Zielmarktanalyse Agrar- und Lebensmittelsektor in Kasachstan - LIPortal

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Zielmarktanalyse Agrar- und Lebensmittelsektor in Kasachstan - LIPortal
Zielmarktanalyse
                       Agrar- und Lebensmittelsektor
                               in Kasachstan

                                                              November 2012

                                       im Auftrag und in Förderung durch
                          das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi)
                            aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages

Delegation der Deutschen Wirtschaft für Zentralasien | 050022 Almaty | Kurmangasy Str. 84A
Tel: +7-727 267 42 42 | Fax: +7-727 250 11 39 | E-Mail: almaty@ahk-za.com | Web: http://www.zentralasien.ahk.de
Представительство Германской Экономики в Центральной Азии | 050022 Алматы | ул. Курмангазы 84-A
Тел: +7-727 267 42 42 | Факс: +7-727 250 11 39 | E-Mail: almaty@ahk-za.com | Web: http://www.zentralasien.ahk.de
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Inhalt
Abbildungen                                                                               4
Tabellen                                                                                  5
Abkürzungen                                                                               6
1    Einleitung                                                                           7
2    Zielmarkt Kasachstan                                                                 8
    2.1    Allgemeine Länderdaten                                                         9
    2.2    Politische Situation                                                           10
    2.3    Makroökonomische Daten                                                         10
      2.3.1     Entwicklung des BIP                                                       10
      2.3.2     Währung                                                                   13
      2.3.3     Mitgliedschaft in regionalen Wirtschaftszusammenschlüssen                 13
    2.4    Überblick zu Marktwirtschaftlichen Bedingungen                                 13
    2.5    Außenhandel                                                                    15
    2.6    Wirtschaftliche Beziehungen zu Deutschland                                     17
3    Der Agrarsektor in Kasachstan                                                        19
    3.1    Historische Entwicklung des Agrarsektors                                       19
    3.2    Heutige Betriebsstrukturen in der Landwirtschaft                               21
    3.3    Bodenmarkt                                                                     23
    3.4    Administrative Zuständigkeiten                                                 24
      3.4.1     Ministerium für Landwirtschaft                                            24
      3.4.2     Regionalverwaltungen                                                      27
      3.4.3     Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung und Handel                    27
      3.4.4     Ministerium für Industrie und neue Technologien der Republik Kasachstan   27
      3.4.5     Agentur für Bodenverwaltung und -nutzung                                  27
    3.5    Weitere Akteure im kasachischen Agrarsektor                                    28
      3.5.1     KazAgro                                                                   28
      3.5.2     KazAgroFinanz                                                             28
      3.5.3     KazAgroMarketing                                                          29
      3.5.4     KazAgroInnovatia                                                          30
    3.6    Agrarsubventionssystem                                                         30
    3.7    Potenziale, Probleme und Perspektiven im kasachischen Agrarsektor              32
4 Der Lebensmittelsektor und die Verarbeitung und Vermarktung landwirtschaftlicher
Produkte in Kasachstan                                                             35

                                                                                          1
Zielmarktanalyse Agrar- und Lebensmittelsektor in Kasachstan - LIPortal
4.1   Branchenstruktur in Lebensmittelindustrie und Lebensmittellogistik            35
  4.2   Administrative Zuständigkeiten                                                37
  4.3   Weitere Akteure im Lebensmittelsektor                                         37
    4.3.1   Fonds zur Entwicklung des Unternehmertuns „DAMU“                          37
    4.3.2   Nationale Agentur für Export- und Investitionsförderung „Kaznex Invest“   38
    4.3.3   Akteure im Bereich Akkreditierung und Zertifizierung                      38
    4.3.4   Marktführer im Lebensmittelsektor                                         38
  4.4   Potenziale, Probleme und Perspektiven im kasachischen Lebensmittelsektor      39
5 Politische und rechtliche Rahmenbedingungen für außenwirtschaftliches Engagement im
Agrar- und Lebensmittelsektor in Kasachstan                                           43
  5.1 Allgemeine und spezielle Entwicklungsprogramme und Gesetze der kasachischen
  Regierung                                                                      43
  5.2   Investitionsförderung in Kasachstan                                           45
    5.2.1   Befreiung von Zollgebühren                                                46
    5.2.2   Staatliche Naturalzuschüsse                                               46
    5.2.3   Vergünstigungen bei Bodensteuer und Vermögenssteuer                       47
    5.2.4   Produktionsvergünstigungen für juristische Personen                       47
  5.3   Prozedere zur Erlangung von Förderinstrumenten                                47
  5.4   Rechtsformen für Unternehmensgründungen und Kooperationen                     49
    5.4.1   Filialen und Repräsentanzen                                               50
    5.4.2   Gesellschaft mit beschränkter Haftung GmbH, kasachisch „TOO“              51
    5.4.3   Aktiengesellschaft AG, kasachisch „AO“                                    51
    5.4.4   Gesellschaft mit zusätzlicher Haftung                                     52
    5.4.5   Kollektivgesellschaft                                                     52
    5.4.6   Kommanditgesellschaft                                                     53
    5.4.7   Auflösung von Rechtsformen                                                53
  5.5   Besteuerung                                                                   54
    5.5.1   Einkommenssteuer                                                          55
    5.5.2   Mehrwertsteuer                                                            56
    5.5.3   Vermögenssteuer                                                           57
    5.5.4   Verbrauchssteuer                                                          57
    5.5.5   Sozialsteuer                                                              58
    5.5.6   Sozialversicherung                                                        58
    5.5.7   Haftpflichtversicherung des Arbeitgebers                                  58
    5.5.8   Grundsteuer und Einheitsgrundsteuer                                       58
    5.5.9   Quellensteuer                                                             59

                                                                                      2
Zielmarktanalyse Agrar- und Lebensmittelsektor in Kasachstan - LIPortal
5.5.10   Reingewinnsteuer/Dividendensteuer                                         59
      5.5.11   Weitere Steuern bzw. Gebühren                                             59
    5.6   Garantien, Versicherungen und Finanzhilfen für ausländische Investoren         59
6    Hinweise für den Markteinstieg                                                      61
    6.1   Abläufe und Voraussetzungen für die Unternehmensregistrierung                  61
      6.1.1    Registrierung                                                             61
      6.1.2    Besonderheiten bei der Registrierung von Repräsentanzen und Filialen      62
      6.1.3    Besonderheiten bei der Registrierung von GmbH und AG                      63
      6.1.4    Firmenstempel                                                             64
      6.1.5    Steuerliche Registrierung                                                 64
    6.2   Sonstige Anforderungen bei der Registrierung                                   65
    6.3   Zulassungen im Agrar- und Lebensmittelsektor                                   65
    6.4   Besonderheiten infolge der Zollunion                                           66
    6.5   Perspektiven für deutsche Unternehmen                                          68
      6.5.1    SWO T-Analyse                                                             68
      6.5.2    Empfehlungen für deutsche Unternehmen                                     69
7    Netzwerke für Geschäftsanbahnungen                                                  71
    7.1   Mögliche Kooperations- und Ansprechpartner                                     71
      7.1.1    Öffentliche Entscheidungsträger                                           71
      7.1.2    Private Unternehmen und Genossenschaften                                  74
      7.1.3    Verbände                                                                  79
      7.1.4    Forschungseinrichtungen                                                   82
      7.1.5    Förderinstitutionen                                                       83
      7.1.6    Unternehmensberatungen, Wirtschaftsprüfgesellschaften, Anwaltskanzleien   85
    7.2   Messen, Foren und andere Informationsveranstaltungen                           88
    7.3   Sonstige Informationsquellen                                                   89
Quellen und Literaturverzeichnis                                                         92

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Zielmarktanalyse Agrar- und Lebensmittelsektor in Kasachstan - LIPortal
Abbildungen
Abb. 1: Übersichtskarte Kasachstans .....................................................................................9
Abb. 2: BIP-Wachstum, in Prozent (* Prognose, nach Angaben des IWF) ............................11
Abb. 3: BIP-Wachstum nach sektoraler Entstehung in Prozent (* andere Definition als 2010
und 2011, nach Angaben der kasachischen Agentur für Statistik) ........................................11
Abb. 4: Industrieproduktion nach Hauptsektoren, in Mrd. USD, laufende Preise, Umrechnung
nach dem jeweiligen durchschnittlichen Jahreswechselkurs (nach Angaben der
kasachischen Agentur für Statistik).......................................................................................12
Abb. 5: Außenhandel Kasachstans, in Mrd. USD (nach Angaben der kasachischen Agentur
für Statistik) ..........................................................................................................................15
Abb. 6: Struktur des kasachischen Ministeriums für Landwirtschaft ......................................26
Abb. 7: Aufteilung staatlicher Mittel nach agrarpolitischen Instrumenten in den Jahren 2007-
2011, in Mio. KZT (nach Angaben des Ministeriums für Landwirtschaft der Republik
Kasachstan) .........................................................................................................................31
Abb. 8: Import-Anteile ausgewählter Lebensmittel am Gesamtverbrauch in Kasachstan, 2011
(in Prozent)...........................................................................................................................40
Abb. 9: Zusammensetzung der Lebensmittelimporte in Kasachstan, 2011 ...........................40

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Zielmarktanalyse Agrar- und Lebensmittelsektor in Kasachstan - LIPortal
Tabellen
Tab 1: Wichtigste Wirtschaftsindikatoren Kasachstans .........................................................12
Tab 2: Deutscher Außenhandel mit Zentralasien 2012 .........................................................18
Tab 3: Anzahl der landwirtschaftlichen Betriebe in Kasachstan und deren Rechtsformen im
Jahr 2010 (nach Angaben der kasachischen Agentur für Statistik) .......................................21
Tab 4: Aufteilung der landwirtschaftlichen Nutzfläche auf die unterschiedlichen Rechtsformen
(nach Angaben der kasachischen Agentur für Statistik)........................................................22
Tab 5: Anteil der Rechtsformen an der landwirtschaftlichen Wertschöpfung (nach Angaben
der kasachischen Agentur für Statistik) ................................................................................22
Tab 6: Aufteilung des staatlichen Agrarbudgets in den Jahren 2007-2011 (nach Angaben des
Ministeriums für Landwirtschaft der Republik Kasachstan) ...................................................31
Tab 7: Übersicht zur Art und Anzahl von Unternehmen der Lebensmittelindustrie im Jahr
2011 .....................................................................................................................................35
Tab 8: Entwicklung der Lebensmittelproduktion ...................................................................36
Tab 9: Entwicklung der Getränkeproduktion .........................................................................36
Tab 10: Anteil einzelner Branchen der Lebensmittelproduktion an der gesamten
verarbeitenden Industrie des Landes in % ............................................................................36
Tab 11: Berechnung der individuellen Einkommenssteuer, zu entrichten bei der Quelle der
Auszahlung des Einkommens von natürlichen Personen .....................................................56

                                                                                                                                          5
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Abkürzungen
AG        Aktiengesellschaft
AO        Aktiengesellschaft (russ.)
BIP       Bruttoinlandsprodukt
BMWi      Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie
DEG       Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft mbH
EBRD      European Bank for Reconstruction and Development
FIC       Foreign Investors Council
GmbH      Gesellschaft mit beschränkter Haftung
GSP       Generalized System of Preference Scheme for Developing Countries
GUS       Gemeinschaft unabhängiger Staaten
IWF       Internationaler Währungsfonds
KfW       Kreditanstalt für Wiederaufbau
KZT       Kasachische Tenge
LDDC      Least Developed and Developing Countries
MIGA      Multilateral Investment Agency
TOO       Gesellschaft mit beschränkter Haftung (russ.)
USD       US-Dollar
ZON       Dienstleistungszentrum für die Bevölkerung (russ.)

                                                                             6
Zielmarktanalyse Agrar- und Lebensmittelsektor in Kasachstan - LIPortal
1 Einleitung
Kasachstan ist ein klassisches Transformationsland, das nach dem Zusammenbruch der
Sowjetunion, der Unabhängigkeit im Jahr 1991 und den von einer wirtschaftlichen Talfahrt
geprägten 1990er Jahren schnell den Weg zur Entwicklung einer Marktwirtschaft einschlug
und nötige Reformen in die Wege leitete.
Anders als die zentralasiatischen Nachbarn Usbekistan und Turkmenistan hat die politische
Führung Kasachstans das Land schon frühzeitig für internationale Investoren und
Wirtschaftspartner geöffnet und in der internationalen Zusammenarbeit eine Chance für die
wirtschaftliche Entwicklung des Landes gesehen.
Kasachstan gehört zu den Ländern mit den weltweit größten Vorkommen an Erdöl und
Erdgas. Zu den noch längst nicht vollständig erschlossenen Ressourcen gehören auch Uran,
Kupfer, Kohle, Gold, Zink oder seltene Erden. Rohstoffe – Erdöl an erster Stelle – sind auch
die wichtigsten Exportgüter Kasachstans.
Die größte Herausforderung für das Land besteht deshalb darin, sich aus der einseitigen
Abhängigkeit von Rohstoffen zu lösen und ausgewogene Wirtschaftsstrukturen zu
entwickeln. Kasachstan strebt seit einigen Jahren gezielt die wirtschaftliche und soziale
Modernisierung an. Die verarbeitende Industrie soll intensiv auf- und ausgebaut werden.
Hohe Priorität haben auch die Entwicklung der Infrastruktur und des agroindustriellen
Sektors.
Mit seiner „Strategie 2030“ ist Kasachstan zu den 50 am weitesten entwickelten Ländern der
Welt aufgerückt. Weiterhin besteht das Ziel, Innovationen zu fördern und die Lebensqualität
durch Investitionen in Medizin, Bildung und Umwelt an den Standard entwickelter westlicher
Industrienationen anzugleichen.
Mit der im Jahr 2003 verabschiedeten „Strategie zur Industriell-innovativen Entwicklung der
Republik Kasachstan 2003-2015“ hat die kasachische Regierung die wirtschaftspolitische
Richtung vorgegeben, um sich von der noch immer bestehenden Rohstoffabhängigkeit zu
befreien und den Aufbau einer eigenen verarbeitenden Industrie voranzutreiben.
Einer der potenziell entwicklungsstarken Wirtschaftssektoren Kasachstans sind die
Landwirtschaft und die Verarbeitung landwirtschaftlicher Produkte. Ein Grund hierfür sind die
zur Verfügung stehenden Nutzungsflächen auf der einen Seite und andererseits der
wachsende Bedarf an qualitativ hochwertigen Lebensmitteln. Kasachstan ist mit einer Fläche
von 2.724.900 km² das neuntgrößte Land der Erde. Ein Viertel des kasachischen
Territoriums ist von Steppe bedeckt, die Hälfte des Landes von Wüsten und Halbwüsten, das
übrige Territorium liegt im Bereich von Hochgebirgen oder ist von Oberflächengewässern
bedeckt.
Das Land ist mit 16,67 Mio. Einwohnern 1 nur ausgesprochen dünn besiedelt und die
klimatischen und naturräumlichen Bedingungen führen zu großen Ertragsschwankungen bei
der landwirtschaftlichen Nutzung.
Nur etwa 2,22 Mio. km² (222 Mio. ha) stehen für die landwirtschaftliche Nutzung zur
Verfügung. Davon werden 1,93 Mio. km² (193 Mio. ha) unregelmäßig als Weideland genutzt,

1
   Agentur für Statistik der Republik Kasachstan http://www.stat.kz/digital/naselsenie/Pages/default.aspx,
01.11.2012

                                                                                                        7
Zielmarktanalyse Agrar- und Lebensmittelsektor in Kasachstan - LIPortal
weitere 5 Mio. ha dienen der Heuerzeugung. Lediglich auf knapp 24 Mio. ha wird Ackerbau
betrieben und 1,3 Mio. ha der Ackerfläche können bewässert werden. 2
Die vorliegende Zielmarktanalyse ist anlässlich einer Markterkundungsreise für deutsche
kleine und mittelständische Unternehmen vom 26. bis 30. November 2012 nach Almaty und
Taras    in   Kasachstan     entstanden.     Die   Reise erfolgte  im    Rahmen des
Markterschließungsprogramms für KMU des Bundesministeriums für Wirtschaft und
Technologie (BMWi) und wurde vom BMWi aufgrund eines Beschlusses des Deutschen
Bundestages, gefördert und finanziell unterstützt.
Sie richtet sich vor allem an deutsche Unternehmen aus den Bereichen Landwirtschaft und
Landtechnik, an Lebensmittelhersteller und Anlagenbauer für die Lebensmittelindustrie sowie
an Unternehmern aus Zulieferbereichen des Lebensmittelsektors wie aus der
Verpackungsindustrie.

2 Zielmarkt Kasachstan
Trotz des Potenzials ist sowohl die Landwirtschaft als auch die Lebensmittelindustrie in
Kasachstan kaum entwickelt. Die Landwirtschaft leidet noch immer unter den Folgen der
Perestroika vor 20 Jahren, in deren Zuge die großen landwirtschaftlichen Betriebe zerfielen,
Viehbestände aufgelöst und Ackerflächen sich selbst überlassen wurden. Seit etwa zehn
Jahren wächst die landwirtschaftliche Produktion wieder, hat aber noch nicht wieder das
Niveau der 1980er Jahre erreicht.
Die technische Ausrüstung der landwirtschaftlichen Betriebe ist stark überaltert. Die
durchschnittliche Nutzungsdauer von Landmaschinen liegt bei 13-14 Jahren. Ca. 70 Prozent
der gesamten Landtechnik stammen noch aus sowjetischer Produktion. Trotz Rekordernten
wie im Jahr 2011 – mit 26,9 Mio. Tonnen Getreide die größte Ernte seit der Unabhängigkeit
Kasachstans – konnte man in den letzten Jahren mehrfach die komplette Ernte nicht
einholen, nicht zwischenlagern oder weiter exportieren. Die Ursache: Mangelnde
Erntekapazitäten, fehlende technische Einsatzbereitschaft und hoher Verschleiß bei der
Ernte- und Transporttechnik sowie fehlende Lagerkapazitäten wie Silos oder Kühlhäuser 3.
Durch das starke Bevölkerungswachstum und zunehmenden Wohlstand in den größeren
Städten wächst aber gleichzeitig der Bedarf an landwirtschaftlichen Produkten und
Lebensmitteln. Mittlerweile kann Kasachstan seinen Bedarf an Lebensmitteln nicht mehr
selbst decken und ist auf Importe angewiesen. So ist der Gesamtverbrauch von
Lebensmitteln in Kasachstan im Jahr 2010 im Vergleich zum Jahr 2000 um mehr als 500
Prozent gestiegen, die einheimische Produktion an Lebensmitteln jedoch nur um 280
Prozent. Nach Angaben des Ministeriums für Landwirtschaft importiert Kasachstan derzeit
pro Jahr etwa 40 Prozent der benötigten Milchprodukte, 29 Prozent Fleisch und etwa 40
Prozent des nachgefragten Gemüses und Obstes.
Um die einheimische Produktion landwirtschaftlicher Produkte und Lebensmittel zu erhöhen,
hat die kasachische Regierung die Strategie „Agrobusiness 2020“ und Masterpläne für alle
Bereiche der landwirtschaftlichen Produktion erarbeitet. So sollen Getreide- und
Fleischproduktion wie auch -exporte in den nächsten Jahren sukzessive erhöht werden. Zur

2
    Deutsch-Kasachischer Agrarpolitischer Dialog, Investorenhandbuch für den kasachischen Agrarsektor, 2012
3
    Reuters, http://www.reu Ters.com/article/2012/01/24/kazakhstan-grain-idUSL5E8CO18F20120124, 15.02.2012

                                                                                                          8
Umsetzung der Agrarstrategie will Kasachstan insgesamt drei Billionen KZT (ca. 15,2 Mrd.
Euro) bereitstellen und damit die vor- und nachgelagerten Zweige des Agrarsektors wie
Landmaschinenbau, chemische und Nahrungsmittelindustrie oder Futtermittelproduktion zu
stimulieren. 4

2.1 Allgemeine Länderdaten
Kasachstan ist ein Binnenland, das keinen direkten Zugang zu einem der großen Weltmeere
hat. Die West-Ost-Ausdehnung beträgt mehr als 2.000 Kilometer, die in Nord-Süd-Richtung
mehr als 1.500 Kilometer.
Kasachstan grenzt im Westen an das Kaspische Meer und hat gemeinsame Grenzen mit
Aserbaidschan im Westen, mit Russland im Norden, mit China im Osten, mit Kirgistan im
Südosten, mit Usbekistan im Süden und mit Turkmenistan im Südwesten.
Es ist in 16 Verwaltungsgebiete eingeteilt, die 14 Oblaste Almaty, Akmola, Aktobe, Atyrau,
Mangystau, Nord-Kasachstan, Ost-Kasachstan, Pawlodar, Kustanaj, Kyzyl-Orda, Zhambyl,
Süd-Kasachstan, West-Kasachstan sowie die beiden Städte Astana und Almaty.

Abb. 1: Übersichtskarte Kasachstans

Basisdaten
Fläche                                        2,725 Mio. km2
Einwohner                                     16,7 Mio. (01.01.2012)
Bevölkerungsdichte                            6 Einwohner/km2
Bevölkerungswachstum                          +1,6% (01.01.2012 zu 01.01.2011)
Analphabetenrate                              0,3%
Geschäftssprachen                             Kasachisch, Russisch, Englisch

4
    Kazinform, http://www.inform.kz/rus/article/2501410, 05.11.2012

                                                                                        9
2.2 Politische Situation
Kasachstan ist seiner Verfassung aus dem Jahre 1995 nach eine Präsidialrepublik. Die
Amtszeit des Staatsoberhauptes beträgt fünf Jahre und ist auf zwei Amtszeiten
beschränkt – diese Regelung gilt nicht für den derzeitigen Präsidenten Nursultan
Nasarbajew, der das Amt seit der Staatsgründung im Jahre 1991 innehat.
Der Präsident ist das Staats- und Regierungsoberhaupt in Kasachstan. Er bestimmt
nahezu allein die Richtlinien der Politik, da er mit weitgehenden Vollmachten für
Gesetzesinitiativen, -verabschiedungen und Personalbesetzungen ausgestattet ist.
Das kasachische Parlament besteht aus zwei Kammern, dem Oberhaus (Senat) und
dem Unterhaus (Madschilis). Es hat das Gesetzesinitiativrecht, obwohl die meisten
Gesetze des Parlaments auf Vorschlag der Regierung erlassen werden.
Der Senat hat 47 Sitze, von denen 32 durch die 16 regionalen Parlamente der 14
Gebiete sowie der Städte Astana und Almaty gewählt und 15 direkt vom Präsidenten
ernannt werden.
Das Unterhaus Madschilis hat 107 Sitze. 98 Davon werden alle vier Jahre durch
Parlamentswahlen im direkten Wahlverfahren gewählt, neun als Vertreter ethnischer
Minderheiten direkt durch den Präsidenten ernannt.
Bis Anfang 2012 war lediglich eine Partei im Parlament vertreten, die Präsidentenpartei
Nur Otan. Bei den Parlamentswahlen am 15.01.2012 allerdings errangen zwei weitere
Parteien den für einen Einzug ins Unterhaus nötigen Wähleranteil von sieben Prozent.
Seitdem sind erstmals drei Parteien im Unterhaus vertreten: Nur Otan (83 Sitze), Ak
Zhol (8 Sitze) sowie die Kommunistische Volkspartei Kasachstans (7 Sitze).
Die derzeitige Regierung unter Präsident Nursultan Nasarbajew existiert in ihrer
derzeitigen Zusammensetzung nach einer Reihe von Umbesetzungen seit Ende
September 2012.

2.3 Makroökonomische Daten

2.3.1 Entwicklung des BIP
Kasachstan ist innerhalb der Länder der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) eines
der wirtschaftlich am besten entwickelten.
Nach einem Einbruch des Wachstums beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) in den Jahren 2008
und 2009 in Folge der internationalen Finanzkrise, entwickelt sich das BIP heute wieder auf
einem stabilen Niveau zwischen sechs und sieben Prozent jährlich (Abb. 2).
Rund die Hälfte des BIP wird im Dienstleistungssektor erwirtschaftet. Die Industrie hat einen
Anteil von knapp einem Drittel. Land-, Forstwirtschaft und Fischerei machen nur etwa fünf
Prozent aus.
Das Hauptexportgut Kasachstans ist Erdöl – daher ist das Land übermäßig abhängig von
den Preisbewegungen am Erdölmarkt. Im Jahr 2000 wurde ein nationaler Erdölfond zur
Stabilisierung der   Staatlichen   Einnahmen     gegründet,   der   sich  aus    den
Einnahmeüberschüssen speist, die über dem Referenzwert von 49 USD pro Barrel Erdöl
liegen.

                                                                                          10
Vorbild war der norwegische Ölfonds. In den Nationalfonds fließen die Rohstoffeinnahmen
des Staates. Jährlich kommt ein fester Betrag von 8 Mrd. USD aus dem Nationalfonds dem
Staatshaushalt zugute.
An der Gesamten Industrieproduktion hat die verarbeitende Industrie mit etwa einem Drittel
einen relativ geringen An Teil, die Tendenz ist steigend. Nach der Metallurgie ist die
Nahrungsmittelproduktion der wichtigste Teilsektor der verarbeitenden Industrie.

                                                                      5
Abb. 2: BIP-Wachstum, in Prozent (* Prognose, nach Angaben des IWF)

Abb. 3: BIP-Wachstum nach sektoraler Entstehung in Prozent (* andere Definition als 2010 und 2011, nach
                                                6
Angaben der kasachischen Agentur für Statistik)

5
    AHK Zentralasien, Kasachstan in Zahlen, 2012
6
    ebd.

                                                                                                    11
Abb. 4: Industrieproduktion nach Hauptsektoren, in Mrd. USD, laufende Preise, Umrechnung nach dem
                                                                                                      7
jeweiligen durchschnittlichen Jahreswechselkurs (nach Angaben der kasachischen Agentur für Statistik)

                                                       8
Tab 1: Wichtigste Wirtschaftsindikatoren Kasachstans

                                                   2008        2009          2010           2011
     BIP (nominal, Mrd. KZT)                       15.907     15.888        21.513         27.300
     BIP (nominal, Mrd. USD)                       132,23     107,46        146,00         185,71
     BIP-Wachstum, real in %                         3,2        1,2           7,0            7,5
     BIP pro Kopf (nominal, USD)                    8.369      6.716         8.902         11.300
     Inflation in %                                  9,5        6,2           7,8            5,1
     Außenhandelsüberschuss, Mrd. USD               33,3      14,787        29,457         50,079

7
    AHK Zentralasien, Kasachstan in Zahlen, 2012
8
    AHK Zentralasien, Ländermerkblatt Kasachstan

                                                                                                    12
2.3.2 Währung
Tenge (KZT), 1 Tenge = 100 Tiyn
Wechselkurse (Jahresdurchschnitt)
                         USD             EUR
 2010                   147.35          195.67
 2011                   146,62          204,11
 2012 (Jan-Sept.)       146,42          187,74

2.3.3 Mitgliedschaft in regionalen Wirtschaftszusammenschlüssen
• Eurasian Economic Community EURASEC (gemeinsam mit Kirgistan, Weißrussland,
  Russland, Tadschikistan)
• Economic Cooperation Organization ECO (gemeinsam mit Afghanistan, Aserbaidschan,
  Iran, Kirgistan, Pakistan, Tadschikistan, Turkmenistan, Usbekistan, Türkei)
• Gemeinschaft Unabhängiger Staaten GUS (gemeinsam mit Armenien, Aserbaidschan,
  Kirgistan, Tadschikistan, Turkmenistan, Usbekistan, Moldawien, Russland, Ukraine,
  Weißrussland)
• Shanghai Cooperation Organization SCO (gemeinsam mit China, Kirgistan, Russland,
  Tadschikistan, Usbekistan)
• Zollunion mit Russland und Belarus
• Beobachterstatus in der WTO

2.4 Überblick zu Marktwirtschaftlichen Bedingungen
Kasachstan hat auf einer Fläche, die fast achtmal so groß wie Deutschland ist, nur etwa 16
Millionen Einwohner. Dennoch ist es aufgrund seiner Rohstoffe eines der wirtschaftlich
bedeutendsten Länder nicht nur innerhalb Zentralasiens, sondern auch unter den GUS-
Ländern. Aufgrund umfassender Reformen im Wirtschafts- und Finanzsektor in den 1990er
Jahren, die die Privatisierung vormals Staatlicher Betriebe nach sich zogen, erholte sich das
Land relativ schnell von der Wirtschaftskrise in Folge der Auflösung der Sowjetunion.
Dank der raschen, durch die kasachische Regierung forcierten Entwicklung des
Rohstoffsektors, insbesondere der Erschließung von Erdöl- und Erdgasvorkommen, sowie
steigender Rohstoffpreise löste Kasachstan seinen Nachbarn Usbekistan, das zuvor als
„wirtschaftliche Lokomotive“ Zentralasiens galt in seiner Führungsrolle ab.
Im Gegensatz zu Usbekistan, das ab 1996 eine zunehmend restriktivere Wirtschaftspolitik
mit einem handelshemmenden System der Devisenbewirtschaftung verfolgte, öffnete sich
Kasachstan internationalen Investoren. Die außenpolitisch verfolgte Multivektorpolitik
Kasachstans spiegelt sich so auch wirtschaftlich wieder.
Seit Ende der 1990er Jahre konnte Kasachstan ein stetig ansteigendes
Wirtschaftswachstum verzeichnen, zu Beginn der 2000er Jahre mehrfach auch im
zweistelligen Prozentbereich. Die weltweite Finanzkrise im Jahr 2008 erreichte Kasachstan

                                                                                          13
durch das Platzen der lokalen Immobilienblase bereits einige Monate früher und bremste die
positive wirtschaftliche Entwicklung weitestgehend aus.
Im Jahr 2009 betrug das BIP-Wachstum nur 1,2 Prozent, stieg im darauffolgenden Jahr
allerdings bereits wieder auf 7,0 Prozent an und lag im Jahr 2011 bei 7,5 Prozent. Für das
laufende Jahr 2012 prognostiziert die kasachische Regierung ein BIP-Wachstum von 5,9
Prozent, für 2012 von sechs Prozent. Grund für die geringere Steigerung sind sinkende
Einnahmen aus Öl-Exporten.
Dennoch haben Ende 2011 zwei der führenden Rating-Agenturen die Bewertungen für
Kasachstan angehoben, aufgrund eines derzeit sehr seltenen „Zwillingsüberschusses“ beim
Budget und der Leistungsbilanz. Fitch Ratings erhöhte im November 2011 Kasachstans
langfristiges Fremdwährungsrating von BBB- auf BBB und Standard & Poor’s etwa zur
gleichen Zeit von BBB auf BBB+. 9
Diese auf den ersten Blick beeindruckenden Zahlen sollten aber nicht darüber
hinwegtäuschen, dass die kasachische Wirtschaft weiterhin Staatlich dominiert und
keineswegs voll diversifiziert ist. Das Wachstum resultiert in erster Linie aus den steigenden
Rohstoffpreisen.
Die Entwicklung eines freien Unternehmertums hat in Kasachstan bestenfalls begonnen.
Kleine und mittelständische Betriebe sind bisher kaum entwickelt, die wichtigsten Branchen
Kasachstans werden durch Monopole dominiert, die nur auf dem Papier privatwirtschaftlich
agieren, tatsächlich aber staatlich reguliert werden.
Folgende Faktoren behindern die Entwicklung einer freien Marktwirtschaft und bringen für in
Kasachstan aktive Deutschen Unternehmen entsprechende Schwierigkeiten mit sich:
• enge Verschränkung von Staat und Politik, die zum einen zwar eine staatliche
  Unterstützung systemrelevanter Industrien garantiert, oft auch jenseitswirtschaftlicher
  Effektivität, die andererseits aber stets staatliche Regulierung ermöglicht
• Bürokratie und Korruption
• relativ hohe Kreditzinsen (p.a. 12-16%)
• kaum Entwicklung von KMU
Demgegenüber steht die Strategie der kasachischen Regierung, sich von der weitestgehend
immer noch bestehenden Abhängigkeit von den Rohstoffpreisen zu befreien und den Aufbau
einer verarbeitenden Industrie voranzutreiben. Auch die Infrastruktur genießt große
Aufmerksamkeit.
Weitere perspektivische Wachstumsbranchen:
• Erdölförderung und -verarbeitung
• Gasförderung und -verarbeitung
• Bergbau und Verarbeitung zahlreicher Bodenschätze wie Uran, Kupfer, Zink, Kohle,
  Eisenerz u.a.
• Stromerzeugung und -verteilung
• Modernisierung/Ausbau der Transportinfrastruktur, der Chemie-, Baustoff- und
  Lebensmittelindustrie sowie der Landwirtschaft
• Mobilfunk

9
    Reuters, http://in.reuters.com/article/2012/07/30/idINWLA113120120730, 05.11.2012

                                                                                           14
• Trinkwasserversorgung und Bewässerungswirtschaft,
• Modernisierung/Neubau sowie Ausstattung von allgemeinbildenden Schulen und
  Berufsschulen sowie medizinischer Einrichtungen wie Krankenhäuser und Polikliniken
Hier existieren in der Tat gute Geschäftschancen, zumal auch in Kasachstan das
Bewusstsein für qualitativ hochwertige Handelsgüter wächst. Allerdings ist Kasachstan
vorwiegend an ausländischen Investitionen interessiert. Insofern ist die Beteiligung an
Investitionsprojekten nicht nur in Form von Lieferungen, sondern auch durch entsprechendes
Investment und Beteiligung an Produktion und Vertrieb eine gängige Möglichkeit für ein
ausländisches, auch deutsches Engagement.

2.5 Außenhandel
Kasachstans Außenhandel wies nach einem Einbruch 2009 im Jahr 2011 ein kräftiges
Wachstum aus. Die Exporte stiegen 2011 nominal um 47,3 Prozent auf 88,1 Mrd. USD. Das
starke Plus geht jedoch in erster Linie auf die höheren Preise für die Hauptausfuhrgüter
mineralische Produkte und Metalle/Metallerzeugnisse zurück, deren Anteil an den gesamten
Exporten 2011 bei 91 Prozent lag. Bei einem Anstieg des Preisindex für die gesamten
Exportgüter in Höhe von 46,7 Prozent schrumpft der reale Zuwachs der Exporte auf 0,4
Prozent.

                                                                                                     10
Abb. 5: Außenhandel Kasachstans, in Mrd. USD (nach Angaben der kasachischen Agentur für Statistik)

Wichtigstes Ausfuhrgut Kasachstans ist Erdöl. Im Jahr 2011 stiegen die Ausfuhren
wertmäßig von 37,0 Mrd. auf 55,2 Mrd. USD (+49,0 Prozent), während die Menge nur um 2,9
Prozent von 67,2 Mio. auf 69,6 Mio. Tonnen gewachsen ist. 11

10
     AHK Zentralasien, Kasachstan in Zahlen 2012
11
     GTAI, Wirtschaftstrends Kasachstan Jahresmitte 2012

                                                                                                 15
Die wichtigsten Ausfuhrgüter im Jahr 2011: 12
• mineralische Brennstoffe                        72,0 %
• Metall u. Metallerzeugnisse                     13,2 %
• chemische Erzeugnisse,
  inkl. Kautschuk und Kunststoffe                 3,7 %
• Agrarprodukte und Lebensmittel                  2,1 %
• Maschinen, Ausrüstungen
  und Transportmittel                             0,9 %
• Sonstige                                        8,1 %

Die wichtigsten Hauptabnehmerländer 2011: 13
•    China                                        18,5 %
•    Italien                                      17,1 %
•    Russland                                     8,5 %
•    Niederlande                                  7,5 %
•    Frankreich                                   6,1 %
•    Schweiz                                      5,6 %
•    Deutschland                                  1,8 %
•    sonstige                                     34,9 %

Hinter dem nominalen Importwachstum von 23,2 Prozent auf 38 Mrd. USD steckt ein
Realzuwachs von 9,7 Prozent. Investitionsgüter sind die Hauptgüter in der Wareneinfuhr.
Nominal stiegen die Bezüge von Maschinen, Ausrüstungen, Transportmitteln, rollendem
Material sowie Mess- und Kontrollinstrumenten um 43,3 Prozent auf 8,3 Mrd. USD. Der
positive Trend dürfte sich auch 2012 fortsetzen. 14
Die wichtigsten Einfuhrgüter im Jahr 2011: 15
• Maschinen, Ausrüstungen
  Transportmittel                                 41,1 %
• mineralische Produkte                           13,8 %
• chemische Erzeugnisse
  inkl. Kunststoffe und Kautschuk                 13,1 %
• Agrarprodukte und Lebensmittel                  10,5 %
• Metall und Metallerzeugnisse                    9,9 %
• Sonstige                                        11,6 %

Die wichtigsten Hauptlieferländer 2011: 16
•    Russland                                     42,8 %
•    China                                        13,2 %
•    Deutschland                                  5,5 %
•    Ukraine                                      4,6 %

12
   GTAI, Wirtschaftstrends Kasachstan Jahresmitte 2012
13
   ebd.
14
   ebd.
15
   ebd.
16
   ebd.

                                                                                     16
•    USA                                          4,5 %
•    Italien                                      3,0 %
•    Türkei                                       1,9 %
•    Sonstige                                     24,5 %

2.6 Wirtschaftliche Beziehungen zu Deutschland
Der Außenhandel zwischen Deutschland und Kasachstan entwickelt sich sehr positiv und hat
2011 wieder die Sechs-Milliarden-Euro-Marke erreicht. Die Steigerung ist zwar auch auf
wertmäßig gestiegene kasachische Rohstofflieferungen zurückzuführen – jede vierte Tonne
Erdöl, die in Deutschland ankommt, stammt aus Kasachstan –, aber auch die deutschen
Exporte nach Kasachstan sind gestiegen.
Lagen die deutschen Exporte nach Kasachstan 2010 noch bei einem Gesamtumfang von
1,381 Mrd. Euro, so schnellten sie 2011 auf 1,727 Milliarden Euro – ein Zuwachs von knapp
350 Mrd. Euro bzw. 25 Prozent.

Deutsche Einfuhrgüter aus Kasachstan 2011: 17
•    Erdöl und Erdölerzeugnisse                   87,9 %
•    Eisen und Stahl                              4,0 %
•    NE-Metalle                                   3,6 %
•    chemische Erzeugnisse                        1,8 %
•    Rohstoffe                                    1,3 %
•    Sonstige                                     1,4 %

Deutsche Ausfuhrgüter nach Kasachstan 2011: 18
• Maschinen                         29,0 %
• Chemische Erzeugnisse              14,9 %
• Kfz und Kfz-Teile                  11,0 %
• Elektrotechnik                     6,5 %
• Elektronik                         5,2 %
• Mess- und Regeltechnik             5,1 %
• Nahrungsmittel                     3,1 %
• Textilien und Bekleidung           2,6 %
• Metallwaren                        2,5 %
• Sonstiges                          20,1 %

Kasachstan nahm im Jahr 2011 bei Importen aus Deutschland den 33. Platz ein (2010 Platz
33) und bei deutschen Exporten Platz 54 (2010 Platz 57).19

17
   GTAI, Wirtschaftstrends Kasachstan Jahresmitte 2012
18
   ebd.
19
   Statistisches Bundesamt, 2012

                                                                                      17
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind in Kasachstan etwa 250 deutsche Unternehmen tätig. In
 der Regel betreiben die deutschen Firmen Repräsentanzen oder Verkaufsbüros mit lokalem
 Personal.
 Typische Branchen, in denen deutsche Unternehmen in Kasachstan tätig sind:
 •     Bau- und Baustoffmaschinen
 •     Landwirtschaftstechnik
 •     Pharmazeutische Industrie
 •     Medizintechnik
 Nennenswerte deutsche Investitionen gab es bisher in folgenden Bereichen:
 • Baustoffproduktion (HeidelbergCement – Zementwerke, Knauf – Produktion von
   Gipskartonplatten und Mörtelmischungen)
 • Landwirtschaftstechnik (Claas – Traktorenproduktion)
 • Petrochemie (Linde Gas – Produktion von Industriegasen)
 • Chemische Industrie (ThyssenKrupp – Herstellung von Silizium)
 • Groß- und Einzelhandel (Metro Cash & Carry – Betrieb mehrere Einkaufszentren)

                                                                    20
 Tab 2: Deutscher Außenhandel mit Zentralasien 2012

                                                                       Januar - August 2012
      Land         2011          2012                           2011          2012                             2011                2012
                  Einfuhr:     Einfuhr:     z. Vorjahr        Ausfuhr:      Ausfuhr:      z. Vorjahr         Umsatz       Umsatz          z. Vorjahr
                 Tsd. Euro     Tsd. Euro          %           Tsd. Euro     Tsd. Euro             %          Tsd. Euro    Tsd. Euro             %
Kasachstan        2.548.904     2.569.492     +         0,8      924.271      1.207.343       +       30,6    3.473.175    3.776.835        +        8,7
Usbekistan           21.151        14.951     -        29,3      295.733       230.060        -       22,2      316.884      245.011        -       22,7
Turkmenistan         11.979        71.832     +       499,6      181.553       199.655        +       10,0      193.532      271.487        +       40,3
Kirgisistan            9.459       10.697     +        13,1       32.548        59.406        +       82,5       42.007       70.103        +       66,9
Tadschikistan          1.415        1.855     +        31,1       10.474        19.760        +       88,7       11.889       21.615        +       81,8
Zentralasien      2.592.908     2.668.827    +         2,9     1.444.579     1.716.224        +       18,8    4.037.487    4.385.051        +       8,6

 20
      Statistisches Bundesamt, 2012

                                                                                                                                       18
3 Der Agrarsektor in Kasachstan

3.1 Historische Entwicklung des Agrarsektors
Kasachstan ist ein traditionell stark agrarisch geprägtes Land, das vor der Sowjetherrschaft
vor allem nomadisch bewirtschaftet wurde. Die Kollektivierung, vor allem die
Sesshaftmachung der mobilen Viehhalter, sorgte zu Anfang der 1930er Jahre für einen
massiven Einbruch der Viehbestände. Zwischen 1928 und 1934 halbierten sie sich nahezu 21.
Dies führte zu schweren Hungersnöten, denen Millionen von Menschen zum Opfer fielen.
Gleichzeitig schrieb der 1931 verabschiedete Fünf-Jahres-Plan vor, dass die Kasachische
SSR jährlich bis zu 1,6 Mio. Tonnen Getreide produzieren sollte. Dieser Trend setzte sich mit
der so genannten Neulandkampagne – der Urbarmachung bisher für den Getreideanbau
ungenutzter weitläufiger Steppengebiete – fort. 1954 versuchte die Führung der
Kommunistischen Partei durch massive Ausweitung der Anbauflächen das drängende
Problem der Getreideversorgung der Sowjetunion zu lösen.
Die Neulanderschließung machte aus der Kasachischen SSR eines der größten
Getreideanbaugebiete – insgesamt 25,5 Mio. ha Steppenboden wurden unter den Pflug
genommen. Große ökologische Probleme wie weiträumige Erosion waren die Folge. Die
Erschließung der riesigen Flächen hat zudem zur Verringerung von Weideflächen geführt –
mit entsprechenden Folgen für die Viehzucht und Fleischproduktion.
Bis zur Unabhängigkeit im Jahr 1991 war der Agrarsektor in der Kasachischen SSR wie
überall in der UdSSR zu unterschiedlichen Anteilen durch genossenschaftlich organisierte
Kolchosen, staatliche Sowchosen und – in flächenmäßig sehr geringem, aber für die
Versorgung sehr wichtigem Maße – private Nebenerwerbswirtschaft geprägt.
Die landwirtschaftlichen Reformen begannen im Jahr 1993 mit der Abschaffung der
kollektiven Eigentumsform im kasachstanischen Recht. Die bisherigen Genossenschafts-
und Staatsbetriebe wurden häufig in Aktiengesellschaften umstrukturiert, ohne dass sich an
den Produktionsabläufen etwas änderte. Der Wegfall staatlicher Unterstützung führte jedoch
zu einer Verringerung der landwirtschaftlich genutzten Fläche, einem starken Einbruch in der
landwirtschaftlichen Produktion und oft auch zum Ausverkauf der Ressourcen der Betriebe
durch ihre Direktoren.
Mit dem neuen Landgesetz von 1995 erhielt die ländliche Bevölkerung – neben den aktiven
Mitarbeitern und Mitgliedern im landwirtschaftlichen Bereich auch Rentner und Mitarbeiter
der sozialen Infrastruktur der Betriebe – auf dem Papier Besitzanteile der
landwirtschaftlichen Unternehmen zum ständigen Gebrauch überschrieben. Das Land wurde
aber nicht privatisiert, sondern langfristig verpachtet. Ihre Land- und Inventaranteile konnten
die neuen Eigentümer, bzw. Pächter, für die Gründung einer Bauernwirtschaft oder als
Gründungsbeitrag für eine Aktiengesellschaft, eine Gesellschaft oder eine Genossenschaft in
Form einer landwirtschaftlichen Kooperative verwenden. Als dritte Möglichkeit bot sich die
Weiterverpachtung der Betriebsteile an andere ehemalige Mitglieder an 22.
Bis 2002 waren 18 Prozent der Besitzanteile in meist großen kooperativen Betrieben
angesiedelt, 29 Prozent in Bauernwirtschaften. Weitere 18 Prozent gingen wieder in

21
     Belaya, Vera und Mykhaylenko, Maryna, Agrargigant Kasachstan, Zentralasien-Analysen Nr. 27, 2010
22
     ebd.

                                                                                                        19
Staatseigentum über, da sie von niemandem beansprucht wurden. 28 Prozent wurden, meist
von Rentnern und wenig Vermögenden, weiterverpachtet. Die letztgenannte Praxis wurde im
Jahr 2003 abgeschafft, die bestehenden Besitzanteile konnten entweder in
Bauernwirtschaften oder in größeren Kooperativbetrieben aufgehen. Bereits seit 1993 waren
ein leichtes Wachstum der Zahl von Kooperativbetrieben und eine deutliche Zunahme von
Bauernwirtschaften bemerkbar. 23
Die Verbreitung von Kooperativbetrieben (mit durchschnittlich mehreren 1.000 ha Fläche)
und meist wesentlich kleineren Bauernwirtschaften zeigt ein klares räumliches Muster. In den
Weizenanbaugebieten im Norden Kasachstan sind vor allem große Kooperativbetriebe
vertreten, in den Gebieten des arbeitsintensiven Bewässerungsfeldbaus im Süden
dominieren Bauernwirtschaften.
Daneben hat in allen Landesteilen die persönliche Nebenerwerbswirtschaft in Form von
privaten Gärten und Kleingrundstücken und der kleinmaßstäblichen Viehhaltung nach wie
vor einen beträchtlichen Anteil (mehr als 50 Prozent) bei der Produktion landwirtschaftlicher
Güter.
Um das Problem der ungenügenden Selbstversorgung mit landwirtschaftlichen Produkten zu
lösen,  wurden mehrere staatliche Entwicklungsprogramme zur                Agrar-   und
Lebensmittelproduktion ins Leben gerufen. Das erste mit 250 Mrd. KZT (ca. 1,3 Mrd. Euro)
ausgestattete Programm für die Jahre 2000-2002 hatte eine Stabilisierung des Ackerbaus
und der Tierhaltung sowie die Förderung des wirtschaftlichen Wachstums (und Steigerung
des Absatzvolumens) und die Modernisierung der verarbeitenden Industrie zum Ziel.
Mit dem zweiten Entwicklungsprogramm für die Jahre 2003–2005 sollte eine effiziente und
wettbewerbsfähige Agrarproduktion geschaffen sowie der Absatz und die Qualität
landwirtschaftlicher Produkte und deren Verarbeitungserzeugnisse auf den Binnen- und
internationalen Märkten erhöht werden. Instrumente dafür bildeten vor allem die Einführung
einer markwirtschaftlich orientierten Gesetzgebung, einer besseren Preisregulierung sowie
die Erhöhung der staatlichen Unterstützung (285 Mrd. KZT, d.h. ca. 1,5 Mrd. Euro).
Das dritte staatliche Programm in den Jahren 2004–2010 war der sozialen Entwicklung auf
dem Land gewidmet, z.B. dem an die Bedürfnisse der Bevölkerung angepassten
Wohnungsbau. Bereits in den Jahren 2004–2006 wurden 177 Mrd. KZT (ca. 900 Mio. Euro)
für dieses Programm zur Verfügung gestellt. Dank dieser Maßnahmen verdreifachte sich der
Investitionszufluss in die Landwirtschaft von 17,3 Mrd. KZT im Jahr 2002 auf 55,9 Mrd. KZT
im Jahr 2007.
Die sozioökonomische Lage im landwirtschaftlichen Sektor ist aber nach wie vor kompliziert.
In Zukunft sollen folgende strategische Prioritäten der Entwicklung der agroindustriellen
Produktion gesetzt werden: Sicherung der Lebensmittelsicherheit durch rationale Nutzung
der Ressourcen wie des wissenschaftlichen Potentials; Steigerung der konkurrenzfähigen
Produktion; Reduzierung der Importe sowie Entwicklung von verarbeitender Industrie und
Infrastruktur.

23
     Belaya, Vera und Mykhaylenko, Maryna, Agrargigant Kasachstan, Zentralasien-Analysen Nr. 27, 2010

                                                                                                        20
3.2 Heutige Betriebsstrukturen in der Landwirtschaft
Die Betriebe, die heute in der kasachischen Landwirtschaft tätig sind, werden grundsätzlich
in drei Betriebsformen unterteilt: Juristische Personen, Familienbetriebe/Einzelbetriebe und
Hauswirtschaften. Die Anzahl der Betriebe, ausgenommen die Hauswirtschaften, lag im Jahr
2010 bei 200.350. Hierzu gehörten über 192.000 Einzelbetriebe, deren durchschnittliche
landwirtschaftliche Nutzfläche bei etwa 235 ha liegt. Diese Einzelbetriebe bewirtschaften
etwa 37 Prozent der Ackerflächen und haben einen Anteil an der landwirtschaftlichen
Wertschöpfung von 24,5 Prozent. Die Anzahl der privaten Einzelbetriebe ist in den letzten 20
Jahren sehr stark angestiegen. Im Vergleich zu den Juristischen Personen leiden die
Einzelbetriebe oft unter einem fehlenden Zugang zu Kapital und einem eingeschränkten
Zugang zu Märkten. Der Großteil der Einzelbetriebe befindet sich im Süden des Landes, der
administrativ kleinteiliger gegliedert ist.
Tab 3: Anzahl der landwirtschaftlichen Betriebe in Kasachstan und deren Rechtsformen im Jahr 2010
                                                      24
(nach Angaben der kasachischen Agentur für Statistik)

                                          Juristische Personen
    Alle                                                                                 Familien-     Haus-
                              Staatsbe-     GmbH-             Genossen-
Agrarbetriebe      Gesamt                              AGs                    Andere     betriebe      halte
                                triebe      ähnlich            schaften
     200.350        8.075         66         4.822      55      1.131          2.720     192.275     2.253.475

In den nördlichen Getreideanbauregionen, in denen weitaus größere Flächen zur Verfügung
stehen, dominieren unter den Betriebsformen in der Landwirtschaft die juristischen
Personen. Hierunter zählen alle juristischen Personen wie GmbH-ähnliche Rechtsformen,
Aktiengesellschaften, Genossenschaften und andere hier nicht näher aufgeführte
Rechtsformen. Die Anzahl der Staatsbetriebe reduzierte sich von über 2.000 zu Beginn der
1990er auf 66 Betriebe im Jahr 2010, die durchschnittlich 20.970 ha landwirtschaftliche
Nutzfläche bewirtschaften. Ebenso ging die Anzahl der Genossenschaften zurück. Als
Genossenschaften       gelten    hier    Produktionsgenossenschaften.    Alle     anderen
Genossenschaften       werden      in    Kasachstan     unter  Konsumgenossenschaften
zusammengefasst       und     sind    in   dieser    Statistik nicht    aufgeführt.   Die
Produktionsgenossenschaften verfügten im Jahr 2010 über eine durchschnittliche Nutzfläche
von 3.862 ha.
Alle juristischen Personen, die in der Landwirtschaft tätig sind und weder zu den
Staatsbetrieben, noch zu den Genossenschaften gezählt werden, fasst man in Kasachstan
unter dem Begriff „Agrarunternehmen“ zusammen. Die Agrarunternehmen bewirtschafteten
im Jahr 2010 eine landwirtschaftliche Fläche von etwa 37 Mio. ha bzw. 13,8 Mio. ha
Ackerfläche. Den größten Agrarunternehmen stehen zum Teil mehrere 100.000 ha Fläche
zur Verfügung und die größte kasachische Agrarholding bewirtschaftet sogar über eine
Million Hektar. Die durchschnittliche Betriebsgröße für die Agrarunternehmen ist aufgrund
der sehr unterschiedlichen Größen zwischen den Aktiengesellschaften und den GmbH-
ähnlichen Unternehmen nicht sehr aussagekräftig. Sie lag nach offiziellen Angaben im Jahr
2010 bei 7.171 ha.

24
     Deutsch-Kasachischer Agrarpolitischer Dialog, Investorenhandbuch für den kasachischen Agrarsektor, 2012

                                                                                                               21
Tab 4: Aufteilung der landwirtschaftlichen Nutzfläche auf die unterschiedlichen Rechtsformen (nach
                                                25
Angaben der kasachischen Agentur für Statistik)

                     Landwirts                      davon
       Gesamtflä     chaftliche                Ackerland (Anteil)
        che (in      Nutzfläche                   Heufläche                                Rechtsform
       1.000 ha)      (in 1.000                    Weiden
                         ha)
        261.173,8    215.661, 7    24.073,1         4.807,7         182.047,7                Gesamt
                                    (100%)
         1.547,6      1.384,0        159,1           17,7            1.166,3              Staatsbetriebe
                                    (0,7%)
          396,1        324,8         216,8            2,5             55,7         Privatland von individuellen
                                    (0,9%)                                                  Personen
        46.144,0     45.140, 4      8.791,9         1.225,4         33.376,5              Einzelbetriebe
                                   (36,5%)
         4.721,4      4.368,0        416,5           128,9           3.714,6      Produktionsgenossenschaften
                                    (1,7%)
        37.052,1      34.973,3     13.637,6          508,9          19.715,7     GmbHs und Aktiengesellschaften
                                   (56,7%)
         2.161,2      1.974,8        185,9           80,7            1.651,2          Andere nichtstaatliche
                                    (0,8%)                                               Organisationen
        23.283,5      9.066,4         83,1           265,4           8.707,8    Wald oder leicht bewaldete Flächen
                                    (0,3%)
        111.779,7     94.625,0       473,2          2.233,4         90.475,6      Ungenutzte staatliche Flächen
                                    (2,0%)

In den letzten Jahren hat der Anteil juristischer Personen leicht zugenommen. Jedoch sind
einige Unternehmen dieser Kategorie sehr stark von der Finanzkrise sowie von den
Ernteausfällen im Jahr 2009 betroffen gewesen und leiden auch derzeit noch unter
Liquiditätsproblemen.
Eine wichtige Rolle für die gesamte Agrarproduktion Kasachstans spielen die
Hauswirtschaften. Sie bewirtschaften zwar nur 1,2 Prozent der gesamten Nutzfläche und
verfügen über durchschnittlich 0,2 ha Boden, doch haben sie einen Anteil an der gesamten
landwirtschaftlichen Wertschöpfung von 48,5 Prozent.
In der Tierproduktion liegt ihr Anteil sogar bei über 82 Prozent. Da diese Hauswirtschaften
wirtschaftlich so bedeutend sind, wird derzeit darüber nachgedacht, diesen einen separaten
Rechtsrahmen zu geben. Im Moment gelten sie noch als informelles Konstrukt und sind von
jeglicher Förderung sowie auch von jeglicher Steuerzahlung ausgeschlossen.

Tab 5: Anteil der Rechtsformen an der landwirtschaftlichen Wertschöpfung (nach Angaben der
                                    26
kasachischen Agentur für Statistik)

                                    Juristische
                                                              Einzelbetriebe      Hauswirtschaften
                                     Personen
           Anteil an landwirt-
              schaftlicher              27%                       24,5%                 48,5%
             Wertschöpfung
                Anteil an
          Wertschöpfung der            40,8%                      36,3%                 22,9%
          Pflanzen-produktion
          Anteil an der Wert-
          schöpfung der Tier-           8,7%                        8,8%                82,5%
               produktion

25
     Deutsch-Kasachischer Agrarpolitischer Dialog, Investorenhandbuch für den kasachischen Agrarsektor, 2012
26
     ebd.

                                                                                                                  22
3.3 Bodenmarkt
Kasachstan begann bereits 1991 mit ersten Reformen auf dem Bodenmarkt – die
Liberalisierung in diesem Bereich ist aber bis heute nicht vollständig abgeschlossen.
Zwischen 1991 und 1995 wurden zwar Nutzungsrechte für die Bewirtschaftung
landwirtschaftlicher Flächen vom Staat vergeben, die Flächen blieben aber weiter in
staatlicher Hand und konnten damit auch nicht als Sicherheiten im Falle einer
Kreditaufnahme genutzt werden. Im Jahr 1994 erhielten alle Eigentümer dieser
Nutzungsrechte die Erlaubnis, diese Nutzungsrechte zu verkaufen, zu verschenken, zu
tauschen oder für eine Hypothek zu nutzen. Das Land konnte und kann vom Staat zu einem
Pachtpreis von etwa 0,50 - 2,00 Euro pro Hektar gepachtet werden.
Auf Grundlage der Bodengesetzgebung von 1995 wurde dann das Land von
Produktionsgenossenschaften zur Nutzung an die Mitarbeiter/Mitglieder verteilt. Die
Nutzungsrechte sollten zunächst für 49 Jahre gelten. Jedoch erhielten die neuen Eigentümer
der Nutzungsrechte keine physischen Bodeneinheiten, sondern lediglich das Recht „auf dem
Papier“. Des Weiteren durften nur die Nutzer Anspruch auf die Flächen erheben, die eine
fachgerechte Nutzung der Flächen nachweisen konnten. Ehemalige Direktoren von
Genossenschaften oder Staatsbetrieben erhielten dabei verhältnismäßig große Flächen.
Diese ehemaligen Leiter entschlossen sich oftmals, das Land im Rahmen einer GmbH-
ähnlichen Rechtsform selbst zu bewirtschaften und sicherten ehemaligen Mitarbeitern, die ihr
Land mit in die GmbH einbrachten, den Nachweis der fachgerechten Bewirtschaftung der
Flächen zu. Aus diesem Grund existieren derzeit viele GmbHs in Kasachstan mit ungleichen
Machtgefügen zwischen den Teilhabern sowie einem Großteil an Teilhabern, die nicht in der
Lage sind, ihre Flächen genau zu lokalisieren.
Zwischen 1996 und 2003 war es zudem kleinen Subsistenzbetrieben möglich,
Eigentumsrechte an landwirtschaftlichen Flächen für die Eigenversorgung zu erwerben. Der
Umfang der Flächen, die von diesen Kleinstbetrieben bisher erworben wurden, ist sehr
gering. So bewirtschaften etwa zwei Millionen dieser Kleinstbetriebe lediglich ein Prozent der
gesamten kasachischen landwirtschaftlichen Nutzfläche.
Seit 2003, auf Grundlage des neu eingeführten Bodenkodexes, ist es auch privaten
landwirtschaftlichen Betrieben möglich, Ackerflächen zu kaufen. Der Kaufpreis ist im
Bodenkodex festgelegt und richtet sich nach der Bodengüte, der Regionszugehörigkeit und
variiert zwischen etwa 250 und 650 Euro pro Hektar. Die Nachfrage nach Kaufflächen ist
aber sehr gering. Dies liegt vor allem daran, dass die für 49 Jahre vergebenen Pachtverträge
Bestand haben und die Flächen weiterhin zu einem sehr niedrigen Pachtpreis vom Staat
gepachtet werden können. Demzufolge ist das Interesse der insbesondere im Norden
ansässigen Großbetriebe, die derzeit günstig zu pachtenden Flächen zu kaufen, sehr gering.
Im mit fruchtbareren und kleinteiligeren Flächen ausgestatteten Süden des Landes ist das
Interesse am privaten Bodenkauf höher, befindet sich aber immer noch auf einem
verhältnismäßig niedrigen Niveau.
Ausländern ist es nur möglich, landwirtschaftliche Flächen für einen Zeitraum von bis zu
zehn Jahren zu pachten, vom Kauf dieser Flächen sind sie ausgeschlossen. Derzeit sind in

                                                                                           23
Kasachstan 27.974 ha an ausländische Unternehmen verpachtet 27. Der Kauf und das
Pachten von Flächen für 49 Jahre durch Unternehmen mit ausländischen Teilhabern sind
nur dann möglich, wenn die kasachischen Teilhaber den Kauf oder die Pacht übernehmen.
Es gibt weitere Unzulänglichkeiten des Bodenmarktes, die eine effiziente Nutzung der
Flächen verhindern und dadurch für den Staat enorme Mindereinnahmen verursachen.
So ist es zwar verboten, die für 49 Jahre vom Staat gepachteten Flächen an Dritte weiter zu
verpachten. Tatsächlich jedoch geschieht genau dies. Die illegalen Unterpachtpreise
überschreiten in einigen Regionen im Süden des Landes die staatlichen Pachtpreise um ein
Vielfaches.
Die mündlichen Unterpachtverträge haben eine durchschnittliche Laufzeit von 2-3 Jahren
und sind oftmals rechtlich nicht verbindlich – sie sind somit für Banken als Sicherheit nicht
relevant. Zudem führen die für 49 Jahre abgeschlossenen Pachtverträge auf der einen Seite
und die unsicheren Unterpachtverträge auf der anderen Seite zu geringeren
Innovationsinvestitionen, da langfristige Pachtverträge die Flächenkonkurrenz verhindern
und kurzfristige Unterpachtverträge nicht als Sicherheiten verwendet werden können.
Außerdem ist es dem Unterpächter nicht möglich, Subventionsanträge für die von ihm
bewirtschafteten Flächen zu stellen.
Eine Änderung dieser Gesetzeslage ist derzeit nicht absehbar. Im neuen staatlichen
Programm Agrobusiness 2013-2020 wird auf die Problematik des Bodenmarkts nicht explizit
eingegangen. Offensichtlich wird die derzeitige Gesetzeslage nicht als Investitionshemmnis
erkannt.

3.4 Administrative Zuständigkeiten
Die staatliche Verwaltung der Agrar- und Ernährungswirtschaft in Kasachstan befindet sich
weitgehend in der Hand des Ministeriums für Landwirtschaft der Republik Kasachstan, das
den Agrarsektor politisch steuert und verwaltet.
Im Bereich der Ernährungswirtschaft sowie bei der Produktion von Landtechnik liegt die
Zuständigkeit für Investitionen und die Implementierung neuer Technologien beim
Ministerium für Industrie und neue Technologien.

3.4.1 Ministerium für Landwirtschaft
Zu den Hauptaufgaben des Ministeriums für Landwirtschaft gehören:
       •   Bildung und Umsetzung von Agrar- und Regionalpolitik, strategischen Planen,
           staatlichen und anderen Programmen und Projekten im Bereich der Landwirtschaft,
           Fischerei und Wasserwirtschaft, Erhaltung und Reproduktion von natürlichen
           Ressourcen und Schutzgebieten;
       •   Bearbeitung von Fragen zur ländlichen Entwicklung und Saatguterzeugung;
       •   Regulierung des Getreidemarkts sowie der staatlichen Unterstützung für die
           Pflichtversicherung im Pflanzenschutz und Pflanzenquarantäne;
       •   Regulierung des Veterinärkontrollsystems;

27
     Deutsch-Kasachischer Agrarpolitischer Dialog, Investorenhandbuch für den kasachischen Agrarsektor, 2012

                                                                                                               24
•   Bearbeitung von Fragen zur Herstellung von Nahrungsmitteln und Getränken
       (ausgenommen alkoholische Getränke und Ethylalkohol), Lederwaren, Baumwolle
       und Wollverarbeitung, des landwirtschaftlichen Maschinenbau, der technischen
       Ausrüstung der Landwirtschaft, Vieh, Bodenverbesserung, Be- und Entwässerung
       und der Agrarwissenschaften;
   •   Bildung der Grundlagen für die Schaffung einer wettbewerbsfähigen
       landwirtschaftlichen Warenproduktion und Ernährungssicherheit,
   •   Gewährleistung der staatlichen Kontrolle, Überwachung und Verwaltung im
       Agrarsektor, einschließlich der Bereiche Forstwirtschaft, Jagd, Fischerei und
       Wasserwirtschaft, Schutzgebiete und zu Fragen der Entwicklung des ländlichen
       Raumes;
   •   Information und Beratung der Landwirtschaft

Abgesehen von den Abteilungen für die Kontrolle öffentlicher Ausgaben, die Verwaltung für
Staatsgeheimnisse und der Abteilung für Strategieentwicklung, die dem Minister für
Landwirtschaft direkt unterstellt sind sowie den Abteilungen für Verwaltungsangelegenheiten,
öffentliche Ausgaben und Rechtssicherheit, die dem Staatssekretär zugeordnet sind, stehen
die anderen Abteilungen unter Aufsicht der zwei Vizeminister, die dem Minister für
Landwirtschaft berichtspflichtig sind. Der Staatssekretär untersteht nicht dem
Landwirtschaftsminister, sondern direkt dem Präsidenten der Republik Kasachstan.
Dem Ministerium für Landwirtschaft angegliedert und unterstellt sind die folgenden Komitees
(Ausschüsse):
   •   Komitee für Staatliche Inspektionen im Agrarsektor
   •   Komitee für Veterinärkontrolle und -aufsicht
   •   Komitee für Fischereiwesen
   •   Komitee für Wasserressourcen
   •   Komitee für Forst- und Jagdwirtschaft

                                                                                         25
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