ERNÄHRT Wege in eine Zukunft frei von Hunger und Mangelernährung in Afrika - Ein Malabo Montpellier Panel Report - Nourished: How Africa Can Build ...

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ERNÄHRT Wege in eine Zukunft frei von Hunger und Mangelernährung in Afrika - Ein Malabo Montpellier Panel Report - Nourished: How Africa Can Build ...
ERNÄHRT
Wege in eine Zukunft frei von
Hunger und Mangelernährung in
Afrika

             Ein Malabo Montpellier Panel Report     2017
ERNÄHRT Wege in eine Zukunft frei von Hunger und Mangelernährung in Afrika - Ein Malabo Montpellier Panel Report - Nourished: How Africa Can Build ...
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ERNÄHRT

Wege in eine Zukunft frei von
Hunger und Mangelernährung in
Afrika
Das Malabo Montpellier Panel wird von der Afrikanischen Entwicklungsbank (AfDB), dem Bundesministerium
für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und dem britischen Ministerium für internationale
Entwicklung gefördert.

Dieser Bericht wurde vom Malabo Montpellier Panel verfasst. Besondere Anerkennung gilt hierbei den Panel-Mitgliedern
Sheryl Hendriks, Tom Arnold, Gordon Conway, Patrick Caron, Nachilala Nkombo und Rhoda Peace Tumusiime, die den
Report mit Ihren Expertenmeinungen und Ratschlägen unterstützten. Der Bericht wurde unter der Leitung des Panels, unter
Federführung von Katrin Glatzel (IFPRI) und mit Unterstützung von Mahamadou Tankari (IFPRI) geschrieben.
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Vorwort

Dank der Fortschritte der letzten Jahrzehnte haben die af-      verbundene Malabo Montpellier Forum bietet eine Plattform
rikanischen Länder begonnen, die Trends in Bezug auf            für einen evidenzbasierten Dialog und Austausch zwi-
Armut, Hunger und Mangelernährung umzukehren. Die               schen wichtigen Entscheidungsträgern über afrikanische
Ambitionen, die in der Malabo-Erklärung, der Agenda 2063        Landwirtschaft, Ernährung und Ernährungssicherheit.
der Afrikanischen Union und der globalen Entwicklungsziele
                                                                Der aktuelle Bericht – Ernährt: Wege in eine Zukunft frei
enthalten sind, zeigen das Ausmaß und die Komplexität
                                                                von Hunger und Mangelernährung in Afrika – basiert auf
der noch bevorstehenden Herausforderungen. Um die
                                                                einem systematischen Länderstudienansatz, um festzu-
Absichten zur Beseitigung der extremen Armut und des
                                                                stellen, wo Fortschritte erzielt wurden. Es wird analysiert,
Hungers bis zum Jahr 2030 sowie die vielen anderen Ziele,
                                                                welche politischen Entscheidungen getroffen wurden, um
die in der Malabo-Erklärung und den Bestrebungen für nach-
                                                                Mangelernährung signifikant zu reduzieren und gesündere
haltige Entwicklung verankert sind, zu erreichen, muss die
                                                                und vielfältigere Ernährungsweisen zu fördern. Basierend
Politik sowie die Programmgestaltung und -durchführung
                                                                auf dieser Analyse werden Lehren für andere Länder gezo-
weiter verbessert werden. Das Malabo Montpellier Panel,
                                                                gen, um solche Erfolge nachzuahmen. Es wird eine Reihe von
das 17 führende afrikanische und internationale Experten
                                                                Richtlinien und Praktiken identifiziert, die, wenn ausgebaut,
aus den Bereichen Landwirtschaft, Ökologie, Ernährung,
                                                                erhebliche Auswirkungen auf die Ernährung, das Überleben
Politik und Verwaltung sowie der globalen Entwicklung zu-
                                                                von Kindern und die Entwicklung in Afrika haben könnten.
sammenbringt, möchte den Einsatz relevanter, qualitativ
                                                                Die Erfahrung der sieben Länder, die in diesem Bericht be-
hochwertiger Wissenschaft zur Unterstützung des Dialogs
                                                                handelt werden, zeigt, was getan werden kann und muss,
und der politischen Entscheidungen der afrikanischen
                                                                um den Ernährungsstatus eines Landes wesentlich zu ver-
Regierungen und ihrer Partner verstärken. Das Gremium ar-
                                                                bessern. Der Bericht enthält einen Fahrplan für afrikanische
beitet mit afrikanischen Regierungen und zivilgesellschaftli-
                                                                Regierungen, um konzertierte Maßnahmen zu ergreifen, um
chen Organisationen zusammen, um den Zugang zu Daten
                                                                die in der Malabo-Erklärung und in den Zielen für nachhal-
und Analysen zu vereinfachen, die den Entwurf und die
                                                                tige Entwicklung festgelegten Ernährungsziele zu erreichen.
Umsetzung von Strategien ermöglichen, die Armut und
Hunger reduzieren und Ernährung verbessern. Das damit

 Ousmane Badiane                Joachim von Braun

 Vorsitzenden, Malabo Montpellier Panel
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DAS MALABO MONTPELLIER PANEL
Das Malabo Montpellier Panel besteht aus einer Gruppe führender afrikanischer und europäischer Experten aus den
Bereichen Landwirtschaft, Ökologie, Ernährungssicherheit, Ernährung, und globale Entwicklung. Ihre Hauptaufgabe ist die
Förderung eines evidenzbasierten Dialogs unter den politischen Entscheidungsträgern auf höchster Ebene. Die vom Panel
verfassten Berichte sollen informierte politische Entscheidungen ermöglichen und diese unterstützen, um die ambitionierten
Ziele in der Agenda 2063 der Afrikanischen Union, der Malabo-Erklärung und der globalen Entwicklungsagenda schneller zu
erreichen. Das Panel arbeitet mit afrikanischen Regierungen und zivilgesellschaftlichen Organisationen zusammen, um diese
zu unterstützen und ihnen evidenzbasierte Forschungsergebnisse zu liefern um geeignete Maßnahmen zu entwickeln, welche
die Landwirtschaft, Ernährungssicherheit und Ernährung fördern.

              Ousmane Badiane ​                                             Joachim von Braun
              Senegal | Ko-Vorsitzender                                     Deutschland  | Ko-Vorsitzender
              Afrika-Leiter, International Food                             Direktor, Zentrum für Entwicklungsforschung
              Policy Research Institute (IFPRI)                             (ZEF), University of Bonn

              Debisi Araba Nigeria                                           Sheryl Hendriks Südafrika
              Afrika-Leiter, Internationales Zentrum                         Direktorin, Institut für Ernährung und
              für tropische Landwirtschaft (CIAT)                            Wohlbefinden, Universität Pretoria, Südafrika

                                                                             Muhammadou M.O. Kah Gambia
              Tom Arnold Irland
                                                                             Vizepräsident für Lehr- und Studienangelegen-
              Ehemaliger Direktor,
                                                                             heiten / Provost und Professor für
              Institut für internationale und
                                                                             Technologie und Innovationen,
              europäische Fragen (IIEA)
                                                                             Amerikanische Universität Nigeria

              Noble Banadda Uganda                                           Agnes M. Kalibata Ruanda
              Vorsitzender, Institut für Agrar- und                          Vorsitzende, Alliance for a Green
              Biosystemtechnik, Universität Makerere, Uganda                 Revolution in Africa (AGRA)

              Patrick Caron Frankreich                                       Nachilala Nkombo Sambia
              Vorsitzender der hochrangigen Expertengruppe                   Direktorin des World Wide Fund
              (HLPE) zu Ernährungssicherheit und Ernährung                   For Nature (WWF) in Sambia

              Gordon Conway Vereinigtes Königreich                           Wanjiru Kamau-Rutenberg Kenia
              Professor für internationale Entwicklung,                      Direktorin, African Women in Agricultural
              Imperial College London                                        Research and Development (AWARD)

              Gebisa Ejeta Äthiopien
                                                                             Ishmael Sunga Simbabwe
              Leiter des Lehrstuhls für Pflanzenzucht
                                                                             Vorstandsvorsitzender, Southern African
              und -genetik sowie internationale
                                                                             Confederation of Agricultural Unions (SACAU)
              Landwirtschaft, Universität Purdue

                                                                             Rhoda Peace Tumusiime Uganda
              Lisa Sennerby Forsse Schweden
                                                                             Ehemalige Kommissarin für Landwirtschaft
              Vorsitzende, Königlich Schwedische
                                                                             und Wirtschaft im ländlichen Raum,
              Akademie für Land- und Forstwirtschaft
                                                                             Kommission der Afrikanischen Union (AUC)

                                                                                                                         1
ERNÄHRT Wege in eine Zukunft frei von Hunger und Mangelernährung in Afrika - Ein Malabo Montpellier Panel Report - Nourished: How Africa Can Build ...
Einleitung

In den letzten zwei Jahrzehnten wurden bemerkenswerte            Glücklicherweise können wichtige Lehren aus erfolgrei-
Fortschritte bei der Reduzierung des extremen Hungers in         chen Interventionen gezogen werden, die von den afri-
Afrika erzielt. Rund ein Fünftel der Menschen ist jedoch im-     kanischen Ländern in ihrem Kampf gegen Hunger und
mer noch chronisch unterernährt. Dies erhöht die Anfälligkeit    Mangelernährung übernommen und erweitert werden kön-
des Kontinents während Nahrungsmittelkrisen, und wir erle-       nen. Das Hauptziel dieses Berichts besteht darin, funktio-
ben immer wieder Hungersnöte in Zusammenhang mit hart-           nierende Maßnahmen zu identifizieren und Optionen für
näckigen Konflikten, extremer Armut in Teilen der Bevölkerung    politische Interventionen und Programme zur Beseitigung
und Dürren. Bevölkerungswachstum, demografischer Wandel          von Hunger und Mangelernährung in all ihren Formen zu
und Verstädterung setzen Nahrungsmittelsysteme unter             empfehlen. Der Bericht beginnt mit einer Übersicht der afri-
Druck, die Erträge zu steigern und mehr Nahrungsmittel zur       kanischen und globalen politischen Agenden, in denen die
Verfügung zu stellen sowie diversifiziertere und nährstoffrei-   Herausforderungen und die Komplexität der Bekämpfung al-
chere Lebensmittel zu produzieren, um allen Arten von            ler Formen der Mangelernährung in Afrika dargelegt werden.
Mangelernährung entgegenzuwirken. Klimawandel, Konflikte         Es folgt ein Überblick über erfolgreiche Interventionen und
und anhaltende Krisen könnten zu einem Anstieg von Hunger        innovative Ansätze, die in einigen Ländern umgesetzt wur-
und Mangelernährung bei Kindern führen. Dies würde die           den, und geht auf die kritischen Faktoren ein – Klimawandel
Errungenschaften der letzten zwei Jahrzehnte zunichtema-         und Konflikte – die Fortschritte bei der Reduzierung von
chen und Fortschritte bei der Erreichung der Ernährungsziele     Mangelernährung gefährden. Anschließend wird in dem
der Malabo-Erklärung, die Agenda 2063 der Kommission der         Bericht auf die Erfahrungen in sieben afrikanischen Ländern
Afrikanischen Union und die Ziele für nachhaltige Entwicklung    eingegangen, die besonders erfolgreich zur Verringerung
der Vereinten Nationen (SDGs) gefährden.                         der Mangelernährung beigetragen haben. Aus diesen
                                                                 Erfahrungen können wichtige Lehren für andere Länder gezo-
                                                                 gen werden.

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ERNÄHRT Wege in eine Zukunft frei von Hunger und Mangelernährung in Afrika - Ein Malabo Montpellier Panel Report - Nourished: How Africa Can Build ...
Der afrikanische und internationale
politische Kontext

Die Agenda 20631 der Afrikanischen Union spiegelt die                  Entwicklungsagenda dank der SDG eine Toppriorität
gemeinsame Position Afrikas zur sozioökonomischen                      eingeräumt* SDG2 beachsichtigt, “Hunger beenden,
Transformation des Kontinents wider und ist damit ein                  Ernährungssicherheit und eine bessere Ernährung er-
wichtiger Antrieb für Länder, um im Bereich Ernährung                  reichen und eine nachhaltige Landwirtschaft fördern.”
Maßnahmen zu ergreifen. Dies zeigt sich in der Afrikanischen           Darüber hinaus betont die Strategie und Roadmap 2016-
Regionalen Ernährungsstrategie 2015–2025, in der das Ziel              2020 der Bewegung Scaling Up Nutrition Movement (SUN)
der Agenda 2063 verankert ist, “ein wohlhabendes Afrika                die grundlegende Bedeutung von Ernährung als uni-
auf der Grundlage von inklusivem Wachstum und nach-                    verselle Agenda für die Umsetzung der SDGs und der
haltiger Entwicklung” (Aspiration #1) zu schaffen.2 Die                UN-Dekade für Ernährungspolitik. Mit derzeit 39 afrikani-
Malabo-Erklärung 2014 zum beschleunigten Wachstum                      schen Ländern hat die SUN-Bewegung das Potenzial, eine
der Landwirtschaft und Transformation für gemeinsa-                    Beschleunigung der Verbesserungen bei der Ernährung
men Wohlstand und verbesserte Existenzgrundlagen hat                   und bei der Reduzierung von Stunting (fehlernährungsbe-
Ernährung auch zu einer der Kernanliegen des Programms                 dingten Wachstumsverzögerungen bzw. fehlernährungs-
zur Entwicklung der afrikanischen Landwirtschaft (CAADP)               bedingtem Kleinwuchs) zu erreichen, und zwar mit Hilfe
gemacht. In der vor mehr als zehn Jahren in Maputo ver-                von Lernnetzwerken, einem gemeinsamen Rahmen für die
abschiedeten Erklärung der Afrikanischen Union zu                      Ergebnisse und Best-Practice-Gemeinschaften.5 Auch die
Landwirtschaft und Ernährungssicherheit3 wurde bereits gro-            G20-Staaten haben bei ihrem Gipfel in Hamburg und ih-
ßer Wert auf die Gewährleistung von Ernährungssicherheit               ren Konferenzen mit Schwerpunkt Afrika in Berlin6 wich-
und Ernährung gelegt, und die Malabo-Erklärung be-                     tige Zusagen gemacht und damit die Entschlossenheit der
kräftigt diese Verpflichtung.4 Infolgedessen wurden                    Weltgemeinschaft untermauert, die Bemühungen der afrikani-
Ernährungsindikatoren in den für alle Länder geltende                  schen Länder im Kampf gegen Hunger und Mangelernährung
CAADP Ergebnisrahmen aufgenommen.                                      zu unterstützen. Die SDG- und G20-Agenden können nur
                                                                       erreicht und umgesetzt werden, wenn die afrikanischen
Auch auf internationaler Ebene hat das Thema Ernährung
                                                                       Regierungen die ehrgeizigen Ziele der Malabo-Erklärung und
eine höhere Priorität erlangt – sowohl in politischer als
                                                                       der Agenda 2063 erfolgreich umsetzen.
auch finanzieller Hinsicht. Ernährung wurde auf der

*   Im Oktober 2015 forderte der UN-Ausschuss für Welternährungssicherheit (CFS) die Hochrangige Expertengruppe für
    Ernährungssicherheit und Ernährung (HLPE) auf, einen Bericht über Nahrung und Ernährungssysteme zu erstellen. Der Bericht wurde
    im Oktober 2017 veröffentlicht und leitete einen globalen politischen Abstimmungsprozess ein. Dieser Bericht des Malabo Montpellier
    Panels – mit Schwerpunkt Afrika – trägt zu diesem Prozess bei.

                                                                                                                                      3
ERNÄHRT Wege in eine Zukunft frei von Hunger und Mangelernährung in Afrika - Ein Malabo Montpellier Panel Report - Nourished: How Africa Can Build ...
Die Herausforderungen

Wie Familien und Farmer Lebensmittel und ihre Agrarpro-
dukte konsumieren oder ob sie sie stattdessen auf Märkten
verkaufen, wirkt sich direkt auf den Ernährungsstatus aus. Eine
gute Ernährung trägt zur kognitiven Entwicklung bei und gibt
Kindern bessere Chancen, ihr volles Potenzial auszuschöpfen.
Dies führt zu höheren Lebenseinkommen und fördert gesamt-
wirtschaftliches und gesellschaftliches Wachstum.7 Schlechte
Ernährung beeinträchtigt hingegen die Produktivität und das
nationale Wachstum.

Trotz aktueller Bemühungen und Fortschritte bleibt die
Bekämpfung von Mangelernährung (Unterernährung,
Mikronährstoffmangel sowie Übergewicht und Adipositas) in
Afrika eine Herausforderung. Es muss mehr getan werden,
um die Ziele der Malabo-Erklärung zu erreichen: Stunting
(fehlernährungsbedingte Wachstumsverzögerung oder feh-
lernährungsbedingter Kleinwuchs, das Kind bleibt zu klein
für sein Alter, stunted), Wasting (Auszehrung, ein Zustand le-
bensbedrohlicher, krankheitsbedingter Abmagerung, was-
ted) und Untergewicht müssen reduziert, ein Minimum
an Ernährungsvielfalt für Frauen gewährleistet und
                                                                  Investitionen in die Ernährung hohe wirtschaftliche Erträge:
Mindeststandards für Säuglingsnahrung bis 2025 einge-
                                                                  Jeder investierte USD generiert 16 USD.12 Entscheidend
führt werden.8 Wenn afrikanische Länder diese Ziele errei-
                                                                  sind dabei angemessene Investitionen in den ersten 1.000
chen sollen, müssen Regierungen und Interessengruppen das
                                                                  Tagen des Lebens eines Kindes (angefangen mit der
Potenzial des Agrarsektors und der ländlichen Infrastruktur
                                                                  Schwangerschaft bis zum vollendeten zweiten Lebensjahr).
einschließlich der Gesundheits- und Sanitärversorgung
                                                                  Dazu gehören frühes und ausschließliches Stillen und
und über eine pure Steigerung der Agrarproduktion hi-
                                                                  Prävention von zu geringem Geburtsgewicht. Dies verlängert
naus besser nutzen, um die Ernährungsqualität und
                                                                  das Leben des einzelnen Kindes und hilft über Generationen
-vielfalt tatsächlich zu verbessern.9 Die afrikanische
                                                                  hinweg. Die Kosten für ernährungsspezifische Interventionen,
Landwirtschaft muss durch Synergien zwischen Ernährung,
                                                                  die Unterernährung und Mikronährstoffmangel bei Müttern
Gesundheit und Nahrungsproduktion gestärkt werden,
                                                                  und Kindern vermeiden, belaufen sich auf 370 USD pro ge-
um zur Ernährungssicherheit, Armutsbeseitigung, zu in-
                                                                  rettetem Lebensjahr. In Verbindung mit ernährungssen-
tegrativem Wirtschaftswachstum und widerstandsfähigen
                                                                  siblen Ansätzen – darunter Empowerment von Frauen,
Gemeinschaften und Nahrungsmittelsystemen auf dem ge-
                                                                  Ernährungsvielfalt und Nahrungsmittelanreicherung, Bildung
samten Kontinent beizutragen.
                                                                  sowie sozialer Schutz und Sicherheitsnetze – können sol-
(Land-)wirtschaftliches Wachstum und Transformation müs-          che Interventionen den Fortschritt in Ländern mit hohen
sen sich an der Ernährung ausrichten. Sie müssen das              Unterernährungs- und Sterblichkeitsraten bei Kindern und
Nahrungsmittelsystem nachhaltlig entwickeln, Arbeitsplätze        Müttern stark beschleunigen. Die Vorteile für die globale
schaffen, Existenzgrundlagen verbessern und zu einer di-          Gesundheit und die nationalen Volkswirtschaften wären noch
versifizierteren und mikronährstoffreicheren Ernährung            größer.13
führen.10 Ohne den politischen Willen, Ernährung samt
                                                                  Zugleich müssen Faktoren, die die Verbesserung der
Landwirtschaft, Gesundheit und ländlicher Entwicklung in
                                                                  Ernährungsituation untergraben, reduziert werden: Dazu
allen Regierungsbereichen zu priorisieren und ohne er-
                                                                  gehören WASH (Wasser, Sanitärversorgung und Hygiene)
höhte Investitionen in Infrastruktur, öffentliche Güter und
                                                                  Krankheiten und Infektionen, einschließlich wasser- und le-
Dienstleistungen, wird Mangelernährung fortbestehen und zu
                                                                  bensmittelbedingte Erkrankungen, sowie Risiken durch
anhaltender Armut und einer verringerten Lebensqualität für
                                                                  Agrarsysteme und -praktiken, etwa infektiöse Tierkrankheiten
Millionen von Menschen in Afrika führen.
                                                                  (Vogelgrippe, Brucellose), Pestizidvergiftung und Aflatoxikose.
Die Beseitigung der Mangelernährung in Afrika ist auch            Über 91 Millionen Menschen erkranken jährlich durch le-
eine wirtschaftspolitische Entscheidung: Sie kostet dor-          bensmittelbedingte Risiken in Afrika. 150.000 Menschen ster-
tige Volkswirtschaften durchschnittlich elf Prozent des           ben.14 Dies muss dringend angegangen werden, um die
Bruttoinlandsprodukts (BIP) jährlich.11 Gleichzeitig bringen      Ernährungssituation zu verbessern.

 4
DAS AKTIONSPROGRAMM
Es wurde eine Reihe von Strategien und Praktiken identifiziert, die, wenn ausgeweitet, positive Auswirkungen auf die Ernährung,
das Überleben von Kindern und die Entwicklung in Afrika haben könnten.15 Unsere Studien aus sieben Ländern in Afrika zeigen
was getan werden kann und muss, um den Ernährungszustand eines Landes zu verbessern. Das Malabo Montpellier Panel for-
dert daher die afrikanischen Regierungen auf, konzertierte Maßnahmen zu ergreifen, um die in der Malabo-Erklärung und der
SDG-Agenda festgelegten Ernährungsziele zu erreichen, und zwar insbesondere folgende Maßnahmen:

          Der Ernährung oberste Priorität einräumen                            Nationale Forschung zu Landwirtschaft und Ernährung stärken
          Die Regierungen müssen der Ernährung oberste Priorität bei           Regierungen müssen in nationale Forschungskapazitäten zu
          ihren politischen Maßnahmen und ihren Investitionen einräu-          Landwirtschaft und Ernährung investieren. Es sollten einheit-
          men und ministerien- sowie abteilungsübergreifend arbeiten,          liche Zuchtmethoden entwickelt und ausreichend mikronähr-

                                                                          7
          damit ein ganzheitlicher, integrativer Ansatz gewährleistet          stoffreiche Varianten von Feldfrüchten für Anbaugemeinschaften
   1      werden kann, der eine Bekämpfung aller Formen von Mangel-
          ernährung und Hunger als Teil weiter gefasster Entwicklungs-
                                                                               bereitgestellt werden, damit diese Früchte angebaut, konsu-
                                                                               miert und auf dem lokalen Markt verkauft werden können. Es
          bemühungen auf Landesebene vorsieht. Diese Maßnahmen                 muss in die Produktivität von nährstoffreichen Lebensmitteln
          müssen von der Einführung eines Systems der gegenseitigen            und in Maßnahmen zur Nahrungsmittelanreicherung und
          Rechenschaftspflicht begleitet werden, das sektorübergrei-           Biofortifikation investiert werden.
          fend und auf allen Entscheidungsebenen integriert wird.

                                                                               Ernährung in Bildung und Informationsarbeit
          In Partnerschaften arbeiten                                          Information zu Ernährung muss Bestandteil von Sozialwissen-
          Politische Entscheidungsträger müssen partnerschaft-                 schaften und Lehrplänen von Schulen werden, um Konsum-

   2
          lich mit anderen Stakeholdern, insbesondere den na-                  muster langfristig zu ändern und die Zusammenhänge zwischen
          tionalen Forschungszentren, dem privaten Sektor und
          den Entwicklungspartnern, zusammenarbeiten, um die
                                                                          8    Ernährung, Landwirtschaft und Gesundheit aufzuzeigen. Diese
                                                                               Bemühungen müssen durch die kontinuierliche Förderung von
          Ernährungssituation verbessern zu können.                            gesünderen Konsummustern sowie durch Sensibilierungs- und
                                                                               Aufklärungskampagnen, deren Zielpublikum Menschen aller
                                                                               Altersgruppen sind, gestützt werden.
          Ernährung als fester Bestandteil des Maßnahmenkatalogs
          Regierungen müssen Ernährung bei Entscheidungen in den

   3
          Bereichen Agrarpolitik, ländliche Entwicklungspläne, soziale         Frauengruppen stärker einbinden
          Sicherheit und Bildung berücksichtigen. Damit gewährleisten          Die nationalen und lokalen Regierungen sowie zivilgesell-
          sie, dass Ernährung eine Rolle bei neuen Strategien und der          schaftlichen Organisationen müssen Frauengruppen unterstüt-
          Umsetzung konkreter Maßnahmen und Programme spielt.             9    zen und stärker einbinden. Dies erlaubt es Frauen, die Kontrolle
                                                                               über ernährungsrelevante Ressourcen zu übernehmen und
                                                                               Entscheidungen insbesondere in Hinblick auf die Bereiche
          Konflikte als Gefahr für die Mangelernährungsreduzierung             Lebensmittel, Ernährung und Gesundheitswesen zu treffen.
          Bürgerkriege oder langwierige Krisen haben in ei-
          nigen Regionen Afrikas zu Hunger geführt. Sie stel-
          len eine ernsthafte Bedrohung für eine weitere Stärkung              Bereitstellung von besseren Daten für effizientere Maßnahmen
          der Ernährungssysteme und erfolgreiche Bekämpfung                    Die Regierungen, der private Sektor und Forschungsinstitute

   4
          der Mangelernährung dar. Afrikanische Regierungen                    müssen zusammenarbeiten, um viele verschiedene Indikatoren

                                                                          10
          und nichtstaatliche Akteure müssen anerkennen, dass                  für Mangelernährung zu erfassen, zu verfolgen und zu verar-
          bürgerliche Unruhen neue Herausforderungen bei                       beiten. Mehr und bessere Daten werden dringend benötigt,
          der Reduzierung von Mangelernährung mit sich brin-                   um einen genaueren Einblick zu erhalten, was zu effizienteren
          gen. Hier sind Diplomatie, Sicherheitsmaßnahmen und                  Lösungen zur Bekämpfung von Mangelernährung und Hungers-
          Soforthilfen gefragt und Entwicklungspartner müssen ihre             nöten sowie zur Überwachung der Fortschritte führen könnte.
          Soforthilfemaßnahmen ausweiten.

                                                                               Synergien zwischen Landwirtschaft, Wasser, Gesundheit
          Resilienz von Ernährungssystemen erhöhen                             und Hygiene nutzen
          Sich ändernde Wettermuster, extreme Wetterereignisse                 Die Regierungen und die anderen Stakeholder müs-

                                                                          11
          und besonders schwere, wiederkehrende Dürren ma-                     sen den Zugang zu Dienstleistungen für die gefährdetsten
          chen Fortschritte im Bereich der Ernährung schwierig.                Bevölkerungsgruppen in städtischen und ländlichen Gebieten

   5
          Neben politischen und technologischen Maßnahmen,                     verbessern, darunter WASH, und über die einfache Steigerung
          um Produktionssysteme widerstandsfähiger zu machen,                  des Ertrags hinausgehen, um tatsächliche Verbesserungen bei
          müssen Länder ihre Kapazitäten ausbauen, damit sie die               der Ernährungsqualität und -vielfalt zu erwirken.
          Ernährungssituation der gefährdetsten Bevölkerungsgruppen
          in Zeiten extremer Wetterereignisse aufrechterhalten und ga-
          rantieren können.                                                    Priorisierung von Adipositas im Rahmen der
                                                                               Ernährungspolitik eines Landes
                                                                               Es besteht dringender Handlungsbedarf, die Menschen auf
          Regelung und Kontrollen von Ernährungssystemen                       das wachsende Problem der Adipositas in Teilgruppen der af-
          verstärken                                                           rikanischen Bevölkerung aufmerksam zu machen und ge-
          Regierungen und Unternehmen müssen gesündere                         gen diese Entwicklung anzugehen. Schnelle Veränderungen
          Ernährungsweisen und Konsummuster durch geeignete
                                                                          12   im Ernährungssystem der afrikanischen Länder mit mittle-

   6
          Regelungen und Kontrollen von Ernährungssystemen fördern.            rem Einkommen gemeinsam mit einer Verschiebung von
          Letzteres soll die Produktion größerer Mengen sicherer und           Ernährungsmustern und dem Ausmaß körperlicher Betätigung
          mikronährstoffreicher Lebensmittel stimulieren, während zeit-        führen zu einer vermehrten Prävalenz von Übergewicht und
          gleich in die Vermarktung und den Vertrieb von bezahlbaren,          Adipositas. Die afrikanische Ernährungswissenschaft und -poli-
          gesunden Lebensmitteln für die arme Bevölkerung investiert           tik sollte in diesem Bereich auf globale Maßnahmen abgestimmt
          wird, um die Nachfrage und den Verbrauch anzuregen.                  und dementsprechend unterstützt werden.
Die Komplexität von Mangelernährung
Eines der Millenniums-Entwicklungsziele (MDGs) von 2000         Während der Anteil an Kindern unter fünf Jahren in Afrika, die
war es, den Anteil der Menschen, die unter extremem             an Stunting leiden, zwischen 2000 und 2015 von 38 auf 32
Hunger litten, zwischen 1990 und 2015 zu halbieren. Dies        Prozent zurückging, bleibt der Anteil in einigen Regionen mit
wurde in den Entwicklungsländern fast erreicht – vor allem      40 Prozent weiterhin hoch. 20 Auch die Gesamtzahl steigt wei-
durch die erhebliche Reduzierung von Hunger in China und        ter. 2015 waren 58 Millionen Kinder unter fünf Jahren stun-
Südostasien. In Afrika ging der Anteil der Menschen, die        ted, rund 14 Millionen Kinder waren wasted. Weitere zehn
von Hunger betroffen sind, zwischen 1990 und 2015 von 28        Millionen Kinder waren übergewichtig oder adipös.
Prozent auf 20 Prozent zurück, auch wenn die Gesamtzahl der
                                                                Darüber hinaus gibt es in Afrika mehrere Millionen Kinder und
Hungernden wegen der schnell wachsenden Bevölkerung
                                                                Erwachsene, die unter Vitamin- oder Mineralstoff-mangel lei-
von 182 Millionen auf 233 Millionen angestiegen ist.16
                                                                den, was zu Anämie, Blindheit, kognitiven Beeinträchtigungen
Insgesamt nahm die Mangelernährung langsamer ab                 und einer erhöhten Anfälligkeit für viele Krankheiten sowie
als erwartet. Dies lag am Bevölkerungswachstums, an             zu höheren Sterblichkeitsraten führen kann.21 Es gibt akute
volatilen Rohstoffpreisen, höheren Nahrungsmittel-              negative Auswirkungen von Mikro-nährstoffdefiziten auf die
und Energiepreisen, steigender Arbeitslosigkeit und             Gesundheit und das Überleben von Kindern, insbesondere
Unterbeschäftigungsquoten sowie der Weltwirtschaftskrise.       in den ersten 1.000 Lebenstagen, darunter schwere körper-
Immer häufiger auftretende extreme Wetterereignisse und         liche und kognitive Schädigungen. Selbst leichte bis mittel-
Naturkatastrophen in Verbindung mit politischer Instabilität,   schwere Mangelerscheinungen können Wohlergehen und
großräumiger Migration und Bürgerkriegen kosteten viele         Entwicklung des Menschen beeinträchtigen.22 Versteckter
Menschenleben und verursachten hohen wirtschaftlichen           Hunger kann auch die sozio-
Schaden, was zu weiterer Nahrungsmittelunsicherheit und         ökonomische Entwicklung einschränken, insbesondere in
Mangelernährung führte.17                                       Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen.

Mangelernährung bezeichnet einen Zustand, der durch fal-        Die langfristigen negativen wirtschaftlichen Folgen für Afrika
sche Ernährung oder Ernährungsweise verursacht wird. Es         sind enorm. Glücklicherweise lassen sich Gesundheitsrisiken
bedeutet “schlecht ernährt”, ist aber mehr als das Maß dafür,
wie viel oder wie wenig Menschen essen. Mangelernährung
steht für eine unzureichende Zufuhr von Proteinen, Kalorien        Wichtige Begriffe bei Mangelernährung
oder Mikronährstoffen und ist durch häufige Infektionen und
                                                                   Mangelernährung: Eine zu geringfügige, überhöhte oder
Erkrankungen sowie verminderte kognitive Entwicklung ge-
                                                                   nicht ausgewogene Energie- und/oder Nährstoffzufuhr bei
kennzeichnet.18 Derzeit lassen sich in Afrika 45 Prozent der
                                                                   Personen. Dazu zählen Unterernährung, Mikronährstoffman-
Kindersterblichkeit auf Mangelernährung zurückzuführen, in-
                                                                   gel und Übergewicht/Adipositas, die ernährungsbedingte,
klusive Unterernährung, Mikronährstoffmangel, Übergewicht
                                                                   nicht übertragbare Krankheiten (wie Herzerkrankungen,
und Adipositas.19
                                                                   Schlaganfall, Diabetes und Krebs) verursachen können.
Mangelernährung ist nicht nur eine Folge von Armut,
                                                                   Unterernährung: Unzureichende Nahrungszufuhr, sodass
Ernährungsunsicherheit und Krankheit, sondern auch einer
                                                                   der Körper nicht mit ausreichend Kalorien (Energie) versorgt
der Gründe für den geringen Fortschritt in der wirtschaftli-
                                                                   wird, um die physiologischen Mindestbedürfnisse für einen
chen Entwicklung. Es hat sich gezeigt, dass Mangelernährung
                                                                   aktiven und gesunden Lebensstil abzudecken. Hunger ist
das Wirtschaftswachstum bremst und die Armut durch
                                                                   eine extreme Form dieses Zustands, der von einem „durch
Produktivitätsverluste aufgrund schlechter körperlicher
                                                                   den Mangel an Nahrung verursachten Erschöpfungszustand
Leistungsfähigkeit und kognitiver Fähigkeiten verstärkt.
                                                                   des Körpers“ gekennzeichnet ist.

Mikronährstoffmängel                                               Mikronährstoffmangel („Versteckter Hunger“): Die Zufuhr
                                                                   und Aufnahme von Vitaminen und Mineralstoffen, etwa Eisen,
Wie Abbildung 1 zeigt, gibt es in den meisten afrikanischen
                                                                   Folsäure, Vitamin A, Zink und Jod, welche unter gesunden
Ländern hohe Mikronährstoffmängel. Während sich in den
                                                                   Grenzwerten liegen und zu gering ausfallen, um einen guten
Ländern Lateinamerikas und Asiens die Raten verbesserten,
                                                                   Gesundheitszustand und eine angemessene Entwicklung bei
weist Afrika immer noch die höchsten Prävalenzen von “ver-
                                                                   Kindern sowie die normale körperliche und geistige Funktion
stecktem Hunger” auf. So zeigte der Global Hidden Hunger
                                                                   bei Erwachsenen aufrechterhalten zu können.
Index 2011 (HHI-PD) das 18 der 20 Länder mit den höchsten
HHI-PD-Werten in Afrika südlich der Sahara liegen. Zugrunde        Übergewicht/Adipositas: Ungewöhnlich hohe oder über-
lag der Durchschnitt von drei Mangelerscheinungen                  schüssige Fettansammlung, die Auswirkungen auf die
(Stunting, Anämie aufgrund von Eisenmangel, Vitamin-A-             Gesundheit haben kann.
Mangel) für Kinder im Vorschulalter.

 6
Abbildung 1 Versteckter Hunger 1995–2011
       1995                                                                 2000

        2005                                                                2011

                      Mild (40.0%)

Quelle: C. J. Ruel-Bergeron, et al., “Global Update and Trends of Hidden Hunger, 1995–2011: The Hidden Hunger Index,” PlosOne 10, no. 12
(2015): e0143497.
Haftungsausschluss: Die verwendeten Bezeichnungen und die Darstellung des Materials auf dieser Karte bedeuten nicht, dass die Mitglieder des
Malabo Montpellier Panels hinsichtlich des rechtlichen Status irgendeines Landes, Territoriums, einer Stadt oder eines Gebiets oder seiner Behörden
oder hinsichtlich der Abgrenzung seiner Grenzen eine Meinung äußern.

durch Vitamin- A-, Eisen- und Jodmangel, sowie Mangeler-
scheinungen bei Folat, Zink und Vitaminen D und B12, wirk                       Die wachsende Mittelschicht in Ost- und im
sam durch nahrungspezifische Maßnahmen bekämpfen. Die                           südlichen Afrika26
erzielten Fortschritte in Bezug zum MDG-Ziel, den Anteil der
                                                                                55 Prozent der Mittelschicht aus dieser Region lebt auf
Hungernden zwischen 1990 und 2015 zu halbieren, zeigen,                         dem Land.
dass der Kampf gegen Mangelernährung gewonnen werden
                                                                                61 — 83 Prozent ihrer Lebensmittel stammen aus dem Handel.
kann. Regierungen und Stakeholder müssen aus den bisheri-
gen Erfolgen lernen und ihre Anstrengungen zur Erreichung                       70 — 80 Prozent der Von der Mittelschicht getätig-
der ehrgeizigen Ziele verdoppeln, die in der Malabo-                            ten Ausgaben für Nahrungsmittel entfallen auf verarbei-
Erklärung, der Agenda 2063 und den SDGs festgelegt sind.                        tete Lebensmittel. Sie ist in städtischen und ländlichen
                                                                                Gebieten vergleichbar.

Die vielen Aspekte von                                                          44 — 55 Prozent der Ausgaben der Mittelschicht für
                                                                                Lebensmittel entfallen auf verderbliche Lebensmittel.
Mangelernährung
Durch die rasante Urbanisierung und das Bevölkerungs-
wachstum wird Afrikas Nahrungsmittelsystem unter Druck
gesetzt, um mehr, vielfältigere und nahrhaftere Nahrungs-                   der Bevölkerung wachsen.23 Die Verbraucherausgaben,
                                                                            vor allem unter Mittelschicht-Bürgern mit mehr als 3.900
mittel zu produzieren. Die Nahrungsmittelsysteme in ganz
                                                                            USD Einkommen pro Jahr – erreichten 2008 geschätzt 680
Afrika müssen es den Verbrauchern zudem ermöglichen,
                                                                            Milliarden USD.24 Mit der wachsenden Mittelschicht und zu-
gesunde und bezahlbare Nahrungsmittel mit optimalen
                                                                            nehmenden Urbanisierung hat die Mangelernährung infolge
Nährstoffen zu erhalten. Afrika hat jetzt die am schnellsten
                                                                            schlechter Ernährung stark zugenommen.25
wachsende Mittelschicht der Welt, sie hat sich in den letz-
ten 30 Jahren verdreifacht. Folgt man dem gegenwärtigen                     Es ist nicht ungewöhnlich, dass Unterernährung und
Trend, wird sie bis 2060 auf 1,1 Milliarden oder 42 Prozent                 Adipositas im selben Land (Abbildung 2), der gleichen

                                                                                                                                                 7
Gemeinschaft oder sogar im selben Haushalt gleichzeitig vor-                        Ernährungsgewohnheiten bei Kindern vermehrt zu Adipositas
kommen.27 In solchen Situationen können Kinder stunted sein,                        und Erkrankungen wie Typ-2-Diabetes. In Afrika stieg der ge-
während die Erwachsenen (insbesondere Frauen) überge-                               schätzte Anteil von übergewichtigen Kindern (7-11 Jahre)
wichtig sind, aber auch Kinder leben, die zugleich zu klein für                     von vier Prozent im Jahr 1990 auf sieben Prozent 2011.
ihr Alter und übergewichtig sind. Übergewichtige Personen                           Erwartet wird ein Anstieg bis auf elf Prozent im Jahr 2025.
können auch mehrere Mikronährstoffmängel aufweisen.28                               Der Anteil von übergewichtigen Kindern unter fünf Jahren
                                                                                    liegt zwischen vier Prozent in Westafrika und 15 Prozent im
Mehrere Ursachen tragen dazu bei. Eine Erklärung ist ein
                                                                                    südlichen Afrika.30 Hochgradig besorgniserregend ist die
schneller Wandel des Nahrungsmittelsystems in einigen afri-
kanischen Ländern mit mittlerem Einkommen. Veränderungen                            steigende Zahl an Kindern, die übergewichtig und gleich-

in der Ernährungsweise und bei der körperlichen Aktivität                           zeitig stunted sind, weil die weiterhin schlecht ausgestat-
führen zu einem sogenannten "Nutrition Transition", ei-                             teten Gesundheitssysteme die verschiedenen Formen von
nem Ernahrungswandel, der häufiger zu Übergewicht                                   Mangelernährung nicht bewältigen können.31
und Adipositas führt. Veränderte Essgewohnheiten, etwa                              Mangelernährung, die mit ungesunder Ernährung und un-
der Konsum von nährstoffarmen, stark verarbeiteten                                  gesundem Lebensstil einhergeht, ist heute der größte
Lebensmitteln, kombiniert mit einer geringeren physischen                           Risikofaktor für die globale Belastung durch Krankheiten. Das
Arbeitsbelastung durch zunehmend am Schreibtisch stattfin-                          Risiko, dass schlechte Ernährung zu Mortalität und Morbidität
dende Arbeit, erhöhten die Adipositasrate viel schneller, als                       führt, ist jetzt größer als die kombinierten Risiken von unsi-
sie die Unterernährung verringerten.29                                              cherem Sex, Alkohol, Drogen- und Tabakkonsum (Abbildung
Kinder in städtischen, aber auch in ländlichen Gebieten in                          3).32 Um die vielfältigen Formen von Mangelernährung er-
Afrika essen zunehmend fett-, zucker- und salzreiche, energie-                      folgreich angehen zu können, müssen Regierungen und der
dichte und verarbeitete Lebensmittel, die tendenziell kosten-                       private Sektor gemeinsam das Nahrungsmittelsystem so um-
günstiger, aber auch von geringerer Nährstoffqualität sind.                         gestalten, dass eine gesündere Ernährung für alle gewährleis-
Gemeinsam mit geringerer körperlicher Aktivität führen diese                        tet werden kann.

Abbildung 2 Überblick der Ernährungssituation in Afrika
                                                                                    Tunesien
                                                           Marokko

                                                                     Algerien
                                                                                          Libyen         Ägypten
                                             Westliche
                                              Sahara

                                             Mauretanien
                                                              Mali                         Tschad          Sudan
                           Kap    Senegal
                                                                            Niger
                          Verde                                                                                          Eritrea

                            Gambia                        Burkina Faso
                                                                                                                                      Dschibuti
                           Guinea-Bissau
                                                                        Nigeria               Zentral-                                  Somalia
                                                       Republik                                                Süd-      Äthiopien
                                    Guinea                                                  afrikanische
   Ackerland (%)                                         Côte                                Republik         sudan
                                                        d’Ivoire   Benin        Kamerun
                                    Sierra Leone
     0–5          30–50                                  Ghana
                                             Liberia            Togo                                      Uganda
                                                                                            Demokratische                 Kenia
     5–15         Keine Daten
                                                       Sao Tomé              Gabun          Republik Kongo
     15–25                                                und
                                                        Principe Äquatorialguinea                  Ruanda                                         Seychellen
                                                                                                                      Tansania
   Anzahl an unterernährten                                              Republik                      Burundi                      Komoren
   Menschen (In Millionen)                                                Kongo
                                                                                      Angola                          Malawi

                                                                                                     Sambia
                    1
     20      10                                                                                                Mosambik                           Mauritius
                                                                                                        Simbabwe
      Gefahr einer Hungersnot                                                         Namibia                                      Madagaskar
                                                                                                   Botsuana
      >20% an Nahrungsmittelimporten
                                                                                                                        Swasiland
      >30% Verbreitung von Kleinwüchsigkeit (Stunting)                                              Südafrika
      >15% Verbreitung an Erwachsenen mit Adipositas
      >10% Verbreitung an Erwachsenen mit Diabetes                                                            Lesotho

Quelle: NEPAD, Overview of Nutrition in Africa as a Response to the Malabo/CAADP Commitments to End Hunger and Malnutrition by 2025, (2017),
http://www.nepad.org/resource/nepad-overview-nutrition-africa-2017.
Haftungsausschluss: Die verwendeten Bezeichnungen und die Darstellung des Materials auf dieser Karte bedeuten nicht, dass die Mitglieder des
Malabo Montpellier Panels hinsichtlich des rechtlichen Status irgendeines Landes, Territoriums, einer Stadt oder eines Gebiets oder seiner Behörden
oder hinsichtlich der Abgrenzung seiner Grenzen eine Meinung äußern.

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Abbildung 3 Ernährungsbezogene Risikofaktoren für die globale Krankheitslast
                                    Ernährungsrisiken
                          Hoher systolischer Blutdruck
               Unterernährung bei Kindern und Müttern
                                          Tabakrauch
                                   Luftverschmutzung
                               Hoher Body-Mass-Index
                          Alkohol- und Drogenkonsum
                Hoher Nüchtern-Plasmaglukosespiegel                                                      Krankheitsrisikofaktoren im
                                                                                                         Zusammenhang mit der Ernährung
Bedenkliches Wasser, Sanitäranlagen und Händewaschen
                                                                                                         Krankheitsrisikofaktoren,
                                       Unsicherer Sex                                                    die nicht mit der Ernährung zusammenhängen
                             Hohes Gesamtcholesterin
                                                         0            50,000          100,000          150,000          200,000           250,000
                                                         Welweit, für alle Alterklassen behinderungsbereinigte Lebensjahre, in Tausend (2013)

Quelle: Global Panel on Agriculture and Food Systems for Nutrition, Food Systems and Diets: Facing the Challenges of the 21st Century (London,
UK: 2016).

                                                                                                                                                      9
Erfolgreiche Interventionen, innovative Ansätze

Es gibt keine universelle Lösung, um Mangelernährung              auf suboptimale Stillpraktiken zurückzuführen. Der Anteil der
in Afrika erfolgreich zu reduzieren. Interventionen und           Neugeborenen, die innerhalb einer Stunde nach der Geburt
Lösungen, einschließlich der hier und in den Fallstudien          gestillt wurden, lag im Jahr 2015 bei 59 Prozent in Ost- und
diskutierten, müssen stets an den lokalen Kontext ange-           im südlichen Afrika und 40 Prozent in West- und Zentralafrika,
passt werden.                                                     während nur 57 Prozent der bis fünf Monate alten Säuglinge
                                                                  in Ost- und im südlichen Afrika und 29 Prozent in West- und
                                                                  Zentralafrika ausschließlich gestillt wurden.33 Verschiedene
Stillen                                                           Faktoren können das Vertrauen von Frauen in das ausschließli-
Optimale Stillpraktiken sind entscheidend für die Entwicklung     che Stillen beeinträchtigen, das oft als zeitaufwendig angese-
eines Kindes. Stillen fördert gesundes Wachstum, verbes-          hen wird. Gesellschaftlicher Druck, familiäre Verpflichtungen
sert die kognitive Entwicklung und hat sowohl kurz- als auch      sowie bezahlte und unbezahlte Arbeit stellen Frauen vor
langfristige ernährungsphysiologische Vorteile für Kinder.        große Herausforderungen. Regierungen und der private
Eine gute Ernährung in den ersten 1.000 Lebenstagen ei-           Sektor müssen Mütter über die Vorteile des Stillens und beste
nes Kindes ist entscheidend für das Wachstum, das                 Stillpraktiken sowie über die Zubereitung nährstoffreicher
Wohlergehen und Überleben des Kindes sowie für die zu-            Beikost aufklären.
künftige Produktivität. Sofortiges und ausschließliches Stillen
ist die beste Nahrungsquelle für Neugeborene. Muttermilch
ist unbedenklich und enthält Antikörper und Vitamin A,
                                                                  Biofortifikation
die Säuglinge vor den üblichen Kinderkrankheiten wie              Die Biofortifikation nutzt konventionelle
Durchfall und Lungenentzündung schützen. Außerdem                 Pflanzenzüchtungsmethoden, um den Mikronährstoffgehalt
hilft sie vor wichtigen Todesursachen wie Sepsis, aku-            der Grundnahrungsmittel der Landbevölkerung anzu-
ten Atemwegsinfektionen und Meningitis zu schützen;               reichern. Die drei entscheidenden Mikronährstoffe, die
und verbessert das Wachstum und die Entwicklung von               in der Ernährung der Armen – Vitamin A, Zink und Eisen
Kindern insgesamt.                                                – am geringsten vorhanden sind, werden den wichtigen
                                                                  Grundnahrungsmitteln hinzugefügt. Somit kann sicherge-
In Afrika werden die meisten Babys gestillt, aber subopti-
                                                                  stellt werden, dass diese neuen Nutzpflanzen ausreichende
male Stillpraktiken gefährden sie weiterhin. Von den gesam-
                                                                  Mengen an Mikronährstoffen enthalten, die bei regelmäßi-
ten Todesfällen von Kindern unter fünf Jahren sind 12 Prozent
                                                                  gem Verzehr für eine gesunde Ernährung sorgen.

   Alive & Thrive, Äthiopien

   Alive & Thrive (A&T) ist ein Programm des Internationalen      A&T informierte und beriet Mütter und Betreuer vor al-
   Forschungs-instituts für Lebensmittelpolitik (International    lem durch das Gesundheitsförderungsprogramm des
   Food Policy Research Institute, IFPRI). A&T hat posi-          Bundesministeriums für Gesundheit in den vier be-
   tive Ergebnisse bei der Ernährung von Säuglingen und           völkerungsreichsten Regionen Äthiopiens – Amhara,
   Kleinkindern (das sogenannte IYCF Programm) wäh-               Oromia, SNNPR (Region der südlichen Nationen,
   rend der ersten 1.000 Tage in ländlichen Gebieten in           Nationalitäten und Völker) und Tigray – mit seinem
   Bangladesch, Äthiopien und Vietnam erzielt.34 Zwischen         großen Netzwerk von weiblichen Mitarbeitern in der
   2010 und 2014 erreichte das Programm mehr als 16               Gesundheitsdiensstleistungsbranche und Teams von
   Millionen Kinder unter zwei Jahren und entwickelte groß        Freiwilligen in dem Bereich. In Dorfsversammlungen
   angelegte Programmmodelle, die fast überall auf der Welt       wurde über das Stillen diskutiert und gezeigt, wie man
   übernommen werden können. A&T arbeitete mit staat-             nährstoffreiche Beikost zubereitet. A&T arbeitete auch
   lichen und nichtstaatlichen Partnern zusammen und mit          mit verschiedenen Nichtregierungsorganisationen, religi-
   Hilfe bestehender Gesundheitssysteme, um ein umfas-            ösen Organisationen und Frauenverbänden zusammen,
   sendes Paket von Interventionen – einschließlich Beratung      um eine Radiokampagne zu starten. Der frühe Beginn des
   und Kommunikation, Mobilisierung von Gemeinschaften            erstens Stillens stieg von 67 auf 82 Prozent, während die
   und Medienarbeit für politische Entscheidungsträger –          Anzahl der ausschließlich stillenden Mütter signifikant von
   zu liefern. In Äthiopien, wo die Stillrate höher ist als in    72 auf 83 Prozent stieg.
   Bangladesch oder in Vietnam, sind die IYCF-Praktiken ins-
   gesamt nach wie vor schlecht.

10
und die tägliche Aufnahme von Vitaminen und Mineralstoffen
   Orange Süßkartoffel                                             während des gesamten Lebens zu erhöhen.

   Ein Beispiel für biofortifizierte Pflanzen ist die orange
   Süßkartoffel (OSP). OSPs sind reich an Beta-Carotin,            Hausgärten
   einem Provitamin A, das der Körper in Vitamin A um-
                                                                   Hausgärten sind ein integraler Bestandteil loka-
   wandelt. Zur Bewertung der Wirksamkeit von OSP
                                                                   ler Ernährungssysteme und der Agrarlandschaft von
   wurden von 2006 bis 2009 in Mosambik und Uganda
                                                                   Entwicklungsländern.41 Studien haben gezeigt, dass sich
   Studien durchgeführt. Innerhalb der Studie wurden
                                                                   eigene Gärten positiv auf Ernährungsunsicherheit und
   OSP-Triebe an die Haushalte verteilt. Danach wurde
                                                                   Mangelernährung auswirken. Darüber hinaus bieten sie zu-
   getestet, ob diese Triebe angebaut und ob sich die
                                                                   sätzliche Vorteile wie Einkommen und Lebensunterhalt für
   Vitamin-A-Aufnahmen und der Vitamin-A-Status in den
                                                                   ressourcenarme Familien sowie Ökosystemleistungen.42
   Haushalten auch verbessert hatte. Die Studie zeigte,
                                                                   Der größte Wert des Hausgartens für den ländlichen
   dass 61 bis 68 Prozent der begünstigten Haushalte
                                                                   Haushalt liegt nicht im Nettoeinkommen, sondern im
   beider Länder OSP anwendeten. Weitere Hinweise
                                                                   Bereich der Produktion und des Beitrags zum allgemeinen
   aus Uganda zeigten, dass OSP bei Kindern und Frauen
                                                                   Lebensunterhalt und Wohlergehen des Haushalts. Laut der
   zu einer signifikant erhöhten Vitamin-A-Zufuhr führte
                                                                   Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten
   und den Vitamin-A-Status bei einigen Kindern mess-
                                                                   Nationen (FAO) hat ein gut entwickelter Hausgarten das
   bar verbesserte.38 In Mosambik führte die Lieferung
                                                                   Potenzial, eine Familie mit essentiellen Mikronährstoffen zu
   der Vitamin A-reichen OSP zu einer Verdoppelung
                                                                   versorgen: Wurzeln und Knollen sind reich an Energie und
   der Vitamin-A-Zufuhr, und dieVitamin-A-reiche OSP
                                                                   Hülsenfrüchte sind wichtige Quellen für Proteine und Fett,
   ermöglichte fast die gesamte Vitamin-A-Zufuhr für
                                                                   Eisen und Vitamine; Grünes Blattgemüse und gelb- oder
   Kinder.39 Der Verzehr von Vitamin-A-reichen OSP ver-
                                                                   orangefarbene Früchte liefern essenzielle Vitamine und
   ringerte auch Prävalenz und Dauer von Durchfall
                                                                   Mineralstoffe, insbesondere Folat und Vitamin A, E und C.
   bei Kindern und zeigte, dass ihre Gesundheit durch
                                                                   Darüber hinaus, in Kombination mit anderen Maßnahmen wie
   Biofortifikation verbessert werden könnte.40
                                                                   der Förderung von besserer Ernährung und Sozialtransfers,
                                                                   sind Hausgärten nachweislich effektiv bei der Verringerung
                                                                   von Mangelernährung.
Biofortifizierte Pflanzen werden so gezüchtet, dass sie nicht
nur einen höheren Mikronährstoffgehalt, sondern auch hohe
Erträge und Schädlingsresistenz haben, dem Klima besser            Bessere Daten für effektivere
angepasst sind und über einen besseren Geschmack und
                                                                   Interventionen
Kochzeit verfügen. Damit sind sie genau so gut oder sogar
besser als nicht biofortifizierte Sorten. Über 130 Sorten von      Da afrikanische Regierungen weiterhin nicht über die not-
verschiedenen biofortifizierten Pflanzen (einschließlich mit       wendigen Daten verfügen, um Mangelernährung wirksam zu
Vitamin A angereicherten Kochbananen, Maniok, Mais und
Süßkartoffeln, eisenreichen Bohnen und Perlhirsen, zinkrei-           Gemeinschaftsgärten in Burkina Faso
cher Reis und Weizen sowie Eisen- und Zinkbohnen, Linsen
                                                                      In Burkina Faso legte das Programm Enhanced
und Sorghum) wurden in über 30 Ländern freigegeben und
                                                                      Homestead Food Production zwischen 2013 und 2016
weitere Sorten werden in über 50 Ländern getestet. Die na-
                                                                      Gemeinschaftsgärten an und stellte den Müttern von
tionalen Regierungen geben offiziell die leistungsstärksten
                                                                      Kleinkindern (3-12 Monate alt) Saatgut, Geräte und
Sorten von mikronährstoffreichen Ernten für landwirtschaft-
                                                                      Wissen über bewährte landwirtschaftliche, Gesundheits-,
liche Gemeinschaften frei, um lokal angepflanzt, gegessen             Hygiene- und Ernährungspraktiken bereit. In nur zwei
und verkauft zu werden. Wenn sie regelmäßig konsumiert                Jahren trug das Programm zu einem um 8 Prozent gestei-
werden, können diese mikronährstoffreichen Nahrungsmittel             gerten Fleisch- und Geflügel- sowie einem um 16 Prozent
zur Speicherung von Mikronährstoffen im Körper und da-                gesteigerten Konsum von Obst bei Frauen bei. Zugleich
mit zur allgemeinen Reduzierung des versteckten Hungers               verbesserte sich ihre allgemeine Ernährungsvielfalt im
beitragen.35                                                          Vergleich zu jenen, die nicht am Programm teilnahmen.
                                                                      Die Prävalenz von Untergewicht unter den begünstig-
Angesichts der positiven Belege für die Wirksamkeit von
                                                                      ten Frauen ging um beinahe 9 Prozent zurück43 und auch
Biofortifikation könnten biofortifizierte Pflanzen eine regelmä-
                                                                      ihre Kinder profitierten davon: Die Prävalenz von Anämie
ßige und sichere Quelle bestimmter Mikronährstoffe für die            bei Säuglingen zwischen 3 und 6 Monaten nahm um 15
Menschen sein, die sonst nicht erreicht werden oder einfach           Prozent ab und die Prävalenz von Wasting bei Kindern
nicht an nährstoffreiche Nutzpflanzen herankommen.36 Auch             zwischen 3 und 12 Monaten ging um 9 Prozent zurück,
wenn biofortifizierte Grundnahrungsmittel nicht die beste             während das Auftreten von Durchfallerkrankungen um bis
Antwort auf klinische Mängel sind, können sie dazu beitra-            zu 16 Prozent reduziert werden konnte.44
gen, dem Mangel an Mikronährstoffzufuhr entgegenzuwirken

                                                                                                                            11
bekämpfen, bleiben die Reaktionen auf Nahrungsmittelkrisen     wirksamere Lösungen voranzutreiben. Mehr und bessere
reaktiv und sind nicht proaktiv. Anzeichen für Mangel-         Daten werden dringend benötigt, um Quantität und Qualität
ernährung sind möglicherweise erst nach Ausbruch ei-           der Ernährungsdaten zu verbessern. Nur wenige nationale
ner Nahrungsmittelkrise zu erkennen, und ohne die Daten        Regierungen sammeln die Daten, die erforderlich sind, um
zur Bekämpfung von Krisen bleibt die Koordinierung der         die Entscheidungsträger über die Essgewohnheiten zu infor-
Maßnahmen weiterhin langsam und oft ineffektiv. Es gibt ver-   mieren, und es gibt keine funktionierende globale Datenbank
schiedene Faktoren, die die Ernährung beeinflussen, und es     für Ernährungsfragen. Jüngste Bemühungen, Daten zu sam-
kann schwierig sein festzustellen, wie sie gemeinsam zu den    meln, etwa die Globale Ernährungsdatenbank (GDD)45
weit verbreiteten Problemen beitragen. Darüber hinaus ver-     und das globale individuelle Nahrungsmittelkonsum Data
wenden die meisten Regierungen und Hilfsorganisationen         Tool 46, welches FAO und die Weltgesundheitsorganisation
unterschiedliche Meß- und Beobachtungssysteme, um              (WHO) entwickeln, sollten erweitert werden. Viele an-
Mangelernährung zu messen. Dies macht es fast unmöglich,       dere Indikatoren für das Ernährungssystem müssen eben-
eine proaktive Nahrungsmittelpolitik zu entwickeln und, an-    falls gesammelt werden, beispielsweise in Bezug auf
statt auf Störungen zu reagieren, dem Hunger vorzubeugen       die Qualität und Sicherheit von Lebensmitteln. So kann
und Mangelernährung systematisch anzugehen.                    Politikern geholfen werden, die Zusammenhänge zwischen
                                                               Ernährungssystemen und Lebensmittelsicherheit besser zu
Gegenwärtig gibt es kein einheitliches System, das die
                                                               verstehen und den Fortschritt zu überwachen. Darüber hi-
vielen verschiedenen Indikatoren für Mangelernährung
                                                               naus müssen Daten über die fortwährenden Kosten der
sammelt, verfolgt und verarbeitet. Dies erschwert es
                                                               Mangelernährung – wirtschaftlich und sozial – gesammelt und
Entscheidungsträgern kritische Einblicke zu erhalten und

   Nutrition Early Warning System (NEWS)

   Das Internationale Zentrum für tropische Landwirtschaft     es zur Krise kommt. Zunächst wird CIAT NEWS nut-
   (CIAT) macht sich maschinelle Lerntechniken zu Nutze, um    zen, um die Ernährungssituation in Afrika südlich der
   nach ersten Anzeichen für mögliche Missernten, Dürren,      Sahara zu unterstützen und zu fördern. Durch Erfassung
   steigende Lebensmittelpreise und andere Faktoren zu su-     von Auslösern für Nahrungsmittelknappheiten wird
   chen, die zu Nahrungsmittelknappheit führen können. Im      das System in der Lage sein, den Hilfsorganisationen,
   Laufe der Zeit wird dieses individuelle System, das unter   den Entwicklungspartnern und den Regierungen die
   der Bezeichnung Frühwarnsystem für Ernährung (NEWS)         Informationen zu beschaffen, die diese für einen infor-
   bekannt ist, smarter und präziser. So können die Daten      mierten Entscheidungsfindungsprozess im Hinblick auf
   weiter verwendet werden, um die Wahrscheinlichkeit          landwirtschaftliche Strategien und Programme benötigen.
   und die Gefahr von Mangelernaehrung vorherzusa-
                                                               Es wird erwartet, dass die ständige Überwachung zahl-
   gen, und um somit rechtzeitig und angemessen re-
                                                               reiche Empfehlungen für zukünftige ernährungsbezo-
   agieren zu können. NEWS wird es den Regierungen,
                                                               gene Maßnahmen liefern wird. Die Empfehlungen können
   Entwicklungspartnern, Bauern, Gesundheitsdienstleistern,
                                                               auf die Bedürfnisse der jeweiligen Länder durch natio-
   NGOs und Lebensmittelunternehmen ermöglichen, ihren
                                                               nale „Übersichtsmenüs über die Ernährungssituation“ zu-
   Beitrag mit zugeschnittenen Maßnahmen zu leisten und
                                                               geschnitten werden. Dies wird die Einblicke, die durch
   diese schneller umzusetzen.
                                                               NEWS gewonnen werden können, weiter verfeinern. Die
   CIAT wird die Entwicklung von NEWS koordinieren,            Übersichtsmenüs werden über eine sichere Webseite zu-
   das gemeinsam mit Partnern eingesetzt wird. Es soll         gänglich sein, welche regelmäßig die ernährungs- und le-
   Entscheidungsträger rechtzeitig auf Gefahren für die        bensmittelsicherheitsbezogenen Indikatoren überprüft
   Ernährungssituation aufmerksam machen, lange bevor          und Aktualisierungen veröffentlicht.47

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den Entscheidungsträgern zur Verfügung gestellt werden, um
                                                                 StartSmart (GAIN), Südafrika
sicherzustellen, dass die Ernährung weiterhin oberste poli-
tische Priorität auf der Regierungsagenda von afrikanischen      StartSmart wurde im Oktober 2013 ins Leben ge-
Regierungen hat.                                                 rufen und ist eine Initiative der Global Alliance for
                                                                 Improved Nutrition (GAIN) in Südafrika. GAIN will nati-
                                                                 onale Bemühungen unterstützen, das Bewusstsein für
Innovative Mittel für mehr                                       Mangelernährung zu schärfen und Müttern zu helfen,
Reichweite und eine bessere                                      ihre Babys von Anfang an richtig zu ernähren. Es ist
                                                                 eine digitale Kampagne, die auf drei Hauptplattformen
Koordinierung                                                    aktiv ist: Eine mobile oder “mobi”, Webseite; die be-
Ein innovativer neuer Ansatz für die Zusammenstellung und        liebte südafrikanische Nachrichtenplattform Mxit;
Analyse großer Datenmengen würde es möglich machen,              und eine interaktive USSD-basierte Plattform. Das
frühzeitige Maßnahmen zu ergreifen. Durch maschinelles           von allen mobilen Telefonen aus zugängliche
Lernen verfolgen Computerprogramme komplexe und sich             USSD ist ein interaktiver textbasierter Dienst, der
ständig ändernde Daten aus mehreren Quellen, um daraus           den Zugang zu Informationen und Quizfragen zur
“zu lernen” und Vorhersagen zu treffen. Es wird erwartet, dass   Ernährung ermöglicht, um das Verständnis für ge-
Afrika im Jahre 2025 535 Millionen Mobiltelefon-Kunden ha-       sunde Ernährung zu vertiefen. StartSmart ist Teil eines
ben wird48 – fast die Hälfte der Bevölkerung – und es wird er-   breiteren Programms namens NutriMark, geleitet vom
wartet, dass seine Abonnentenbasis schneller wächst als in       Gesundheitsministerium. Es konzentriert sich auf die
jeder anderen Region. Die Mobilfunkindustrie spielt daher        ersten 1000-Tage als Zeitfenster der Möglichkeiten für
eine immer wichtigere Rolle in der sozialen und wirtschaftli-    die Ernährung von (Klein-)Kindern.49
chen Entwicklung in Afrika, mit der Möglichkeit, das Potenzial

                                                                                                                      13
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