Ethik und Marketing Eine wissenschaftliche Ausarbeitung von Alexander Huhn

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Ethik und Marketing Eine wissenschaftliche Ausarbeitung von Alexander Huhn
Ethik und Marketing

    Eine wissenschaftliche Ausarbeitung
            von Alexander Huhn
„Jede Fachkunde und jeder methodische Ansatz,
  gleich wie alles Handeln und aller Entschluss
      zielen offensichtlich auf etwas Gutes.
  Deshalb hat man zu Recht das Gute genannt,
               wonach alles strebt.“

                 (Aristoteles)
Vorwort

Vorwort des Autors

Wir haben ein Problem. Zugegeben, diese Aussage dürfte an dieser Stelle
niemanden überraschen, doch trifft sie den Kern der Seminararbeit erschre-
ckend genau. Der mündige Leser sollte sich an dieser Stelle selbstverständ-
lich direkt die Fragen stellen - „Wer ist Wir?“ und „Welches Problem“? Ja
- wir haben ein Problem. Das „wir“ ist dabei erstaunlich komplex: wir - die
Gesellschaft, wir - die Unternehmen in Deutschland, wir - die hochgelobten
und trainierten Marketing-Experten oder wir - die Kunden (fortzusetzen).
Unsere Gesellschaft ist geprägt von Zeitdruck und Wettbewerb, feiert in ei-
ner nicht enden wollenden Party die „Tollheit“ der Globalisierung und hetzt
gleichzeitig von Anglizismus zu Anglizismus und vom nächsten Brainstorm-
Meeting zur nächsten stylischen Coffee2go-Bar. Das Interesse an Weltreligio-
nen, sozialer Verantwortung und nachhaltigem ökologischen Denken scheint
dabei gänzlich auf der Strecke geblieben zu sein. Um so erstaunlicher, dass
unter genau den eben genannten „wirs“ mehr und mehr Forderungen nach
Werten, Moral oder schlichtweg ethischem und legitimem Handeln laut wer-
den. Vor allem die „economic players“ (Anglizismus ole) sehen sich verstärkt
gegenüber der Kritik an ihrem moralischen Entscheidungen konfrontiert.
Die vorliegende Seminarbeit wird sich daher der Ethik im Marketing (und
der Wirtschaftswissenschaften) zuwenden, da dem Marketing eine große
Bedeutung und in der Konsequenz eine große Verantwortung bei allen un-
ternehmerischen Entscheidung zukommt. Kunden, Mitarbeiter, Lieferanten,
Wettbewerber, Medien und sonstige Stakeholder - sie alle sind vom Marke-
ting betroffen und sollen von Entscheidungen der Unternehmer nicht negativ
beeinflusst werden. Entscheidungen sollen gut und richtig sein, moralisch
und ethisch korrekt. Diese Adjektive gehen über eine juristische Legalität
weit hinausa.

a
  Vgl. McCarty, Richard (1988): Business, Ethics und Law, in: Journal of Business Ethics,
7. Jg., 11/1988, S. 881

    „Ethik und Marketing“ - A. Huhn                                                         Seite 3/33
Inhalt

Inhaltsverzeichnis

Vorwort.......................................................................................... 3

Inhalt.............................................................................................. 4

1. Einleitung...................................................................................

          1.1 Einführung.................................................................... 5

          1.2 Aufbau der Arbeit.......................................................... 6

2. Was ist Ethik ?..........................................................................

          2.1 Begriffsdefinition und Geschichte................................. 7

          2.2 Ethik heute................................................................... 8

          2.3 Abgrenzung zum Begriff Moral..................................... 8

3. Marketing...................................................................................

          3.1 Marketing heute............................................................ 13

          3.2 Begriffsdefinition........................................................... 13

          3.3 systemischer Ansatz/Aufgaben.................................... 14

          3.4 Probleme des Marketing.............................................. 15

4. Ethik als Chance für das Marketing..........................................

          4.1 Im Blickpunkt: Ethik im Unternehmen.......................... 17

          4.2 aus der Perspektive der Wissenschaften..................... 18

		                  4.2.1 ... der Philosophie........................................... 18

		                  4.2.2 ... der Sozialwissenschaften........................... 19

		                  4.2.3 ... der Wirtschaftsethik.................................... 20

          4.3 Ethik im Marketing....................................................... 21

		4.3.1 Werbung........................................................                             25

          4.4 Aber warum moralisch sein?........................................ 28

5. Zusammenfassung und Ausblick.............................................. 30

Quellenverzeichnis........................................................................ 31

 „Ethik und Marketing“ - A. Huhn
Einleitung

1. Einleitung

1.1 Ethik im Marketing - Gedankenspiele
Unternehmen, die heutzutage nicht moralisch handeln, geraten in das
Kreuzfeuer der Kritik. Die daraus entstehenden Imageschäden und Um-
satzeinbußen sind gewaltig. Im Zuge der weltweiten Globalisierung wird es
für heimische Unternehmen umso wichtiger sich einen Wettbewerbsvorteil
zu schaffen. Aber die Frage ist worin dieser Vorteil besteht: in betriebswirt-
schaftlichen Erfolgsgrößen, wie beispielsweise Kostenminimierung? Kosten-
führerschaft ist auf einem globalen Weltmarkt schwer durchzusetzen. In den
Ostblockländern, wie auch in Teilen Asiens z. B. China, können Produkte
aufgrund der niedrigen Lohnkosten zu einem Bruchteil der deutschen Pro-
duktionskosten hergestellt werden. Aber unter welchen Umständen? Man
denke nicht zuletzt an die riesigen Fabrikhallen in denen Tag für Tag, Stun-
de um Stunde, unter menschenunwürdigen Bedingungen bis zur totalen Er-
schöpfung gearbeitet wird und das für einen Hungerlohn!
Sich heutzutage auf einem weltweiten Markt zu behaupten ist allein durch
ökonomische Zielsetzungen nicht mehr möglich. Einen Wettbewerbsvorteil
hat das Unternehmen, das sich von den anderen Unternehmen abhebt, die
Bedürfnisse seiner Umwelt erkennt und umsetzt. Wichtige Themen wie Öko-
logie, Ökonomie und Soziales gewinnen wieder an Bedeutung. Das Mitei-
nander rückt wieder in den Vordergrund. Aber wie kann ein Unternehmen
die ökonomischen und gesellschaftlichen Ziele miteinander vereinbaren?
Anhand dieser Arbeit werden einige Ansätze erarbeitet, wie im speziellen
das Marketing als Bindeglied zwischen dem Unternehmen und seiner Um-
welt zu einem ethisch korrekten Auftreten beitragen kann.

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Einleitung

1.2 Aufbau

Diese Abhandlung ist in fünf Abschnitte gegliedert.
Zu Beginn der Arbeit erfolgt eine kurze Einführung in die Ethik-Lehre. Veran-
schaulicht wird dies anhand von Definitionen und einem kurzen historischen
Rückblick. Außerdem werden die Begriffe Ethik und Moral voneinander ab-
gegrenzt.
Im Anschluss wird das Thema Marketing mit seiner Bedeutung und Verant-
wortung für eine Unternehmung erläutert und die daraus resultierenden Pro-
bleme aufgezeigt.
Das erarbeitete Wissen aus Ethik und Marketing wird im vierten Abschnitt
zusammengeführt und „soziale“ Praktiken aus dem Marketingalltag vorge-
stellt. Hierbei wird speziell auf Ethik in der Werbung eingegangen. Ergänzt
wird dieser Teil durch aktuelle Praxisbeispiele und die Frage warum man
überhaupt moralisch handeln sollte.
Abschließend werden die gewonnenen Erkenntnisse zusammengefasst und
ein Ausblick der dargestellten Situation gegeben.

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Ethik

2. Was ist Ethik?

2.1 Begriffsdefinition und Geschichte
Der Begriff „Ethik“ wird aus dem altgriechischen Wort „éthos“ abgeleitet und
bedeutet so viel wie „gewohnter Sitz, Gewohnheit, Sitte, Brauch, Charakter,
Sinnesart“.1

                                                                                  Ethik geht auf alte grichi-
Die Ethik-Lehre geht, als ein Teilgebiet der Philosophie, auf die alten grie-
                                                                                  sche Pilosophen zurück.
chischen Philosophen zurück. Der erste griechische Philosoph, der sich der
                                                                                  Als eigenständige Disziplin
Ethik widmete, war Sokrates (469-399 v. Chr.), gefolgt von seinem Schüler
                                                                                  erstmals durch Aristoteles
Platon (428-348 v. Chr.)2. Ethik als eigenständige Disziplin wurde jedoch erst-
                                                                                  begründet.
mals durch Aristoteles (384-322 v. Chr.) begründet, und schriftlich in seinem
Werk „Nikomachischen Ethik“ vertieft, vermutlich nach seinem Sohn Niko-
machos benannt3. Sie wurde zu einer eigenständigen philosophischen Dis-
ziplin, die sich mit dem menschlichen Handeln in Form von Sitten, Bräuchen
und Gewohnheiten in allen Lebensbereichen befasste. Aristoteles unterteilte
die Ethik als praktische Philosophie in die Bereiche Ethik, Ökonomie und Po-
litik. Sein Augenmerk galt hauptsächlich den Fragen „Was ist das (oberste)
                                                                                  Grundziel allen Handelns das
Gute für den Menschen?“, und „Nach welchem Ziel strebt der ensch?“. Nach
                                                                                  Empfinden von Glück.
seiner These ist das Ziel allen Handelns das Empfinden von Glück. Glück sei
wiederum nur zu erfahren wenn der Mensch Tugenden, sprich Charakterzü-
ge, die im Laufe der Zeit durch Erziehung und Erfahrung ausgebildet werden,
entwickelt. Somit entstand eine wichtige Teildisziplin der Ethik, die Tugende-
                                                                                  Philosophen der Neuzeit
thik. Auch in der Neuzeit prägten einige Philosophen die Ethik maßgeblich.
                                                                                  prägten Verständnis von
Einer von ihnen war David Hume (1711-1776). Er stellte erstmals die These
                                                                                  Ethik. These von David
auf, dass moralische Empfindungen nicht durch Rationalität, sondern durch
                                                                                  Hume: moralische Empfin-
Emotionen entstehen. Alle Handlungen, die bei dem Menschen Zustimmung
                                                                                  dungen beruhen auf Emoti-
erfahren, sind gut. Schlecht sind Handlungen auf die mit Empörung reagiert
                                                                                  onen.
wird. Gefühle sind gemäß Hume die Grundlage moralischer Urteile. Als ei-
ner der bedeutendsten Philosophen unserer Zeit gilt Immanuel Kant (1724-
1804). Er begründete Ethik als eine praktische Wissenschaft. Zu seinen be-

1
     http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Ethi&printable=yes (27.10.2007)
2
     http://www.bfg-bayern.de/ethik//download/Ethik_Quiz.pdf (27.10.2007)
3
     http://www.fsbio-hannover.de/oftheweek/118.htm (02.11.2007)

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Ethik

kanntesten literarischen Werken gehören die „Grundlegung zur Metaphysik
der Sitten“, die „Kritik der praktischen Vernunft“ und die „Metaphysik der
Sitten“. Seine Theorie ist, dass der Mensch nur aus freier Entscheidung den
moralischen Pflichten folgt. Die zentrale These ist der Schutz der Freiheit
des Menschen. Diese Freiheit findet sich auch in dem Kernbegriff der Kant-
schen Ethik, dem Kategorischen Imperativ wieder. Hier heißt es: „Handle nur
nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein
allgemeines Gesetz werde.“4

2.2 Ethik heute                                                                                     Ethik der Gegenwart be-
                                                                                                    schäftigt sich mit der An-
Der Gegenstand der Ethik hat sich im Wandel der Zeit grundlegend verändert.                         wendung ethischer Regeln
Während man sich in der Antike hauptsächlich mit allgemeinen philosophi-                            und Werte zur Problemlö-
schen und theologischen Fragen aus Geschichte und Literatur beschäftigte,                           sung.
entstand Mitte des 20. Jahrhunderts die angewandte Ethik. Durch veränder-
te Bedingungen in Umwelt und Gesellschaft erhoffte man sich mit ihrer Hilfe
Lösungen für moderne gesellschaftliche Probleme.5

2.3 Abgrenzung zum Begriff Moral
In der Umgangssprache werden die Begriffe Ethik und Moral oftmals als
Synonyme verwendet. Seit der neuzeitlichen Philosophie erfolgt jedoch eine
Abgrenzung und der Unterschied ist, wie wir nachfolgend erläutern werden,
von zentraler Bedeutung6.

                                    „Moral predigen ist leicht,
                                   Moral begründen schwer.“
                                       Artur Schopenhauer

4
     vgl. Otfried Höffe, Goldene Regel, in: Otfried Höffe (Hrsg.) Lexikon der Ethik (2002) S. 134
2
     vgl. Markus Huppenbauer, Jörg de Bernardi: Kompetenz Ethik, Versus Verlag AG, Zürich 2003
     S. 33
6
     http://de.wikipedia.org/wiki/Moral (01.11.2007)

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Ethik

Schon in der Kindheit wird uns von den Erwachsenen beigebracht zwischen
gebotenen und verbotenen Regeln zu unterscheiden. Als Folge für unser
Handeln werden wir entweder gelobt oder bestraft. Dadurch entwickeln wir
im Laufe des Heranwachsens die Fähigkeit eigene Handlungen und die un-
serer Umwelt zu bewerten.7
                                                                                                          Moral als Verhaltensnormen
Bei der Moral (lateinisch: mos) geht es um die Verhaltensnormen einer Ge-
                                                                                                          einer Gesellschaft der gel-
sellschaft, die den geltenden Sitten entsprechen, und somit allgemein an-
                                                                                                          tenden Sitten entsprechend.
erkannt sind. Moral beruht demnach auf Tradition und Gewohnheit, sie hat
                                                                                                          Moral prägt das Miteinander
sich also im Laufe der Zeit ausgebildet8. Sie betrifft nicht nur den Einzelnen,
                                                                                                          in allen Lebensbereichen.
sondern prägt das gemeinsame Miteinander in allen Lebensbereichen, wie
z. B. Kultur, Politik und Wirtschaft. Im Volksmund wird Moral fälschlicher-
weise oftmals auf das gesellschaftlich akzeptierte Verhalten im sexuellen
Bereich reduziert.9
                                                                                                          Moral als Handlungsempfeh-
Der Sinn und Zweck moralischer Regeln besteht darin, das an sich komple-
                                                                                                          lung.
xe Leben zu erleichtern, indem bestimmte Handlungen empfohlen werden.
Eine allgemein bekannte moralische Regel ist die so genannte „goldene Re-
gel.“ Darin heißt es: „Was du nicht willst, dass man dir tu`, das füg auch
keinem anderen zu“ oder positiver formuliert: „Behandle deine Mitmenschen
so, wie du von ihnen behandelt werden willst.“ Sie wird als „goldene Regel“
bezeichnet, weil sie in vielen Religionen, allerdings in den unterschiedlichs-
                                                                                                          Moralvorstellungen beruhen
ten Variationen, der Grundvorstellung von Moral entspricht und dadurch das
                                                                                                          auf dem Prinzip der Freiheit
zwischenmenschliche Verhalten grundlegend regelt.10
                                                                                                          und der Freiwilligkeit. Theo-
Aber welche Legitimation beansprucht die Moral eigentlich für sich? Moral-
                                                                                                          retisch keine Konsequenzen
vorstellungen bauen auf dem Prinzip der Freiheit auf, d. h. wenn moralisch
                                                                                                          bei Nichtbefolgung.
gehandelt wird erfolgt das aus Freiwilligkeit.11 Moralische Regeln ziehen bei
Nichtbefolgung keine rechtlichen Konsequenzen nach sich. Moral und Ge-
setze können bzw. sollten sogar voneinander abweichen, da legales Han-
                                                                                                          Gesellschaftliche (unge-
deln immer ein Minimum an moralischem und somit ethischem Handeln dar-
                                                                                                          schriebene) Sanktionen aber
stellt.12 Möglich ist jedoch, dass die Gesellschaft für unmoralisches Handeln
                                                                                                          möglich bei moralischen
Sanktionen verhängt.
                                                                                                          Verstößen.

7
     vgl. Annemarie Pieper: Einführung in die Ethik, 3. überarbeitete Auflage, Francke, 1994, S. 17 ff.
8
     http://www.lebendige-philosophie.de/moralisches_handeln.html (02.11.2007)
9
     http://www.philolex.de/ethik.htm (29.10.2007)
10
     vgl. Otfried Höffe, Goldene Regel, in: Otfried Höffe (Hrsg.) Lexikon der Ethik (2002)
     S. 101 ff.
11
     http://www.capurro.de/ethikskript/kap3.htm (18.11.2007)
12
     http://www.foundation.vovartis.com/german/unternehmensethik_management.htm

    „Ethik und Marketing“ - A. Huhn                                                                                         Seite 9/33
Ethik

Im schlimmsten Fall wird man aus der Gruppe ausgegrenzt.

Die Vorstellungen von Moral sind weltweit sehr unterschiedlich und auch
unterschiedlich stark ausgeprägt. Was für die eine Kultur moralisch ist, ist für
eine andere wiederum unmoralisch. Beispiele für extreme Moralvorstellun-
gen in verschiedenen Kulturen sind folgende:

·          Eine Tradition bei den Eskimos soll gewesen sein, alte und
           schwache Menschen auf deren Wunsch zu töten, um ihnen einen
           grausamen Tod zu ersparen. Damit sollte aufgrund der extremen
           Lebensumstände (u. a. Knappheit der Lebensmittel) den Jüngeren
           eine größere Überlebenschance gesichert werden.
·          Um ihren Angehörigen nicht zur Last zu fallen sind ältere Menschen
           der japanischen Bergvölker zum Sterben in die Berge gegangen.13
                                                                                                      Moralische Einstellungen
Moralische Einstellungen anderer Länder mögen in anderen Lebensräumen                                 kontext- und kulturabhän-
Empörung und Unverständnis auslösen. Gerade um andere Lebensanschau-                                  gig.
ungen zu verstehen setzen sich Menschen mit ihnen auseinander. Es wer-
den Moralvorstellungen anderer Kulturen beschrieben und hinterfragt. Ethik
kann somit als die Wissenschaft oder Reflexion von der Moral bezeichnet                               Ethik als Reflexion der
werden. Ethisch handelt also derjenige, der sich mit der Wissenschaft vom                             Moral.
moralischen oder sittlichen Handeln des Menschen befasst.                           13

Um das zu verdeutlichen ein kurzes Beispiel: „Versprechen sind zu halten,
und nicht zu brechen“. Dieser Grundsatz ist ein Inbegriff für eine Moralvor-
stellung. Wenn wir uns also darüber entrüsten, dass ein Freund ein Verspre-
chen nicht eingehalten hat, urteilen wir moralisch. Sollten wir uns jetzt noch
fragen warum er sich nicht daran gehalten hat, oder warum es eigentlich
Sinn macht sich an Versprechen zu halten, betreiben wir Ethik.15
Als Kernfrage der Ethik, die man übrigens auch als Moralphilosophie be-
zeichnet, formulierte Immanuel Kant die grundlegende Frage der Kantschen                              Kernfrage der Ethik nach
Ethik: „Was soll ich tun?“ Als Ergebnis erhält man die ethischen Normen,                              Kant: „Was soll ich tun?“

13
     vgl. Annemarie Pieper: Einführung in die Ethik, 3. überarbeitete Auflage, Francke, 1994, S. 33
14
     vgl. Annemarie Pieper: Einführung in die Ethik, 3. überarbeitete Auflage, Francke, 1994, S. 27
15
     http://www.gentechnik-und-ethik.de/ttn/druck/180000_druck.html (27.10.2007)

    „Ethik und Marketing“ - A. Huhn                                                                                     Seite 10/33
Ethik

die vorgeben, dass bestimmte Handlungen geboten, verboten oder erlaubt           Aufgabe der Ethik: welche
sind.   16
             Ihre Aufgabe besteht darin zu klären, welche Handlungen „gut“ und   Handlungen sind „gut“ und
welche „böse“ sind. Durch unser geschultes Urteilsvermögen, das bereits          welche sind „böse“.
seit der Kindheit konsequent ausgebildet wird, sind wir in der Lage Ethik
situationsspezifisch in der Praxis anzuwenden.

Aber welche Probleme ergeben sich durch Handlungen bei denen man die
Wahl zwischen zwei „Übeln“ hat? Da stellt sich die Frage welches die „bes-       Dilemma der Ethik am Bei-
sere“ Wahl ist! Dieses moralische Dilemma der Ethik lässt sich anhand des        spiel des „Trolley-Problems“.
so genannten „Trolley-Problems“ schildern. Ein Trolley (Transportwagen)
fährt auf einem Gleis auf eine Weiche zu. Die Schienen teilen sich von dort
aus in zwei Richtungen: auf der einen sitzt eine Gruppe mit fünf Personen,
auf der anderen sitzt eine Person. Alle bemerken die herannahende Ge-
fahr nicht. Ein Beobachter hat nun zu entscheiden auf welcher Schiene der
Trolley weiterfährt. Das Entscheidungsproblem lautet den Tod von fünf bzw.
einer Person zu verantworten. Viele der Probanden entscheiden sich wohl
eher dazu eine Person zu töten als fünf Menschenleben auszulöschen. Aber
wie verhält sich der Beobachter beispielsweise wenn er die Person, die allei-
ne auf der Schiene steht, kennt? Höchstwahrscheinlich ist, dass sich die Ent-
scheidungen des Handelnden bei Variation des Problems ändern werden.17
Da es im Leben nicht ausbleiben wird, dass man zwischen zwei Handlungen
zu entscheiden hat, stellt sich die Frage welches die sozusagen „gute“ Wahl
ist. Wichtig ist, dass sie von dem Entscheidenden selbstverantwortlich und
im Zweifel stets nach bestem Gewissen unter Darlegung plausibler Gründe
getroffen werden sollte.

Abschließend lassen sich folgende drei Arten der Ethik unterscheiden: die        Drei Art der Ethik: deskriptiv,
deskriptive Ethik, die normative Ethik und die Metaethik. Mit Hilfe der des-     normativ und Methaethik
kriptiven bzw. empirischen Ethik versucht man mittels empirischen Hilfsmit-
teln die gelebte Moral in der Gesellschaft zu beschreiben, zu erklären und

16
     http://www.bfg-bayern.de/ethik//download/Ethik_Quiz.pdf (27.10.2007)
17
     http://de.wikipedia.org/wiki/Trolley-Problem (18.11.2007)

 „Ethik und Marketing“ - A. Huhn                                                                    Seite 11/33
Ethik

möglicherweise in einer empirischen Theorie zu manifestieren. Der Zweck
der normativen Ethik ist die Entwicklung ethischer Urteile und Maßstäbe,
sowie die Prüfung der bestehenden ethischen Normen. Die Basis der de-
skriptiven und normativen Ethik bildet die analytische oder Metaethik, die
sich zu Anfang des 20. Jahrhunderts gebildet hat. Sie trifft keine inhaltlichen
Aussagen über moralische Urteile, sondern analysiert die angewandte Spra-
che und versucht so Aufschlüsse über Gründe des Handelns zu erfahren.
Prädikate wie „gut“, „schlecht“ oder „richtig“ werden auf ihre Bedeutung hin
geprüft.18

Das Ziel der Ethik als praktische Wissenschaft lässt sich wie folgt zusammen-
fassen. Sie soll Hilfestellung für sittliche Entscheidungen leisten und somit
allgemeingültige Normen und Werte für das menschliche Handeln schaffen.

Aristoteles formulierte in der Nikomachischen Ethik: „Wir philosophieren
nämlich nicht um zu erfahren, was ethische Werthaftigkeit sei, sondern um
wertvolle Menschen zu werden. Sonst wäre dieses Philosophieren ja sinn-
los“. Ein ganz entscheidender Aspekt ist somit, dass Ethik auf Verhaltensver-
besserungen abzielen soll. 19

18
     vgl. Otfried Höffe, Goldene Regel, in: Otfried Höffe (Hrsg.) Lexikon der Ethik (2002)
     S. 59., 192 ff., 170ff.
19
     http://www.bfg-bayern.de/ethik//download/Ethik_Quiz.pdf (27.10.2007)

 „Ethik und Marketing“ - A. Huhn                                                             Seite 12/33
Marketing

3. Marketing

3.1 Marketing heute
Bevor wir uns im nächsten Kapitel mit Ethik im Marketing beschäftigen und
die „Weisheit“ aller Marketing-Aktivitäten erarbeiten, müssen wir uns erstmal
darüber einig werden, was wir unter Marketing verstehen. Die Definitionen
und interpretatorischen Ansätze sind so komplex und bunt, dass man fast
meinen könnte – die Kunst eines jeden Wirtschaftswissenschaftlers besteht
darin eine neue Marketing-Definition zu finden. Im Folgenden werden wir
daher unser Verständnis von Marketing kurz zusammenfassen und damit ein
Fundament und eine Diskussionsbasis schaffen, auf der wir unsere Ideen
zur Ethik im Marketing aufbauen können.

3.2 Begriffsdefinition
In den letzten Jahrzehnten hat sich eine neue Form der Profilierung von         Umfeldfaktoren im Kontext
Unternehmen am Markt durchgesetzt: im Fokus aller Aktivitäten steht nicht       einer Unternehmung ge-
mehr nur allein das Produkt. Unternehmen beschäftigen sich seitdem mit tol-     winnen an Bedeutung fürs
len Schlagwörtern wie „Image“, „Corporate Identity“ oder „Social Responsi-      Marketing.
bilty“. Für den Erfolg am Markt haben die Umfeldfaktoren wie z.B. Ökologie,
Politik, Technologie oder Gesellschaft an Bedeutung gewonnen. Der Kunde
wandelte sich vom einfachen Absatzziel zum absoluten „Point of Interest“.
Marktforschungsinstitute, schlaue Marketing-Coaches und kreative B2B
Agenturen schossen in den 90er Jahren (bis ins 21. Jahrhundert anhaltend)
aus dem Boden. (Und verschwanden wieder.) Nur Unternehmen, die sich an
diese Entwicklungen angepasst hatten und nicht mehr allein auf die außer-
ordentliche Qualität ihres Produktes setzten, konnten am Markt nachhaltig
erfolgreich sein.

Entsprechend dieser Entwicklungen wandelten sich auch die vielen Marke-
ting-Definitionen, die heute so vielseitig wie nahezu beliebig für die eigene

„Ethik und Marketing“ - A. Huhn                                                                 Seite 13/33
Marketing

Sache adaptierbar sind. Die klassische Marketing-Definition nach Meffert          Marketing ist die Befriedi-
beschreibt Marketing als „Planung, Koordination und Kontrolle aller auf die       gung von Kundenbedürfnis-
aktuellen und potentiellen Märkte ausgerichteten Unternehmensaktivitäten.         sen
Durch eine dauerhafte Befriedigung der Kundenbedürfnisse sollen die Un-
ternehmensziele im gesamtwirtschaftlichen Güterversorgungsprozes ver-
wirklicht werden.“20

3.3 systemischer Ansatz/Aufgaben
Marketing lässt sich auf verschiedenste Weise im Unternehmen platzieren.
Klassischerweise gibt es bei einem Großteil der Unternehmen eine gleich-
berechtigte Abteilung „Marketing“ (oft zusammen mit dem Vertrieb) – deren
Problem eben genau die Gleichberechtigung ist, aufgrund derer sie den an-
deren Abteilungen nur schlecht Anweisungen erteilen kann bzw. diese aktiv
mitgestaltet.

                             Unternehmensleitung

                   (1) Marketing als marktorientierte Unternehmensführung

                                                  Vertrieb/                 F&E
       Einkauf              Produktion
                                                  Marketing

Abbildung 1: Marketing als gleichberechtigte Abteilung 1

                                                                                  Marketing im System als
Auch wird die Organisationseinheit Marketing gerne nach Regionen oder
                                                                                  ganzheitliche Sicht.
Produktgruppen aufgeteilt. Als nachhaltig effektiver und wesentlich erfolg-
reicher konnte sich aber die Idee der ganzheitlichen Marketing-System-Idee
durchsetzen. Marketing ist damit kein „Auswuchs“ der Abteilung Vertrieb und

22
    Vgl: Meffert, Heribert, Marketing, Wiesbaden 1997, S. 31
1
    Quelle: Herman Freter: Marketing, München (2004), S. 15

    „Ethik und Marketing“ - A. Huhn                                                                 Seite 14/33
Marketing

an den Verkauf gebunden, sondern eine übergeordnete Instanz, der Unter-                                 Marketing als übergeordne-
nehmensleitung zugeordnet, die allen Abteilungen beratend zur Seite steht                               ter „Gestalter“ des Ganzen.
und das Unternehmen damit im Ganzen gestaltet. Die System-Idee sieht
das Unternehmen als Organismus, der nur im gesunden Zustand, also un-
ter perfektem Einklang aller Organe und einem gesunden Auftreten nach
Außen, die beste Leistung bringen kann. Für unser Verständnis ergibt sich
daher ein Marketing, dass sich mit dem Denken und Führen eines Unter-
nehmens vom Markt her und zum Markt hin beschäftigt und ein damit ganz-
heitliches Management umfasst. Im Marketing beschäftigen wir uns also mit
allen menschlichen Aktivitäten, die darauf abzielen, Austauschprozesse zu                               Marketing beschreibt Aus-
erleichtern und durchzuführen.            21
                                               Diese Austauschprozesse zwischen Men-                    tauschprozesse zwischen
schen können an dieser Stelle durchaus trivial als Kommunikation bezeich-                               Menschen und lässt sich
net werden und genau in der Kommunikation liegt – wie man so schön sagt                                 daher als Kommunikation
– sehr oft „der Hund begraben“.                                                                         beschreiben.

3.4 Probleme des Marketing
„eine (gewagte) Bestandsaufnahme“
Bei aller Freude über die zuvor beschriebene System-Idee im Marketing se-                               System-Idee mit scheinba-
hen sich Unternehmer und Marketingverantwortliche doch sehr oft konfron-                                ren Problemen verbunden.
tiert mit einer Vielzahl an Problemen, die mit der bloßen Idee eines ganzheit-
lichen Marketing-Verständnisses nicht gelöst werden können. Viel zu schnell
wird Marketing dann doch wieder mit Werbung und Verkauf gleichgesetzt
und die Kosten für Marketing und Werbung stehen ja scheinbar keinem di-
rekten Umsatzzuwachs gegenüber. „Der Markt macht uns kaputt“ jammern
die vielen kleinen und mittelständischen Unternehmer und winken müde ab
bei innovativen Ideen zu einer ethischen Unternehmensführung. Es ist halt
einfacher Maßnahmen situativ und spontan einzusetzen und sie damit flexi-
bel ins Jahresbudget einzubringen. Moralische Tugenden werden mit Kon-
kurrenzdruck und Preisdumping ausgehebelt und Entscheidungen kurzfristig

22
     Vgl mit Ideen und Visionen aus: Bergmann/Daub, Systemisches Innovations- und Kompetenzmanagement, Gabler, 2006

 „Ethik und Marketing“ - A. Huhn                                                                                         Seite 15/33
Marketing

getroffen. Die Werbeagentur von „nebenan“ darf dann wieder mit kreativen        Werbeagenturen oft kon-
Flyern, Give-Aways und Anzeigen die sinkenden Absatzzahlen bekämpfen            zeptlos als kurzfriste Pro-
und am Ende der Kette von Entscheidungen werden dann halt dessilluisio-         blemlöser.
niert (und fast resignierent) wieder der Preis gesenkt und selbstverständlich
ein paar Mitarbeiter entlassen.

Bleibt die Frage nach einer zukunftssicheren Lösung der angesprochenen
Probleme. Wie dem Druck der Globalisierung standhalten? Wie profitieren
aus Win/Win-Situationen? Wie ethische Handlungen einem Jahresbudget
anpassen? Das folgende Kapitel wird einen Antwortversuch starten und
aufzeigen, wie ein ethisches Moralverständnis den Prozess entschleunigen
kann und ein Unternehmen nachhaltig und damit langfristig zum Erfolg füh-
ren könnte.

„Ethik und Marketing“ - A. Huhn                                                                    Seite 16/33
Ethik im Marketing

4. Ethik als Chance für das
Marketing
4.1 Im Blickpunkt: Ethik im Unterneh-
men
Die Wichtigkeit neben den ökonomischen Zielen einer Unternehmung auch                                         „Consumer Bill of Rights“ als
soziale Gesichtspunkte zu berücksichtigen erkannten die Amerikaner bereits                                    erste Ansätze zur Stärkung
Anfang der 60er Jahre. Mit den „Consumer Bill of Rights“, die Präsident John                                  von Konsumenten-Rechten.
F. Kennedy 1962 einführte, wurden erstmals die Rechte der Konsumenten
gestärkt. Sie gelten als Meilenstein des „consumerism-movement“. Die Bot-
schaft der Bewegung war, dass Unternehmen, die wettbewerbsfähig bleiben
wollen, sich an den Bedürfnissen der Konsumenten ausrichten müssen.21
Im Laufe der Internationalisierung erkannte man, dass es für ein Unterneh-
men immer wichtiger wird sich auf einem internationalen Markt von Anderen
zu unterscheiden. Die Verantwortung, die ein Unternehmen zu tragen hat,
ist neben der Unternehmerischen auch eine Soziale und Ökologische. Im                                         Soziale und ökologische Ver-
Zuge der zunehmenden „Anglisierung“ im deutschen Sprachgebrauch wird                                          antwortung wird erkannt.
heute von Corporate Social Responsibility gesprochen. Mit Corporate So-
cial Responsibility (CSR) wird der freiwillige Beitrag von Unternehmen zu                                     Corporate Social Responsi-
einer nachhaltigen Entwicklung, die über die gesetzlichen Normen hinaus-                                      bility als Chance für Unter-
geht, bezeichnet. Diese Entwicklung geht nur aus einer „Win/Win-Situation“                                    nehmen.
für Unternehmen und Gesellschaft hervor.                 22
                                                              Die Europäische Kommission
veranschaulichte Corporate Social Responsibility folgendermaßen: „People“                                     Win/Win-Situationen entste-
stehe für die soziale, „Planet“ für die ökologische und „Profit“ für die ökono-                               hen lassen.
mische Verantwortung.         23

Immer mehr Unternehmen formulieren Verhaltenskodizes bzw. „Codes of
Conduct“, in denen die Grundwerte und Verhaltensweisen der Unternehmen
gegenüber der Umwelt näher geregelt werden, Nachhaltigkeitsberichte wer-
den verfasst und einige Firmen gründen eigene CSR Abteilungen.24 Der Dow                                      Dow Jones Sustainability In-
Jones Sustainability Index (Nachhaltigkeitsindex) listet bereits 18 Firmen u.                                 dex als Index für nachhaltig
a. die deutschen Unternehmen BMW (Automobilsektor) und Allianz (Versi-                                        organisierte Unternehmen.

21
   http://business.latech.edu/~bbabin/C16.doc (29.11.2007)
22
   http://www.mittelstandswiki.de/Corporate_Social_Responsibility (29.11.2007)
23
   http://www.fofos.at/downloads/4237f2d7cc97a.pdf (02.12.2007)
24
   http://ec.europa.eu/employment_social/news/2001/jul/171_de.html (04.12.2007)
25
   http://www.sustainability-indexes.com/07_htmle/indexes/djsiworld_supersectorleaders_07.html (01.11.2007)

 „Ethik und Marketing“ - A. Huhn                                                                                                Seite 17/33
Ethik im Marketing

cherungsbranche), die sozial und umweltfreundlich agieren.25

4.2 aus der Perspektive der Wissen-
schaften
Auch die verschiedenen Wissenschaften haben sich der Ethik über die                                    Wissenschaftliche Überlun-
Jahrzehnte angenommen und in einer Vielzahl von Modellen, Studien und                                  gen zu Ethik und Marketing
Diskussionen untersucht. Im folgenden Abschnitt wollen wir verschiedene                                als fundierte Basis weiterer
Perspektiven kurz ansprechen und durch einen schnellen Überblick eine                                  Überlegungen.
kompakte wissenschaftliche Basis für die Beurteilung von ethischem Mar-
keting schaffen.

Ethische Entscheidungen in einem Unternehmen sollen nicht das „Gespinst“
eines willkürlichen und egoistischen Instrumentariums sein, sondern die Kon-
sequenz aus einem Prozess der individuellen, vor allem aber gesellschaft-
lichen (und damit sozialen) und wissenschaftlichen Kriterien folgen. Dazu
gehören unter Anderem natürlich Gesetze und kulturelle Normen, sowie Un-
ternehmensgrundsätze und die Unternehmenskultur aus der Betriebswirt-
schaftslehre. Deshalb umrahmen (bzw. begrenzen) wir die wissenschaftliche
Basis mit der Perspektive der Philosophie, der Sozialwissenschaft (insbe-
sondere der Psychologie) und der Wirtschaftsethik. 26

4.2.1 aus der Perspektive der Philosophie
Die Philosophie unterscheidet sich in eine theoretische und praktische Phi-
losophie, deren Hauptfokus auf der menschlichen Praxis liegt zu der die Po-
litik, die Rechtsphilosophie und die Ethik gehören. Von den in Kapitel 2 be-

22
     Vgl mit Ideen und Ausführungen aus Jozipovic, Die Ethik des Marketing, FGM, 2001, S. 5-37 -
     A.d.A.: sehr ausführliche Darlegung der wissenschaftlichen Betrachtung - weitere Quellenangaben
     zu dem Thema werden aufgrund ihrer Menge in dieser Seminararbeit nicht aufgeführt und sind der
     angebenen Quelle zu entnehmen

 „Ethik und Marketing“ - A. Huhn                                                                                         Seite 18/33
Ethik im Marketing

schriebenen Unterscheidungen der Ethik ist besonders die normative Ethik           Besonders interessant fürs
interessant für das Marketing, da sie sich mit der menschlichen Praxis und         Marketing ist die normative
dem gesamten menschlichen Leben beschäftigt und dadurch hervorragende              Ethik.
Werkzeuge zur Beurteilung ethischer Entscheidung im Marketing liefert. Mit
der Wertetheorie (zurückgehend auf Aristoteles) und der dortigen Integration
der so genannten teleologischen und deontologischen Theorien (deren Aus-
führung diese Seminararbeit bei weitem sprengen würde) werden Tugenden
wie Ehrlichkeit, Gerechtigkeit und Selbstkontrolle erlernt. (Besonderes Au-
genmerk liegt dabei auf dem letzten Punkt.) Durch die Orientierung an der
Wertetheorie lassen sich Entscheidungen philosophisch prüfen und gleich-
zeitig mit utilitaristischen Theorien (die starke Ähnlichkeiten mit der guten
alten „Kosten-Nutzen-Rechnung“ aufweisen) verknüpfen.

4.2.2 aus der Perspektive der
       Sozialwissenschaften
       (und der Psychologie)
Sozialwissenschaften, an dieser Stelle konkret die Psychologie, untersuchen
empirisch menschliches Verhalten und starten Erklärungs- und Manipulations-
versuche. Die nun eigenständige Wissenschaft hatte ihren Ursprung eben-
falls in der Philosophie und ist daher in vielen Fragen ein Seelenverwandter.
Mithilfe der Psychologie können wir Problemlösungen für unterschiedliche
Situationen aus dem sozialen Miteinander aufzeigen bzw. herausarbeiten. In
der Literatur werden die Theorien zur Ethik in der Psychologie aufgeteilt in
die Individualethik, die Theorie zur Entwicklung ethischer Urteilsfähigkeit, die
                                                                                   Auf der Suche nach Antwor-
Diskursethik und in das Modell ethischen Marketinghandelns von Hunt und
                                                                                   ten auf moralische Fragen.
Vitell, deren gemeinsamer Nenner die Suche nach Antworten auf moralische
Fragen ist. Alle Theorien haben eine Bedeutung fürs Marketing:

„Ethik und Marketing“ - A. Huhn                                                                     Seite 19/33
Ethik im Marketing

· 1. die Individualethik, die versucht an das Gewissen der Manager zu          Individualethik, Theorie
 appellieren, die im Konflikt zwischen Sicherheit, Ethik und Kostensenkung     zur Entwicklung ethischer
 stehen                                                                        Urteilsfähigkeit und Diskur-
· 2. die Theorie zur Entwicklung ethischer Urteilsfähigkeit (nach Kohlberg),   sethik und ihre Bedeutung
 die der diskriptiven Ethik aus der Philosophie zuzuschreiben ist und fürs     fürs Marketing.
 Marketing besonders wichtig für eine ethische Urteilsfähigkeit auf
 verschiedenen Hierarchieebenen ist oder
· 3. die Diskursethik, die sich mit den Konsequenzen von Handlungen
 auseinandersetzt und Normen auf allgemeine Akzeptanz prüft.

4.2.3. aus der Perspektive der
        Wirtschaftsethik
Die Wirtschaftsethik versucht eine Anpassung von ethischen Normen und
wirtschaftlichen Gesetzmäßigkeiten, die immer wieder in Konflikt zu geraten
scheinen. Wenn wir uns an Kapitel 3 erinnern und Marketing als systemi-
sche Unternehmensführung verstehen, dürfen wir uns an dieser Stelle erlau-     Makro- und Mikroräume als
ben, die Ethik im Marketing mit der Unternehmensethik als weitestgehend        Kontexte ethischer Handlun-
deckungsgleich zu beschreiben. Ähnlich wie die Unterteilung der Volkswirt-     gen.
schaftslehre in Makro- und Mikroräume, so unterteilt auch die Wirtschaft-
sethik ihre Handlungsebenen in Makroräume, also z.B. gesamtwirtschaft-
liche Rahmenbedingungen, internationale Wirtschaftsbeziehungen oder
wirtschaftspolitische Einflüsse und Mikroräume, also das moralische Verhal-
ten eines jeden wirtschaftlichen Individuums. Daraus ergeben sich natürlich
Verknüpfungen, da die Mikroebene Vorgaben aus der Makroebene zumeist
als gegeben hinnehmen muss (Wirtschaftsgesetze etc.). Weiterführende
Modelle diverser Wirtschaftswissenschaftler haben verschiedene Phänome-
ne untersucht und Erklärungsversuche für die sinnvolle Verschmelzung von
Wirtschaftsethik und Wirtschaftstheorie gestartet, deren Inhalte aber nicht

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Ethik im Marketing

Teil dieser Seminararbeit sind.

Der Zusammenhang zwischen Ethik und Marketing in der Wirtschaftsethik
lässt sich vereinfacht wie folgt darstellen:

            Markt

                         Preise

                                                        Wirtschafts- und
                                                        Unternehmens-
                                                          verfassung
                             Unternehmens-                                 Recht
                                politische
                              Entscheidung

                                        Unternehmens-
                                             ethik

                                  Ethik

Abbildung 2 Markt/Ethik/Recht.

4.3 Ethik im Marketing

Ein neuer nachhaltiger Lebensstil, der soziales und ökologisches Leben
                                                                                   LOHAS als neuer Lebensstil.
vereint, verbreitet sich in Deutschland. Trendforscher bezeichnen ihn als
                                                                                   Promimente als Vorbild ethi-
“Lifestyle of Health and Sustainability”, kurz LOHAS (Bedeutung im Chi-
                                                                                   scher Handlungen.
nesischen: glückliches Leben). Vorgemacht haben es die „Promis“, wie
Madonna, die Öko-Windeln kauft, oder Jamie Oliver, der britische Schul-
kinder mit Biokost bekocht. Die Message ist: gesund und umweltbewusst
leben ist in. Werte und Familie werden wichtiger. Mehr als ein Drittel der

Abbildung 2: Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Ottfried Höffer

 „Ethik und Marketing“ - A. Huhn                                                                    Seite 21/33
Ethik im Marketing

Bevölkerung der USA und Nordeuropa, sowie ca. 30 Millionen Menschen in
Deutschland leben diese Einstellung derzeit. Während Qualität wichtig wird,
verlieren Preise an Bedeutung. Als LOHAS-Produkt wird beispielsweise der
iPod von der Firma Apple bezeichnet. Er wird in einer Ladestation aufgela-
den und kommt so ohne umweltschädliche Batterien oder Akkus aus. Um
auch den sozialen Aspekt zu berücksichtigen spendete Apple einen Teil des
Kaufpreises einer iPod Sonderedition an eine Organisation, die AIDS in Af-
rika bekämpft. Der Lebensstilforscher Dr. Eike Wenzel vom Zukunftsinstitut
schätzt, dass dieser Lebensstil keine kurzfristige Entwicklung ist, sondern
mindestens 30 Jahre anhalten wird.27

Demzufolge wird von Seiten der Gesellschaft der Ruf nach moralischem                                         Moralisches Handeln wird
Handeln der Unternehmen immer lauter. Damit wird Moral für Unternehmen                                       zum Wettbewerbsvorteil.
mehr und mehr zum Unterscheidungskriterium und zum Wettbewerbsvor-
teil. Ein Unternehmen, das über gesetzliche Bestimmungen hinaus handelt,
nimmt seine Verantwortung gegenüber seiner Umwelt ernst. Eine Basis des
Vertrauens, Glaubwürdigkeit des Unternehmens und Identifikation mit dem
Unternehmen und seinen Produkten sind wichtige Faktoren, die für den
Konsumenten beim Kauf entscheidend sind. Sie erhöhen die gesellschaftli-
che Anerkennung und tragen zu einem positiven Image des Unternehmens
bei, denn ein gutes Image ist in Zeiten der Globalisierung ein zentraler
Erfolgsfaktor um sich auf einem globalen Markt von der Konkurrenz zu                                         Gutes Image als Erfolgsfak-
unterscheiden. Die Reparatur von Imageschäden kann ein zeit- und kos-                                        tor.
tenintensives Unterfangen werden, wie das Beispiel des Konzerns Shell
beweist, der vor zwölf Jahren die Ölplattform Brent Spar im Atlantik versen-
ken wollte, letztendlich aber wegen des gesellschaftlichen Drucks darauf
verzichtete. Die Konsequenz war ein erheblicher Imageverlust, denn die
Gesellschaft merkt sich Negativ-Schlagzeilen.28

Wichtig ist also wie eine Unternehmung von der Umwelt wahrgenommen

27
     http://www.marketing-trendinformationen.de/studien/55/interview_wenzel_morgenmacher 062007.pdf (01.12.2007)
28
     http://www.greenpeace.de/themen/oel/brent_spar/artikel/brent_spar_das_meer_ist keine_muellkippe/ (02.12.2007)

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Ethik im Marketing

wird und hier ist die Marketingabteilung gefragt. Sie ist das Bindeglied          Marketingabteilung wird zum
zwischen dem Unternehmen und seiner Umwelt, in erster Linie seinen                Vermittler zwischen dem
Stakeholdern und übernimmt somit eine wichtige Vermittlungsfunktion.         29
                                                                                  Unternehmen und seinen
Die Imagepflege wird maßgeblich durch ihre Maßnahmen beeinflusst. Um              Stakeholdern.
die Beziehung zwischen den beiden Parteien von vornherein nachhaltig zu
stärken ist es wichtig die Bedürfnisse der Kunden schneller als die Kon-
kurrenz zu erkennen und umzusetzen. Hier entstehen Konflikte zwischen
ökonomischen und gesellschaftlichen Zielen. Während das Hauptinteresse
einer Unternehmung wohl darin besteht seinen Nutzen zu maximieren, wol-
len die potentiellen Kunden Produkte, die zu „erschwinglichen“ Preisen und
unter Einhaltung sozialer Gesichtspunkte hergestellt wurden.

Anhand von in der Praxis angewandten Methoden werden Möglichkeiten
gezeigt, die ein Unternehmen hat um sich sozial und umweltbewusst zu
engagieren. Wie lässt sich ethisches Marketing erfolgreich in die Praxis um-
setzen? Wie kann der Unternehmensalltag mit reinem Gewissen und nach
ethischen Prinzipien gestaltet werden?

Die nachfolgend vorgestellten Instrumente sind Elemente des Corporate             Soziale Marketing-Verfahren
Citizenship. Mit Corporate Citizenship werden mittel- bis langfristige Strate-    nach dem Corporate Citizen-
gien der Unternehmen bezeichnet, die auf gesellschaftlicher Verantwortung         ship.
über die normale Geschäfttätigkeit hinaus basieren. Es handelt sich dabei
um ein Baukastensystem aus dem sich die Unternehmen passende Strate-
gien auswählen und umsetzen können.30

Eine Alternative die viel zitierte Sozialkompetenz zu beweisen besteht            Social Sponsoring als indi-
darin, sich der Marketingstrategie des Social Sponsoring zu bedienen.             rekte Maßnahme zur ethi-
Als Social Sponsoring wird die Zuwendung von Finanzmitteln, Sach- oder            schen Profilierung.
Dienstleistungen einer Firma an ein Individuum oder soziale Institution
innerhalb einer begrenzten Zeitspanne bezeichnet. Zwischen Sponsor und
dem Gesponsorten wird ein Vertrag geschlossen, der sämtliche Verein-

29
     http://www.univie.ac.at/marketing/Forschung/forsch07.htm (25.10.2007)
30
     http://de.wikipedia.org/wiki/Corporate_Citizenship (11.11.2007)

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Ethik im Marketing

barungen enthält. Im Gegensatz zu einer „herkömmlichen“ Spende, die                                 Ethische Handlungen eines
freiwillig ist und ohne Gegenleistung erfolgt, ist das Ziel des Sponsors die                        Unternehmens werden
Allgemeinheit durch die Übernahme sozialer und gesellschaftlicher Verant-                           durch die Presse propagan-
wortung auf sich aufmerksam zu machen. Diese Aufmerksamkeit wird nicht                              diert.
durch direkten Kontakt erreicht, sondern durch Presseinformationen. Die             31

Telekom führte beispielsweise die „Nummer gegen Kummer“, ein kostenlo-
ses und anonymes Beratungsangebot für junge Menschen in Not, ein. Mehr
als 400 Mitarbeiter arbeiten in ihrer Freizeit freiwillig für dieses Projekt.32 Ein
weiteres Beispiel ist der Mobilfunkanbieter Vodafone, der sich bereits zum
zweiten Mal als Hauptsponsor beim RTL-Spendenmarathon vom 22.11.
bis 23.11.2007, einsetzte. Insgesamt 1.500 Mitarbeiter arbeiteten bundes-
weit im Callcenter und nahmen Spendenanrufe entgegen.33 Der Konzern
RWE Dea unterstützt seit Anfang dieses Jahres hilfsbedürftige Kinder und
ihre Schulen in Kairo. Die Schulen werden saniert und u. a. mit Tafeln und
Schulbänken ausgestattet. Gemäß Konzernaussagen belaufen sich die
Zuwendung bis jetzt auf 65.000,00 €. Aber auch in der Zukunft werde der
Konzern sich sozial in Ägypten engagieren.34

Ein weiteres Marketing-Instrument ist das „Cause Related Marketing“                                 Cause Relateted Marketing
(CRM) bzw. zweckgebundenes Marketing. Kaufimpulse werden dadurch                                    appeliert an das soziale Ge-
geweckt, dass an das soziale Gewissen der Konsumenten appelliert wird.                              wissen von Konsumenten.
Der Kauf von Produkten ist mit einer Spende für eine gute Sache verbun-
den und die Unternehmen spenden einen Teil ihrer Erlöse für einen wohltä-
tigen Zweck. Davon profitieren zum einen die Konsumenten, die das Gefühl
haben etwas Gutes getan zu haben, die Nonprofit-Organisationen erhalten
zusätzliche Ressourcen und die Unternehmen betreiben Imagepflege, ge-
treu dem Motto „Tue Gutes und sprich darüber.“ 35
Ein regionales Beispiel ist die Krombacher Brauerei, die als Begründer
dieses ethischen Marketingprogramms gilt. Mit dem WWF gründete Krom-
bacher im Frühjahr 2002 eine Stiftung zum Schutz des Regenwaldes. Der

31
   http://www.nakos.de/site/data/SHSP_DPWV_Sponsoring2005.pdf (04.12.2007)
32
   http://www.telekom.com/dtag/cms/content/dt/de/9402;jsessionid=18ABC61853352018443A3C167DF46223 (04.12.2007)
33
   http://www.csrgermany.de (04.11.2007)
34
   http://www.rwe.com/app/Pressecenter/DownloadGen.aspx?pmid=4001597 (05.12.2007)
35
   http://www.mittelstandswiki.de/Cause_Related_Marketing (11.11.2007)

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Ethik im Marketing

Getränkeverkauf wurde hierzu im Rahmen mehrerer Werbekampagnen
mit einer Spende verbunden. Mittlerweile sind Spendengelder in Höhe von
3,4 Millionen Euro in die Stiftung geflossen.36 Auch der Mineralwasserpro-
duzent Volvic hat mit der „1 Liter für 10 Liter-Kampagne“ seines Produkts
„Volvic naturelle“ sein soziales Engagement gezeigt. Mit der UNICEF
förderte Volvic den Brunnenbau in Äthiopien. Für jeden verkauften Liter in
Deutschland wurde ein Teil des Erlöses für die Bereitstellung von 10 Litern
sauberes Trinkwasser gespendet.37

Das sind nur zwei von insgesamt neun Instrumenten des Corporate Ci-
tizenship, mit denen sich ein Unternehmen sozial engagieren kann. Auf
den ersten Blick mag das auch ethisch korrekt sein; aber sollte man sich
nicht fragen ob es ethisch sein kann aus Wohltätigkeit Profit zu schlagen?
                                                                                     Gefahr: ethisches Handeln
Skeptiker behaupten, dass die Unternehmen sich eine Alibifunktion suchen,
                                                                                     als Deckmantel „profitgieri-
Augenwischerei betreiben um von anderen Problemen abzulenken. Sol-
                                                                                     ger“ Unternehmer.
che Kampagnen sollten auf jeden Fall mit der nötigen Skepsis betrachtet
werden. Die Gesellschaft sollte im Auge behalten, ob es sich um einmalige,
kurzfristige Aktionen handelt, oder die Unternehmen sich auf langfristige
Sicht sozial engagieren.

4.3.1 Werbung

Am Beispiel der „klassischen“ Werbung, wie z.B. Fernsehspots, Außenwer-              Aufgabe der Werbung:
bung oder Anzeigen in Zeitschriften oder Zeitungen, lässt sich erkennen              Beeinflussungsprozess und
wie ethisch ein Unternehmen handelt. Dabei verstehen wir Werbung als                 Informationsfunktion - ethi-
„kommunikativen Beeinflussungsprozess mit Hilfe von (Massen-)Kommu-                  sche Verantwortung dabei
nikationsmitteln in verschiedenen Medien, der das Ziel hat, beim Adres-              sehr groß.
saten marktrelevante Einstellungen und Verhaltensweisen im Sinne der
Unternehmensziele zu verändern.“38 Grundlegende Ziele der Werbung sind

36
     http://www.krombacher.de/presseservice/presse_artikel.php?id=141 (04.11.2007)
37
     http://www.volvic-fuer-unicef.de/site.php (11.11.2007)

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Ethik im Marketing

demnach die Beeinflussung der Gesellschaft im Sinne der Unternehmens-
ziele, sprich der Steigerung des Ertrages und der nachhaltigen Steigerung
des Bekanntheitsgrades, sowie der Information der Marktteilnehmer über
die Marktangebote.39
Der Werbung sind jedoch auch Grenzen durch Gesetze, wie z. B. das „Ge-                           Grenzen der Werbung durch
setz gegen den unlauteren Wettbewerb“, gesetzt. Die Verbraucher werden                           Gesetze und Moralvorstel-
in ihrer Entscheidungsfreiheit geschützt und es wird Werbefreheit innerhalb                      lungen einer Gesellschaft.
bestimmter Grenzen, sowie unverfälschter Wettbewerb für die Marktteilneh-
mer garantiert. Da Gesetze immer nur das Mindestmaß an moralischem
und ethischem Verhalten darstellen, sind geforderte Moralvorstellungen der
Gesellschaft weitere Begrenzungen.40 Diese Moralvorstellungen werden
durch die Regeln des deutschen Werberates festgelegt. Seine Aufgabe
ist es, Verstöße gegen ethische Grenzen festzustellen, die Einstellung der
Kampagne durchzusetzen und öffentliche Verwarnungen auszusprechen.41
Werte, wie Verantwortlichkeit und Glaubwürdigkeit der Unternehmen, wer-
den damit zum Unterscheidungsmerkmal. Die Berücksichtigung ethischer
Grenzen kann auf einem globalen Weltmarkt eine Existenzberechtigung be-
deuten und Unternehmen sehen sich aufgrund unmoralischer Werbekam-
pagnen immer öfter der öffentlichen Kritik ausgesetzt.
Nachfolgend werden beispielhaft einige Werbekampagnen vorgestellt, die
ethische Grundsatzdiskussionen ausgelöst haben. Hierbei handelt es sich
um Grenzfälle des Erlaubten.42

Ein gern benutztes Element im Guerilla-Marketing ist die Schockwerbung.
Auch die Firma Benetton versuchte Ende der 90iger Jahre den Bekannt-
heitsgrad der eigenen Mark durch massive Schockwerbung zu pushen.
Die bekannten Anzeigen mit öl-verschmutzten Tieren, Soldaten-Friedhöfen
oder augenscheinlich HIV-infizierten Menschen sollten nach dem Wunsch
von Benetton auf Miss-Zustände aufmerksam machen und lediglich als Ne-
beneffekt die Marke profilieren. Die Konsequenz: massive Image-Verluste,

38
   vgl. Heribert Meffert, Marketing, Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung 9. Auflage,
   Gabler, Wiesbaden (2000), S. 712
39
   http://www.wirtschaftsbrief.info/business-karriere/die-aufgaben-der-werbung.html (26.02.2008)
40
   http://www.wiso.uni-koeln.de/sbp/Download/Hauptstudium/uebung/new_trends/SS_2007/ Marketing%20im%20Grenzbereich%20%C3%9Cbung
%202007_04_26.pdf (09.12.2007)
41
   http://www.gwa.de/fileadmin/pdfs/Presse-Hintergrund/Werben_mit_Ethik.pdf (09.12.2007)
42
   http://www.wiso.uni-koeln.de/sbp/Download/Hauptstudium/uebung/new_trends/SS_2007/ Marketing%20im%20Grenzbereich%20%C3%9Cbung
%202007_04_26.pdf (09.12.2007)

 „Ethik und Marketing“ - A. Huhn                                                                                    Seite 26/33
Ethik im Marketing

mehre gerichtliche Auseinandersetzung, die Benetton zwar aufgrund
von Pressefreiheit gewinnen konnte - sich aber vom Image-Schaden
bis heute nicht erholt hat. Ähnlich grenzwertig reizte auch die Autover-
mietung SIXT jahrelang mit dem Humor-Element ethische Grenzen
aus. Witze über Randgruppen (dicke Frauen, hässliche Promimente)
konnten zwar anfangs noch unterhalten, wirkten aber schnell diffamie-
rend und wurden letztendlich aus den Massen-Medien verbannt.

Wie man auch unter Einhaltung ethischer Grundsätze erfolgreich
werben kann zeigt die Werbung der Kosmetikmarke Dove. Mit den
Kampagnen „Keine Models - aber straffe Kurven“ (2004) oder der
aktuellen „pro-age“-Kampagne wird gegen das aktuelle Schönheitsi-
deal angekämpft. Die Botschaft ist, dass alle Frauen sind schön, weil
Schönheit von innen kommt.43 Einige positive Ergebnisse der Kampa-
gne „Keine Models - aber straffe Kurven“ waren 30% Umsatzzuwachs
für das Produkt Dove Body Care, eine nachhaltige Steigerung der
Produkt- und Markenbekanntheit und die Entfachung einer nationalen
Diskussion über Schönheitsideale.44 Ein weiteres Beispiel für „gute“
Werbung ist die Kampagne „Das offizielle Getränk für eine bessere
Welt“ von der Firma BIONADE. Das Produkt BIONADE ist das welt-
weit einzige biologisch hergestellte alkoholfreie Erfrischungsgetränk.45
An die aktuelle Werbung wird, zusätzlich zum ökologischen Gesichts-
punkt, ein moralischer Appell geknüpft. Es wird auf die Initiative „stille-
taten“ (www.stille-taten.de) hingewiesen, die zu Taten aufruft, die an
keine Gegenleistungen geknüpft sind, weil sie anonym erfolgen. Ein
Aufruf an Menschen, die anderen etwas Gutes tun wollen. Jeder kann
mitmachen und hinterlässt eine anonyme Grußkarte am „Tatort“.46

43
   http://www.kp-gmv.de/Downloads/01.03.07_blix.pdf (09.12.2007)
44
   http://www.stroeer.de/Dove.dove.0.html (09.12.2007)
45
   http://www.bionade.com/bionade.php/10_de?usid=47c420e9e1d5147c420e9e251d (10.12.2007)
46
   http://www.stille-taten.de (10.12.2007)

 „Ethik und Marketing“ - A. Huhn                                                           Seite 27/33
Ethik im Marketing

4.5 „Warum moralisch sein?“
Bei allen Theorien, die man zu einem ethischen Marketing erarbeitet
und bei allen praktischen Vorschlägen, die man für ein ethisches Mar-
keting vorstellt, bleibt vermutlich doch oftmals die (vielleicht latente)
Frage: „Warum moralisch sein?“ Warum sollte man im Einklang mit
dem System arbeiten? Warum nicht konsequent den eigenen Nutzen
mit aller Gewalt durchziehen? „Nach mir die Sinnflut!“ „Jeder ist sich
selbst der nächste!“ Eine mögliche Antwort soll der folgende Abschnitt
bringen.47

Die Frage nach der Notwendigkeit von Moral klingt ungewöhnlich und                       Frage nach der Notwendigkeit
durchaus provokant. Schon große Namen der antiken Literatur wie                          von Moral durch gesellschaftli-
Platon, Glaukon oder Adeimantos beschäftigen sich, nein stritten sich                    chen Druck unterbunden.
sogar, mit der Frage nach dem Sinn moralischen Handelns. In der so-
zialen (und mehr oder weniger) echten Realität bleibt es natürlich nie-
mandem freigestellt diese Frage wirklich zu stellen. Jede Gesellschaft
übt auf ihre Art einen Druck auf ihre Mitglieder aus moralisch zu sein.
Selbstverständlich sind die gesellschaftlichen Definitionen von Moral
unterschiedlich, allen gemein ist allerdings die Tatasche, dass Verstö-
ße gegen die Moral sanktioniert und in besonderen (und in Gesetzbü-
chern geregelten) Fällen sind die Sanktionen sogar instrumentalisiert.

Allein das Stellen der Frage nach der Moral mag gesellschaftlich als
ungehörig oder gar empörend empfunden werden. Das ändert aber
nun leider nichts daran, dass sich diese Frage jeder handelnden Per-
son wenigstens gelegentlich aufdrängt. Fast jedes Individuum erwischt
sich irgendwann mal bei dem Gedanken daran, warum man sich für
Andere ohne sichtbaren ökonomischen Nutzen überhaupt einsetzen
sollte. Gerade Unternehmer sehen sich von Gesellschaftern, Gläubi-

47
     Vgl. Ideen und Texte aus Kurt Bayertz - „Warum moralisch sein?“ (2002, Schöningh)

 „Ethik und Marketing“ - A. Huhn                                                                                Seite 28/33
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