Digitalisierungsbericht 2009 - Auf dem Weg in die digitale Welt

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Digitalisierungsbericht 2009
 Auf dem Weg in die digitale Welt
 Rundfunk und Internet wachsen zusammen
Digitalisierungsbericht 2009
 Auf dem Weg in die digitale Welt
 Rundfunk und Internet wachsen zusammen

 herausgegeben von
 Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) der Landesmedienanstalten
vorwort	                                                                                                                          5

                     Thomas Langheinrich
                     Vorsitzender der Kommission für                        Dr. Hans Hege
                     Zulassung und Aufsicht (ZAK) der                       Beauftragter für Plattformregulierung und
                     Landesmedienanstalten                                  Digitalen Zugang der ZAK

Zum fünften Mal legen die Landesmedienanstalten mit dem           TV-Empfänger mit Internet-Zugang an, die Online-Angebo-
Digitalisierungsbericht Analysen und Fakten zur Digitalisie-      te wie YouTube oder Mediatheken als vorinstallierte Dienste
rung der Medien vor. In den zurückliegenden Jahren hat sich       ins Wohnzimmer holen.
die Medienwelt fortentwickelt:                                    Triple Play war im Jahr 2005 noch ein Terminus für Exper-
So hat sich beispielsweise der Digitalisierungsgrad seit dem      ten. Heute stehen Telefon- und Internetzugänge im Mittel-
Jahr 2005 verdoppelt und liegt im Juni 2009 bei 55 Prozent.       punkt der Vermarktungsstrategien aller Netzbetreiber. Für
Mit DVB-T hat der erste klassische TV-Übertragungsweg den         die Sender bleibt die Refinanzierung von Inhalten in der
Umstieg vollzogen. Beim Satelliten nehmen angesichts eines        digitalen Welt weiterhin eine Herausforderung. Alternative
Digitalisierungsgrades von knapp 75 Prozent die Gespräche         Erlösmodelle setzen die Adressierbarkeit der Empfangsgerä-
zu einem Abschalttermin konkrete Formen an. Damit stellt          te voraus. Während die meisten Kabelnetze mittlerweile die
sich auch für das Kabel, das erst zu rund einem Drittel digita-   privaten Sender verschlüsseln und damit die Basis für neue
lisiert ist, die Frage nach einem „Abschaltungszeitpunkt“.        Geschäftsmodelle schaffen, ist nach wie vor über den Satelli-
In den letzten Jahren sind aber auch neue Übertragungsmög-        ten noch keine Adressierung in Sicht. Die RTL-Gruppe geht
lichkeiten an den Start gegangen. So erreicht Fernsehen über      bei DVB-T in Stuttgart und Leipzig/Halle mit MPEG-4 und
das Internet immer mehr Nutzer. IP-TV in DSL-Netzen, wie          einer Grundverschlüsselung neue Wege. Möglicherweise bie-
es in Deutschland von den den Anbietern Deutsche Telekom,         ten neue HDTV-Plattformen auch im Satellitenbereich den
Hansenet und Arcor angeboten wird, entwickelt sich zu einer       Einstieg in die Adressierung.
Alternative, wenn auch der Marktanteil mit einem Prozent          Der Digitalisierungsbericht 2009 beschreibt und analysiert
noch gering ist. Zugleich erreichen Medien-Angebote über          die aktuellen Entwicklungen der Medienwelt. Vertieft wird
das offene Internet, eingebettet in Homepages oder in Me-         dabei auf Aspekte der Navigation und das Mediennutzungs-
diatheken gebündelt, inzwischen mehr und mehr Zuschauer.          verhalten von Jugendlichen eingegangen. Darüber hinaus
Diese Angebote werden typischerweise direkt am PC emp-            werden die Ergebnisse der Erhebung zum Stand der Digita-
fangen. Verschiedene Hersteller bieten inzwischen aber auch       lisierung präsentiert.
I nhalt	                                                                                                                                                                               7

Inhalt
Auf dem Weg in die digitale Welt
      Rundfunk und Internet wachsen zusammen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

Rundfunk und Internet wachsen zusammen
    Broadband meets Broadcast – Herausforderungen im Prozess der Konvergenz von Fernsehen und Internet. .  .  .                                                                   13
       Dr. Hans Hege
       Digitalisierung ist ein permanenter Prozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                      13
       Tendenzen im Prozess der Vernetzung der Rundfunkwelt mit dem Internet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                                            15
           Multifunktionalität der Netze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                  15
           Hybride Endgeräte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .              15
           Inhalte und Anwendungen – Chancen für die Kreativindustrie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                                    16
           Plattformen und Übertragungswege – Aufbrechen alter Strukturen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                                      16
           Navigation – der selbstbestimmte Zuschauer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                          17
           Regionales Fernsehen und Bürgermedien – Neue Wege zum Zuschauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                                              17
       Die Finanzierung von Inhalten ist die zentrale Herausforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                                 17
       Adressierbarkeit und neue Ansätze. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                   18
       Der Analog-Digital-Umstieg im Zusammenhang digitaler Entwicklungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                                            19
           Terrestrische Fernsehübertragung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                    19
           Analog-Digital-Übergang beim Satelliten – und der Zusammenhang mit dem Kabel. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                                                  19
           Markt oder auch Förderung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                   21
    Die Mediennutzung der „Digital Natives“ als Blick in die Zukunft des digitalen Zeitalters?. .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                                             25
       Thomas Rathgeb
       Geräteausstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .          25
       Mediennutzung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .           27
       Konvergenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .         27
       Fernsehen versus Internet?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .              28
       Das Zeitbudget – Fernsehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                 28
       Das Zeitbudget – Internet. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .               30
       Was machen Jugendliche im Netz?. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                     31
       Fazit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   33
    Kleiner Markt – große Hürden? Über elektronische Programmführer für das digitale Fernsehen. .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                                                      35
       Dr. Friederike Grothe, Dr.Thorsten Grothe
       Navigation und EPGs – Begriffsklärungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                         35
       Hürden für die Entwicklung eines Marktes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                        36
       Rechtliche Konflikte. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .            38
       Marktentwicklungen: Allianzen und neue Produkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                              41
       Finanzierung elektronischer Programmführer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                          42
       Perspektiven. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .        42
8   I nhalt

    Daten und Fakten zur Digitalisierung im deutschen Fernsehmarkt
          Aktueller Stand der Digitalisierung in den deutschen TV-Haushalten Juni 2009. .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .                                                                            46
             Andreas Hamann
             Zielsetzung der Erhebung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                                                            46
             Digitalisierungsgrad gestiegen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                                                           46
             Verhältnis der Übertragungswege stabil. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                                                                47
             Digitalisierungsgrad der einzelnen Netze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                                                                 48
             Digitales Kabel wächst weiter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                                                             49
             Abschaltung des analogen Satelliten in Sicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                                                                  51
             Betrachtung der Gerätesituation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                                                             52
             DVB-T-Umstieg vollzogen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                                                              52
             DSL-TV nimmt Fahrt auf. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                                                              54
             Mediennutzung im Internet. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                                                             55

    Jeder zweite TV-Haushalt in Europa empfängt digital . .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 56
           Christoph Limmer

    Methodik. .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 62
         Definition von Kabel- und Satellitenempfang: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62
         Erfassung der Übertragungswege und der Übertragungsart: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62

    Aufgaben der Landesmedienanstalten bei der Plattformregulierung und der Sicherung des digitalen Zugangs . .  .  . 65

    Autoren. .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 67

    Glossar. .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 68

    Impressum. .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 72
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Auf dem Weg in die
digitale Welt
Rundfunk und Internet wachsen zusammen
13

Broadband meets Broadcast –
Herausforderungen im Prozess der
Konvergenz von Fernsehen und Internet
Dr. Hans Hege

Der Anteil der Haushalte, die ihr Fernsehen digital    • Das digitale Endgerät erweitert die Nutzungs-
empfangen, ist weiter gestiegen. Der terrestrische       möglichkeiten, wird aber auch zum Steue-
Übertragungsweg ist vollständig digital, die letzten     rungsinstrument für die Mediennutzung, mit
analogen Sender wurden 2008 abgeschaltet. Der            vielfältigen Fragen des Zugangs für Anbieter
Anteil der digitalen Satellitenhaushalte hat sich        wie Nutzer.
weiter erhöht. Auch das Kabel ist beim digitalen
Fernsehen vorangekommen, der Umstieg ist aber          Die künftige Stellung des Rundfunks wird davon
noch nicht in Sicht.                                   abhängen, wie er diese Rahmenbedingungen beim
Doch der Stand der Digitalisierung wäre mit dem        Übergang in die digitale Welt berücksichtigt. Nach
Umstieg auf den Rundfunkübertragungswegen              wie vor verfügt der Rundfunk über besonders at-
nicht hinreichend beschrieben. Die digitale Ent-       traktive, nicht beliebig vermehrbare Inhalte. Da-
wicklung erfordert eine Gesamtschau, zu der die-       mit hat er gute Chancen im Wettbewerb um die
ser Artikel einen Beitrag leisten soll.                knappste Ressource: die Zeit und Aufmerksamkeit
Vier Thesen vorab:                                     der Bürger.

• Die Digitalisierung ist ein permanenter Prozess
  der Veränderung, der auch nach Beendigung            Digitalisierung ist ein permanenter Prozess
  der analogen Übertragung weitergeht und an           Dass Digitalisierung weit mehr bedeutet als die
  Dynamik zunimmt.                                     Abschaltung des analogen Weges, zeigt sich be-
• Die Digitalisierung fördert die Konvergenz           sonders deutlich an der aktuellen Entwicklung bei      Digitalisierung geht über
                                                                                                            die Analogabschaltung
  von Netzen, Geräten, Angeboten und Platt-            dem Weg, bei dem der Übergang vollzogen ist: der     hinaus
  formen; das erfordert die Überprüfung von            Nutzung des terrestrischen Frequenzspektrums.
  Regeln, die auf herkömmlichen Trennungen             Mit dem Umstieg ist es nicht nur gelungen, die
  beruhen.                                             Auswahl des Verbrauchers unter verschiedenen
• Die durch die Digitalisierung möglich wer-           Übertragungswegen insbesondere in Ballungsräu-
  denden zusätzlichen Angebote bedürfen der            men zu erhalten und zu erweitern. Die Terrestrik
  Finanzierung; gleichzeitig werden bisherige          hat eine unerwartete Renaissance erfahren. In Ber-
  Geschäftsmodelle infrage gestellt. Die Finan-        lin zum Beispiel, wo der Umstieg begonnen hat,
  zierung von Vielfalt und Kreativität wird somit      stieg der Marktanteil von 5 Prozent auf fast 20
  zur Schlüsselfrage.                                  Prozent.
14      A uf dem W eg in die digitale W elt

                                Der Umstieg hat auch erste Entwicklungen mög-          Das breitbandige Internet stellt nicht nur die
                                lich gemacht, bei denen die Konvergenz der digi-       Rundfunkwelt vor Herausforderungen, sondern
                                talen Welt deutlich wird:                              auch den Mobilfunk, dessen nächste Generation
                                Mobiles Fernsehen kann über DVB-H verbreitet           ausschließlich auf der Internettechnologie aufbau-
                                werden. Technisch ist das ausreichend erprobt, die     en wird. Der Mobilfunk ist ein Paradebeispiel da-
                                Länder haben eine bundesweite Frequenzkette zur        für, dass die Entwicklung mit der Digitalisierung
                                Verfügung gestellt, die Landesmedienanstalten ei-      nicht etwa aufhört, sondern erst beginnt. Damit
                                nen Betreiber ausgewählt. Damit war aber die zen-      einher geht eine Veränderung der Kommunikati-
                                trale Frage der Finanzierung noch nicht gelöst.        on, die durchaus derjenigen entspricht, als es dem
                                                                                       Menschen möglich wurde, nicht nur auf dem Land
                                Mobiles Fernsehen kann aber auch über Mobil-           zu reisen, sondern auch zu fliegen. Das Fliegen hat
                                funknetze übertragen werden. Auf Multimedia-           das Leben der Menschen immer wieder neu ver-
                                handys kann es empfangen werden, ohne dass es          ändert, und das wird auch bei der Digitalisierung
                                den Verbraucher interessieren muss, ob es über ei-     so sein.
                                nen Rundfunkübertragungsweg oder das Mobil-
                                funknetz zu ihm kommt.                                 Telefonieren bleibt auch in der Breitbandwelt un-
                                                                                       verzichtbar, die SMS ist auf absehbare Zeit der lu-
                                Neben das lineare Fernsehen tritt der Abruf ein-       krativste Datendienst, aber sie nehmen nur noch
  Konvergenz am Beispiel        zelner Sendungen. Zuhause oder im Büro über            einen Bruchteil der bei neuen Technologien ver-
der Terrestrik
                                Breitbandnetze empfangene Fernsehsendungen             fügbaren Kapazitäten in Anspruch. Auf der ande-
                                können auf dem mobilen Endgerät genutzt wer-           ren Seite wird der Aufbau neuer Netze so teuer
                                den. Auf dem Laptop, auch auf den ersten Mobilte-      und hat einen so hohen Frequenzbedarf, dass das
                                lefonen kann Fernsehen über DVB-T empfangen            einfache Modell des Herstellens von Wettbewerb
                                werden.                                                zwischen verschiedenen Telefonanbietern mit nur
                                Die Chips, die in die Endgeräte eingebaut wer-         begrenzten Kooperationsmöglichkeiten sich mit
                                den, integrieren verschiedene Wege, auf denen der      dem Modell des für alle Vermarkter offenen Net-
                                Nutzer in der Perspektive jeden Video-Inhalt zu        zes wird messen müssen. Manche schon überholt
                                jeder Zeit auf jedem Gerät mit dem jeweils geeig-      erscheinende Grundsätze wie die Trennung zwi-
                                neten Bildschirm empfangen kann.                       schen Netz und Nutzung gewinnen an Aktualität,
                                Das Frequenzspektrum, auf dem das Fernsehen be-        nicht nur bei der Bahn, sondern auch in der Tele-
                                gonnen hat, mit dem Vorteil der Versorgung großer      kommunikation.
                                Flächen und innerhalb von Gebäuden, erweist sich       Die Digitalisierung der Rundfunkübertragungs-
                                nun auch als besonders geeignet, zu geringeren         wege ist weit mehr als die Abschaltung der ana-
                                Kosten als mit höherfrequentem Spektrum eine           logen Übertragung. Sie verläuft in Stufen und
                                drahtlose Internetversorgung in ländlichen Gebie-      Generationen. Der Verbraucher merkt das an der
                                ten aufzubauen. Als Fernsehen noch ausschließlich      Notwendigkeit, neue Geräte beschaffen zu müs-
  Digitalisierung verläuft in   terrestrisch verbreitet wurde, war es Ziel der Rest-   sen. Fernsehen und Radio haben sich in der ana-
Stufen
                                versorgung mit Fernsehen, auch Dörfer bis zu einer     logen Welt langfristig entwickelt, Geräte konnten
                                Grenze von 100 Einwohnern zu versorgen. Heute          über Jahrzehnte hinweg eingesetzt werden, aber es
                                sollte es zur Basisausstattung eines jeden Haushalts   ging auch nur um Fernsehen und Radio. Jetzt ent-
                                gehören, einen Zugang zum Breitbandinternet zu         wickelt sich die elektronische Programmführung,
                                haben, und damit auch an den Medienangeboten           interaktive Zusatzdienste, und die Digitalisierung
                                teilhaben zu können, die über das Internet verbrei-
                                tet werden.
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der Übertragung selbst macht Fortschritte in der        Behauptung und Entwicklung der Marktposition
Bildqualität möglich, die aber auch eine effiziente-    der Telekommunikationsunternehmen im Breit-
re Kodierung erfordern, wie bei HDTV.                   bandinternet.
Wie für den Analog-Digital-Übergang gilt auch           Die Entwicklung der Breitbandnutzung hat in-
für die nächsten Stufen der Digitalisierung, dass sie   zwischen die volle Aufmerksamkeit der Politik
jeweils mehr sind als eine Erweiterung der bishe-       gefunden, mit der Zielsetzung, allen Bürgern den
rigen Welt mit mehr Angeboten, dass sie auch bis-       Zugang zu verschaffen, in Ballungsräumen über
herige Geschäftsmodelle infrage stellen und neue        Glasfasernetze mit mindestens 50 Mbit je Sekunde,
Kräfte in der Medien- und Telekommunikations-           in ländlichen Gebieten auch unter Nutzung des
welt fördern. Die Unternehmen, die auf den be-          bisherigen Rundfunkspektrums.
stehenden Stufen besonders marktstark sind, haben       Bei der Entwicklung der Netze der nächsten
hingegen traditionell ein geringeres Interesse an       Generation sollte die öffentliche Verantwortung          öffentliche Verantwortung
der weiteren Entwicklung.                               stärker wahrgenommen werden, als dies nach der        für die Netze

Somit behalten Kommunikationspolitik und Re-            Privatisierung in den letzten Jahren geschehen ist.
gulierung die Aufgabe, Rahmenbedingungen zu             Wesentlich später als zum Beispiel in den USA hat
schaffen, in denen digitale Chancen genutzt wer-        die Politik in Deutschland die Bedeutung der Ent-
den können und Fehlentwicklungen vorgebeugt             wicklung der Infrastruktur für das breitbandige In-
wird, insbesondere der Konzentration von Mei-           ternet und dessen volkswirtschaftliche Bedeutung
nungsmacht und der Manipulation des Nutzers.            entdeckt. Dort sieht man die Förderung der flä-
                                                        chendeckenden Versorgung in einer Linie mit der
Tendenzen im Prozess der Vernetzung der                 Versorgung mit Zeitungen, der Erschließung des
Rundfunkwelt mit dem Internet                           Telefons und der Elektrizität.
Multifunktionalität der Netze                           Nun geht es um Planungen für die Netze der
Die Breitbandkabelunternehmen bieten mit zu-            nächsten Generation, sowohl für den stationären
nehmendem Erfolg neben dem analogen und di-             als auch für den mobilen Empfang. Das berührt
gitalen Fernsehen den Zugang zum breitbandigen          sowohl Kabel- als auch Telefonnetze und terrestri-
Internet an. Modernisierte Kabelnetze sind von der      sche Rundfunknetze wie Mobilfunknetze. Model-
Physik her noch leistungsfähiger als Telefonnetze,      le aus der Zeit, in der es um den Wettbewerb im
die neuen Betreiber setzen auf diese Expansion,         Telefonieren und niedrigere Preise als in der Mo-
mehr als auf die Werbung mit zusätzlichen digita-       nopolzeit ging, sind so wenig geeignet wie eine
len Kanälen. Der Vorteil des Breitbandinternet zum      isolierte Betrachtung des Rundfunkbereichs.
kostengünstigen Preis: Es ist leichter zu bewerben      Die Herausforderung ist also Breitbandentwick-           Breitband- und Rundfunk­
als das digitale Fernsehen, bei dem zusätzliche Pro-    lung und Rundfunkentwicklung nicht als getrenn-       infrastruktur müssen gemein-
                                                                                                              sam entwickelt werden
gramme mit zunächst geringen Reichweiten re-            te Bereiche anzusehen, sondern zusammenhängend
finanziert werden müssen, was ihrer Attraktivität       Bedingungen zu entwickeln, die die Chancen des
Grenzen setzt.                                          Breitbandes für Rundfunk wie andere Inhalte und
Die Betreiber der bisherigen Telefonnetze setzen        Dienste optimal nutzen.
auf das Angebot von Fernsehen und Video-on-             Hybride Endgeräte
Demand. DSL-TV hat zwar noch einen niedrigen            Die traditionelle Trennung zwischen Internet auf
Marktanteil, aber eine Schlüsselfunktion bei der        dem Computer und dem Fernsehen auf dem Ge-
                                                        rät im Wohnzimmer weicht vielfältigen Formen
                                                        der Nutzung: Nicht nur wird der tragbare Com-
16      A uf dem W eg in die digitale W elt

                               puter zum Fernsehgerät, mit gleichzeitiger Nut-        Die Rundfunkwelt hat es hervorragend geschafft,
                               zung des Internet. Internetinhalte können auch auf     Standards für die digitale Übertragung zu entwi-
                               dem Fernsehschirm dargestellt werden, nicht wie        ckeln, ist aber schwächer darin, andere Anwendun-
                               in den Anfangszeiten als wenig attraktive Wieder-      gen und Nutzungen so zu standardisieren, dass sie
                               gabe des für den Computer bestimmten Internet,         auf jedem Fernsehgerät genutzt werden können.
                               wohl aber für den zeitunabhängigen Zugang zu           Dort liegt wiederum eine Stärke des offenen In-
                               Filmen und Fernsehsendungen, die Nutzung von           ternet mit seinem Wettbewerb um die besten Lö-
                               Mediatheken,Videoplattformen und besonders für         sungen.
                               den Fernsehschirm geeigneten Internetinhalten.         Die Medienpolitik steht vor der Herausforderung,
                               Die Möglichkeiten der digitalen Speicherung und        ob und wie sie künftig die Verknüpfung von Fern-
                               damit der zeitsouveränen Nutzung setzen sich im-       sehen und Internet so unterstützt, dass nicht eine
                               mer weiter durch.                                      Vielzahl proprietärer Lösungen die Entwicklung
  Nutzung von Internetinhal-   Hybride Endgeräte erlauben eine begrenzte Nut-         behindern, um so Raum und Chancen für die
ten auf dem Fernseher durch
hybride Endgeräte
                               zung des Internet auf dem Fernsehbildschirm, mit       Kreativindustrie zu eröffnen.
                               Vorteilen für die Fernsehveranstalter, die ergänzen-   Plattformen und Übertragungswege – Aufbrechen
                               de Dienste anbieten können, aber auch mit Risi-        alter Strukturen
                               ken, weil auch andere Anbieter den Zugang zum          Fernsehinhalte werden auf immer mehr Plattfor-
                               Fernsehschirm finden können. Damit stellen sich        men verbreitet, sie verlieren aber damit nicht ihre
                               neue Fragen des Zugangs, sowohl für die Anbieter       Bedeutung für die Mediennutzung. Auch für die
                               von Inhalten als auch für die Verbraucher. Die Ent-    Videoportale nehmen sie eine Schlüsselstellung
                               wicklung beginnt, wie häufig, mit „geschlossenen       ein, weil nun einmal professioneller Inhalt nur in
                               Gärten“, abzuwarten bleibt, wie lange sie sich ge-     begrenztem Umfang herzustellen und zu finanzie-
                               genüber der Dynamik des offenen Internets wer-         ren ist, und an Attraktivität den selbst gemachten
                               den behaupten können.                                  Beiträgen jedenfalls dann überlegen ist, wenn es
                               Über die weitere Marktentwicklung entscheiden          um längere Sendungen geht.
                               die Nutzer. Nicht alle Möglichkeiten technischer       Eine spannende Frage bleibt, welche Chance das
                               Konvergenz werden Erfolg haben. Auf absehbare          klassische Modell des Abonnementsfernsehens hat,
                               Zeit bietet das digitale Fernsehen über integrierte    das Filme mit Sport bündelt. Welche Chance ha-
                               Geräte oder Set-Top-Boxen Stabilität, Schnellig-       ben Spartenkanäle, die nach einem Sendeschema
                               keit und Bequemlichkeit, von denen PCs noch            Inhalte häufig wiederholen, wenn solche Inhalte
                               weit entfernt sind.                                    vom Nutzer bequem im Internet abgerufen wer-
                               Inhalte und Anwendungen – Chancen für die              den können?
                               Kreativindustrie                                       Mit der zunehmenden Bandbreite der Netze
                               Die Digitalisierung der Rundfunkübertragungs-          könnte sich für Videoinhalte und damit auch für
                               wege allein reicht nicht aus, um die Chancen zu        Filme wiederholen, was für die Musik schon Re-
                               nutzen, die sich für den Rundfunk aus der Verbin-      alität ist: viele Plattformen, über die sie übertragen
                               dung mit dem Internet ergeben. Im Internet ha-         werden können, eine eher vom Nutzer bestimmte
                               ben sich viele neue Angebote entwickelt, die sich      Zusammenstellung anstelle der vorfabrizierten Al-
                               für eine Kombination mit dem Rundfunk anbie-           ben und Programme.
                               ten und bisher eher auf Computern realisiert sind.
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Navigation – der selbstbestimmte Zuschauer            Die Finanzierung von Inhalten ist die zentrale
Die elektronische Programmführung hat das Po-         Herausforderung
tenzial, die Nutzung des nichtlinearen Fernsehens     Die Digitalisierung stellt herkömmliche Finan-           EPG‘s können Nutzung von
                                                                                                            nicht-linearem Fernsehen
voranzutreiben. Sie erleichtert nicht nur die aktu-   zierungsmodelle infrage, verlangt aber gleichzeitig   vorantreiben
elle Übersicht über das, was gesendet wird, sondern   Investitionen in neue Möglichkeiten, die die Ein-
ermöglicht auch eine auf Benutzer zugeschnittene      sparungen durch Aufgabe der analogen Wege bei
und von ihm mit gestaltete Auswahl. Programm-         weitem übertreffen. Die durch die Weltwirtschafts-
führung wird umso wichtiger, je weiter die Mög-       krise ausgelöste Rezession verstärkt den Rückgang
lichkeiten digitaler Speicherung genutzt werden.      traditioneller Ertragsmöglichkeiten der privaten
Der Zuschauer wird nicht zum Programmdirektor         Medienanbieter.
werden, aber es ist auch nicht sein Interesse, von    Nur die öffentlich-rechtlichen Anstalten können
den Vorstellungen zum audience flow eines Senders     nach dem bisher praktizierten Finanzierungsmo-
geleitet zu werden, wenn es dazu eine ebenso ein-     dell mit einem periodischen Anstieg ihrer Einnah-
fach handhabbare Alternative gibt.                    men rechnen. Das führt zu einer Verschiebung der
Regionales Fernsehen und Bürgermedien – Neue          Gewichte innerhalb des dualen Rundfunksystems
Wege zum Zuschauer                                    einerseits, zwischen der privaten Presse und dem
Die Medienanstalten müssen insbesondere die           öffentlich-rechtlichen Rundfunk andererseits.
Entwicklung des lokalen Fernsehens interessieren,     Über Jahrzehnte hinweg hatte die Presse aufgrund
das derzeit auf eine Übertragung über die Rund-       ihrer starken Marktstellung keine Probleme, Qua-
funkübertragungswege angewiesen ist, diese aber       litätsinhalte zu finanzieren; die privaten Fernseh-
vielfach nur in Schleifen nutzt, indem derselbe       veranstalter haben in der Aufschwungphase viele
Inhalt häufig wiederholt wird, und gerade in den      neue, auch anspruchsvolle Formate entwickelt. Auf
neuen Ländern fast ausschließlich die über Kabel      dieser Basis konnten auch Internetauftritte entwi-
angeschlossenen Haushalte erreichen. Wird es in       ckelt und meistens subventioniert werden.
absehbarer Zeit attraktiver sein, sie auf dem Fern-
sehschirm jederzeit nutzen zu können, mit der         Deutschland hat ein weltweit immer noch einma-
Übertragung über das Internet?                        lig vielfältiges Angebot, für das, außer der Rund-
                                                      funkgebühr, nicht bezahlt werden muss. Daraus
Die Schlüsselfrage, wie sie in einer immer vielfäl-   folgte aber auch das anhaltende Problem, Inhalte
tigeren Welt des Rundfunks aufgefunden werden         zumindest auch aus Entgelten zu finanzieren, also
können, teilen sie mit den Offenen Kanälen und        die typische Finanzierungsform zu entwickeln, die
dem Bürgerrundfunk, der leichter gefunden wird,       Grundlage der Presse ist.
wenn er Teil einer begrenzten Zahl von Kanälen
ist, durch die der Nutzer zappt.                      Die Hoffnungen sowohl der Programmveranstalter          Digitalisierung hat bis jetzt
                                                                                                            kaum neue Erlösmöglich-
                                                      als auch der Netzbetreiber, mit der Digitalisierung   keiten geschaffen
Das Internet ist ein weltweiter offener Kanal, der    neue Einnahmequellen zu erschließen, sind bisher
neue Formen des Suchens und Findens entwickelt        weitgehend enttäuscht worden. Die Verbraucher
hat, neben den Suchmaschinen insbesondere die         waren nicht in dem erhofften Umfang bereit, die         Lokale Angebote und
sozialen Netzwerke, die auch den Medienkonsum         sich daraus ergebenden höheren Kosten zu tragen.      Offene Kanäle müssen
                                                                                                            auch in der digitalen Welt
mit Empfehlungen und dem Austausch von Erfah-         Eine parallele Entwicklung zeigt sich im Internet.    gefunden werden können
rungen beeinflussen können.                           Inhalte, für die in den gedruckten Medien gezahlt
                                                      werden muss, sind im Internet frei verfügbar.
18      A uf dem W eg in die digitale W elt

                              Mit der Breitbandigkeit und damit der Attraktivi-     Problematisch wäre es, aus den Grenzen der Wer-
                              tät der Nutzung von Video und Audio wird das          befinanzierung den Schluss zu ziehen, dass Quali-
                              Internet insbesondere für die jüngeren Nutzer zu-     tät ausschließlich im öffentlich-rechtlichen Rund-
                              nehmend zur Alternative zum Fernsehkonsum.            funk und mit einer kollektiven Finanzierung der
                              Die wirtschaftliche Problematik der privaten In-      Rundfunkgebühr geboten werden könnte. Also
                              halteanbieter verschärft sich durch die Kopier- und   die Entwicklung der Rundfunkgebühr zur Me-
                              Verbreitungsmöglichkeiten der digitalen Welt. Die     diengebühr mit einer weiteren Finanzierung auch
                              Sicherung von Urheber- und Verwertungsrechten         von Internetinhalten.
                              steht vor neuen Herausforderungen. Übertriebene       Das würde bedeuten, dass die Politik in diesem Be-
                              Sicherungsmechanismen fördern die Umgehung.           reich den Umfang der öffentlichen Finanzierung
                              Es ist eine offene Frage, was die Film- und Fern-     bestimmen und damit entsprechenden Einfluss
                              sehindustrie aus Erfahrungen der Musikwirtschaft      haben würde, statt dass der Verbraucher über sein
                              lernen kann. Die Werbeeinnahmen im Internet           Auswahlverhalten die Medienentwicklung steuern
                              steigen zwar, kommen aber mehr Suchmaschinen          könnte.
                              zugute als den Inhalteanbietern.                      Das bisherige System der Presse hat den Anreiz,
                              Daraus entsteht für die Medienpolitik die Her-        attraktive und qualitätsvolle Inhalte zu bieten, die
                              ausforderung, ob und mit welchen Mitteln sie in       neben Werbung auch aus Entgelten finanziert wer-
                              der digitalen Welt die Möglichkeiten unterstützen     den. Nun ist die Herausforderung, in der digitalen
                              kann, dass Inhalte auch künftig finanziert werden     Welt das zu ermöglichen, was am Kiosk selbstver-
                              können, die Grundlage der öffentlichen Mei-           ständlich und durch das Pressegrosso realisiert ist,
                              nungsbildung und der kulturellen Vielfalt sind.       die einfache Möglichkeit des Bezahlens.
                              Einen massiven Einfluss nimmt der Gesetzgeber
                              mit der Bestimmung der Aufgaben des öffentlich-       Adressierbarkeit und neue Ansätze
  Adressierbarkeit fehlt
                              rechtlichen Rundfunks. Je mehr Inhalte von ihm        Soweit es um Rundfunkübertragungswege geht
selbst bei den meisten        frei angeboten werden, desto schwieriger wird es,     und den Empfang auf dem Fernsehgerät, hat die
digitalen Empfängern
                              vergleichbare Inhalte privat gegen Entgelt zu fi-     Adressierbarkeit eine Schlüsselfunktion. Deutsch-
                              nanzieren.                                            land ist daher nur auf dem halben Weg zu Digi-
  zusätzliche Angebote        Das gilt im Fernsehen, wenn zum Beispiel versucht     talisierung, solange die meisten Boxen im Satel-
des öffentlich-rechtlichen
                              wird, das Angebot privater Veranstalter in HDTV       litenbereich und alle bei DVB-T diese Funktion
Rundfunks erschweren
entgelt-finanzierte Inhalte   über zusätzliche Entgelte zu finanzieren: Es kön-     nicht haben.
der Privaten
                              nen keine zusätzlichen Werbeeinnahmen erzielt         Die Entwicklung im Internet begründet allerdings
                              werden, die die zusätzlichen Kosten ausgleichen.      Zweifel, ob die Möglichkeit der individuellen Be-
                              Wird der Verbraucher dazu bereit sein, wenn er        zahlung für Inhalte allein ausreicht, der Kreativin-
                              attraktive öffentlich-rechtliche Angebote zum Bei-    dustrie Entwicklungschancen zu eröffnen.
                              spiel von vielfältigen Sportübertragungen unver-      Die strikte Durchsetzung von Urheberrechten
                              schlüsselt und ohne besonderes Entgelt bekommt?       führt zu wachsendem Widerstand, verstärkt durch
                              Noch schwerer betroffen sind private Internetan-      Defizite bei der Umsetzung kundenfreundlicher
                              gebote, die in ihrer zentralen Finanzierungsquel-     Modelle. Daher macht es Sinn, auch über Abga-
                              le, den Werbeeinnahmen, beeinträchtigt werden,        benmodelle zu diskutieren, sowohl auf Geräte als
                              wenn ihnen der öffentlich-rechtliche Rundfunk         auch für Inhalte (Kultur-Flatrate).
                              Nutzer abzieht.
19

Man sollte die Chancen ausloten, ob es Lösungen       Zum Umstieg auf den einzelnen
gibt, die anders als bei der Rundfunkgebühr nicht     Übertragungswegen:
eine Entscheidung staatlich eingesetzter Instituti-   Terrestrische Fernsehübertragung
onen über die geförderten Inhalte, sondern eine       Nach dem Abschluss des Umstieges stehen ande-
Abrechnung nach der tatsächlichen Nutzung und         re Fragen der Frequenznutzung im Vordergrund
damit auch der Nachfrage der Verbraucher ermög-       (dazu oben). Private Veranstalter sind nun auch in
lichen.                                               Stuttgart und Halle/Leipzig dabei, allerdings mit
Immerhin gibt es einen grundsätzlich vergleich-       dem neuen Modell der Grundverschlüsselung und
baren Ansatz schon für die Nutzung der Musik im       einer effizienteren Kodierungstechnologie.
Radio, jeder Sender kann sie spielen, abgerechnet     Wie beim Analog-Digital-Übergang im Kabel,
wird nach der Häufigkeit und der Reichweite der       der wegen des bisherigen analogen Erfolgs schwer
Nutzung.                                              fällt, ist der bisherige Erfolg von DVB-T das Hin-
Die Diskussion steht noch ganz am Anfang, eine        dernis für die nächste Stufe effizienterer Kodie-
perfekte, medienübergreifende Lösung dürfte prak-     rungstechnologien, die noch mehr Programme
tisch kaum zu realisieren sein. Dennoch sollten die   möglich machen. Sie erfordern neue Geräte, von
Zusammenhänge zwischen den Medien und ihren           dessen Mehrnutzen der Verbraucher erst einmal
traditionell getrennten Finanzierungsansätzen be-     überzeugt werden muss. Dies ist von der heutigen
achtet werden.                                        Basis der DVB-T-Verbreitung viel schwieriger als          effizientere Kodierung
                                                                                                             und Adressierbarkeit bei
Eine besondere Herausforderung ist es, die Fra-       vor dem Übergang mit dem damaligen begrenzten          DVB-T machen neue Boxen
gen des Datenschutzes zu lösen. Die Möglichkeit,      analogen Programmangebot. Pay-TV über DVB-T            erforderlich

Medieninhalte anonym und ohne Datenspuren zu          könnte eine effizientere Kodierung voranbringen,
nutzen, muss erhalten bleiben.                        hängt aber wie die gesamte Programmentwick-
                                                      lung über DVB-T auch von den Fortschritten
                                                      über Kabel und Satellit ab. Somit dürfte DVB-T in
Der Analog-Digital-Umstieg im Zusammen-               absehbarer Zeit eher von einer anderen Konver-
hang digitaler Entwicklungen                          genznutzung profitieren, dem einfachen Empfang
Digitalisierung als solche ist für Verbraucher erst   der attraktivsten Fernsehprogramme, verbunden
einmal so wenig ein Ziel wie für die Politik, es      mit der Internetnutzung, beim Laptop auf dem-
kommt auf neue Nutzungen und ihren Mehrwert           selben Gerät.
an, der dann auch höhere Aufwendungen recht-
fertigt. Deshalb verläuft der Umstieg bei den ein-    Analog-Digital-Übergang beim Satelliten – und der
zelnen Übertragungswegen unterschiedlich, und         Zusammenhang mit dem Kabel
es sind verschiedene Herausforderungen zu beste-      Ein Fortschritt ist nicht nur beim Anstieg der di-
hen.                                                  gitalen Satellitenhaushalte zu verzeichnen, sondern
                                                      auch in einer Schlüsselfrage, die bisher den Um-
Wie schnell und wie der Umstieg realisiert wird,      stieg behindert hat. Die Planungen, digitales priva-
wird das Gewicht des Rundfunks in der künftigen       tes Fernsehen in Standardqualität zu verschlüsseln
digitalen Welt bestimmen. Daher kann es nicht al-     und nur gegen zusätzliches Entgelt anzubieten, sind
lein um Digitalisierung gehen, sondern auch um        aufgegeben worden. Der Umstieg kann in abseh-
ihre Verbindung mit Adressierung, dem Einsatz ef-     barer Zeit nur realisiert werden, wenn diejenigen,
fizienterer Kodierungstechnologien und hybrider       die sich digitale Boxen ohne Adressierung gekauft
Endgeräte, die Rundfunk mit Internet verbinden.       haben, diese auch weiter nutzen können.
20      A uf dem W eg in die digitale W elt

                               Ein weiterer Fortschritt ist, dass die Notwendigkeit   Unterstellt man, dass es zu einer Einigung über die
  öffentlich-rechtlicher       der Adressierung auch vom öffentlich-rechtlichen       Abschaltung der analogen Satellitenkanäle kommt,
Rundfunk erkennt Notwen-
digkeit der Adressierbarkeit
                               Rundfunk anerkannt wird, auch wenn er selbst           entsteht ein Kommunikationsproblem, wenn ei-
an                             keine Programme verschlüsseln wird.                    nerseits die Vorteile der digitalen Übertragung
                               Für die privaten Veranstalter, aber auch für SES       dargestellt werden, wichtige Kabelgesellschaften
                               Astra, liegt es nahe, die für das Standardfernsehen    aber weiter in die analoge Übertragung investieren.
                               aufgegebenen Pläne dort zu realisieren, wo es ei-      Schlimmer noch: Der Anreiz zur Schaffung von
                               nen realen Mehrnutzen gibt, nämlich der HDTV-          digitalem Mehrwert, der von der Gesamtreichwei-
                               Übertragung, deren Mehrkosten refinanziert wer-        te digitaler Haushalte ausgeht, bleibt gering, das
                               den müssen. Man hat auch aus Fehlern gelernt, die      Henne-Ei-Problem setzt sich fort.
                               bei den Vorgaben für die Gerätehersteller und der      Das Kabel ist die Leitinfrastruktur für den digitalen
                               Kommunikation gegenüber den Konsumenten                Mehrwert, so wie es die analoge Programmvielfalt
                               gemacht worden sind. Ob das neue Vermarktungs-         ermöglicht hat. Das Kabel war die Basis für den
                               modell ein Erfolg werden wird, ist abzuwarten.         Mehrnutzen, den DVB-T mit seinen erweiterten
                               Die Abschaltung der analogen Satellitenübertra-        Übertragungsmöglichkeiten bieten kann. Die zu-
                               gung würde zu erheblichen Einsparungen bei den         sätzlichen privaten Programme, die DVB-T attrak-
                               Veranstaltern führen. Nur ist auch hier der Schlüs-    tiv gemacht haben, hatten ihre Basisfinanzierung
                               sel, dass der Verbraucher überzeugt werden muss.       durch das Kabel.

                               Ginge es nur um die direkt empfangenden Haus-          Auch der Erfolg des Satelliten in Deutschland baut
                               halte, wäre das kein Problem. Die Kosten für Set-      auf dem Kabel auf, das mit seinen Strukturen, in
                               Top-Boxen sind so niedrig, dass der digitale Mehr-     denen Programmveranstalter für den Transport
                               nutzen ausreicht, zumal der zentrale Vorteil für       bezahlen und damit hohe Reichweiten anstre-
                               viele Nutzer erhalten bleibt, die Einsparung der       ben müssen, das freie Fernsehen geprägt hat. Wie
                               Kabelentgelte.                                         schwer es ist, das in anderen Ländern übliche Pay-
                                                                                      Modell beim Satelliten einzuführen, hat das Schei-
                               Aber auch unzählige Kabelkopfstellen hängen am         tern des Projekts Entavio gezeigt.
                               Satelliten, ihre Betreiber haben bei Abschaltung
                               der analogen Satellitenheranführung zwei Alterna-      Nun aber erlebt das Kabel die Grenzen der bis-
                               tiven: entweder sie schalten ebenfalls die analogen    herigen Finanzierung aus Rundfunkgebühren und
                               Kanäle ab oder sie empfangen die Programme di-         Werbung. Neue Programme müssten zusätzliche
                               gital, reanalogisieren aber alle oder einen Teil der   Attraktivität bieten, sie versuchen das auch, müs-
  Abschaltung analoger         Programme und stellen sie ihren Kunden wie bis-        sen sich aber mit einem Bruchteil der Haushalte
Satellitenkanäle und
                               her zur Verfügung.                                     refinanzieren.
Reichweite im Kabel
                               Für die Veranstalter, aber auch die Medienanstal-      Das digitale Kabel hat einen Mehrnutzen: neben
                               ten, stellt sich die Frage nach der Auswirkung auf     zusätzlichen Angeboten die elektronische Pro-
                               die Reichweiten, wenn etwa nur ein Teil der Pro-       grammführung, die digitale Speicherung (die aller-
                               gramme reanalogisiert werden sollte; für die Ka-       dings auch die analoge Kabelübertragung bietet),
                               belgesellschaften und die Veranstalter die nach den    bald kommt HDTV hinzu, die Mehrkosten für die
                               Kosten, die entweder durch die Umstellung der          Verbraucher sind gering.
                               Kopfstellen oder durch die Bereitstellung von Set-     Der Durchbruch beim Verbraucher ist damit aller-
                               Top-Boxen entstehen.                                   dings noch nicht gelungen, die Überzeugungskraft
                                                                                      des digitalen Kabels ist nicht so groß wie die des
21

schnellen Internet, auf das sich die Kommunika-       umstellen. Warum soll es unter den Kabelnetz-
tionsanstrengungen vieler großer Kabelnetzbetrei-     betreibern nicht den Wettbewerb um die besten
ber inzwischen konzentrieren.                         Möglichkeiten geben, die Verbraucher zufrieden-
Die Interessen der Netzbetreiber wie der Veran-       zustellen, der eine stellt vollständig um, der andere
stalter richten sich darauf, durch Digitalisierung    reanalogisiert – immerhin haben wir im Unter-
zusätzlich zu verdienen. Gerade darin aber liegt      schied zu früher nicht mehr die Einheitslösung.
das Problem für den Verbraucher, den das nicht        Und das Kabel steht im Wettbewerb der Übertra-
überzeugt, solange er nicht deutlich mehr geboten     gungswege.
bekommt.                                              Die andere Option ist die staatliche Förderung der
Abschalten kann man einen Übertragungsweg nur,        digitalen Entwicklung. In der Vergangenheit gab
wenn man die ganz überwiegende Mehrheit der           es Erfolgsmodelle wie die Einführung des Breit-
Verbraucher überzeugt. Bei DVB-T ist das gelun-       bandkabels in Deutschland. Ohne die staatliche
gen. Beim Satelliten geht es um so geringe Mehr-      Subventionierung und die mietrechtliche Privile-
kosten, dass die Abschaltung ebenfalls kein Prob-     gierung gäbe es den Erfolg des dualen Rundfunk-
lem ist. Beim Kabel aber spart man eben nicht die     systems nicht.
laufenden Entgelte, muss solche womöglich auch        Aber es gab auch Misserfolge. Aktuell steht das           staatliche Förderung
                                                                                                              zur Beschleunigung der
für das Zweitgerät entrichten. Der Erfolg des ana-    Breitbandinternet im Vordergrund der staatlichen        Digitalisierung
logen Kabels beruht auch darauf, dass alle Fernseh-   Förderung, bekommt günstiges Frequenzspektrum
geräte kabeltauglich waren und sind. Digital sind     ebenso wie finanzielle Förderung. Die wichtigste
wir davon noch weit entfernt.                         Breitbandanwendung sind Video- und Audioin-
Die Politik wird sich nicht gegen die Verbraucher     halte, die Verknüpfung mit dem Fernsehen ist die
stark machen, und die Wohnungswirtschaft nicht        größte Herausforderung für die Kreativindustrie.
gegen die Mieter. Wenn zwei Drittel noch analog       Deshalb könnte es ein öffentliches Ziel sein, die
sind, kann man keine konkrete Abschaltung durch-      Entwicklung des Kabels, aber auch der anderen
setzen. Wenig aussichtsreich dürfte auch eine regu-   Übertragungswege so zu fördern, dass die Rah-
latorische Anordnung sein. In den USA, die gerade     menbedingungen für unsere Programmveranstal-
das analoge Fernsehen abschalten, weist die FCC       ter wie die Kreativindustrie insgesamt verbessert
darauf hin, dass es keine entsprechende Verpflich-    werden.
tung für das Kabelfernsehen gibt.                     Das Abschalten der analogen Übertragung al-               Schub für Adressierbar-
                                                                                                              keit, Nutzung des Internets
Unverbindliche Diskussionsrunden wie im Forum         lein wäre kein ausreichendes Ziel. Die digita-          und HDTV
Digitale Medien oder politische Appelle mit Be-       le Übertragung erleichtert die Erweiterung des
kenntnissen der Digitalisierung werden uns nicht      Programm­angebotes, sie löst aber noch nicht die
voranbringen, wenn die realen Interessen der Un-      Finanzierung. Daher kommt der Adressierbarkeit,
ternehmen ein anderes Verhalten nahe legen.           der Möglichkeit der Abrechnung und der Indivi-
                                                      dualisierung, eine zentrale Funktion zu. Da sind
Markt oder auch Förderung?                            wir in Deutschland schlechter aufgestellt, wie die
Für das weitere Vorgehen gibt es grundsätzlich        Zahlen der Digitalisierung insgesamt ausweisen.
zwei Wege, mit unterschiedlichen Vor- und Nach-       Der größte Teil der Satellitenboxen und praktisch
teilen:                                               alle DVB-T-Boxen sind nicht adressierbar, die bis-
Die marktgetriebene Entwicklung, das Treiben-         herigen Ansätze zum Common Interface künftig
lassen der Entwicklung. Schließlich schreiben wir     nicht mehr brauchbar.
den bisherigen Telefonnetzbetreibern auch nicht
vor, wann sie vollständig auf Internettechnologie
22      A uf dem W eg in die digitale W elt

                             Jede vernünftige Digitalisierungsstrategie muss sich
                             auch darauf richten, nicht nur analoges durch digi-
                             tales Fernsehen zu ersetzen, sondern die Chancen
                             der Konvergenz zu nutzen, die Verbindung von
                             Internet und Fernsehen. Auch dazu braucht man
                             mehr als nur “dumme“ digitale Boxen.
                             HDTV und MPEG 4 sind weitere Stichworte da-
                             für, dass die digitale Entwicklung mit dem Umstieg
                             nicht aufhört, sondern eine permanente Revoluti-
                             on darstellt. Ein Grundproblem aber bleibt eben-
                             falls für absehbare Zeit: die Verbraucher brauchen
                             Geräte, und die alten müssen ersetzt werden, wenn
                             die nächste Stufe erreicht wird.
                             Daher könnten und müssten Förderungspro-
                             gramme bei den Konsumenten ansetzen, etwa mit
                             Gutscheinen, die eine Teilförderung von Geräten
                             ermöglichen, die bestimmte Mindeststandards auf-
   Geräteförderung als       weisen, von Adressierbarkeit über MPEG 4 bis zur
Impuls für die Medienindu-
strie?
                             Darstellung von Internetinhalten. Das hat Ähn-
                             lichkeit mit der Abwrackprämie, allerdings könn-
                             ten die bisherigen Boxen weiter für Zweitgeräte
                             verwendet werden.
                             Dieser Weg ist nicht ohne Risiko, wie der sehr be-
                             grenzte Erfolg der MHP-Förderungsprogramme
                             in Österreich und Italien zeigt. Aber manchmal
                             hat auch der eine Chance, der spät kommt und aus
                             Erfahrungen und Misserfolgen anderer lernt.
23
25

Die Mediennutzung der „Digital Natives“ als
Blick in die Zukunft des digitalen Zeitalters?
Thomas Rathgeb

Bei der Transformation der Medienlandschaft in                    (Multi-)Media) des Medienpädagogischen For-
die digitale Medienzukunft werden immer wieder                    schungsverbundes Südwest (mpfs)2 beschreibt den
die Jugendlichen als Beispiel bemüht um darzule-                  Medienumgang der Jugendlichen im Alter von 12
gen, dass diese bereits in der digitalen Welt leben,              bis 19 Jahren in deutschsprachigen Telefon-Haus-
während andere noch über das ob und wann dis-                     halten der Bundesrepublik Deutschland. Aus dieser
kutieren. Häufig wird in diesem Zusammenhang                      Grundgesamtheit wurde eine repräsentative Stich-
noch von „Neue Medien“ gesprochen. Für Ju-                        probe von 1.208 deutschsprachigen Jugendlichen
gendliche ein schwer nachzuvollziehender Begriff,                 telefonisch befragt.
denn dies sind doch die „normalen“ Medien, mit
denen sie bereits aufgewachsen sind. Palfrey präg-                Geräteausstattung
te für die gerade heranwachsende Generation den                   Als wichtiger Faktor der Mediennutzung gilt der
Begriff der „Digital Natives“. Also der im digitalen              generelle Zugang zu den Medien, welche Geräte
Zeitalter aufgewachsenen Kinder. Handy, MP3-                      sind im Haushalt oder im Eigenbesitz der Jugend-
Player und Internet sind selbstverständlicher Be-                 lichen vorhanden? Haushalte, in denen Jugendliche
standteil des Alltags von Jugendlichen. Laut Palfrey              leben, verfügen über eine sehr hohe Medienaus-
verbringen „Digital Natives“ den Großteil ihres                   stattung. Vollversorgung besteht bei Mobiltelefo-                 „Digital Natives“ verfügen
Lebens online.1                                                   nen, Computern bzw. Laptops und Fernsehgeräten.                 über Vollversorgung mit
                                                                                                                                  Handy, Computer und TV
Inwieweit dies auch auf die Situation in Deutsch-                 96 Prozent aller Haushalte haben einen Internet-
land zutrifft, kann anhand der Ergebnisse der JIM-                zugang. In drei Viertel der Haushalte gibt es (noch)
Studie überprüft werden. Welche Rolle die Medi-                   einen Videorekorder, inzwischen hat sich die Fol-
en im Alltag spielen und inwieweit digitale Medien                getechnik DVD-Player (86 Prozent) durchgesetzt.
analoge bereits abgelöst haben, wird im Folgenden                 Im Durchschnitt besitzt ein Haushalt mit Jugend-
mit Schwerpunkt auf die Fernsehnutzung darge-
stellt. Die JIM-Studie 2008 (Jugend, Information,

                                                                  2 Der mpfs wird getragen von der Landesanstalt für
                                                                  Kommunikation Baden-Württemberg (LFK) und der Landeszentrale
1 Palfrey/Gasser: Generation Internet. Die Digital Natives: Wie   für Medien und Kommunikation Rheinland-Pfalz (LMK), die JIM-
sie leben – Was sie denken – Wie sie arbeiten, Hanser, 2008,      Studie erfolgt in Kooperation mit der SWR Medienforschung und
Seite 4                                                           der Zeitungs Marketing Gesellschaft mbH & Co. KG. (ZMG)
26      A uf dem W eg in die digitale W elt

                                  lichen 3,8 Mobiltelefone, 2,5 Fernseher, 2,3 Com-                 Von besonderem Interesse sind die Medien, die
                                  puter, 2,1 MP3-Player, jeweils 1,6 Digitalkameras                 sich im eigenen Besitz der Jugendlichen befinden,
                                  und Internetanschlüsse sowie 1,1 Spielkonsolen.                   über die sie mehr oder weniger frei verfügen kön-
  Handys an erster Stelle bei
Jugendlichen                      Der Anteil der Haushalte mit Pay-TV hat sich                      nen. Hier steht mit einer Besitzrate von 95 Prozent
                                  gegenüber der JIM-Studie 2007 etwas erhöht: 17                    das Handy an erster Stelle. Es folgen unterschied-
                                  Prozent haben ein Abonnement für Bezahlfernse-                    liche Geräte zum Musikhören – MP3-Player
                                  hen (2007: 14 Prozent). Je höher der Bildungsgrad                 (86 Prozent), Radio (77 Prozent) und CD-Player
                                  der Jugendlichen, desto geringer ist die Wahr-                    (76 Prozent). Erstmals in ihrer zehnjährigen Ge-
                                  scheinlichkeit, zuhause Pay-TV abonniert zu ha-                   schichte dokumentiert die Studienreihe JIM, dass
                                  ben. 3                                                            mit 71 Prozent mehr Jugendliche einen ­Computer

                                   3 Hauptschule: 25 Prozent, Realschule: 18 Prozent, Gymnasium:
                                   14 Prozent

         Abbildung 1    Gerätebesitz Jugendlicher 1998 – 2008

          100%
                                                                                                                                                   Handy

                                                                                                                                                   MP3-Player

          80%

                                                                                                                                                   Computer

          60%                                                                                                                                      Fernseher

                                                                                                                                                   Internet

                                                                                                                                                   Spielkonsole
          40%

          20%

                   1998        1999         2000         2001        2002         2003         2004        2005        2006        2007        2008
                 (n=803)     (n=1.204)    (n=1.200)    (n=2.018)   (n=1.092)    (n=1.209)    (n=1.000)   (n=1.203)   (n=1.205)   (n=1.204)   (n=1.208)

        Quelle: JIM 1998 – 2008
27

als ein Fernsehgerät (61 Prozent) im eigenen Zim-      Mit wenigen Ausnahmen zeigen Jungen und Mäd-            erstmals mehr Computer
                                                                                                            als Fernseher bei den
mer haben.Vom eigenen Zimmer aus kann inzwi-           chen deutliche Unterschiede in der Mediennut-        Jugendlichen
schen jeder zweite Jugendliche (51 Prozent) ins        zung. Computer, Internet und MP3-Player werden
Internet gehen. Die Entwicklung der vergange-          von Jungen häufiger genutzt und insbesondere der
nen Jahre zeigt den kontinuierlichen Anstieg von       Bereich der Computerspiele ist noch immer ein-
Computer und Internetzugang. Vergleichsweise           deutig eine „Männerdomäne“: fast viermal so viele
sehr schnell haben sich Handy und MP3-Player zu        Jungen wie Mädchen spielen regelmäßig Compu-
einem allgegenwärtigen Alltagsgegenstand für Ju-       ter- oder Konsolenspiele. Auch die Nutzung der
gendliche entwickelt.                                  Onlineausgaben von Zeitungen und Zeitschrif-
                                                       ten hat für Jungen mehr Relevanz. Aber auch die
Mediennutzung                                          klassische Zeitung sowie Trägermedien wie DVD
Neben dem Zugang und damit der potenziellen            und Video werden von Jungen häufiger genutzt.
Nutzungsmöglichkeit verschiedener Medien zeigt         Mädchen liegen dagegen beim Handy vorn, hö-
die reale Zuwendung die spezifische Rolle der          ren mehr Radio und CDs, und deutlich mehr
Medien im Alltag. Betrachtet man die regelmäßi-        Mädchen als Jungen greifen regelmäßig zu einem
ge Nutzung (mindestens mehrmals pro Woche),            Buch. Auch fotografieren Mädchen häufiger mit
werden Computer und Fernseher von jeweils 89           einer Digitalkamera. Keine oder nur wenige Un-
Prozent gleich häufig genutzt, jeweils 84 Prozent      terschiede zeigen sich bei der Nutzung von Fern-
beschäftigen sich in dieser Häufigkeit mit dem         seher und Zeitschriften.
Handy oder gehen ins Internet. Betrachtet man          Mit steigendem Alter der Jugendlichen nimmt die
nur die tägliche Nutzung, dann weist der Umgang        Nutzung von Computer, Internet, Handy, MP3-
mit dem Handy die höchste Alltagsrelevanz auf.         Player und Radio zu. Auch die Nutzung von Ta-
Das Fernsehen liegt hier gleichauf mit dem Inter-      geszeitungen – online wie offline – hat für ältere
net. Die häufige Beschäftigung mit dem Internet        Jugendliche eine größere Relevanz. An Bedeutung
hat bislang die Zuwendung zum Fernsehen nur in         verlieren hingegen Computer- und Konsolenspie-
geringem Maße tangiert. Bei der Musiknutzung           le, Bücher, Hörspielkassetten/-CDs und Comics.         Internetnutzung geht nicht
haben MP3-Dateien inzwischen eine häufigere            Auch die Fernsehnutzung zeigt mit zunehmen-          auf Kosten des Fernsehens
Nutzung als CDs. Die Befürchtung, dass gedruckte       dem Alter eine abnehmende Tendenz.
Medien, wie die Zeitung und das Buch, angesichts
der zentralen Bedeutung des Internets für Jugend-      Konvergenz
liche keine Zukunft haben, scheint – zumindest         Aus technischer Sicht ist die Nutzung von Me-
mittelfristig – unbegründet. Auch im Zeitalter         dieninhalten nicht mehr zwingend an ein spezi-
elektronischer Medien haben klassische Angebo-         fisches Gerät gebunden. Jugendliche nutzen bei-
te bei Jugendlichen Bestand: 43 Prozent lesen re-      spielsweise das Radio auf seinen verschiedenen
gelmäßig eine Tageszeitung (täglich: 29 Prozent),      Ausspielwegen. Etwa jeder zehnte jugendliche
zwei Fünftel schmökern in Büchern (täglich: 23         Hörfunknutzer hat innerhalb von 14 Tagen Radio
Prozent), 29 Prozent blättern in Zeitschriften (täg-   via Internet, Handy, MP3-Player genutzt. Obwohl
lich: 11 Prozent). Doch klassische Printinhalte und    sich die Zugangswege nicht nur für das Radio,
digitale Darbietung schließen sich nicht aus: Zwölf    sondern auch für Fernsehen und Internet immer
Prozent suchen regelmäßig das Internetangebot          weiter ausdifferenzieren, dominieren bei Fernsehen
einer Tageszeitung auf, jeder Zehnte nutzt inzwi-      und Internet noch sehr viel stärker als beim Radio
schen Zeitschriften online.                            die klassischen Wege: Ferngesehen wird vor allem
                                                       mit dem Fernsehgerät und der Zugang ins Internet
28      A uf dem W eg in die digitale W elt

                               erfolgt in erster Linie mit dem Computer. Andere                     Mit 97 Prozent zählen fast alle 12- bis 19-Jährigen
                               Optionen spielen bislang so gut wie keine Rol-                       zum Kreis derer, die zumindest selten das Internet
                               le, lediglich Fernsehen via Internet sowie Internet                  nutzen. Der Anteil ist bei Jungen und Mädchen
                               über Handy und Spielkonsole werden – allerdings                      nahezu gleich hoch und auch zwischen den Al-
                               nur ansatzweise – genutzt. Die Varianten der tech-                   tersgruppen gibt es kaum noch Unterschiede. Die
  Begriff „Fernsehen“          nischen Möglichkeiten zeigen allerdings, dass der                    Nutzung des Internets ist sehr stark habitualisiert
verliert seine Eindeutigkeit
                               Begriff „fernsehen“ seine Eindeutigkeit verloren                     und fest im Alltag der Jugendlichen verankert. 62
                               hat. Ist die Nutzung von Fernsehinhalten, die Drit-                  Prozent aller 12- bis 19-Jährigen gehen täglich on-
                               te bei YouTube eingestellt haben, noch Fernsehen?                    line, weitere 22 Prozent mehrmals pro Woche.
                               Ist überhaupt Fernsehen am Computer Fernsehen                        Betrachtet man die vergangenen vier Jahre so wird
                               oder gehört zum „richtigen“ fernsehen eigentlich                     der immense Bedeutungszuwachs des Internets
                               ein Sofa und eine Fernbedienung? Die Problema-                       deutlich. War laut JIM-Studie 2004 gerade mal je-
                               tik der Zuordnung wird Jugendlichen ziemlich                         der Zweite zwischen 12 und 19 Jahren regelmäßig
                               fremd sein, es kommt auf die Inhalte an. Wie und                     im Internet sind es 2008 bereits mehr als vier Fünf-
                               woher diese kommen, dürfte aus deren Perspektive                     tel. Im vergleichbaren Zeitraum ist die generelle
                               kaum relevant sein, es sei denn, es ist eine Frage                   Zuwendung zum Fernsehen aber nur in geringem
                               der Kosten. Hier gilt es also die jeweilige Tätigkeit                Maß gesunken. Auch die Printmedien haben trotz
                               genau zu beschreiben und zu benennen.                                der intensiveren Internetnutzung kaum Einbußen
                                                                                                    hinnehmen müssen.
                               Fernsehen versus Internet?
                               Obwohl in der vorliegenden JIM-Studie zum ers-                       Das Zeitbudget – Fernsehen
                               ten Mal seit Beginn der Erhebungen im Jahr 1998                      Nach eigener Schätzung sehen die 12- bis 19-Jäh-
                               mehr Computer als Fernsehgeräte im persönlichen                      rigen an einem durchschnittlichen Tag (Montag-
                               Besitz von Jugendlichen sind, nimmt das Medium                       Freitag) 122 Minuten fern, die Internetnutzung
                               Fernsehen noch immer eine Schlüsselposition ein.                     rangiert mit 117 Minuten knapp darunter. Aller-
                               61 Prozent der 12- bis 19-Jährigen besitzen einen                    dings liegt dies nur an den Jüngsten, den 12- bis
                               eigenen Fernseher, 63 Prozent sehen täglich fern                     13-Jährigen, deren Fernsehnutzung mit durch-
                               (zum Vergleich: Internetnutzung 63 Prozent), wei-                    schnittlich 117 Minuten deutlich höher ausfällt
                               tere 29 Prozent mehrmals pro Woche (Internet: 21                     als der Umgang mit dem Internet (76 Minuten).
    Nutzungszeiten für         Prozent). Auch in der Mediensozialisation spielt                     Aber bereits bei den 14- bis 15-Jährigen liegen das
I­nternet und TV unter­
 scheiden sich kaum
                               das Fernsehen eine große Rolle. Die KIM-Stu-                         Fernsehen und das Internet gleich auf (je 126 Mi-
                               die 2008 zeigt, dass für die 6- bis 13-Jährigen das                  nuten), die 16- bis 17-Jährigen nutzen das Internet
                               Fernsehen auch im Internetzeitalter noch das Me-                     sechs Minuten länger als das Fernsehen (129 Mi-
                               dium Nr. 1 ist. Erst im beginnenden Jugendalter                      nuten), bei den 18- bis 19-Jährigen hat das Inter-
                               wird die Kommunikation außerhalb der Familie                         net einen Vorsprung von neun Minuten.5 Bei der
                               wichtiger und das Internet bekommt eine größere
                               Relevanz.4

                                                                                                    5 Nach Messungen der GfK-Fernsehforschung fällt die
                                                                                                    durchschnittliche Fernsehnutzung (Montag-Freitag) der 12-bis
                                                                                                    19-Jährigen im Jahr 2007 mit 98 Minuten pro Tag geringer aus.
                               4 Vgl. Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest                 Diese Abweichung dürfte vor allem durch die hohe Bedeutung, die
                               (Hrsg.), KIM-Studie 2008, Basisuntersuchung zum Medienumgang         das Fernsehen für die Jugendlichen nach wie vor hat, begründet
                               Sechs- bis 13-Jähriger, S. 15. Der Bericht steht unter www.mpfs.de   sein. Dies dürfte analog auch für die in der JIM-Studie von den
                               zum Download bereit.                                                 Jugendlichen angegebene Internetnutzung gelten.
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