterschieden. men betrachten die Anpassungen nicht als kurzfristige Änderung, sondern sehen sie als dauerhaften Wandel der Art und Weise wie wir arbeiten und Geschäfte betreiben. Neue Technologien und 19 AtlasVPN (2020) 20 Uptime Institute (2021) © 2021 AQUILA CAPITAL – NUR FÜR PROFESSIONELLE INVESTOREN 12
RECHENZENTRUM: IMMOBILIE, INFRASTRUKTUR ODER TECH? SPIELT ES EINE ROLLE? Abbildung 6: Tier Klassifikation Rechenzentren21 Abbildung 7: Entwicklung Strombedarf Rechenzentren inner- halb der EU (in TWh)23 TIER IV 110 60 % 60 % 99.995% Verfügbarkeit 25 minuten Downtime 105 55 % 100 50 % TIER III 95 45 % 99.982% Verfügbarkeit 92.6 TWh 90 40 % 1,6 Stunden Downtime 35 % 85 35 % 80 30% TIER II 99.749% Verfügbarkeit 75 25 % 76.8 TWh 22,7 Stunden Downtime 70 20 % 65 15 % TIER I 10 % 60 10 % 99.671% Verfügbarkeit 28,8 Stunden Downtime 55 5% 53.9 TWh 50 0% 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 Abbildung 6 verdeutlicht die strengen Anforderungen an den Be- trieb von Rechenzentren. Bereits in der untersten Stufe Tier 1 muss eine Verfügbarkeit von 99,671 % gegeben sein. Tier I und II Rechen- Anteil Cloud Rechenzentren Stromverbrauch Rechenzentren zentren sind in der Regel für kleinere Unternehmen, die gewisse Verzögerungen und geringfügige Datenverluste ausgleichen können. Abbildung 7 veranschaulicht, dass in diesem Bereich die Tendenz Kritische Anwendungen und Daten erfordern jedoch höhere Stabili- auf ein nur lineares – nicht exponentielles – Wachstum des Strom- tät, die durch Redundanzen gewährleistet werden müssen. In Tier IV bedarfs von Rechenzentren schließen lässt. Dieser Verlauf begründet müssen Stromversorgung, Kühlung und der Netzwerkanschluss voll- sich durch stetige Effizienzgewinne, die mit der Modernisierung von ständig redundant aufgebaut sein. Diese Architektur erlaubt es, auch Hardware, Software und Infrastruktur in den Rechenzentren einher- umfangreiche technische Störungen zu beheben, ohne die Verfüg- gehen. Doch das enorme Wachstum des Sektors überwiegt und barkeit der im Rechenzentrum befindlichen Server zu unterbrechen. führt dennoch zu bedeutenden Wachstumsraten. Bis 2025 wird mit einem Anstieg des Strombedarfs um mehr als 20 % gerechnet. Bis Im Zentrum der Verfügbarkeit digitaler Infrastrukturen steht die Ener- 2030 werden Rechenzentren dann erwartungsgemäß für 3,2 % des gieversorgung. Auf der einen Seite scheint die Nutzung von Video- gesamten Stromverbrauchs der EU stehen. Maßgeblicher Treiber konferenzen und die Arbeit von zu Hause, durch eine Reduktion der dieser Entwicklung ist das massive Wachstum des Cloud-Compu- Reisetätigkeit, positive Auswirkungen auf den Emissionshaushalt zu tings. Während Cloud-Rechenzentren 2010 noch für 10 % des Strom- haben. Auf der anderen Seite besteht eine erhebliche Diskrepanz verbrauchs standen, wird ihr Anteil bis 2025 auf rund 60 % steigen. durch die nur indirekte Wahrnehmung des tatsächlichen Energiever- Darüber hinaus erfordern rechenintensive Anwendungen im HPC- brauchs. Segment, die stetig an Bedeutung gewinnen, zunehmenden Ener- gieeinsatz. Zudem wird der neue Mobilfunkstandard 5G den Ener- Anforderungen an die Energieversorgung giebedarf von 4G schätzungsweise um den Faktor 3,5 übersteigen.24 Heute verantwortet die Informations- und Telekommunikationsbran- che 5-9 % des globalen Stromverbrauchs.22 Damit sind rund 2 % der Der Stromverbrauch ergibt sich primär durch die Speicherung, Ver- weltweiten klimaschädlichen Emissionen verbunden, das entspricht arbeitung und Übertragung der ständig steigenden Datenmengen. ungefähr der gleichen Menge des globalen Flugverkehrs. Ein weiterer bedeutender Faktor ist die benötigte Kühlung der Hard- ware, da sie die genutzte Energie in Form von Wärme wieder abge- Innerhalb der Europäischen Union verantworteten Rechenzentren ben. Die Messung der effizienten Nutzung erfolgt durch die PUE im Jahr 2018 bereits 2,7 % des Gesamtstrombedarfs. Mit 77 TWh (Power Usage Effectiveness). entspricht dies etwa dem jährlichen Stromverbrauch Österreichs. 21 Uptime Institute (2021) 22 European Commission (2020) 23 Borderstep Institut (2020) 24 Vertiv (2021) © 2021 AQUILA CAPITAL – NUR FÜR PROFESSIONELLE INVESTOREN 13
RECHENZENTRUM: IMMOBILIE, INFRASTRUKTUR ODER TECH? SPIELT ES EINE ROLLE? Die Größe von Rechenzentren hat mit dem Blick auf Skaleneffekte BOX 4 deutlich zugenommen, dadurch ergeben sich Kapazitätsprobleme PUE (Power Usage Effectiveness) in Bezug auf den benötigten Stromanschluss. Denn ein modernes Die PUE ist eine Kennzahl, mit der sich die Energieeffizienz eines Rechenzentrum weist ungefähr den Stromverbrauch einer mittelgro- Rechenzentrums bewerten lässt. Zur Berechnung wird die tat- ßen Stadt auf.26 sächliche Energieaufnahme der IT-Infrastruktur (z. B. Server, Spei- cher) mit dem Gesamtenergieverbrauch ins Verhältnis gesetzt. Mit Blick auf die Entwicklung der nächsten Jahre spielen neben den technischen Herausforderungen auch Nachhaltigkeitsaspekte – ins- Gesamtenergieverbrauch PUE = besondere innerhalb der EU – eine tragende Rolle. IT Energieverbrauch Hauptdeterminante ist in diesem Zusammenhang die für die „Rund drei Prozent des auf der Erde erzeugten Stroms wer- Kühlung benötigte Energie. Ideal wäre demzufolge eine PUE von den von Rechenzentren verbraucht. Und die Datenmenge 1,0. Ab einer PUE von maximal 1,2 gelten Rechenzentren als sehr effizient. nimmt weltweit stetig zu. Wir müssen jetzt in nachhaltige Rechenzentren investieren, um der wachsenden Nachfrage sowie den Klimazielen gerecht zu werden.“ Entsprechend dieser Maßzahl wird deutlich, dass die Kühlung eine (Carl von Hessen, Head of Data Centre Investments, Aquila Capital) tragende Rolle in der Effizienz von Rechenzentrumsstrukturen spielt. Kältere klimatische Bedingungen wie beispielsweise in Nordeuropa bieten daher gute Rahmenbedingungen. Während in Skandinavien Nachhaltigkeit auch mittels Luftkühlung hocheffiziente Ergebnisse erzielt werden Mit dem europäischen „Green Deal“ wurden die politischen Leitli- können, wird im Verlauf der Dezentralisierung die effizientere Was- nien für das ambitionierte Ziel eines klimaneutralen Europas bis 2050 serkühlung zunehmend an Bedeutung gewinnen. Um die Effizienz festgelegt. Eine besondere Betonung liegt dabei auf der digitalen auch im Zuge einer steigenden Leistungsdichte der Server zu stei- Transformation. Erklärtes Ziel ist die Klimaneutralität von Rechen- gern, wird vermehrt auf Wasserkühlsysteme zurückgegriffen. Unab- zentren und der gesamten Informations- und Telekommunikations- hängig vom Standort des Rechenzentrums erwartet das Borderstep branche bis 2030. Energieversorger und die Rechenzentrumsbranche Institut, dass bis 2030 rund 80 % der Server mit einem Wasserküh- stehen damit an einem Wendepunkt, der den Beginn einer zugleich lungssystem verbunden sein werden.25 Entwickler sind daher gut grünen wie digitalen Transformation markiert. beraten entsprechende Vorrichtungen bereits in der Bauphase zu beachten, um Modernisierungen kostengünstig an neue Standards Da die globale Datenmenge weiterwächst und damit neue Möglich- anzupassen. keiten der Wertschöpfung und Steuerung schafft, steht die Versor- gung mit Erneuerbarer Energie im Mittelpunkt. Mit der Ankündigung des europäischen „Green Deals“ schlossen sich führende Rechen- BOX 5 zentrums- und Cloudbetreiber zusammen und erklärten mit einem Mittlerer Strombedarf27 „EU Data Center Pact“ ihre Absicht, bis 2030 die Klimaneutralität „In Summe ergibt sich so ein Stromverbrauch von 876.000 kWh zu erreichen. Mit dieser freiwilligen Selbstregulierung wurden zu- pro Jahr für das kleinste Rechenzentrum mit 100 Quadratmeter nächst strikte Regulierungen seitens der EU vermieden. Der Pakt und geringer IT-Leitung. Das obere Ende bildet das Rechenzen- enthält das Ziel, bereits 2025 75 % des Strombedarfs der Rechen- trum mit 1000 Quadratmeter und einer hohen IT-Leistung. Es zentren mit regenerativer Energie zu versorgen. Bis 2030 soll der benötigt, nach den Untersuchungen von IBM 26.280.000 kWh Anteil dann auf die geforderten 100 % steigen. pro Jahr. Mit einem Blick auf die Technologieunternehmen, die bereits der Die dabei anfallenden Energiekosten bewegen sich in der Spanne globalen Initiative „RE 100“ folgen, wird deutlich, wieviel zusätzli- von 131.400 Euro und 3.942.000 Euro. Dabei hat IBM einen che erneuerbare Energie gekauft werden muss, um dieses Ziel zu Strompreis von 15 Cent pro kWh angesetzt. Für ein mittleres erreichen. Rechenzentrum mit circa 500 Quadratmeter und einer Energie- dichte von 15 kWh pro Rack ergibt dies circa 1,3 Millionen Euro an Stromkosten pro Jahr.“ 25 https://www.datacenter-insider.de/green-deal-wasser-ist-d-a-s-medium-fuer-datacenter-a-942483/ 26 https://www.datacenter-insider.de/ich-kann-die-entscheidung-von-amsterdam-gut-verstehen-a-910872/ 27 https://www.datacenter-insider.de/die-energie-bilanz-von-rechenzentren-faellt-negativ-aus-a-328335/?p=2 © 2021 AQUILA CAPITAL – NUR FÜR PROFESSIONELLE INVESTOREN 14
RECHENZENTRUM: IMMOBILIE, INFRASTRUKTUR ODER TECH? SPIELT ES EINE ROLLE? Abbildung 8: RE 100 globale Technologieunternehmen (in TWh)28 160 140 83,2 69,8 120 57,6 46,6 100 36,5 27,2 80 18,1 9,6 1,6 60 40 20 0 2019 2020 2021 2022 2023 2024 2025 2026 2027 2029 2029 2030 Offsite Windenergie (fixiert) Offsite Solar (fixiert) Zertifikate Onsite Erzeugung F ehlmenge Erneuerbare Energie Strombedarf Erneuerbarer Strombedarf Deutlich zu beobachten ist ein Rückgang der Zertifikate, mit deren regenerativer Energie, wird der Ausbau erneuerbarer Energien nach- Hilfe CO2 Emissionen kompensiert werden können. Zum einen ist haltig steigen. Zugleich wird Erneuerbare Energie unabhängiger von dies auf einen Rückgang des Angebots zurückzuführen, zum ande- staatlichen Subventionen, wodurch die regulatorischen Risiken sinken. ren erklärt es sich durch die hohe Wettbewerbsfähigkeit der erneu- erbaren Energieproduktion. Bis 2030 schätzt Bloomberg Energy Fi- Ein weiterer Punkt ist die Steigerung der Energieeffizienz, die maß- nance jedoch einen zusätzlichen Bedarf von 83,2 TWh an geblich mit effizienten Kühltechnologien verbunden ist. Mit dem erneuerbarer Energie. Analog verhält sich die Situation bezogen auf „EU Data Center Pact“ verpflichten sich die teilnehmenden Unter- den „EU Data Center Pact“. Um die hochgesteckten Ziele zu errei- nehmen für Rechenzentren mit dem Baustart in 2025 in kühlen Kli- chen, muss ebenfalls der Ausbau regenerativer Erzeugungskapazi- maregionen eine PUE von 1,3 nicht zu überschreiten und in wärme- täten Schritt halten. Vorteile ergeben sich durch private Stromab- ren Regionen ein Maximum von 1,4 einzuhalten. Rechenzentren nahmeverträge (PPA). Über PPAs sind die Rechenzentrumsbetreiber früheren Baujahrs müssen diese Ziele bis 2030 erreichen. Neben den in der Lage, vertraglich fixierte Mengen erneuerbarer Energie zu PUE-Zielen steht jedoch insbesondere die Nutzung der Abwärme im kaufen ohne eigene Kapazitäten errichten zu müssen. In diesem Fokus. So können Rechenzentren sogar klimapositive Bilanzen erzie- Kontext entsteht eine win-win-Situation. Zum einen besteht die len, wenn sie den Betrieb mit 100 % erneuerbaren Energien gewähr- Möglichkeit, Erneuerbare Energie für den Betrieb der Rechenzentren leisten und die Abwärme in Fernwärmenetze einspeisen oder direkt zu langfristig fixierten Preisen unter dem Marktniveau zu erwerben. im gewerblichen Umfeld einsetzen. Zum anderen erhalten Erneuerbare-Energie-Investoren langfristig planbare und gesicherte Erträge auf die Stromproduktion. Unter „Bis zu 4.000 Tonnen CO2 pro Megawatt und Jahr las- diesen Rahmenbedingungen d.h. der direkten Nachfrage nach sen sich durch die Verlagerung von Rechenkapazität von Deutschland nach Norwegen einsparen. 4.000 Tonnen CO2 „Wir betreiben unsere Rechenzentren nicht nur mit 100 % entsprechen etwa 12 Stunden Videokonferenz durch die erneuerbarem Strom, sondern sind auch sehr bestrebt die gesamte Hamburger Bevölkerung. Mit der hauseigenen Umsetzung von Konzepten zur Abwärmenutzung an un- Expertise von AQ GreenTeC sind wir in der Lage, unseren seren Rechenzentrumsstandorten zu implementieren, um Kunden maßgeschneiderte CO2-Messungen, -Reduzierun- eine sinnvolle Sektorenkopplung und einen weiteren Bei- gen und -Kompensationen anzubieten, um ihre Nachhal- trag zur nachhaltigen Entwicklung zu erreichen.“ tigkeitsziele zu unterstützen.“ (Jan-Henrik Kohler, Investment Manager, Aquila Capital) (Carl von Hessen, Head of Data Centre Investments, Aquila Capital) 28 BNEF (2021) © 2021 AQUILA CAPITAL – NUR FÜR PROFESSIONELLE INVESTOREN 15
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