Festakt mit Bundeskanzlerin Angela Merkel Weg der Demokratie - Neue Webseite 3.2019
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
3.2019 2 € ISSN 1433-349X www.museumsmagazin.com Festakt mit Bundeskanzlerin Angela Merkel 25 Jahre Haus der Geschichte Weg der Demokratie Neue Webseite
intro Die Queen, Mini Cooper, Fußball oder James Bond – viele verschiedene Gedanken kommen uns in den Sinn, wenn wir an Großbritannien denken. Doch das „United Kingdom“ spielt für Deutschland noch eine weit größere Rolle, die sich im Laufe der Zeit immer wieder verändert hat: War Großbritannien nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst Besatzungsmacht, wurde es danach zu einem verlässlichen politischen und wirtschaft- lichen Partner in Europa sowie zu einem Sehnsuchtsland der Deutschen. Unsere neue Wechselausstellung „Very British“ wirft ab dem 10. Juli 2019 „einen deutschen Blick“ auf diese Entwick- lung und das besondere Verhältnis zwischen Großbritannien und Deutschland. Sie schaut auf politische, kulturelle und wirt- schaftliche Aspekte nach 1945 – sowohl in West- als auch in Ostdeutschland – und nimmt auch gegenwärtige Entwick- lungen wie den Brexit in den Blick. Eine andere Perspektive erlaubt die „Rückblende 2018“: Die beeindruckenden Fotos und Karikaturen des politischen Jahres 2018 präsentieren wir bis zum 11. August in Bonn und ab dem 22. August im Zeitgeschichtlichen Forum Leipzig. Eindrucksvolle Aufnahmen „Nach dem Mauerfall“ von Daniel Biskup zeigen wir im Museum in der Kulturbrauerei in Berlin. Freuen Sie sich im Herbst zudem auf ein abwechslungsreiches Programm anlässlich der Anfänge der parlamentarischen De- mokratie vor 70 Jahren in Bonn und rund um den 30. Jahrestag der friedlichen Revolution und des Mauerfalls in Berlin! Wir freuen uns auf Ihren Besuch in Bonn, Leipzig und Berlin! Dr. Hans Walter Hütter Präsident und Professor Zum 25. Jubiläum des Hauses der Geschichte am 14. Juni 2019 gratuliert Bundeskanzlerin Ein besonderes Objekt in der neuen Ausstellung Angela Merkel beim Festakt der Stiftung „Very British“ ist das Tigerfell aus dem bekannten dem Präsidenten des Hauses der Geschichte Fernsehsketch „Dinner for One“ des NDR Hans Walter Hütter (re.) und dem Kuratoriums- aus dem Jahr 1963. vorsitzenden Günter Winands (li.).
inhalt inaussicht Öffnungszeiten Di – Fr 9 – 19 Uhr, Sa, So, Feiertage 10 – 18 Uhr Öffentliche Begleitungen unter www.hdg.de inbonn inleipzig Anmeldungen Besuchergruppen Telefon 030 /4677779-11 Mo – Fr 9 – 16 Uhr inberlin besucherdienst-berlin@hdg.de Öffentlicher Nahverkehr Haltestelle S+U Friedrichstraße Bhf. Ausgang Reichstagufer Eintritt frei Tränenpalast S. 4 oben: © Gerhard Gäbler, unten: ullstein bild – ADN-Bildarchiv S. 5: Stiftung Haus der Geschichte/Stephan Klonk Entwurf: Claudia Grotefendt, Bielefeld 3/2018 S. 2: Stiftung Haus der Geschichte/Stephan Klonk S. 3: Stiftung Haus der Geschichte/Stephan Klonk Bildnachweis Titel: Stiftung Haus der Geschichte/Stephan Klonk S. 1 oben: Photonet.de Lehnartz Ort der deutschen Teilung Reichstagufer 17 Tränenpalast 10117 Berlin Telefon 030 / 4677779-11 Am 9. November 1989 öffnete sich Telefax 030 / 4677779-17 auch am Bahnhof Friedrichstraße www.hdg.de/traenenpalast die Grenze. Der im Ergebnis zu- nächst offene Wiedervereinigungs- prozess verlief rasant. Am 2. Juli facebook.com/ traenenpalastberlin Ort der deutschen Teilung 1990 feierten die Berliner die erste direkte Fahrt einer S-Bahn von Ost Rückblende 2018 Mein Verein Tränenpalast nach West über den Bahnhof Fried- 6 22 richstraße. Mit dem Ende der deut- schen Teilung verlor der Tränenpa- Der deutsche Preis last seine ursprüngliche Funktion. Zeitgeschichtliches Forum Leipzig Ort der deutschen Teilung Bundespräsident für politische Fotografie und Karikatur 28.2. – 25.8.2019 Tränenpalast, Berlin Very British im Haus der Geschichte Haus der Geschichte, Bonn Di – Fr 9 – 19 Uhr, Sa / So / Feiertag 10 – 18 Uhr 3.7. – 11.8.2019 imfokus 6 Very British Ein deutscher Blick PURER 12 Harry Potter Ein englisches Jugendbuch verzaubert die Welt LUXUS VERLÄNGERT BIS 6.10.2019 14 „A cup of tea, please!“ Alexandra Pack über die doppelte Staatsbürgerschaft Very British Purer Luxus Nach dem Mauerfall 17 The big German Per Mertesacker über den englischen Fußball inbonn 38 „Forum live“ in Leipzig Ein deutscher Blick Ausstellung 10.7.2019 – 8.3.2020 Gesichter der Macht 10. Juli 2019 – 8. März 2020 Di – Fr 9 – 19 Uhr Haus der Geschichte, Bonn Sa/So/Feiertage 10 – 18 Uhr Eintritt frei 11.9.2019 – April 2020 Zeitgeschichtliches Forum Leipzig Eröffnung der Wechselausstellung 10.9.2019, 19:00 Uhr Daniel Biskup. Fotografien 1990 –1995 Museum in der Kulturbrauerei, Berlin 14.2. – 6.10.2019 Ständige Ausreise 18 34 Museumsmeile Und wo warst Du? Willy-Brandt-Allee 14 Klares Profil Suche nach Halt?! 53113 Bonn Über die Gestaltungspotenziale der Schwierige Wege aus der DDR www.hdg.de Bundeskanzlerin Angela Merkel zum 25. Jubiläum „Rückblende 2018“ in Bonn Bundespräsidenten 30 Jahre Mauerfall Buchpremiere mit den Herausgebern im Haus der Geschichte Buchvorstellung mit Prof. Dr. Karl-Rudolf Korte Buchpräsentation und Gespräch Jana Göbel und Matthias Meisner 36 Verspielt Haus der Geschichte, Bonn mit Freya Klier und weiteren Zeitzeugen Anmeldung unter: berlin@hdg.de 22 Das Grundgesetz Museumsmeilenfest 2019 11.7.2019, 19:30 Uhr sowie Musik von Stephan Krawczyk Tränenpalast, Berlin ist nicht selbstverständlich! Zeitgeschichtliches Forum Leipzig 26.8.2019, 19:00 Uhr Bundespräsident Steinmeier diskutiert mit Bonner Studierenden inberlin Die Anfänge des 19.9.2019, 19:00 Uhr im Haus der Geschichte Parlamentarismus Nachwendekinder 37 Am Bahnhof Friedrichstraße in der Bundesrepublik Deutschland XXIII. Theodor-Litt-Symposium Die DDR, unsere Eltern 24 In guter Verfassung Modernisierungen im Tränenpalast nach 1945 Bildung in Demokratie und das große Schweigen Jubiläumsvortrag im ehemaligen Bundesrat Literarischer Abend mit Prof. Dr. Marie-Luise Buchpremiere mit dem Autor inleipzig Recker und Dr. Benedikt Wintgens und Diktatur Johannes Nichelmann 25 Eine deutsche Geschichte Plenarsaal Bundesrat, Bonn Bilanz und Perspektiven 30 Jahre Museum in der Kulturbrauerei, Berlin Musikalische Hommage an das Grundgesetz 38 „Es geht um den Diskurs“ 4.9.2019, 19:30 Uhr nach der Friedlichen Revolution 1.10.2019, 19:00 Uhr Sächsischer Ministerpräsident eröffnet „Forum live“ in Leipzig In Kooperation mit der Deutschen Gesell- 26 Auf dem Weg der Demokratie Toleranz schaft und der Theodor-Litt-Gesellschaft Museumsfest Neue Webseite mit neuen Features imbesonderen Einfach schwer www.deutsche-gesellschaft-ev.de zum Tag der Deutschen Einheit Buchvorstellung Zeitgeschichtliches Forum Leipzig Mit Theater, Workshops 29 Konzert im Bundesrat 42 Kunst lässt sich nicht unterdrücken mit Autor Joachim Gauck 26.9.2019, 10.00 –17.30 Uhr und Kinderbuchlesung Auftakt zur Jubiläumswoche Privatgalerie Bahß Haus der Geschichte, Bonn 27.9.2019, 10.00 –14.30 Uhr Tränenpalast, Berlin 12.9.2019, 19:30 Uhr 3.10.2019, 10:00 –18:00 Uhr 30 „Da steckt Geschichte drin“ Eintritt zu allen Veranstaltungen frei Großes Jubiläumsfest im Haus der Geschichte 40 inkürze Veranstaltungen in Bonn: Veranstaltungen in Leipzig: Veranstaltungen in Berlin: 32 Die neue Lounge 46 inzukunft / impressum www.hdg.de/ www.hdg.de/ www.hdg.de / Informieren, hören, lesen und entspannen haus-der-geschichte/ zeitgeschichtliches-forum/ museum-in-der-kulturbrauerei / im neuen Ambiente 47 imbilde veranstaltungen veranstaltungen veranstaltungen
imfokus Brexit forever? Mit Erschöpfung reagiert die europäische Öffentlichkeit auf das nicht enden wollende britische Brexit-Desaster. Ein Quantum Trost spendet da allenfalls noch die Geburt eines royalen Babys. Diese Eindimensionalität durch- bricht die neue Ausstellung „Very British“ im Haus der Geschichte in Bonn. Mit herausragenden Exponaten wie dem Tigerfell aus „Dinner for One“, einem Abendkleid der Queen oder dem Original- fußball aus dem WM-Finale 1966 veranschaulicht sie ab dem 10. Juli 2019 aus deutscher Perspek- tive nationale britische Besonderheiten und ihren Einfluss auf die deutsch-britischen Beziehungen. Very British Ein deutscher Blick von Christian Peters Queen Elizabeth II (6. v. li.) besucht mit Prinz Philip (8. v. li.) am 23. Mai 1965 Schloss Salem, den Wohnsitz der Schwester Prinz Philips, Theodora Prinzessin von Griechenland und Dänemark.
In England unvergessen ist das Finale des „Football Association Challenge Cup“ 1956 im Londoner Wembley-Stadion: Manchester City mit dem deutschen Torhüter Bert Trautmann tritt gegen Birmingham City an und gewinnt 3:1. In der 75. Spielminute erleidet Trautmann bei einem Abwehrversuch durch das Knie des Birmingham Stürmers eine schwere Verletzung im Nacken und spielt dennoch bis zum Ende weiter. Im Gedenken an die Luftangriffe auf Coventry und Dresden im Zweiten Weltkrieg ist der Chormantel des anglikanischen Bischofs von Coventry mit Motiven der Städte geschmückt. Über diesen Tigerkopf stolpert Butler James im Fernsehsketch „Dinner for One“ in regelmäßigen Abständen. „Britannia, rule the waves!“ nigung – es unterstützte die Politik der Nichtanerkennung der DDR und bot mit der BBC-Sendung „Briefe ohne Un- Die damalige Premierministerin Theresa May versprach terschrift“ DDR-Hörern eine Plattform für freie Meinungs- den Briten nach dem Brexit-Referendum „a truly Global äußerung. Demgegenüber zeigte es bis zum Epochenjahr Britain“, gleichsam ein Wiederaufleben der glorreichen 1989/90 wenig Interesse an einer grundlegenden Ände- Tradition des Empire, die auch nach dessen Zerfall das bri- rung des Status quo in Europa. Margaret Thatcher, die tische Selbstverständnis prägt. „eiserne Lady“, stimmte der deutschen Einheit nur wider- Tatsächlich ist das Verhältnis der Briten gegenüber willig zu. Die Ausstellung präsentiert eine ihrer Handta- einer vertieften europäischen Integration unter Einschluss schen. Diese wurden zu Markenzeichen ihres resoluten Großbritanniens seit jeher ambivalent. So eröffnet die Aus- und kompromisslosen Auftretens. stellung in Bonn zwar mit der aktuellen Brexit-Problematik, erinnert aber zugleich daran, dass vor dem Referendum 2016 bereits 1975 eine Volksabstimmung in Großbritan- Never-ending war nien über die Mitgliedschaft in der Europäischen Wirt- Bis heute irritiert viele Deutsche, wie sehr die Erinne- schaftsgemeinschaft (EWG) stattgefunden hatte. Damals rung an den Zweiten Weltkrieg das britische Deutsch- stimmten die Briten mehrheitlich für einen Verbleib in der landbild noch immer prägt, auch wenn sich dabei, wie EWG. Auch für Winston Churchill, der für der stets neu ausgerufene „Handtuchkrieg“ zwischen seine visionäre Europarede aus dem deutschen und britischen Touristen veranschaulicht, Jahr 1946 später mit dem in der Ernst und Spaß durchaus vermischen. Andererseits Ausstellung gezeigten Karlspreis belegt die Geschichte des britisch-deutschen Geden- der Stadt Aachen geehrt wurde, kens an die Luftangriffe auf Coventry und Dresden war Großbritannien kein Teil auch den Wandel: Die Städte wurden von Symbolen Europas: „We are with Europe, des Kriegsschreckens zu Orten der Versöhnung. Dies but not of it.“ zeigen der mit Motiven aus Coventry und Dresden ge- schmückte Chormantel des anglikanischen Bischofs Machtbewusst von Coventry wie auch der Dresden-Preis für Edward Herzog von Kent als Zeichen des Dankes für die bri- Schon lange bevor das Vereinigte tische Unterstützung beim Aufbau der Frauenkirche Königreich 1961 seinen ersten An- in Dresden. trag für die Aufnahme in die Europäi- Auch die sprichwörtliche deutsch-englische schen Gemeinschaften stellte, wandelte Fußballkonkurrenz ist trotz aller Rivalität von Fair- es sich für die Westdeutschen von einer Be- ness und gegenseitigem Respekt bestimmt. Einzelne satzungsmacht zur Schutzmacht, zum Verbündeten. Spielerpersönlichkeiten wie der legendäre deutsche Großbritannien bekannte sich zum Ziel der Wiederverei- Torhüter von Manchester City, Bert Trautmann, Das britische Kultauto Mini wird seit 2001 in einer Neuauflage von BMW gefertigt. 8 museumsmagazin 3.2019 museumsmagazin 3.2019 9
Prinzessin Diana wurde als Die Beatles beginnen ihre letzte Welttournee „Königin der Herzen“ bezeichnet am 24. Juni 1964 in München und zeigen sich und von der Presse auf Schritt trugen durch ihre Leistung und ihr Auftreten zum besseren seit ihrem Auftritt im Hamburger „Star Club“ und Tritt begleitet, Stern-Titelbild, Verständnis zwischen Briten und Deutschen bei. Das Na- 1962 erstmals wieder in Deutschland. 10. September 1992. tional Football Museum bereichert die Ausstellung mit dem Ball aus dem legendären WM-Finale 1966. Deutsche Royalisten scher Traditionsmarken wie Mini oder Rolls-Royce durch den deutschen BMW-Konzern nagen am britischen Selbst- Ein verbindendes Element zwischen Deutschland und bewusstsein. Dagegen beeinflusst die Entwicklung Londons Großbritannien bildet auch das englische Königshaus mit zum weltweit wichtigsten Finanzplatz (2017) nicht zuletzt seinen deutschen Wurzeln. So erinnern in der Ausstellung als Folge von Margaret Thatchers Deregulierungspolitik eine Medaille und die Krone von George I. an die von 1714 auch in Deutschland die Diskussion um die erfolgverspre- bis 1837 bestehende Personalunion mit Hannover. Das In- chendste Ausrichtung der Wirtschaft. teresse der deutschen Öffentlichkeit an den „Royals“ ist in Im Karneval ist der Brexit ein beliebtes Thema: Deutschland seit Jahrzehnten hoch, wie nicht zuletzt die Auflagenzahlen der Boulevardpresse belegen. Der erste „Same procedure as every year“ Jacques Tilly wählt für den Düsseldorfer Rosenmontagszug 2017 Theresa May Deutschlandbesuch der Queen im Jahr 1965 entwickelte Britische Musik, Mode und Literatur finden seit den 1960er als Motiv für einen Mottowagen. sich zu einem wahren Triumphzug. Ein Abstecher nach Sa- Jahren in Deutschland ein begeistertes Publikum. In den lem am Bodensee diente dabei nicht nur dem Treffen mit „Swinging Sixties“ erfasste das „Beatfieber“ deutsche Ju- der deutschen Verwandtschaft, sondern bildete für Prinz gendliche in West und Ost. An einer „Hörbar“ können die Philip auch eine Rückkehr an jene Bildungsstätte, die er als Ausstellungsbesucher britische Hits der letzten 50 Jahre Internatsschüler bereits 1933/34 besucht hatte. selbst auflegen und ihren Lieblingstitel in die Besucher- charts wählen. Die Ausstellung thematisiert das deutsche „Keep calm and carry on“ Interesse an britischen Krimis und Agenten, an dem Zau- berschüler Harry Potter sowie an Rosamunde-Pilcher-Ver- Gefährdet der „Brexit“ den engen wirtschaft- filmungen im Fernsehen. Der sprichwörtliche „britische lichen Austausch zwischen Deutschland und Humor“ mit seiner manchmal absurden Komik ist noch Großbritannien? Beide Länder haben sich in immer „Kult“, wie die Erfolge von Mr. Bean, Monty Python der Vergangenheit sowohl als Konkurrent oder des Silvestersketches „Dinner for One“ belegen. wie auch als Vorbild gesehen und wer- „Keep calm and carry on“ – ein britisches Motto, das ben für ihre Produkte einerseits mit zur Gelassenheit mahnt und auch in der heutigen Situation britischem Lifestyle – „Die feine engli- für die Briten und ihre europäischen Partner hilfreich sein sche Art“ – und andererseits mit deut- könnte. So verabschiedet die Ausstellung ihre Besucher mit scher Ingenieurskunst – „Vorsprung dem legendären Monty-Python-Hit: „Always Look on the durch Technik“. Übernahmen briti- Bright Side of Life“. Rowan Atkinson spielt als Mr. Bean zum 25. Geburtstag der Fernsehserie Das Gesicht der Swinging Sixties: eine Episode von 1994 nach, in der er Das britische Fotomodell „Twiggy“ einen vollbeladenen Mini vom Dach avanciert zur Stilikone aus lenkt, London 2015 einer ganzen Generation (o.). 10 museumsmagazin 3.2019 museumsmagazin 3.2019 11
imfokus imfokus Joanne K. Rowling ist mit ihrer Harry-Potter-Reihe die derzeit erfolgreichste britische Autorin. Am 3. Dezember 2001 belegen ihre Bücher die ersten vier Plätze der Spiegel-Bestsellerliste. Ein englisches Jugendbuch verzaubert die Welt Harry Potter dem Boden. Die „Potter-Mania“, die ihren Ursprung in den Gedanken einer fantasievollen, aber arbeitslosen Lehrerin in einem Café in Edinburgh hatte, ist ein globales Phänomen. Von Muggeln und Magiern Was aber ist das Erfolgsgeheimnis dieser Geschichte? Was macht ihren Zauber von Anne-Sophie Rüther aus? Für mich liegt der Clou in der Umgebung oder dem Setting, das Joanne K. Rowling erdacht hat: der Zauberwelt. Wie der Leser, so weiß auch Harry Potter selbst zunächst nichts von dieser Welt. Erst durch einen Brief, die Bestätigung seiner Aufnahme an der Hogwarts-Schule für Hexerei und Zauberei, erfährt er von dem Paralleluniversum, das direkt neben ihm, quasi in der Nachbarschaft, existiert. Von nun an unterscheiden sich die Figuren in Zauberer und Muggel, also Menschen, die keine magischen Fähigkeiten haben und denen die Zauber- welt nicht bekannt ist. Vieles funktioniert in der Zauberwelt anders oder ein- facher, als es in der Welt der Muggel der Fall ist. Daneben gilt es jedoch auch immer, die normalen Herausforderungen des Alltags zu meistern: Hausauf- „Eine Großmacht mögen wir nicht sein, aber dafür ein gaben, Ärger mit Lehrern und Freunden. Gerade den jungen Lesern, für die Harry Potter ursprünglich erdacht wurde, bietet die Geschichte daher neben großartiges Land. Wir sind das Land von Shakespeare, all der Magie auch Möglichkeiten der Identifikation: Es ist eine Geschichte vom Churchill, den Beatles, Sean Connery, Harry Potter”, Erwachsenwerden. Es geht um Freundschaft, füreinander Einstehen, Liebe, verkündet der britische Premierminister alias der Toleranz, Mut, den Umgang mit Verlust und Tod. britische Schauspieler Hugh Grant in Richard Curtis Film „Love Actually“ aus dem Jahr 2003. Am Gleis 9 ¾ Ich selbst bin seit meinem elften Lebensjahr im „Potter-Fieber“. Begierig habe Ist es vermessen, Harry Potter, einen 11-jährigen ich auf das Erscheinen jedes neuen Romans gewartet und den letzten Band Jungen und die Hauptfigur einer Jugendbuchreihe, schließlich sogar im Hörsaal der Universität unter der Bank gelesen. Einen Brief in einem Atemzug mit Ikonen der englischen Ge- aus Hogwarts habe ich leider nie erhalten, wohl aber die Gewinnmitteilung ei- schichte zu nennen? Die Geschichte von dem nes Preisausschreibens, wodurch meine Familie und ich noch vor Beginn der Zauberschüler, der als Kleinkind einen Mord- Dreharbeiten zum zweiten Potter-Film fünf Tage lang die Filmstudios bei Lon- anschlag auf seine Eltern überlebt und schließ- don und Edinburgh besuchen durften. Ein Blick nach England zeigt, dass ich lich zum Retter der Zauberwelt werden muss, mit meiner Meinung nicht alleine bin: Auch heute, über 20 Jahre nach dem kann als der englische Exportschlager des Erscheinen des ersten Romans, stehen täglich Menschen am Londoner Bahnhof 21. Jahrhunderts betrachtet werden: Seit dem King’s Cross und machen Fotos an der Backsteinmauer zwischen Gleis 9 und Erscheinen des ersten Romans im Jahr 1997 bricht Harry Gleis 10, durch die man durchtreten muss, um zu Gleis 9 ¾, dem Abfahrtsgleis Potter alle Rekorde. 40 Wochen hielt sich der erste Band auf des Hogwarts-Expresses, zu gelangen. Wer selbst einmal da war, kennt vielleicht der Bestsellerliste der New York Times. Übersetzungen der sie- diesen Augenblick, in dem man sich kurz der Idee hingibt, was passieren würde, ben Bücher gibt es in über 80 Sprachen. Bis 2018 wurden rund wenn man wirklich durch die Mauer gehen könnte. 500 Millionen Bücher verkauft. Autorin Joanne K. Rowling „Schoko-Frösche“, die „Winkel-Gasse“ oder der „Nimbus 2000“ sind nur zählt zu den reichsten Frauen der Welt. Zwischen 2001 einige Begriffe aus dem Harry-Potter-Universum, die ganz selbstverständlich und 2011 wurden die Bücher verfilmt, besetzt mit ei- Eingang gefunden haben in den Sprachgebrauch und das Denken des 21. Jahr- nem Ensemble aus erfolgreichen englischen Schau- hunderts. Der Literaturkritiker Denis Scheck attestiert J. K. Rowling und ihrem spielern. Weltweit gibt es Harry-Potter-Freizeit- Harry Potter, sie würden beweisen, „dass das Medium Buch auch im 21. Jahr- parks, werden Harry-Potter-Theaterstücke hundert noch die Macht besitzt, das Bewusstsein einer Gesellschaft zu prägen“. aufgeführt und sogar Quidditch-Turniere In einer Zeit, in der Feuilletons gern den Abgesang auf das Buch anstimmen, ausgetragen – leider bislang nur auf beweist Harry Potter, dass diese Sorge vielleicht unbegründet ist. Die Karikatur „Nr. 1: Harry Potter!“ Daniel Radcliffe als Harry Potter von Sebastian Krüger thematisiert in dem Kinofilm „Harry Potter im Dezember 2001 die Wirtschafts- und der Halbblutprinz“, 2009 kraft der „Potter-Mania“. museumsmagazin 3.2019 13
imfokus Alexandra Pack über die doppelte Staatsbürgerschaft „A cup of tea, please!“ Interview: Ulrike Zander Seit 26 Jahren lebt Alexandra Pack in Deutschland. 1990 kam die Londonerin während ihres Englischstudiums für ein Semester erstmals nach Köln und ab 1993 dauerhaft nach Deutschland, um als Englischlehrerin in der British Inter- national School St. George’s in Köln zu arbeiten und eine Familie zu gründen. Zur „Tea Time“ in Bonn sprach das museumsmagazin mit Alexandra Pack über ihren Entschluss, sich in der Bundesrepublik einbürgern zu lassen. Der britische Street-Art-Künstler Banksy hat in der Hafenstadt Dover eine riesige mm Sie haben am Bodelschwingh- Pack Natürlich wegen des Brexits. Großbritannien dem Brexit zustimm- mm Sie hätten sich auch nach dem Hintergründe nicht vergessen, zum EU-Flagge an eine Hauswand gemalt – Gymnasium in Herchen einen „Eng- Mein Mann ist Deutscher, unsere te, habe ich gehandelt und letztes Jahr Brexit immer noch in der Bundes- Bespiel die beiden Weltkriege. Sie und dazu einen Handwerker, der einen Stern lish Room“ geschaffen. Was kann man Kinder haben bereits die doppelte im September meine deutsche Staats- republik einbürgern lassen können, geben schon mal Kommentare von entfernt. Das Wandbild ist weithin sichtbar sich darunter vorstellen? Staatsbürgerschaft. Vor diesem Hin- bürgerschaft beantragt. hätten dann jedoch Ihren englischen sich, wenn man mit einem deutschen im Hafen von Dover, der seit jeher als Tor Pack Er beruht auf einem neuen Kon- tergrund habe ich panische Angst be- Pass verloren. Auto in ihrem Land umherfährt: „The nach Großbritannien gilt. zept: Schüler, die entweder unter- kommen, dass jemand sagen könnte: mm Wie sieht der Einbürgerungstest Pack Ja, das stimmt. Hätte ich wäh- Germans come in.“ Wir lachen nur oder überfordert vom Englischunter- „Also Frau Pack, Sie sind hier über aus? len müssen, dann hätte ich natürlich darüber, aber letztlich finde ich das richt sind oder gerne mehr Englisch 25 Jahre, aber Sie haben keine rich- Pack Er besteht aus 330 Fragen. Man den deutschen Pass genommen. Ich lächerlich. Meiner Meinung nach hat haben sie die Angelegenheit immer sprechen wollen, kommen freiwillig tigen Papiere oder keinen Pass.“ Da- muss aber nur 33 beantworten und 17 wollte einfach geregelte Verhältnisse der Brexit vielen die Möglichkeit ge- noch nicht durch das Parlament ge- zu mir in den „English Room“. her konnte ich nachts nicht mehr gut davon müssen stimmen. Es ist wie bei schaffen. Im Februar 2019 habe ich geben, die Ansicht zu vertreten: „Wir bracht. Dabei haben sie ganz andere schlafen. Ich habe dieses Thema zwei der Führerscheinprüfung: Man muss dann eine Urkunde erhalten, die einer wollen hier keine Ausländer.“ Der Probleme, um die sie sich kümmern mm Inwieweit gibt es dort „typisch Jahre lang weggeschoben. Doch als es einfach üben. Geburtsurkunde gleichkommt, mit Brexit ist eine Mischung aus Arroganz müssten. Britisches“? der man anschließend den Personal- und Ignoranz. Die Menschen scheinen Pack Es wird nur Englisch gespro- mm Können Sie mir eine Beispielfrage ausweis beantragt. Bei der Übergabe sich nicht darüber im Klaren gewesen mm Was ändert sich für die Deutschen chen. Union Jacks befinden sich auf nennen? meinten die Beamten: „Willkommen zu sein, wofür sie ihre Stimme abgege- ganz konkret durch den Brexit? Kissen und Tischdecken, die Queen Pack Wie sehen die Wappen vom in Deutschland!“, und betonten das ben haben. In diesem Sinne war auch Pack Studienaufenthalte von deut- hängt dort ebenso an der Wand Rhein-Sieg-Kreis und von Nord- neu erworbene Wahlrecht. unsere Inselmentalität nicht förder- schen Studenten in England werden wie Harry und Meghan und rhein-Westfalen aus? Es gab lich. „Made in Great Britain“ ist kein nicht mehr so einfach möglich sein. wir trinken immer Tee. Über auch sehr viele Geschichts- mm Gibt es aufgrund des Brexits ei- Gütesiegel. Allein das Gesundheits- Vielleicht haben sie dann besondere aktuelle englische Zeitun- fragen und Rechtsfragen. nen Anstieg an Einbürgerungen von system ist in Deutschland viel besser Visa für Europäer. Insgesamt wird gen können sich die Schüler Unabdingbar ist, dass Briten? als in Großbritannien. Der Brexit ist man mit deutlichen Hindernissen am über die politische Lage man Deutsch spre- Pack Ja, wir waren 19 Engländer. Das für die Menschen, die sich auf der In- Flughafen rechnen müssen: Die Pass- informieren, zudem chen kann. Die ist enorm viel. sel einmauern wollen. kontrollen werden sich verstärken. haben wir auch Deut schpr ü f u ng Zudem: Das Insulin für meine Mutter sehr viele Bücher. wird gesondert mm Wie schätzen Sie die Auswirkun- mm Bemerken Sie eine negative Stim- kommt aus Belgien – das wird für sie durchgeführt und gen des Brexits auf die deutsch-engli- mung in Deutschland gegenüber den sehr wahrscheinlich viel zu teuer. Im mm Warum haben ist anspruchs- schen Beziehungen ein? Engländern? Extremfall muss ich es hier kaufen Sie sich jetzt, nach voll: Einen Tag Pack Der Brexit ist Gift für jede Bezie- Pack Nein. Zuerst waren alle sehr und ihr rüberbringen. so vielen Jahren in lang werden die hung mit irgendeinem europäischen traurig. Jetzt sind sie eher fassungs- Deutschland, einbür- Deutschkenntnis- Land, nicht nur für Deutschland. Die los. Großbritannien hat sich insgesamt mm Welche Bereiche, Charaktereigen- gern lassen? se abgeprüft. Engländer haben die geschichtlichen lächerlich gemacht: Nach drei Jahren schaften oder Vorlieben ähneln oder 14 museumsmagazin 3.2019 museumsmagazin 3.2019 15
imfokus imfokus Per Mertesacker über den englischen Fußball The big unterscheiden sich zwischen Deut- nimmt man sich schen und Briten? auch mit Alkohol. Pack Ich fühlte mich hier ziemlich Es wird genauso viel schnell zu Hause. Wir sehen uns ziem- getrunken, aber die lich ähnlich und wir leben ähnlich – Auswirkungen sind an- German wobei Deutschland ein christlicheres dere. Mir fehlt hier ein Land als England ist. Am Anfang hat wenig der berühmte mich der Karneval geschockt. So et- britische Sarkasmus. was haben wir natürlich in England Die Deutschen nehmen nicht. Auffällig ist, dass die Englän- ironische Bemerkun- der viel mehr Pausen machen als die gen oft viel zu ernst. Interview: Ulrike Zander Deutschen – Teepausen. Keiner ar- beitet ohne eine Tasse Tee. Das habe mm Vermissen Sie das ich in meinem „English Room“ sofort Königshaus? eingeführt. Die Menschen sind hier Pack Seit ich hier in auch einen Tick ernster und viel or- Deutschland wohne – Der deutsche Fußballspieler Per Mertesacker spielte ganisierter als die Engländer. Bei viele Engländer sagen das nicht nur 104 Spiele für die deutsche Nationalmannschaft, meinem ersten Fußballspiel in einem Gleiche –, schätze ich die deutschen Stadion hat mich erstaunt, englischen Traditionen. Die sondern zuletzt (von 2011 bis 2018) auch beim FC Arsenal dass viele Bier tranken, aber nicht ge- Königsfamilie ist ein Symbol für in der Premier League. Anfang Oktober 2018 übernahm walttätig wurden. Ich möchte nicht Großbritannien. Mertesacker die Leitung der Fußballschule „Arsenal behaupten, dass jeder Engländer ein Hooligan ist. Aber in Deutschland be- mm Kann man Traditionen aus dem Academy“. In der ihnen eigenen Art haben die Engländer Abstand heraus eher schätzen? sogar einen Spitznamen für ihn: „big f… German“. Pack Ja. Wenn ich Elternsprechtag habe, biete ich Tee und Scones an – die Pack Weihnachten packen wir die mm Wie wurden Sie Mertesacker Ich glaube, dass es sich Eltern lieben das. Das ist eine schöne Geschenke nicht am Heiligen Abend in England aufge- dabei eher um einen Mythos aus der Tradition. Aber ehrlich gesagt: Ich lie- aus. Nein – man muss am ersten nommen, als Sie 2011 Vergangenheit handelt. Fußball im be auch Weckmänner. Mir gefällt be- Weihnachtsfeiertag morgens um zum FC Arsenal wechselten? Stadion ist in England sehr teuer ge- sonders Sankt Martin. Leider ist das halb sechs aufwachen und rich- Mertesacker Das Leben als Fuß- worden und einheimische Fans kön- Interesse der Engländer an Deutsch- tig zittern vor Freude, weil unter baller beschränkt sich sehr stark nen es sich teilweise gar nicht mehr land gering. Wir haben in der Schule dem Baum und am Ende des Bet- auf den Verein, die Mitspieler und leisten. Das hat die Stimmung sicher- versucht, einen deutsch-englischen tes in einem Säckchen die Geschen- den jeweiligen Trainer. Hier wur- lich auch verändert. Grundsätzlich Austausch aufzubauen, doch ohne Er- ke warten. Den Baum schmücken de ich sehr herzlich aufgenom- muss sich der deutsche Fußball be- folg. Ich habe unzählige Schulen an- wir auch nicht erst an Heilig Abend, men. Vor allem Trainer Arsène züglich Stimmung im Stadion nicht gerufen, die nicht interessiert waren. sondern so um den 14. Dezember. Wenger hat mir von Anfang an verstecken. Viele Engländer meinen, in Deutsch- Jeden Tag kommen neue Geschenke sein Vertrauen entgegengebracht. land sei sowieso nur alles grau und darunter. Man hat dann genug Zeit, Das war enorm wichtig. mm Können Sie eine Begebenheit er- mit Industrie verbaut. Ein weiterer daran zu rütteln und zu schütteln zählen, die Ihre Beziehung zu Groß- Unterschied ist, dass viele Engländer und sich zu fragen, von wem das mm Wie unterscheidet sich der britannien auf den Punkt bringt? von Freitagnachmittag bis Sonntag sein könnte. Was mich am Anfang in deutsche vom englischen Fußball? Mertesacker Zu meiner aktiven Zeit wegfahren. Das ist in Deutschland Deutschland sehr gestört hat, war die Mertesacker Der größte Unter- als Spieler habe ich die Anonymität nicht so üblich. Wenn Deutsche in Ur- Geschwindigkeit des Autoverkehrs schied liegt sicherlich in Physis und Londons immer wieder mal genos- laub fahren, dann für zwei Wochen. auf den Autobahnen. Der Rechtsver- Tempo – ich habe erst einmal einige sen. Natürlich wird man als Arsenal- Zudem besteht in der Qualität des kehr war nicht das Problem, aber das Wochen gebraucht, um mich darauf Spieler auf der Straße erkannt, aber Essens ein großer Unterschied: In Eng- Autobahnfahren, da habe ich damals einzustellen. dennoch war es für mich möglich, land denkt jeder zurecht an „baked wirklich geweint. Es ist viel zu schnell. auch mal mit der Londoner U-Bahn beans and bacon“, weil sich jede Fa- mm Gibt es in England tatsächlich die in die Stadt zu fahren. Das wäre in milie in England davon ernährt. Hier mm Was ist für Sie „very british“? Fankultur, die uns in Deutschland im- anderen Städten sicherlich nicht so ist Salat und Frischkost viel wichtiger. Pack Blumiger Stoff, Tee mit Milch, mer als vorbildlich erscheint? einfach möglich gewesen. Es gibt viele schöne Brotsorten – und Höflichkeit. Wenn Kinder zu mir in es ist alles viel kostengünstiger. den „English Room“ kommen und ge- fragt werden, ob sie eine „cup of tea“ mm Was hat Ihnen bezüglich der eng- haben möchten, antworten sie oft ein- lischen Traditionen in Deutschland fach mit „No“ – und ich entgegne: „In gefehlt? England heißt das: ‚No, thank you‘.“ „Ich erkenne mein Heimatland nicht mehr“, so Alexandra Pack. Sie hat nun die doppelte Staatsbürgerschaft erhalten und spricht sich weiterhin gegen den Brexit aus. 16 museumsmagazin 3.2019 museumsmagazin 3.2019 17
Bundeskanzlerin Angela Merkel zum 25. Jubiläum im Haus der Geschichte Klares Profil von Ulrike Zander „Am Mittag des 14. Juni 1994 war vieles ganz ähnlich wie heute – und zugleich vollkommen anders“, erklärte der Präsident der Stiftung Haus der Geschichte, Prof. Dr. Hans Walter Hütter, in seiner Begrüßungsrede zum Festakt „25 Jahre Haus der Geschichte“ am 14. Juni 2019. Auch damals stand ein Festakt bevor und zahlreiche Gäste warteten gespannt auf die Ansprache des Bundeskanzlers. Doch dem heutigen Tag könne er mit mehr Gelassenheit begegnen, da die Mitarbeiter der Stiftung auf 25 erfolgreiche Jahre zurückbli- cken könnten, so Hütter weiter. Nun hielt Bundeskanzlerin Angela Merkel die Festansprache. Dass Helmut Kohl neben seiner Idee, ein zeitgeschichtliches Museum zu gründen, auf das Stiftungskonzept bestanden habe sowie auf eine Kostenübernahme vom Bund, seien kluge Entscheidungen gewesen: „Denn dieses Haus soll allen offen- stehen, dieses Haus will einladen“, so Merkel. Wie vor 25 Jahren ist das Haus der Geschichte Anziehungspunkt zahlreicher Gäste, als die Bundes- kanzlerin zum Jubiläum gratuliert. 18 museumsmagazin 3.2019 museumsmagazin 3.2019 19
„Heute vor 25 Jahren – beinahe auf die Stunde genau – eröffnete Bundeskanzler sammenrücken zu lassen, der könne besser verstehen, warum wir uns für dieses Helmut Kohl dieses – damals wie heute – außergewöhnliche Museum der Zeitge- Europa auch heute einsetzen müssten und es wichtig sei, zu Kompromissen be- schichte. Dieses Haus war ihm eine Herzensangelegenheit“, führte die Bundes- reit zu sein, multilateral statt unilateral zu denken, global statt national zu han- kanzlerin vor rund 800 Jubiläumsgästen im Foyer des Hauses der Geschichte deln, schloss die Bundeskanzlerin ihre Festrede mit einem Blick in die Zukunft. aus. „In einem Haus wie diesem können wir förmlich spüren, dass Geschichte „Es sind aber natürlich nicht nur Sachen, aus denen nichts Abstraktes ist, sondern etwas, das jeden von uns berührt“, so Merkel. Dass Ohne Vorbild Geschichte spricht, sondern ganz besonders die Zeitzeugen, vor allem die Entwicklungen in der DDR, der Mauerfall und der Wiederverei- nigungsprozess in ihr emotionale Erinnerungen wach werden ließen, betonte „Kulturelle Bauvorhaben und Großprojekte – wie das Haus die Geschichte nahebringen und nachvollziehbar machen. Ihre sie ohne Umschweife: „Viele können sich das heute gar nicht mehr vorstellen, der Geschichte – hatte Bundeskanzler Helmut Kohl seiner- persönlichen Berichte und Erzählungen berühren. Sie verbin- was es 40 Jahre lang bedeutet hat, in zeit seinem Bauminister, Oscar Schneider, anvertraut“, hat- den uns unmittelbar mit historischen Begebenheiten. Es gibt „Es freut mich sehr, gemeinsam mit Ihnen das Jubiläum einer Institution zu feiern, kaum eindringlichere Mittel und Wege, sich der Vergangenheit einem geteilten Land mit Mauern und te Stiftungspräsident Hütter zuvor erläutert und neben der die es sich zum Ziel gesetzt hat, ein facettenreiches Geschichtsbild zu vermitteln – Stacheldraht zu leben.“ Daher bleibe Bundeskanzlerin auch den langjährigen Kuratoriumsvorsit- zu nähern. Daher kann ich es nur begrüßen, dass die Stiftung und zwar gleichermaßen sehr ansprechend wie auch hohen wissenschaftlichen es immanent wichtig, daran mit Aus- zenden Dr. Oscar Schneider sowie den heutigen Kuratori- ein großes Zeitzeugenportal eingerichtet hat – auf Initiative der Ansprüchen genügend. So wirkt das hier vermittelte Geschichtsbild in bestem stellungen und Zeitzeugen zu erinnern, umsvorsitzenden Dr. Günter Winands, den Vorsitzenden des Bundeskulturbeauftragten Monika Grütters.“ Sinne wie ein Mosaik. Welche Teile und wie viele Teile dieses Mosaiks sich den so die Bundeskanzlerin. „Auch etwas, Wissenschaftlichen Beirats, Prof. Dr. Joachim Scholtyseck, Bundeskanzlerin Angela Merkel Besucherinnen und Besuchern auch immer erschließen mögen – fest steht, das so unscheinbar ist wie ein Zettel und die Vorsitzende des Arbeitskreises gesellschaftlicher dass jeder und jede, der oder die sich auf die hier mögliche Zeitreise durch die mit handschriftlichen Notizen, kann Gruppen, Regine Möbius, begrüßt. Ein Vorbild, an dem sich der Aufbaustab in Vergangenheit begibt, in jedem Fall eine Ahnung von dem ganzen Bild bekommt; Geschichte machen, wie wir seit der der Anfangsphase hätte orientieren können, habe nicht existiert, so Hütter. „Wir also davon, was die nationale und kulturelle Identität unseres Landes ausmacht denkwürdigen Pressekonferenz von fingen bei null an, erprobten uns in kleinen Werkstattausstellungen und arbeite- und prägt. Das zu schaffen, ist eine große und überaus verdienstvolle Leistung. Günter Schabowski am Abend des ten auf die große Dauerausstellung hin.“ Diese verknüpfte historische Ereignisse So gratuliere und danke ich allen von Herzen, die die 25 Jahre dieses Hauses zu ganz 9. November vor 30 Jahren wissen“, mit aktuellen Geschehnissen und führte die Vergangenheit bis unmittelbar an außergewöhnlichen 25 Erfolgsjahren gemacht haben. Herzlichen Glückwunsch.“ fügte sie entsprechend hinzu. Oft seien die Gegenwart heran. „Bis heute ist der Zuspruch mit 20 Millionen Besuchen im Aus der Rede von Bundeskanzlerin Merkel zum 25. Jahrestag es gerade die kleinen Dinge des Alltags, Haus der Geschichte anhaltend hoch“, freute sich Hütter. Das sei ein Beleg für die des Hauses der Geschichte am 14. Juni 2019 die die großen Zusammenhänge und Aktualität von Inhalt und Präsentationsform, besucherorientierter und zielgrup- Fragen der Zeitgeschichte anschaulich pengerechter Vermittlung von Zeitgeschichte. „Die Faszination des Originalob- werden ließen. Seit 25 Jahren fördere das Haus der Geschichte unser Geschichts- jekts im Zusammenspiel mit modernen, digitalen Medien macht das Museum zu bewusstsein. Es sei inzwischen selbst Teil der Geschichte geworden, nicht zuletzt einem einzigartigen, attraktiven Ort“, so Hütter. Alle Mitarbeiter gäben der Stif- durch die Standorte in Bonn, Leipzig und Berlin: „Das Zusammenwirken an den tung seit 25 Jahren ein klares Profil. Dafür bedankte er sich ausdrücklich und lud verschiedenen Stätten in Ost und West macht die Stiftung selbst zu einem Beispiel am Abend des 14. Juni 2019 alle Mitarbeiter, Freunde und Förderer des Hauses gelebter deutscher Einheit“, versicherte Merkel. Geschichte biete Orientierung: zu einer Jubiläumsfeier ein, bei der viele Erinnerungen an den Aufbau des Muse- Wer sich beispielsweise vor Augen halte, was Robert Schuman, Jean Monnet und ums, die ersten Ausstellungen, Veränderungen im Laufe der Jahre sowie aktuelle Konrad Adenauer bewogen habe, Europa politisch und wirtschaftlich näher zu- Herausforderungen ausgetauscht wurden. Der langjährige Kuratoriumsvorsitzende Bundeskanzlerin Angela Merkel (M.), Bundeskanzlerin Angela Merkel und ehemalige Bundesbauminister Kuratoriumsvorsitzender Günter Winands trägt sich in das Gästebuch Oscar Schneider (li.) im Gespräch (2. v. li.), die Vorsitzende des Arbeitskreises des Hauses der Geschichte ein. mit dem Bonner General-Anzeiger gesellschaftliche Gruppen, Regine Möbius (li.), und Stiftungspräsident Hans Walter Hütter (re.) im Gespräch 20 museumsmagazin 3.2019 museumsmagazin 3.2019 21
inbonn Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (o. M.) freut sich über den Austausch mit Studierenden Bundespräsident Steinmeier diskutiert sollte eine Staatszielbestimmung vor dem „Enttäuschungs- der Universität Bonn (u. re.). prozess“ schützen, den die Weimarer Republik hervorgeru- mit Bonner Studierenden im Haus der Geschichte fen habe, erklärte der Bundespräsident. Doch habe 1949 so gut wie niemand über die Inhalte der Verfassung diskutiert: ner beeindruckenden Vorstellung eine Szene aus dem Bun- Das Grundgesetz „Es wurde in der Öffentlichkeit nicht wirklich darum gerun- destag zum Thema „Männer und Frauen sind gleichberech- gen, was Inhalt dieser Verfassung sein sollte, das hat man tigt“ vorzutragen, die zunächst zum Lachen anregte, dann den Experten auf Herrenchiemsee und dem Parlamentari- jedoch zur Nachdenklichkeit, als der Präsident der Stiftung schen Rat überlassen“, bedauerte Steinmeier. Umso mehr Haus der Geschichte, Prof. Dr. Hans Walter Hütter, erklär- ist nicht selbstverständlich! freute sich der Bundespräsident über die Diskussion mit te, dass diese Szene auf einem Originaltext einer Bundes- den Bonner Studierenden, die sich diesem anspruchsvollen tagsdebatte von 1952 basiere. Daraufhin diskutierten die Thema gewachsen zeigten. Studierenden lebhaft über die Umsetzung des Artikels 3: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt.“ Die First Lady Staatstragend der Bundesrepublik, Elke Büdenbender, fragte genau nach, ob es eine Gleichberechtigung in der jüngeren Generation von Ulrike Zander „Ich nehme mit großer Liebe zur Kenntnis, was das Grund- gebe, ob sich Männer auch für „Frauenberufe“ interessie- gesetz für uns leistet“, so ein Bonner Mathematik- und ren würden und ob sich die männlichen Studenten vorstel- Theologiestudent, der zudem der Meinung war, dass der len könnten, Elternzeit zu nehmen. Die Studierenden ga- Inhalt des Grundgesetzes durchaus im Alltag ankomme. ben einerseits Rückmeldung, dass die Gleichberechtigung Man müsse für die Grundlagen der Verfassung einstehen zwar theoretisch, aber nicht faktisch umgesetzt worden sei, und diese in den aktuellen Diskussionen gegen den rechten andererseits berichtete eine Medizinstudentin von vielen „Spürt man, dass Bonn ein besonderer Raum für die Schöpfung dieses Grundgesetzes ist?“, Rand verteidigen. „Vielleicht wird uns jetzt zum ersten Mal Programmen an der Universität, die Akademikerinnen mit fragte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die über 50 Studentinnen und Studenten bewusst, 70 Jahre nach Grundlegung dieser Verfassung, Kind unterstützten. der Universität Bonn, mit denen er zusammen am 15. Mai 2019 im Haus der Geschichte dass nichts selbstverständlich ist an diesen Garantien, son- Bundespräsident Steinmeier verwies in seinem Ab- dern dass es richtig und wertvoll ist, sich des Inhalts zu ver- schlussstatement noch einmal auf die Diskussion im Par- in Bonn über das Grundgesetz diskutierte. Das Sozialstaatsprinzip sowie die Gleichberechtigung sichern und dafür auch in der Öffentlichkeit einzutreten“, lamentarischen Rat, der bis zu 85 Prozent dem Entwurf von Mann und Frau standen im Mittelpunkt des Gesprächs. untermauerte der Bundespräsident die Aussage. von Herrenchiemsee gefolgt sei, aber gerade über den Satz „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ lange gestrit- Kurz bevor sich die Unterzeichnung des Grundgesetzes am weitgehend unterschätzte Verfassung“, so Steinmeier. Wäh- Im Originalgestühl ten habe: „Hätte es nicht die vier weiblichen Mitglieder des 23. Mai zum 70. Mal jährte, erinnerte der Bundespräsident rend in der Weimarer Reichsverfassung eine Reihe von so- Parlamentarischen Rates, allen voran Elisabeth Selbert, die noch einmal an dessen Entstehung sowie an seinen Vor- zialen Grundrechten aufgeführt worden seien, habe man Dass die Studierenden auf den originalen Stühlen des alten den Parlamentarischen Rat gehörig unter Druck gesetzt läufer, die Weimarer Reichsverfassung, die vor 100 Jahren für das Grundgesetz eine andere Lösung gewählt: das So- Bonner Bundestages in der Dauerausstellung des Hauses hat, gegeben, dann wäre das nicht Teil des Grundgesetzes entstand. „Eine, wie ich finde, in der deutschen Rezeption zialstaatsprinzip. Als Ersatz für die sozialen Grundrechte der Geschichte saßen, nutzte das „Theater Taktil“, um in ei- geworden“, so Steinmeier. 22 museumsmagazin 3.2019 museumsmagazin 3.2019 23
inbonn Jubiläumsvortrag im ehemaligen Bundesrat In guter Verfassung von Ulrike Zander „Vor 70 Jahren versammelten sich in diesem Raum die Mitglieder des Parlamentarischen Rates, um das Grundgesetz zu unterzeichnen“, erklärte der Präsident der Stiftung Haus der Geschichte, Prof. Dr. Hans Walter Hütter, am 23. Mai 2019 im ehemaligen Bundesrat. „Niemand wusste, wie sich Das Musikkorps der Bundeswehr (li.) diese vorläufige Verfassung entwickeln würde – dafür brauchte man Glück“, meinte Hütter. unter der Leitung von Oberstleutnant Christoph Scheibling (o.) präsentiert Entsprechend sprach der Rechtswissenschaftler und Mitglied des Wissenschaft- am 24. Mai 2019 eine eigene Komposition lichen Beirats der Stiftung, Prof. Dr. Otto Depenheuer, über „Das Glück des Grund- zum Grundgesetz. gesetzes“: „Keine Verfassung ist jemals mehr gelobt, ausgiebiger gewürdigt und Musikalische Hommage an das Grundgesetz gefeiert worden als das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland.“ Die- Eine deutsche Geschichte ses Grundgesetz scheine geradezu vom Glück getragen, begleitet und verfolgt zu sein, so Depenheuer. Sei nun – da das Grundgesetz das Fundament einer einzigen Erfolgsgeschichte bilde – eine Hagiografie angebracht, fragte der Rechtswissen- schaftler kritisch und bot direkt eine andere Perspektive an: Das größte Glück des Grundgesetzes sei nicht denkbar gewesen ohne das vorausgegangene größtmög- Rechtswissenschaftler Otto Depenheuer liche Unglück der deutschen Geschichte. Zudem geriete das Grundgesetz immer bei seiner Rede zum Grundgesetz mehr in einen politischen Überbietungswettbewerb und werde Teil der politischen von Lisa Kemle im ehemaligen Plenarsaal des Bundesrates Instrumentalisierung, führte Depenheuer aus. Während die Mitglieder des Parlamentarischen Rates das Grundgesetz als rechtliche Ordnung für eine Übergangszeit eingesetzt hätten, habe es sich Am 24. Mai 2019 verwandelte sich das Foyer stammte von Sammlungsdirektor Dr. Dietmar Preißler: „schlicht, bescheiden und unprätentiös“ im Prozess der Wiedervereinigung in der des Hauses der Geschichte in einen Konzertsaal: „Die Idee war, das Grundgesetz nicht nur als Rechtskör- ihm eigenen Form bestätigt. Heute erscheine es als „letzter Anker in unsicheren Das 70. Jubiläum des Grundgesetzes feierte das per, sondern auch als Kulturgut zu verstehen.“ Zeiten“, doch solle sich die Bundesrepublik Deutschland wieder stärker auf öf- Angelehnt an die Ausstellung beginnt die Komposi- fentliche Diskussionen konzentrieren, um das demokratische Ideal aufrecht zu Musikkorps der Bundeswehr mit einer musika- tion mit einem melancholischen Prolog, dem Mythos der erhalten. „Wenn keiner die Wahrheit kenne, empfiehlt es sich, dem anderen zu- lischen Zeitreise. „Stunde Null“, um dann die über achtmonatigen Beratun- zuhören“, so der Jurist am Ende seines Vortrags. Der Mut zur freien und offenen gen des Parlamentarischen Rates aufzugreifen, bevor ein Diskussion stärke die Demokratie, die kein Selbstläufer sei. „Besonders ist dies“, so der Präsident der Stiftung, musikalisches Zitat an das Volkslied „Ich hab‘ mich erge- Prof. Dr. Hans Walter Hütter, da Kulturschaffende sich ben“ von Hans Ferdinand Maßmann erinnert, das 1949 bisher eher selten mit der Verfassung auseinandergesetzt bei der Unterzeichnung des Grundgesetzes in Ermange- „Heute (…) beginnt ein neuer Abschnitt in der wechselvollen Geschichte hätten, „insofern ist das, was wir heute Abend erleben, lung einer Nationalhymne gesungen wurde. Die Bilder, die unseres Volkes: Heute wird nach der Unterzeichnung und Verkündung des geradezu einmalig, nämlich eine eigene Komposition zu dabei vor dem inneren Auge entstehen, wurden am Kon- Grundgesetzes die Bundesrepublik Deutschland in die Geschichte eintreten.“ Ehren des Grundgesetzes“. zertabend durch historische Fotos untermalt, die wichtige Konrad Adenauer sprach diese bedeutenden Worte am 23. Mai 1949. Ort des historischen Geschehens war die Pädagogische Akademie in Bonn. Zunächst stimmte das Musikkorps der Bundeswehr historische Ereignisse in Erinnerung riefen. Im ehemaligen Bundesrat rückt die Ausstellung „Unser Grundgesetz“ unter Leitung von Oberstleutnant Christoph Scheibling die Mahnende Takte symbolisierten die deutsche Erin- den Ort der Beratung, Unterzeichnung und Verkündung des Grundgesetzes anwesenden Gäste mit der Eröffnungsfanfare der Olympi- nerungskultur, zwei Glockenschläge und jüdischer Trau- der Bundesrepublik in den Fokus. schen Sommerspiele 1984 in Los Angeles und der Akade- ergesang erinnerten an den Holocaust. Die symphonische mischen Festouvertüre von Johannes Brahms auf die zen- Dichtung gipfelt in dem, laut Rennert, „wohl schönsten trale musikalische Darbietung des Abends ein: „70 Jahre deutschen Wunder“, der friedlichen Revolution und deut- Grundgesetz – Eine Deutsche Geschichte“, arrangiert vom schen Wiedervereinigung. orchestereigenen Komponisten, Stabsfeldwebel Guido Rennert, zeichnet musikalisch nicht nur die Entstehung der deutschen Verfassung nach, son- dern beleuchtet schlaglichtartig die Ge- schichte der Bundesrepublik und aus- gewählte Mythen. Der Impuls für das Stück 24 museumsmagazin 3.2019 museumsmagazin 3.2019 25
inbonn Trotz des Regens schreiten Bonn-Liebhaber auf dem Weg der Demokratie (o. li.), nachdem die Seit 2004 existiert als Kooperationsprojekt der Stiftung und der Stadt Bonn die neue Webseite (u.) von der Direktorin Digitale Neue Webseite mit neuen Features Erschließung des ehemaligen Regierungsviertels und Bonner Umlandes über den Dienste Ruth Rosenberger (M.), Sammlungs- „Weg der Demokratie“. Dieser stellt mit 64 Stationen einerseits über Bild- und direktor Dietmar Preißler (M.) und dem Bundes- Auf dem Weg Texttafeln authentische Orte vor, die die bundesdeutsche Demokratiegeschichte datenschutzbeauftragten Ulrich Kelber (li.) erst- seit 1949 prägten, und bietet andererseits – nun vollkommen neu konzipiert und malig präsentiert wurde. Das Online-Team (re.) überarbeitet – ein umfangreiches Online-Angebot: „Mit dem Smartphone kön- freut sich über den gelungenen Start. nen Sie sich von Ort zu Ort navigieren lassen oder bequem von zu Hause aus die der Demokratie historischen Orte erleben. Sie können zwischen neun Routenvorschlägen aus- wählen, Ihre Lieblingsorte selbst zusammenstellen oder sich für einzelne the- matische Schwerpunkte entscheiden wie beispielsweise Parteien, Staatsgäste oder Wohnen“, stellte die Direktorin Digitale Dienste, Dr. Ruth Rosenberger, das neue Projekt vor. Bei einem Insta- walk durch das Regierungsviertel von Ulrike Zander probierten die Social-Media-Exper- ten und Online-Redakteure sowie Bonner Stadtführer das neue An- gebot direkt aus – das funktionierte sogar im Regen. Social Media Walk „#wegderdemokratie mit Schirm im Regen, na und?!“, postete eine „Nur Bonn hat einen ‚Weg der Demokratie‘“, eröffnete Sammlungs- Teilnehmerin mit einem Smiley im direktor Dr. Dietmar Preißler die Präsentation der aktualisierten Webseite Internet. Die Gäste trotzten unter ih- www.wegderdemokratie.de am 21. Mai 2019 im Plenarsaal des alten ren Schirmen dem schlechten Wet- ter, während sie den Erklärungen Bundesrates. Darauf könne man stolz sein, denn Bonn sei durch die von Rosenberger und Preißler zum Erarbeitung und Verabschiedung des Grundgesetzes eine „Wiege der Bundeshaus, zum Langen Eugen Demokratie“, fügte Preißler hinzu. oder zum Tulpenfeld lauschten. „Der 26 museumsmagazin 3.2019 museumsmagazin 3.2019 27
inbonn inbonn Auftakt zum Jubiläumsfest Konzert im Bundesrat von Ulrike Zander Mit dem Konzert des renommierten „Vision String Quartet“ im Plenarsaal des Bundesrates am 12. Juni 2019 begann die Jubiläumswoche rund um den Festakt „25 Jahre Haus der Geschichte“. „Die wunderbare Kooperation mit dem Beethoven Orchester Schostakowitsch eine hervorragende Ergänzung: Das in- Bonn in Form der Kammerkonzertreihe werden wir an tensive Quartett in c-Moll bot vielseitige Interpretationen diesem historischen Ort auch in der nächsten Spielzeit fort- an. Selbstverständlich durfte in der Beethovenstadt auch setzen“, kündigte der Präsident der Stiftung, Prof. Dr. Hans ein Stück von Ludwig van Beethoven nicht fehlen: Auch das Walter Hütter, in seiner Begrüßungsrede an. Das „Vision „Streichquartett a-Moll op. 132“ wurde ohne Noten und mit- String Quartet“ sei ganz bewusst für diesen Abend gemein- reißend virtuos gespielt. Als Zugabe präsentierte das Quar- sam mit dem Beethoven Orchester Bonn ausgewählt wor- tett die Eigenkomposition „Samba“ – gezupft und geklopft. den, weil dieses dritte Bundesratskonzert ein besonderes Begeistert von der Ausdruckskraft des 2012 gegrün- sei: „Es ist der Auftakt für unsere Jubiläumswoche ‚25 Jahre deten „Vision String Quartets“, das derzeit alle internatio- Haus der Geschichte‘ in Bonn“, so Hütter. Die jungen Musi- nalen Preise gewinnt, waren die zahlreichen Gäste bestens ker hätten schon viele Säle in Deutschland und in Europa eingestimmt auf das vielfältige Programm der Stiftung zum Weg der Demokratie soll Bewusstsein für die Demokratie am authentischen Ort gefüllt – nun auch den Plenarsaal des Bundesrates. 25. Jubiläum des Hauses der Geschichte. schaffen“, betonte der Sammlungsdirektor und beschrieb die besondere Ak- Die vier Musiker, die zusammen noch nicht einmal tualität des Bundesrates, in dem vor 70 Jahren das Grundgesetz verkündet viermal 25 Jahre alt sind, begeisterten das Publikum von worden war. Dieses Jubiläum habe die Stiftung zum Anlass genommen, um Beginn an: Franz Schuberts „Streichquartettsatz c-Moll D einen Relaunch des Internetauftritts dieses Projekts zu starten, führte Rosen- 703“ zog die Zuhörer in seinen Bann und fand mit Dmitrij berger weiter aus. Mit einer kartenbasierten Darstellung sind die historischen Orte sowohl auf einer interaktiven Karte im Überblick als auch mit einzelnen Ortsseiten aufgeführt. Ob zu Fuß, mit dem Fahrrad oder den öffentlichen Ver- kehrsmitteln können alle Orte gut erreicht werden – der Weg führt im Süden bis nach Unkel, wo das Willy-Brandt-Forum zu besichtigen ist. Die einzelnen Ortsseiten bieten neben einer großen Abbildung auch viel Wissenswertes zum Thema sowie weitere Fotos und Audio-Beiträge. „Es lohnt sich, diese Seite auch einmal bis nach ganz unten zu scrollen“, schmunzelte die Direktorin Digitale Dienste. „Dort finden Sie in der redaktionellen Rubrik ‚Wussten Sie schon …?‘ Interessantes und eventuell bisher noch nicht so Bekanntes“, so Rosenberger. Lebendig und nachhaltig Auch der überzeugte Bonner und Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber nahm an der Präsentation der neuen Webseite teil und bekannte: „Ich bin ein großer Fan des Weges der Demokratie.“ Als Bundestagsabgeordneter und ehe- maliger Parlamentarischer Staatssekretär sei er nicht nur ein langjähriger Be- gleiter dieses Projektes, sondern fände es auch beispielhaft, dass in fast allen Gebäuden jetzt wieder neue wichtige Institutionen tätig seien. Das spreche für eine lebendige und nachhaltige Konstruktion. „Zudem bin ich sehr froh, dass wir das jetzt auch in dieser Form in die digitale Welt übernehmen“, um junge Menschen mit der Zeitgeschichte in Bonn bekannt zu machen und Älteren die Möglichkeit der Erinnerung und des Austausches schöner Anekdoten zu geben, erklärte Kelber. Bundesrat, Bundestag, Langer Eugen: Mit dem Smartphone kann man sich über die Webseite www.wegderdemokratie.de von Ort zu Ort navigieren lassen. 28 museumsmagazin 3.2019
Sie können auch lesen