FAKTEN STATT ZERRBILDER - Die Realität auf dem deutschen Arbeitsmarkt - Bda Arbeitgeber

Die Seite wird erstellt Selina Nowak
 
WEITER LESEN
FAKTEN STATT ZERRBILDER - Die Realität auf dem deutschen Arbeitsmarkt - Bda Arbeitgeber
FAKTEN STATT ZERRBILDER

Die Realität auf dem deutschen Arbeitsmarkt
FAKTEN STATT ZERRBILDER - Die Realität auf dem deutschen Arbeitsmarkt - Bda Arbeitgeber
FAKTEN STATT ZERRBILDER

Die Realität auf dem ­
deutschen Arbeitsmarkt
FAKTEN STATT ZERRBILDER - Die Realität auf dem deutschen Arbeitsmarkt - Bda Arbeitgeber
INHALT

1       DER DEUTSCHE ARBEITSMARKT IN GUTER VERFASSUNG .  .  .  .  .  . 5

1a	Arbeitslosigkeit auf niedrigstem Stand seit Wiedervereinigung .  .  . 6

1b	Vom kranken Mann Europas zum d      ­ eutschen ­Jobwunder –
    Beschäftigung auf Rekordstand  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 8

1c	Langzeitarbeitslosigkeit mehr als h
                                      ­ albiert .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 9

1d	Beschäftigung Älterer auf einem sehr guten Weg  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 10

1e	Jugendarbeitslosigkeit auf niedrigstem N
                                           ­ iveau in Europa .  .  .  .  .  .  .  . 12

2	DIE MÄR VON DER „PREKÄREN A
                              ­ RBEITSWELT“
    IN DEUTSCHLAND UND ANDERE LEGENDEN .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 13

2a	Flexible Beschäftigungsverhältnisse s­ chaffen Arbeit
    und ermöglichen Teilhabe .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 14

2b	Teilzeit fast immer aus privaten Gründen gewollt  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 16

2c	Zeitarbeit: ein vollwertiges Arbeitsverhältnis .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 18

2d	Befristungen erleichtern Einstieg ins Berufsleben .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 20

2e Minijobs: unverzichtbar .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 22

2f	„Aufstocken“ verhindert Armut und schafft Chancen  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 24

2g	Geeignete Auszubildende händeringend gesucht .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 26

2h	Arbeitszeitvolumen auf höchstem Stand seit 1992 .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 28

Verwendete Quellen  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 30
FAKTEN STATT ZERRBILDER - Die Realität auf dem deutschen Arbeitsmarkt - Bda Arbeitgeber
FAKTEN STATT ZERRBILDER - Die Realität auf dem deutschen Arbeitsmarkt - Bda Arbeitgeber
Der deutsche 
Arbeitsmarkt in 
guter Verfassun
                                                                                          5

                                     DER DEUTSCHE
                                      ARBEITSMARKT IN
                                      GUTER VERFASSUNG

                      „Die Wirtschaft hat seit der globalen Krise von 2008 eine stetige
                      Erholung verzeichnet, und der Arbeitsmarkt hat sich dank frü-
                      herer Reformen kräftig entwickelt. […] Deutschland weist einen
                      hohen materiellen Lebensstandard sowie eine geringe Einkom-
                      mensungleichheit auf und schneidet bei den meisten Aspekten
                      der Lebensqualität gut ab.“

                      OECD, OECD-Wirtschaftsberichte Deutschland, April 2015
FAKTEN STATT ZERRBILDER - Die Realität auf dem deutschen Arbeitsmarkt - Bda Arbeitgeber
6                                                         BDA | FAKTEN STATT ZERRBILDER – DIE REALITÄT AUF DEM DEUTSCHEN ARBEITSMARKT

                                1a	Arbeitslosigkeit auf niedrigstem Stand
                                    seit Wiedervereinigung

                                Der Arbeitsmarkt in Deutschland befindet sich            Der jahrzehntelange, fatale Trend einer
                                dank richtiger Reformen im Zuge der Agenda           steigenden Sockelarbeitslosigkeit, also der
                                2010 seit Jahren auf Erfolgskurs. Trotz des          Zahl der Arbeitslosen, die selbst am Ende
                                heftigsten konjunkturellen Einbruchs, den es         eines konjunkturellen Aufschwungs keine
                                in Deutschland je gegeben hat – das Brutto-          Beschäftigung gefunden haben, konnte nach
                                inlandsprodukt sank im Zuge der globalen             2005 gestoppt und umgekehrt werden. Ins-
                                Finanz- und Wirtschaftskrise im Jahr 2009            gesamt sank die Zahl der Arbeitslosen vom
                                auf einen Schlag um 5,1 % (Stat. Bundesamt,          traurigen Rekord von 4,9 Mio. im Jahr 2005 auf
                                2016a) –, ist die Zahl der Arbeitslosen in Ar-       unter 2,7 Mio. im Jahr 2016 (BA, 2017a).
                                beitsagenturen und Jobcentern in den vergan-
                                genen Jahren immer weiter gesunken.

ARBEITSLOSIGKEIT SINKT – SPALTUNG AM ARBEITSMARKT
WIRD ENDLICH ÜBERWUNDEN
Entwicklung der Sockelarbeitslosigkeit in Mio.

                                                                                         2003                2005
                                                                       Beginn der Agenda 2010                Einführung von
                                                                                                             Arbeitslosengeld II

                                                                                                      4,4

                                                                                                3,9
                                                                                  3,6
                                                                                                               3,3
                                                              1990
                                                 Wiedervereinigung                                                            2,7

                                                                       1,9

                                               0,9
                         0,1

1960                    1970                  1979                    1990       1995          2001 2004      2008           2016

    Zahl der Arbeitslosen
    Sockelarbeitslosigkeit

Sockelarbeitslosigkeit: harter Kern der Arbeitslosigkeit, der auch in konjunkturell guten Zeiten bestehen bleibt;
Zahl der Arbeitslosen: bis 1990 nur Westdeutschland

Quelle: Bundesagentur für Arbeit, 2017a; eigene Darstellung
FAKTEN STATT ZERRBILDER - Die Realität auf dem deutschen Arbeitsmarkt - Bda Arbeitgeber
Der deutsche 
Arbeitsmarkt in 
guter Verfassun
                                                                                                                  7

   Auch die Zahl der Langzeitarbeitslosen,
also derjenigen, die länger als zwölf Mo-
nate ohne Beschäftigung sind, ist seit 2005
um mehr als 1 Mio. zurückgegangen (OECD,
2016a). Auch wenn gerade hier noch viel zu        RÜCKGANG VON ARBEITSLOSIGKEIT UND
tun ist, darf nicht übersehen werden, dass        ­UNTERBESCHÄFTIGUNG SEIT INKRAFTTRETEN
zahlreiche Menschen, die früher vom Arbeits-
markt ausgesperrt waren, endlich eine neue
                                                   DER AGENDA 2010
Beschäftigung gefunden haben. Sie tauchen         Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung in Mio.
nicht mehr in der Arbeitslosen-, sondern in
der Beschäftigtenstatistik auf.
                                                  7

Unterbeschäftigung sinkt
Der Abbau der Arbeitslosigkeit beruht nicht –           6,1
wie oftmals fälschlicherweise behauptet –
auf statistischen Tricks. Seit 2005 ist nicht
nur die Zahl der Arbeitslosen um über 40 %        6
gesunken (das waren 2,1 Mio. weniger), son-
dern auch die Zahl der sog. Unterbeschäftig-
                                                                                  Unterbeschäftigung
ten ging um 2,5 Mio. zurück. Zu ihnen gehören
                                                                                   (ohne Kurzarbeit)
neben den Arbeitslosen auch diejenigen, die
an einer arbeitsmarktpolitischen Maßnahme
teilnehmen und die deswegen formal nicht                4,9                                 –41 %
als arbeitslos gelten (BA, 2016a).                5

Zahl der Sozialleistungs­bezieher
sinkt
Erfreulicherweise sind auch immer weniger
Menschen in Deutschland auf Sozialleistun-        4
gen angewiesen. 2014 bezogen knapp 7,6 Mio.                                         Arbeitslosigkeit        3,6
Menschen sog. Mindestsicherungsleistun-
gen (z. B. Grundsicherung im Alter und bei                                                  –44 %
Erwerbsminderung, Hilfen zum Lebensun-
terhalt, Arbeitslosengeld II, Sozialgeld und
Leistungen nach dem Asylbewerberleis-
tungsgesetz) – 2006 waren es noch über            3
                                                                                                            2,7
8,3 Mio. (Stat. Bundesamt, 2016b).

    Allein die Zahl der Empfänger von Ar-
beitslosengeld II ist in diesem Zeitraum um
17 % zurückgegangen (BA, 2015a). Hundert-
tausende Bezieher von Arbeitslosengeld II
haben es geschafft, sich von staatlicher Für­     2
                                                      2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016
sorgeleistung zu lösen, und meistern ihren
Lebensunterhalt aus eigener Kraft.

                                                  Quelle: Bundesagentur für Arbeit, 2017a
FAKTEN STATT ZERRBILDER - Die Realität auf dem deutschen Arbeitsmarkt - Bda Arbeitgeber
8                                                    BDA | FAKTEN STATT ZERRBILDER – DIE REALITÄT AUF DEM DEUTSCHEN ARBEITSMARKT

                               1b	Vom kranken Mann Europas zum ­deutschen
                                   ­Jobwunder – Beschäftigung auf Rekordstand

                               Es ist gerade einmal 15 Jahre her, dass          Beschäftigung auf ­Rekordniveau
                               Deutschland als „kranker Mann Europas“
                               galt, dessen verkrustete Strukturen vor al-      Zwischen 2005 und 2015 sank die Erwerbs-
                               lem am Arbeitsmarkt das Wachstum von             losenquote1 in Deutschland von 11,2 % auf
                               Wirtschaft und Beschäftigung nachhaltig          4,6 %, den niedrigsten Wert innerhalb der
                               hemmten. Wie deutlich sich das Bild seitdem      EU (Eurostat, 2016a). Gleichzeitig kletterte
                               gewandelt hat, zeigt auch die Berichterstat-     die Beschäftigung auf immer neue Rekord-
                               tung im Ausland. Die britische Zeitschrift       stände. Die Zahl der Erwerbstätigen insge-
                               „Economist“, die im Jahr 1999 die Bezeich-       samt stieg um 3,7 Mio. auf rd. 43 Mio. (Stat.
                               nung Deutschlands als „kranken Manns             Bundesamt, 2016c). Allein die sozialversiche-
                               Europas“ geprägt hatte, sprach im Jahr           rungspflichtige Beschäftigung ist zwischen
                               2010 von Deutschland als „Motor Europas“,        2005 und 2016 um 5 Mio. auf über 31 Mio. an-
                               dessen Arbeitsmarkt die Wirtschafts- und         gewachsen (BA, 2017b). Entgegen einem weit
                               Finanzkrise so gut überstanden habe wie          verbreiteten und medial geschürten Gefühl
                               kaum ein anderes Land.                           fortschreitender Prekarisierung und Verar-
                                                                                mung in Deutschland gab es einen enormen
                                                                                Aufholprozess, der Politik und Gesellschaft
                                                                                Anlass zur Freude gibt. In nicht einmal ei-
                                                                                ner Dekade wurde auf dem Arbeitsmarkt der
BESCHÄFTIGUNG STEIGT AUF REKORDWERT!                                            Turnaround geschafft. Wesentlich mitverant-
                                                                                wortlich hierfür sind die Stärke und Innova-
Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung in Mio.                             tionskraft der deutschen Wirtschaft, eine
                                                                                funktionierende Sozialpartnerschaft sowie
                                                                                die in den vergangenen Jahren erhöhte Fle-
35
                                                                                xibilität des Arbeitsmarkts, welche von der
                                                                                Politik auch gegen Widerstände durchgesetzt
                                                                     31,4       wurde.

30                                                                                  Kernstück der Reformen am Arbeits-
          gesamt                                                                markt war ein fundamentaler Paradigmen-
                                                                                wechsel in der Arbeitsmarktpolitik: Die welt-
                                                                                weit einmalige lohnabhängige, dauerhafte
25                                                                              finanzielle Unterstützung Langzeitarbeitslo-
                                                                                ser über eine am letzten Gehalt orientierte
                                                                     22,8
          Vollzeit                                                              Arbeitslosenhilfe wurde aufgegeben, mit der
                                                                                Sozialhilfe zusammengelegt und durch das
                                                                                Arbeitslosengeld II als bedarfsorientiertes
20                                                                              Grundsicherungs- und Fördersystem ersetzt.
 …                                                                              Bei diesem steht die Integration in den ersten
                                                                                Arbeitsmarkt im Sinne eines „Forderns und
 10                                                                  8,5        Förderns“ an vorderster Stelle. Zudem wurde
                                                                                der Einsatz flexibler Beschäftigungsformen
                                                                                wie Zeitarbeit und Minijobs erleichtert, ohne
          Teilzeit
                                                                                dass dies im Ergebnis die klare Dominanz der
  5                                                                             sog. Normalarbeitsverhältnisse in Deutsch-
                                                                                land auch nur „angekratzt“ hätte.

  0                                                                             1 Für internationale Vergleiche wird das Kon-
      2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016               zept der Erwerbslosenquote der Internationalen
                                                                                Arbeitsorganisation (ILO) verwendet. Die ILO-Er-
                                                                                werbslosenquote fällt niedriger aus als die Arbeits­
                                                                                losenquote der Bundesagentur für Arbeit, da nach
Quelle: Bundesagentur für Arbeit, 2017b                                         dem ILO-Konzept bereits Personen aus dem Kreis
                                                                                der Erwerbslosen herausfallen, die mehr als eine
                                                                                Stunde pro Woche arbeiten.
Der deutsche 
Arbeitsmarkt in 
guter Verfassun
                                                                                                          9

1c	Langzeitarbeitslosigkeit mehr als ­halbiert

Seit 2005 ist in Deutschland ein vorzeigbarer           langzeitarbeitslos (OECD, 2016b). Dieser
Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit geglückt,            Wert ist im internationalen Vergleich zwar
auch wenn hier noch einiges im Argen liegt.             recht hoch, daraus den Schluss zu ziehen, in
Nach Zahlen der OECD hat sich die Zahl der              Deutschland dominiere – anders als in an-
Menschen, die zwölf Monate und länger ar-               deren Ländern – Langzeitarbeitslosigkeit,
beitslos sind, zwischen 2005 und 2015 auf               wäre falsch: Gemessen an allen Erwerbs­
unter 1 Mio. mehr als halbiert (OECD, 2016a).           personen sind in Deutschland nur 2,0 % lang-
                                                        zeitarbeitslos (Eurostat, 2016b). Damit liegt
    Allerdings ist das kein Grund, sich auszu-          Deutschland EU-weit auf Rang 6 von 28 bzw.
ruhen, denn der „harte Kern“ an Arbeitslo-              weist einen mit den skandinavischen Staaten
sen, der nur sehr schwer vermittelt werden              vergleichbaren Wert auf.
kann, ist nun erreicht und aktuell zweifellos
die größte arbeitsmarkt- und bildungspoliti-
sche Herausforderung. Seit 2013 gelingt der             „Harter Kern“ der Langzeit­
weitere Abbau von Langzeitarbeitslosigkeit              arbeitslosen angehen
vielerorts nur noch in kleinen Schritten.
                                                        Nicht der Umfang, sondern die Verfestigung
   Weil die Zahl der Kurzzeitarbeitslosen so            der Langzeitarbeitslosigkeit ist in Deutsch-
stark gesunken ist und die Vermeidung von               land die große Herausforderung. Insbesonde-
Arbeitslosigkeit in Deutschland immer bes-              re Geringqualifizierte, die über 50 % der Lang-
ser gelingt, fällt die stagnierende Zahl der            zeitarbeitslosen ausmachen (BA, 2016b), sind
Langzeitarbeitslosen immer stärker ins Ge-              häufiger und vor allem zu lange vom Arbeits-
wicht: Mittlerweile sind nach Angaben der               markt ausgeschlossen. Diesen harten Kern
OECD 44 % der Arbeitslosen in Deutschland               der Arbeitslosigkeit gilt es zu verringern.

DEUTSCHLAND BEIM ABBAU DER L
                           ­ ANGZEITARBEITSLOSIGKEIT
EU-WEIT AUF RANG 6 VON 28
So viel Prozent der Erwerbspersonen sind langzeitarbeitslos:

7
           DE
6

                                                                                             4,5
5
         EU 28
4
                                                                                             3,0
3
           NL                                                                                2,0
2

1                                                                                            1,5
           SE
0
    2005        2006      2007      2008      2009   2010   2011    2012     2013     2014    2015

Quelle: Eurostat, 2016b
10                                                       BDA | FAKTEN STATT ZERRBILDER – DIE REALITÄT AUF DEM DEUTSCHEN ARBEITSMARKT

                               1d	Beschäftigung Älterer
                                   auf einem sehr guten Weg

                                                                                    Die Beschäftigungssituation älterer Arbeit-
                                                                                    nehmerinnen und Arbeitnehmer hat sich in
ZAHL DER SOZIALVERSICHERUNGSPFLICHTIG                                               den vergangenen Jahren stark verbessert.
­BESCHÄFTIGTEN 60- BIS 64-JÄHRIGEN HAT ­                                            Das ist auch dem Einstieg in eine Verlänge-
                                                                                    rung der Lebensarbeitszeit („Rente mit 67“)
 SICH VERDREIFACHT!                                                                 und der Abkehr von politisch gewollten und
Entwicklung der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung Älterer                oftmals kontraproduktiven Frühverrentungs­
(Juni 2000 bis Juni 2015, normiert auf das Jahr 2000)                               programmen zu verdanken. Die positive Ent-
                                                                                    wicklung wird allerdings getrübt von der teu-
                                                                                    ren und kontraproduktiven Einführung der
350
                                                                 60–64 Jahre        abschlagsfreien Rente mit 63.

300                                                                                     Die Zahl der sozialversicherungspflichtig
                                                                                    Beschäftigten in der Altersgruppe der 60- bis
250                                                                                 64-Jährigen ist zwischen 2000 und 2016 auf
                                                                 55–64 Jahre        über 1,9 Mio. gestiegen und hat sich damit ver-
200                                                                                 dreifacht (BA, 2017c). Insgesamt ist die Zahl
                                                                                    aller sozialversicherungspflichtig Beschäf-
150                                                                                 tigten in diesem Zeitraum „nur“ um 13 % ge-
                                                                                    stiegen (BA, 2017c). Die Erwerbstätigenquote
100                                                                                 der 55- bis 64-Jährigen ist zwischen 2000 und
                                                                                    2015 um mehr als die Hälfte von 37 % auf 66 %
 50                                                                                 gestiegen. Bei den 60- bis 64-Jährigen hat sie
                                                                                    sich seitdem sogar mehr als verdoppelt und
   0                                                                                lag zuletzt bei 53 % (Eurostat, 2016d). Darü-
       2000             2004             2008             2012            2016      ber hinaus haben laut Mikrozensus im Jahr
                                                                                    2015 rd. zwei Drittel der abhängig Beschäftig-
Quelle: Bundesagentur für Arbeit, 2017c; eigene Berechnungen                        ten dieser Altersgruppe in Vollzeit gearbeitet
                                                                                    (Stat. Bundesamt, 2016d).
Der deutsche 
Arbeitsmarkt in 
guter Verfassun
                                                                                                                               11

    Seit 2005 hat sich die Wahrscheinlichkeit
für ältere Arbeitslose, aus dem Arbeitslosen-
geld-I-Bezug heraus eine Beschäftigung auf        DEUTSCHLAND BEI BESCHÄFTIGUNG ÄLTERER
dem ersten Arbeitsmarkt zu finden, verdop-        EU-WEIT AUF PLATZ 2
pelt (IAB, 2016b), kann aber noch weiter ver-
bessert werden. Der oft behauptete Anstieg        Erwerbstätigenquote der 55- bis 64-Jährigen
der Arbeitslosigkeit Älterer allerdings beruht    in ausgewählten EU-Staaten, 2015, in %
ausschließlich auf einer Statistikänderung.
Nach dieser werden heute auch Arbeitslose
im Alter von über 58 Jahren berücksichtigt,
die früher zu großen Teilen nicht als arbeits-       Schweden                                                                   75
los gezählt wurden.
                                                  Deutschland                                                             66
                                                          EU 28                                                 53
EU-weit ist nur Schweden besser
                                                    Frankreich                                             49
bei der Arbeitsmarktintegration
Älterer                                              Rumänien                                        42

In keinem anderen Land der EU, mit Aus-
nahme von Schweden, sind ältere Menschen
besser in den Arbeitsmarkt integriert als in      Quelle: Eurostat, 2016d
Deutschland. Dies zeigt: Die Unternehmen in
Deutschland nehmen die Herausforderung
an, mit alternden Belegschaften und einem
sinkenden Potenzial an jüngeren Fach- und
Führungskräften die betriebliche Leistungs-       RENTE MIT 63 SORGT FÜR BESCHÄFTIGUNGS­
fähigkeit im globalen Wissens- und Innovati-      EINBRUCH BEI ÄLTEREN FACHKRÄFTEN
onswettbewerb zu erhalten bzw. zu stärken.
Für Ostdeutschland gilt: Liegen Bewerbun-         Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung von 63- und 64-Jährigen
gen von Älteren vor, dann wird in knapp 60 %      (2011 bis 2015), in Tsd.
der Fälle eine neu ausgeschriebene Stelle
auch mit einem über 50-Jährigen besetzt
(IAB, 2016c).                                     500
                                                                                                                               472
                                                                                         Bestand ohne Rente mit 63
                                                                                                  (Fortschreibung)
 Rente mit 63 entzieht dem
­Arbeitsmarkt Fachkräfte                          400                                                                          383

Allerdings konterkariert die am 1. Juli 2014
in Kraft getretene abschlagsfreie Rente mit                                                                     Bestand
63 all die notwendigen Bemühungen um eine
Ausweitung der Lebensarbeitszeit. Zudem           300
entzieht sie dem Arbeitsmarkt dringend be-                                                                       Einführung der
nötigte Fachkräfte. So ist die Beschäftigung                                                                     Rente mit 63
der 63- bis 65-Jährigen seit Inkrafttreten
wieder rückläufig, zuvor ist sie stetig gestie-
gen (BA, 2015b). Aufgrund der abschlagsfrei-      200
en Rente mit 63 liegt die Beschäftigung der              2011               2012           2013             2014               2015
über 63-Jährigen um rd. 90.000 unter der Be-
schäftigtenzahl, die aus einer Fortschreibung     Quelle: Bundesagentur für Arbeit, 2016; eigene Berechnungen
des positiven Beschäftigungstrends vor 2014
resultieren würde.
12                                                          BDA | FAKTEN STATT ZERRBILDER – DIE REALITÄT AUF DEM DEUTSCHEN ARBEITSMARKT

                                1e	Jugendarbeitslosigkeit auf
                                    niedrigstem N
                                                ­ iveau in Europa

                                Gerade für junge Menschen ist eine frühzei-            lohnt sich für beide Seiten: Sie sichert den
                                tige und längerfristige Arbeitslosigkeit eine          Unternehmen qualifizierte Fachkräfte und
                                prägende negative Erfahrung. Deswegen ist              den Jugendlichen gute berufliche Chancen.
                                es besonders erfreulich, dass die Arbeits-
                                marktchancen für Jugendliche in Deutsch-
                                land so gut sind wie sonst nirgends in Europa:         80 % der ausbildungsberechtigten
                                In keinem anderen Land ist die Arbeitslosen-           Betriebe bilden aus
                                quote der unter 25-Jährigen niedriger als in
                                der Bundesrepublik (Eurostat, 2016a).                  Die Unternehmen in Deutschland engagieren
                                                                                       sich auf breiter Basis für die Ausbildung. Zwi-
                                    Dies ist kein kurzfristiges Phänomen –             schen 2009 und 2014 haben 80 % der ausbil-
                                Deutschland belegt in dieser Statistik schon           dungsberechtigten Betriebe ausgebildet (IAB,
                                seit vielen Jahren kontinuierlich einen der            2016a). Pro Jahr investieren sie rd. 24 Mrd. €
                                vorderen Plätze. Wesentlich hierfür verant-            in die Ausbildung von rd. 1,3 Mio. jungen Men-
                                wortlich ist das duale Ausbildungssystem,              schen (BIBB, 2016).
                                welches durch die enge Verknüpfung mit der
                                beruflichen Praxis einen optimalen Start in
                                den Beruf ermöglicht. Die duale Ausbildung             Wettbewerbsfähigkeit schafft
                                                                                       Chancen für Jugendliche
                                                                                       Neben einer praxisnahen Ausbildung sind auch
                                                                                       wirtschaftliche Dynamik und flexible Arbeits-
 MEHR BESCHÄFTIGUNG UND QUALIFIZIERUNG ­                                               märkte die Grundvoraussetzung für eine hohe
 VON JUNGEN­­MENSCHEN DURCH MEHR                                                       Jugendbeschäftigung. In manchen EU-Staaten
                                                                                       mit geringerer Wettbewerbsfähigkeit wie z. B.
­WETTBEWERBSFÄHIGKEIT                                                                  Spanien oder Griechenland liegt die Jugend-
NEET*-Rate der 15- bis 24-Jährigen in % in ausgewählten Ländern (2015)                 arbeitslosenquote bei knapp 50 % (Eurostat,
                                                                                       2016a). Das bedeutet zwar entgegen einer
                                                                                       weit verbreiteten Meinung nicht, dass über die
 Niederlande                    4,7                                                    Hälfte aller Jugendlichen in diesen Ländern
                                                                                       arbeitslos ist, da die meisten Jugendlichen
Deutschland                           6,2
                                                                                       aufgrund von Schule und Ausbildung dem Ar-
   Österreich                               7,5                                        beitsmarkt gar nicht zur Verfügung stehen.
                                                                                       Dennoch gehen zwischen 15 % und 20 % der
     Finnland                                     10,6                                 Jugendlichen in Griechenland, Spanien oder
         Polen                                    11,0                                 Italien weder einem Beruf noch einer schu-
                                                                                       lischen, beruflichen oder universitären Aus-
  Frankreich                                        11,9                               bildung nach (Eurostat, 2016c). Im Vergleich
                                                                                       dazu liegt die sog. NEET-Rate („Not in Emplo-
        EU 28                                        12,0
                                                                                       yment, Education or Training“), d. h. der Anteil
      Spanien                                                 15,6                     der Jugendlichen ohne Job, Schul- oder Aus-
                                                                                       bildungsplatz, in Deutschland mit 6,2 % nach
Griechenland                                                       17,2                den Niederlanden auf dem niedrigsten Wert
        Italien                                                               21,4     innerhalb der EU (Eurostat, 2016c). Notwendig
                                                                                       für den Abbau der Jugendarbeitslosigkeit sind
                                                                                       Reformen zur Stärkung der Wettbewerbsfä-
*NEET („Not in Employment, Education or Training“):                                    higkeit. In Mitgliedstaaten, die bereits vor der
Anteil der jungen Menschen, der weder einer Beschäftigung n­ achgeht noch sich in      Krise notwendige Strukturreformen auf dem
schulischer, betrieblicher oder Hochschulausbildung ­befindet
                                                                                       Arbeitsmarkt durchgeführt haben, sind auch
                                                                                       dank dieser Reformen die Jugendarbeitslo-
Quelle: Eurostat, 2016c                                                                sigkeit sowie die Arbeitslosigkeit insgesamt
                                                                                       deutlich geringer.
Die Mär von der „prekären ­Arbeitswelt“ in Deutschland und andere Legende
                                                                                      13

                                         IE MÄR VON DER „PREKÄREN
                                        D
                                        ­ARBEITSWELT“ IN DEUTSCHLAND
                                         UND ANDERE LEGENDEN

                      „Die Hartz-Reformen zielten neben der Verbesserung der Ar-
                      beitsvermittlung vor allem auf die Etablierung neuer Beschäf-
                      tigungsformen, die Normalarbeitsverhältnisse nicht ersetzen,
                      sondern ergänzen sollten. Genau diese Entwicklung prägt heute
                      die wirtschaftliche Dynamik im Land.“

                      Sigmar Gabriel und Andrea Nahles,
                      Gastbeitrag in der „Süddeutschen Zeitung“ vom 25. Januar 2015
14                                                  BDA | FAKTEN STATT ZERRBILDER – DIE REALITÄT AUF DEM DEUTSCHEN ARBEITSMARKT

                               2a	Flexible Beschäftigungsverhältnisse
                                   ­schaffen Arbeit und ermöglichen Teilhabe

                                           ZERRBILD

                               FAKTEN
                                                „Vier von zehn Beschäftigten in Deutschland arbeiten nicht in ei-
                                                nem Normalarbeitsverhältnis, sondern in atypischer Beschäfti-
   2015 waren mit 23 % der ab-                  gung wie Minijobs, Teilzeit und Leiharbeit. Ihr Anteil an allen Ar-
   hängig Beschäftigten deutlich                beitsverhältnissen ist von 2013 auf 2014 sogar leicht gestiegen.“
   weniger flexibel beschäftigt
   als noch 2006 mit knapp 26 %                 DGB, „Leiharbeit, Teilzeit, Minijobs: 40 Prozent atypisch
   (Stat. Bundesamt, 2016e).                    ­beschäftigt“, www.dgb.de, 13. April 2015

   Der Anteil der flexibel Beschäftigten an der Bevölkerung                   Zwischen 2006 und 2015 sind rd. 2,7 Mio.
   ist zwischen 2006 und 2015 konstant geblieben. Dagegen                     neue „Normalarbeitsplätze“ entstanden,
   ist der Anteil der Erwerbslosen gesunken und der Anteil                    die flexible Beschäftigung ist hingegen
   der „Normal­arbeitnehmer“ gestiegen (Stat. Bundesamt,                      um 40.000 gesunken (Stat. Bundesamt,
   2016e).                                                                    2016e).

                                                                                 Für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeit-
                                                                                 nehmer sind flexible Beschäftigungsformen
2,7 MIO. ZUSÄTZLICHE „NORMALARBEITSPLÄTZE“                                       (geringfügige Teilzeit, Minijob, Zeitarbeit, Be-
SEIT 2006                                                                        fristung) der einzig mögliche Einstieg in Er-
                                                                                 werbstätigkeit.
Beschäftigte in flexiblen und sog. Normalarbeitsverhältnissen in Mio.
                                                                                     Entgegen zahlreichen falschen Behaup-
                                                                                 tungen insbesondere von Gewerkschaftsseite
25,0                                                                             gab es in den vergangenen zehn Jahren keine
                                                                                 Ausweitung von flexiblen Beschäftigungsfor-
                                                                      24,8
                                                                                 men. Zwischen 2006 und 2015 waren rd. 14 %
22,5
                                                                                 der 15- bis 64-Jährigen flexibel beschäftigt.
                                                                                 Deutlich gestiegen ist aber der Anteil der
20,0       Normalarbeitsverhätnisse                                              Menschen im erwerbsfähigen Alter, die ei-
  …                                                                              nem sog. Normalarbeitsverhältnis nachge-
                                                                                 hen: von 40 % auf 47 %. Der Anteil derjenigen,
10,0
                                                                                 die arbeitslos sind bzw. keiner Beschäftigung
                                                                                 nachgehen, ist erfreulicherweise von 33 %
 7,5                                                                             auf 26 % gesunken (Stat. Bundesamt, 2016e).
           Flexible Beschäftigung                                     7,5
                                                                                     Gerade flexible Beschäftigungsformen
 5,0                                                                             haben in der Vergangenheit dazu beige-
                                                                                 tragen, dass viele Geringqualifizierte und
 2,5                                                                             Langzeitarbeitslose den Weg zurück in den
       2006 2007 2008 2009 2010          2011    2012   2013   2014    2015      Arbeitsmarkt gefunden haben. Im Jahr 2015
                                                                                 waren über 40 % der abhängig Beschäftigten
Quelle: Statistisches Bundesamt, 2016e                                           ohne Berufsausbildung in flexiblen Beschäf-
                                                                                 tigungsverhältnissen tätig (Stat. Bundesamt,
                                                                                 2016f).
Die Mär von der „prekären ­Arbeitswelt“ in Deutschland und andere Legende
                                                                                                                                             15

Beschäftigte wollen Flexibilität
Flexible Beschäftigungsformen werden zu                      „NORMALARBEITSVERHÄLTNIS“ AUF DEM
Unrecht als „atypisch“ oder gar „prekär“                     ­VORMARSCH – FLEXIBLE BESCHÄFTIGUNG
diffamiert. Unter „atypisch“ werden alle Be-
schäftigungsverhältnisse zusammengefasst,
                                                             BLEIBT KONSTANT
die vom „Normalarbeitsverhältnis“ (u.       a.               Entwicklung der Beschäftigungsformen als Anteil an den
vom Statistischen Bundesamt aufgefasst als                   15- bis 64-Jährigen insgesamt, in %
unbefristete Vollzeit- oder vollzeitnahe Tä-
tigkeit mit voller Sozialversicherungspflicht
und Identität von Arbeitgeber und Arbeitsort)
abweichen. Dabei arbeiten knapp 50 % der
                                                                                           26                 nicht erwerbstätig/
beschäftigten Frauen bewusst in Teilzeit oder                                                                 arbeitslos
in einem Minijob. Der Hälfte der beschäftig-                             33
ten Frauen deswegen das eindeutig negative
Etikett „atypisch“ anzuheften, ist eine rein
politisch motivierte Verzerrung der Reali-                                                 14                 flexible Beschäftigung
tät. Flexible Beschäftigungsformen sind zu
einem nicht unerheblichen Teil von den Be-                               14
schäftigten erwünscht und erhöhen ihre Teil-                                               7                  Selbstständige
habemöglichkeiten am Arbeitsmarkt: Teilzeit
und geringfügige Beschäftigung erleichtern                               7
die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Mini-
jobs geben die Gelegenheit zu einem kleinen
Hinzuverdienst, Zeitarbeit und befristete Be-
schäftigung unterstützen nachweislich den                                                  47                 Normalarbeitsverhältnis
(Wieder-)Einstieg ins Berufsleben.                                       40

    Falsch ist auch die Behauptung, dass fle-
xible Beschäftigung zu immer mehr instabi-
len Arbeitsverhältnissen geführt hat: So ist
die durchschnittliche Betriebszugehörigkeit                              5                 6                  in Bildung oder Ausbildung
von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern
in einem Betrieb zwischen 2000 und 2015 von                            2006              2015
zehn auf elf Jahre sogar gestiegen (OECD,
2016b).                                                      Quellen: Statistisches Bundesamt, 2016e; Eurostat, 2016f; eigene Berechnungen
16                                             BDA | FAKTEN STATT ZERRBILDER – DIE REALITÄT AUF DEM DEUTSCHEN ARBEITSMARKT

                        2b	Teilzeit fast immer aus
                            privaten Gründen gewollt

                                          ZERRBILD

                          FAKTEN
                                            „Viele Frauen in Minijobs und Teilzeit würden ihre Arbeitszeit
                                            gerne ausweiten, stoßen beim Arbeitgeber aber auf taube Oh-
 Knapp 90 % der teilzeitbeschäf-            ren. So bleiben sie, oft ihr gesamtes Berufsleben lang, in der
 tigten Frauen gehen aus privaten           Teilzeit-Falle stecken.“
 Gründen keiner Vollzeittätigkeit
 nach, z. B. wegen familiärer Ver-          Elke Hannack, stellvertretende DGB-Vorsitzende, ­
 pflichtungen (Eurostat, 2016e).            Pressemitteilung vom 7. März 2016

 Die Teilzeitquote – also der Anteil der Teilzeitbe-        Wachsende Teilzeit ist auch das Resultat einer deut-
 schäftigten an allen sozialversicherungspflich-            lich gestiegenen Erwerbsbeteiligung von Frauen.
 tig Beschäftigten – hat sich in den vergangenen            Im Jahr 2015 gingen knapp 74 % aller Frauen (20-
 Jahren erhöht und lag im Juni 2015 bei rd. 27 %            bis 64-Jährige) einer Erwerbstätigkeit nach, 2000
 (BA, 2017b).                                               waren es nur knapp 61 % (Eurostat, 2016d).

                        Wie widersinnig es ist, gegenüber der unbe-       der Sprung direkt in eine Vollzeitbeschäfti-
                        fristeten Vollzeittätigkeit alle anderen Be-      gung gelingt bei diesem Personenkreis deut-
                        schäftigungsverhältnisse als „atypisch“ oder      lich seltener (IAB, 2013a).
                        gar „prekär“ herabzuqualifizieren, macht das
                        Beispiel der Teilzeitbeschäftigung ganz be-           Heute arbeiten rd. 46 % aller sozialver-
                        sonders deutlich: In den vergangenen Jah-         sicherungspflichtig beschäftigten Frauen
                        ren ist die Erwerbsbeteiligung von Frauen         in Teilzeit (BA, 2016c), andere wollen gezielt
                        erfreulicherweise deutlich gestiegen. Sehr        das Haushaltseinkommen mit einem Minijob
                        viele Mütter entscheiden sich nach der El-        aufbessern. Insgesamt übten nach Angaben
                        ternzeit bewusst und aus unterschiedlichs-        des Statistischen Bundesamts im Jahr 2016
                        ten Gründen für eine Teilzeittätigkeit. In der    knapp 34 % aller abhängig beschäftigten
                        Regel sind besondere Wünsche des Arbeitge-        Frauen eine Erwerbstätigkeit aus, die in die
                        bers da gar nicht im Spiel. Die Ausweitung der    Kategorie „atypisch“ fiel (Stat. Bundesamt,
                        Teilzeit war daher auch politisch gewollt: Im     2016e). Die Herabwürdigung der in den aller-
                        Jahr 2001 wurde der rechtliche Anspruch auf       meisten Fällen freiwillig gewählten Erwerbs-
                        Teilzeit gesetzlich verankert. Über 80 % der      normalität von mehr als einem Drittel aller
                        teilzeitbeschäftigten Frauen geben an, mit ih-    beschäftigten Frauen geht damit völlig fehl.
                        rer Arbeitszeit zufrieden zu sein (IAB, 2016d).

                                                                          Rahmenbedingungen für V ­ ollzeit-
                        Teilzeitbeschäftigung schafft                     und vollzeitnahe Beschäftigung
                        ­Teilhabechancen                                  verbessern
                        Teilzeitbeschäftigung verbessert insgesamt        Der hohe Anteil von Frauen, die nicht in Voll-
                        die Teilhabechancen für teilweise sehr be-        zeit erwerbstätig sind, hat allerdings auch
                        nachteiligte Nichterwerbstätige: 2012 waren       dazu geführt, dass die Arbeitsmarktpotenzi-
                        rd. 22 % der neu eingestellten Teilzeitbe-        ale vieler gut qualifizierter Frauen teilweise
                        schäftigten zuvor entweder langzeitarbeits-       ungenutzt bleiben. Zudem sind reduzierte Ar-
                        los oder nicht erwerbstätig (Stille Reserve);     beitszeiten bei Frauen ein wesentlicher Grund
Die Mär von der „prekären ­Arbeitswelt“ in Deutschland und andere Legende
                                                                                                                                      17

für Lohnunterschiede (IW, 2013). Wer weniger
arbeitet, erwirbt weniger berufliche Erfah-
rung und Kenntnisse und hat damit weniger                    ÜBER 80 % DER TEILZEITBESCHÄFTIGTEN FRAUEN
gute berufliche Karriere- und Verdienstchan-                 SIND MIT IHRER ARBEITSZEIT ZUFRIEDEN
cen. Dies sollte sich Deutschland allein schon
aufgrund der demografischen Entwicklung                      Wünsche nach Veränderung der Arbeitszeit bei teilzeitbeschäftigten
und wachsender Fachkräfteengpässe nicht                      Frauen, Anteile in %
länger leisten. Die deutsche Wirtschaft setzt
sich daher mit Nachdruck dafür ein, die Vo-
raussetzungen zur Vereinbarkeit von Familie
und Beruf weiter zu verbessern, damit mehr
Teilzeitbeschäftigten die Möglichkeit offen-                                                              kein Änderungswunsch,
steht, einer vollzeitnahen Tätigkeit nachzu-                                                              mit Arbeitszeit zufrieden
gehen.

    Um dieses Ziel zu erreichen, muss vor al-
                                                                                                                 82
lem der bedarfsgerechte Ausbau einer qua-
litativ hochwertigen Kinderbetreuungsinfra-
struktur und von Ganztagsschulangeboten
endlich höchste Priorität erhalten. Gerade                           Wunsch nach
im internationalen Vergleich hat Deutschland                         Verlängerung             18
hier noch großen Nachholbedarf.                                      oder Verkürzung

                                                             Quelle: Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, 2016d
18                                                BDA | FAKTEN STATT ZERRBILDER – DIE REALITÄT AUF DEM DEUTSCHEN ARBEITSMARKT

                       2c	Zeitarbeit: ein vollwertiges Arbeitsverhältnis

                         ZERRBILD

          FAKTEN
                           „Auch bei der Leiharbeit brauchen wir eine stärkere Regulierung und eine Ein-
                           dämmung. Gibt es doch zahlreiche Unternehmen, in denen Leiharbeit nicht mehr
 Zeitarbeit ist in         die Ausnahme, sondern die Regel ist.“
 Deutschland kein
 Massenphäno-              Stefan Körzell, DGB-Vorstandsmitglied
 men: 2015 wa-             Interview in der „Landeszeitung Lüneburg“ vom 1. August 2014
 ren nur 2,5 % der
 abhängig       Be-
 schäftigten in der       Zeitarbeit bietet Chancen gera-                       „Bei deutschen Arbeitslosen steigt die
 Zeitarbeit    tätig      de für Arbeitslose: Im zweiten                        Wahrscheinlichkeit, aufgrund einer
 (BA, 2016d; IAB,         Halbjahr 2015 waren fast 70 %                         Tätigkeit in der Zeitarbeit später eine
 2016e).                  der neu eingestellten Zeitar-                         Tätigkeit außerhalb der Zeitarbeit zu
                          beitnehmer vorher ohne Be-                            finden, um 15 %. Bei arbeitslosen Aus-
                          schäftigung, knapp ein Viertel                        ländern steigt die Wahrscheinlichkeit
                          war vorher langzeitarbeitslos                         im Durchschnitt um 17 %, bei türkischen
                          oder noch nie beschäftigt (BA,                        Arbeitslosen um 18 %“ (IAB-Kurzbericht
                          2016d).                                               19/2016, 2016f).

                                                                                  Zeitarbeit ist kein zweitklassiger „Ersatzjob“,
                                                                                  wie oft behauptet wird, sondern ein vollwer-
                        NUR 2,5 % DER ABHÄNGIG                                    tiges Arbeitsverhältnis, das dem gleichen ar-
                       ­BESCHÄFTIGTEN ARBEITEN                                    beits- und sozialrechtlichen Schutz wie ande-
                                                                                  re Beschäftigungsverhältnisse unterliegt. Die
                        IN DER ZEITARBEIT                                         Bezahlung erfolgt fast zu 100 % nach Tarifver-
                       Anteil der Zeitarbeiterinnen und -nehmer                   trag mit der entsprechenden sozialen Absi-
                       an allen abhängig Beschäftigten in %                       cherung. Zudem wird in der Zeitarbeit zu 90 %
                                                                                  in Vollzeit gearbeitet. Insgesamt findet auch
                                                2,5    Zeitarbeit                 keine Verdrängung von Stammbelegschaften
                                                                                  durch Zeitarbeitnehmer statt. Vielmehr zei-
                                                                                  gen Untersuchungen des Instituts für Arbeits-
                                                                                  markt- und Berufsforschung, dass Zeitarbeit
                                                                                  zusätzliche Jobs geschaffen hat (IAB, 2013b).

                                                                                       Zeitarbeit müsste dem sog. Normalarbeits-
                                                                                  verhältnis zugerechnet werden. Aber das passt
                                               97,5                               nicht zur gewollten Stigmatisierung. Das Krite-
                                                                                  rium der fehlenden Identität von Arbeitsplatz
                                       Beschäftigung
                                                                                  und Arbeitgeber ist eine äußerst fragwürdige
                                   außerhalb der Zeitarbeit
                                                                                  Begründung, um Zeitarbeit als „atypisch“ und
                                                                                  „prekär“ herabzuqualifizieren. Schließlich ar-
                                                                                  beiten heute bereits viele Arbeitnehmerinnen
                                                                                  und Arbeitnehmer in verschiedenen Branchen
                       Quellen: Bundesagentur für Arbeit, 2016d; Institut für     nicht unmittelbar in dem Unternehmen, zu dem
                       Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, 2016e; eigene           sie im Arbeitsverhältnis stehen. Sie führen viel-
                       Berechnungen
                                                                                  mehr auf Baustellen oder in „fremden“ Betrie-
                                                                                  ben Aufgaben für „fremde“ Auftraggeber aus,
Die Mär von der „prekären ­Arbeitswelt“ in Deutschland und andere Legende
                                                                                                                                            19

so z. B. Beratungs- oder IT-Dienstleistungen.                Zeitarbeit – unverzichtbares
Niemand würde auf die Idee kommen, solche                    ­Flexibilisierungsinstrument
Arbeitsverhältnisse deshalb als „nicht normal“
zu bezeichnen.                                               Zeitarbeit ist zudem aus betrieblicher Sicht
                                                             ein unverzichtbares Instrument zur flexiblen
                                                             Steuerung des Personaleinsatzes, um stark
Einstieg in Beschäftigung durch                              schwankende Auftragseingänge und Absatz-
Zeitarbeit                                                   zahlen oder auch kurzfristige, vorübergehen-
                                                             de Personalausfälle abfedern zu können. Von
Zeitarbeit ist eine wichtige Beschäftigungs-                 dieser Flexibilität profitieren alle Beschäftig-
chance, vor allem für Geringqualifizierte und                ten eines Unternehmens.
Langzeitarbeitslose. Für viele dieser Men-
schen wäre die Alternative zur Zeitarbeit                        Durch Zeitarbeit können sich Unterneh-
oft nicht ein Beschäftigungsverhältnis beim                  men besser an bestimmte Situationen an-
Kundenunternehmen, sondern die Arbeits-                      passen, was allein mit der Stammbelegschaft
losigkeit. Rund 53 % der Zeitarbeitsstellen                  häufig nicht möglich wäre. Dieser Flexibili-
sind auf Helferniveau angesiedelt (BA, 2016d)                tätsgewinn geht nicht auf Kosten der Arbeit-
und gerade deswegen auch für Geringqua-                      nehmerinnen und Arbeitnehmer. Vielmehr
lifizierte eine gute Joboption. Über 30 % der                übernehmen die Zeitarbeitsunternehmen
Arbeitslosengeld-II-Empfänger, die aus Ar-                   das Beschäftigungsrisiko und stellen Zeitar-
beitslosigkeit heraus eine Beschäftigung                     beitnehmer überwiegend unbefristet an. In
aufnehmen, finden über die Zeitarbeit in den                 überlassungsfreien Phasen investieren zu-
Arbeitsmarkt zurück (IAB, 2016g). Zeitarbeit                 dem viele in die Weiterbildung ihrer Mitarbei-
ist für viele Menschen der Einstieg in eine Be-              terinnen und Mitarbeiter. Ohne den Einsatz
schäftigung auch in anderen Branchen. Ein                    von Zeitarbeit müssten viele Unternehmen
Viertel der Arbeitslosen, die in der Zeitarbeit              bei einem konjunkturellen Einbruch Stamm-
einen Job finden, nimmt innerhalb eines Jah-                 arbeitnehmer entlassen.
res eine Beschäftigung in einer Branche au-
ßerhalb der Zeitarbeit auf (BA, 2016d).

ZEITARBEIT BIETET BESCHÄF-                                   BESCHÄFTIGUNGSZUWACHS FAND INSBESONDERE
TIGUNGSMÖGLICHKEITEN FÜR                                     AUSSERHALB DER ZEITARBEIT STATT!
GERINGQUALIFIZIERTE                                          Abhängig Beschäftigte in der Zeitarbeit und abhängig Beschäftigte
Struktur der Zeitarbeitnehmer nach                           ­außerhalb der Zeitarbeit, in Tsd.
­A nforderungsniveau der Tätigkeit, in %
                                                             38.500

        4                   Experte                          38.000
        5                   Spezialist                       37.500          Beschäftigte außerhalb der Zeitarbeit
                                                             37.000

       38                   Fachkraft                        36.500
                                                             36.000
                                                             35.500
                                                             35.000
                                                                  …

                                                              1.000
       53                   Helfer
                                                                 500                                          Beschäftigte in der Zeitarbeit
                                                                    0
                                                                        2008      2009     2010     2011      2012      2013      2014          2015

                                                             Quellen: Bundesagentur für Arbeit, 2016d; Institut für Arbeitsmarkt- und Berufs­
Quelle: Bundesagentur für Arbeit, 2016d                      forschung, 2016e; eigene Berechnungen
20                                            BDA | FAKTEN STATT ZERRBILDER – DIE REALITÄT AUF DEM DEUTSCHEN ARBEITSMARKT

                       2d	Befristungen erleichtern Einstieg
                           ins Berufsleben

                                                 ZERRBILD

                                FAKTEN            „Überall in der OECD erhalten Berufsanfänger weit häu-
                                                  figer befristete Arbeitsverträge als erfahrene Angestell-
 Die OECD gelangt zu ihrer Bewertung,             te. In Deutschland ist der Graben zwischen den 15- bis
 dass jeder zweite unter 25-Jährige               24-Jährigen und den 25- bis 54-Jährigen so groß wie in
 bedauerlicherweise nur befristet be-             kaum einem anderen Land. […] Während in der älteren
 schäftigt sei, nur über einen skandalö-          Gruppe nur jeder Zehnte einen befristeten Vertrag hat, ist
 sen „Trick“: Sie zählt die große Gruppe          es bei den Jüngeren gut jeder Zweite.“
 der rd. 1,3 Mio. jungen Menschen in
 Ausbildung zu dieser „benachteiligten“           OECD, Pressemitteilung vom 27. Mai 2015
 Gruppe, obwohl sie dank Ausbildungs-
 vertrag doch auf dem besten Weg in
 qualifizierte und dauerhafte Beschäf-            Der Anteil der befristet Be-               Über 60 % der Neu-
 tigung sind. Erstausbildung hat ein na-          schäftigten an allen abhängig              einstellungen in der
 türliches Ende (die Prüfung) und muss            Erwerbstätigen liegt seit Jah-             Privatwirtschaft er-
 zwangsläufig befristet sein. Tatsäch-            ren unter 10 %, zuletzt 2015 bei           folgen unbefristet
 lich sind nur 21 % der Jugendlichen be-          7,8 % (Stat. Bundesamt, 2016g),            (IAB, 2015a).
 fristet beschäftigt (IAB, 2015a).                in der Privatwirtschaft sogar
                                                  nur bei 6,7 % (IAB, 2015a).

                       Befristete Arbeitsverhältnisse sind für Be-       Nur wenige befristet Beschäftigte
                       rufsanfänger und Berufsrückkehrer ein             in der Privatwirtschaft
                       wichtiges und akzeptiertes Modell für den
                       Einstieg in den Arbeitsmarkt. Entsprechend        Grundsätzlich sind in der Privatwirtschaft
                       sind Jüngere häufiger befristet beschäftigt       über 60 % der Arbeitsverträge bei Neuein-
                       als Ältere. Aber die wenigsten empfinden das      stellungen unbefristet (IAB, 2015a). Auch
                       als Problem, weil sie wissen, dass sie zum        deswegen liegt der Anteil der befristeten Ar-
                       größten Teil anschließend übernommen wer-         beitsverhältnisse an allen abhängig Beschäf-
                       den. Tatsächlich sind die Übernahmequoten         tigten seit Jahren unter 10 %, zuletzt bei 7,8 %
                       beachtlich gestiegen: In der Privatwirtschaft     (Stat. Bundesamt, 2016g). In der Privatwirt-
                       erhalten drei Viertel der befristet Beschäftig-   schaft waren sogar nur 6,7 % der Beschäftig-
                       ten (75 %) eine Beschäftigungsperspektive im      ten befristet (IAB, 2015a). Zu einem gehäuf-
                       gleichen Betrieb, davon werden 42 % direkt        ten Einsatz von befristeten Arbeitsverträgen
                       übernommen und 33 % verlängert; 2009 wa-          kommt es insbesondere dort, wo Stellen von
                       ren es „nur“ 62 % (IAB, 2015a).                   öffentlichen Haushalten und von Fördermit-
                                                                         teln abhängen. Somit finden sich Befristun-
                                                                         gen überdurchschnittlich oft im öffentlichen
                                                                         Dienst, in Universitäten und in Forschungs-
                                                                         einrichtungen und weniger in der Privatwirt-
                                                                         schaft (IAB, 2015a).
Die Mär von der „prekären ­Arbeitswelt“ in Deutschland und andere Legende
                                                                                                                                          21

Befristungen verbessern
­Einstellungschancen
                                                             DREI VIERTEL DER BEFRISTET BESCHÄFTIGTEN
Befristungen steigern die Einstellungschan-                  ERHALTEN ANSCHLUSSPERSPEKTIVE IM SELBEN
cen für Menschen ohne Berufserfahrung
oder mit langer Erwerbsabstinenz und kön-
                                                             BETRIEB
nen Arbeitslosigkeit verhindern oder been-                   Anteil der Übernahmen und Verlängerungen von befristet Beschäftigten
den. Sie ermöglichen somit soziale Teilhabe                  in der Privatwirtschaft in %
und verdienen Unterstützung in Politik und
Gesellschaft und keine Diffamierung als
„atypisch“.                                                                          33      30                33
                                                                                                      31
                                                                              32

Befristung ermöglicht f­ lexible                                  29                                                         Verlängerungen
Arbeitsgestaltung
Für Unternehmen sind Befristungen unver-                                                     44
zichtbar, um gerade auch familienbedingte                                            41               42       42
(temporäre) berufliche Auszeiten (z. B. auf-                                  37
grund von Teilzeitarbeit oder Eltern- und                         32
Pflegezeiten) auszugleichen, die Vereinbar-
keit von Beruf und Familie zu erhöhen und                                                                                    Übernahmen
somit die Erwerbsbeteiligung besonders von
Frauen zu stärken. Je besser die betriebli-
chen Möglichkeiten sind, familienbedingte
berufliche Auszeiten personalwirtschaftlich                     2009         2010   2011   2012      2013     2014
zu kompensieren, desto besser sind auch die
Möglichkeiten, solche Modelle zur flexiblen
Arbeitsgestaltung anzubieten.                                Quelle: Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, 2015a

ANTEIL DER BEFRISTUNGEN SEIT JAHREN AUF GERINGEM NIVEAU
Anteil der befristet und unbefristet Beschäftigten an allen abhängig Beschäftigten in %

   91,4      90,8       90,9      90,8      91,1      90,8      90,9         91,6   92,0   92,3     92,2

                                                                                                                 Unbefristet Beschäftigte

    8,6       9,2       9,1       9,2       8,9        9,2       9,1         8,4    8,0     7,7      7,8         Befristet Beschäftigte

   2005      2006      2007      2008      2009      2010       2011         2012   2013   2014     2015

Quelle: Statistisches Bundesamt, 2016e
22                                               BDA | FAKTEN STATT ZERRBILDER – DIE REALITÄT AUF DEM DEUTSCHEN ARBEITSMARKT

                          2e Minijobs: unverzichtbar

                             ZERRBILD

             FAKTEN                                                                            Minijobs sind für Ar-
                               „Die meisten Minijobber wollen länger arbeiten
                               und auch mehr verdienen. Vom Minijobsystem                      beitgeber teurer als
 Über 50 % der aus-            profitieren nur die Arbeitgeber, eine Brücke in                 sozialversicherungs-
 schließlich gering-           reguläre Beschäftigung sind die Minijobs nicht.“                pflichtige Beschäfti-
 fügig Beschäftigten                                                                           gungsverhältnisse:
 sind unter 25 oder            www.dgb.de > Arbeit und trotzdem arm:                           Anstelle des Arbeit-
 über 60 Jahre alt             ­Ungesicherte Beschäftigung – Herausforderung                   geberbeitrags zur So-
 (BA, 2016c), d. h., es         für Gewerkschaften und Politik, 8. April 2016                  zialversicherung von
 handelt sich über-                                                                            rd. 20 % bezahlt der
 wiegend um Schü-                                                                              Arbeitgeber bei Mini-
 ler,   Studierende                                                                            jobs eine Pauschal-
                              Minijobs meist eige-            Besonders bei Men-
 oder Rentner, die                                                                             abgabe i. H. v. rd. 30 %
                              ner Wunsch: Über                schen, die vor ihrem
 nicht primär auf                                                                              des Bruttolohns.
                              80 % der Minijob-               Minijob lange Zeit
 eine andere Tätig-           ber sind mit ihrer              ohne Beschäftigung
 keit am ersten Ar-           Arbeitszeit   zufrie-           waren, erhöht ein
 beitsmarkt bedacht           den und wünschen                Minijob die langfristi-
 sind und nicht vom           sich keinen größe-              gen Chancen auf eine
 Minijob allein „le-          ren Stundenumfang               sozialversicherungs-
 ben müssen“.                 (IAB, 2016d).                   pflichtige Beschäfti-
                                                              gung (IAB, 2016).

                          Die Zahl der ausschließlich geringfügig Be-           Über 80 % der Minijobber lassen sich be-
                          schäftigten lag zwischen 2006 und 2014 kon-       wusst von der Rentenversicherungspflicht
                          stant bei knapp 5,1 Mio. und ist zuletzt auf      befreien (Minijob-Zentrale, 2016). Das zeigt,
                          4,9 Mio. gesunken, obwohl gleichzeitig die        dass sie mit ihrem Minijob nicht zur Alters-
                          sozialversicherungspflichtige Beschäftigung       sicherung beitragen wollen, sondern sich et-
                          um 5 Mio. gestiegen ist (BA, 2017b). Eine Ver-    was dazuverdienen möchten. Insbesondere
                          drängung sozialversicherungspflichtiger Be-       geringfügig und teilzeitbeschäftigte Frauen
                          schäftigung fand nicht statt.                     entscheiden sich oft aus familiären Gründen
                                                                            gegen eine Vollzeit- oder vollzeitnahe Tätig-
                             Minijobs ermöglichen Menschen Teilha-          keit, etwa wegen der Betreuung und Erzie-
                          be am Erwerbsleben, die keine umfangrei-          hung von Kindern. Selbstverständlich muss
                          che Erwerbstätigkeit anstreben, sich aber         es aber das Ziel sein, dass möglichst viele
                          dennoch etwas hinzuverdienen möchten.             Frauen, die keiner anderen Beschäftigung
                          Dies gilt besonders für Schüler, Studierende      nachgehen, eine vollzeitnahe Tätigkeit auf-
                          und Rentner, aber auch für (Ehe-)Partner im       nehmen – gerade auch mit Blick auf den Auf-
                          Haushalt, die zum Familieneinkommen bei-          bau einer tragfähigen Altersvorsorge. Des-
                          tragen, aber nur in geringem Stundenumfang        wegen muss der Ausbau von hochwertigen,
                          arbeiten möchten.                                 bedarfsgerechten und bezahlbaren Kinder-
                                                                            betreuungs- und Ganztagsschulangeboten
                                                                            weiter voranschreiten.
Die Mär von der „prekären ­Arbeitswelt“ in Deutschland und andere Legende
                                                                                                                               23

Steuer- und Sozialversicherungs­                             Minijobs gerade in Stoßzeiten
recht schafft Fehlanreize                                    unverzichtbar
Zudem setzen das Ehegattensplitting mit den                  Minijobs helfen gerade kleinen Unternehmen,
Steuerklassen III und V sowie die beitrags-                  z. 
                                                               B. bei langen Öffnungszeiten, besonde-
freie Mitversicherung von Ehegatten oftmals                  rer Kundenorientierung und schwankender
Fehlanreize gegen eine umfangreichere Tä-                    Nachfrage, Beschäftigte passgenau einzu-
tigkeit. Knapp 40 % der Minijobber geben an,                 setzen. Hinzu kommt, dass die sozialversi-
dass sie aus steuerlichen Gründen lediglich                  cherungsrechtliche Abwicklung eines Mini-
einen Minijob ausüben (IAB, 2015b). Ein erster               jobs unbürokratisch erfolgt. Diese Vorteile
Schritt, den Übergang in eine sozialversiche-                überwiegen den Nachteil, dass Minijobs für
rungspflichtige Beschäftigung zu erleichtern,                Arbeitgeber teurer sind als sozialversiche-
wäre daher die Abschaffung der Steuer-                       rungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse.
klasse V, da diese die Zweitverdiener eines
Haushalts hoch belastet und damit eine Be-                       Minijobber unterliegen demselben arbeits-
schäftigungsausweitung vielfach unattraktiv                  rechtlichen Schutz wie voll sozialversiche-
erscheinen lässt.                                            rungspflichtig Beschäftigte. Jedoch bestehen
                                                             darüber noch immer sowohl auf Seiten der
                                                             Arbeitgeber als auch der Beschäftigten Infor-
Minjobs bekämpfen                                            mationsdefizite. Die BDA und ihre Mitglieds-
­Schwarzarbeit                                               verbände werden weiterhin mit verschiedenen
                                                             Formaten über Rechte und Pflichten im Ar-
Die im Jahr 2003 reformierten Minijobs leis-                 beitsrecht informieren und aufklären.
ten einen wesentlichen Beitrag zur Bekämp-
fung der Schwarzarbeit, denn sie schaffen
unbürokratische und legale Beschäftigungs-
möglichkeiten, die ansonsten teilweise in die
Schwarzarbeit fallen würden. Allein in Pri-                  BOOM BEI SOZIALVERSICHERUNGSPFLICHTIGER
vathaushalten hat sich die Zahl angemeldeter                 BESCHÄFTIGUNG – STAGNATION BEI MINIJOBS
Minijobber z. B. seit 2004 auf über 300.000
verdreifacht (Minijob-Zentrale, 2016). Würden                Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung und ausschließlich
Minijobs abgeschafft, würde das Volumen der                  geringfügig entlohnte Beschäftigung zum 30. Juni in Mio.
Schattenwirtschaft um rd. 7 Mrd. € steigen
(IAW, 2013).
                                                             32,5

                                                                                                                        31,4
Attraktive Gelegenheiten zum                                 30,0
                                                                                                               30,2
Nebenerwerb nehmen zu                                                                                  29,3
                                                              27,5                             28,0
                                                                                   27,7
Ein Minijob kann auch nicht pauschal mit ge-
ringer Entlohnung gleichgesetzt werden:                                  26,5
                                                             25,0
Während die Zahl der ausschließlich als Mini-                  …
jobber Beschäftigten seit der Einführung des
gesetzlichen Mindestlohns sinkt, nimmt die                     7,5
Zahl der Minijobber im Nebenerwerb zu, weil
der steigende Bedarf an Arbeitskräften mehr                    5,0
attraktive Gelegenheiten zum Nebenerwerb                                     5,0    5,0         5,1    5,0      5,1      4,9
schafft. Insbesondere in Süddeutschland, wo                    2,5
beinahe Vollbeschäftigung herrscht und Fach-
kräfteengpässe auftreten, nehmen Beschäf-
                                                                 0
tigte die Gelegenheit zu einem Zusatzverdienst
                                                                        2006       2008        2010    2012    2014     2016
über einen Minijob wahr (BA, 2016e). Es gibt
keine Hinweise dafür, dass Nebenerwerbstä-
tige hauptsächlich aus der Not heraus einen                     sozialversicherungspflichtig Beschäftigte
zusätzlichen Minijob ausüben. Vielmehr haben                    ausschließlich geringfügig entlohnte Beschäftigte
Beschäftigte mit Nebenerwerb bereits in ih-
rem Hauptberuf einen höheren durchschnitt-                   Quelle: Bundesagentur für Arbeit, 2017b
lichen Stunden- und Monatslohn als Beschäf-
tigte ohne Nebenerwerb (IW Köln, 2015).
24                                             BDA | FAKTEN STATT ZERRBILDER – DIE REALITÄT AUF DEM DEUTSCHEN ARBEITSMARKT

                        2f	„Aufstocken“ verhindert Armut
                            und schafft Chancen

                                          ZERRBILD

                         FAKTEN
                                            „Die Top-Einkommen boomen, während sich Millionen Vollzeit-
                                            arbeiter ihren Lohn auf dem Amt aufstocken lassen müssen.
 Über 80 % der „Aufstocker“ üben            [...] Ein gesetzlicher Mindestlohn ist sozial gerecht, weil jeder,
 lediglich eine Teilzeitbeschäfti-          der den ganzen Tag arbeitet, von seiner Hände Lohn auch leben
 gung oder einen Minijob aus und            können muss.“
 sind wegen geringer Arbeitszeit
 auf ergänzendes Arbeitslosen-
                                            Peer Steinbrück, Rede am 8. April 2013
 geld II angewiesen (BA, 2016f).

 Wenn Vollzeitbeschäftigte „aufstocken“, dann regelmäßig aufgrund                 Rund 80 % aller vollzeitbe­
 von familienbedingten Mehrbedarfen und nicht wegen geringer                      schäftigten Arbeitslosengeld-
 Löhne: Der Arbeitslosengeld-II-Anspruch eines verheirateten Al-                  II­-Bezieher leben in Mehrper­
 leinverdieners mit zwei Kindern in Berlin erlischt z. B. erst vollstän-          sonen-Bedarfsgemeinschaften
 dig bei einem Bruttostundenlohn von mehr als 15 €/Std.                           (BA, 2016f).

                        Ein weiteres Beispiel für die verzerrte Dar-      eigenes Erwerbseinkommen von Arbeitslo-
                        stellung der Arbeitsmarktlage ist die Diskus-     sengeld-II-Beziehern, die kleine und kleinste
                        sion über sog. Aufstocker, also Erwerbstäti-      Hinzuverdienste besonders attraktiv machen.
                        ge, die neben ihrem Einkommen ergänzendes
                        Arbeitslosengeld II erhalten.                         Dass in der Regel nicht geringe Löhne der
                                                                          Grund für die Aufstockung sind, zeigt sich
                                                                          auch daran, dass die Einführung des gesetz-
                        Die Hälfte der Aufstocker hat nur                 lichen Mindestlohns keinen wesentlichen
                        Minijob                                           Beitrag zum Abbau der Zahl der Aufstocker
                                                                          geleistet hat. Parallel zur Mindestlohneinfüh-
                        Die Ursachen für den Grundsicherungsbe-           rung ging die Zahl der Aufstocker nur gering-
                        zug bei Erwerbstätigkeit liegen bei einer         fügig zurück.
                        geringen Arbeitsstundenzahl oder fami-
                        lienbedingten Mehrbedarfen und nicht an
                        zu niedrigen Löhnen: 97 % der rd. 1,1 Mio.        Aufstockung ≠ „Arm trotz Arbeit“
                        abhängig beschäftigten Aufstocker haben
                        lediglich eine Teilzeitbeschäftigung bzw. ei-     Dass     ein   ergänzender      Arbeitslosen-
                        nen Minijob oder leben in Mehrpersonenbe-         geld-II-Bezug trotz Erwerbstätigkeit nicht
                        darfsgemeinschaften (BA, 2016f). Die Hälfte       mit „Arm trotz Arbeit“ gleichgesetzt werden
                        der Aufstocker übt einen Minijob mit einem        kann, zeigt schon ein einfaches Beispiel: Wür-
                        Einkommen von höchstens 450 € aus, mehr           de man den Grundsicherungsregelsatz deut-
                        als 30 % sind teilzeitbeschäftigt (BA, 2016f).    lich anheben – was vielfach zur vermeintli-
                        In der Regel wird also nicht ein zu geringer      chen Bekämpfung von Armut gefordert wird,
                        Lohn mit Arbeitslosengeld II aufgestockt,         dann würde die Zahl der Leistungsberechtig-
                        sondern genau umgekehrt: Die fast unge-           ten steigen. Das heißt, viele Menschen, die
                        schmälerte Grundsicherungsleistung wird           bisher kein ergänzendes Arbeitslosengeld II
                        mit geringem Arbeitseinsatz durch einen           beziehen, könnten dies dann beantragen. Ge-
                        Minijob aufgebessert. Ursächlich dafür sind       nau das Gegenteil der erwünschten Wirkung
                        vor allem nach wie vor bestehende Fehlan-         würde eintreten, die Zahl der Aufstocker wür-
                        reize bei der sog. Freibetragsregelung für        de zunehmen.
Die Mär von der „prekären ­Arbeitswelt“ in Deutschland und andere Legende
                                                                                                                                     25

    Das ergänzende Arbeitslosengeld II ist
eine Errungenschaft unseres Sozialstaats,
die signalisiert, dass sich Arbeiten lohnt, und
die anerkennt, dass Menschen im Rahmen ih-                   ÜBER 80 % DER AUFSTOCKER ÜBEN LEDIGLICH EINE
rer Leistungsfähigkeit ihren Lebensunterhalt                 TEILZEIT- ODER GERINGFÜGIGE BESCHÄFTIGUNG AUS
selbstständig sichern wollen. Dort, wo der
Verdienst nicht dazu ausreicht, ergänzt der                  Aufstocker nach Beschäftigungsumfang in %, März 2016
Staat das Einkommen mit Grundsicherungs-
leistungen aus Steuermitteln, so dass im
Sinne eines Mindesteinkommens das sozio­
kulturelle Existenzminimum stets gesichert
ist. Davon profitieren nicht nur diejenigen,                                 Teilzeit
die nur einer einfachen Tätigkeit nachgehen
können, sondern auch Menschen, die zwar                                                                     48
deutlich über dem Mindestlohn verdienen,
aber familienbedingte Mehrbedarfe haben.                                                35
So erlischt z. B. der Arbeitslosengeld-II-An-                                                                              Minijob
spruch eines verheirateten Alleinverdieners
mit zwei Kindern in Berlin erst vollständig bei
einem Bruttostundenlohn von mehr als 15 €
                                                                                                17
(bezogen auf eine 38-Stunden-Woche) 2 – ein
für geringer Qualifizierte in einfachen Tätig-
keiten kaum zu erreichender Betrag.                                                Vollzeit

2 Eigene Berechnungen; es werden 1.202 € Re-
gelbedarf, 721 € Kosten der Unterkunft und Heizung
sowie ein anrechnungsfreies Erwerbseinkommen
                                                             Quelle: Bundesagentur für Arbeit, 2016f
von 330 € unterstellt.

NUR 3 % DER AUFSTOCKER SIND ALLEINSTEHEND UND VOLLZEITBESCHÄFTIGT,
97 % HABEN FAMILIENBEDINGTE MEHRBEDARFE BZW. ARBEITEN NUR IN TEILZEIT
ODER MINIJOBS
Struktur Aufstocker nach Beschäftigungsumfang und Typ der Bedarfsgemeinschaften, in % (Datenstand März 2016)

                                                                                              Paarbedarfs­gemeinschaft
        Alleinstehend und                              Alleinerziehend und                    (mit und ohne Kinder)
        vollzeitbeschäftigt                            vollzeitbeschäftigt                    und vollzeitbeschäftigt

    3                       32                        2             18                  11                            34

0                             20                            40                          60                       80                   100

               Alleinstehend und                          Alleinerziehend und                             Paarbedarfsgemeinschaft (mit
               teilzeit- oder gering­                     teilzeit- oder gering­                          und ohne Kinder) und teilzeit-
               fügig beschäftigt                          fügig beschäftigt                               oder geringfügig beschäftigt

Quelle: Bundesagentur für Arbeit, 2016f
26                                          BDA | FAKTEN STATT ZERRBILDER – DIE REALITÄT AUF DEM DEUTSCHEN ARBEITSMARKT

                      2g	Geeignete Auszubildende
                          händeringend gesucht

                              ZERRBILD

               FAKTEN                                           Die Zahl der unbesetzten Ausbildungsplät-
                                „Wirtschaftslobbyis-
                                ten behaupten, keine            ze hat sich in den letzten fünf Jahren mehr
 Rechnerisch gab es im          Auszubildenden zu               als verdoppelt: Haben die Betriebe 2010 für
 September 2016 22.900          finden. Dabei bilden            rd. 19.600 Ausbildungsplätze keine geeig-
 mehr unbesetzte Aus-           Betriebe zu wenig               neten Bewerberinnen und Bewerber gefun-
 bildungsstellen als un-        aus.    Hauptschüler            den, waren es 2016 über 43.000 (BA, 2016g).
 versorgte     Bewerber.        und Geflüchtete ha-
 Damit ist das neunte           ben das Nachsehen.“
 Jahr in Folge am Ende                                          Das Engagement der Betrie-
 des Beratungsjahrs ein         DGB, 16. Juli 2016              be für Ausbildung ist konstant
 Stellenüberhang zu ver-                                        hoch. Obwohl die Zahl der
 zeichnen (BA, 2016i).                                          Schulabgänger mit Haupt-
                                                                und Realschulabschluss –
                               Die Einmündungsquo-
                                                                den Hauptnachfragern nach
                               te von Bewerberinnen
                                                                Ausbildungsplätzen – seit
                               und Bewerbern mit
                                                                2003 um ein Viertel gesun-
                               max. Hauptschulab-
                                                                ken ist, ist die Zahl der Aus-
                               schluss ist von 2010
                                                                bildungsverträge im gleichen
                               bis 2012 um 4,4 % Pro-
                                                                Zeitraum nur um rd. 6 % ge-
                               zentpunkte gestiegen
                                                                sunken (BIBB, 2016).
                               (BMBF, 2015).

                      Ein typisches Beispiel für die verzerrte Dar-    betrachten. Denn kleine und Kleinstbetrie-
                      stellung des betrieblichen Ausbildungsen-        be, die immerhin über 95 % aller Betriebe in
                      gagements ist die Ausbildungsbetriebsquo-        Deutschlan ausmachen, haben immer wie-
                      te, deren Rückgang häufig beklagt wird. Die      der, aber eben nicht durchgängig Bedarf an
                      Quote trifft jedoch lediglich eine Aussage       Auszubildenden.
                      über die prozentuale Beteiligung der ausbil-
                      denden Betriebe an der Gesamtheit aller Be-          Erfreulich ist, dass der Anteil der kons-
                      triebe – und zählt dabei auch Unternehmen        tant ausbildenden Unternehmen von 42 % im
                      mit, die gar nicht ausbilden dürfen!             Zeitraum 2001 bis 2007 auf 47 % im Zeitraum
                                                                       2009 bis 2014 gestiegen ist (IAB, 2016a). Auch
                                                                       die Quote der Ausbildungsbetriebe, die Ab-
                      80 % der ausbildungsberechtigten                 solventinnen und Absolventen unmittelbar in
                      Betriebe bilden aus                              Beschäftigung übernehmen, ist über alle Be-
                                                                       triebsgrößen hinweg von 56 % im Jahr 2006
                      Laut IAB-Betriebspanel waren 2014 rd. 53 %       auf 68 % im Jahr 2014 deutlich gewachsen
                      aller Betriebe ausbildungsberechtigt. Zwi-       (IAB, 2016a). Dies belegt den dringenden Be-
                      schen 2009 und 2014 haben 47 % aller aus-        darf der Unternehmen an jungen Fachkräften
                      bildungsberechtigten Betriebe konstant und       und die guten Beschäftigungschancen von
                      33 % mit Unterbrechungen ausgebildet (IAB,       Fachkräften mit Berufsabschluss.
                      2016a). Somit beteiligten sich vier von fünf
                      aller zugelassenen Unternehmen aktiv an
                      Ausbildung! Wichtig ist, die Ausbildungs-
                      beteiligung über mehrere Jahre hinweg zu
Sie können auch lesen