Der Schmetterling - Herzstück: Förderprojekte - Fördergemeinschaft Kinderkrebs-Zentrum ...

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Der Schmetterling - Herzstück: Förderprojekte - Fördergemeinschaft Kinderkrebs-Zentrum ...
Der
Schmetterling
Ausgabe 137/138 | August 2021

                                Herzstück: Förderprojekte
                                   Herz lacht: 1.100 Mitglieder
Der Schmetterling - Herzstück: Förderprojekte - Fördergemeinschaft Kinderkrebs-Zentrum ...
Die Fördergemeinschaft Kinderkrebs-Zentrum Hamburg e.V. unterstützt seit 45 Jahren die
  Klinik für Pädiatrische Hämatologie und Onkologie am Universitätsklinikum Hamburg-
  Eppendorf (UKE), kurz das Kinderkrebs-Zentrum Hamburg. Der gemeinnützige Verein
  wurde 1975 von betroffenen Eltern krebskranker Kinder gegründet. Die Spendenmittel
  werden verwendet, um eine optimale Patientenversorgung zu erreichen, psychosoziale
  Hilfen für betroffene Familien zu leisten und das Forschungsinstitut Kinderkrebs-
  Zentrum Hamburg zu fördern. Unter dem Slogan KNACK DEN KREBS sensibilisiert die
  Fördergemeinschaft die Öffentlichkeit für das Thema Krebs bei Kindern.

  HERAUSGEBER                                                              DAS TITELBILD:
  Fördergemeinschaft Kinderkrebs-Zentrum Hamburg e.V.                      Fotorechte: Knack den Krebs
  Gebäude N21 – UKE
  Martinistraße 52 | 20246 Hamburg                                         SPENDENBESCHEINIGUNGEN
  Telefon 040 25 60 70 | Fax 040 25 60 72                                  erteilt die Fördergemeinschaft ohne besondere Aufforderung.
  buero@kinderkrebs-hamburg.de                                             Geben Sie bitte bei der Überweisung Ihre Adresse an,
  SPENDENKONTEN                                                            damit die Spendenbescheinigung Sie erreicht.
  Haspa               IBAN DE03 2005 0550 1241 1333 11 | BIC HASPDEHH      DRUCK Giro-Druck + Verlag GmbH, Schenefeld
  Sparda-Bank Hamburg IBAN DE29 2069 0500 0005 0092 00 | BIC GENODEF1S11   ERSCHEINUNGSDATUM August 2021
  REDAKTION                                                                AUFLAGE 3.800
  Maren Blohm, Natalie von Borcke, Dr. Klaus Bublitz,Tina Winter           NÄCHSTER REDAKTIONSSCHLUSS: 15. September 2021

  Übrigens...
  ... wir meinen in unseren Texten stets wertfrei alle Geschlechter, eine verkürzte Sprachform hat redaktionelle Gründe.

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E DI TORIA L

Sehnsucht nach
Normalität
      Die langen Monate der Pandemie haben für uns alle neue
Erfahrungen und Herausforderungen mit sich gebracht. Plötzlich
gab es nur noch ein Thema. Alles drehte sich um Krankheit,
Therapie, Langzeitfolgen und Todeszahlen. Der Gedanke, schwer
zu erkranken, und die Sorge um Familie machte Angst. Wir ge-
wöhnten uns an Masken und Abstand, soziale Kontakte mussten
auf ein Minimum reduziert werden. Der Besuch von Schule
und Kindergarten war für Monate nicht möglich. Hinzu kamen
die wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie und für viele
die Sorge um die berufliche Zukunft. Die Auswirkungen dieser
besonderen Zeit sind individuell sehr unterschiedlich. Aber für
alle bringen sie Verunsicherung. Und die Sehnsucht nach dem
„alten“ Leben, der Rückkehr zur Normalität.

     Diese Erfahrungen machen – in elementarer Weise – je-
des Jahr ca. 2.000 Familien in Deutschland, deren Kinder an
Krebs erkranken. Der Tag der Diagnose ändert alles. Sorgen
und Ängste begleiten die Patienten und ihre Familien über die
vielen Monate der Therapie. Auch hier nur noch ein Thema.
Das Leben muss neu organisiert werden, um Infektionen zu
vermeiden, müssen Kontakte zu Familie und Freunden stark
eingeschränkt und strenge Hygienemaßnahmen eingehalten
werden. Keine Schule, kein Kindergarten. Und auch hier nicht
selten finanzielle Sorgen in den Familien und organisatorische
Herausforderungen bei der Betreuung von Geschwisterkindern.

     Das kollektive Durchleben einer Pandemie lässt sich in
keiner Weise mit der individuellen Erfahrung einer schweren
Erkrankung vergleichen. Aber ich bin mir sicher, dass die Erfah-
rungen der vergangenen Monate vorstellbar und spürbar machen,
was die Erkrankung eines Kindes für die Patienten und ihre
Familien emotional und für die konkrete Lebenswirklichkeit be-
deutet. Eine tiefe Verunsicherung und den einen großen Wunsch
nach Normalität und dem Leben, wie es war. Die betroffenen
Familien führen diesen Kampf um die Rückkehr der Normalität
jeden Tag. Die Fördergemeinschaft bemüht sich seit vielen
Jahren, sie dabei auf verschiedenen Ebenen zu unterstützen.
Diese Ausgabe des „Schmetterling“ möchten wir dazu nutzen,
Ihnen unsere Projekte und Förderthemen näher vorzustellen.

     Möglich ist dies alles nur durch Ihre Unterstützung. Bitte
bleiben Sie auch weiterhin an unserer Seite.

     Ihre

                                     _Janet Stegner-Brummer
                                             Schatzmeisterin

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FÖ RD ERPRO JEK TE

  Das Herz unserer Arbeit – unsere Förderprojekte

        Die Fördergemeinschaft Kinderkrebs-Zentrum        optimale Patientenversorgung zu ermöglichen, psycho-
  Hamburg e.V. unterstützt seit 45 Jahren die Klinik      soziale Hilfen für betroffene Familien zu leisten und
  für Pädiatrische Hämatologie und Onkologie am Uni-      die Forschung im Bereich der Kinderkrebserkrankungen
  versitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), kurz das     zu fördern. In enger Abstimmung mit Klinikleitung und
  Kinderkrebs-Zentrum Hamburg. Der gemeinnützige Ver-     Station entscheiden wir im Vorstand über die Förderung
  ein wurde 1975 von betroffenen Eltern krebskranker      von Projekten“ so Stegner-Brummer und führt weiter
  Kinder in einer Zeit gegründet, als der erfolgreiche    aus: „Dank unserer Förderer und Unterstützer helfen wir
  Einsatz von Chemotherapien bei Krebserkrankungen des    so den Patienten des Kinderkrebs-Zentrums Hamburg
  Kindes zu einem erhöhten Versorgungsbedarf führte.      dabei, stark zu bleiben im Kampf gegen den Krebs. Wir
  „Auch 45 Jahre später ist der Förderbedarf hoch, und    stehen den Familien in dieser schwierigen Lebensphase
  wir werden unverändert gebraucht. Ohne Spendengelder    bei und leisten mit unserem Forschungsinstitut einen
  würden ganz viele wichtige Projekte und Angebote am     Beitrag, um langfristig die Heilungschancen weiter
  Kinderkrebs-Zentrum Hamburg gar nicht stattfinden“      zu verbessern“. Neben vielen kontinuierlichen Förder-
  erläutert Janet Stegner-Brummer, seit 10 Jahren als     projekten schiebt die Fördergemeinschaft auch immer
  Schatzmeisterin im ehrenamtlichen Vorstand der För-     wieder wichtige Projekte an. „Der Verein unterstützt
  dergemeinschaft und für die Finanzen verantwortlich.    unsere Klinik durch zahlreiche Maßnahmen, die den
  Sie traf sich zum Gespräch mit Priv.-Doz. Dr. Beate     jungen Patienten und ihren Familien die lange und
  Winkler, Oberärztin der Station K1b, um für diesen      belastende Therapie erheblich erleichtern. Dazu gehö-
  Schmetterling über Bedarf und Wirkung der Projekte      ren u.a. eine großzügige finanzielle Förderung unseres
  der Fördergemeinschaft zu sprechen.                     psychosozialen Teams, inklusive einer Kunst- und eines
        „Das Herz unserer Arbeit sind unsere Förderpro-   Musiktherapeuten sowie eines Medienpädagogen und
  jekte. Wir verwenden die uns anvertrauten Mittel aus    die Förderung des digitalen Schulprojektes Karlsson. Des
  Spenden, Erbschaften und Mitgliedsbeiträgen, um eine    Weiteren engagiert sich die Fördergemeinschaft in der

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F ÖR DE R P R OJ E KTE

direkten Interaktion mit den Familien von krebskranken
Kindern durch die Organisation von Geschwistertagen
und Elternabenden auf der Station. Ebenso wird durch
die finanzielle Unterstützung der Fördergemeinschaft
ärztliches und pflegerisches Personal zusätzlich zum
„Grundbedarf“ für die direkte klinische Versorgung
finanziert, hierdurch kann im Bereich der Nachsorge
und der palliativen Versorgung eine deutlich intensivere
Patienten- und Familien- (und nicht nur Krankheits-)
zentrierte Versorgung angeboten werden“, erläutert
Dr. Winkler.
      Die Fördergemeinschaft hat früh den Bedarf an
gezielter Forschung erkannt: die Gründung des For-
schungsinstituts Kinderkrebs-Zentrum Hamburg im
Jahr 2006 verbunden mit der Finanzierung von zwei
Stiftungsprofessuren und zahlreichen projektbezogenen       Heilung fördert, jenseits von Klinik und Pflege. Psy-
Anschubfinanzierungen unterstreicht die Forschungsori-      chosoziale Hilfen sind daher unerlässlich. Die psycho-
entierung des Vereins. „Gerade die Kinderkrebsforschung     sozialen Dienste in der Kinderonkologie in Deutschland
ist in besonderem Maße auf die Unterstützung durch          sehe ich als beispielslos im Vergleich zu vielen anderen
Spender angewiesen. Aufgrund geringerer Patienten-          Fachgebieten in der Medizin. Nach wie vor werden
zahlen stehen die Forschungsgelder im Bereich der           diese in Teilen durch Fördervereine über Spendengelder
kindlichen Krebserkrankungen deutlich hinter denen          finanziert. Das gilt auch für das Kinderkrebs-Zentrum
im Erwachsenenalter zurück. Wenn wir aber den „Krebs        Hamburg“, erläutert Dr. Winkler. Für die betroffenen
knacken“ und die Heilungsraten bei Kindern weiter           Kinder und Eltern ist die Diagnose Krebs immer ein
steigern möchten, dann geht dies nur über spezifische       unfassbarer Schicksalsschlag. Angst und Hilflosigkeit
Forschung. Dieser Förderbereich ist daher sehr wichtig      müssen überwunden werden, und die Familie muss ler-
für uns, über 50% der Spendengelder fließen mittler-        nen, mit der neuen Situation umzugehen. Die Therapien
weile in die Forschung“, erläutert Stegner-Brummer.         stellen mit ihren akuten Nebenwirkungen eine extreme
      Neben Patientenversorgung und Forschung stellen       Belastung dar und können Monate oder sogar Jahre
die Psychosozialen Hilfen die dritte wichtige Fördersäule   dauern. Oftmals kann ein Elternteil in dieser Zeit seine
dar. „Die Kinder und ihre Familien brauchen nicht nur       Arbeit nicht weiterführen, so dass es zu finanziellen
eine optimale medizinische Versorgung, um gesund zu         Engpässen kommt, die die Familie zusätzlich belasten.
werden. Genauso wichtig ist auch ein Umfeld, das die        „Wir unterstützen hilfsbedürftige Familien, die durch
                                                            die Erkrankung ihres Kindes in finanzielle Not geraten
                                                            sind und leisten schnell und unbürokratisch Hilfe. Etwa
                                                            50 Anträge werden pro Jahr von der Fördergemeinschaft
                                                            bewilligt“ so Stegner-Brummer.
                                                                  Die Corona-Pandemie machte dieses und das ver-
                                                            gangene Jahr 2020 zu einem außergewöhnlichen und
                                                            belastenden Jahr. Viele Menschen können mit den Er-
                                                            fahrungen der Pandemie den Alltag an Krebs erkrankter
                                                            Kinder und ihrer Familien noch besser nachvollziehen,
                                                            denn soziale Isolation und strenge Hygienevorschriften
                                                            sind schon immer Teil ihrer Lebenswirklichkeit. „Bitte
                                                            helfen Sie mit, die Situation der Kinder und ihrer Fami-
                                                            lien weiter zu unterstützen und bleiben Sie an unserer
                                                            Seite. Wir haben noch viel vor“, sagt Stegner-Brummer.

                                                                                   SCHMETTERLING 137/138 | 5
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unSere     Te:
  FördEr prOjek
                                                Patientenversorgung
                                                Psychosoziale Hilfen
                                                Forschung
  Durch Spenden wird die Patientenversorgung am Kinderkrebs-Zentrum Hamburg
  verbessert. In enger Abstimmung mit der Klinikleitung entscheidet der Vorstand
  jeweils über die Förderung von Projekten, z.B. zusätzliche Arztstellen und
  Pflegepersonal, die Anschaffung von medizinischen Geräten, die Ausstattung
  für Spiel- und Aufenthaltsräume oder die Förderung von Innovationen.

  Nachsorge-                  Medizinische                  Förderung                  Palliative
  Sprechstun-                 Geräte                        Studienverbund             Versorgung
  de TIDE                     20 Fieberthermometer, die     Nord-West                  Schon seit 2012 wird die
  Kinder, die an Krebs        aufgrund ihrer speziellen     Innovative Therapien       ambulante, palliative Ver-
  erkranken, leiden im        Ausstattung besonders für     für seltene und riskante   sorgung unheilbar erkrank-
  Erwachsenenalter häufig     den stationären und am-       Krebserkrankungen errei-   ter Kinder im Großraum
  an medizinischen und        bulanten Einsatz geeignet     chen die Patient*innen     Hamburg unterstützt. Eine
  psychosozialen Spätfol-     sind, ein Gehwagen und        durch den Aufbau von       geförderte Brückenärztin
  gen. Mit der neuen Nach-    ein Therapiesessel wurden     Studienverbünden schnel-   steht im Kinderkrebs-
  sorgesprechstunde TIDE      finanziert.                   ler. Die Fördergemein-     Zentrum Hamburg mit den
  unterstützt die Förder-                                   schaft unterstützt einen   betroffenen Kindern und
  gemeinschaft ein neues,                                   Antrag der Klinik          Angehörigen in engem
  intensiviertes Nachsor-                                   zum Aufbau eines Studi-    Kontakt und begleitet den
  geprojekt und fördert ein   Optimale                      enverbundes Nord-West.     Übergang in die ambu-
  Projekt zur Evaluation      Behandlung                                               lante Versorgung. Zudem
  dieser Sprechstunde.        Für eine optimale Behand-                                übernahm die Förderge-
                              lung und mehr Zeit für        C19.CHILD-Studie           meinschaft die Kosten für
  ISPNO 2022                  das einzelne Kind werden      Die Fördergemeinschaft     eine pflegerische Palliativ-
  Die Klinik hat gemeinsam    in enger Abstimmung mit       unterstützt dieses         fortbildung.
  mit dem DKFZ Heidelberg     der Klinikleitung zusätzli-   wichtige UKE-Forschungs-
  den Zuschlag für die        che Arzt- und Pflegestel-     vorhaben mit Spenden-
  Ausrichtung der Tagung      len gefördert.                geldern und Technicians-
  ISPNO 2022 (Interna-                                      Support: im Rahmen der
  tional Symposium of                                       C19.CHILD-Studie unter-    Flurwand-
  Pediatric Neurooncology,                                  sucht das UKE bei rund     gestaltung
  der weltweit bedeutenste    Jugendzimmer                  6.000 Kindern und          Die Gestaltung der kargen
  Fachkonkress zum Thema      Das Jugendzimmer der          Jugendlichen Häufigkeit    Klinikwände im Kinder-
  Pädiatrische Neuroonko-     Station soll 2021 ge-         und Schwere einer In-      krebs-Zentrum Hamburg
  logie) erhalten. Die För-   staltet werden, um noch       fektion mit dem neuar-     soll nun 2021 erfolgen,
  dergemeinschaft gewährt     besser die Bedürfnisse der    tigen Corona-Virus. Auch   um gut vier Jahre nach Er-
  eine Ausfallbürgschaft in   Jugendlichen zu spiegeln      Daten von pädiatrischen    öffnung des Kinder-UKEs
  Höhe von 20.000 Euro für    und eine angenehme At-        Risikogruppen werden       diese gestalterische Lücke
  die Veranstaltung.          mosphäre zu schaffen.         verglichen.                zu schließen.

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F ÖR DE R P R OJ E K T E PAT I E N T E N V E R S OR GU NG

Diagnose, Therapie und eine veränderte Le-        die Familien dabei zu einem Zuhause auf Zeit.
benssituation bringen krebskranke Kinder und      Weitere Ärzte und Pflegepersonal schaffen
ihre Familien an ihre Belastungsgrenze. Die       dabei mehr Zeit für das einzelne Kind. Sorgsam
Fördergemeinschaft möchte entsprechend ihrer      entscheidet die Fördergemeinschaft daher über
Satzung die Voraussetzungen für eine optima-      die Förderung zusätzlicher Stellen und sorgt
le Behandlung der Kinder und Jugendlichen         für die Anschaffung notwendiger medizinischer
schaffen. Die Therapie kann Wochen oder           Geräte oder Ausstattungen für Spiel- und Sozi-
Monate dauern und macht eine Vielzahl von         alräume.
Klinikaufenthalten nötig – die Station wird für

                                                                          SCHMETTERLING 137/138 | 7
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ERFA H RUNG SBER ICHT

  Auf Station

        Am Tag der Diagnose war unser Sohn 4 ½ Jahre        Herausfinden eines passenden Ansprechpartners ging,
  alt. Völlig kraftlos und müde wurde er ins UKE einge-     Frau Reddig konnte helfen!
  liefert. Insbesondere die intensive Betreuung in den
  ersten Stunden und Tagen war für uns als Familie und            Wir hatten das Glück, dass auch die erweiterte
  für unseren Sohn sehr wichtig. Wir als Eltern hatten      Familie und Freunde häufig zu Besuch waren, so dass
  unendlich viele Fragen und die Angst um unseren Sohn      wir in der Zeit längere Arztgespräche führen oder uns
  war enorm groß. Dank des außergewöhnlich guten            eine Auszeit nehmen konnten. Aber gerade für Fami-
  Personalschlüssels auf der Station, konnte sich, wann     lien, wo nur ein Elternteil permanent im Krankenhaus
  immer Bedarf war, eine der Krankenschwestern oder         sein kann, springen z. B. Pflegekräfte zu jeder Zeit ein
  Ärzte um uns kümmern. Wir hatten von Tag eins an das      und übernehmen die Betreuung des Patienten, um die
  Gefühl, sehr gut aufgehoben zu sein. Kaum war die Dia-    Mutter oder den Vater zu entlasten. Schließlich gibt
  gnose erfolgt, haben wir als Eltern uns folgende Fragen   es auch Angebote für Eltern, die sie nur wahrnehmen
  gestellt: „Wer kümmert sich künftig federführend um       können, wenn ihr Kind parallel betreut ist. Dabei haben
  das kranke Kind? Wie stellen wir die Versorgung des       zu unserer Zeit viele Eltern von dem Shiatsu-Angebot
  Geschwisterkindes sicher? Welche beruflichen Verän-       geschwärmt. Die Auszeit nur für sich allein, gab ihnen
  derungen sind notwendig? Ergänzend zum Ärzte- und         Kraft.
  Schwestern-Team trat fast zeitgleich der psychosoziale
  Dienst an unsere Seite und bot wertvolle Hilfestellung.        Krankheiten, die einen vermutlich das ganze Le-
  Für uns war Frau Reddig aus dem Team des psychoso-        ben begleiten werden, und zumindest anfänglich mit
  zialen Dienstes verantwortlich und hat uns immens         langen Krankenhausaufenthalten verbunden sind, müs-
  viel Arbeit abgenommen. Ganz gleich ob es um diverse      sen m. E. ganzheitlich behandelt werden. Dazu gehört
  Bescheinigungen, das Ausfüllen von Anträgen oder das      nicht nur die professionelle medizinische Versorgung,

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E R FAH R U N GS BE R IC H T

sondern auch die psychologische und physiologische        und täglich wechselnden Entertainment. Wenn einem
Betreuung auf Eltern- und Patientenseite. Das Ein-        nach Ablenkung war, traf man hier häufig auf andere
fühlungsvermögen vieler Menschen muss in solchen          Kinder und deren Eltern.
Situationen extrem ausgeprägt sein, und rückblickend
ist es mir ein Rätsel, wie geduldig und verständnisvoll         Das Angebot von Elternabenden bei netter und
das gesamte Team Tag für Tag zu uns allen war. Unser      Krankenhaus untypischer Atmosphäre ist z. B. für viele
Sohn hatte so große Angst vor Ärzten, sodass selbst       Eltern eine Möglichkeit des Austauschs, die zu unserer
das Fiebermessen am Morgen schon eine Herausforde-        Zeit viel und gern angenommen wurde. Vielen tat es gut
rung für die jeweilige Schwester war. Mit viel Geduld,    zu hören, dass sie nicht allein mit ihren Sorgen sind und
positivem Zuspruch und später auch der Möglichkeit,       in der Gruppe „Gleichgesinnter“ reagierten viele mit
eigenständig die Temperatur zu messen, konnte er die      Verständnis auf die vorliegenden Ängste und Sorgen.
Angst allmählich abbauen. Dank des umfangreichen
Angebots der Fördergemeinschaft kommt der ganzheit-             Auch wenn die Diagnose bestehen bleibt, Ängste
liche Ansatz auch wirklich zum Tragen. Manch ein Kind     und Sorgen vermutlich nie ganz schwinden werden, kön-
findet Ausgleich beim Malen mit der Kunsttherapeutin,     nen wir rückblickend sagen, dass wir unendlich dankbar
andere musizieren lieber, und für unseren Sohn war        über die Förderprojekte der Fördergemeinschaft Knack
der Sporttherapeut Simon das Highlight. Zum Glück         den Krebs sind und sie uns die schwere Zeit immens
kam Simon 2x pro Woche und hatte für jeden gesund-        erleichtert haben. _eine betroffene Familie
heitlichen Zustand das passende Angebot! Zu Zeiten,
wo unser Sohn wirklich sehr kraftlos und teilweise für
seine Verhältnisse recht antriebslos war, konnte Simon
mit tollen Spielen im oder um das Bett herum für gute
Laune sorgen und zu Zeiten, wo es ihm besser ging,
konnten tolle Wettbewerbe auf dem Gang veranstaltet
werden. Beim Tischtennis gesellten sich schnell andere
Patienten hinzu, so dass es hin und wieder zu einem
Doppel kam. Beim Fußballspielen auf dem Flur musste
gelegentlich die schöne Dekoration dran glauben, ein-
mal aber auch die Portnadel. Die Freude war einfach zu
groß und der kleine Patient nicht zu bremsen, so dass
der Port neu angestochen werden musste. Aber was
nimmt man nicht alles in Kauf für glückliche Momente!

     Dieses außergewöhnliche und umfangreiche An-
gebot ermöglicht, auf Faktoren, wie Alter, Charakter
des Patienten, Zeitpunkt der Therapie, genaue Diag-
nose und den täglich oder gar stündlich wechselnden
Gesundheitszustand eines jeden Einzelnen einzugehen.
Die wöchentlichen Angebote geben den Patienten eine
Struktur, die insbesondere bei längeren Krankenhaus-
aufenthalten wichtig ist. Auch das Angebot an multi-
medialen Geräten ist außergewöhnlich und spricht eine
ganze Menge Patienten an. So leihen sich kleine Kinder
gern eine Toni-Box aus, ältere Patienten erweitern ihre
Fähigkeit im Umgang mit dem iPad. Und dann gibt es ja
noch das Spielzimmer mit einem vielfältigen Angebot

                                                                                  SCHMETTERLING 137/138 | 9
Der Schmetterling - Herzstück: Förderprojekte - Fördergemeinschaft Kinderkrebs-Zentrum ...
unSere     Te:
   FördEr prOjek
                                                  Patientenversorgung
                                                  Psychosoziale Hilfen
                                                  Forschung
   Nicht nur die medizinische Behandlung ist wichtig, auch psychosoziale Hilfen
   sind unerlässlich und ermöglichen ein Umfeld, das die Heilung fördert, die Kin-
   der und ihre Eltern unterstützt und Bewältigungsstrategien für die Erkrankung
   schafft. Daher finanziert die Fördergemeinschaft Kinderkrebs-Zentrum Hamburg
   e.V. seit vielen Jahren diverse Stellen im Psychosozialen Team des Kinderkrebs-
   Zentrums Hamburg. Ohne die zusätzliche Förderung durch Spendenmittel wären
   diese Angebote nur in kleinem Umfang vorhanden. Die Fördergemeinschaft un-
   terstützt zudem hilfsbedürftige Familien, die durch die Erkrankung ihres Kindes
   in finanzielle Not geraten sind. Die Krebserkrankung eines Kindes ist keine kurz-
   fristige Angelegenheit, so dass es zu finanziellen Engpässen kommen kann, die
   die Familien zusätzlich belasten.

   Sozialzuschüsse              Musiktherapeut                Kunsttherapeutin               Sporttherapeut
   44 Familien wurden 2020      Musizieren im Rahmen          Beim Malen im kunst-           Die Sport- und Bewe-
   mit Sozialzuschüssen         der Musiktherapie             therapeutischen Kontext        gungstherapie ermöglicht
   in Höhe von insgesamt        schafft angesichts            entsteht eine intensive        die individuelle Förderung
   35.000 Euro unterstützt.     beängstigender                Beschäftigung mit dem          der motorischen Fähig-
   Der Sozialfonds der          Situationen Vertrauen und     Bildthema, die es ermög-       keiten und Fertigkeiten
   Deutschen Leukämie-          spendet Trost. Wie auch       licht, in Gedanken für         der Patienten auf Station.
   Forschungshilfe wurde mit    die weiteren Angebote         eine Weile von der Krank-      Zudem wurde eine Spiel-
   50.000 Euro unterstützt,     unterstützt sie die Kinder-   heitssituation Abstand zu      konsole finanziert.
   denn auch er vergibt Sozi-   und Jugendlichen mit          nehmen.
   alzuschüsse an Patienten     Bewältigungsstrategien                                       iPads für den
   aus Hamburg.                 für die Behandlungszeit.                                     digitalen Unter-
                                                                                             richt
                                                                                             Fünf iPads für den
   Medienpädagoge               Schulprojekt                                                 Unterricht im Kranken-
   Das Multimediaprojekt        KARLSSON                                                     haus wurden kurzfristig
   auf der Station bietet       Das Schulprojekt „KARLS-                                     angeschafft, als im März
   die Möglichkeit, unter       SON“ ermöglicht die           Erzieher                       pandemiebedingt die
   fachkundiger Betreuung       virtuelle Teilnahme am        Aufgrund der gestiegenen       Schulen geschlossen wur-
   durch den Medienpädago-      Schulunterricht. Es wurde     Patientenzahl in der neuen     den. Anschließend werden
   gen diverse multimediale     die Langzeitmiete von         Kinderklinik wird seit 2019    die iPads im Rahmen des
   Geräte zu nutzen. In einer   8 Avataren genehmigt,         auch zur Entlastung des        Multimediaprojektes wei-
   Medienwerkstatt werden       durch die die Kommunika-      Pflegepersonals ein zwei-      terverwendet. Auch für
   Fähigkeiten erweitert,       tion zwischen Patient und     ter Erzieher auf der Station   die Kunst- und Musikthe-
   und es wird kreativ gear-    Klassenzimmer möglich         für die Betreuung der jun-     rapie wurde jeweils ein
   beitet.                      ist.                          gen Patienten gefördert.       iPad angeschafft.

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F ÖR DE R P R OJ E K T E P SY C HOS OZ I AL E H I LF E N

Gutscheine und               Entspannung
Obstkörbe                    auf Station
Das Pandemiejahr 2020        Ein wöchentliches
war ein ungemein belas-      Entspannungsangebot
tendes Jahr, auch für die    Shiatsu für Patienten und
Mitarbeiter des Kinder-      begleitende Angehörige
krebs-Zentrums Hamburg.      stärkt deren Ressourcen
Als kleinen Dank über-       in der anstrengenden Zeit
reichte die Fördergemein-    auf Station.
schaft vor Weihnachten
Einkaufsgutscheine
für die Mitarbeiter des
Kinderkrebs-Zentrums         Auszeiten
Hamburg. Als zusätzliche     Die Skifreizeit „Pisten-
Unterstützung gibt es        flitzer“ ins Kleinwalsertal
für die Mitarbeiter seit     und die Segelreise ins
Mai regelmäßig Obst- und     Holländische Meer für
Gemüsekörbe auf Station.     Patienten in der Nachsor-
                             ge sind eine großartige
                             und wichtige Erfahrung
Psychologe                   zur Persönlichkeitsstär-
für Hirntumor-               kung mit viel Zeit für
patienten                    den Austausch über die
Ziel der psychologischen     Therapiezeit.
Begleitung ist es, Fami-
lien mit einem an Hirn-
tumor erkrankten Kind
durch die medizinische       Sozialberatung
Behandlung zu führen,        In der Sozialberatung
Behandlungsbelastungen       erhalten die Eltern durch
für Patient und Familie      eine Sozialpädagogin so-
zu verringern, Ressour-      zialrechtliche Informati-
cen der Betroffenen zu       onen. Zusammen mit den
fördern und ihnen bei        Eltern werden realitätsge-
ihrer Rückkehr in eine       rechte Hilfen erarbeitet.
„veränderte“ Normalität
zu helfen.

                             Geschwistertage               Durch die psychosozialen Therapieangebote
Elternapartment              und Elternabende              werden neben der medizinischen Versorgung die
Damit Angehörige im          Zwei Geschwistertage pro      psychischen Ressourcen der Patienten gestärkt.
Notfall in unmittelbarer     Jahr werden in der Klinik     Je nach Krankheitssituation dienen sie der Ent-
Nähe zur Klinik wohnen       durchgeführt und - dank       spannung, der Ablenkung, dem Stressabbau, der
können, übernimmt die        ehrenamtlicher Unterstüt-
Fördergemeinschaft jähr-     zung – finden monatliche
                                                           Stimmungsaufhellung, der Mobilisierung und
lich die Patenschaft für     Elternabende „bei Käse        der Unterstützung von Motivation und Selbst-
ein Elternapartment.         und Wein“ auf Station         wertgefühl. Besonders wichtig für die Patienten
                             statt.                        ist hierbei die von der Fördergemeinschaft ge-
Kryokonservie-                                             förderte Musik- und Kunsttherapie auf Stati-
rung                                                       on. Musik schafft angesichts der beängstigen-
Drei Patient*Innen wurde     Infomaterial                  den Situation Vertrauen und spendet Hoffnung
die Kryokonservierung        Zahlreiche Bücher und         und Trost. Beim Malen im kunsttherapeutischen
ihrer Samen- bzw. Eizellen   Broschüren über Krebser-
                                                           Kontext entsteht eine intensive Beschäftigung
vor der Chemotherapie        krankungen bei Kindern
finanziert, um später        wurden für die jungen         mit dem Bildthema, die es ermöglicht, in Ge-
einen Kinderwunsch zu        Patienten und ihre            danken für eine Weile von der Krankheitssitua-
ermöglichen.                 Familien beschafft.           tion Abstand zu nehmen.

                                                                                   SCHMETTERLING 137/138 | 11
ERFA H RUNG SBER ICHT

                                                                                 Dankbrief

                                                                                      Wir möchten anderen Familien
                                                                                 Mut machen, auch einen Sozialzu-
                                                                                 schuss zu beantragen - so wie es
                                                                                 diese Familie tat.

   „Glück” gehabt

         Hallo, mein Name ist Neele Sophie Kuhrmann
   und ich schrieb das Gedicht auf der Rückseite der letz-
   ten Ausgabe des „Schmetterlings“. Es entstand als
   spontane Idee, um meinem unendlichen Dank für die
   Behandlung und Zeit im Kinderkrebszentrum Hamburg
   auszudrücken.
         Hier möchte ich nun berichten, wie die För-
   dergemeinschaft Kinderkrebs-Zentrum Hamburg e.V.
   mir - während meiner 2-jährigen Therapie - mit ihren            Das sorgte gerade in Zeiten, in denen es mir auf-
   Projekten persönlich geholfen hat, was mir sehr gut       grund der Nebenwirkungen der Chemotherapie sehr
   gefiel und wovon ich am meisten profitiert habe, da sie   schlecht ging, für ein ungutes Gefühl. Gerade wenn es
   meinen Alltag etwas schöner gestaltet haben.              den Jüngeren gerade gut ging, während ich die meiste
         Da wäre erst einmal eine Sache, die wohl zunächst   Zeit einfach nur herumlag oder schlief. Ich hatte Sor-
   unscheinbar oder als Selbstverständlichkeit wahrge-       gen wie es den „Kleinen“ wohl bekommen würde, mich
   nommen wird: die Trennwände zwischen den Betten.          so zu sehen. Daher war es meist sehr beruhigend für
   Aber tatsächlich ist es so, dass diese Wände zu meiner    mich, eine dieser Trennwände „ergattern“ zu können.
   Zeit auf Station noch ein ziemlicher Luxus waren und            Des Weiteren hat mir Frau Wallner sehr viel be-
   erst nach und nach angeschafft wurden.                    deutet. Sie war für mich weitaus mehr als „nur“ eine
         Ich empfand sie als sehr angenehm, denn da mei-     Kunsttherapeutin. Die Verse „Am Anfang war ich mal
   ne Altersklasse in der Häufigkeit der Krebserkrankungen   mit im Atelier, wo es mir sehr gut gefiel. Mir ging es
   deutlich in der Unterzahl gegenüber den Kleinkindern      schlechter, Sie waren so nett, und brachten mir einfach
   ist, lag ich als Teenager häufig mit Kleinstkindern in    alles ans Bett“ aus meinem oben erwähnten Gedicht
   einem Zimmer.                                             treffen es eigentlich genau.

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E R FAH R U N GS BE R IC H T

                                                          los ist und was auf der Station passiert, damit diese
                                                          einen besseren, eigenen Umgang mit der auch für sie
                                                          oft sehr belastenden Situation finden können.
                                                                Als ich nach Abschluss der Intensivtherapie wie-
                                                          der in die Schule zurückkommen durfte, war das ein
      Am Anfang ging ich noch persönlich ins Atelier,     großer Schritt mit gemischten Gefühlen. So war ich
welches eine ausgezeichnete Ausstattung hat. Man          einerseits gespannt, wie meine Klassenkamerad*innen
kann dort viele tolle kreative Dinge machen und ich       nach den vielen Monaten auf mich reagieren würden,
malte ein einfaches Bild.                                 andererseits hatte ich Bedenken, da ich trotz über-
      Später als ich mich nicht mehr gut und stark        standener Intensivtherapie noch immer empfindlich
genug fühlte, um dahin zu gehen, konnte ich die           war und es für meine Mitschüler*innen einiges zu be-
Kunsttherapie, welche für mich eine sehr willkommene      achten gab. So durfte mein damals noch vorhandener
Abwechslung auf Station darstellte, auch in meinem        Port keine Stöße abbekommen, ich nicht hinfallen und
Zimmer weiternutzen. Frau Wallner „bastelte“ mir mein     wegen des durch die Erhaltungstherapie geschwächten
eigenes „Mini-Atelier“ direkt an mein Bett, wo ich        Immunsystems keine Infekte bekommen.
dann malen konnte! Zu diesem Zeitpunkt gab es gerade            Um die Wiedereingliederung bestmöglich zu ge-
eine Spende mit Materialien: Aquarell zum Ausmalen.       stalten, wurde es uns ermöglicht, an meinem „ersten
Der Vers „Das Bild hängt noch in meinem Zimmer, und       Schultag“ gemeinsam mit Gunnar Neuhaus, der Klasse
dort bleibt es wohl für immer“ stimmt, es hat einen       meine Erlebnisse und die aktuelle Situation zu vermit-
Ehrenplatz neben meinem Schreibtisch und ich plane        teln. Es konnten Fragen gestellt werden, und so wurden
nicht, es zu entfernen.                                   alle möglichen Risiken abgeklärt.
      Wichtig ist mir zu betonen, dass Frau Wallner             Wichtig ist aber auch zu sagen, dass das durch
nicht nur eine besondere Bedeutung in ihrer Rolle als     Spenden generierte Geld nicht „nur“ direkt am Patien-
Kunsttherapeutin für mich hat, oft haben wir auch ein-    ten verwendet wird. Es finanziert die ebenso wichtige
fach nur ausgiebige Gespräche geführt, während meine      Forschung: Ein sehr wichtiger Baustein, von dem ver-
Eltern, die mir immer zur Seite standen, eine wohlver-    mutlich alle Patienten des Zentrums schon profitiert
diente Auszeit im Eppendorfer Park haben konnten.         haben oder es in Zukunft werden.
      Ebenso profitierte ich von den Gesprächen mit             Ich bin eine derer, die mit ihrer Diagnose „Glück“
Frau Siebeneicher vom Psychosozialen Dienst. In einer     gehabt haben. Mir geht es nach erfolgreicher Chemo-
solch außergewöhnlichen Situation tut es wirklich sehr    therapie des Lymphoms bisher gut, und ich befinde
gut, auch mal mit einer Person zu sprechen, die nicht     mich nun in der Nachsorge für junge Erwachsene im
wie die Familie und Freunde, selbst nicht ganz so genau   Hubertus-Wald-Tumorzentrum, direkt in der Nähe des
wissen, wie sie damit umgehen sollen. So konnte ich       Kinderkrebs-Zentrums.
mit der Erkrankung ganz gut umgehen.                            Der „Schmetterling“ hat mir, meinen Eltern sowie
      Die Diagnose Krebs ist immer etwas, was die ganze   meiner Oma, immer einen guten Überblick über Aktu-
Familie betrifft, auch die Geschwisterkinder. Daher       elles aus dem Themenfeld gebracht. Wir sind auf die
ist es aus meiner Sicht wichtig, den Geschwistern zu      Großzügigkeit aller Spender*Innen angewiesen und
erklären, was mit der Schwester oder dem Bruder gerade    sehr dankbar dafür! _Neele Sophie Kuhrmann

                                                                                 SCHMETTERLING 137/138 | 13
ERFA H RUNG SBER ICHT

   Verarbeitung des Erlebten

         Nachdem meine Tochter aufgrund ihrer Volljährig-    sind dann in das
   keit – die Betreuung und Nachsorge der Kinder Onkolo-     nagelneue Kin-
   gie verlassen sollte und zu den „Jungen Erwachsenen“      der-Krankenhaus
   in das Hubertus Wald Tumorzentrum - Universitäre          umgezogen. Hier
   Cancer Center Hamburg (UCCH) wechseln musste, hat         im großzügig gestalteten Neubau, waren die Betten
   sie zum Abschied ein langes Gedicht geschrieben.          oft komplett belegt. Zwar konnte noch darauf geach-
   Dieses wurde auf der Rückseite der letzten Ausgabe        tet werden, dass Mädchen und Jungen getrennt in
   des Schmetterlings veröffentlicht, als Danksagung für     den Zimmern waren, aber auf unterschiedliche Alters-
   alle Menschen dort, die ihr geholfen haben und als        gruppen Säugling, Kleinkind, Teenager, konnte keine
   Motivation für Eltern und Kinder, die zurzeit dort sind   Rücksicht genommen werden. Dies kann manchmal
   und gerade Ähnliches erleben.                             als anregend empfunden werden, aber oft auch zu
         Kurz nach der Diagnose überfällt einen das Gefühl   Interessenskonflikten führen. Da sich hier auch Eltern
   der Ohnmacht und Angst, was nun kommen wird. Psy-         aller Nationalitäten treffen und somit oft der Vater
   chisch bewegt sich meist die ganze Familie am Rand        des einen und die Mutter des anderen Bewohners in
   des Ertragbaren und Begreifbaren. Dann wird man mit       einem Zimmer als Begleitung waren, war Rücksicht-
   sehr schwierigen medizinischen Aussagen zur Therapie,     nahme immer ein Thema.
   Operationen, Heilungschancen, medizinischer medika-             Sehr dankbar waren wir dann, als die ersten
   mentöser Versorgung für zu Hause und Vorsichts- und       mobilen Trennwände angeschafft wurden und somit
   Verhaltensmaßnahmen konfrontiert. Dazu kommt ein          zumindest ein optischer Raum der Privatsphäre ge-
   enormer Berg an logistisch zu bewältigenden Fragen,       schaffen werden konnte. Bei einer Chemotherapie
   wie z.B. „Wir geht es mit der Betreuung und Begleitung    kommt es oft vor, dass die Patienten sich übergeben
   des erkrankten Kindes und der Vereinbarung mit dem        müssen, ein Toilettenstuhl unvermeidbar ist, von den
   Job und Betreuung von Geschwisterkindern weiter?“         vielen Blutabnahmen und Infusionen mal ganz abge-
         Bürokratische Dinge, wie Fahrtkostenabrechnung,     sehen. Bei Übelkeit den Zimmerpartner beim Essen
   Erstattung von Taxifahrten zur Klinik, Schwerbehin-       zu sehen und zu riechen, ist nicht leicht zu ertragen.
   dertenausweis, Versicherungen, Parkplatzmöglichkeit,      Reize - wie Geräusche der piepsenden und leuchten-
   Begutachtung durch den MDK, Schule, Nachteilsaus-         den Geräte, vorlesende Eltern, klingelnde Handys,
   gleich, Wiedereingliederung in die Schule ...müssen       weinende Kinder - bleiben.
   geklärt werden.                                                 Manchmal braucht aber auch ein Erwachsener
         In dieser kritischen Situation war es damals gut    eine Auszeit. Ein Spaziergang im gegenüberliegenden
   zu erfahren, dass es eine Frau Ritter (spätere verh.      Park, bei kurzen Einkäufen von Dingen, die das Kind
   Siebeneicher) und Frau Bleeke gibt, die im Psycho-        gerne essen mag oder Zeitschriften oder eine Pause
   sozialen Team mit tröstenden und vor allem ruhigen        auf dem schönen großen Balkon verbringen. Erst auch
   Worten alles genau erklärt haben. Die sich immer          wieder nur auf den harten Krankenhausstühlen und
   wieder persönlich oder am Telefon die Zeit genom-         dann... kamen die ersten Sonnenstühle und –schirme.
   men haben, komplizierte Formulare auszufüllen und         Das war ein kleiner Lichtblick! Und wenn der verspann-
   Bescheinigungen anzufertigen. Das nahm einen ersten       te Körper und die Seele nach Hilfe schrien, durfte man
   Teil der Last.                                            sich auch mal bei einer Shihatsu Massage verwöhnen
         Dass man als Elternteil immer an der Seite des      lassen. Das war großartig!
   Kindes sein durfte, war beruhigend zu wissen. So                Ich wünschte, es gäbe bald ein kleines Plätzchen
   gibt es die Möglichkeit, für Tage oder auch Wochen        für einen Hometrainer, damit man seinen eigenen
   direkt neben dem Patienten im Zimmer zu schlafen,         Körper pflegen und trainieren kann, denn Sport baut
   zu essen und auch bei der Versorgung und Pflege mit       ja bekannter Weise auch Stress ab!
   eingebunden zu sein. Eine „win - win Situation“ für             Ein großes Dankeschön an die Fördergemein-
   Eltern, Patienten und Ärzte und Pfleger, finde ich.       schaft, die auch diese so wichtigen Dinge, wie die
         Wir haben noch ein paar Tage die beengende          Forschung gegen Kinderkrebs finanziert!
   und altmodische Situation im alten UKE erlebt und                                      _Wiebke Kuhrmann-Mohr

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E R FAH R U N GS BE R IC H T

Alessias Blick
auf die Welt

Alessia erkrankte mit 17 Jahren an Krebs. Ihre
Akuttherapie ist mittlerweile beendet. Die
Zeit auf der Station hielt sie mit der Kame-
ra fest. Das Fotografieren half ihr über die
schwere Zeit hinweg und hilft ihr noch heute,
diese Phase ihres Lebens zu verarbeiten. Wir
danken Alessia, dass sie einige dieser Fotos
mit uns teilt, die ihren ganz persönlichen Blick
auf den Stationsalltag zeigen.

Mutperlen bekommen die Patienten nach
jedem Eingriff oder Untersuchungen – ob für
Augentropfen, Port anpieksen, Verband wech-
seln oder Bluttransfusionen. Die „Zielscheibe“
auf dem Bild ist die „Chemoperle“, daneben
die Perlen für die Augentropfen. Allessias Mut-
perlenkette ist mittlerweile 9 Meter lang.

Einen Tag nach ihrem 18. Geburtstag wurde
Alessia aus der Intensivtherapie entlassen. Sie
befindet sich aktuell in der Langzeittherapie.

Filmabend mit Mama in der Elternlounge – ein
Stück Normalität in Zeiten des Ausnahmezu-
standes.

Die Lichterkette vor dem Fenster schaffte
etwas Heimeligkeit in das Krankenzimmer
und spendete nachts Licht, wenn bei Alessia
Untersuchungen durchgeführt wurden oder sie
nachts wieder mal wach lag.

                                                   SCHMETTERLING 137/138 | 15
KIND ERSEITEN

   Sommerliches Sporträtsel
   Mit Hilfe der Silben sind die neun Sportfragen schnell gelöst. Schreibe sie von oben nach unten in die
   Kreise. Daraus ergibt sich in den eckigen Feldern das Lösungswort: Ein Sportgerät auf dem man leicht
   die Balance verlieren kann.

          ATH - AUS - BALL - CHEN - FEN - FUSS - GEN - GELN - JOG - KA - LE - NU - NIS - REI - SE - SUR -
          TAU - TEN - TEN - TEN - TIN - TISCH

   1   Auf hohen Wellen gleiten
   2   In diesem Spiel muss das Runde ins Eckige
   3   Profisportlerin
   4   Luft anhalten und hinunter geht's
   5   Sportler mit starken Armen im kleinen Boot
   6   Bei günstigen Winden kommt man schnell voran
   7   Spiel auf großer Platte mit kleinem Ball
   8   Laufen, am liebsten durch den Park
   9   Auf dem Rücken eines Tieres in der Natur unterwegs sein

                                                                                        :les tärt ropS gnusöfluA
                              ;sinnethcsiT 7 ;nlegeS 6 ;netunaK 5 ;nehcuaT 4 ;nitelhtA 3 ;llabssuF 2 ;nef ruS 1
                                                               enilkcalS :t rowsgnusöL ;netiersuA 9 ;neggoJ 8

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K I N DE R S E ITE N

Für Regentage
... und für alle, die gerade nicht so gut nach draußen können, gibt es hier einige Anregungen für
Bewegung zu Hause. Alle Übungen sind leicht auszuführen. Es werden kaum Hilfsmittel benötigt.
Weitere Anregungen und mehr Informationen dazu gibt es in der Broschüre "Auf geht's",
herausgegeben vom Netzwerk ActiveOncoKids oder direkt beim Sporttherapeuten Simon Elmers.

                                                                               SCHMETTERLING 137/138 | 17
unSere     Te:
   FördEr prOjek
                                               Patientenversorgung
                                               Psychosoziale Hilfen
                                               Forschung
   Forschung ist die stärkste Waffe um „den Krebs zu knacken“. Kindliche Tumoren
   unterscheiden sich von denen Erwachsener und benötigen zudem Behandlungs-
   konzepte, die speziell auf die jungen Patienten zugeschnitten sind. Aufgrund
   der geringen Fallzahlen sind die Mittel und die öffentliche Aufmerksamkeit für
   die Erforschung dieser Erkrankungen begrenzt. Die Kinderkrebsforschung ist
   also in besonderem Maße auf die Unterstützung durch Spender angewiesen. Da-
   her finanziert die Fördergemeinschaft Forschungsvorhaben sowie Therapiestudi-
   en und gründete 2006 das Forschungsinstitut Kinderkrebs-Zentrum Hamburg.

   Forschungsinstitut                  Clinician Scientist                   Juli-Harnack-Stipendium
   Übernahme der Personalkosten für    Förderung eines Ausbildungspro-       Drei einjährige Promotionsstipendi-
   zwei Stiftungsprofessuren, neun     gramms am Forschungsinstitut          en für Medizinstudenten in Koope-
   weitere Wissenschaftler und vier    zusammen mit der Klinik für Päd-      ration mit der PHO wurden 2020
   technische Assistenten. Dem Ins-    iatrische Hämato- und Onkologie       vergeben.
   titut wurde ein Haushaltszuschuss   (PHO) für junge Ärzte zum Clinician
   von 50.000 Euro zur Verfügung       Scientist.
   gestellt.

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F ÖR DE R P R OJ E K T E F OR S C H U NG

Spenden schieben an

      Forschung ist die stärkste Waffe im Kampf gegen      für unsere jungen Patienten. Unsere Hoffnung: Wenn
Krebs bei Kindern. 2006 gründete die Fördergemein-         wir in Krebszellen und ihre Umgebung hineinzoomen
schaft daher das Forschungsinstitut Kinderkrebs-Zen-       und ihren molekularen Bauplan verstehen, können wir
trum Hamburg. Spenden, Patenschaften und privates          neue Angriffspunkte für gezielte Therapien entdecken,
Engagement ermöglichten innerhalb kürzester Zeit den       die das Risiko für Nebenwirkungen und Spätschäden
erfolgreichen Aufbau dieser Einrichtung. Wir haben         verringern. Eng vernetzt mit dem Universitätsklinikum
nachgefragt bei Prof. Martin Horstmann, Wissenschaft-      Hamburg-Eppendorf forschen wir in drei Arbeitsgruppen
licher Leiter des Instituts, warum eine gezielte Erfor-    intensiv an Krebserkrankungen im Kindesalter. Unsere
schung von Krebs im Kindesalter in besonderem Maße         Forscher konzentrieren sich auf die häufigsten Krebser-
von Spenden abhängig ist.                                  krankungen im Kindesalter, Leukämien und Hirntumoren,
                                                           und auf Innovation und Weiterentwicklung bedeuten-
     Wie wird die Arbeit des Forschungsinstituts           der Therapieverfahren, wie z.B. präzisionsmedizinische
finanziert?                                                Ansätze, Antikörper- und zellbasierte Immuntherapie
                                                           einschließlich der Stammzelltransplantation.
      Am Forschungsinstitut Kinderkrebs-Zentrum Ham-
burg erforschen wir die molekularen Grundlagen der              Wie viele Kinder in Hamburg und Umgebung
Krebsentstehung im Kindesalter, um eine patienten-         erkranken an Krebs? Was bedeutet das für die Kinder
spezifischere Diagnostik, neue gezielte Therapieansätze    und ihr Umfeld?
und verringerte Nebenwirkungen zu ermöglichen. Das
Institut wird allein aus Spendenmitteln und eingewor-            Jährlich erkranken in Deutschland etwa 2000
benen Drittmitteln betrieben. Krebs bei Kindern ist eine   Kinder an Krebs - ungefähr 140 davon in Hamburg und
seltene Erkrankung mit dramatischen Konsequenzen für       Umgebung. Die Diagnose Krebs ist zutiefst einschnei-
die betroffenen Patienten und ihre Familien. Die öf-       dend und stellt den Lebensalltag auf den Kopf. Die
fentliche Aufmerksamkeit und Mittel für die Erforschung    Behandlung zieht sich in der Regel über viele Monate
dieser Erkrankungen sind begrenzt. Die molekularbiolo-     oder manchmal sogar Jahre hin. Die verschiedenen
gische Forschung hat aber in den letzten Jahren rasante    konventionellen, aber auch onkoimmunologischen
Fortschritte gemacht. Uns stehen heute Methoden zur        Therapieformen stellen eine außerordentlich starke
Verfügung, von denen wir vor zehn Jahren nicht einmal      Belastung für die jungen Patienten dar. Akute Nebenwir-
zu träumen wagten. Die Chancen, die sich daraus für die    kungen treten mit hoher Wahrscheinlichkeit auf. Besorg-
Verbesserung der Krebsbehandlung ergeben, müssen wir       niserregend sind auch die zunehmend diagnostizierten,
für unsere jungen Patienten nutzen. Zu diesem Zweck        teilweise gravierenden Spätfolgen der Strahlen- und
haben wir das Forschungsinstitut 2006 gegründet. Ins-      Chemotherapie von Krebserkrankungen im Kindesalter.
besondere der Anschub von Forschungsprojekten ist von      Generell konnten dank erfolgreicher Forschung in den
Spenden abhängig, da sich öffentliche Drittmittelgeber     letzten Jahrzehnten große Erfolge bei der Bekämpfung
meist erst bei Vorlage erfolgversprechender Ergebnisse     kindlicher Krebserkrankungen erzielt werden. Heute sind
engagieren.                                                die Erkrankungen in vielen Fällen heilbar: Etwa 80 Pro-
                                                           zent aller Betroffenen überleben. Das ist ein großer Er-
     Warum bedarf es einer spezifischen Erforschung        folg, wenn man bedenkt, dass diese Kinder noch bis vor
von Krebs im Kindesalter?                                  wenigen Jahrzehnten kaum Überlebenschancen hatten.
                                                           Gleichwohl sterben auch heute noch zu viele Kinder an
     Kindliche Tumoren unterscheiden sich von denen        Krebs oder erfahren durch die Erkrankung oder unsere
Erwachsener und folgen eigenen Gesetzmäßigkeiten –         Behandlungsmethoden schwerwiegende Einbußen ihrer
Ursachen, Häufigkeiten und Verlaufsformen unterschei-      Lebensqualität. Aus diesem Grund werden wir nicht
den sich grundlegend von denjenigen erwachsener Pati-      lockerlassen, Forschung, Diagnostik und Therapie stetig
enten. Daher ist eine gezielte Erforschung von Krebs im    voranzutreiben, um in Zukunft alle Kinder mit jedweder
Kindesalter notwendig. Wir suchen nach neuen Wegen         Krebserkrankung zu heilen. Wir danken jedem Spender,
im Bereich Diagnostik und Therapie – maßgeschneidert       der uns auf diesem Weg unterstützt.

                                                                                  SCHMETTERLING 137/138 | 19
ERFA H RUNG SBER ICHT

   Forschung-
   unsere ganze Hoffnung

        Wir freuten uns auf unseren bevorstehenden
   Urlaub in Dänemark und feierten Moritz` 2. Geburts-
   tag. Alles schien in Ordnung zu sein, Moritz zeigte
   lediglich ein paar motorische Auffälligkeiten beim
   wöchentlichen Kinderturnen. Er vermied es zu klet-
   tern, wollte nicht balancieren, und auch schaukeln
   mochte er nie. Er liebte es trotzdem, dort hinzuge-
   hen, sang und spielte gerne im Begrüßungskreis mit,
   erkundete die Sporthalle, spielte gern mit Bällen und   len, malignen sarkomatösen Tumor“, wie es später
   Seilen und beobachtete mit viel Vergnügen, was die      in einem Bericht hieß, in einer neunstündigen OP
   anderen Kinder so trieben. Unsere Beobachtungen         weitestgehend entfernen, und ein großes Team aus
   wollten wir bei der nächsten U-Untersuchung nach        Ärzten und Pflegern rettete Moritz an diesem Tag das
   der Urlaubszeit mit unserem Kinderarzt besprechen.      Leben. Die erste Etappe war geschafft. Wir freuten
                                                           uns, dass Moritz noch bei uns war, und über jede
         Doch dann wirkte Moritz innerhalb weniger Tage    kleine Besserung seines Zustandes. Niemand konnte
   immer abgeschlagener und schlief auffällig viel, bis    vorhersagen, was Moritz nach dieser OP noch können
   er schließlich anfing, sich morgens zu übergeben. Wir   würde, und ob die Therapien den Tumor wirklich
   dachten an einen Infekt, aber unserem Kinderarzt fiel   besiegen würden.
   sofort auf, dass Moritz` Kopf ungewöhnlich groß war,
   und er schickte uns noch am selben Tag ins Altonaer          Somit waren wir statt nach Dänemark in das
   Kinderkrankenhaus. Bei der letzten U-Untersuchung       UKE eingefahren. Es war ein langer heißer Sommer,
   hatte es keine Auffälligkeiten gegeben und durch        den wir auf der Station K1b verbrachten - sie wur-
   Moritz` blonde Wuschelmähne war uns nicht aufge-        de unser zweites Zuhause, wie für so viele andere
   fallen, wie viel größer sein Kopf abweichend vom        Familien auch. Der unfassbar große Tumor (700ml),
   Normumfang für dieses Alter schon war. Wahrschein-      der bei Moritz entfernt worden war, wurde gründlich
   lich waren wir schlichtweg „betriebsblind“.             untersucht und letztendlich wurde ein primärer ALK-
                                                           getriebener hochmaligner sarkomatöser Hirntumor
         Nach zwei Tagen im Altonaer Kinderkranken-        nach WHO IV diagnostiziert.
   haus dann der Schock: Auf den MRT- Bildern war ein
   außergewöhnlich großer Hirntumor zu sehen, und                Moritz kämpfte sich durch alle folgenden Be-
   es war, als würde uns der Boden unter den Füßen         handlungen und kleineren Eingriffe, und wir bemüh-
   weggerissen. Es erfolgte die sofortige Verlegung in     ten uns, immer nur den nächsten Schritt im Auge
   das Kinder-UKE, wo sich uns gleich mehrere Ärzte        zu behalten. Wenn es ihm besserging, atmeten wir
   vorstellten. Wir standen natürlich vollkommen neben     auf, auch wenn es nur für kurze Zeit war. Es folgten
   uns und schafften es kaum, den sachlichen Ausfüh-       die Chemotherapie und lange Zeiten des Wartens
   rungen der Ärzte zu folgen. Moritz sollte bereits am    und Hoffens. Wir versuchten, unserem kleinen tap-
   nächsten Morgen operiert werden, es war keine Zeit      feren Kämpfer beizustehen und ihm die Zeit so er-
   zu verlieren, da sich sein Zustand in den letzten Ta-   träglich und angenehm wie möglich zu machen. Das
   gen zunehmend verschlechtert hatte. Eine Schwester      wunderbare Team der K1b mit unglaublich lieben
   fragte uns sogar, ob er überhaupt schon laufen könne,   Schwestern und Pflegern, mit Gerds Musiktherapie,
   da er immer wackeliger auf den Beinen geworden war      den Klinikclowns, Fruchtalarm und vielen weiteren
   und kaum selbständig stehen oder gehen konnte.          Angeboten wie der Maltherapie und das tolle Spiel-
   Kaum vorstellbar, dass Moritz vor zwei Wochen noch      zimmer erleichterten uns damals den Aufenthalt.
   mit uns durch den Wildpark spaziert war und fröhlich    Schwer vorstellbar, dass dies alles aufgrund der Co-
   seinen Geburtstag gefeiert hatte! Die Neurochirurgen    ronapandemie zurzeit nicht oder nur eingeschränkt
   konnten diesen „sehr ausgedehnten, intracraniel-        angeboten werden kann!

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E R FAH R U N GS BE R IC H T

                                                        schütternde Gewissheit: Moritz hatte ein Rezidiv.
     Wir denken, es ist für die Eltern das Schwie-      Eine Behandlung in Form einer weiteren Chemo-
rigste, mit ansehen zu müssen, wie das eigene Kind      therapie war nicht möglich, es blieb lediglich noch
um sein Überleben kämpft, und als Elternteil fühlt      die Bestrahlungstherapie, welche bei der Größe des
man sich in dieser hilflosen Situation gefangen. Man    ursprünglichen Tumors hätte großflächig durchge-
kann nur trösten, ablenken und dem Kind beistehen,      führt werden müssen und somit sehr viel Zellgewebe
aber abnehmen kann man seinem Kind leider nichts.       zerstört hätte. Die Folgen für Moritz waren schwer
                                                        abzuschätzen und ob eine Therapie in dieser Form
     Nach einer konventionellen Polychemotherapie,      den gewünschten Erfolg gebracht hätte, war eben-
einem weiteren kleineren Eingriff und einer Hoch-       falls ungewiss.
dosischemotherapie mit anschließender autologer
Stammzelltransplantation kam es im Anschluss an               Doch die Ärzte sahen noch eine weitere Mög-
die Hochdosis bei Moritz zu einer VOD (Lebervenen-      lichkeit. Bei den diversen Untersuchungen des
verschlusserkrankung) und er wurde wieder auf die       ursprünglichen Tumors war ein ALK-Gen entdeckt
Intensivstation verlegt. Um eine künstliche Beat-       worden, das für das enorme Wachstum des Tumors
mung kamen wir glücklicherweise herum, und die VOD      verantwortlich gemacht wurde. Die gesamte Situation
konnte u.a. mit der Gabe von Defibrotide erfolgreich    bot sich für eine zielgerichtete ALK-Inhibitor-The-
behandelt werden. Bereits in dieser Behandlungs-        rapie an. Wir beantragten die Kostenübernahme des
phase setzten die Ärzte auf relativ neu zugelassene     ALK-Inhibitors Brigatinib, welches die besten Daten
Medikamente.                                            für ZNS-Gängigkeit aufwies, und unsere Krankenkasse
                                                        genehmigte diese sogenannte Off-Label-Behandlung.
      Nach eingehender Beratung wurde die weitere
Therapie (eine zweite autologe Stammzelltransplanta-         Moritz nimmt dieses Medikament nun seit
tion) daraufhin ausgesetzt, da die Wahrscheinlichkeit   mittlerweile 1,5 Jahren und wir hoffen, dass es auf
einer erneuten VOD zu groß war. Wir hofften, dass       lange Sicht erfolgreich gegen eine Neubildung der
die bisherigen Chemotherapien ausreichen würden,        Tumorzellen eingesetzt werden kann. Moritz geht es
um den Tumor zu besiegen und wurden kurz vor Weih-      zurzeit sehr gut, er macht große Fortschritte und holt
nachten nach Hause entlassen. Moritz erholte sich       auf, was vor und während seiner Erkrankung und der
gut und im darauffolgenden Jahr kamen wir regel-        folgenden Therapie an Entwicklungsschritten auf der
mäßig zur Nachsorge und den anstehenden Kontroll-       Strecke geblieben ist, und wir genießen einfach die
untersuchungen. Im März ging es Moritz schlechter;      schöne gemeinsame Zeit. Er ist ein fröhlicher und
er bekam einen Shunt eingesetzt, worauf sich sein       unternehmungslustiger kleiner Junge.
Zustand binnen kurzer Zeit besserte.
                                                              Unsere ganze Hoffnung liegt auf dieser ALK-In-
     Leider zeichnete sich in den nächsten MRT-         hibitor-Therapie, welche erst durch eine zielgerichtete
Untersuchungen ab, dass der Tumor offenbar noch         Forschung möglich geworden ist und zu deren Teil
nicht besiegt war. Im Dezember 2019 dann die er-        wir geworden sind. _Familie Bühring

                                                                               SCHMETTERLING 137/138 | 21
FÖ RD ERPRO JEK TE FO R SCHU N G

   FORSCHUNGS-UPDATE

   AG Horstmann: Neues zur ALL

         Die akute B-Vorläufer lymphoblas-                      ZNF423 –
   tische Leukämie (ALL) ist der häufigste                      DER UNTERSCHÄTZTE PLAYER BEI DER LEUKÄMOGENESE?
   Krebs im Kindesalter, bei der die Reifung                         Im Rahmen aktueller Forschungen beobachteten Professor
   bestimmter weißer Blutkörperchen – der                       Horstmann und sein Team die breite Prävalenz und den Einfluss
   B-Zellen oder B-Lymphozyten – gestört ist.                   von ZNF423 auf die differentielle Genregulation in verschie-
   Ein bedeutender Transkriptionsfaktor für                    denen Subtypen der primären menschlichen ALL. "Mit Hilfe
   die B-Zelldifferenzierung ist EBF1 (early                    der CRISPR-Cas9-Technologie haben wir ein zelluläres Modell
   B-cell factor 1), der durch eine abnormale                   der Pro-B-Leukämie entwickelt, das zeigt, wie ZNF423 die
   Expression des Zinkfingerfaktors ZNF423                      Lebensfähigkeit der Zellen verringert resp. das Überleben von
   gehemmt werden kann. Die zugrundelie-                        Mäusen verlängert werden kann, wenn diese mit Zellen, denen
   genden molekularen Mechanismen sind bis                      ZNF423 fehlte, xenotransplantiert wurden“, erläutert Professor
   heute jedoch weitestgehend unklar. Das                       Horstmann. Neben der Kartierung des genomweiten Bindungs-
   Forscherteam von Professor Martin Horst-                     musters vertieften die Wissenschaftler ihre Erkenntnisse zu
   mann beschäftigt sich seit Jahren intensiv                   den verschiedenen epigenetischen Markierungen der durch
   mit der Rolle des Zinkfingers ZNF423 auf die                 ZNF423 gebundenen Genomregionen und ihrer entsprechenden
   Pathogenese der ALL und konnte in früheren                   Transkriptome - auch im Hinblick auf den Einfluss von ZNF423
   Arbeiten bereits eine gestörte epigeneti-                    auf die Transkriptionsprogramme von EBF1 und dem ebenfalls
   sche und transkriptionelle Regulation des                    von ZNF423 gebundenen SMAD1/4. Wir verstehen nun besser,
   Zinkfingerfaktors 423 als einen möglichen                    welche Genaktivitäten dieses Protein im Kontext der B-Linie
   Mechanismus identifizieren, der die B-Zell                   reguliert, welche Zielgene durch ZNF423 beeinflusst werden.
   Differenzierung hemmt und an der Entste-                     Das stärkt unsere Annahme, dass ZNF423 eine bisher unter-
   hung der ALL kausal beteiligt ist.                           schätzte Rolle bei der Leukämogenese spielt“, so Professor
                                                                Martin Horstmann. Das wiederum lässt auf neue, zukünftige
                                                                Therapiekonzepte bei der kindlichen Leukämie hoffen.

   Genome-wide interference of ZNF423 with B-lineage transcriptional circuitries in acutelymphoblastic leukemia
   Pablo Iglesias, Ann-Christin Puller, Marcos Seoane, Michael Spohn, Sabine Raasch, Marianne Klokow, Jürgen Müller, Lia Burkhardt,
   Daniela Indenbirken, Martin A. Horstmann
   Journal: Blood Advances, Blood Advances (2021) 5 (5): 1209–1223., DOI: https://doi.org/10.1182/bloodadvances.2020001844

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