ERFOLGREICHE JAHRE Aufbau und Ausbau der Spezialmalzfabrik 1888-1913 - Weyermann

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ERFOLGREICHE JAHRE Aufbau und Ausbau der Spezialmalzfabrik 1888-1913 - Weyermann
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                                                                             JAHRE
                                                                        Aufbau und Ausbau
                                                                       der Spezialmalzfabrik
                                                                                 1888-1913

Der Vorgeschichte und den ersten        Die Innovation von SINAMAR®, dem      werden registriert, die nationale und
Erfolgen bei der Herstellung von        entbitterten Farbmalzbier, fällt in   internationale Vernetzung des Un-
Malzprodukten schloss sich in den       diese Zeit, ebenso die Gründung       ternehmens wird greifbar. Die Pro-
Jahren 1888 bis 1913 der Auf- und       des Filialbetriebs Johann Baptist     duktion steigert sich kontinuierlich
Ausbau der Spezialmalzfabrik an         Weyermann Farbmalzbier-Brauerei       auf über 75.000 Doppelzentner (dz),
der Memmelsdorfer Straße an. Die        in Potsdam, der sich zu Europas       und Johann Baptists Söhne Rudolf
gesamte Zeit bis vor den Ersten         größter Röstmalzbierbrauerei entwi-   und Carl treten in die Geschäftslei-
Weltkrieg war für Weyermann Malz        ckelt. Patente und Warenzeichen       tung des Unternehmens ein.
eine ausgesprochene Konjunktur-
phase mit beachtlichen Erfolgen.
Große Projekte werden in dieser
Epoche realisiert: die Errichtung der
neuen Produktionsgebäude an der
Memmelsdorfer Straße, besonders
der Pneumatischen Mälzerei, und
die Produktionsverlagerung an den
heutigen Standort.
Ab 1896 erringt das Unternehmen
etliche Preise und höchste Aus-
zeichnungen auf nationalen und in-
ternationalen Ausstellungen, was
die exzellente Qualität der Weyer-
mann’schen Produkte schon vor
über 100 Jahren dokumentiert.
ERFOLGREICHE JAHRE Aufbau und Ausbau der Spezialmalzfabrik 1888-1913 - Weyermann
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                                                       Die Produktionsfläche wird zu klein                                                                                      Memmelsdorfer Straße 68

                                           Mit großem Erfolg produzierte Jo-     ternehmen am Oberen Kaulberg bis                                         Das Grundstück der heutigen Pro-       nationalen Absatzmarkt bestens
                                           hann Baptist die ersten Jahre seit    zur Mitte der achtziger Jahre des 19.                                    duktionsstätte an der Memmelsdor-      rüstete. 1888 beauftragte Johann
                                           der Unternehmensgründung 1879         Jahrhunderts ständig ausbauen und                                        fer Straße war durch die Möglich-      Baptist seinen Schwager, den Archi-
                                           auf dem Gelände seiner Schwieger-     erweitern musste. 1887 wurde eine                                        keit einer direkten Anbindung an die   tekten Gustav Haeberle, mit der Pla-
                                           eltern in der Laurenzistraße 28.      eigene Farbmalzbrennerei errichtet.                                      Eisenbahnlinie schon damals stra-      nung der ersten Gebäude an der
                                           Die Nachfrage nach den Weyer-         Da die dortigen Verhältnisse auf-                                        tegisch von größter Bedeutung.         Memmelsdorfer Straße. Die Verla-
                                           mann’schen Malzprodukten entwi-       grund der rasanten Entwicklung zu-                                       Ausschlaggebend dürfte auch der        gerung an den neuen Standort be-
                                           ckelte sich jedoch in solch hervor-   nehmend enger wurden und eine                                            ständig größer werdende Bedarf an      deutete einen großen Schritt hin zur
                                           ragender Weise, dass das junge Un-    weitere Expansion am damaligen                                           Gerste gewesen sein, der am neu-       Professionalisierung des Betriebes.
                                                                                 Standort nicht möglich war bzw.                                          en Standort in idealer Weise über
                                    1888                                         nicht sinnvoll erschien, erwarb Jo-                                      die Eisenbahn bedient werden kon-                                             1904
                                                                                 hann Baptist im Frühjahr 1888 an                                         nte. Verglichen mit den beengten lo-
                                                                                 der Memmelsdorfer Straße jenseits                                        gistischen Möglichkeiten am Obe-
                                                                                 der Bahnlinie Grund und Boden, um                                        ren Kaulberg, war die unmittelbare
                                                                                 das Unternehmen schrittweise an                                          Anlieferung von Gerste und der Ver-
                                                                                 den jetzigen Standort zu verlegen.                                       sand der Produkte mittels eines di-
                                                      1890                       Das Gelände lag damals fernab jeg-                                       rekten Gleisanschlusses ein be-                         1903
                                                                                 licher Bebauung an der Peripherie                                        schaffungs- und vertriebstechni-
                                                                                 Bambergs. 1880 standen hier ledig-                                       scher Glücksfall, der das Unterneh-
                                                                                 lich 7 bewohnte Häuser.                                                  men für den nationalen und inter-

                                                                            1892        Die Bilder zeigen in sehr anschaulicher Weise die   Nach weiteren Um- und Ausbauten realisierte
                                                                                                                                                                                              1902
                                                                                        Entwicklung des Weyermann’schen Firmenkom-          man 1897 die Farbmalzbrennerei und 1904 das
                                                                                        plexes an der Memmelsdorfer Straße. 1888 wur-       große Gebäude der Pneumatischen Mälzerei.
                                                                                        de das erste Lager- und Kontorgebäude errich-       Die heutige Gestalt des kontinuierlich wachsen-
                                                                                        tet. Es folgte der Bau der Alten Brennerei und      den Unternehmens ist schon seit der Jahrhun-
                                                                                        des Alten Maschinen- und Kesselhauses               dertwende deutlich zu erkennen

                                                                                                    1893                                                               1901                                                                    Querschnitt durch die neuen
                                                                                                                                                                                                                                                Mälzereigebäude 1903 / 04

     Die Belegschaft der Mälzerei
     Mich. Weyermann im Jahr 1888

                                                                                                                                1897        1900
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                                                                                     Gustav Haeberle
                                                                                      (1853 - 1930)
          Gustav Haeberle                                                                                                                                                     Bauabschnitt I: 1888 -1896
                                                                                                                                 Die Altenburg in Bamberg
                                                                                                                                 mit dem von Haeberle ge-
                                                                                                                                 bauten Pallasgebäude
     Der über Bamberg hinaus bekann-                                                                                                                        Das Grundstück, auf dem Johann         Planung unter Haeberles Federfüh-
     te Architekt Gustav Haeberle war                                                                                                                       Baptist das erste Fabrikgebäude        rung sah lediglich ein Getreidelager
     fast 50 Jahre lang der Familie Wey-                                                                                                                    errichten ließ, war wesentlich klei-   und die Anlage eines Industrieglei-
     ermann eng verbunden. Als ihr Haus-                                                                                                                    ner als das heutige. Es umfasste       ses vor. 1888 wurde entlang des
     architekt plante und gestaltete er                                                                                                                     lediglich einen schmalen, trapezför-   Bahngleises mit dem Bau eines La-
     viele Projekte. Geboren am 14. April                                                                                                                   migen Streifen entlang der Bahnli-     gerhauses für Gerste, eines Kontor-
     1853 als Sohn eines Färbermeisters                                                                                                                     nie. Man betrat es von der Mem-        und Wohngebäudes und der Alten
     in Memmingen, besuchte er dort die                                                                                                                     melsdorfer Straße aus, da die par-     Brennerei begonnen, die jedoch bis
     Mittelschule, die er 1869 abschloss,                                                                                                                   allel zur Bahnstrecke verlaufende      1893 mehrmals erweitert wurde.
     um dann in Stuttgart an der König-                                                                                                                     Brennerstraße zu dieser Zeit noch      Gleichzeitig wurde auch ein erstes
     lichen Baugewerksschule drei Se-                                                                                                                       gar nicht existierte. Die allererste   Industriegleis verlegt, das entlang
     mester lang Architektur zu studie-                                                                                                                                                            der westlichen Grundstücksgrenze
     ren. In den Wintersemestern 1873/                                                                                                                                                             verlief. 1888-90 baute man an die
     74 und 1874/75 sowie im Sommer-                                                                                                                                                               Stelle des späteren Saalbaus einen
     semester 1875 war Haeberle an der                                                                                                                                                             Stall mit angeschlossenem Kut-
     Polytechnischen Schule in Mün-          fabrik Raulino). Er war darüber hin-                                                                                                                  scherhaus, und 1891 wurde das
     chen eingeschrieben, der Vorgänge-      aus regional und auch überregional                                                                                                                    Alte Maschinen- und Kesselhaus
     rin der heutigen Technischen Uni-       für weitere Firmen der Brau- und                                                                                                                      begonnen. In diesem Stadium blieb
     versität, und hospitierte dort im Be-   Malzbranche tätig. So baute er bei-                                                                                                                   die neue Fabrikanlage bis 1897. Ge-
     reich Ingenieurwesen.                   spielsweise das Brauereigebäude                                                                                                                       röstet wurde zunächst weiterhin in
     Nach einer Tätigkeit als Bauassis-      der heutigen Mahrsbräu in der Wun-                                                                                                                    der Laurenzistraße, und das Keimen
     tent in Memmingen war Haeberle ab       derburg in Bamberg und konzipier-                                                                                                                     wurde nach wie vor in den gepach-
     1877 als „Civilingenieur“ in Bam-       te verschiedene Mälzereien in Kulm-                                                                                                                   teten Tennen am Oberen Stephans-
     berg gemeldet. 1879 plante er die       bach. Haeberles bekanntestes Werk                                                                                                                     berg durchgeführt. Dort produzier-
     beiden Mainbrücken bei Hallstadt        ist die Errichtung des Pallasgebäu-                                                                                                                   te mittlerweile die Malzfabrik Josef
     und Breitengüßbach und 1883 sein        des auf der Altenburg in Bamberg                                                                                                                      Mäx, mit der Johann Baptist sehr
     erstes Wohnhaus, die „Villa Traut-      (vollendet 1901/02), das er selbst-                                                                                                                   eng kooperierte.
     heim“ der Familie Sippel in der Lau-    bewusst als „Neubau“ der Alten-                                                                                                                       Die Produktion von Farbmalz an der
     renzistraße 28. Architekt Haeberle      burg bezeichnete. Den Auftrag dazu                                                                                                                    Memmelsdorfer Straße fand in den
     heiratete Maria Kunigunda Weyer-        hatte er über einen Architekturwett-                                                                                                                  ersten beiden noch bescheidenen
     mann, geb. 1850, die drei Jahre äl-     bewerb erhalten.                                                                                                                                      Gebäuden, der Alten Brennerei und
     tere Schwester des Firmengründers       Sein bedeutendstes Projekt ist je-                                                                                                                    dem Alten Kessel- und Maschinen-
                                                                                                  Lageplan des Firmengelän-
     Johann Baptist. Gustav Haeberle         doch der Gebäudekomplex der                          des an der Schnittstelle von                                                                     haus, statt. In den alten Adressbü-
     starb am 5. Januar 1930. Zwischen       Mälzerei Mich. Weyermann. Die Pla-                   Memmelsdorfer Straße und                                                                         chern der Stadt Bamberg firmiert
                                                                                                  Bahnlinie
     1883 und 1920 hatte er fast 40 Bau-     nung und Realisierung der Malzfa-                                                                                                                     der Unternehmensstandort Mem-
     werke und Umbauten in Bamberg           brik an der Memmelsdorfer Straße                                                                                                                      melsdorfer Straße 68 zunächst als
     geschaffen, darunter Wohn- und          und die Betreuung der Aus- und                                                                                                                        „Getreidehandlung und Kontor“. Es
     Geschäftshäuser, Villen, Sakralbau-     Umbauarbeiten auf der Altenburg                                                                                                                       war jedoch Johann Baptists Ziel,
     ten und zahlreiche Fabrikbauten für     blieben seine Hauptwerke und wa-                                                                                                                      mittelfristig auch die Mälzerei selbst
     kleine und mittelständische Betrie-     ren gleichzeitig seine größten künst-                                                                                                                 von der Laurenzistraße an den neu-
     be (z.B. Schuhfabrik Manz, Tabak-       lerischen Herausforderungen.                                                                                                                          en Standort zu verlegen.
ERFOLGREICHE JAHRE Aufbau und Ausbau der Spezialmalzfabrik 1888-1913 - Weyermann
28                                                                                                                                                                                                                                                                           29

                Johann Baptist bekommt Konkurrenz                                                                                                                         Gold in Nürnberg, Bordeaux und Brüssel

     Konnte Johann Baptist die ersten        Carl Isidor Dessauer bereits 1885 /                                                          Malzprodukte von hoher Qualität              reich stattgefunden, und 1897 wur-            sowie für hervorragende Leistungs-
     Jahre praktisch ohne Mitbewerber,       86 eine Malzfabrik Dessauer gegrün-                                                          fanden zunehmend Aufmerksamkeit              de die „Exposition Internationale“            fähigkeit und bedeutende Ausfuhr.
     also völlig konkurrenzlos, produzie-    det. Sie wurde später zur Bamber-                                                            und internationale Anerkennung auf           im belgischen Brüssel veranstaltet.           So zeigt sich, dass das Unterneh-
     ren, so war die Situation 1887 eine     ger Mälzerei AG, die heute noch                                                              Leistungsschauen und Industrie-              Die Mälzerei Weyermann wurde auf              men bereits vor der Jahrhundert-
     andere geworden: Ludwig Rübsam,         neben Weyermann Malz als zweite               Werbung auf einem Kalender für das Jahr 1898   messen. Dem Unternehmen Mich.                beiden Ausstellungen jeweils mit ei-          wende internationale Kontakte be-
     der schon 1883 als Betreiber der        Handelsmälzerei in Bamberg produ-                                                            Weyermann wurde anlässlich der               ner Goldmedaille ausgezeichnet,               saß. Gerade den französischen
     Brauerei zum Bären in Bamberg ver-      ziert. Hinzu kam die bereits erwähn-                                                         Nürnberger Gewerbeausstellung                und zwar „Pour des produits excel-            Sprachraum hatte die Firma als Ab-
     zeichnet ist, hatte sich auf die Pro-   te, ebenso 1885 gegründete Erste                                                             1896 durch Prinzregent Luitpold die          lents et de l’exportation la plus én-         satzgebiet bereits intensiv erschlos-
     duktion und den Verkauf von Malz        Bamberger Exportbierbrauerei Fran-                                                           Bayerische Staatsmedaille für her-           tendue“. Sie erhielt die Preismedail-         sen und war dort stark verankert.
     und Malzkaffee verlegt. Unter sei-      kenbräu, die Braumalze anbot.                                                                vorragende Leistungen und exzel-             len als höchste Auszeichnung für              Übrigens war Bamberg um die Jahr-
     nem Namen ist im „Adress-Buch           Sicher veranlasste die neue Wett-                                                            lente Qualität ihrer Produkte verlie-        ihre gesamte Produktpalette vor-              hundertwende Sitz eines „Konsulats
     der Stadt Bamberg von 1887“ eine        bewerbssituation Johann Baptist zu                                                           hen. Ein Jahr zuvor, 1895, hatte die         züglicher Brau-, Farb- und Caramel-           der Vereinigten Staaten von Ameri-
     „Malzfabrik“ in der Ludwigstraße        einer Erweiterung bzw. Spezialisie-                                                          „Exposition de Bordeaux“ in Frank-           malze und vorzüglichen Malzkaffee             ka“ für den oberfränkischen Export.
     16-18 eingetragen. Daneben hatte        rung seines Angebots.
                                                                                         Gambrinus: Schutzpatron der Bierbrauer und
                                                                                         geschütztes Warenzeichen von Weyermann

              Bayerische Landes-Industrie-Gewerbe- und Kunst-Ausstellung 1896

     Ausstellungen, Fachmessen und           werbeverein Bamberg herausgege-         Ausstellers auflagen. Das dekorati-
     Leistungsschauen hatten sich mit        bene „Erinnerungsblatt“: „In nächs-     ve Beiwerk nahm durchgehends Be-
     der Industrialisierung etabliert.       ter Nähe […] präsenti[e]rte sich auch   zug auf die ausgestellten Fabrikate
     Dabei wurden auch Produkte rund         das Ausstellungs-Arrangement von        und deren Verwendung. Gerste und
     um das Brauwesen national und in-       Michael Weyermann. Die Firma führ-      Hopfen schmückten ornamental die
     ternational präsentiert. Unter der      te ihre bekannten Sorten Farb- und      Flächen, während reizende Amoret-
     Schirmherrschaft Prinzregent Luit-      Caramelmalz und die neuerdings          ten über den Säulen, die Jahreszei-                  Annonce in der belgischen Brauerzeitschrift „Le Petit Journal du Brasseur“ vom 10. März 1905
     polds von Bayern fand 1896 die „II.     hinzugekommenen Fabrikate von           ten darstellend, zugleich Wasser,
     Bayerische Landes-Industrie-Ge-         Malzkaffee vor. Ein Stufenbau trug      Gerste, Hopfen und Eis, die vier Ele-
     werbe- und Kunst-Ausstellung“ in        den eigentlichen Ausstellungkiosk,      mente der Bierbrauerei versinnbild-                                                             Bauabschnitt II: 1897-1913
     Nürnberg statt. Schon 1882 war in       der sich als schmucker Barockpa-        lichten. Die Kuppel des Kiosk war
     der ehemaligen freien Reichsstadt       villon, von einem Kuppeldach be-        von einem Gambrinus, der Fabrik-                     Im Zeitraum zwischen 1897 und                an eine Erweiterung der Produkti-             die wichtigste Veränderung: 1904
     die erste Bayerische Landesaus-         krönt, darstellte. Die vier Ecksäulen   marke, bekrönt.                                      1913 fanden unter Haeberles Regie            onsanlagen gedacht worden war. In             wurde die Pneumatische Mälzerei
     stellung für Industrie, Gewerbe und     waren aus einzelnen Röhren gebil-       Um endlich dem Beschauer einen                       die großen Baumaßnahmen statt,               den Jahren von 1898 bis 1903 fan-             gebaut, was bedeutet, dass auf
     Kunst abgehalten worden. Die Stadt      det, welche in abwechselnder Fol-       Einblick in die Fabrikationsweise zu                 welche das Erscheinungsbild der              den die Vorplanungen für die wei-             dem Fabrikgelände nun auch der
     Bamberg war mit etlichen Betrieben      ge mit den verschiedenen Malzpro-       bieten, waren auf vier in den Stu-                   Fabrikanlage noch heute prägen:              tere bauliche Entwicklung des Un-             Produktionsschritt des Keimens vor-
     vertreten, darunter auch die Mälze-     ben gefüllt waren, während jede der     fenbau eingeschobenen Postamen-                      Die Neue Brennerei (Farbmalzbren-            ternehmens statt: Mälzereigebäude,            genommen werden und die zuge-
     rei Mich. Weyermann.                    vier Seitenflächen eine reich ge-       ten in 20facher Verkleinerung Röst-                  nerei) wurde 1897 begonnen. Aus              Neues Kessel- und Maschinenhaus,              pachteten Tennen aufgegeben wer-
     Einen hervorragenden Einblick in        schmückte Nische enthielt, in der       trommeln aufgestellt, wie sie zur                    der zentralen Lage des Alten Ma-             Labor, Stall und Villa. Auch hinsicht-        den konnten. Dies erfolgte mit der
     die Ausstellung und das Bamberger       auf einem Brunnenschalen-ähnli-         Herstellung des Farbmalzes Ver-                      schinenhauses von 1891 lässt sich            lich der technischen Entwicklung              damals modernsten Technik, dem
     Wirtschaftsleben gibt das vom Ge-       chen Ausbau offen die Produkte des      wendung finden.“                                     ablesen, dass schon in diesem Jahr           ereignete sich in diesem Abschnitt            Galland’schen Trommelsystem.
ERFOLGREICHE JAHRE Aufbau und Ausbau der Spezialmalzfabrik 1888-1913 - Weyermann
30                                                                                                                                                                                                                                    31
                                                                                     Nik. Jos. Galland
                                                                                       (1816 - 1886)
                                                                                                                                                                                               Die Pneumatische Mälzerei

                                                                                                                                                                                               Die erste Ausführung einer Pneuma-
                                                                                                                                                                                               tischen Mälzerei stammt von Gal-
        Galland und Saladin
                                                                                                                                                                                               land aus dem Jahr 1874. Hier lag
                                                                                                                                                                                               die Gerste auf einem durchlöcher-
     Nik. Jos. Galland (1816 -1886) war
                                                                                                                                                                                               ten Boden aus Eisenblech (pneuma-
     ein genialer und rastloser Erfinder.
                                                                                                                                                                                               tische Tenne). Grünmalz sollte ohne
     Als er 1869/70 eine Brauerei unter
                                                                                                                                                                                               Bewegen und Mischen des Keim-
     dem Namen Société de la Brasse-
                                                                                                                                                                                               gutes produziert werden. Dies hat-
     rie Viennoise im französischen Ma-
                                                                                                                                                                                               te sich als undurchführbar erwiesen.
     xéville bei Nancy gründete, hatte er
                                                                                                                                                                                               Man zerlegte deshalb die pneuma-
     zwar Erfahrungen in der Zuckerin-
                                                                                                                                                                                               tische Tenne in eine Anzahl Zellen,
     dustrie und Spiritusbrennerei ge-
                                                                                                                                                                                               lüftete das Keimgut und mischte es
     sammelt, jedoch nur allgemeine                                  Jules Saladin
                                                                     (1826 - 1906)                                                                                                             durch häufiges Überschaufeln aus
     Kenntnisse im Brauwesen.
                                                                                                                                                                                               einer Zelle in eine andere.
     Zusammen mit seinem Mitarbeiter
                                                                                                                                                                                               Die Weiterentwicklung bestand in
     Jules Saladin versuchte er, zunächst
                                                                                                                                                                                               der Trommelmälzerei. Hier wird die
     die Kastenmälzerei zu verbessern,
                                                                                                                                                                                               Gerste zunächst in oberhalb der
     und patentierte seine Ergebnisse.
                                                                                                                                                                                               Keimtrommeln stehenden Weich-
     Jules Saladin (1826 - 1906) selbst
                                                                                                                                                                                               stöcken geweicht. Das Keimgut fällt
     widmete sich über dreißig Jahre
                                                                                                                                                                                               von dort dann in die Trommeln, die
     lang der Vervollkommnung der
                                                                                                                                                                                               auf zwei Rollböden liegend durch
     pneumatischen Kastenmälzerei.
                                                                                                                                                                                               Schneckengetriebe in langsame Um-
     Galland wandte in seiner Brauerei
                                                                                                                 Entwurf einer Pneumatischen Mälzerei für Mich. Weyermann vom 15. April 1899   drehung versetzt werden.
     in Maxéville neben anderen techni-
     schen Erfindungen das pneumati-
     sche Mälzverfahren an. Dann spe-
     zialisierte er sich auf die Trommel-
     mälzerei. Zusammen mit dem Direk-                                                                                                            Innovationen bei Weyermann
     tor Henning der Freund’schen Ma-
     schinenfabrik in Charlottenburg /         Pneumatische Mälzerei bei                                 Geradezu vorbildlich war Johann            dem Stephansberg organisiert wer-          einen enormen Fortschritt dar. Es
                                               Mich. Weyermann, Ansicht
     Berlin entwickelte er seine am 10.        des Trommelraums                                          Baptists Aufgeschlossenheit für            den. Ein Modell der Pneumatischen          war zu diesem Zeitpunkt das mo-
     Mai 1884 zum Reichspatent 32 620                                                                    Fortschritt und technische Innova-         Mälzerei bei Weyermann war im              dernste System, das zu haben war.
     angemeldete Erfindung kommerzi-                                                                     tionen im Bereich der Produktion,          Deutschen Museum in München zu             Nicht zuletzt dank der modernen
     ell fort. Die erste Aufstellung solcher                                                             als er sich für die Anlage einer Pneu-     sehen, bis gegen Ende des Zwei-            Produktionstechnik des Galland-
     „Galland-Trommeln“ erfolgte bei der            Zeichnung des von Gal-                               matischen Mälzerei entschied.              ten Weltkriegs Brandbomben auf             ’schen Systems entwickelte das
                                                    land konstruierten pneu-
     Schultheiß-Brauerei in Berlin-Pan-             matischen Keimapparats                               Nun konnte bei Weyermann der Pro-          das Dach des Museums fielen und            Unternehmen in der Zeit von der
     kow. Die „Galland-Trommeln“, ver-                                                                   duktionsschritt des Keimens in mo-         die gesamte Brauabteilung zerstör-         Jahrhundertwende bis zum Ersten
     sehen mit den Verbesserungen der                                                                    dernsten „Galland-Trommeln“ auf            ten. Das Galland’sche Mälzverfah-          Weltkrieg seine weltweiten Handels-
     Freund’schen Maschinenfabrik, ha-                                                                   dem Gelände selbst durchgeführt            ren stellte hinsichtlich des Zeit- und     beziehungen und seine internatio-
     ben Gallands Namen in Europa                                                                        und musste nicht mehr umständ-             Arbeitsaufwands im Vergleich mit           nale Vernetzung, die in einem eige-
     überall bekannt gemacht.                                                                            lich in zugepachteten Tennen auf           der herkömmlichen Malzherstellung          nen Abschnitt beleuchtet werden.
ERFOLGREICHE JAHRE Aufbau und Ausbau der Spezialmalzfabrik 1888-1913 - Weyermann
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                          Die modernste Mälzerei                                                                                                                Weitere Projekte:
                                                                                                                                                  Die großen Umbau- und Erweiterungsmaßnahmen
     Im II. Bauabschnitt ereignete sich        Haeberle blieb allerdings für die ar-                                                                               1898 -1913
     mit dem Bau der Pneumatischen             chitektonische Gestaltung verant-
     Mälzerei vor genau 100 Jahren hin-        wortlich. Seine künstlerische Leis-                                                               Von den ab 1898 projektierten Ge-        lich 1912 – um ein 4. Vollgeschoss
     sichtlich der technischen Entwick-        tung liegt im Rohentwurf, in den die                                                              bäuden wurde 1900 das Neue Kes-          erweitert. Zusammen mit der Dop-
     lung die größte und bedeutendste          Freund’sche Planung integriert wur-                                                               sel- und Maschinenhaus samt neu-         pelanlage der Pneumatischen Mäl-
     Veränderung bei Weyermann Malz.           de, zumindest jedoch in der Fassa-                                                                em Schornstein gebaut. Es folgte         zerei erreichte das Unternehmen in
     Schon im August 1898 hatte die            dengestaltung der riesigen Anlage.                                                                1902 das Labor und das „Comptoir-        dieser Phase eine beeindruckende
     bereits erwähnte Charlottenburger                                                                                                           gebäude“ mit Wohnung.                    bauliche Dimension. 1910 schließ-
     Maschinenbaufirma J. C. Freund &                                                                                                            Wegen der Unterführung der Mem-          lich wurde das Gebäude der Ge-
     Co. für Johann Baptist den Grund-                                                                                                           melsdorfer Straße unter die Bahnli-      treideannahme (Putzerei mit Gers-
     riss eines Mälzereigebäudes mit                                                                                                             nie musste das alte Kontorgebäu-         tenübernahme) im Stil einer mittel-
     Galland’schen Mälztrommeln ent-                                                                                                             de abgerissen werden. 1902 wurde         alterlichen Trutzburg errichtet sowie
     worfen. Einen Monat später legte                                                                                                            übrigens auch die Brennerstraße          eine Zwei-Hordendarre gebaut.
     Haeberle einen weiteren Vorentwurf                                                                                                          gebaut. Erst die neue Straße ermög-      Die Grundstückserweiterung von
     für eine herkömmliche Tennenmäl-                                                                                                            lichte die Erschließung des Grund-       1910 ermöglichte auch den Bau der
                                                                                                                                Versandgebäude
     zerei vor, dem gewiss eine längere                                                                                                          stücks von Osten und ist bis heute       Villa. Diese und den Pförtnerpavil-
     und intensive Planungsphase vor-                                                                                                            die Zufahrt zum Unternehmensge-          lon errichtete man im Jahre 1913.
     ausgegangen sein dürfte.                                                                                                                    lände. Johann Baptist kaufte zudem       Auch wenn sie wie eine typische
     Doch Haeberle wurde von der inno-                                                                                                           sämtliche an die Brennerstraße an-       bürgerliche Villa eines feinen Vororts
     vativen Technik des Berliner Unter-                                                                                                         grenzenden Grundstücke.                  der Jahrhundertwende aussieht: Die
     nehmens überholt: Sein Plan kam                                                                                                             Das Farbmalzlager wurde als drei-        Weyermann-Villa wurde von Anfang
     nicht zur Ausführung, wohl aber der       Grundsteinlegung der Villa mit Wohn- und Verwaltungsgebäude am 25. August 1913                    geschossiges Gebäude 1903 reali-         an sowohl als Wohn- als auch als
     Freund’sche Plan, der von Juli 1899                                                                                                         siert und schließlich – wahrschein-      Kontorgebäude genutzt.
     bis Dezember 1903 durch vier wei-
     tere Grundrisspläne präzisiert wurde.

                   Innenansicht des Alten Maschinenhauses von 1891                                                                                                Das Neue Maschinenhaus, errichtet im Jahr 1900
ERFOLGREICHE JAHRE Aufbau und Ausbau der Spezialmalzfabrik 1888-1913 - Weyermann
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                            Sozialgesetzgebung                                                                                                                                               Betriebliche Sozialpolitik bei Weyermann

     Im ausgehenden 19. Jahrhundert             tel der Beiträge zu zahlen, die Ar-                                                                                                 Früher als der Staat setzten jedoch    reiche für Arbeiter und in solche für
     wurde in Deutschland eine Sozial-          beitnehmer 2 Drittel. 1884 wurde                                                                                                    einzelne zivile Unternehmer sozial-    Angestellte. Johann Baptist über-
     gesetzgebung in einem bisher un-           auch die Unfallversicherung, deren                                                                                                  politische Maßnahmen in ihren Be-      nahm mit hohem Kostenaufwand
     bekannten Ausmaß staatlich veran-          Beiträge die Arbeitgeber zu 100%                                                                                                    trieben um. Dies geschah zum ei-       soziale Verantwortung für seine Be-
     kert und umgesetzt. Davon waren            zu zahlen hatten, eingeführt. Es folg-                                                                                              nen aus Notwendigkeit, d.h. weil es    legschaft. Die „Arbeits-Ordnung“
     sowohl Geschäftsleitung als auch           te 1889 die Alters- und Invaliditäts-                                                                                               einen konkreten Bedarf gab, zum        von 1892 regelte die Arbeitszeiten
     Belegschaft der Mälzerei Weyer-            versicherung, welche die Unterneh-                                                                                                  anderen aus Gründen der Produk-        und das Verhalten des Arbeiters im
     mann betroffen. Bereits 1878 wur-          men zu 2 Drittel finanzierten. Im Rah-                                                                                              tivitätssteigerung und um Arbeiter     Betrieb und seiner Arbeit gegen-
     den im Rahmen des Reichsgewer-             men der Unfallversicherung wurden                                                                                                   nicht zur Konkurrenz abwandern zu      über. Als Betrieb mit Dampfmaschi-
     begesetzes staatliche Fabrikinspek-        Industriegruppen regional zu Be-                                                                                                    lassen. Betriebliche Sozialpolitik     ne unterlag die Mälzerei Weyermann
     toren zur sozialen Überwachung der         rufsgenossenschaften zusammen-                                                                                                      spielte bei Weyermann Malz schon       regelmäßigen staatlichen Inspekti-
     Industriebetriebe eingeführt. Diesen       gefasst. Seit 1890 wurde auch die                                                                                                   von Anfang an eine große Rolle, was    onen, aus denen man die Einhaltung
     Kontrolleuren oblag insbesondere           Arbeiterschutzgesetzgebung noch                                                                                                     sich gegen Ende des 19. Jahrhun-       der Unfallschutzvorschriften und die
     der Schutz jugendlicher Arbeiter in        weiter ausgebaut.                                                                                                                   derts nicht zuletzt in den Neu- und    Zahl der Arbeiter ablesen kann.
     den einzelnen Betrieben, so auch in        Die im Deutschen Reich sehr libe-                                                                                                   Umbauten auf dem neuen Betriebs-       Beanstandungen gab es im Zeit-
     Bamberg. Im Rahmen der Bismarck-           ral gehandhabte Gewerbefreiheit                                                                                                     gelände zeigte:                        raum 1894 bis 1914 praktisch kei-
     ’schen Sozialgesetzgebung wurde            wurde 1897 im Rahmen des Hand-                                                                                                      So wurde mit dem Bau des Neuen         ne, die Vorschriften wurden im Sin-
     1883 die Krankenversicherung per           werkerschutzgesetzes durch Aus-                                                                                                     Kessel- und Maschinenhauses im         ne der Arbeiter stets einwandfrei
     Gesetz beschlossen und am 1. De-           bildungsforderungen wieder deut-                                                                                                    Jahr 1900 das Alte Maschinenhaus       umgesetzt. 1894 beschäftigte Jo-
     zember 1884 verpflichtend einge-           lich eingeschränkt und ermöglichte                                                                                                  zum Badehaus umgebaut und ein          hann Baptist 19 Personen in seiner
     führt. Sämtliche im Stadtkreis Bam-        die Bildung von Zwangsinnungen.                                                                                                     Obergeschoss mit Arbeiterschlaf-       Firma, 1898 waren es 28, im Jahr
     berg beschäftigte Arbeiterinnen und        1899 kam es zur Bildung von Hand-                                                                                                   saal und Küche aufgesetzt. Hin-        1900 sogar 43. Diese Zahl wurde
     Arbeiter traten an diesem Tag in die       werkskammern als besondere Ver-                                                                                                     sichtlich der hygienischen Einrich-    erst 1904 überschritten und betrug
     Gemeindekrankenversicherung ein.           tretungen des Kleingewerbes, die                                                                                                    tungen bot die Firma ihren Arbeitern   dann 50 Personen. Der Höchst-
     Am 1. Juli 1885 nahm die Gemeine           1900 auf der Ebene der Regierungs-                                                                                                  und Angestellten den höchsten          stand der Beschäftigung vor dem
     Ortskrankenkassa Bamberg ihre Tä-          bezirke neben die schon existieren-                                                                                                 Standard: Den Arbeitern standen        Ersten Weltkrieg war 1906 mit 58
     tigkeit auf und löste die Gemeinde-        den Handelskammern traten. Im                                                                                                       Brause- und Wannenbäder und            Arbeitern erreicht. In den folgenden
     krankenversicherung ab. Die Unter-         Jahr 1911 schließlich wurde die An-                                                                                                 sogar ein Dampfbadestuhl zur Ver-      Jahren pendelte sich dieser Wert
     nehmen hatten grundsätzlich 1 Drit-        gestelltenversicherung eingeführt.                                                                                                  fügung, aufgeteilt allerdings in Be-   zwischen 35 und 40 Personen ein.

                    Beispiele unternehmerischer Sozialpolitik bei Weyermann: Arbeiterkantine, Küche, moderne sanitäre Einrichtungen (1901)   Skizze des Badehauses und Waschgelegenheiten für die Belegschaft (1900)
36                                                                                                                                                                                                                                                      37
                                                                 Erstes Patent zur Herstellung von Farbebier 1902.
                                                                 Das Verfahren wurde in der Folgezeit mehrfach er-
                                                                 folgreich verfeinert und optimiert
                                                                                                                                                                        Die Farbmalzbierproduktion

          Bilanz 1900 /1901                                                                                                 Ein besonderes Ereignis in der Er-           wendung größerer Farbmalzmen-           Am 8. April 1902 präzisierte Johann
                                                                                                                            folgs- und Innovationsgeschichte             gen, wie sie die Bereitung tief dunk-   Baptist seinen Patentanspruch.
     Die ersten überlieferten Daten über                                                                                    von Weyermann Malz ist die Pro-              ler Biere erforderte, die Biere einen   Zwischen 1877 und 1918 wurden in
     den wirtschaftlichen Erfolg des Un-                                                                                      duktion von Farbmalzbier, die zu           mehr oder weniger stark röstaroma-      Bamberg insgesamt lediglich 10
     ternehmens enthält die Bilanz von                                                                                         Beginn des 20. Jahrhunderts auf-          tischen Geschmack annahmen. So          Patente mit einer Laufzeit von 10
     1900/1901. Im ersten Jahr des ge-                                                                                          genommen wurde. Die Idee be-             waren schon seit einiger Zeit Ver-      Jahren angemeldet. Dass Johann
     rade angebrochenen 20. Jahrhun-                                                                                             stand in der Diversifikation und        suche durchgeführt und patentiert       Baptists Verfahren zur Herstellung
     derts hatte die Mälzerei Mich. Wey-                                                                                          Weiterverarbeitung des in              worden, um geschmacklose Farb-          von Farbebier eines davon ist, zeigt
     ermann eine Bilanzsumme in einer                                                                                              den neuen Produktionsanla-            malzauszüge und -extrakte zu ge-        die Innovationskraft des Unterneh-
     Höhe von 1.096.532,20 Goldmark                                                                                                 gen an der Brennerstraße             winnen. Allerdings waren deren Er-      mensgründers und seine Bedeu-
     auszuweisen. Diese Bilanz ermög-                                                                                                hergestellten Röst- bzw.            gebnisse entweder nicht zufrieden-      tung für die Industrialisierungsge-
     licht einen Einblick in den Wert und                                                                                                Farbmalzes. Zwar war            stellend oder zu teuer. Johann Bap-     schichte der Stadt Bamberg und der
     die Vermögensverhältnisse des Bam-                                                                                                   es der modernen Mälz-          tist ließ sich per Kaiserlichem Pa-     Region Oberfranken.
     berger Unternehmens.                                                                                                                  technik bereits gelun-        tent am 16. Januar 1902 sein „Ver-      Das Weyermann’sche Farbebier
     Bedeutendste Position der Aktiva-                                                                                                      gen, aus Darrmalz            fahren zur Herstellung geschmack-       wurde zunächst bei den Bamberger
     Seite (Kapitalverwendung) war – wie                                                                                                      Farbmalze herzu-           loser Farbmalz-Abkochungen und -        Brauereien Keesmann und Maisel
     nicht anders zu erwarten – das sog.                                                                                                       stellen, die fast frei    Maischen oder concentrirter Extrak-     im Lohnbrauverfahren eingebraut,
     „Immobilienconto Memmelsdorfer                                                                                                              von bitterem Ge-        te aus Farbmalz zwecks Bereitung        dann vor allem jedoch in der Obe-
     Straße“, dessen Buchwert sich, zu-       Die 1835                                                                                            schmack wa-            dunkler Biere und Färbebiere“ in        ren Königstraße, wo eine Firma Jo-
     sammen mit dem neuen Farbmalz-           eröffnete                                                                                            ren, doch war         Berlin für das ganze Deutsche Reich     hann Baptist Weyermann Farbebier-
     fabrikgebäude, dem Neuen Kessel-         Bayerische                                                                                            es in der Pra-       patentieren. In seiner Patentschrift    brauerei betrieben wurde. 1907
     und Maschinenhaus, dem Maschi-           Hypotheken-                                                                                            xis so, dass        heißt es ausführlich:                   zählte die kleine Firma trotz Verla-
     nenkonto und einigen anderen Po-         und Wechsel-                                                                                             gerade bei        „Das nachstehend beschriebene,          gerung der eigentlichen Produktion
     sitionen, auf insgesamt 505.339,56       bank München,                                                                                              der An-         von mir erfundene Verfahren ist das     nach Potsdam noch immer zu den
     Goldmark belief, woraus sich die         deren Gründung                                                                                                             denkbar einfachste und billigste und    35 Brauereien der Stadt und be-
     Baukosten für die bereits 1901 rea-      1834 durch König                                                                                                           gestattet ausserdem die im Farb-        schäftigte 3 Arbeiter. Die Beleg-
     lisierten Projekte rekonstruieren las-   Ludwig I. angeregt                                                                                                         malze enthaltenden Stoffe unter Zu-     schaft von Johann Baptist zählte
     sen. Die „Mälzerei Kaulberg“, d.h.       worden war, spielte bei                                                                                                    rücklassung der geschmackbilden-        insgesamt 57 Personen.
     der Betrieb in der Laurenzistraße,       der Fremdfinanzierung                                                                                                      den zu gewinnen, sodass man nach
     wurde zu diesem Zeitpunkt lediglich      eine wichtige Rolle, eben-                                                                                                 meinem Verfahren thatsächlich ganz      Stellenangebot vom November 1901
     mit 22.075,48 Mark veranschlagt,         so die Bamberger Filiale                                                                                                   geschmacklose Auskochungen und
     die „Mälzerei Stefansberg“ noch mit      der Pfälzer Bank, die beide                                                                                                Extrakte von ausserordentlicher Fär-
     31.432,23 Goldmark. Die beiden ur-       bedeutende Positionen auf                                                                                                  bekraft enthält. […] Die geschmack-
     sprünglichen Produktionsstätten          der Passiva-Seite (Kapitalher-                                                                                             lose Auskochung kann entweder der
     machten also vom Bilanzwert nur          kunft) einnehmen. Hinzu kom-                                                                                               im Maischbottich befindlichen Darr-
     noch etwas mehr als ein Zehntel des      men einige private Geldgeber.                                                                                              malzmaische oder der Würze im
     neuen Fabrikstandorts aus. Das ver-      Die Eigenkapitalquote der Malz-                                                                                            Hopfenkessel zugeführt oder nach
     deutlicht den enormen Kapitalauf-        fabrik Mich. Weyermann hingegen                                                                                            dem Filtriren durch ein Bierfilter zu
                                                                                                                     Versuchs- und Produktionsstätten für das Wey-
     wand, den das Unternehmen für die        betrug 685.147,16 Goldmark und                                         ermann’sche Farbebier waren zunächst in Bam-        einem Extrakt, das direkt zur Fär-
     Investitionen in der Memmelsdorfer       somit stolze 62,48% der gesamten                                       berg, bevor Johann Baptist den Sitz der Firma       bung von Bier benützbar ist, einge-
                                                                                                                     1903 offiziell nach Potsdam verlegte
     Straße zu erbringen hatte.               Bilanzsumme 1900/1901.                                                                                                     dickt werden.“
Die Belegschaft der
38                                                                Potsdamer Filiale
                                                                                                                                                                      Patente                                                                                                            39

Der Brauereihof von Johann Baptist Weyermann‘s Farbmalzbier-Brauerei Potsdam                                                                              Johann Baptist erkannte die Bedeu-
                                                                                                                                                          tung des Herstellungsverfahrens für
                                                                                                                                                          sein entbittertes Farbebier. Hatte er
                                                                                                                                                          sich die Erfindung für das Deutsche
                                                                                                                                                          Reich am 16. Januar 1902 paten-
                                                                                                                                                          tieren lassen, so folgten schon un-
                                                                                                                                                          mittelbar darauf, am 9. März 1902,
                                                                                                                                                          die Patentanmeldungen für Russ-
                                                                                                                                                          land, Österreich, Dänemark, Un-
                                                                                                                                                          garn, Belgien, Frankreich, England,
                                                                                                                                                          Schweden, Norwegen und Italien.
                                                                                                                                                          Am 13. Mai 1902 wurde das Verfah-
                                                                                                                                                          ren für „geschmacklose Farbmalz-
                                                                                                                                                          abkochungen“ auch für die Verei-
                                                                                                                                                          nigten Staaten von Amerika paten-
                                                                                                                                                                                                                                                                    Internationale Patentur-
                                                                                                                                                          tiert. Mit diesen 12 Patenten hatte                                                                       kunden für Österreich,
                                                                                                                                                                                                                                                                    Norwegen, Schweden,
                                                                                                                                                          sich Johann Baptist das Monopol                                                                           Italien, Dänemark
                                                                                                                                                          auf die Produktion seines Röstmalz-
                                                                                                                                                          bieres in Europa gesichert und auch
                                                                                                                                                          die USA als potenziellen Absatz-
                                                                                                                                                          markt abgedeckt.                                GAMBRINUS®, SANITAS® und CARAPILS®
                                                                                                                                                          Durchgeführt wurde die Beantra-
                                                                                                                                                          gung der Patente über das „Patent-      In den Zusammenhang mit der Be-            Gerstenkaffee und Malzkaffee be-
                                                                                                                                                          Bureau H.& W. PATAKY“ in Berlin.        antragung von Patenten fällt auch          stimmt. Weyermann Malz firmierte
                                                                                                                                                                                                  der Schutz von Waren- und Bildzei-         in der Urkunde ausdrücklich als
                                                                                                                                                                                                  chen. Am 12. Mai 1894 hatte Kai-           „Malzkaffee-Fabrik“.
      Der „Schlotfeger“: Schutzmarke von 1910                                           Die Häuser „Am Kanal 4, 4a und 5“: Große Ausfahrt des Fuhrparks
                                                                                                                                                                                                  ser Wilhelm II. das „Gesetz zum            Eine ganze Reihe Weyermann’scher
                                                                                                                                                                      Geschützte deutsche Wa-
                                                                                                                                                                      renzeichen und Schutz-      Schutz der Warenbezeichnungen“             Warenzeichen steht in der Brauwelt
                                                  Potsdam und SINAMAR ®                                                                                               marken 1900 - 1907
                                                                                                                                                                                                  erlassen. Schon am 31. März 1900           damals wie heute für höchste Qua-
                                                                                                                                                                                                  hatte Johann Baptist das Bildzei-          lität. So zum Beispiel das bereits er-
      Da die Herstellung von Farbebier in          liche Trennung zwischen der gleich-          terte schwarze Röstmalzbier SINA-                                                                 chen GAMBRINUS ® für das Deut-             wähnte SINAMAR ®, das Johann
      Bayern verboten war, lagerte Jo-             zeitig in Bamberg errichteten Pneu-          MAR ® hergestellt, wobei SINAMAR ®                                                                sche Reich schützen lassen, und zwar       Baptist am 1. Mai 1907 als Waren-
      hann Baptist diesen neuen, lukrati-          matischen Mälzerei und der Farbe-            für „sine amaro“, also „ohne Bitter-                                                              in fünf Variationen (Nr. 44 065-44 069).   zeichen anmeldete und das am 6.
      ven Produktionsbereich kurzerhand            bierbrauerei vollzogen.                      keit“, steht. Der im Filialunterneh-                                                              Dass das Unternehmen 1904 wei-             Januar 1908 in Berlin unter der
      ins preußische „Ausland“ aus und             Johann Baptist pachtete in Pots-             men in Potsdam für die Farbebier-                                                                 terhin Malzkaffee produzierte, be-         Nummer 104 122 registriert wurde.
      gründete 1903 in Potsdam die Far-            dam unter der Adresse „Am Kanal              herstellung benötigte Grundstoff,                                                                 weist die vom Kaiserlichen Patent-         Am 23. November 1908 wurde dar-
      bebierbrauerei Johann Baptist Wey-           4“ von der alteingesessenen Brau-            das Röstmalz, wurde weiterhin in                                                                  amt am 9. September vollzogene             über hinaus unter der Nummer 121 921
      ermann. Auch steuerliche, zollpoli-          erfamilie Lamm eine Brauerei samt            Bamberg hergestellt. Markenzei-                                                                   Bewilligung eines Warenzeichens            das erste von vielen Weyermann-
      tische und absatztechnische Grün-            Produktionsanlagen. Mittels zwei-            chen für dieses hervorragende Pro-                                                                SANITAS® (lateinisch für „Wohlbe-          ’schen Caramelmalzen, CARAPILS ®,
      de mögen bei seiner Entscheidung             stufigen Vakuumeindampfverfah-               dukt wurde schon sehr bald der                                                                    finden“, „Gesundheit“), das unter          als Warenzeichen eingetragen. CA-
      für Potsdam eine Rolle gespielt ha-          rens wurde hier bis Ende des Zwei-           „Schlotfeger“, der auch heute noch                                                                der Warenzeichennummer 71 944              RAPILS ® folgten in den zwanziger
      ben. Mit dem Umzug nach Potsdam              ten Weltkriegs, also über 40 Jahre           für die Qualität des Röstmalzbiers                                                                registriert wurde. SANITAS® war für        Jahren etliche weitere Qualitätsmar-
      wurde eine mehr als deutliche räum-          lang, das surrogatfreie und entbit-          aus dem Hause Weyermann steht.                                                                    Kaffee-Produkte wie Fruchtkaffee,          ken von Weyermann Malz.
40                                                                                                                                                                                                                                                                                                             41

                            25 Jahre Weyermann Malz: Ein Grund zum Feiern!                                                                                                                                               Weyermann in Nürnberg 1906

     Zum 25-jährigen Jubiläum von Wey-        Mälzerei, einen Sprung auf 46.284                                    des jungen Unternehmens, die aber                               Von Mai bis Oktober 1906 fand,          Dessauer, der Ersten Bamberger Ex-          ze, Pilsner-, Wiener- und Münchner
     ermann Malz im Jahr 1904 hatte           dz vollzog. Der Gesamtausstoß hat-                                   dennoch bescheiden wirkt, wenn                                  wieder in Nürnberg, die „3. Bayeri-     port-Bierbrauerei „Frankenbräu“             Trommelmalze, Gerstenmuster, ca-
     sich aus den Anfängen der kleinen        te sich innerhalb von nur etwas                                      man bedenkt, dass Weyermann                                     sche Jubiläums-Landes-Industrie-,       und Georg Bauernschmitt, dem                ramelisiertes Malz und dto. Farb-
     Rösterei in der Laurenzistraße 1879      mehr als 10 Jahren mehr als verdrei-                                 Malz gegenwärtig über 65.000 t                                  Gewerbe- und Kunstausstellung“          Pächter der alten bürgerspitälischen        malz in verschiedenen Qualitätsab-
     ein beachtliches Unternehmen mit         facht. Eine hervorragende Leistung                                   Malz, also 650.000 dz, umsetzt.                                 statt. Anlässlich des Jubiläums der     Brauerei Michaelsberg vertreten.            stufungen. Den Wandbau zu beiden
     den Produktionsstandorten in der                                                                                                                                              Eingliederung der Stadt in das Kö-      Aus Kulmbach kamen weitere vier             Seiten schließt ein junger Gambri-
     Brennerstraße in Bamberg und in                                                                                                                                               nigreich Bayern 1806 hatte Nürn-        Mälzereien. Die Mälzerei Weyer-             nus ab, Schutzmarke der Firma.“ Die
     Potsdam entwickelt.                                                                                                                                                           berg den Zuschlag für die 5 Millio-     mann präsentierte ihr gesamtes Pro-         Ausstellung wurde von ca. 2,5 Mio.
     Johann Baptist belieferte nicht nur                                                                                                                                           nen Mark teure Ausstellung erhal-       duktspektrum. Im Ausstellungska-            Menschen besucht und das Unter-
     den lokalen und regionalen Markt,                                                                                                                                             ten. Zu den Ausstellenden zählten       talog heißt es: „In einer umfangrei-        nehmen wiederum mit der Golde-
     sondern setzte seine Produkte be-                                                                                                                                             nicht nur verschiedene Firmen und       chen Ausstellung bietet die Cara-           nen Staatsmedaille, der höchsten
     reits im ganzen Deutschen Reich ab                                                                                                                                            Gewerbebetriebe, sondern auch           mel- und Farbmalzfabrik Michael             Auszeichnung, für die Qualität ihrer
     und exportierte weit darüber hinaus                                                                                                                                           staatliche Behörden und die Stadt       Weyermann in Bamberg ein voll-              Produkte und ihre Leistungsfähig-
     in viele europäische Länder.                                                                                                                                                  Nürnberg selbst sowie Vertreter der     kommenes Bild ihrer Leistungsfä-            keit prämiert. Neben den vielen Malz-
     Die Preise für Produkte aus dem                                                                                                                                               bildenden Künste.                       higkeit. In schön gruppierten Glä-          sorten für das Braugewerbe blieb
     Hause Weyermann können einem                                                                                                                                                  Bamberg war mit beiden Malzfabri-       sern und Säcken zeigt sie Pilsner-,         auch Malzkaffee weiterhin im Sorti-
     Kalender für das Jahr 1897 entnom-                                                                                                                                            ken, Mich. Weyermann und Carl I.        Wiener- und Münchner Tennenmal-             ment von Mich. Weyermann.
     men werden. Auf der Rückseite un-
     ter der Überschrift „Derzeitige Preis-
     Noti[e]rungen“ lässt sich ablesen,
     dass 1 Ztr. „1a Caramel Malz“ 15
     Goldmark kostete, 1 Ztr. „1a cara-
                                                       3

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                                                                                                                                                          /0

                                                                                                                                                                    /0

                                                                                                                                                                              /0
                                                  92

                                                            93

                                                                      94

                                                                                95

                                                                                          96

                                                                                                    97

                                                                                                              98

                                                                                                                        99

                                                                                                                                  00

                                                                                                                                            01

                                                                                                                                                      02

                                                                                                                                                                03

                                                                                                                                                                          04
                                                18

                                                           18

                                                                     18

                                                                               18

                                                                                         18

                                                                                                   18

                                                                                                             18

                                                                                                                       18

                                                                                                                                 19

                                                                                                                                           19

                                                                                                                                                     19

                                                                                                                                                               19

                                                                                                                                                                         19
     melisiertes Farbmalz“ wie 1 Ztr. „1a
                                                                               Mengenangaben in Doppelzentner pro Jahr
     gewöhnliches Farbmalz“ jeweils 1
     Goldmark mehr, und zwar 16 Gold-         Die Kurve zeigt die Gesamtproduktion von Weyermann Malzen im Zeitraum 1892-1904

     mark, „netto ab Bamberg“. Die äl-
     testen vorhandenen Produktions-
     statistiken reichen bis in das Jahr
     1892 zurück:
     Wurden 1892 / 93 10.787 Doppel-
     zentner (dz) produziert, waren es in
     der folgenden Saison schon 15.004
     dz. Der Ausstoß stieg in jedem Jahr
     kontinuierlich um 3.000 - 5.000 dz
     und erreichte um die Jahrhundert-
     wende einen vorläufigen Höchst-
     stand von 41.082 dz, ein Wert, an
     den man 1902/03 anknüpfen konn-
     te und der schließlich im Jubiläums-
     jahr, gleichzeitig dem ersten Pro-
                                              Modell der Weyermann’schen Pneumatischen Mälzerei in der Brauerabteilung im Deut-
     duktionsjahr der Pneumatischen           schen Museum in München, die im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde                                                                                               Ansicht des Ausstellungsstandes von Mich. Weyermann in Nürnberg 1906
Seite 95 aus dem Hauptbuch von 1907 - 1910. Deut-
42                                                                                                                           lich sind die internationalen Vernetzungen des Un-                                            43
                                                                                                                             ternehmens zu erkennen

                                   Handelsbeziehungen und Vertriebsnetze                                                                                                                 Urlaub und
                                                                                                                                                                                     Lohnerhöhung 1908
     Das Hauptbuch von Juli 1907 bis         brauerei Hackerbräu, das Bürgerli-      reich waren – trotz Erbfeindschaft
     Juni 1910 ist eines der ältesten er-    che Brauhaus, Georg Pschorr und         mit dem Deutschen Reich – viele                                                              Am 27. Juli 1908 hatte Johann Bap-
     haltenen Dokumente der Buchhal-         nicht zuletzt die Staatsbrauerei Wei-   Brauereien Kunden von Mich. Wey-                                                             tist angekündigt, all seinen Arbeitern
     tung der Mälzerei Mich. Weyer-          henstephan zu den Abnehmern.            ermann. Kontakte, die sich übri-                                                             eine Reihe von Vergünstigungen
     mann. Es ist 480 Seiten stark und       Weyermann Malze gingen im ersten        gens auch noch nach dem verlore-                                                             zukommen zu lassen.
     erlaubt einen tiefen Einblick in die    Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts in       nen Ersten Weltkrieg erhalten haben                                                          So wurde am 1. Oktober 1908 im
     Handelsbeziehungen und Vertriebs-       das gesamte Deutsche Reich mit          und sogar intensiviert wurden. Fran-                                                         Rahmen einer Belegschaftsver-
     netze des Unternehmens.                 vielen namhaften Brauereien, so         zösische Kunden saßen etwa in                                                                sammlung bekannt gegeben, dass
     Deutlich zeigt sich, dass die Unter-    auch nach Elsass-Lothringen, nach       Lyon und Bar-le-Duc. Für die geo-                                                            alle Arbeiter ab 1909 nach einer
     nehmensstrategie zu dieser Zeit in      Ostpreußen bis Breslau und ins Bal-     graphische Ausdehnung repräsen-                                                              Tätigkeit von 3 Jahren 3 Tage und
     den Grundzügen bereits so ausge-        tikum nach Danzig und Königsberg        tativ sind die Brasserie de l’Atlan-                                                         nach einer Beschäftigungsdauer
     prägt war und das Unternehmen so        bis nach Lettland (Riga).               tique in Bordeaux und Brasserie de                                                           von 5 Jahren 5 Tage Urlaub im Jahr
     agierte, wie es das auch heute          Die damalige Kaiserbrauerei Beck &      la Méditerranée in Marseille zu nen-                                                         unter Fortzahlung des vollen Loh-
     immer noch tut: Stark auf lokalen,      Co. in Bremen, heute als Beck’s         nen. Seit jeher waren Schweizer                                                              nes erhalten werden. Auch bei un-
     regionalen, nationalen und interna-     bekannt und mit jährlich 5,5 Mio. hl    Brauereien wichtige Handelspart-                                                             verschuldeten Vorkommnissen in
     tionalen Märkten.                       Ausstoß Marktführer in Deutsch-         ner. So lassen sich u.a. alte Kontak-                                                        der Familie sowie bei Einberufungen
     Die Buchungen lesen sich weitge-        land, war Weyermann-Kunde, ge-          te nach Basel, Zürich und St. Gal-                                                           sollte es eine Lohnfortzahlung ge-
     hend wie ein Who’s who? der euro-       nauso wie Brauhäuser beispiels-         len belegen.                                                                                 ben. Als großzügige Geste der Ge-
     päischen Braulandschaft. Zu den         weise in Hamburg, Kiel, Dortmund,       Handelsbeziehungen unterhielt                                                                schäftsleitung erhielten darüber hi-
     Kunden zählten – wie heute – etli-      Düsseldorf, Kassel, Frankfurt am        das Haus Weyermann auch mit                                                                  naus „sämmtliche Arbeiter aller Ka-
     che Brauereien in der Stadt Bam-        Main, Berlin, Chemnitz und Dresden.     Santander und Cadiz in Spani-                                                                tegorieen“ rückwirkend zum letzten
     berg und der Umgebung.                  Man würde jedoch die gute Traditi-      en. Ein echtes Ausgreifen in                                                                 Zahltag eine Lohnerhöhung von 1
     In der Region Nordoberfranken lie-      on im Hause Weyermann verken-           die Neue Welt belegen Lie-                                                                   Pfennig pro Stunde und 60 Pfennig
     ferte man über Staffelstein, Kloster-   nen, würde man ein rein nationales      ferungen in die USA zu Pe-                                                                   bei Wochenlöhnen.
     langheim, Lichtenfels und Kronach       Absatzgebiet erwarten. Ein bedeu-       ter Schoenhofen Brewing                                                                      Doch auch damals hatte alles sei-
     bis in die entlegensten Winkel des      tender Schwerpunkt im europäi-          Company in Chicago                                                                           nen Preis: „Herr Weyermann erwar-
     Frankenwaldes nach Ludwigsstadt         schen Auslandsgeschäft war der          und S. Liebmann’s Son                                                                        tet dagegen, treue Pflichterfüllung
     und Lauenstein. Hof und Kulmbach        skandinavische Raum mit zahllosen       in New York City. So-                                                                        und Ausführung jeder zugewiese-
     waren weitere regionale Schwer-         Kunden in Dänemark, Schweden            weit sich Daten und                                                                          nen Arbeit nach bestem Wissen und
     punkte, wobei unter anderen auch        und Norwegen. Die Benelux-Länder        Informationen aus                                                                            Können und erwartet, dass jeder
     die bedeutende Erste Kulmbacher         waren ein wichtiger Absatzmarkt mit     dem Hauptbuch                                                                                einzelne Arbeiter dazu beiträgt, dass
     Actien-Exportbierbrauerei EKU und       Luxemburg selbst, Antwerpen, Lö-        von 1907 ent-                                                                                ein gutes Produkt abgesetzt wer-
     die Kulmbacher Reichelbräu zu den       wen (Grandes Brasseries Artois),        nehmen las-                                                                                  den, damit sich das Geschäft von
     Kunden gehörten.                        Brüssel und Maastricht in Belgien       sen, waren et-                                                                               Jahr zu Jahr weiter entwickelt“, hieß
     Der Kundenstamm beinhaltete vie-        und Amsterdam, Rotterdam, Den           liche der ge-                                                                                es in der Ansprache vor der versam-
     le große und kleine Braustätten in      Haag und Leiden in den Niederlan-       genwärtigen                                                                                  melten Belegschaft.
     Franken (Würzburg, Nürnberg, Fürth,     den. Anfang des 20. Jahrhunderts        Stammkunden schon
     Erlangen) und Bayern. In der Lan-       zählte die Heineken Bierbrauerei        damals, d.h. vor fast 100 Jahren,
     deshauptstadt München gehörten          Rotterdam zur Kundschaft. Eine          Abnehmer der Weyermann’schen
                                                                                                                                                                                      Urlaubsplanung des Bamberger
     Gabriel Sedlmayr (Spatenbrauerei/       Verbindung, an die man erfolgreich      Spezialmalze. Viele Kunden blicken                                                               Personals im Jahre 1910
     Franziskaner-Leistbräu), die Actien-    anknüpfen konnte. Auch in Frank-        auf eine lange Tradition zurück.
44                                                                                                                                                                                                                                                45

                                                                                               Johann Baptists Kinder                                                   Carl Weyermann

Johann Baptists Kinder:                                                                        Johann Baptist, der Unternehmens-
  Eva mit ihren Brüdern
                                                                                                                                               Rudolf Weyermanns Bruder Carl         schließlich in München bei der Sedl-
      Rudolf (links) und                                                                       gründer, war jedoch nicht nur Ge-               Friedrich Bernhard wurde am 25.       mayr Franziskaner-Leistbräu.
             Carl (Mitte)
                                                                                               schäftsmann, innovativer Unterneh-              September 1888 in Bamberg gebo-       Es schloss sich 1910/11 ein einjäh-
                                                                                               mer und Leiter einer mittlerweile               ren. Seine Kindheit war durch eine    riges Studium an der Brauerschule
                                                                                               bereits sehr bedeutenden Malzfab-               schwere Erkrankung geprägt. Des-      der 1883 gegründeten Versuchs-
                                                                                               rik, sondern auch Ehemann und                   halb erhielt er bis 1909 Hausunter-   und Lehranstalt für Brauerei (VLB) /
                                                                                               Familienvater. Mit seiner geliebten             richt durch Professoren der Real-     Institut für Gärungsgewerbe in Ber-
                                                                                               Frau, der Apothekerstocher Sabine               schule und durch Handelslehrer.       lin an. Während seiner Studienzeit
                     IV. Versuchssud in Weihenstephan am 8. November 1905.
                     Rudolf Weyermann ist auf diesem Bild der 5. von rechts                    Sippel, hatte er vier Kinder:                   Er absolvierte dann einige Praktika   war er Bundesbruder im Corps Cim-
                                                                                               Ihre gemeinsame Tochter Eva Mar-                bei verschiedenen Brauereien, so in   bria, dem er treu verbunden blieb.
                                                                                               garete wurde 1878 geboren, ihr ers-             Nürnberg bei der Bierbrauereige-      Carl trat im September 1911 in das
                                                                                               ter Sohn Friedrich Michael starb                sellschaft, vorm. Gebr. Lederer, in   Unternehmen seines Vaters Johann
                                                                                               1884 im Alter von nur 5 Jahren. Ru-             Leipzig bei der Brauerei Riebeck &    Baptist ein und konnte besonders
                                                                                               dolf Weyermann, Johann Baptists                 Co., in Berlin-Pankow in der Mälze-   die Berliner bzw. Potsdamer Kun-
                                                                                               drittes Kind, wurde 1880 geboren.               rei der Schultheiß-Brauerei und       denbeziehungen pflegen.
                                                                                               Er und sein acht Jahre jüngerer Bru-
                                                                                                                                                                                                                                      Carl Weyermann
                                                                                               der Carl lernten die Welt der Mälze-                                                                                                   (1888 -1951)
                                                                                                                                                                                                                                      in Couleur
                                                                                               rei sehr bald kennen. Rudolf und
                                                                                               Carl stellten nach Baptist die zwei-   Studentenverbindungen von
                                                                                                                                      Rudolf in Weihenstephan ...
                                                                                               te Generation im Familienunterneh-
                                                                                               men Mich. Weyermann.
                                                                                               Eva heiratete 1898 den Direktor des
                                                                                               Bamberger Krankenhauses, Hofrat
                                                                                               Dr. Max Jungengel. Sie blieb stille
                                                                                               Teilhaberin und nahm nicht aktiv an
                                                                                               der Unternehmenspolitik teil.

                                                         Rudolf Weyermann

       Rudolf Michael Maria Weyermann,              litärzeit diente er als Freiwilliger für   dung ab. Während seines Studiums
       am 7. September 1880 in Bamberg              ein Jahr beim 1. Chevauxleger-Re-          war Rudolf Mitglied der Landsmann-
       geboren, besuchte zunächst die               giment in Nürnberg, um dann in ver-        schaft Bavaria, einer schlagenden
       Volksschule und dann die Realschu-           schiedenen kleinen und großen              Studentenverbindung. Unmittelbar
       le in Bamberg. Anschließend absol-           Brauereien praktische Kenntnisse           nach seinem Studium trat Rudolf,
       vierte er eine kaufmännische Lehre           im Brauereigewerbe zu erwerben.            25 Jahre alt, in den elterlichen Be-
       beim renommierten Bankhaus A. E.             Ein Studium an der damaligen Aka-          trieb ein. Er blieb Weihenstephan
       Wassermann in Bamberg und ging               demie für Landwirtschaft und Brau-         durch den 1898 gegründeten „Ver-
       nach deren Beendigung einige Jah-            erei in Weihenstephan, der Vorgän-         band ehemaliger Weihenstephaner
       re in die französische Schweiz und           gerin der heutigen Weihenstephaner         der Brauer-Abteilung e.V.“ Zeit sei-
       nach England. Während seiner Mi-             Einrichtungen, schloss seine Ausbil-       nes Lebens verbunden.                                                                                     ... und von Carl in Berlin
46                                                                                                                                                                                                                                                                       47

                           Prinz Ludwig von Bayern                                                                                                                               Geschäftsentwicklung bis 1913

     Aufgrund seiner hervorragenden              Die „Bamberger Neuesten Nach-                                                          Die Netzwerke von Rudolf und Carl           59.575 dz fort und überschritt mit             lich an, was einem Anteil von 27,6%
     Leistungen für die bayerische Wirt-         richten“ schrieben über dieses au-                                                     über ihre Studentenverbindungen             Schwankungen schließlich 1911/12               an der gesamten deutschen Bierer-
     schaft wurde Johann Baptist am 1.           ßergewöhnliche Ereignis: „Kurz vor                                                     und Alumni-Treffen spielten eine            die magische Grenze von 75.000 dz.             zeugung entsprach.
     Januar 1912 der Titel „Bayerischer          11 Uhr fuhr Prinz Ludwig in den fest-                                                  wichtige Rolle in der Geschäftsfüh-         Die letzte Produktionsziffer vor Aus-          Das Exportvolumen der bayeri-
     Kommerzienrat“ verliehen. In Bam-           lich geschmückten Fabrikhof des                                                        rung der zweiten Unternehmergene-           bruch des Ersten Weltkrieges belief            schen Bierbrauer war in diesem
     berg war zu dieser Zeit einzig noch         Weyermann’schen Etablissements.                                                        ration. Eine Tradition, die auch in         sich auf 75.544,50 dz, sodass man              Jahr so hoch, dass jedes zehnte
     der jüdische Bankier Max von Was-           Der Prinz wurde von dem Besitzer                                                       den folgenden Generationen eine             sagen kann, dass das Unternehmen               weltweit getrunkene Glas Bier da-
     sermann, dem dieser ehrwürdige              Kommerzienrat Weyermann und                                                            ganz selbstverständliche Fortset-           am Ende der Konjunkturphase, na-               mals aus Bayern stammte.
     Titel bereits 1909 verliehen worden         dessen Söhne am Vestibül des zum                                                       zung fand. Mit Rudolfs Eintritt in die      tional und international bestens ver-          Unter den bayerischen Staatssteu-
     war, Träger dieser außerordentli-           Empfang des hohen Gastes hübsch                                                        Firma 1905 ging die Entwicklung             netzt, in vollster Blüte stand.                ern hatten 1913 die Einkommen-
     chen Auszeichnung.                          dekorierten Geländes begrüßt und          Prinz Ludwig von Bayern (1845 -1921),        des Unternehmens weiter steil               1913 feierte man auch das 25-jäh-              steuer mit 35,9% und die Biersteu-
                                                                                           der spätere König Ludwig III. (1913 -1918)
     1912 war auch das Jahr, in dem der          in die Vorhalle geleitet, woselbst                                                     bergauf. Hatte man 1904/05 46.284           rige Jubiläum am Betriebsstandort              er mit 35,8% das höchste Aufkom-
     neue Bamberger Hafen als Bayeri-            sich die zu dem Festakte und der                                                       dz Malz produziert, so waren es             Memmelsdorfer Straße. Bis 1913                 men. Die Staatseinnahmen aus der
     scher Staatshafen (Prinz-Ludwig-            damit in Verbindung gebrachten            die großzügige Betriebseinrichtung           1905 / 06 bereits 54.569 dz. Der            stieg übrigens die Biererzeugung in            Biersteuer betrugen für das letzte
     Hafen) fertig gestellt und durch Prinz      Tafel geladenen Herren inzwischen         dieses Industrie-Unternehmens, das           Aufwärtstrend setzte sich 1907 mit          Bayern auf über 19 Millionen hl jähr-          Vorkriegsjahr 52,1 Millionen Mark.
     Ludwig von Bayern, dem späteren             eingefunden hatten. [… Dann wur-          aus kleinen Anfängen [...] sich so
     König Ludwig III. von Bayern, feier-        de] ein Rundgang durch die Fabrik-        mächtig entwickelte.
     lich eröffnet wurde. Der Hafen er-          räume angetreten. […] Prinz Ludwig        Anschließend an den Rundgang
     möglichte eine fortschrittliche An-         brachte den in allen Teilen zeitge-       fand eine Festtafel für Prinz Ludwig                                                                Die Bamberger Belegschaft feierte 1913
                                                                                                                                                                                               25-jähriges Betriebsjubiläum am neuen
     bindung an die nationalen und in-           mäßen und großzügigen Einrichtun-         und die speziell geladenen Gäste,                                                                   Standort in der Memmelsdorfer Straße.
     ternationalen Binnenschifffahrtswe-         gen der Weyermann’schen Fabrik            50 an der Zahl, statt. […] Kurz vor 2                                                               In Berlin fand in diesem Jahr der 12. Deut-
                                                                                                                                                                                               sche Braumeister-Tag unter Mitwirkung
     ge. Die Kosten für den Bau des Ha-          ein starkes Interesse und Verständ-       Uhr erfolgte, nachdem Photograph                                                                    der Potsdamer Weyermann-Filiale statt
     fens beliefen sich damals auf die gi-       nis entgegen.                             Kohler noch eine Gruppenaufnah-
     gantische Summe von 4.840.000               Er verweilte besonders lange in den       me von den Festgästen mit Prinz
     Mark. Anlässlich der Einweihung             maschinellen Betriebsräumen und           Ludwig gemacht hatte, unter den
     weilte der Monarch vom 15. bis 17.          gab wiederholt seiner Verwunde-           begeisterten Hurra- und Hochrufen
     Juni 1912 in Bamberg und war am             rung Ausdruck über die großen Er-         des Weyermann’schen Fabrikperso-
     Samstag, dem 16. Juni 1912 Gast             folge und Forschritte in der heuti-       nals die Abfahrt zur mechanischen
     im Hause Weyermann.                         gen Maschinen-Industrie und über          Spinnerei und Weberei in Gaustadt.“
                                                                                           Ludwig trug sich im Rahmen seines
     Festlicher Empfang von Prinz Ludwig am 16. Juni 1912.                                 Besuchs als „Prinz von Bayern“ in
     Auf dem Bild Architekt Gustav Haeberle, Prinz Ludwig                                  das Goldene Buch der Mälzerei
     und Kommerzienrat Johann Baptist Weyermann
                                                                                           Mich. Weyermann ein.

                                                             Eintrag ins Goldene Buch des Unternehmens
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