Epidemiologisches Bulletin 3 2022 - RKI
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AKTUELLE DATEN UND INFORMATIONEN ZU INFEKTIONSKRANKHEITEN UND PUBLIC HEALTH 3 Epidemiologisches 2022 Bulletin 20. Januar 2022 Weltlepratag | STIKO: 17. Aktualisierung der COVID-19-Impfempfehlung | SARS-CoV-2-Ausbrüche in Kitas
Epidemiologisches Bulletin 3 | 2022 20. Januar 2022 2 Inhalt Lepra 2022 – Vereint für die Würde von Leprabetroffenen eintreten 3 Der diesjährige internationale Weltlepratag steht unter dem Motto „United for Dignity“ und ruft dazu auf, gemeinsam die Würde Leprabetroffener, von denen viele nach wie vor unter krankheitsbedingter Stigmatisie- rung und Diskriminierung leiden, zu achten. Beschluss der STIKO zur 17. Aktualisierung der COVID-19-Impfempfehlung 7 Die STIKO empfiehlt in der 17. Aktualisierung der COVID-19-Impfempfehlung die Auffrischimpfung für 12 – 17-Jährige mit dem mRNA-Impfstoff Comirnaty sowie die Optimierung der Grundimmunisierung mit einem mRNA-Impfstoff nach vorausgegangener Impfung mit der COVID-19 Vaccine Janssen. Wissenschaftliche Begründung der STIKO zur Empfehlung der COVID-19-Auffrischimpfung von 12 – 17-Jährigen mit einem mRNA-Impfstoff 21 Die STIKO entscheidet sich in Anbetracht stark ansteigender Fallzahlen durch Omikron-Infektionen und be- fürchteter Konsequenzen für das Gesundheitssystem dazu, ihre Impfempfehlung für 12 – 17-Jährige anzupassen. Wissenschaftliche Begründung der STIKO zur Empfehlung der Optimierung der Grundimmunisierung nach 1-maliger Gabe von COVID-19 Vaccine Janssen und zur Auffrischung mit einer 3. Impfstoffdosis 32 Die STIKO empfiehlt allen 1-malig mit der COVID-19 Vaccine Janssen geimpften Personen zur Optimierung ihrer Grundimmunisierung eine zusätzliche Impfung mit einem mRNA-Impfstoff sowie eine Auffrischimp- fung, wiederum mit einem mRNA-Impfstoff. Meldedaten und KiTa-Register ergänzen sich in der Bewertung von SARS-CoV-2-Ausbrüchen 42 Im vorliegenden Beitrag wurden SARS-CoV-2-Ausbrüche in Kitas anhand der Daten aus zwei verschiedenen Systemen (IfSG-Meldedaten und KiTa-Register) untersucht. Aktuelle Statistik meldepflichtiger Infektionskrankheiten: 2. Woche 2022 52 Impressum Herausgeber Allgemeine Hinweise/Nachdruck Robert Koch-Institut Die Ausgaben ab 1996 stehen im Internet zur Verfügung: Nordufer 20, 13353 Berlin www.rki.de/epidbull Telefon: 030 18754 – 0 E-Mail: EpiBull@rki.de Inhalte externer Beiträge spiegeln nicht notwendigerweise die Meinung des Robert Koch-Instituts wider. Redaktion Dr. med. Jamela Seedat Dieses Werk ist lizenziert unter einer Creative Commons Dr. med. Maren Winkler, Heide Monning (Vertretung) Namensnennung 4.0 International Lizenz. Redaktionsassistenz Nadja Harendt Claudia Paape, Judith Petschelt (Vertretung) ISSN 2569-5266 Das Robert Koch-Institut ist ein Bundesinstitut im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Gesundheit.
Epidemiologisches Bulletin 3 | 2022 20. Januar 2022 3 Lepra 2022 – Vereint für die Würde von Leprabetroffenen eintreten Der diesjährige internationale Weltlepratag am Die globale Leprastrategie 2021 – 2030 30. Januar steht unter dem Motto United for Dignity der WHO – Towards Zero Leprosy (Vereint für Würde). Er ruft dazu auf, die Würde Trotz einiger Erfolge der globalen Triple Zero- Leprabetroffener gemeinsam zu achten und ver- Leprastrategie 2016 – 2020 der Weltgesundheits deutlicht, dass Leprabetroffene nach wie vor unter organisation (WHO),4 ist vor allem das dritte Ziel krankheitsbedingter Stigmatisierung und Diskrimi- (In keinem Land sollen Lepraerkrankte durch Gesetze nierung leiden. diskriminiert werden) durch die fortbestehende Exis- tenz von mehr als 120 diskriminierenden Gesetzen in über 20 Ländern deutlich verfehlt worden. Die Lepraassoziierte Stigmatisierung und neue globale Leprastrategie 2021 – 2030 der WHO5 Diskriminierung – historisch verwurzelt nimmt sich unter anderem diesem Problem an, in- und dennoch aktuell dem die Grundsätze und Leitlinien zur Beseitigung Für Jahrtausende hielt man Lepra für einen Fluch der Diskriminierung angepasst wurden. Neben der der Götter, eine Bestrafung der Sünden oder eine intensiveren Einbindung von Organisationen und Erbkrankheit. Seit dem Zeitalter des alten Ägypten Netzwerken von Leprabetroffenen, wurden auch wird Lepra mit verstörenden Bildern von kranken Maßnahmen sowie Prozesse zur Verringerung und und entstellten Körpern verbunden. Der Begriff Überwachung der leprabedingten Stigmatisierung Lepra wurde so sehr stigmatisiert, dass er zum Sy in den Gemeinden weiterentwickelt. nonym für Ausgrenzung, soziale Isolation und die Verdammung zu einem Leben am Rande der Ge- Der Abbau von Stigmatisierung und Vorurteilen ist sellschaft wurde. Aus diesem Grund wird vielerorts wichtig, um die Früherkennung von Lepra in den bevorzugt von Hansen-Krankheit (nach dem Ent Gemeinden sowie die Akzeptanz der Diagnosestel- decker Armauer Hansen)1 anstelle von Lepra ge- lung und Einhaltung des Behandlungsprogramms sprochen. zu fördern. Dies sind zentrale Voraussetzungen, um das übergeordnete Ziel der Leprastrategie, die Elimi Betroffene in vielen Ländern erleben heutzutage nierung der Lepra im Sinne der Übertragungsunter weiterhin soziale Ausgrenzung, Einkommensver- brechung, zu erreichen. Hierzu werden die folgen- luste, eingeschränkten Zugang zu medizinischer den vier spezifischen Ziele angestrebt: Versorgung und Bildung sowie ein vermindertes 1. 120 Länder ohne neue Leprafälle psychisches Wohlbefinden.2 Auch den Betroffenen, 2. 70 % Reduktion der jährlich neu detektierten die keine sichtbaren Leprabeeinträchtigungen auf- Leprafallzahlen weisen, widerfährt gesellschaftliche Stigmatisie- 3. 90 % Verringerung der Rate der neuen Fälle mit rung und Diskriminierung. Grad-2-Behinderung pro Million Einwohner 4. 90 % Verringerung der Zahl der neu an Lepra Entsprechend stellen die sozialen, emotionalen und erkrankten Kinder pro Million Kinder wirtschaftlichen Auswirkungen der Lepra häufig eine größere Belastung dar als die Krankheit selbst. Im Fokus der Strategie stehen sowohl hoch- als Laut der Internationalen Vereinigung der Lepra- auch niedrigendemische Länder für die Lepra. Mit- Hilfswerke (ILEP) leiden heute bis zu fünf Millio tels verbesserter lokal-disaggregierter Datenauswer- nen Menschen unter den Folgen der Stigmatisie- tungen sollen Infektionsherde identifiziert und die rung und Diskriminierung, die bis in den Selbst- Lepraübertragung mit gezielten Interventionen effi- mord führen können.3 zienter und effektiver reduziert werden. Maßnah-
Epidemiologisches Bulletin 3 | 2022 20. Januar 2022 4 men wie die Postexpositionsprophylaxe (PEP)6,7 so- Die Pandemie hat folglich zu noch mehr versteck wie die aktive Fallfindung werden in den Vorder- ten Leprafällen in den Gemeinden geführt. Lepra grund gerückt und innovative Ansätze zur Errei- erkrankte, die nicht aufgefunden, diagnostiziert chung von Zero Leprosy gefördert. Entscheidend und behandelt werden, weisen ein deutlich höheres baut die globale Leprastrategie auf der Teilhabe und Risiko für schwere Krankheitsverläufe und die Ent- Verantwortung durch die nationalen Lepraprogram- stehung von bleibenden Behinderungen auf und me auf (Country Ownership), um die globalen Ziel- übertragen die Infektion in ihrem Umfeld – ein er- setzungen durch kontext-spezifische Maßnahmen- hebliches Risiko auch für Kinder sowie besonders kataloge zu realisieren. vulnerable Populationen. Hinzu kommen die dras- tischen sozio-ökonomischen Auswirkungen durch eine schwere Erkrankung, insbesondere für die be- Wie steht es um Lepra in Anbetracht reits in ärmlichen Verhältnissen lebenden Familien. der weltweiten COVID-19-Pandemie? Der WHO-Leprabericht für das Jahr 20208 hat ver- Aufgrund der langen Übertragungszeit und der deutlicht, was aufgrund der Coronavirus Disease langsamen Krankheitsentwicklung werden die tat- 2019-(COVID-19-)Pandemie bereits befürchtet wur- sächlichen Konsequenzen der COVID-19-Pandemie de: Im Jahr 2020 wurden im Vergleich zum Vorjahr auf die globale Leprasituation und das Schicksal der mit 127.396 Fällen deutlich weniger neue Lepraer- von Lepra Betroffenen erst in einigen Jahren erfass- krankte (–37.1 %) diagnostiziert; auch die registrierte bar sein (wie z. B. ein deutlicher Anstieg von Prävalenz sank um 27,7 % im Vergleich zu 2019. Grad-2-Behinderungen). Einen besonders starken Rückgang von 43,1 % hat Auch die Weiterentwicklung des Lepra-Impfstoffes Indien verzeichnet – das Land mit den global höchs- (LepVaX)10 musste aufgrund von Prioritäten zur Be- ten absoluten Leprafallzahlen. Weltweit wurden im kämpfung des Severe Acute Respiratory Syndrome Jahr 2020 8.629 Kinder neu mit Lepra diagnosti- Coronavirus Type 2 (SARS-CoV-2) in den Hinter- ziert (= 6,8 % aller neuen Fälle), ein Rückgang im grund rücken, denn die für 2021 geplanten medizi- Vergleich zum Vorjahr (7,4 % aller neuen Fälle). Be- nischen Standorte zur Lepra-Impfstoffforschung stehende Grad-2-Behinderungen zum Zeitpunkt wurden zur COVID-19-Impfstoffforschung genutzt. der Diagnose wurden 2020 7.198-mal detektiert, ein Nachdem somit in kürzester Zeit mehrere wirksa- Rückgang von 33,5 % im Vergleich zu 2019. me und essenziell wichtige Impfstoffe gegen COVID-19 existieren, wird bis heute weiterhin auf Diese Daten sind jedoch nicht auf epidemiologische einen wirksamen Impfstoff gegen eine der ältesten Entwicklungen, sondern auf operationelle Negativ Krankheiten der Menschheit gewartet. einflüsse durch die Pandemie zurückzuführen. Es ist alarmierend, wie die Lepradienste durch die Pan demie in den Hintergrund gerückt sind – von der Positive Entwicklungen im Jahr 2021 Einstellung gemeindebasierter Aktivitäten wie der Trotz oder u. a. auch wegen der COVID-19-Pande- aktiven Fallsuche und Kontaktverfolgung, bis hin zu mie gibt es aber auch Positives zu verzeichnen. So drastischen Multi-Drug-Therapie-(MDT-)9 Versor- wurden viele Fortschritte im Bereich der Digitalisie gungsengpässen in vielen Ländern, Umwidmungen rung erzielt. Diese reichen von digitalen Gesund- von Gesundheitspersonal oder gar gesamten Klini- heitsinitiativen für die Diagnose und Überweisung ken zum Zwecke der COVID-19-Versorgung und von Patientinnen und Patienten (z. B. Apps),11 über verminderter Lepra-Aufmerksamkeit durch die lo- Schulungen von Personal (E-Learning)12,13 bis hin zu kalen Gesundheitsbehörden. Dies zeigt sich auch neu angewandten Tools zur breiteren Gesundheits- darin, dass 2020 im Vergleich zu 2019 deutlich we- aufklärung und Reduktion von Stigmatisierung niger Länder überhaupt Lepradaten an die WHO ge- (Audiopedia).14,15 meldet haben (n = 127 vs. n = 160). Auch die verbesserten Wasser-, Sanitärversorgung und Hygiene-(WASH-)Praktiken zur Eindämmung
Epidemiologisches Bulletin 3 | 2022 20. Januar 2022 5 von SARS-CoV-2 werden sich positiv auf Lepra aus- form zur Vernetzung und des voneinander Lernens. wirken. Denn einfache Hygienemaßnahmen wie Eine wichtige Möglichkeit, um durch gemeinsame die verbesserte Selbstpflege gelten als effizient und und intensive Anstrengungen die Zielsetzungen effektiv, um das Risiko für die Entstehung von Be- der Leprastrategie und somit ein würdevolles Leben hinderungen zu reduzieren.16,17 ohne Ausgrenzung und Diskriminierung für Lepra- betroffene zu erreichen. Die offengelegte Fragilität der Gesundheitssysteme in vielen Ländern, besonders im Hinblick auf die Basisgesundheitsversorgung, fordert eine ganzheit- liche und krisenresilientere Stärkung der Gesund- heitssysteme. Auch wenn dies vielerorts mit massi- ven und langfristigen Bemühungen einhergehen muss, wird es ebenfalls einer verbesserten Lepra versorgung zugutekommen. Die seit 2018 von der WHO empfohlene PEP18 wird von einer zunehmenden Anzahl von Ländern neu initiiert oder implementiert. In vielen länderspezi- fischen Strategien findet sich PEP als wichtiges In- strument, welches auf eine zunehmende Akzep- tanz und Umsetzung als zukünftige Routinemaß- nahme schließen lässt. Die ambitionierten Ziele der globalen Leprastrate- gie sind nur mit vereinten Kräften zu schaffen. Ein wegweisender Schritt zur Koordination und Be- schleunigung der globalen Leprabemühungen ist die 2018 gegründete Global Partnership for Zero Leprosy (GPZL),19 die aus Vertreterinnen und Ver- tretern von Nichtregierungsorganisationen, Lepra- Nationalprogrammen, Geberinnen und Gebern, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, Orga- nisationen von Leprabetroffenen, des Privatsektors sowie des Globalen Lepraprogramms der WHO (als Beobachtende) besteht. Die GPZL fördert und un- terstützt die Umsetzung der globalen Leprastrategie der WHO, hat bislang sieben Länder (Nepal, Marok- ko, Ghana, Elfenbeinküste, Uganda, Tanzania und Mozambique) evaluiert und entwickelt auf dieser Basis einen Maßnahmenkatalog zur Erreichung von Zero Leprosy. Bis 2025 sollen 30 Länder evaluiert und in den Jahren 2025 – 2030 auf dem Weg zu Zero Leprosy durch die GPZL unterstützt werden. Ausblick Im November 2022 findet in Indien der 21. Interna- tionale Leprakongress statt. Dieser Kongress vereint die weltweiten Lepraakteure und bietet eine Platt-
Epidemiologisches Bulletin 3 | 2022 20. Januar 2022 6 Literatur Autorinnen und Autoren 1 https://www.nature.com/articles/148110e0 Dr. Saskia Kreibich | Anil Fastenau | Dr. Christa Kasang 2 The Lancet. Abandoning the stigma of leprosy. Lan- DAHW Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe e.V. cet. 2019 Feb 2;393(10170):378. doi: 10.1016/S0140- Korrespondenz: Saskia.Kreibich@DAHW.de 6736(19)30164-3. 3 ILEP: Zero Discrimination. https://ilepfederation. Vorgeschlagene Zitierweise org/zero-leprosy/zero-discrimination/#overview Kreibich S, Fastenau A, Kasang C: Lepra 2022 – Vereint für die Würde von Leprabetroffenen eintreten 4 https://apps.who.int/iris/bitstream/hand- Epid Bull 2022;3:3-6 | DOI 10.25646/9536 le/10665/208824/9789290225096_en.pdf 5 Towards Zero Leprosy. Global Leprosy (Hansen’s Interessenkonflikt disease) Strategy 2021–2030. New Delhi: World Die Autorinnen und Autoren erklären, dass keine Health Organization, Regional Office for South- Interessenkonflikte vorliegen. East Asia; 2017 6 https://www.who.int/docs/default-source/ntds/lep- rosy/global-consultation-on-global-leprosy-strategy- 2021-2030/10-contact-trace-pep-who-guidance.pdf 7 https://www.thelancet.com/journals/langlo/article/ PIIS2214-109X(20)30396-X/fulltext 8 https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/re- sources/WER9636-eng-fre.pdf 9 https://apps.who.int/iris/bitstream/handle/10665/ 274127/9789290226383-eng.pdf 10 https://doi.org/10.1016/j.vaccine.2019.12.050 11 https://nlrinternational.org/news/nlrs-skinapp-em- braced-by-world-health-organization/ 12 https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/re- sources/WER9636-eng-fre.pdf 13 https://searo.labs.enablingdimensions.com/login/ index.php 14 https://www.audiopedia.org/ 15 https://www.dahw.de/unsere-arbeit/mediz- inische-soziale-arbeit/digital-ways-to-health.html 16 https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/ PMC7504265/pdf/ijerph-17-06061.pdf 17 https://www.who.int/publications/i/ item/9789240022782 18 https://apps.who.int/iris/handle/10665/274127 19 https://zeroleprosy.org/
Epidemiologisches Bulletin 3 | 2022 20. Januar 2022 7 Mitteilung der Ständigen Impfkommission beim Robert Koch-Institut Beschluss der STIKO zur 17. Aktualisierung der COVID-19-Impfempfehlung STIKO-Empfehlung zur COVID-19-Impfung Aktualisierung vom 20. Januar 2022 Bei der Coronavirus Disease 2019-(COVID-19-) Impfempfehlung der Ständigen Impfkommission frischimpfung bekommen. Dadurch können (STIKO) handelt es sich um eine Indikationsimpf während der derzeit laufenden Infektions- empfehlung im Rahmen einer Pandemie. Die welle symptomatische SARS-CoV-2-Infektio- STIKO nimmt kontinuierlich eine Bewertung des nen und Erkrankungen soweit wie möglich Nutzens und des Risikos der COVID-19-Impfung reduziert werden. auf Basis der verfügbaren Daten sowohl für die All- ▶▶ Bei Kindern und Jugendlichen ohne Vorer- gemeinbevölkerung als auch für spezielle Zielgrup- krankungen empfiehlt die STIKO einen eher pen vor. Sobald neue Impfstoffe zugelassen und längeren Impfabstand von bis zu 6 Monaten, verfügbar sind oder neue Erkenntnisse mit Einfluss da dadurch aus immunologischen Gründen auf diese Empfehlung bekannt werden, wird die ein besserer Langzeitschutz erzielt werden STIKO ihre COVID-19-Impfempfehlung aktualisie- kann. ren. Die Publikation jeder Aktualisierung erfolgt im Epidemiologischen Bulletin (Epid Bull) und wird auf Optimierung der Grundimmunisierung der Webseite des Robert Koch-Instituts (RKI) be- mit einem mRNA-Impfstoff nach voraus kannt gegeben. Ob es in Zukunft eine Standard gegangener Impfung mit der COVID-19 impfempfehlung oder eine Indikationsimpfemp- Vaccine Janssen fehlung gegen COVID-19 geben wird, kann zum Von der Europäischen Arzneimittelbehörde ist jetzigen Zeitpunkt noch nicht beurteilt werden. seit dem 15.12.2021 eine 2. Impfstoffdosis der COVID-19 Vaccine Janssen für Erwachsene zugelassen. Nach Einschätzung der STIKO ist Empfehlung zur COVID-19-Auffrischimpfung dieses homologe Impfschema jedoch dem für 12 – 17-jährige Kinder und Jugendliche bereits empfohlenen heterologen Impfschema Mit dem Ziel einer Reduktion der Transmission mit einem mRNA-Impfstoff als 2. Impfstoffdo- und der Verhinderung von COVID-19-Erkran- sis unterlegen. Daher empfiehlt die STIKO kungen in der Bevölkerung empfiehlt die STIKO weiterhin zur Optimierung der Grundimmuni- die Auffrischimpfung für Kinder und Jugend sierung mit der COVID-19 Vaccine Janssen liche im Alter von 12 – 17 Jahren mit dem die Verwendung eines mRNA-Impfstoffs als mRNA-Impfstoff Comirnaty (30µg) in einem 2. Impfstoffdosis. Darüber hinaus wird auch Zeitfenster von 3 – 6 Monaten nach der abge weiterhin eine 3. Impfstoffdosis (Auffrischimp- schlossenen Grundimmunisierung. fung) im Abstand von mindestens 3 Monaten ▶▶ Kinder und Jugendliche mit Vorerkrankun- zur 2. Impfstoffdosis mit einem mRNA-Impf- gen sollen möglichst frühzeitig ihre Auf stoff empfohlen.
Epidemiologisches Bulletin 3 | 2022 20. Januar 2022 8 Impfziele Impfstoffe Das übergeordnete Ziel der COVID-19-Impfemp- Für die Impfung gegen COVID-19 sind aktuell in fehlung der STIKO ist es, schwere Verläufe, Hospi- der Europäischen Union (EU) fünf Impfstoffe zuge- talisierungen und Tod sowie Langzeitfolgen durch lassen. Es handelt sich dabei um zwei mRNA-Impf- COVID-19 in der Bevölkerung Deutschlands so weit stoffe (Comirnaty der Firma BioNTech/Pfizer und wie möglich zu reduzieren. Spikevax der Firma Moderna; Comirnaty ist für die Grundimmunisierung ab 5 Jahren, Spikevax ab ▶▶ Die COVID-19-Impfung soll insbesondere 12 Jahren zugelassen) sowie zwei Vektor-basierte Menschen schützen, die infolge von Alter oder Impfstoffe (Vaxzevria der Firma AstraZeneca und Vorerkrankungen ein hohes Risiko haben, an COVID-19 Vaccine Janssen der Firma Janssen Cilag COVID-19 schwer zu erkranken oder zu ver- International; beide zugelassen ab 18 Jahren). Au- sterben. ßerdem ist Nuvaxovid, ein Protein-basierter Impf- ▶▶ Ziel der Impfung von Schwangeren und Stillen- stoff der Firma Novavax, seit dem 20.12.2021 in der den ist die Verhinderung schwerer COVID-19- EU für die Grundimmunisierung zugelassen; die- Verläufe und von Todesfällen in dieser Gruppe ser Impfstoff ist jedoch aktuell noch nicht verfügbar. sowie die Verhinderung von mütterlichen und Bei keinem dieser Impfstoffe handelt es sich um ei- fetalen/neonatalen Schwangerschaftskomplika- nen Lebendimpfstoff. tionen durch eine Infektion mit dem Severe Acute Respiratory Syndrome Coronavirus ▶▶ Unter Berücksichtigung der Empfehlung der Type 2 (SARS-CoV-2). STIKO soll Comirnaty ab 5 Jahren, Spikevax ab ▶▶ Durch die Impfung von Kindern und Jugend 30 Jahren und Vaxzevria und COVID-19 Vaccine lichen sollen COVID-19-Erkrankungen und Janssen ab 60 Jahren verwendet werden (jeweils Hospitalisierungen in dieser Altersgruppe so- ohne obere Altersbegrenzung). Comirnaty ist in wie Komplikationen der SARS-CoV-2-Infektion zwei Dosierungen zugelassen; die 10 µg-Dosis (wie z. B. Pediatric Inflammatory Multisystem für die Anwendung im Alter von 5 – 11 Jahren Syndrome; PIMS) verhindert werden. Zusätz- und die 30 µg-Dosis für die Anwendung im liches Ziel ist es, auch indirekte Folgen von Alter ≥ 12 Jahre. Spikevax ist ebenfalls in zwei SARS-CoV-2-Infektionen zu reduzieren, wie Dosierungen zugelassen; die 100 µg-Dosis für z. B. Isolations- und Quarantänephasen. Die die Anwendung zur Grundimmunisierung STIKO spricht sich jedoch explizit dagegen und die 50 µg-Dosis für die Anwendung zur aus, dass der Zugang von Kindern und Jugend- Auffrischimpfung. lichen zur Teilhabe an Bildung, Kultur und an- ▶▶ Für eine vollständige Grundimmunisierung deren Aktivitäten des sozialen Lebens vom Vor- sind bei den beiden mRNA-Impfstoffen jeweils liegen einer Impfung abhängig gemacht wird. 2 Impfstoffdosen notwendig. ▶▶ Personen mit erhöhtem arbeitsbedingtem ▶▶ Die Grundimmunisierung mit 2 Impfstoffdo- SARS-CoV-2-Expositionsrisiko (berufliche Indi- sen Vaxzevria empfiehlt die STIKO nicht mehr. kation) sollen prioritär geschützt werden. Es wird empfohlen, nach 1 Impfstoffdosis Vax ▶▶ Die COVID-19-Impfung dient auch dem Ziel, zevria 1 Impfstoffdosis eines mRNA-Impfstoffs die Transmission von SARS-CoV-2 in der ge- zu verabreichen (heterologes Impfschema). samten Bevölkerung zu reduzieren. Insbeson- ▶▶ Bei der COVID-19 Vaccine Janssen ist laut Zu- dere in Umgebungen mit einem hohen Anteil lassung für die Grundimmunisierung 1 Impf- vulnerabler Personen und/oder einem hohem stoffdosis ausreichend. Allerdings empfiehlt die Ausbruchspotenzial soll durch die Impfung die STIKO hier eine Optimierung des Impfschutzes Virustransmission minimiert werden, um so ei- durch eine zusätzliche mRNA-Impfstoffdosis. nen zusätzlichen Schutz zu bewirken. ▶▶ Die STIKO empfiehlt für die Durchführung ▶▶ Durch die Impfung eines möglichst großen An- von Auffrischimpfungen einen mRNA-Impf- teils der Bevölkerung soll die Aufrechterhaltung stoff zu verwenden, auch wenn für die Grund staatlicher Funktionen und des öffentlichen Le- immunisierungen nicht oder nicht mehr von bens gesichert werden.
Epidemiologisches Bulletin 3 | 2022 20. Januar 2022 9 Grundimmunisierung (GI) Auffrischimpfung Personengruppe 1. Impfstoffdosis 2. Impfstoffdosis Impfstofftyp, bzw. Impfabstand2 3. Impfstoffdosis Mindestabstand zur Impfschema (Wochen) 2. Impfstoffdosis 5 – 11-Jährige1 Comirnaty (10 µg) Comirnaty (10 µg) Aktuell keine Empfehlung 12 – 17-Jährige Comirnaty (30 µg) 3 – 6 Monate 3–6 18 – 29-Jährige Comirnaty (30 µg) Comirnaty (30 µg) Comirnaty (30 µg) mRNA Comirnaty (30 µg)3 30 – 59-Jährige Spikevax (100 µg) Spikevax (100 µg) 4–6 Spikevax (50 µg)3,5 Comirnaty (30 µg) Comirnaty (30 µg) 3–6 Comirnaty (30 µg) Spikevax (100 µg) Spikevax (100 µg) 4–6 Spikevax (50 µg)3,5 Comirnaty (30 µg) Comirnaty (30 µg)3 Vaxzevria ≥ 60-Jährige Spikevax (100 µg) Spikevax (50 µg)3,5 Comirnaty (30 µg) Heterologes ab 4 Comirnaty (30 µg)3 3 Monate (Optimierung der GI) Impfschema4 COVID-19 Vaccine Janssen4 Spikevax (100 µg) Spikevax (50 µg)3,5 (Optimierung der GI) Schwangere Comirnaty (30 µg) Comirnaty (30 µg) mRNA 3–6 Comirnaty (30 µg) jeden Alters Personen, die Comirnaty (30 µg) einen in der EU (≥ 12-Jährige) oder nicht zugelasse- Erneute Impfserie mit einem in der EU zugelassenen Impfstoff ab 4 Spikevax (50 µg) nen Impfstoff (≥ 30-Jährige)5 erhalten haben Tab. 1 | Von der STIKO empfohlene Impfstoffe und Impfabstände zur Grundimmunisierung und Auffrischimpfung von Immun- gesunden gegen COVID-19 (Stand: 20.01.2022) 1 Kinder mit Vorerkrankungen oder mit Kontakt zu vulnerablen Personen im Umfeld (siehe unten). 2 Sollte der empfohlene Abstand zwischen der 1. und 2. Impfstoffdosis überschritten worden sein, kann die Impfserie dennoch fortgesetzt werden und muss nicht neu begonnen werden. 3 Für die Auffrischimpfung soll möglichst der mRNA-Impfstoff verwendet werden, der bei der Grundimmunisierung zur Anwendung kam. Wenn dieser nicht verfügbar ist, kann bei ≥ 30-Jährigen der jeweils andere mRNA-Impfstoff verwendet werden. Die STIKO betrachtet in der Altersgruppe ≥ 30 Jahre die beiden mRNA-Impfstoffe als gleichwertig. 4 Für eine ausführliche Darstellung der Immunogenität, Sicherheit und Wirksamkeit dieses heterologen Impfregimes siehe 8. Aktualisierung der COVID-19-Impfempfehlung der STIKO und die wissenschaftliche Begründung zur COVID-19 Vaccine Janssen. 5 Für die Auffrischimpfung von Personen mit Immundefizienz soll Spikevax in einer Dosierung von 100 µg verwendet werden (siehe 11. Aktualisierung der COVID-19-Impfempfehlung der STIKO). der STIKO empfohlene Impfschemata zur An- Empfehlung für Personen ab 18 Jahren wendung gekommen sind (s. Tab. 2). Die STIKO empfiehlt die Impfung gegen COVID-19 allen Personen ab 18 Jahren. Bei eingeschränkten Zu weiteren Details zu den COVID-19-Impfstoffen Impfkapazitäten sollen einzelne Personengruppen wird auf die jeweiligen wissenschaftlichen Begrün- aufgrund von Vorerkrankungen oder anderen dungen der STIKO verwiesen. Risikokonstellationen bevorzugt geimpft werden (s. Tab. 3). Das von der STIKO empfohlene Vorgehen zur Grundimmunisierung und zur Auffrischimpfung Für die Impfung soll bei unter 30-Jährigen nur ist in Tabelle 1 und Tabelle 2 abgebildet. Zu Impfun- Comirnaty eingesetzt werden, da in dieser Alters- gen von Personen mit Immundefizienz (ID) siehe gruppe das Risiko des Auftretens einer Myo-/Peri „Empfehlung zur COVID-19-Impfung von Perso- karditis nach Impfung mit Spikevax höher ist als nen mit Immundefizienz“ weiter unten. nach Comirnaty (siehe wissenschaftliche Begrün- dung hierzu). Bei Personen ab 30 Jahren kann einer der beiden zugelassenen mRNA-Impfstoffe (Comir-
Epidemiologisches Bulletin 3 | 2022 20. Januar 2022 10 Schema der durchgeführten Grundimmunisierung Auffrischimpfung ≥ 18 Jahre Komplettierung der Personengruppe Mindestabstand zur 1. Impfstoffdosis 2. Impfstoffdosis Grundimmunisierung 3. Impfstoffdosis 2. Impfstoffdosis Vaxzevria Vaxzevria mRNA-Impfstoff Vektor-basierter Impfstoff COVID-19 Vaccine Vaxzevria Comirnaty (30 µg) Janssen (≥ 18-Jährige) oder ≥ 18-Jährige COVID-19 Vaccine Janssen keine Spikevax (50 µg) Vaxzevria COVID-19 Vaccine Janssen (≥ 30-Jährige)1,2,3 Spikevax (100 µg) Spikevax (100 µg) 3 Monate Vaxzevria Comirnaty (30 µg) Comirnaty (30 µg) im ≥ 18 – 29-Jährige – Comirnaty (30 µg) Abstand von ≥ 4 Wochen COVID-19 Vaccine Janssen Comirnaty (30 µg) oder Comirnaty (30 µg) ≥ 30 – 59-Jährige – Spikevax (100 µg) im oder Spikevax (50 µg) Abstand von ≥ 4 Wochen Tab. 2 | Vorgehen zur Auffrischimpfung gegen COVID-19 bei Impfschemata, die von den aktuellen STIKO-Empfehlungen zur Grundimmunisierung abweichen (Stand: 20.01.2022) 1 Im Alter von 18 – 29 Jahren soll nur Comirnaty eingesetzt werden. 2 In der Altersgruppe ≥ 30 Jahre betrachtet die STIKO die beiden mRNA-Impfstoffe als gleichwertig. 3 Für die Auffrischimpfung von Personen mit Immundefizienz soll Spikevax in einer Dosierung von 100 µg verwendet werden (siehe 11. Aktualisierung der COVID-19-Impfempfehlung der STIKO). naty, Spikevax) verwendet werden, die die STIKO als ▶▶ Die 2. Impfstoffdosis soll mit einem der beiden gleichwertig betrachtet. Wenn der für die 1. Impf- zugelassenen mRNA-Impfstoffe (heterologes stoffdosis verwendete mRNA-Impfstoff nicht ver- Impfschema) ab 4 Wochen nach der 1. Impf- fügbar ist, kann unter Berücksichtigung der Alters stoffdosis der COVID-19 Vaccine Janssen erfol- einschränkung und bei Nichtschwangeren auch der gen, wobei Spikevax erst ab dem Alter von ≥ 30 jeweils andere mRNA-Impfstoff eingesetzt werden. Jahren und nicht bei Schwangeren (jeden Al- Die Grundimmunisierung kann bei ≥ 60-Jährigen ters) eingesetzt werden soll. auch mit einem der beiden zugelassenen Vektor- ▶▶ Von der Europäischen Arzneimittelbehörde basierten Impfstoffe (Vaxzevria, COVID-19 Vaccine (EMA) ist die COVID-19 Vaccine Janssen seit Janssen) begonnen werden. dem 15.12.2021 für eine 2. Impfstoffdosis zur Auffrischimpfung in einem Mindestabstand Die STIKO empfiehlt allen Personen, die bisher nur von 2 Monaten zur 1. Impfstoffdosis zugelassen. eine Dosis eines Vektor-basierten Impfstoffes erhal- Aufgrund der vorliegenden immunologischen ten haben, ein heterologes Impfschema (d. h. Daten ist dieses homologen Zwei-Dosis-Impf- 1. Impfstoffdosis mit Vaxzevria oder der COVID-19 schema nach Einschätzung der S TIKO jedoch Vaccine Janssen, gefolgt von 1 Dosis eines mRNA- dem bereits empfohlenen heterologen Impf- Impfstoffs in einem Abstand von mindestens 4 Wo- schema mit einem mRNA-Impfstoff als 2. Impf- chen). Die Altersbeschränkung für die Vektor- stoffdosis unterlegen. Daher empfiehlt die basierten Impfstoffe erfolgte aufgrund der beobach- STIKO weiterhin zur Optimierung der 1-mali- teten thromboembolischen Ereignisse (s. Tab. 1) (sie- gen Impfung mit der COVID-19 Vaccine Jans- he wissenschaftliche Begründung zum heterologen sen die Verwendung eines mRNA-Impfstoffes Impfschema). als 2. Impfstoffdosis. ▶▶ Bei Vorliegen einer Kontraindikation gegen Personen, die mit 1 Impfstoffdosis COVID-19 Vac mRNA-Impfstoffe oder bei individuellem cine Janssen grundimmunisiert worden sind, sollen Wunsch ist es nach ärztlicher Aufklärung grund- zur Optimierung ihres Impfschutzes eine weitere sätzlich möglich, bei Erwachsenen unabhängig Impfstoffdosis erhalten: vom Alter für die Optimierung der Grundim-
Epidemiologisches Bulletin 3 | 2022 20. Januar 2022 11 munisierung (2. Impfstoffdosis) oder für die A) Personen im Alter ≥ 60 Jahren Auffrischimpfung (3. Impfstoffdosis) auch die B) Personen im Alter ab 18 Jahren mit Grunderkrankungen, COVID-19 Vaccine Janssen zu verwenden. die ein erhöhtes Risiko für schwere COVID-19-Verläufe haben, z. B. ▶▶ Angeborene oder erworbene Immundefizienz bzw. Immunsup- pression (z. B. HIV-Infektion, Z. n. Organtransplantation mit Weitere Details zur Optimierung der Grundimmu- immunsuppressiver Therapie) ▶▶ Autoimmunerkrankungen, inkl. rheumatologische Erkrankungen nisierung mit der COVID-19 Vaccine Janssen finden ▶▶ Chronische Herz-Kreislauf-Erkrankungen ▶▶ Chronische Krankheiten der Atmungsorgane sich in der zugehörigen wissenschaftlichen Begrün- ▶▶ Chronische Lebererkrankungen, inkl. Leberzirrhose dung. ▶▶ Chronische Nierenerkrankungen ▶▶ Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen ▶▶ Chronische neurologische Erkrankungen Zur Grundimmunisierung von Personen, die eine ▶▶ Demenz oder geistige Behinderung ▶▶ Psychiatrische Erkrankungen SARS-CoV-2-Infektion durchgemacht haben siehe ▶▶ Stoffwechselerkrankungen, inkl. Adipositas mit Body Mass Index Tabelle 5. (BMI) > 30 kg/m2 und Diabetes mellitus ▶▶ Trisomie 21 ▶▶ Krebserkrankungen unter immunsuppressiver, antineoplastischer Therapie Empfehlung für Kinder und Jugendliche C) Frauen im gebärfähigen Alter, noch ungeimpfte Schwangere ab dem 2. Trimenon sowie noch ungeimpfte Stillende im Alter von 5 – 11 Jahren D) Kinder und Jugendliche im Alter von 5 – 17 Jahren mit Nach sorgfältiger Analyse der verfügbaren Daten be- Grunderkrankungen, die ein erhöhtes Risiko für schwere COVID-19-Verläufe haben steht derzeit für Kinder ohne Vorerkrankungen in ▶▶ Adipositas (> 97. Perzentile des BMI) dieser Altersgruppe nur ein geringes Risiko für eine ▶▶ Angeborene oder erworbene Immundefizienz oder relevante Immunsuppression schwere COVID-19-Erkrankung, Hospitalisierung ▶▶ Angeborene zyanotische Herzfehler (O -Ruhesättigung < 80 %) 2 und Intensivbehandlung. So sind in Deutschland und Einkammerherzen nach Fontan-Operation ▶▶ Chronische Lungenerkrankungen mit einer anhaltenden während der gesamten bisherigen Pandemie bei Einschränkung der Lungenfunktion unterhalb der 5. Perzentile, gesunden Kindern im Alter von 5 – 11 Jahren keine definiert als z-Score-Wert < –1,64 für die forcierte Einsekunden kapazität (FEV1) oder Vitalkapazität (FVC). COVID-19-bedingten Todesfälle aufgetreten. ▶▶ Schweres oder unkontrolliertes Asthma bronchiale ▶▶ Chronische Nierenerkrankungen ▶▶ Chronische neurologische oder neuromuskuläre Erkrankungen Auch wenn in den Zulassungsstudien keine schwer- ▶▶ Diabetes mellitus, wenn nicht gut eingestellt bzw. mit HbA1c- Wert > 9,0 % wiegenden Nebenwirkungen berichtet wurden, be- ▶▶ Schwere Herzinsuffizienz steht hinsichtlich der Sicherheit des Impfstoffs in ▶▶ Schwere pulmonale Hypertonie ▶▶ Syndromale Erkrankungen mit schwerer Beeinträchtigung dieser Altersgruppe noch keine ausreichende Da- ▶▶ Trisomie 21 tenlage zu seltenen oder gar sehr seltenen uner- ▶▶ Tumorerkrankungen und maligne hämatologische Erkrankungen wünschten Wirkungen. Dies liegt daran, dass auf- E) BewohnerInnen von SeniorInnen- und Altenpflegeheimen sowie BewohnerInnen in Gemeinschaftsunterkünften (Alter: ≥ 12 Jahre) grund der Gruppengröße des Impfarms der Zulas- F) Enge Kontaktpersonen von Schwangeren oder Personen mit sungsstudie verlässliche Aussagen zu Nebenwir- einem Risiko für schwere COVID-19-Verläufe (Alter: ≥ 5 Jahre) kungen, die seltener als 1 in 100 bis 200 auftreten, G) Personen, die arbeitsbedingt besonders exponiert sind, engen Kontakt zu vulnerablen Personengruppen haben, oder Personen nicht möglich sind. Des Weiteren ist die Nachbeob- in Schlüsselpositionen, z. B. achtungszeit in den Ländern, die bereits 5 – 11-Jäh ▶▶ Personal mit erhöhtem Expositionsrisiko in medizinischen Einrichtungen rige mit mRNA-Impfstoffen gegen COVID-19 imp- ▶▶ Personal mit engem Kontakt zu vulnerablen Gruppen in fen, noch vergleichsweise kurz. medizinischen Einrichtungen ▶▶ Pflegepersonal und andere Tätige in der ambulanten und stationären Altenpflege oder Versorgung von Personen mit Modellierungsanalysen deuten darauf hin, dass die Demenz oder geistiger Behinderung ▶▶ Tätige in Gemeinschaftsunterkünften COVID-19-Impfung von 5 – 11-jährigen Kindern ▶▶ Medizinisches Personal im Öffentlichen Gesundheitsdienst (5,2 Mio.; etwa 6 % der Bevölkerung in Deutsch- (ÖGD) ▶▶ LehrerInnen und ErzieherInnen land) auf die Infektionsübertragung in der Gesell- ▶▶ Beschäftigte im Einzelhandel ▶▶ Beschäftigte zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit schaft sowie den weiteren Verlauf der Pandemie in ▶▶ Personal in Schlüsselpositionen der Landes- und Bundesregie- Deutschland und insbesondere die gegenwärtige In- rungen ▶▶ Berufsgruppen der kritischen Infrastruktur fektionswelle einen geringen Effekt hat und dieser vielmehr entscheidend von der Impfquote unter Tab. 3 | Personen mit besonderer Indikation für eine den Erwachsenen abhängt. COVID-19-Impfung (Die Gruppen und Vorerkrankungen sind nicht nach Relevanz geordnet.) Stand: 20.01.2022
Epidemiologisches Bulletin 3 | 2022 20. Januar 2022 12 Daher spricht die STIKO für 5 – 11-jährige Kinder Bei individuellem Wunsch von Kindern und Eltern ohne Vorerkrankungen derzeit keine generelle Impf bzw. Sorgeberechtigten kann die COVID-19-Imp- empfehlung aus. Sie empfiehlt jedoch Kindern die fung auch bei 5 – 11-jährigen Kindern ohne Vorer- ser Altersgruppe mit verschiedenen Vorerkrankun krankungen nach ärztlicher Aufklärung erfolgen. gen (s. Tab. 3) aufgrund des erhöhten Risikos für ei nen schweren COVID-19-Verlauf eine Grundimmu- Für weitere Details siehe Wissenschaftliche Begrün- nisierung mit 2 Impfstoffdosen des mRNA-Impfstoffs dung der STIKO zur Empfehlung der Impfung ge- Comirnaty in altersgemäß zugelassener Formulie gen COVID-19 bei Kindern im Alter von 5 – 11 Jahren. rung (10 µg) im Abstand von 3 – 6 Wochen. Zusätzlich wird die Impfung 5 – 11-jährigen Kindern Empfehlung für Kinder und Jugendliche empfohlen, in deren Umfeld sich Angehörige oder im Alter von 12 – 17 Jahren andere Kontaktpersonen mit hohem Risiko für ei Die STIKO empfiehlt für alle 12 – 17-Jährigen die nen schweren COVID-19-Verlauf befinden, die COVID-19-Impfung mit 2 Dosen des mRNA-Impf- selbst nicht geimpft werden können oder bei denen stoffs Comirnaty (30 µg) im Abstand von 3 – 6 Wo- der begründete Verdacht besteht, dass die Impfung chen (s. Tab. 1). Für die Impfung soll nur Comirnaty nicht zu einem ausreichenden Schutz führt (z. B. eingesetzt werden, da in dieser Altersgruppe das Ri- Menschen unter immunsuppressiver Therapie). siko des Auftretens einer Myo-/Perikarditis nach Impfung mit Spikevax höher ist als nach Comirnaty. 5 – 11-jährige Kinder mit einer der oben genannten Die Impfung erfordert eine ärztliche Aufklärung Vorerkrankungen, die bereits eine labordiagnos- unter Berücksichtigung des Nutzens und des Risi- tisch gesicherte SARS-CoV-2-Infektion durchge kos, die auch für die betroffenen Kinder und Ju- macht haben, sollen eine Impfstoffdosis im Abstand gendlichen verständlich sein muss. von mindestens 3 Monaten zur SARS-CoV-2-Infek- tion erhalten. Kinder und Jugendliche, die aufgrund einer Vorer krankung ein erhöhtes Risiko für einen schweren Bei Kindern mit ID, die eine SARS-CoV-2-Infektion COVID-19-Verlauf (s. Tab. 3) haben, sollen bevorzugt durchgemacht haben, muss im Einzelfall entschie- berücksichtigt werden. Gleiches gilt für Kinder und den werden, ob 1 Impfstoffdosis zur Grundimmuni- Jugendliche ab 12 Jahren, in deren Umfeld sich An sierung ausreicht oder eine vollständige Impfserie gehörige oder andere Kontaktpersonen mit hoher verabreicht werden sollte. Dies hängt maßgeblich Gefährdung für einen schweren COVID-19-Verlauf von Art und Ausprägung der ID ab. befinden, die selbst nicht geimpft werden können oder bei denen anzunehmen ist, dass auch nach Impfungen, die trotz bestehender Immunität verab- Impfung kein ausreichender Schutz besteht (z. B. reicht werden, sind gut verträglich und unschädlich. Menschen unter immunsuppressiver Therapie). Es ist grundsätzlich nicht erforderlich vor Verabrei- chung einer COVID-19-Impfung das Vorliegen ei- Für Jugendliche, die tätigkeits- bzw. arbeitsbedingt ner (unerkannt) durchgemachten SARS-CoV-2- entweder ein erhöhtes Expositionsrisiko aufweisen Infektion labordiagnostisch auszuschließen. Der oder engen Kontakt zu vulnerablen Personengrup- serologische Nachweis kann jedoch im Einzelfall pen haben, besteht eine berufliche Impfindikation hilfreich sein, um über eine Impfindikation zu ent- (s. Tab. 3, Abschnitt G). scheiden. Um Viruseinträge in Gemeinschaftseinrichtungen 5 – 11-jährige Kinder ohne Vorerkrankungen, die be- (Schulen und andere Einrichtungen für Kinder und reits eine labordiagnostisch gesicherte SARS-CoV-2- Jugendliche) zu minimieren und den Betrieb dieser Infektion durchgemacht haben, sollen vorerst nicht Einrichtungen so lange wie möglich aufrecht zu er- geimpft werden. halten, sollten Eltern, LehrerInnen, ErzieherInnen sowie andere Betreuungspersonen von Kindern
Epidemiologisches Bulletin 3 | 2022 20. Januar 2022 13 und Jugendlichen das Impfangebot dringend wahr- Empfehlungen zur Auffrischimpfung nehmen. Die STIKO empfiehlt allen Personen im Alter ≥ 12 Jahren eine COVID-19-Auffrischimpfung mit einem Zur Grundimmunisierung und Auffrischimpfung mRNA-Impfstoff. Bei 12 – 17-Jährigen soll die Auf von Jugendlichen, die eine SARS-CoV-2-Infektion frischimpfung in einem Zeitfenster von 3 – 6 Mona- durchgemacht haben siehe Tabelle 5. ten nach der abgeschlossenen Grundimmunisie- rung erfolgen. Kinder und Jugendliche mit Vorer- Für weitere Details siehe Wissenschaftliche Begrün- krankungen sollen möglichst frühzeitig ihre Auf dung der STIKO für die Empfehlung zur Impfung frischimpfung bekommen und für 12 – 17-Jährige gegen COVID-19 bei Kindern und Jugendlichen von ohne Vorerkrankungen wird ein eher längerer Ab- 12 – 17 Jahren. stand von bis zu 6 Monaten empfohlen. Bei ≥ 18-Jährigen ist die Auffrischimpfung in einem Empfehlung für Schwangere und Stillende Mindestabstand von 3 Monaten empfohlen. Ziel ist Die STIKO empfiehlt allen ungeimpften Personen es, durch diese forcierte Auffrischimpfkampagne im gebärfähigen Alter dringend die Impfung gegen und den verkürzten Impfabstand schwere Verläufe COVID-19, sodass ein optimaler Schutz vor dieser von C OVID-19 zu verhindern und die Transmission Erkrankung bereits vor Eintritt einer Schwanger- insbesondere der sich ausbreitenden Omikron-Vari- schaft besteht (s. Tab. 3). ante zu vermindern. Noch ungeimpften Schwangeren wird die Impfung Ziel der Auffrischimpfung ist die Aufrechterhaltung mit 2 Dosen des mRNA-Impfstoffs Comirnaty ab des Individualschutzes sowie die Reduktion der dem 2. Trimenon empfohlen. Wenn die Schwanger- Transmission von SARS-CoV-2 in der Bevölkerung. schaft nach bereits verabreichter 1. Impfstoffdosis Beides trägt zu einer Verhinderung schwerer Er- festgestellt wurde, sollte die 2. Impfstoffdosis erst ab krankungs- und Todesfälle und somit zu einer Ent- dem 2. Trimenon verabreicht werden. lastung des Gesundheitssystems in Deutschland während der aktuellen wie auch möglichen nachfol- Bereits mit 2 Impfstoffdosen geimpften Schwange genden Infektionswellen bei. Dieser zuletzt ge- ren soll unabhängig vom Alter ab dem 2. Trimenon nannte epidemiologische Effekt ist nicht kurzfristig eine Auffrischimpfung mit dem mRNA-Impfstoff zu erreichen. Comirnaty in einem Abstand von 3 Monaten zur Grundimmunisierung angeboten werden, auch Unabhängig davon, welcher Impfstoff bei der wenn für diese Gruppe bisher keine Daten zu einer Grundimmunisierung verwendet wurde, soll für Auffrischimpfung vorliegen. die Auffrischimpfung ein mRNA-Impfstoff einge- setzt werden: Darüber hinaus empfiehlt die STIKO ungeimpften ▶▶ Für Personen < 30 Jahren wird ausschließlich Stillenden die Impfung mit 2 Dosen eines mRNA- der Einsatz von Comirnaty empfohlen. Impfstoffs, wobei bei unter 30-Jährigen nur Comir ▶▶ Für Personen im Alter ≥ 30 Jahren sind beide naty eingesetzt werden soll, da in dieser Altersgrup- derzeit verfügbaren mRNA-Impfstoffe (Comir- pe das Risiko des Auftretens einer Myo-/Perikarditis naty und Spikevax) gleichermaßen für die Auf- nach Impfung mit Spikevax höher ist als nach Co- frischimpfung geeignet. mirnaty. ▶▶ Comirnaty ist ab dem Alter von 18 Jahren für die Auffrischimpfung in derselben Dosierung wie Weitere Details finden sich in der Wissenschaftli- für die Grundimmunisierung zugelassen. chen Begründung der STIKO zur Impfung gegen Spikevax ist ab dem Alter von 18 Jahren für die COVID-19 von Schwangeren und Stillenden. Auffrischimpfung von Immungesunden in der halben Dosierung (50 µg) zugelassen. ▶▶ Für die Auffrischimpfung soll möglichst der mRNA-Impfstoff verabreicht werden, der bei
Epidemiologisches Bulletin 3 | 2022 20. Januar 2022 14 der Grundimmunisierung zur Anwendung ge- kann auch Spikevax in einer Dosierung von 100 μg kommen ist. Wenn dieser nicht verfügbar ist, im Abstand von 4 – 6 Wochen verwendet werden. kann auch der jeweils andere mRNA-Impfstoff eingesetzt werden. Bei Personen mit ID, die eine gesicherte SARS- CoV-2-Infektion durchgemacht haben, muss im Bisher Ungeimpfte sollen vordringlich geimpft Einzelfall entschieden werden, ob 1 Impfstoffdosis werden. ausreicht oder eine vollständige Impfserie verab- reicht werden sollte. Dies hängt maßgeblich von Art Zur Auffrischimpfung für Personen, die eine SARS- und Ausprägung der ID ab. CoV-2-Infektion durchgemacht siehe Tabelle 5. Personen mit einer ID, die bisher als 1. Impfstoff Weitere Details finden sich in den Wissenschaftli- dosis einen Vektor-basierten Impfstoff (Vaxzevria chen Begründungen der STIKO zur Aktualisierung oder COVID-19 Vaccine Janssen) erhalten haben, der Empfehlung der COVID-19-Auffrischimpfung sollen eine weitere Impfstoffdosis mit einem mit einem mRNA-Impfstoff und zur Empfehlung mRNA-Impfstoff (im Alter < 30 Jahre nur Comir der COVID-19-Auffrischimpfung von 12 –17-Jährigen. naty) im Abstand von ≥ 4 Wochen erhalten. Wann und für wen ggf. in Zukunft nach der ersten Allen Personen ab 12 Jahren mit ID soll frühestens Auffrischimpfung weitere Auffrischimpfungen 3 Monate nach einer COVID-19-Grundimmunisie empfohlen werden, kann derzeit noch nicht gesagt rung (homologes oder heterologes Impfschema) werden. eine Auffrischimpfung mit einem mRNA-Impfstoff angeboten werden. Für die Auffrischimpfung soll in der Regel der mRNA-Impfstoff verabreicht werden, Empfehlung zur COVID-19-Impfung der bei der Grundimmunisierung zur Anwendung von Personen mit Immundefizienz (ID) gekommen ist. Wenn dieser nicht verfügbar ist, Immunsupprimierende oder immunmodulierende kann auch der jeweils andere mRNA-Impfstoff ein- Therapien können prinzipiell auch bei einer anste- gesetzt werden. Für Personen ab 12 Jahren mit ID henden Impfstoffgabe weitergeführt werden. Emp- ist Comirnaty als 3. Impfstoffdosis zugelassen. Die fehlenswert für den bestmöglichen Impferfolg ist Dosierung (30 μg) für die Auffrischimpfung ist die- eine möglichst geringe Immunsuppression zum selbe wie für die Grundimmunisierung. Spikevax ist Zeitpunkt der Impfung. So sollte z. B. der Impfzeit- für die 3. Impfstoffdosis von PatientInnen mit ID punkt in die Mitte der Verabreichungsintervalle der mit der für die Grundimmunisierung verwendeten immunsupprimierenden oder immunmodulieren- Dosierung (100 μg) ab einem Alter von 12 Jahren zu- den Medikation gelegt werden. Bei geplanter anti- gelassen; die STIKO empfiehlt den Einsatz des neoplastischer Therapie („Chemotherapie“) soll die Impfstoffs jedoch erst ab dem Alter von 30 Jahren Impfung mindestens 2 Wochen vor deren Beginn (siehe oben). erfolgen, um eine suffiziente Immunantwort zu er- möglichen. Eine Handreichung findet sich in den Bei schwer immundefizienten Personen ab dem Al- Anwendungshinweisen der STIKO zum Impfen bei ter 5 Jahren mit einer erwartbar stark verminderten verschiedenen Erkrankungen mit ID und unter im- Impfantwort (s. Tab. 4) kann die 3. Impfstoffdosis munsuppressiver Therapie. bereits 4 Wochen nach der 2. Impfstoffdosis als Optimierung der primären Impfserie verabreicht Bisher ungeimpfte immundefiziente Personen sol- werden. Über den Zeitpunkt einer Auffrischimp- len zunächst eine Impfserie eines mRNA-Impf- fung nach der primären Impfserie (bestehend aus stoffs erhalten. Ab dem Alter von 5 Jahren sind 3 Impfstoffdosen) muss bei diesen Personen im Ein- 2 Impfstoffdosen Comirnaty (10 µg für 5 – 11-jährige zelfall entschieden werden (siehe auch 11. Aktualisie- Kinder; 30 µg für ≥ 12-Jährige) im Abstand von 3 – 6 rung der COVID-19-Impfempfehlung der STIKO). Wochen empfohlen und ab dem Alter von 30 Jahren
Epidemiologisches Bulletin 3 | 2022 20. Januar 2022 15 Überprüfung Weiteres COVID-19-mRNA- der Impfantwort Vorgehen bezgl. Therapie bzw. Grunderkrankung Grundimmunisierung vor und ≥ 4 Wochen der COVID-19- (2 Impfstoffdosen) nach der Immunisierung 3. Impfstoffdosis Therapien ohne relevante Einschränkung der Impfantwort (Beispiele) Apremilast, Dimethylfumarat, Glatirameracetat, Typ I Interferon (IFN-β)1 Systemische, kurzzeitige (< 2 Wochen) Glukokortikoidtherapie mit niedriger Dosierung (Erwachsene: < 10 mg Prednisolonäquivalent/Tag, Kinder: < 0,2mg Prednisolonäquivalent/kg KG/Tag) Niedrig-potente Immunsuppressiva: Methotrexat (MTX): (Erwachsene: ≤ 20 mg/Wo; Kinder: ≤ 15 mg/m2 KOF/ Woche), Ciclosporin (Kinder und Erwachsene: ≤ 2,5 mg/kg KG/Tag), Auffrischimpfung Leflunomid (Erwachsene: ≤ 20 mg/Tag, Kinder: ≤ 0,5 mg/kg KG/Tag), Ja Nein ≥ 3 Monate2 Azathioprin (< 3 mg/kg KG/Tag) JAK-Inhibitoren, z. B. Tofacitinib (Erwachsene: ≤ 5 –10 mg/Tag) Einige niedrig-potente Biologika (z.B. Anti-TNF [Infliximab] bei niedriger Dosierung [≤ 3 mg/kg KG alle 8 Wochen]; Antikörper gegen IL-1 [z.B. Canakinumab], IL-6R [z.B. Toculizumab], IL-17A [z.B. Secukinumab], IL-23 [z.B. Risankizumab]; Anti-B-Lymphozyten-Stimulator [anti-BLyS/ BAFF; Belimumab] Erkrankungen, die von sich aus zu keiner relevanten Einschränkung der Impfantwort führen (Beispiele) Autoimmunkrankheiten (unbehandelt): z. B. rheumatoide Arthritis, Systemischer Lupus Erythematodes, Multiple Sklerose Auffrischimpfung Ja Nein Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen ≥ 3 Monate2 HIV-Infektion mit > 200 CD4-Zellen und ohne nachweisbare Viruslast Therapien mit relevanter Einschränkung der Impfantwort (Beispiele) Systemische Glukokortikoidtherapie mit intermediärer Dosierung (10 – 20 mg Prednisolonäquivalent/Tag, > 2 Wochen) oder hoher Dosierung (> 1 mg Prednisolonäquivalent/kg KG/Tag, > 2 Wochen) oder i. v. Stoßtherapie mit sehr hohen Dosen (z. B. 10 – 20 mg/kg KG/Tag Prednisolon-Äquivalent über 3 – 5 Tage in monatlicher Wiederholung) Optimierung der MTX: Erwachsene: > 20 mg/Woche; Kinder: > 15 mg/m2 KOF/Woche primären Impfserie durch zusätzliche Azathioprin (≥ 3 mg/kg KG/Tag) Ja Ja Impfstoffdosis im Cyclophosphamid Abstand ≥ 4 Wochen Mycophenolat-Mofetil Biologika mit schwerer immunsuppressiver Wirkung (z. B. Biologika mit B-Zell-depletierender Wirkung wie anti-CD20- Antikörper [Ocrelizumab, Rituximab]; CTLA4-Ig [Abatacept] Fingolimod) Erkrankungen, die direkt oder infolge der notwendigen Therapie mit einer relevanten Einschränkung der Impfantwort einhergehen (Beispiele) Schwere primäre (angeborene) Immundefekte Z. n. Transplantation eines soliden Organs Optimierung der Z. n. Stammzelltransplantation (mit noch unvollständiger Rekonstitution) primären Impfserie Ja durch zusätzliche Ja HämodialysepatientInnen Impfstoffdosis im Abstand ≥ 4 Wochen Krebserkrankungen unter immunsuppressiver, antineoplastischer Therapie HIV-Infektion mit ≤ 200 CD4-Zellen und/oder nachweisbarer Viruslast Tab. 4 | COVID-19-mRNA-Impfung und Kontrolle der SARS-CoV-2-Spikeprotein-Antikörper bei PatientInnen mit Immundefizienz in Abhängigkeit des erwarteten Impfansprechens. Orientierende Einordnung der erwarteten Impfantwort infolge häufiger Erkrankungen bzw. häufig verwendeter Therapeutika mit unterschiedlich starker immunsuppressiver Wirkung (der Grad der Immundefizienz ist nicht nur vom Arzneimittel, sondern auch von patientInneneigenen Faktoren abhängig). Die Aufzählung in der Tabelle ist nicht abschließend, sondern hat beispielhaften Charakter. (Stand: 20.01.2022) kg = Kilogramm; KG = Körpergewicht; KOF = Körperoberfläche 1 Die suppressive Wirkung dieser Substanzen auf die Immunantwort nach anderen Impfungen ist nach gegenwärtiger Studien lage variabel oder – wie im Falle der COVID-19-mRNA-Impfung – noch nicht untersucht,1,2 weswegen hier eine Auffrischimpfung nach frühestens 3 Monaten empfohlen wird. 2 Comirnaty (30 µg) (≥ 12-Jährige) oder Spikevax (100 µg) (≥ 30-Jährige)
Epidemiologisches Bulletin 3 | 2022 20. Januar 2022 16 Eine serologische Antikörpertestung wird nicht Hinweise zur praktischen Umsetzung grundsätzlich empfohlen. Der Wert, der einen sicheren Schutz bedeutet und damit eine oder meh- Durchführung der Impfung rere Impfstoffdosen unnötig machen würde, ist ▶▶ Eine COVID-19-Impfung setzt eine sorgfältige nicht bekannt. Aufklärung der zu impfenden Person bzw. des Vorsorgebevollmächtigten oder Sorgeberechtig- Lediglich bei schwer immundefizienten Personen ten voraus. Bei Minderjährigen, die aufgrund mit einer erwartbar stark verminderten Impfant- ihres Alters und ihrer Entwicklung die erforder- wort (s. Tab. 4) soll frühestens 4 Wochen nach der liche Einsichts- und Entscheidungsfähigkeit be- 2. Impfstoffdosis UND frühestens 4 Wochen nach sitzen, ist auch ihr Wille zu berücksichtigen, so- der 3. Impfstoffdosis eine serologische Untersu dass ein Konsens zwischen den Minderjährigen chung auf spezifische Antikörper gegen das SARS- sowie den zur Einwilligung Berechtigten vorlie- CoV-2-Spikeprotein erfolgen (Gesamtprotein, S1- gen sollte. In Fällen von widersprüchlichen Ein- Untereinheit oder Rezeptorbindungsdomäne). Die stellungen der gemeinsam Sorgeberechtigten Blutentnahme für die erste Antikörpermessung ist bei gerichtlichen Auseinandersetzungen in kann am selben Termin durchgeführt werden, an der Regel davon auszugehen, dass dem/der dem die 3. Impfstoffdosis verabreicht wird; das Anti Sorgeberechtigten die Entscheidungsbefugnis körperergebnis muss aus den o. g. Gründen für die übertragen wird, der/die die Impfung befür- Gabe der 3. Impfstoffdosis nicht abgewartet werden. wortet (s. hierzu auch OLG Frankfurt a.M., Be- Eine 2- oder mehrmalige Messung ermöglicht bei schluss v. 17.08.2021, Az. 6 UF 120/21). initial fehlender oder niedriger Antikörperantwort ▶▶ Bei der Impfung sind die Anwendungshinwei- die Beobachtung eines ggf. einsetzenden Impf se in den Fachinformationen zum jeweiligen erfolgs (Antikörperdynamik). Sollten nach der Impfstoff sowie die veröffentlichten Rote-Hand- 3. Impfstoffdosis unverändert sehr niedrige oder Briefe zu beachten. keine spezifischen Antikörper messbar sein, sind ▶▶ Auch bei sehr alten Menschen oder Menschen die betroffenen PatientInnen über den möglicher- mit progredienten Krankheiten, die sich in ei- weise fehlenden Immunschutz aufzuklären. nem schlechten Allgemeinzustand befinden, muss die Impffähigkeit gegeben sein. Bei die- Für Personen ohne ausreichenden Immunschutz sen Gruppen sollte ärztlich geprüft werden, ob ist die Einhaltung von Abstands- und Hygiene ihnen die Impfung empfohlen werden kann. regeln besonders wichtig. Es gilt in besonderer Wei- ▶▶ Die Impfung ist strikt intramuskulär (i. m.) und se auf eine umfassende Impfung aller Kontaktper- keinesfalls intradermal, subkutan oder intravas- sonen hinzuwirken. Über das weitere Vorgehen bei kulär (i. v.) zu verabreichen. Bei PatientInnen diesen PatientInnen muss individuell entschieden unter Antikoagulation soll die Impfung eben- werden. falls i. m. mit einer sehr feinen Injektionskanüle und einer anschließenden festen Kompression Kontaktpersonen von Personen mit ID sollten voll- der Einstichstelle über mindestens 2 Minuten ständig geimpft sein (COVID-19-Grundimmunisie- erfolgen. rung und ab 12 Jahren auch eine Auffrischimpfung). ▶▶ Zwischen COVID-19-Impfungen und der Ver Dies gilt auch für andere Impfungen, z. B. gegen In- abreichung anderer Totimpfstoffe muss kein fluenza. Zudem sollten Kontaktpersonen im Um- Impfabstand eingehalten werden. Sie können gang mit einer schwer immundefizienten Person – auch zeitgleich gegeben werden. Zu Impfun- insbesondere, wenn diese nicht oder nicht ausrei- gen mit Lebendimpfstoffen soll hingegen ein chend auf die COVID-19-Impfung angesprochen Mindestabstand von 14 Tagen vor und nach je- hat – auf konsequentes Tragen eines medizinischen der COVID-19-Impfung eingehalten werden Mund-Nasen-Schutz achten. (siehe auch STIKO-Empfehlung zur Koadmi- nistration von COVID-19-Impfstoffen und an- deren Totimpfstoffen und die dazugehörige wissenschaftliche Begründung).
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