Epidemiologisches Bulletin 13 2021 - RKI
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AKTUELLE DATEN UND INFORMATIONEN ZU INFEKTIONSKRANKHEITEN UND PUBLIC HEALTH 13 Epidemiologisches 2021 Bulletin 1. April 2021 Modellprognosen für die dritte Welle der SARS-CoV-2-Pandemie | COVID-19 im Schulsetting
Epidemiologisches Bulletin 13 | 2021 1. April 2021 2 Inhalt Einfluss von Impfungen und Kontaktreduktionen auf die dritte Welle der SARS-CoV-2-Pandemie und perspektivische Rückkehr zu prä-pandemischem Kontaktverhalten 3 Für die Abschätzung der voraussichtlichen Effekte der COVID-19-Impfung in der Bevölkerung in Deutsch- land und den Vergleich möglicher Strategien zur Priorisierung einzelner Bevölkerungsgruppen bei Knapp- heit der verfügbaren Impfstoffdosen wurde ein mathematisches Modell entwickelt. Es ermöglicht nicht nur die Abbildung des aktuellen Infektionsgeschehens, sondern kann über Fragestellungen zur Impfstrategie hinaus auch Strategien zur Lockerung der bestehenden bzw. die Wiederaufnahme von Kontaktbeschränkun- gen analysieren. Dabei können saisonale Effekte auf die Übertragung von SARS-CoV-2 sowie der Einfluss neuer Virusvarianten berücksichtigt werden. (Dieser Beitrag erschien online vorab am 31. März 2021.) Epidemiologie von COVID-19 im Schulsetting 23 Das Verständnis der Bedeutung von Kindern und Jugendlichen für das epidemiologische Geschehen der COVID-19-Pandemie ist wichtig, damit sich Maßnahmen daran orientieren können. Nun wurde untersucht, wie häufig Schülerinnen und Schülern zwischen 6 und 20 Jahren mit SARS-CoV-2 infiziert sind und wie oft es zu Schulausbrüchen kommt. Basierend auf publizierten Modellberechnungen wurde ebenfalls untersucht, welche infektionsepidemiologischen Folgen bei Wiedereröffnung der Schulen zu erwarten sind. (Dieser Beitrag erschien online vorab am 25. Februar 2021.) Aktuelle Statistik meldepflichtiger Infektionskrankheiten: 12. Woche 2021 37 Monatsstatistik nichtnamentlicher Meldungen ausgewählter Infektionen 40 Impressum Herausgeber Allgemeine Hinweise/Nachdruck Robert Koch-Institut Die Ausgaben ab 1996 stehen im Internet zur Verfügung: Nordufer 20, 13353 Berlin www.rki.de/epidbull Telefon 030 18754 – 0 Inhalte externer Beiträge spiegeln nicht notwendigerweise Redaktion die Meinung des Robert Koch-Instituts wider. Dr. med. Jamela Seedat Dr. med. Maren Winkler (Vertretung) Dieses Werk ist lizenziert unter einer Creative Commons Telefon: 030 18754 – 23 24 Namensnennung 4.0 International Lizenz. E-Mail: SeedatJ@rki.de Nadja Harendt (Redaktionsassistenz) Telefon: 030 18754 – 24 55 Claudia Paape, Judith Petschelt (Vertretung) ISSN 2569-5266 E-Mail: EpiBull@rki.de Das Robert Koch-Institut ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit.
Epidemiologisches Bulletin 13 | 2021 1. April 2021 3 Einfluss von Impfungen und Kontaktreduktionen auf die dritte Welle der SARS-CoV-2-Pandemie und perspektivische Rückkehr zu prä-pandemischem Kontaktverhalten Allgemein/Einleitung sitionen zwischen den einzelnen Kompartimenten Für die Abschätzung der voraussichtlichen Effekte sind in Form eines Differenzengleichungsmodells der COVID-19-Impfung in der Bevölkerung in mit Zeitschritten von einem Tag umgesetzt. Deutschland und den Vergleich möglicher Strate gien zur Priorisierung einzelner Bevölkerungsgrup- Zu jedem Zeitpunkt wird die Bevölkerung in Kom- pen bei Knappheit der verfügbaren Impfstoffdosen partimente unterteilt, die die verschiedenen Stadien wurde ein mathematisches Modell entwickelt. Das des Krankheitsverlaufs abbilden: Suszeptible (S), In- Modell ermöglicht es, das aktuelle Infektionsge- fizierte in der Inkubationsphase (E), präsymptoma- schehen abzubilden und darauf aufbauend kontra- tische (P), symptomatische (I) und asymptomati- faktische Analysen durchzuführen, um evidenzba- sche (A) Personen. Zwei weitere Kompartimente bil- sierte Entscheidungen zu treffen. Über Fragestel- den die Anzahl der hospitalisierten (H) und auf- lungen zu Impfstrategien hinaus können mit Hilfe grund von COVID-19 verstorbenen Personen (D) ab. des Modells auch Strategien zur Lockerung der be- Verschiedene Studien zur Seroprävalenz geben stehenden bzw. die Wiederaufnahme von Kontakt- Hinweise darauf, dass in Deutschland eine Dunkel- beschränkungen analysiert werden. Dabei können ziffer unentdeckter Fälle existiert, die nicht in den saisonale Effekte auf die Transmission sowie der Meldefällen erfasst wird. Um dies im Modell zu be- Einfluss neu auftretender mutierter Varianten von rücksichtigen, werden die oben genannten Kompar- SARS-CoV-2 (variants of concern; VOC) berücksich- timente repliziert und bilden einen Quarantäne- tigt werden. bzw. Meldearm. Diese Q-Kompartimente bilden also jene Personen ab, die sich im entsprechenden Krankheitsstadium befinden und in den Meldeda- Methode ten erfasst sind. Damit geht einher, dass sich diese Um die Transmissionsdynamik von SARS-CoV-2 zu Personen bis zu einem gewissen Grad in Quaran modellieren, wurde ein deterministisches Kompar- täne bzw. Isolation befinden, da sie von ihrer Infek- timentmodell für die Gesamtbevölkerung in tion wissen. Damit dienen die Q-Kompartimente Deutschland erstellt. Die Modellpopulation wird da- den gemeldeten Fallzahlen, während in den ande- bei sowohl in Altersgruppen als auch nach Vorer- ren Kompartimenten die unentdeckten Infektionen, krankungen in Risikogruppen eingeteilt. Die struk- die sogenannte Dunkelziffer, abgebildet werden. turellen Elemente dieses mathematischen Modells umfassen neben den Bevölkerungsgruppen den Die Verteilung der Infizierten in den Arm der Dun- natürlichen Krankheitsverlauf von COVID-19, Mus- kelziffer oder den Meldearm der Q-Kompartimente ter von Kontakt- und Schutzverhalten sowie Module wird über zwei Parameter gesteuert. Zunächst wer- zu verschiedenen Impfstoffen und Impfstrategien. den Neuinfektionen in E bzw. QE aufgeteilt. Dies spiegelt grob die Kontaktnachverfolgung wieder, da Modellstruktur hier infizierte Personen, die als Kontaktpersonen Das Modell ist ein dynamisches Transmissionsmo- von bereits gemeldeten Fällen bekannt sind, gemel- dell, das den Verlauf des Infektionsgeschehens auf det werden bevor sie infektiös sind oder Symptome Bevölkerungsebene modelliert. Die grundsätzliche zeigen. Die Verteilung in E oder QE wird über einen Struktur ist ein erweitertes SEIR (engl. Susceptible Parameter ω gesteuert, der an die Teststatistik ge- Exposed Infectious Recovered) Modell. Die Tran- koppelt ist. Mit Hilfe der Anzahl der täglich durch-
Epidemiologisches Bulletin 13 | 2021 1. April 2021 4 geführten Tests und dem prozentualen Anteil der heitsverlauf und zur Übertragung (z. B. Inkubati- positiven Tests wird die altersabhängige Positivrate onszeit, Infektiosität vor und nach Einsetzen der bestimmt, d. h. die Wahrscheinlichkeit einer Symptome) wurden mittels einer Meta-Regression SARS-CoV-2-Infektion gegeben eines durchgeführ- alterstratifizierte Werte aus wissenschaftlichen Arti- ten Tests. ω korrespondiert zur Wahrscheinlichkeit keln (publiziert und Preprint) geschätzt. Dabei wur- einer SARS-CoV-2-Infektion gegeben keines durch- de für jeden Parameter ein Datensatz mit imputier- geführten Tests. Diese Wahrscheinlichkeit ist umso ten Alterswerten anhand der Altersangaben aus den niedriger je höher der Anteil an Personen einer Al- Studien erstellt. Die Meta-Analysen wurden mit die- tersgruppe ist, die an einem Tag einen Test erhalten sen Datensätzen mittels random-effects Modellen haben. Dieses Vorgehen ermöglicht dem Modell, durchgeführt, um altersspezifische Werte für die zeitabhängig und altersspezifisch die Dunkelziffer Parameter zu ermitteln. Modellparameter zu Hos- zu approximieren. Als zweiter Parameter steuert ξ pitalisierung, Dauer des Krankenhausaufenthaltes den Anteil der symptomatischen Personen, die aus und Mortalität wurden spezifisch für Deutschland dem I-Kompartiment ins QI-Kompartiment überge- anhand der SurvNet-Daten geschätzt. Die Belegung hen. Dies entspricht denjenigen Personen, die bis der intensiv-medizinischen (ITS-) Betten wird nicht zum Auftreten der Symptome nicht von ihrer Infek- im Modell selbst, sondern im Nachhinein auf tion wissen und erst aufgrund der Symptomatik ge- Grundlage der Anzahl der hospitalisierten Personen testet werden. berechnet. Hierfür wurde ein alters-unspezifischer Anteil von 10 % der hospitalisierten Meldefälle ge- Modellparameter nutzt, für den eine ITS-Behandlung gemeldet wur- Um die festen Parameter des Modells zu informie- de. Die Liegedauer dieser Patienten wurde, eben- ren, wurde eine Literaturrecherche in öffentlich zu- falls auf Basis der Meldedaten, um 25 % erhöht. Die gänglichen und RKI-internen Datenbanken durch- Kapazitätsgrenzen der ITS-Betten wurden auf geführt. Für die meisten Parameter zum Krank- Grundlage der Zahlen des DIVI-Registers berech- Dunkelziffer P I µ φ ρ E η (1 − ρ) ξ (1 − ω) A 1−o ν S R FOI ω QA 1−o (1 − δ) (1 − ρ) D o δ QE η ρ 1−γ QP QI H φ µ γ ψ Meldearm Abb. 1 | Schematische Modellstruktur: Das Modell umfasst Kompartimente für Suszeptible (S), Infizierte in der Inkubations phase (E), präsymptomatische (P), symptomatische (I) und asymptomatische (A) Personen, sowohl für die gemeldeten Fälle (Q) als auch unentdeckte Fälle. Weitergehend wird bei gemeldeten Fällen in hospitalisierte (H) und verstorbene (D) Personen unterschieden. In beiden Armen landen Personen nach durchgemachter Infektion in einem Kompartiment für genesene Personen, dass je nach Nachweismöglichkeit von Antikörpern aufgeteilt ist (RS, R).
Epidemiologisches Bulletin 13 | 2021 1. April 2021 5 Parameter Werte (Median über das Alter) Quelle η Altersspezifische Inkubationszeit 6,8 Tage Meta-Regression basierend auf 12 Studien3–14 Infektiosität der asymptomatischen Fälle relativ 23,1 % Meta-Analyse15 zu symptomatischen Fällen Infektiosität der präsymptomatischen Fällen 69,2 % Meta-Analyse15 relativ zu symptomatischen Fällen Reduktion der Kontakte von Infizierten in 95 % Annahme Quarantäne µ Altersspezifische Dauer der Infektiosität der 3,6 Tage Meta-Regression basierend auf 8 Studien16 – 23 symptomatischen Fällen ν Altersspezifische Dauer der Infektiosität der 2,1 Tage Meta-Regression basierend auf 10 Studien24 – 33 asymptomatischen Fälle ϕ Altersspezifische Dauer der Infektiosität der 2,13 Tage Meta-Regression basierend auf 3 Studien34 – 36 präsymptomatischen Fälle ρ Altersgruppenspezifischer Anteil asymptoma 18,4 % Meta-Regression basierend auf 22 Studien16,30,31,37– 55 tischer Infektionen bei allen Infizierten γ Altersgruppenspezifische Hospitalisierungsrate 0,09 [0,04 – 0,38] Geschätzt basierend auf SurvNet-Daten bei Infizierten ψ Altersgruppenspezifische Dauer des Kranken- 15,4 Tage [9,1 – 21,6] Geschätzt basierend auf SurvNet-Daten hausaufenthaltes δ Altersgruppenspezifische Krankenhausletalität 8,5 x 10 – 3 [6,65 x 10 – 3 – 99,2 x 10 – 3] Geschätzt basierend auf SurvNet-Daten ο Altersgruppenspezifische häusliche Letalität 1,16 x 10 – 3 [6,98 x 10 – 5 – 5,87 x 10 – 2] Geschätzt basierend auf SurvNet-Daten Tab. 1 | Werte für die fixierten Parameter im Modell. Bei alters- und/oder Risikogruppen-stratifizierten Parametern wird der Median und der Wertebereich angegeben. net.1 Dabei wurden nicht-COVID-Fälle von der Kapa- talisierung und Mortalität berücksichtigt. Die Hos- zitätsgrenze abgezogen. Hinsichtlich der Mortali- pitalisierungswahrscheinlichkeit ist um den Faktor tätsrate außerhalb des Krankenhauses wird auf- 1,8 für Personen mit moderatem Risiko und um den grund der Krankenhausdaten von 2020 angenom- Faktor 2,2 für Personen mit hohem Risiko erhöht. men, dass 25 % der COVID-19 attributablen Todes- Die Letalität der beiden Gruppen ist um die Fakto- fälle nicht im Krankenhaus auftreten.2 ren 1,4 bzw. 1,8 erhöht. Insgesamt ergeben sich da- mit 36 Modellbevölkerungsgruppen. Diese Stratifi- Bevölkerungsstruktur zierung erlaubt es einerseits, die bisher beobachtete Die Modell-Bevölkerung ist in zwölf Altersgruppen Transmissionsdynamik möglichst gut anhand des stratifiziert: 0 – 15, 16 – 29, 30 – 39, 40 – 44, 45 – 49, Modells abzubilden und andererseits, die Effekte 50 – 54, 55 – 59, 60 – 64, 65 – 69, 70 – 74, 75 – 79, und von gezielten alters- und risikospezifischen Impf- 80 – 100 Altersjahre. Zusätzlich werden drei Ge- strategien unter Verwendung verschiedener Impf- sundheitsrisikogruppen betrachtet: kein erhöhtes stoffe zu evaluieren. Risiko, moderates Risiko und hohes Risiko. Die Ri- sikogruppen wurden basierend auf Vorerkrankun- Infektionsdruck gen gebildet, die jeweils mit einem erhöhten Risiko Die Übertragung von SARS-CoV-2 wird auf Basis für einen schweren Verlauf von COVID-19 assozi- eines sogenannten Infektionsdrucks (engl. Force of iert sind. Diese Vorerkrankungen wurden mittels ei- Infection; FOI) bzw. der effektiven Kontaktrate mo- ner durch das RKI durchgeführten systematischen delliert. Die effektive Kontaktrate stellt die Kombi- Analyse in Form eines sogenannten umbrella review nation der altersspezifischen Transmissionswahr- identifiziert. Im Modell ist pro Altersgruppe der pro- scheinlichkeit pro Kontakt und der Kontakthäufig- zentuale Anteil der drei Risikogruppen definiert, keit zwischen den verschiedenen Alters- und Vorer- wobei diese Prävalenzen der Vorerkrankungen für krankungsgruppen dar. Um die Anzahl der Kontakte jede Risikogruppe basierend auf Krankenkassenda- zwischen den verschiedenen, modellierten Gruppen ten geschätzt wurden. Im Modell werden für die zu spezifizieren, wurde eine sogenannte Kontakt Vorerkrankungsgruppen relative Risiken für Hospi- matrix mittels Daten aus der POLYMOD-Studie56 für
Epidemiologisches Bulletin 13 | 2021 1. April 2021 6 Prävalenz (%) 100 100 75 75 Prävalenz (%) 50 50 25 25 bi 24 e bi 39 e 1 J is 9 J e 7 b s 5 hre hr b 59 re bi 64 re bi 69 re bi 74 re bi 79 re s 6 5 b 99 re e Ja e s 2 re 25 4 Ja re e 4h0re 9 J hre s 4 re 50 9 Jahre e Ja re e Ja re e Ja e e Ja e e Ja e e Ja re e e 12 bis ahr 18 is ahr r hr 7 hr hr hr hr hr 4 hr hr 9 hr hr 4 hr hr hr hr 00 ah h h 60hrebis Jah 65 is ah 70 bis ah h h h ah 54 ah h 79 ah Ja Ja a bi Ja a s 1 Ja s 2 Ja 3 a e 4 a s 5 Ja s 6 Ja s 6 Ja s 7 Ja Ja J J J J J J J J e is J is J 18 17 4 40 39 9 s 2 55 54 9 4 7h0re 69 75 e 74 80 79 99 Ja is 4 9 e 9 9 6 is 6 s 3 6 is 5 s1 5b 4 hr 9 s s hr is e is Ja 0 s 4 bis is s 5h5re is s Ja s bi bi s 1 40 bi 4 5 bi bi bi i 4 bi b Ja b hr b b b 0 – 11 12 – 17 18 – 24 25 – 39 40 – 49 50 – 54 55 – 59 60 – 64 65 – 69 70 – 74 75 – 79 80 – 99 b eb b Ja b e e hr 8h0r hr hr 55 9 0 0 Ja75 18 25 60 s5 5 9 0 Ja 5 s7 0 2 7 6 s5 7 5 a Ja Ja Ja Ja bi 8 Jahre Jahre Jahre Alter Jahre Alter Alter Jahre Jahre Jahre Jahre Jahre Jahre Jahre Jahre 4 9 9 9 s6 s4 s7 s9 bi bi bi bi bi bi bi bi bi bi bi 0 12 50 55 25 70 75 18 40 60 65 80 Risiko Risiko kein Risiko Risiko kein kein moderatesmoderates moderates kein hohes hohes moderates hohes hohes Alter Alter Risiko kein moderates hohes Abb. 2 | Relative Gruppengrößen der Modellbevölkerung nach Alter und vorerkrankungsbedingtem Risiko für einen schweren Verlauf basierend auf Auswertungen von GKV-Routinedaten des Zentrums für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung (ZEGV) und des Institut für angewandte Gesundheitsforschung Berlin (InGef). Deutschland geschätzt. Diese wurde um eine Kon- diglich die Anzahl von Bruchpunkten ist vorgege- taktmatrix ergänzt, die die Kontakthäufigkeit von ben. In dem dargestellten Modell wird davon ausge- Personen in Alten- und Pflegeheimen abbildet. In gangen, dass im Beobachtungszeitraum insgesamt Verbindung mit der Anzahl der infektiösen Perso- sechs Bruchpunkte existieren. nen je Alters- und Vorerkrankungsgruppe zum Zeit- punkt t0 kann hierüber die FOI und die damit ver- Weitere freie Parameter sind die Anzahl der initial bundene Anzahl der Neuinfektionen zum Zeitpunkt Infizierten zum Modellbeginn am 01.02.2020, das t1 berechnet werden. Die Infektiösität unterscheidet relative Risiko einer SARS-CoV-2-Infektion ohne sich dabei zwischen asymptomatischen, präsympto- Test und die Anzahl an zusätzlichen Kontakten von matischen und symptomatischen Personen. Bewohnern in Alter- und Pflegeeinrichtungen. Für die Parameterschätzung wurden altersstratifizierte Replikation des bisherigen Pandemieverlaufs Daten zu gemeldeten SARS-CoV-2-Infektionen und Um den bisherigen Verlauf des Infektionsgesche- Sterbefällen im Zeitraum vom 01.02.2020 bis hens in Deutschland abzubilden, schätzt das Modell 28.02.2021 verwendet. Die freien Parameter werden eine Reihe von freien Parametern. Hierzu gehören im Rahmen eines bayesianischen Ansatzes ge- zunächst die sogenannten Bruchpunkte in der FOI. schätzt. Dieser produziert ein Set von statistisch Dabei wird die Transmissionsrate, die durch das plausiblen Parameterkombinationen, die das beob- Modell anhand von verfügbaren Daten zur bisheri- achtete Infektionsgeschehen in Deutschland am gen COVID-19-Krankheitslast geschätzt werden besten reproduzieren können. Dabei fließen die soll, über gewisse Zeiträume hinweg als konstant altersstratifizierten, gemeldeten Fälle und Todesfälle angenommen. Diese Zeiträume sind jeweils durch gleichberechtigt in die Likelihood-Funktion ein. Bruchpunkte voneinander getrennt, wobei die zeit- Mittels einer Fortführung der so geschätzten Trans- liche Lage dieser Bruchpunkte ebenfalls vom Mo- missionsrate und unter Berücksichtigung der Aus- dell kalibriert wird. Zum Zeitpunkt eines Bruch- wirkungen des einsetzenden Impfgeschehens in punkts kann die Transmissionsrate auf ein neues Deutschland lassen sich Aussagen über den erwar- Niveau springen, um so eine zeitlich variierenden teten zukünftigen Verlauf der Pandemie für ver- Ausbreitungsgeschwindigkeit zu ermöglichen. Le- schiedene Impfszenarien treffen.
Epidemiologisches Bulletin 13 | 2021 1. April 2021 7 Kontra-faktische Szenarioanalysen Herstellers CureVac wird dieser mit seinen ange- Für die kontra-faktischen Analysen werden im Prog nommenen Liefermengen ebenfalls berücksichtigt. nosezeitraum vom 01.02.2021 an zusätzliche Fakto- Die Impfstoffe der Hersteller BioNTech/Pfizer, ren hinsichtlich der Transmissionswahrscheinlich- Moderna und CureVac werden als mRNA-Impfstoffe keit berücksichtigt. Zum einen wird die Übertra- gemeinsam betrachtet und im Modell nicht unter- gungswahrscheinlichkeit über eine Sigmoid-Funk- schieden, wobei als Limitation hervorgeheben wer- tion mit der Zunahme der Häufigkeit des Auftretens den muss, dass für den COVID-19 Impfstoff von der VOC B.1.1.7 zwischen dem 11.01. und dem CureVac noch keine Wirksamkeitsdaten vorliegen. 28.03.2021 schrittweise um insgesamt 35 % erhöht. Hier wird aber aufgrund der gleichen Impfstoff- Zum anderen werden saisonale Schwankungen Technologie und vielversprechender Daten aus den ebenfalls über Sigmoid-Funktionen abgebildet. Da- Studienphasen I und II eine Gleichwertigkeit ange- bei wird eine stetige Abnahme der Transmissions- nommen. wahrscheinlichkeit insgesamt 20 % vom 01. Januar bis zum 30. Juni angenommen, bevor die Transmis- Für jeden Impfstoff wird das in Abbildung 3 be- sionsrate zum 31. Dezember wieder auf den Ur- schriebene Modell jeweils nach der ersten Dosis sprungswert zurückkehrt. Dadurch lassen sich in und je nach Impfstoff nach der zweiten Dosis ge- der FOI temporäre Einflüsse auf das Transmissions- spiegelt. Das Modell beinhaltet ebenfalls Komparti- geschehen abbilden, die über die zeitlich variieren- mente für Personen, die ihren Impfschutz nach der de Prävalenz und das variierende Kontaktverhalten ersten oder zweiten Dosis wieder verlieren (soge- hinausgehen. nanntes waning). Die Anzahl der Personen, die je Tag in die Kompartimente mit Impfschutz überge- hen, richtet sich nach der Liefermenge und der Impfung Impfkapazität. Da vor einer Impfung keine Testung Abbildung im Modell auf SARS-CoV-2-Antikörper erfolgt und auch Per- Das wesentliche Ziel des Modells ist es, den Einfluss sonen mit einer durchgemachten Infektion grund- von Impfungen auf das Infektions- und Krankheits- sätzlich geimpft werden, muss zunächst die Zahl geschehen abzubilden. Im Modell werden die der- der effektiven Impfstoffdosen berechnet werden, zeit in Deutschland zugelassenen Zwei-Dosen-Impf- d. h. die Personen, die aus dem Kompartiment stoffe der Hersteller AstraZeneca, BioNTech/Pfizer, „Suszeptibel“ in die Kompartimente „Geimpft“ Moderna und der Ein-Dosis-Impfstoff des Herstel- übergehen, entsprechen nicht der Anzahl verimpf- lers Johnson & Johnson berücksichtigt. Aufgrund ter Dosen. Die Zahl der Dosen muss vielmehr um der zu erwartenden Zulassung des Impfstoffes des die Personen in den Kompartimenten „Asympto- Abb. 3 | Schematische Darstellung von Impfkompartimenten im Modell. Für jedes der oben gezeigten Kompartimente wird die Grundstruktur des Modells aus Abbildung 1 dupliziert. (Impfwirksamkeit, engl. vaccine efficacy; VE)
Epidemiologisches Bulletin 13 | 2021 1. April 2021 8 matisch“, „Präsymptomatisch“ und „Recovered“ Wirksamkeit von 60 % gegen COVID-19 und eine reduziert werden. kumulative Wirksamkeit von 90 % gegen Hospita- lisierung berichtet, beträgt die inkrementelle Wirk- Impfwirksamkeit samkeit gegen Hospitalisierung nur 75 %. Es wird davon ausgegangen, dass sich die Wirksam- keit der Impfung aus unterschiedlichen Komponen- Für jeden Impfstoff werden die alters- und risiko ten zusammensetzt: stratifizierten Effektivitätswerte gegen SARS-CoV-2, ▶▶ Schutz vor Infektion (d. h. Reduktion der Sus- COVID-19-Erkrankungen, Hospitalisierung und die zeptibilität) Reduktion der Transmission sowohl nach der ersten ▶▶ Schutz vor einem symptomatischen Verlauf als auch nach der zweiten Impfung, d. h. nach Ab- (d. h. Reduktion des Anteils symptomatischer schluss der Impfserie, berücksichtigt. Einen Über- Fälle und Zunahme asymptomatischer Verläufe) blick über die verwendeten Werte gibt Tabelle 2. Die ▶▶ Schutz vor Hospitalisierung Daten entstammen den Zulassungsstudien und bis- ▶▶ Reduktion der Infektiösität von Personen, die her publizierten Beobachtungsstudien.57 Es wird für sich trotz Impfung infizieren alle Impfstoffe davon ausgegangen, dass die Wir- kung der Impfung 14 Tage nach der ersten Dosis Der kumulative Charakter der Wirksamkeiten ge- eintritt. Eine inkrementelle Effektivität gegen Tod gen die verschiedenen Stadien einer SARS-CoV-2- wurde aufgrund fehlender Daten nicht berücksich- Infektion werden dabei berücksichtigen. Wird tigt. Die Reduktion der beobachteten Todesfälle wird bspw. eine Wirksamkeit gegen Infektion von 80% durch die kumulativen Wirksamkeiten erreicht. angenommen, bedeutet dies, dass auch 80% der COVID-19-Fälle, 80 % der Hospitalisierungen und Liefermengen, Impfkapazitäten und -abstände 80 % der Todesfälle verhindert werden. Da in den Die Impfung beginnt im Modell mit der Verimp- klinischen Studien die kumulative Wirksamkeit für fung von mRNA-Impfstoffen am 27.12.2020. Der die einzelnen Endpunkte berichtet wird, müssen Impfstoff des Herstellers AstraZeneca folgt am die singulären Komponenten für das Modell vorab 07.02.2021. Es wird davon ausgegangen, dass der berechnet werden. Wird bspw. in einer Studie eine Impfstoff von Johnson & Johnson zum 15.04.2021 VE Infektiösität A Asymptomatische E S R Infizierte in der Suszeptible Genesen Inkubationsphase P I Präsymptomatische Symptomatische H Hospitalisiert VE VE VE SARS-CoV-2 COVID-19 Hospitalisierung Abb. 4 | Wirkungsweise von Impfungen im Modell an den Übergängen zwischen Suszeptibel (S), Inkubationszeit (E), Präsymptomatisch (P) bzw. Symptomatisch (I) und Hospitalisierung (H). Zusätzlich ist die Reduktion der Infektiösität von asymptomatischen (A) Personen abgebildet. (Impfwirksamkeit, engl. vaccine efficacy; VE)
Epidemiologisches Bulletin 13 | 2021 1. April 2021 9 Wirksamkeit gegen mRNA AstraZeneca Johnson & Prinzipiell wird im Modell angenommen, dass ge- Johnson lieferte Impfdosen ohne Verzögerung verimpft wer- SARS-CoV-2-Ansteckung 72/92 67/67 0 den. Allerdings berücksichtigt das Modell Impfka- COVID-19 (< 60 Jahre) 93/95,6 73/83 66 pazitäten, die die maximale Anzahl der täglich ver- COVID-19 (≥ 60 Jahre) 90/90 73/83 66 abreichten Dosen limitieren. Bis zum 23.03.2021 Hospitalisierung wird dabei die tatsächlich verimpfte Zahl an Dosen (< 70 Jahre) 85/87 – 100 als Impfkapazität angenommen. Ab dem 23.03.2021 Hospitalisierung wird eine Steigerung der Kapazität der Impfzentren (≥ 70 Jahre) 71/71 – 100 auf 600.000 Dosen pro Tag über 6 Wochen ange- Hospitalisierung nommen und ab dem 01.04.2021 der Beginn von (< 80 Jahre) – 94/94 – Impfungen bei niedergelassenen Ärzt*innen be- Hospitalisierung rücksichtigt. In den Praxen wird eine Steigerung der (≥ 80 Jahre) – 81/81 – Kapazität über 6 Wochen auf 1.000.000 Dosen je SARS-CoV-2-Infektiosität 25 % / 25 % / 50 % 25 % 50 % Arbeitstag, d. h. 715.000 Dosen je Wochentag ange- nommen. Tab. 2 | Parameterwerte für die kumulativen Wirksamkeiten der im Modell berücksichtigten Impfstoffe nach erster bzw. zweiter Dosis. Bei 2-Dosis Impfstoffen erlaubt das Modell zwei grundsätzliche Strategien hinsichtlich der Verwen- dung der täglich gelieferten Impfstoffe. Zum einen können diese in einer immediate-Strategie direkt lieferbar ist. Für CureVac wurde vorbehaltlich einer verimpft werden. Bei der alternativen holdback- Zulassung durch die Europäische Zulassungsbehör- Strategie wird die Hälfte der täglichen Liefermenge de eine Verfügbarkeit ab dem 01.06.2021 angenom- für die zweite Dosis zurückgelegt. Die mRNA-Impf- men. Die Liefermengen werden gleichmäßig über stoffe werden im Modell bis zum 31.01.2021 mit ei- alle Tage des angegeben Zeitraums aufgeteilt. Die nem Abstand von 35 Tagen und mit einer holdback- jeweiligen Liefermengen sind auf der Internetseite Strategie, danach mit einem Abstand von 42 Tagen des Bundesministeriums für Gesundheit abrufbar.58 und einer immediate-Strategie verimpft. AstraZeneca Gelieferte Dosen vs. Kapazitäten 1,50 Mio. 1,00 Mio. 0,50 Mio. 0,00 Mio. Jan 2021 Feb 2021 Mrz 2021 Apr 2021 Mai 2021 Jun 2021 Jul 2021 Aug 2021 Sep 2021 Impfstofflieferung mRNA AstraZeneca Johnson & Johnson Impfkapazität Gesamt Impfzentren Abb. 5 | Angenommene Impfstofflieferungen und maximale Impfkapazitäten im Modell.
Epidemiologisches Bulletin 13 | 2021 1. April 2021 10 wird bis zum 28.02.2021 mit einem Abstand von Gruppe ohne berufliche Indikation einer Priorisie- 70 Tagen und einer holdback-Strategie und anschlie- rungsstufe aufgeteilt. Innerhalb der beiden Grup- ßend mit einem Abstand von 84 Tagen und einer pen erfolgt anschließend eine proportionale Auftei- immediate-Strategie modelliert. lung in die jeweiligen Alters- und Vorerkrankungs- gruppen. Sind an einem Tag mehr Dosen aller Impfreihenfolge Impfstoffe verfügbar als in einer Gruppe benötigt Die im Modell gewählte Priorisierung von Bevölke- werden, so wird dort der Impfstoff mit der höchsten rungsgruppen für die Impfung entspricht der emp- Wirksamkeit verimpft. Die Impfung einer Priorisie- fohlenen Priorisierung der Ständigen Impfkommis- rungsgruppe ist abgeschlossen, wenn die Impfbe- sion (STIKO). Die Priorisierung wird dabei für je- reitschaft in dieser Gruppe erschöpft ist. den Zeitpunkt und für jeden Impfstoff getrennt festgelegt. Auf diese Weise kann die Impfreihenfol- Impfbereitschaft ge an aktualisierte Empfehlungen der STIKO ange- Um die Impfbereitschaft im Modell zu berücksich- passt werden. So wird der Impfstoff von Astra- tigen, wird auf die Ergebnisse der Surveys LEIA und Zeneca bis zum 07.03.2021 nur für die Bevölkerung COSMO61 zurückgegriffen. Die Surveys erfragen die unter 65 Jahren verabreicht. Ab dem 08.03.2021 Impfbereitschaft in verschiedenen Bevölkerungs- wird dieser Impfstoff gemäß der empfohlenen Prio gruppen in Abhängigkeit u. a. von der jeweiligen risierung und analog zu den mRNA-Impfstoffen Impfeffektivität. Wie in Abbildung 6 dargestellt, und dem Impfstoff von Johnson & Johnson verteilt. steigt die Impfbereitschaft einer Person mit zuneh- mender Effektivität eines Impfstoffes, mit dem Vor- Dabei ist für das Modell jedoch eine Reduktion der liegen von Vorerkrankungen und mit zunehmen- Komplexität der Gruppendefinitionen notwendig. dem Alter an. Stehen mehrere Impfstoffe für eine So werden im Modell die Gruppen über das Alter, Alters- und Vorerkrankungsgruppe zur Verfügung, die oben definierten Vorerkrankungsgruppen sowie werden diese bis zur ihrer jeweiligen maximalen Personen mit beruflicher Indikation definiert. Letz- Impfbereitschaft verimpft. Ist die Impfbereitschaft tere sind nicht explizit im Modell abgebildet. Durch für einen Impfstoff erschöpft, kann in dieser Grup- die Gruppengröße von insgesamt 5.679.000 Perso- pe nur noch ein Impfstoff mit einer höheren Akzep- nen mit Impfanspruch aufgrund beruflicher Tätig- tanz verimpft werden. keit stellt die Berücksichtigung der Impfung dieser Gruppe jedoch eine relevante Einflussgröße für das Allen nachfolgend beschriebenen Szenarien liegen Infektionsgeschehen dar. Im Detail erhalten die in Abbildung 7 dargestellten Impfquoten zu- 879.000 Personen im Alter von 16 bis 29 Jahren, grunde. Diese resultieren aus den oben beschriebe- 1.226.000 Personen im Alter von 30 bis 39 Jahren, nen Modellinputs. Wie bereits erwähnt, sind in der 1.270.000 Personen im Alter von 40 bis 49 Jahren, Darstellung Risikogruppen und Gruppen mit beruf- 1.606.000 Personen im Alter von 50 bis 59 Jahren licher Indikation nicht gesondert dargestellt, son- und 698.000 Personen im Alter von 60 bis 69 Jah- dern fließen in die jeweiligen Altersgruppen mit ren die Impfung aufgrund ihrer beruflichen Tätig- ein. Im Modell wird die Durchimpfung dieser Grup- keit. Es wird bei der Impfstoffverteilung also verein- pen gesondert modelliert. facht davon ausgegangen, dass Personen mit beruf- licher Indikation sich proportional auf die Alters- und Vorerkrankungsgruppen zwischen 16 und 69 Analysen Jahren aufteilen. Implizit wird angenommen, dass Im nachfolgenden Ergebnisteil werden zwei unter- sich diese Gruppe hinsichtlich des Infektions- oder schiedliche Analysen vorgestellt. Zunächst werden Erkrankungsrisikos nicht von der Allgemeinbevöl- Szenarien zum Einfluss von Kontaktreduktionen kerung unterscheidet. auf die kurzfristige Entwicklung des Infektionsge- schehens aufgezeigt. Dabei wird angenommen, Die täglich verfügbare Anzahl an Dosen je Impfstoff dass die Anzahl der Kontakt ab dem 15.03.2021 um wird zunächst im Verhältnis 50 : 50 in die Gruppe 20 % im Vergleich zum 28.02.2021 gestiegen ist. der Personen mit beruflicher Indikation und in die Anschließend wird berechnet, welchen Effekt eine
Epidemiologisches Bulletin 13 | 2021 1. April 2021 11 Impfbereitschaft Johnson & Johnson (66%) AstraZeneca (73%) mRNA (95%) 9090% % 8080% % Impfbereitschaft 7070% % 6060% % 5050% % 4040% % 0 25 50 75 100 0 25 50 75 100 0 25 50 75 100 0 25 50 75 100 0 25 50Jahren) Alter (in 75 100 0 25 50 75 100 Impfstoff kein Risiko Risiko Impfstoff Kein Risiko Risiko Alter (in Jahren) Abb. 6 | Impfbereitschaft für Johnson & Johnson für eine wahrgenommene Impfeffektivität von 66 %, für AstraZeneca für eine wahrgenommene Impfeffektivität von 73 % und für mRNA-Impfstoffe für eine wahrgenommene Impfeffektivität von 95 %. Durchimpfungsquote unter 16 16 bis 29 30 bis 39 40 bis 44 100 % 80 % 60 % 40 % 20 % 0% 45 bis 49 50 bis 54 55 bis 59 60 bis 64 100 % 80 % 60 % 40 % 20 % 0% 65 bis 69 70 bis 74 75 bis 79 80 und älter 100 % 80 % 60 % 40 % 20 % 0% Jan 21 Feb 21 Mrz 21 Apr 21 Mai 21 Jun 21 Jul 21 Aug 21 Sep 21 Okt 21 Nov 21 Dez 21 Jan 21 Feb 21 Mrz 21 Apr 21 Mai 21 Jun 21 Jul 21 Aug 21 Sep 21 Okt 21 Nov 21 Dez 21 Jan 21 Feb 21 Mrz 21 Apr 21 Mai 21 Jun 21 Jul 21 Aug 21 Sep 21 Okt 21 Nov 21 Dez 21 Jan 21 Feb 21 Mrz 21 Apr 21 Mai 21 Jun 21 Jul 21 Aug 21 Sep 21 Okt 21 Nov 21 Dez 21 Impfstoff und Dosen mRNA 1 Dose mRNA 2 Dosen AstraZeneca 1 Dose AstraZeneca 2 Dosen Johnson & Johnson Abb. 7 | Angenommene Durchimpfungsraten der Priorisierungsgruppen, zusammengefasst nach Altersgruppe.
Epidemiologisches Bulletin 13 | 2021 1. April 2021 12 Kontaktreduktion („Lockdown“) um 20 bzw. um Ergebnisse 50 % für einen Zeitraum von vier Wochen ab dem 05.04., 12.04., 19.04. oder 26.04.2021 auf die Infek- Modellfit tionszahlen, Auslastung der ITS-Betten und der Schätzung freier Parameter COVID-19 attributablen Sterbefälle hat. Die Ergebnisse der Schätzung der freien Parameter des Modells bezüglich der FOI sind in Abbildung 8 In der zweiten Analyse werden die Auswirkungen dargestellt. Das Modell schätzt für die erste Welle einer Erhöhung der Kontakte unter Berücksichti- die effektive Kontaktrate (Lambda), welches einer gung der Impfeffekte über einen längerfristigen effektiven Reproduktionszahl (R) von 3,36 bis zum Zeitraum betrachtet. Dabei wird angenommen, ersten Lockdown entspricht. Mit Mitte des Som- dass die Kontaktzahlen ab dem 15.03.2021 im Ver- mers 2020 wird ein Anstieg des R-Werts auf über 1 gleich zum 28.02.2021 nur um 5 % steigen. Dies re- geschätzt. Erst zu Beginn des Novembers 2020 ist sultiert in einem konstanten Infektionsgeschehen, wieder ein Rückgang auf einen Wert von ca. 1 zu d. h. einer erfolgreichen Eindämmung des derzeiti- beobachten, der im Januar 2021 noch weiter ab- gen Anstiegs an Infektionen. Anschließend werden nimmt. Das relative Risiko, eine SARS-CoV-2-Infek- Szenarien mit einer anteiligen Rückkehr zum tion zu haben und nicht getestet zu werden liegt laut prä-pandemischen Kontaktverhalten (d. h. Kontakt- Modellschätzung bei 0,0000383. Die zusätzliche zahlen vor März 2020) von 20, 40 und 60% model- Anzahl an Kontakten von Personen in Alten- und liert. Eine Rückkehr von 100% würde dabei dem nor- Pflegeheimen schätzt das Modell auf 8,03 Kontakte. malen Leben vor Beginn der Pandemie darstellen. Das Modell schätzt, dass 120,6 Personen am 01.02.2020 initial infiziert waren. In beiden Analysen wird von einer schrittweise an- steigenden Dominanz der VOC B.1.1.7 und einer Meldedaten damit erhöhten Infektiösität von 35 % sowie einer Abbildung 9 zeigt den Vergleich der tatsächlich ge- saisonalen Reduktion der Infektiösität um 20 % meldeten Fälle im wöchentlichen Durchschnitt ausgegangen. (schwarze Linie) zu dem Meldefällen des Modells LambdaLambda Reproduktionszahl Reproduktionszahl 0,125 0.125 0.125 3 33 0,100 0.100 0.100 0,075 0.075 0.075 2 22 0,050 0.050 0.050 1 11 0,025 0.025 0.025 0 0 Jun 202200 AugA 2000 SepS 200 0 1 1 20 00 Mai 202200 Jul 20200 AugS 2000 0 1 1 220 0 Jul 2020 220 20 220 20 220 221 21 Apr 2020 Jun 2020 20 220 0 220 221 21 2 2 r 22 22 Mrz 20 Apr 20 Mai 20 OktNO20 NovNDo20 DezDJe20 JanFJae21 FebFe21 Mrz 20 SepNO20 OktND20 NovDJe20 DezFJa20 JanFe21 Feb 21 i2 2 gl 2 gl 2 z2 azn nb azn enb b b rz zr unl gp kpt oktv evz rz ari unl egp kpt oktv ar uani rpz uani oev rp AJu AMp AMp AJu Sue ASu Oe Oe JuJ JuJ M M MA MA MJ MJ Abb. 8 | Geschätzte effektive Kontaktrate (Lambda) (links) und korrespondierende Reproduktionsrate (rechts) für sechs, als freie Parameter geschätzte Bruchpunkte des Modells.
Epidemiologisches Bulletin 13 | 2021 1. April 2021 13 Fälle pro Tag Unter 16 16 bis 29 30 bis 39 40 bis 44 Unter 16 Unter 16 16 bis 29 16 bis 29 30 bis 39 30 bis 39 40 bis 44 40 bis 44 7.500 7.500 7.500 7.500 5.000 5.000 5.000 5.000 2.500 2.500 2.500 2.500 00 0 0 45 bis 49 50 bis 54 55 bis 59 60 bis 64 45 bis 49 45 bis 49 50 bis 54 50 bis 54 55 bis 59 55 bis 59 60 bis 64 60 bis 64 7.500 7.500 Unter 60 60 bis 64 65 bis 69 7.500 7.500 Fälle pro Tag 5.000 5.000 600 Fälle pro Tag Fälle pro Tag 5.000 5.000 2.500 2.500 400 2.500 2.500 00 200 0 0 Sterbefälle pro Tag 65 bis 69 70 bis 74 75 bis 79 80 und älter 0 65 bis 69 65 bis 69 70 bis 74 70 bis 74 75 bis 79 75 bis 79 80 und älter 80 und älter 70 bis 74 75 bis 79 80 und älter 7.500 7.500 7.500 7.500 600 5.000 5.000 5.000 5.000 400 2.500 2.500 2.500 2.500 200 00 0 0 0 DM b 2200Fe 1 Jabi 22F00 1 Ap 20 rz 0 20 Jurz 20 ai 0 20 l 2 Ju 20 SJue 20ug 0 OJu 20ep 0 ueog 2N0 kt 0 20 0 Foevr 01 n 0 AJp 200 z 0 20 Juurgz 20 ai 0 20 l 2 J 20 SJukt 220ug 0 OJouv 20ep 0 uoeg 2N00 kt 0 DSe zv 20ov 0 20 0 b 22Fe2021 FJe 20 2121 Aprzb 2220 rz 0 20 MJurz 220 ai 0 20 0 SJuJeu 200ug 0 20 uogg 22N0 kt 0 eeepv 20ov 0 2 z 20 NF t 2220Ja 20 Doevvb 220Fe2021 abzn F0e 211 AJpanb 220 rz 0 20 Jurz 2201 ai 0 20 l 2 Ju 20 SJue z 220ug 0 Jukr 20ep 0 uoag 2N00 kt 0 DSe vi 20ov 20 z 0 FJoeuvl 2201Jan 0 ADue b 22200F1 eb 21 an 200 211 r Ap20 i 20 n 2 Ju20 pur 0 n20 agi A 20 npJulS 20 ktl O 20 bv 2 o20 OJrzz 2D0e20 Apant 220Ja20 20 ez 1 b21 n e 21 ur A1 20 i 20 n 0J 20 epupr 20un20 agi A0 u20 S0 20 ktl 2O 20 Sep 20 OJJazn 2D0e20 FFoent 2201Ja20 abn Fe 21 r A01p20 i 20 an 2 Ju20 unrl 200Ju20 agi 2A 20 l 2S 20 AOJuuk l O0ep20 0 20 pz 2D 20 kaknt 00e20 ez 2 1 b21 r 2A11p20 i 20 n 2 Ju20 Jepubr 0 n20 ragi A 20 S0 20 tl 2O 20 Sep 20 Juepz D 20 Jaknt 2200e20 Dez 20 2 2 20 2 gz 2 212 rz M 2 0 r2 l2 2 2 ep v 2 k2 2 Fernz 22M01 b 2 0pr 2 l2 2 2 2 ak 2 z 2 MFerz 22M01 b 2 0 r2 pui 20 n 2 l2 2 2 Ferz 22M01 b 2 0 r2 l2 2 2 2 2 n 2011 b o 01 n z M b 2F0eb r eab 2M eabl 2M epabr 2M eeabb 2M FeaJan MJuFeb eJan MFeb DFJeJan MFeb Jan SJeFeb O b 220 Fep 21 kt 1 N 20 D 20 Ja 0 Fe 1 21 1 0 0 0 FFeb MMrz AJApr AMMai uJun NAFAug SMSep eOkt NNov Dez FFeb AMMrz SAJApr Mai OuJun NenpJul AAug eOkt NNov DDez FAFeb Mrz AJApr AMJMai uJun npJul NAAug DSSSep OOkt JNov NDez FFFeb MMrz FAApr AMMai uJun ApnpJul NAMAug OOkt NNov 2 2 2 2 2 2 n n b b b ov ez p v z t e Fe M M M M AM O O M M D ND Meldearm Dunkelziffer Meldedaten Meldearm Meldearm Meldearm Dunkelziffer Dunkelziffer Dunkelziffer Meldedaten ModellberechnungMeldedatenMeldedaten Meldedaten Abb. 9 | Vergleich des Modellfittings zu den tatsächlichen Meldedaten. (dunkelblaue Fläche) und der vom Modell geschätz- 63.063 Sterbefälle, was einer Unterschätzung um ten Dunkelziffer der SARS-CoV-2-Infektionen in 13,7 % entspricht. Wie aus Abbildung 10 ersichtlich Deutschland (hellblaue Fläche). Insgesamt bildet es ist, betrifft diese Unterschätzung trotz der Berück- das Modell die Meldefälle gut ab, wobei vor allem sichtigung der Alten- und Pflegeheime hauptsäch- bei den 16- bis 29-Jährigen, den 30- bis 39-Jährigen lich die Personengruppe „80 Jahre und älter“. und bei den über 80-Jährigen ab Dezember 2020 eine Unterschätzung der Meldefälle zu beobachten Modellierte Szenarien ist, während bei den 40- bis 44-Jährigen und den 45- Kurzfristige Entwicklung bis 49-Jährigen eine leichte Überschätzung erfolgt. Die folgende Analyse beschreibt die Modellergeb- Die Dunkelziffer liegt im Modell um den Faktor 3 nisse für eine vierwöchige Reduktion der Kontakte höher als die Zahl der Meldefälle. um 20 % bzw. um 50 % in wöchentlichen Abstän- den ab dem 05.04.2021. Abbildung 11 zeigt die Aus- Sterbefälle wirkungen der Kontaktreduktionen auf die Auslas- Die zweite Zielgröße des Modells sind die altersspe- tungen der ITS-Betten. Dabei ist hier nur die zifischen Sterbefälle über die Zeit. Insgesamt sind ITS-Auslastung durch COVID-19-Patienten berück- in Deutschland im Zeitraum vom 01.02.2020 bis sichtigt. Die Kapazitätsgrenzen sind um diejenigen zum 28.02.2021 73.063 Sterbefälle gemeldet wor- Personen reduziert, die nicht aufgrund von den. Das Modell schätzt für denselben Zeitraum COVID-19 auf einer ITS behandelt werden. Bei ei-
001 1..00 6 01 5 .0 01 67 .0 01 87 .0 9 05.04.2021 01 8 .010 05.04.2021 01 9 .1 001 01 1..112 Sterbefälle pro Tag Personen in intensiv-medizinischer Behandlung Sterbefälle pro Tag 0 1 Fe 200 400 600 200 400 600 200 400 600 200 400 600 011.12 Fbe 000 200 400 600 000 200 400 600 .0 M b202 10.000 20.000 30.000 40.000 50.000 00 10.000 20.000 30.000 40.000 50.000 001 3 Mrz 0 .10.0 r 20 4 FebAp z20 2 0011 33 01.03 Arp 0 . 0.054 Mrz M 20 2r 0 00101 4 Sterbefälle pro Tag 01.041..00.0 Mai 20 6 0 200 400 600 0 200 400 600 Fe a2i 0 0011 55 AprJub 20 20 01.05 Sterbefälle pro Tag .0.0 M Jnu2n20 001 1 676 Mai Jruz 220 02 01.06 .0.0 00 001 1 877 Jun Ap Jlu20 Aur 2l 02 01.07 .0.0 Kontaktreduktion Agu20 0 98 M g2 Modellberechnung 12.04.2021 Jul 02 Modellberechnung 0011 8 01.08 Seai 20 .01.009 S 20 0 05.04.2021 12.04.2021 Epidemiologisches Bulletin Aug Ju pep20 Kontaktreduktion Unter 60 70 bis 74 01.09 0011.9 On 2020 Unter 60 70 bis 74 Modellberechnung .110 Okt20 Sep 2t 0 Kontaktreduktion 0001 101 01.10 NJul k20 1..11.21 1 No 20 Au vo2v20 001 1 01.11 Okt D g 20 0 011.1.212 De 2020 20 .0 Nov Se zez20 20 Notfallreserve ITS Kapazität 01.12 001 1 3 p Ja 20 % Unter 60 .0.0 70 bis 74 Dez O Jna220 20 20Prozent Personen in intensiv-medizinischer Behandlung 0011 433 Fket 2n 121 01.03 ModellberechnungMeldedaten .0.0 N Fbe 20 Jan Meldedaten ov b21 12 20 Prozent 00101 454 01.04 13 | 2021 1..00.0 65 01 0011. 5 Feb DFeF 221 ezbe 01.05 .006 M 2b2002 JaMrzr 0 001 1 67 01.06 Feb 2 n z20 .0.07 20 50 FAepAr 120 Meldedaten 001 1 87 p2r 01.07 Mrz 0 50 Prozent .0.08 M b 220 Ma 120 19.04.2021 % 0011. 98 01.08 2 Meldedaten Apr Fe ia20 50Prozent .01009 12.04.2021 Jub i 020 19.04.2021 01.09 0011.9 .110 M Jnu2n20 Mai 02 Jruz 220 Kontaktreduktion 0001 101 00 ner Kontaktreduktion von 50 % zum 05.04.2021 ITS-Kapazitäten nur knapp überschritten, wobei das 01.10 Ende der Kontaktreduktionen nach vier Wochen zu werden laut der Modellschätzung die regulären 1..11.211 Jun Ap Jlu20 Aur 2l 02 001 1 A 0 01.11 M gu2g20 Jul 1. April 2021 011.1.212 Seai 20 02 .0 Notfallreserve ITS Kapazität 01.12 S 20 0 001 1. 3 Aug Ju pep20 75 bis 79 60 bis 64 .003 On 2020 75 bis 79 60 bis 64 0 4 Okt20 01.03 011.03 .0 54 Sep NJul k20 2t 0 0 Nov2020 20 Prozent 0 01.04 A Okt ov2 0 zum 05.04., 12.04., 19.04. und 26.04.2021 für eine Dauer von vier Wochen. 011.1.04 Dug 20 .0 De 2020 0 010655 01.051.0.06 Nov Se zez20 p 20 0 Ja 20 75 bis 79 01.06 60 bis 64 01 1. 67 Dez O Jna220 20 .00 Fket 2n 121 0 01 877 01.07 0 1.0.0 Jan N Fbe 21 ov b21 0 98 2 26.04.2021 01.08 011.08 D Fe 20 1 50 Prozent Feb eFzbe 21 19.04.2021 .0109 0 26.04.2021 01.09 011.91 M 2b2002 .1 0 JaMrzr 0 n z20 01.10 00101.01 Feb 220 FAepAr 120 1..11211 0 Mrz M b 220 p2r 0 01.11 011.11 Ma 120 .122 Notfallreserve Fe ia2i 0 ITS Kapazität 01.1201 AprJub 20 20 .0 M Jnu2n20 01 3 Mai Jruz 220 02 0 01.03 .0 Ap Jlu2l00 01 4 Jun Aur 20 01.04 .0 Agu2020 Abb. 10 | Vergleich der geschätzten Sterbefälle zu den tatsächlich gemeldeten, wöchentlichen Sterbefällen. M g2 01 5 01.05.0 Jul Seai 20 02 S 20 0 01 6 Aug Ju pep20 65 bis 69 01.06 .0 On 2020 80 und älter 65 bis 69 Okt20 80 und älter 01 7 Sep NJul k20 2t 0 01.07.0 No 20 Au vo2v20 01 8 01.08 .0 Okt D g 20 0 De 2020 26.04.2021 01 9 Nov Se zez20 2 01.09 .10 Jap 2 020 65 bis 69 01.10 01 Dez O Jna20 20 80 und älter .1 Fkt n 12 14 01 1 N eFbe220 1 01.11 Janov b21 12 Abb. 11 | Entwicklung der ITS-Bettenauslastung durch COVID-19-Fälle unter Annahme einer Kontaktreduktion von 20 bzw. 50 % .12 01 Notfallreserve 01.12 ITS Kapazität Feb D 221 duktion der Kontakte erst ab dem 19.04.2021 führt inklusive der Notfallreserve überschreitet. Eine Re- einem Anstieg führt, der letztlich auch die Kapazität ez zu einer dauerhaften Überschreitung der ITS- 20 Ja n 2 Fe 1 b 21
Epidemiologisches Bulletin 13 | 2021 1. April 2021 15 Kapazitäten inklusive der Notfallreserve. Eine Kon- Notfallreserve deutlich überschritten. Erst ab dem taktreduktion von 20 % geht mit keiner wesent 01.06.2021 führt eine Rückkehr der Kontaktzahlen lichen Reduktion der ITS-Auslastung einher. um 20 % nicht mehr zu einer Überschreitung der ist-Kapazitäten. Eine Rückkehr um 40 bzw. 60 % Abbildung 12 zeigt die Entwicklung der täglichen zum 01.06. oder 01.07.2021 überschreitet jedoch COVID-19 attributablen Todesfälle. Ähnlich zum auch weiterhin die Notfallreserve (s. Abb. 13). Verlauf der ITS-Betten führt eine Kontaktreduktion um 20 % zu keinem starken Rückgang der Todes Die Prognose hinsichtlich der Todeszahlen korres- fälle. Bei einer Kontaktreduktion von 50 % lässt sich pondiert zu den Zahlen der ITS-Auslastung. Eine durch eine frühe Kontaktreduktion die Anzahl der Rückkehr zu 60 % der prä-pandemischen Kontakte Todesfälle am stärksten reduzieren. führt zu allen drei Zeitpunkten zu einer Überschrei- tung von mehr als 1.000 Sterbefällen pro Tag. Eine Mittelfristige Entwicklung (Öffnungen im Sommer) 20-prozentige Rückkehr führt ab dem 01.06.2021 zu Für den Fall einer erfolgreichen Kontraktreduktion keinem unmittelbaren Anstieg der Todeszahlen, bzw. einem Abfallen der Fallzahlen im April 2021, jedoch ist ein Anstieg über die Herbst- und Winter- sind nachfolgend die Modellprognosen für eine monate zu beobachten (s. Abb. 14). Rückkehr zum prä-pandemischen Kontaktverhalten um 20, 40 und 60 % jeweils ab dem 01.05., 01.06. Betrachtet man beispielhaft das Szenario einer und dem 01.07.2021 abgebildet. Eine Rückkehr von 40-prozentigen Rückkehr zum prä-pandemischen 100 % würde dabei dem normalen Leben vor Beginn Kontaktverhalten, so zeigt die Verteilung der Sterbe- der Pandemie darstellen. Hinsichtlich der Auslas- fälle über die Altersgruppen hinweg, dass die Perso- tung der ITS-Betten führen laut Modellschätzung nen über 80 Jahren ab dem 01.06.2021 einen gerin- alle Szenarien der Kontakterhöhung zu einer Über- geren Anteil an allen Sterbefällen ausmachen. Wie schreitung der ITS-Kapazitätsgrenze. Bei einer 40- in Abbildung 15 dargestellt, besteht weiterhin die und 60-prozentigen Rückkehr der Kontakte zu Möglichkeit, dass sich in bereits geimpften Alters- prä-pandemischen Kontaktverhalten wird auch die gruppen bei einer Rückkehr des Kontaktverhaltens Sterbefälle pro Tag 05.04.2021 05.04.2021 12.04.2021 12.04.2021 05.04.2021 19.04.2021 19.04.2021 12.04.2021 26.04.2021 26.04.2021 19.04.2021 26.04.2021 2.000 2.000 1.500 1.500 Sterbefälle pro Tag 1.000 1.000 500 500 00 1...0003 .0 54 1..0.005 .0 6 1...0007 1...0008 .0109 . 10 1...11121 011..112 1..0003 .004 1..0005 .00 6 1..0007 1..0008 01.01099 1 .1 0 0 .1121 011.112 0 .0043 .004 1..00 5 .0076 1..00 7 1..00 8 01.01099 0 1.10 011..11211 01 .12 01 3 01 4 01 5 01 6 01 7 01 8 01 9 .10 01 1 .12 001 4 0011. 5 001 87 01 8 01 9 0 1 .02 0011.03 00011 4 0011. 05 00011 87 0011.08 011.19 001 1 .02 00111..03 00111..05 00011. 87 0 11.08 0 1. 1 01.12.02 00111..03 00111..05 0011.06 00011.087 011.08 01.12.12 6 001 67 9 .010 001 01 1..112 00011 3 4 6 00011 67 9 00011 01 00011. 3 0 4 00011. 45 6 00011. 67 0 9 00011. 01 00011.03 00011.045 6 9 00011.101 1. 1 .1 .0 .0 .0 01.07.0 1..00 .0 .0 .0 1..00 0 .1 011.1 1..00 .00 .1 .1 01.03 01.04 01.05 01.06 01.07 01.08 01.09 01.10 01.11 01.12 01.03 01.04 01.05 01.06 01.07 01.08 01.09 01.10 01.11 01.03 01.04 01.05 01.06 01.07 01.08 01.09 01.10 01.11 01.03 01.04 01.05 01.06 01.08 01.09 01.10 01.11 01.12 01 1. 01 0 0 0 0 0 Kontaktreduktion Kontaktreduktion Kontaktreduktion 20Prozent 20 % 20 Prozent 50Prozent 50 50 Prozent % Kontaktreduktion 20 Prozent 50 Prozent Abb. 12 | Entwicklung der täglichen COVID-19-Sterbefälle unter Annahme einer Kontaktreduktion von 20 bzw. 50 % zum 05.04., 12.04., 19.04. und 26.04.2021 für eine Dauer von vier Wochen.
Epidemiologisches Bulletin 13 | 2021 1. April 2021 16 Personen in intensiv-medizinischer Behandlung 01.05.2021 01.06.2021 01.07.2021 01.05.2021 01.05.2021 01.05.2021 01.06.2021 01.06.2021 01.06.2021 01.07.2021 01.07.2021 01.07.2021 80.000 80.000 80.000 80.000 80.000 70.000 70.000 70.000 70.000 Personen in intensiv-medizinischer Behandlung 60.000 Personen in intensiv-medizinischer Behandlung Personen in intensiv-medizinischer Behandlung Personen in intensiv-medizinischer Behandlung 60.000 60.000 60.000 50.000 50.000 50.000 50.000 50.000 40.000 40.000 40.000 40.000 30.000 30.000 30.000 30.000 30.000 20.000 20.000 Notfallreserve Notfallreserve Notfallreserve 20.000 20.000 20.000 Notfallreserve Notfallreserve Notfallreserve Notfallreserve Notfallreserve Notfallreserve Notfallreserve Notfallreserve Notfallreserve 10.000 10.000 ITS Kapazität ITS Kapazität ITS Kapazität 10.000 10.000 10.000 ITSITS Kapazität ITS Kapazität Kapazität ITSITS Kapazität ITS Kapazität Kapazität ITSITS Kapazität ITS Kapazität Kapazität 0 0 0 0 01 65 03 01 67 4 01 078 05 01 089 06 01 090 07 01 01 8 01 .121 09 .02 0 1.003 1.11 1..004 .12 01 65 03 01 067 04 01 078 05 01 089 06 01 090 07 01 01 8 01 .121 09 1.02 .10 1.003 1.11 1..004 .12 01 65 03 01 067 04 01 078 05 01 89 06 01 090 07 01 01 8 01 .121 09 2 0 .11 2 01.03 001.04 01.05 0001.06 0001.07 001.08 001.09 001.10 00101.11 001.12 001.03 001.04 001.05 0001.06 0001.07 001.08 001.09 001.10 00101.11 001.12 001.03 01.04 001.05 0001.06 0001.07 001.08 001.09 01.10 01.11 01.12 1.1 11..11001.0 11..11001.0 11..11001.0 1 .0 1.0 01 .1 1.1 1.1021.1 1. 071. 1. 71. 1. 1. .0 1. 1.00051. 1.00051. 01 11..1091. 11..1091. 11..1091. 1. 061. 1. 061. 1. 1. 011..1011. 1.0081. 011..1011. 1.0081. 011..1011. . 1 . 1 01.1021 01 3 0 045 01 03 01 045 01 03 01 045 0 01 .03 01 43 0011.04 011.005 0 .006 0 .008 .102 01 043 01 043 0 .007 .00 ..0 .0 1 1 1 .0 .0 1 .1 .0 .0 0 .0 .0 0 .1 .1 .1 . . . . . . . . 1 01 Prozent pre-pandemisches 20 Prozent 40 Prozent 60 Prozent Prozent pre-pandemisches Prozent Prozent pre-pandemisches Kontaktverhalten pre-pandemisches prä-pandemisches Kontaktverhalten Kontaktverhalten Kontaktverhalten Kontaktverhalten 20 % 20 Prozent 20 20 Prozent Prozent 40 %Prozent 60 Prozent 40 Prozent 40 40 Prozent 6060 60 % Prozent Prozent Abb. 13 | Entwicklung der ITS-Bettenbelegung unter Annahme einer dauerhaften Rückkehr der Kontaktzahlen um 20, 40 oder 60 % zum 01.05., 01.06. oder 01.07.2021. Sterbefälle pro Tag 01.05.2021 01.06.2021 01.07.2021 01.05.2021 01.05.2021 01.05.2021 01.06.2021 01.06.2021 01.06.2021 01.07.2021 01.07.2021 01.07.2021 80.000 80.000 80.000 70.000 70.000 70.000 2.000 2.000 Personen in intensiv-medizinischer Behandlung Personen in intensiv-medizinischer Behandlung Personen in intensiv-medizinischer Behandlung 60.000 60.000 60.000 Sterbefälle pro Tag 50.000 50.000 50.000 40.000 40.000 40.000 1.000 1.000 30.000 30.000 30.000 20.000 20.000 20.000 Notfallreserve Notfallreserve Notfallreserve Notfallreserve Notfallreserve Notfallreserve Notfallreserve Notfallreserve Notfallreserve 10.000 10.000 10.000 ITSITS Kapazität ITS Kapazität Kapazität ITSITS Kapazität ITS Kapazität Kapazität ITSITS Kapazität ITS Kapazität Kapazität 00 0 0 0 0 01 08 01 1 9 1..012 1.10 01 43 1 11..04 1.12 01 65 .03 01 067 .04 01 078 .05 01 089 .06 01 090 07 01 65 .03 01 067 .04 01 078 .05 01 8 6 01 090 .07 0 01 08 01 .121 .09 1..012 1.10 01 43 1 11..04 1.12 01 9 07 0 01 .08 01 1 09 10 .11 .12 01 65 1.03 1 6 04 1 7 05 1 8 06 1.003 1.1 1.003 1.1 1..1121.0 .091.0 001.03 001.04 001.05 001.06 001.07 01.08 001.09 001.10 0001.11 001.12 01.03 01.04 01.05 01.06 01.07 01.08 001.09 001.10 0001.11 001.12 001.03 001.04 001.05 01.06 01.07 01.08 01.09 01.10 01.11 01.12 .12 1. .08 1. 01 ..1 1. ..010 1. ..11 . ..11 1. .0 7 1. 091. 1..1121. 01 1. 701 . 1 .0 1 1.00501 ..1 1 011.10 1 ..11 1 1.0601 . 1 1.0801 1.1 1 . 0 . 0 .0 0 .0 0 01.120 01.120 01.120 01.070 01.070 011.050 1.0050 011.090 0011.090 0011.090 0011.100 01.060 01.060 01.080 01.080 0 3 0 045 01 3 01 045 01 3 01 045 011.03 01 43 0011.04 0011.101 0011.10 0011.101 0011.101 ..0 .0 .0 .0 . . . . . 01 Prozent pre-pandemisches 20 Prozent 40 Prozent 60 Prozent Prozent pre-pandemisches Prozent Prozent pre-pandemisches Kontaktverhalten pre-pandemisches prä-pandemisches Kontaktverhalten Kontaktverhalten Kontaktverhalten Kontaktverhalten 20 % 20 Prozent 20 20 Prozent Prozent 40 %Prozent 40 Prozent 40 40 Prozent 6060 60 Prozent 60 % Prozent Prozent Abb. 14 | Entwicklung der COVID-19 attributablen Sterbefälle unter Annahme einer dauerhaften Rückkehr der Kontaktzahlen um 20, 40 oder 60 % zum 01.05., 01.06. oder 01.07.2021.
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