Enterprise 2.0 im Intranet der Raiffeisen Gruppe
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Enterprise 2.0 im Intranet der Raiffeisen Gruppe Stimmt AG | Lukas Karrer | 2009 RSS, Ajax, Mashups und „Social Software“ – sie haben sich im Internet äusserst erfolgreich durchgesetzt. Doch wie können Unternehmen die Prinzipien des "Web 2.0" auch im Intranet nutzen? Dies ist seit geraumer Zeit eines der zentralen Themen bei Raiffeisen Schweiz. Mit der Einführung einer persönlichen Startseite à la "iGoogle", dem Telefonverzeichnis mit "Facebook" oder "Xing"!Charakter sowie dezentraler Inhaltsverwaltung ! ähnlich einem Wiki ! wurden wichtige Innovationsschritte unternommen, die nicht nur intern wegweisenden Charakter haben dürfte. Die rund 9’000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Raiffeisen wollen über Unternehmensnews, Produkte, Regulatorien, Ansprechpartner etc. immer aktuell informiert sein. Sie sind über die ganze Schweiz verteilt. Hinzu kommt, dass die drittgrösste Bankengruppe der Schweiz sehr dezentral organisiert ist. Jede der 367 Raiffeisenbanken ist unabhängig. Diese Struktur stellt die interne Kommunikation vor grösste Herausforderungen. Zentrales Hilfsmittel ist das RAIweb, das Intranet der Raiffeisen Gruppe. Es ist als integratives Portal zu allen unternehmensrelevanten Inhalten positioniert. Mit RAIweb haben die Mitarbeitenden einen zentralen Zugang zu allen für ihre Arbeit benötigten Inhalten und Applikationen. Die Hälfte greift auch via Webtechnologie über das Intranet auf E-Mail und Kalender zu. Ziel ist es, diese zentrale Informationsplattform laufend zu optimieren. Dabei griffen die Entwickler auf die Prinzipien und Errungenschaften von Web 2.0 zurück. Startseite nach persönlichen Bedürfnissen dank RSS Die neue Startseite soll den Mitarbeitenden einen schnellen Zugriff auf relevante Inhalte und Funktionalitäten ermöglichen. Dabei steht nicht nur die Verknüpfung interner Inhalte im Fokus, sondern es werden auch externe Inhalte via RSS Feeds aggregiert und aufbereitet. Zudem ermöglicht die Startseite direkten Zugriff auf Eingabemasken von viel genutzten Applikationen. Dies alles auf einer einheitlichen – für alle Mitarbeitenden gleichen – Startseite zu realisieren, ist ein Ding der Unmöglichkeit. Die Profile und Bedürfnisse der User sind so verschieden, dass eine "one!size!fits!all"!Strategie zum Scheitern verurteilt ist. Aus diesem Grund wurde «Meine Seite», eine personalisierbare Intranet!Startseite à la iGoogle und netvibes entwickelt, die es den Usern ermöglicht, Inhalte ihren Bedürfnissen entsprechend masszuschneidern. Die User können sich aus einem breiten Angebot an Portlets die Inhalte und Funktionalitäten nach Belieben zusammenstellen und sie in mehreren, frei definierbaren Tabs organisieren. Damit kann jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter einen eigenen definierbaren Informationsraum gestalten.
Um die User nicht mit einer gänzlich neuartigen Startseite zu überfordern, wird «Meine Seite» als neue Startseite in zwei Schritten eingeführt. Im ersten Schritt wurde die neue Funktionalität parallel zur bestehenden Startseite angeboten. Weniger versierte User hatten so genügend Zeit, sich an die neuen Funktionalitäten zu gewöhnen. Power!User konnten frühzeitig die neuen Möglichkeiten ausloten und Feedback geben, das sofort in die Entwicklung aufgenommen wurde. Erst in einem zweiten Schritt haben die Benutzer die Möglichkeit, die bisherige Startseite durch «Meine Seite» zu ersetzen. Nie hat der Benutzer dabei eine leere Seite gesehen. Das Intranet Team definierte eine sinnvolle Vorauswahl, so dass auch weniger geübte User von «Meine Seite» profitieren konnten. Die Nutzung von «Meine Seite» sieht bereits im ersten Schritt vielversprechend aus. So nutzten bereits 2 Monate nach der Einführung rund 20% der Mitarbeitenden die Funktionalität mehrmals täglich, obschon diese noch nicht als Startseite definiert werden konnte. Mehr als die Hälfte aller User haben zudem Portlets hinzugefügt oder entfernt. Neben der hohen Akzeptanz bei den Usern stösst das Angebot auch bei internen Applikationsverantwortlichen auf grosse Resonanz. Die Portlets basieren auf einer offenen Schnittstelle. So kann jede interessierte Partei eigene Erweiterungen anbieten, die von den Usern auf die Startseite eingebunden werden können. Dem stetigen Wunsch nach «Platz auf der Startseite» des Intranets wird so nachgekommen. Grosse Profiteure sind dabei die Nutzer, die von Monat zu Monat mehr arbeitsrelevante Funktionalitäten auf ihrer Startseite erhalten. Bankeigene Wikis als dezentrale Intranets Jede eigenständige Raiffeisenbank und viele Unternehmenseinheiten von Raiffeisen Schweiz wünschen natürlich ihr eigenes Intranet. Erfahrungsgemäss leiden die Informationskonsumenten stark unter dem Vorhandensein mehrerer Intranets. Das Zusammensuchen der benötigten Inhalte wird zur Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Um den Bedürfnissen der Raiffeisenbanken trotzdem gerecht zu werden, wurde das Konzept Stimmt AG | Enterprise 2.0 im Intranet der Raiffeisen Gruppe 2
«Meine Bank» entwickelt. In einer vorgegeben, einheitlichen Struktur erhalten die Banken die Möglichkeit, eigene Sub!Intranets anzulegen. Diese lassen sich je nach Einstellung wie Wikis von jedem Mitarbeitenden bearbeiten. Auf die benutzerfreundliche und einfache Gestaltung der Oberfläche wurde besonderen Wert gelegt – mit durchschlagendem Erfolg. Mittlerweile nutzen über 240 Banken die Möglichkeit eines "eigenen Intranets" ohne je eine Schulung erhalten zu haben. Die Funktionalität ist so einfach umgesetzt, dass auch weniger geübte Mitarbeitenden mit wenigen Klicks das bankeigene Intranet erstellen und pflegen können. Die Raiffeisenbanken publizieren so interne News und Termine für ihre Mitarbeitenden. Zudem können sie so schnell Inhalte allen Mitarbeitern zur Verfügung stellen, von den internen Protokollen bis zur Bildgalerie des letzten Kundenanlasses. Telefonbuch als zentrale Drehscheibe Das Telefonbuch ist seit jeher die wichtigste Funktionalität im Intranet. Immer mehr Mitarbeitende nutzen jedoch Plattformen wie XING oder Facebook, um sich zu vernetzen. Es ist nahe liegend, diese Funktionalität in reduzierter Form auch intern zur Verfügung zu stellen. Das Telefonbuch im RAIweb wurde mit verschiedenen Funktionalitäten aus dem "Social Web" angereichert und ist als zentrale Datendrehscheibe positioniert. Wo auch immer möglich, aggregiert das Telefonbuch Daten über Mitarbeitende, welche sonst ungenutzt in Drittsystemen schlummern. Zum Beispiel wird das Umfeld eines jeden Mitarbeitenden angezeigt: Vorgesetzte und Mitarbeitende aus dem HR-System, die Büronachbarn direkt aus den Daten des Facility Managements. Mitarbeitende haben zudem die Möglichkeit, ihre eigene Seite im Telefonbuch mit ihrem Profil zu erweitern. Insbesondere Informationen zu Assistenzen, Anwesenheiten, Projekten oder Aufgaben, die nicht aus einem Drittsystem bezogen werden können, werden von den Mitarbeitenden selbst gepflegt. Äusserst nützliche Funktionalitäten wie beispielsweise die «Bitte um Rückruf», die eine automatisierte E!Mail auslöst oder die direkte Anzeige des Kalenders der entsprechenden Person runden das "Telefonbuch 2.0" ab. Anreize für die Nutzung und Pflege der eigenen Daten wurden aus der Motivationspsychologie entlehnt. So sehen Mitarbeitende beispielsweise nur die Bilder anderer Mitarbeitenden, wenn sie selbst ein Bild hochgeladen haben. Bereits wenige Wochen nach der Einführung haben über 2'000 Mitarbeitende ihr Profil mit einem Foto vervollständigt. Stimmt AG | Enterprise 2.0 im Intranet der Raiffeisen Gruppe 3
PHP, Ajax und Web 2.0 – auch mit bestehendem CMS Bei modernen Funktionalitäten wie konfigurierbare Startseite, Profile oder Wikis erwarten die User, dass sich diese auch im Intranet wie die entsprechenden Pendants im Internet anfühlen. Trotzdem wollte Raiffeisen das bestehende Lotus Notes basierte CMS you@web nicht einfach auswechseln. Aus diesem Grund basiert die neue Funktionalität auf einer neu erstellten PHP!Umgebung, die sich nahtlos ins bestehende CMS integriert. Benutzer merken nicht, wann sie sich auf welchem System bewegen. Durch den Einsatz von Ajax!Bibliotheken wie der Yahoo! User Interface Library (YUI [1]) wird der Entwicklungsaufwand nicht nur minimiert, sondern auch die User Experience an state of the art!Interaktionen angelehnt. Schnittstelle zwischen bestehendem CMS und PHP Framework sind offene Standards. Mittels ATOM werden Abonnemente auf Inhalte, interne Newsfeeds aus dem CMS, auf die personalisierbare Startseite gebracht. Eine webbasierte Single!Sign!On!Schnittstelle zu IBM Lotus Domino sorgt für transparente Authentifizierung und Authorisierung. So kann einerseits auf bestehende Komponenten zurückgegriffen werden, andererseits aber auch die Investition in das CMS weiter genutzt werden, ohne sich einzuschränken und allzu stark an das Produkt zu binden. Agile Entwicklung der Erweiterungen mit UCD und Scrum Innovativ am Intranet der Raiffeisen Gruppe ist nicht nur dessen Funktionalität, sondern auch die Art und Weise, wie die Weiterentwicklungen zustande kommen. Ein interdisziplinäres Projektteam aus internen Wissensträgern, Entwicklern der Web 2.0 Experten von Liip, sowie den User Experience Spezialisten von Stimmt haben mit dem agilen Vorgehensmodell Scrum die Erweiterungen trotz vieler Schnittstellen innerhalb kürzester Zeit umgesetzt. Das benutzerzentrierte Vorgehen (User Centered Design) – kombiniert mit der agilen Umsetzung des Scrum!Ansatzes [2] – erweist sich als höchst erfolgreich. So benötigte Raiffeisen vom Startschuss der Konzeption mit User!Interviews bis zum erfolgreichen Launch des Telefonbuches keine sechs Monate. Insbesondere dank dem Vorgehen nach Scrum wird konstant auf das einfach Realisierbare fokussiert. User!Einbezug, Konzeption, Umsetzung und User!Testing erfolgten Hand in Hand. User!Experience im Zentrum bringt ausgewiesenen Erfolg Die jährlich durchgeführte Erfolgsmessung mittels des frei verfügbaren ISQ Intranet Benchmarks [3] belegt den Erfolg der Vorhaben. Neben der agilen und benutzerzentrierten Vorgehensweise trägt der Fokus auf die User Experience wesentlich zum Erfolg bei. Benutzerfreundliche Funktionalitäten helfen wenig, wenn diese aufgrund der Kultur oder des Einsatzes nicht oder nur wenig genutzt werden. Bei der Nutzung von RAIweb erfährt der User eine hohe Selbstverantwortung und wenig Bevormundung. Auf «Meine Seite» gibt es beispielsweise keine Restriktionen oder Pflichtinhalte. Durch die Möglichkeit der dezentralen Inhaltspflege in den Banken! oder Bereichs!Wikis wird jeder User in die Verantwortung genommen. Aktualität und Korrektheit der Inhalte sind nicht mehr nur Sache eines zentralen Publishing!Teams – jeder Mitarbeitende trägt zur Verbesserung des Instruments bei. Während der Konzeption der Funktionalitäten stehen die Bedürfnisse und Einstellungen der Mitarbeitenden immer im Vordergrund. Durch den konsequenten Fokus auf die User werden politische Entscheide oder "Featuritis" vermieden. Umgesetzt wird nur das, was die User wirklich benötigen und nicht "was auch noch spannend wäre". Stimmt AG | Enterprise 2.0 im Intranet der Raiffeisen Gruppe 4
Weiterentwicklung steht nicht still Auch wenn der Umfang und die Möglichkeiten von RAIweb bereits auf einem sehr hohen Niveau angelangt sind, ist das Intranet Team stets bemüht, den Business!Nutzen des Intranets weiter auszubauen. Derzeit steht neben der fortwährenden Entwicklung von Portlets für die Startseite und dem Ausbau und der Optimierung der bisherigen Funktionalität ein weiterer grösserer Schritt an. Bei Raiffeisen läuft die Geschäftsabwicklung nicht nur über den festen Arbeitsplatz. Immer mehr kommen auch mobile Endgeräte wie BlackBerrys zum Einsatz. Die Unterstützung mobiler Mitarbeitender, die von unterwegs auf das Intranet und dessen Applikationen zugreifen möchten, ist als nächstes grösseres Vorhaben geplant. RAIweb Startseite als Open Source auch anderen Unternehmen zugänglich Die wohl ungewöhnlichste Innovation eines Schweizer Banken!Intranets ist dessen Veröffentlichung des Source Codes. Der Code der RAIweb iGoogle Startseite ist unter einer LGPL (Lesser Gnu Public License) auch anderen interessierten Unternehmen zugänglich. Wieso sollte eine solche Entwicklung innerhalb der Grenzen eines einzelnen Unternehmens bleiben, wenn eine Community als Ganzes ein solches Projekt zum Nutzen aller weiterentwickeln kann? Raiffeisen und Liip als Entwicklerfirma erhoffen sich ganz im Geiste des partizipativen Gedankens von Web 2.0, dass möglichst viele Unternehmen das Produkt einsetzen. So können alle von einem unabhängigen, state of the art!Produkt profitieren, das von einer breiten Basis eingesetzt und laufend den aktuellen Bedürfnissen angepasst wird. Der Source Code wurde am 3. Juni 2009 veröffentlicht. Weitere Infos zu diesem Projekt finden Sie zu diesem Zeitpunkt unter http://picok.liip.ch. [1] http://developer.yahoo.com/yui/ [2] http://de.wikipedia.org/wiki/Scrum [3] http://www.intranetsatisfaction.com !"#$%&#' ()*+$ Lukas Karrer, Gründungspartner von Stimmt, berät seit über 11 Jahren Klienten in Intranetprojekten. Neben seinem Engagement für Klienten publizierte er Intranet-Studien und betreibt in Zürich seit einigen Jahren eine Austauchplattform für Intranet-Manager. Er ist davon überzeugt, dass ein benutzerzentrierter Ansatz für Intranetprojekte der Schlüssel zum Erfolg ist. Sowohl Nutzer als auch Unternehmen können von Intranets profitieren, die ökonomisch Sinn machen und einfach zu benutzen sind. !"#$%&,#%-.,//#,0#'%1$)22# Raiffeisen als drittgrösste Bankengruppe der Schweiz gehört heute zu den führenden Schweizer Retailbanken. Die 367 genossenschaftlich strukturierten Raiffeisenbanken mit 1155 Bankstellen zählen drei Millionen Kundinnen und Kunden. Davon sind 1,5 Millionen Genossenschafter und somit Mitbesitzer ihrer Raiffeisenbank. Die rechtlich autonomen Raiffeisenbanken sind in der in St. Gallen domizilierten Raiffeisen Schweiz Genossenschaft zusammengeschlossen. Diese hat die strategische Führungsfunktion der gesamten Raiffeisen Gruppe inne, ist für die gruppenweite Risikosteuerung verantwortlich und koordiniert Aktivitäten der Gruppe, schafft Rahmenbedingungen für die Geschäftstätigkeit der örtlichen Raiffeisenbanken und berät und unterstützt sie in sämtlichen Belangen. Stimmt AG | Enterprise 2.0 im Intranet der Raiffeisen Gruppe 5
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