Elsässische Strategie zur grenzüberschreitenden Kooperation im trinationalen Oberrheingebiet - STRATEGIE

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Elsässische Strategie zur grenzüberschreitenden Kooperation im trinationalen Oberrheingebiet - STRATEGIE
STRATEGIE
Arbeitsdokument CD68 - V1 - Januar 2019

Elsässische Strategie
zur grenzüberschreitenden
Kooperation im trinationalen
Oberrheingebiet
Elsässische Strategie zur grenzüberschreitenden Kooperation im trinationalen Oberrheingebiet - STRATEGIE
Elsässische Strategie zur grenzüberschreitenden Kooperation im trinationalen Oberrheingebiet - STRATEGIE
PRÄAMBEL

Das im Oberrheingebiet befindliche Elsass entwickelt seit vielen Jahren
eine aktive grenzüberschreitende Zusammenarbeit, die in der Gestal-
tung gemeinsamer Projekte und zahlreicher Beziehungen zum Ausdruck
gelangt.

Die sozioökonomischen Entwicklungen veranlassen das Elsass, sich noch
intensiver für die Entwicklung eines echten mehrsprachigen Gebiets,
das heißt eines deutsch-französischen Sprachraums einzusetzen. Das
Ziel besteht darin, dass jeder junge Elsässer, der in zehn Jahren von der
Schule abgeht, 300 Wörter beherrscht, die für eine fließende Kommuni-
kation in deutscher Sprache erforderlich sind.

Mit der „Strategie Oberrhein / Rhin supérieur“ wird das ehrgeizige Ziel
verfolgt, konkrete Projekte umzusetzen, um die Lebensqualität der Ein-
wohner zu verbessern, wobei der Akzent auf die soziale Inklusion und die
Beschäftigung sowie auf die Förderung der territorialen Attraktivität und
der nachhaltigen Raumordnung gesetzt wird.

In diesem Dokument werden auf der Grundlage einer Diagnose und der
Erarbeitung bestehender Herausforderungen die vorrangigen Themen
erörtert, mit denen sich das Elsass im Hinblick auf die grenzüberschrei-
tende Zusammenarbeit befassen möchte. Dabei sollen, wenngleich nicht
erschöpfend, perspektivische Aktionen benannt werden, die insbeson-
dere dazu dienen sollen, die oberrheinische Identität zu stärken, berufli-
che Eingliederung und Beschäftigung zu fördern, Mobilität zu erleichtern,
die Energiewende durch Innovation zu begleiten und die Menschen ein-
ander näher zu bringen. Jede Aktion soll dabei mit einem „Label“ ver-
sehen werden.

Diese Strategie könnte den Sockel des elsässischen Schemas der grenz-
überschreitenden Zusammenarbeit bilden, das die Europäische Gebiets-
körperschaft Elsass mit allen betroffenen Körperschaften und Akteuren
erarbeiten will. Die ersten Maßnahmen sollen 2019 mit dem Departe-
ment Bas-Rhin auf technischer und politischer Ebene ergriffen werden.
Damit können die Strategien und Aktionspläne der beiden Departements
konvergieren, um das Elsass zu einem Labor der grenzüberschreitenden
Zusammenarbeit in Europa werden zu lassen.
Elsässische Strategie zur grenzüberschreitenden Kooperation im trinationalen Oberrheingebiet - STRATEGIE
INHALT

      I.       Ziele der Strategie.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

      II.      Diagnose und territoriale Herausforderungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
               Oberrheingebiet. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
               Demografie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
               Wirtschaftsindikatoren, Arbeitsmarkt und Grenzgänger. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
                Grenzgängerstrom Departement Haut-Rhin – Deutschland. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
                Grenzgängerstrom Departement Haut-Rhin – Schweiz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
                Dynamik bei den Grenzgängern.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
               Verkehr. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
               Tourismus. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
               Erziehung, Bildung und Zweisprachigkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11

      III. Derzeitige Werkzeuge der grenzüberschreitenden
           Zusammenarbeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                        13

      IV. Eine Strategie – fünf Ziele. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .                                  14

      Ziel 1
      SPRACHEN LERNEN UND BEHERRSCHEN – WERKZEUGE EINER
      GESTÄRKTEN OBERRHEINISCHEN IDENTITÄT. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
      A.       Förderung der Zweisprachigkeit von frühester Kindheit an. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
      B.       Erlernen der Regionalsprache im schulischen Bildungsgang. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
      C.       Umgestaltung des Departementrats zu einer Körperschaft
               mit Vorbildwirkung im Hinblick auf die Zweisprachigkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
      D.       Mobilisierung der Gebiete.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
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Elsässische Strategie zur grenzüberschreitenden Kooperation im trinationalen Oberrheingebiet - STRATEGIE
Ziel 2
MÖGLICHKEITEN NUTZEN, UM DIE ATTRAKTIVITÄT
DES GEBIETS ZU STÄRKEN UND DIE BERUFLICHE
EINGLIEDERUNG ZU FÖRDERN.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
A.     Gründung eines deutsch-französischen Wirtschaftsgebiets. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
B.     Förderung der beruflichen Eingliederung elsässischer Bürger
       in Deutschland und der Schweiz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
C.     Unterstützung der Entwicklung der Anziehungskraft
       und des Tourismus im Elsass.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

Ziel 3
EHRGEIZIGE PROJEKTE FÜR EINE VERSTÄRKTE MOBILITÄT. . . . . . . . . . 41
A.     Entwicklung grenzüberschreitender Eisenbahninfrastrukturen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43
B.     Schaffung grenzüberschreitender Straßenverbindungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
C.     Beitrag zur Entwicklung des Hafens.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
D.     Infrastrukturen für Radfahrer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51

Ziel 4
DIE ENERGIEWENDE INNOVATIV BEGLEITEN. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
A.     Innovation und Energiewende im Zusammenhang
       mit der „Zeit nach Fessenheim“. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
B.     Die Energiewende – eine territoriale Herausforderung für die Bürger. . . . . . . . . . . . . . . . . 56

Ziel 5
ANNÄHERN, UM SICH BESSER KENNENZULERNEN – HIN ZU EINER
ENGAGIERTEN UND PROAKTIVEN ZIVILGESELLSCHAFT. . . . . . . . . . . . . . . 59
A.     Förderung von Treffen und Austausch zwischen jungen Menschen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61
B.     Schaffung und Entwicklung kultureller und spielerischer Werkzeuge
       zum besseren Kennenlernen der Nachbarn. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
C.     Hin zu einem wirklichen grenzüberschreitenden oberrheinischem
       bürgerschaftlichen Engagement. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64

                                                                                                                                                               |5|
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I. Ziele der Strategie
      Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit und die       Mit der entwickelten Strategie soll Folgendes erreicht
      Zweisprachigkeit gehören zu den Schwerpunkten         werden:
      der departementalen Politik, und die räumliche
      Entwicklung der Departements schreibt sich natür-        Stärkung der Rolle des Elsass als Lebensraum,
      licherweise ins Oberrheingebiet ein. Es geht darum,      Kultur- und Arbeitsmarktregion sowie im
      grenzüberschreitende Aktionen angesichts der             Hinblick auf Ausbildung und Dienstleistungen im
      bestehenden Herausforderungen in den Bereichen           Oberrheingebiet,
      Wirtschaft, Raumordnung und Stadtplanung, Verkehr        Förderung der Attraktivität und der nachhalti-
      und Beschäftigung sowie Solidarität und Ausbildung       gen Raumplanung des grenzüberschreitenden
      einen entscheidenden Impuls zu verleihen.                Gebiets,

      Das Departement möchte Leuchtturminitiativen             Gestaltung der grenzüberschreitenden Zusam-
      unterstützen, insbesondere im Zusammenhang mit           menarbeit über die Zweisprachigkeit zu einem
      der bevorstehenden Schließung des Kernkraftwerks         echten Entwicklungstool.
      Fessenheim und mit Projekten, die der Stärkung der
      Attraktivität des Dreiländerecks dienen.

      II. Diagnose und territoriale
      Herausforderungen
      OBERRHEINGEBIET
      Das trinationale Oberrheingebiet (Frankreich,         zählt mehr als 6,1 Millionen Einwohner. 2016 betrug
      Deutschland, Schweiz) umfasst vier Teilgebiete:       das BIP im Oberrheingebiet etwa 273 Milliarden
      Elsass, Südpfalz, Baden und Nordwestschweiz. Das      Euro.
      Oberrheingebiet hat eine Fläche von 21.527 km² und

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DEMOGRAFIE
      Innerhalb dieses grenzüberschreitenden Gebiets      Im Gegensatz zu seinen Nachbarn hat das Elsass
      repräsentiert das Elsass fast ein Drittel der       dank eines dynamischen natürlichen Saldos ein
      Bevölkerung (1,87 Millionen Einwohner). Allein      demografisches Wachstum zu verzeichnen. Im
      der Anteil des Departements Haut-Rhin an der        Oberrheingebiet leben 37 % der jungen Menschen
      Bevölkerung des Oberrheingebiets beträgt etwas      zwischen 6 und 25 Jahren im Elsass.
      mehr als 12 %.
                                                          Umgekehrt lebt mehr als die Hälfte der älteren
      Mit 2,5 Millionen Einwohnern ist Baden die bevöl-   Menschen über 65 Jahre im Oberrheingebiet in
      kerungsreichste Region im Oberrheingebiet. In den   Deutschland (Baden und Südpfalz).
      fünf Kantonen der Nordwestschweiz leben etwa
      1,5 Millionen Einwohner.

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WIRTSCHAFTSINDIKATOREN, ARBEITSMARKT
UND GRENZGÄNGER
Im Jahr 2016 gestaltete sich das BIP je Einwohner in   Grenzgängerstrom
den einzelnen Teilgebieten des Oberrheingebiets bei    Departement Haut-Rhin – Deutschland
vergleichbaren Daten wie folgt:
                                                       (letzte verfügbare Daten: 2016)
  Elsass: 30.223 €                                     Die Zahl der Grenzgänger aus dem Departement
  Nordwestschweiz: 73.002 €                            Haut-Rhin, die in Baden und genauer gesagt
  Baden: 40.058 €                                      auf dem Territorium des Regierungspräsidiums
  Südpfalz: 44.580 €                                   Freiburg arbeiten, ist geringfügig. Sie blieb jedoch
                                                       zwischen 2011 und 2015 mit etwas mehr als
Im I. Quartal 2018 betrug die Arbeitslosenquote im     5.200 Grenzgängern stabil.
Departement Haut-Rhin 8,4 % und im Departement
Bas-Rhin 7,7 %. Zum Vergleich: In demselben            Letztgenannte arbeiten meistens im Landkreis
Zeitraum belief sich die Arbeitslosenquote in Baden-   Breisgau Hochschwarzwald, im Landkreis Lörrach
Württemberg auf 3,4 % und in der Nordwestschweiz       und in Freiburg im Breisgau.
auf 4,6 %.
                                                       Die Grenzgänger aus dem Departement Haut-
2015 waren 13,2 % der Erwerbsbevölkerung im            Rhin stellen weniger als ein Viertel der elsässischen
Oberrheingebiet Grenzgänger. Die Entwicklung der       Grenzgänger dar, die sich täglich nach Baden-
Grenzgängerbeschäftigung zeigt jedoch für das          Württemberg begeben (22.300 Grenzgänger
Departement Haut-Rhin und das Elsass im Ganzen         insgesamt). Die Zahl der elsässischen Grenzgänger,
eine unterschiedliche Dynamik:                         die nach Deutschland pendeln, ist übrigens zwi-
                                                       schen 2006 und 2016 stark gesunken (- 9 %).

                  Entwicklung der Arbeitslosenquote im Bereich der Oberrheinkonferenz
                              vom I. Quartal 2008 bis zum I. Quartal 2018

                                                                                                               |9|
Elsässische Strategie zur grenzüberschreitenden Kooperation im trinationalen Oberrheingebiet - STRATEGIE
Grenzgängerstrom                                        der deutschen Sprache ist im Gegensatz dazu für
       Departement Haut-Rhin – Schweiz (letzte                 Grenzgänger, die sich nach Deutschland begeben,
       verfügbare Daten: III. Quartal 2018)                    unabdingbar.

       In allen vier benachbarten deutschsprachigen            Über ein Jahrzehnt betrachtet könnten für Elsässer
       Kantonen waren die französischen Grenzgänger –          und Elsässerinnen in Baden-Württemberg und in
       meist aus dem Departement Haut-Rhin – bis 2008          der Nordwestschweiz zehntausende unbesetzte
       in der Überzahl, bis sie dann von den deutschen         Stellen zugänglich sein. Allerdings sehen sich
       Grenzgängern eingeholt wurden, die nunmehr am           diese Gebiete mit einem wachsenden Druck auf
       zahlreichsten sind.                                     den Immobilienmarkt konfrontiert, wodurch die
                                                               Entwicklung wirtschaftlicher Aktivitäten gebremst
       Die Zahl der französischen Grenzgänger in der           werden könnte.
       Nordwestschweiz schwankte in den letzten zehn
       Jahren beträchtlich, wobei der Tiefpunkt mit
       28.754 Grenzgängern im IV. Quartal 2008 und
       ein Höhepunkt mit 34.291 Grenzgängern im III.
       Quartal 2018 erreicht wurde (über 11,5 % der
       Erwerbsbevölkerung des Departements Haut-Rhin),
       nachdem seit 2013 ein kontinuierlicher Anstieg zu
                                                               VERKEHR
       verzeichnen war.
                                                               Grenzgänger
       Die meisten Grenzgänger aus dem Departement             Die      Nutzung       öffentlicher    Verkehrsmittel
       Haut-Rhin fahren in die Baseler Kantone Basel-          schwankt je nach Arbeitsort der Grenzgänger,
       Stadt und Basel-Land, gefolgt von den Kantonen          ihren       Wohnstrategien        (Anbindung      zu
       Solothurn und Aargau.                                   Hauptverkehrsachsen, Nähe von Bahnhöfen,
                                                               Grundstückskosten usw.) und dem Sektor, in dem
                                                               sie ihrer Tätigkeit nachgehen, merklich.
       Dynamik bei den Grenzgängern
                                                               Im Großraum Basel, wo die Eisenbahnanbindung
       Unter der Erwerbsbevölkerung stellen die
                                                               durch grenzüberschreitende Buslinien und eine
       Grenzgänger einen beträchtlichen Anteil in Berufen
       mittlerer Stellung und in Arbeiterberufen. Dieser       Straßenbahnlinie vervollständigt wird, nutzen
       Anteil ist allerdings in den letzten Jahren im Sinken   Grenzgänger öffentliche Verkehrsmittel am häu-
       begriffen – zugunsten sozialberuflicher Kategorien      figsten (11 % der Grenzgänger, die in die Schweiz
       im Betreuungsbereich.                                   pendeln). Diese Mobilität lässt sich auch mit
                                                               den Tätigkeitsbereichen erklären, in denen die
       Es ist festzustellen, dass etwa ein Drittel der         Grenzgänger tätig sind. In Basel konzentrieren sich
       Grenzgänger, die in der Schweiz oder in Deutschland     städtische Arbeitsplätze im Dienstleistungssektor,
       arbeiten, über 50 Jahre alt sind. Andersherum           die eher mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar
       betrachtet stellen die unter 30-Jährigen, im selben     sind.
       geografischen Bereich betrachtet, lediglich etwa
       ein Zehntel der Grenzgänger dar. Zudem ist bei          Im Gegensatz dazu verteilt sich die Einstellung von
       den jüngsten Grenzgängern ein ausgewogenes              Arbeitskräften in Deutschland entlang der Grenze.
       Verhältnis zwischen Männern und Frauen zu               Um zur Arbeit nach Deutschland zu pendeln, nutz-
       beobachten.                                             ten im Jahr 2015 weniger als 3 % der Grenzgänger
                                                               öffentliche Verkehrsmittel. Davon ausgenom-
       Im Einklang mit dem allgemeinen Anstieg der             men sind einige Destinationen, darunter Freiburg
       Bildungsabschlüsse ist auch das Ausbildungsniveau       im Breisgau. Nur wenige Grenzgänger pendeln
       der Grenzgänger gestiegen, insbesondere bei den         mit öffentlichen Verkehrsmitteln in die deutschen
       Jüngeren.                                               Hauptbeschäftigungszentren. Ursachen dafür sind
                                                               fehlende Alternativlösungen zum PKW, aber auch
       Was die Grenzgänger aus dem Departement Haut-           das Profil der von diesen Grenzgängern ausgeüb-
       Rhin anbelangt, so ist das Ungleichgewicht der          ten Tätigkeiten, deren Unternehmen sich an der
       Anziehungskraft zwischen der Nordwestschweiz und        Peripherie der Zentren befinden und mit öffentlichen
       Südbaden – beide dynamisch und in einer Situation       Verkehrsmitteln schlechter erreichbar sind.
       der Vollbeschäftigung befindlich – nicht allein aus
       dem wirtschaftlichen Blickwinkel heraus zu erklä-
       ren. In der Schweiz stellt die deutsche Sprache in
       der Berufswelt nicht die einzige Alternative dar. In
       den Unternehmen, und zwar auch in den deutsch-
       sprachigen Kantonen, wird häufig Englisch, ja
       sogar Französisch gesprochen. Die Beherrschung
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TOURISMUS                                               unseren Schülern häufig vernachlässigt – erweisen
                                                        sich in einer grenznahen Region wie dem Elsass als
Der Tourismus ist im Oberrheingebiet ein beträcht-      ein wahrer Trumpf.
licher Wirtschaftsfaktor. Allein im Hotelgewerbe
stehen ca. 142.000 Betten zur Verfügung.                Sprache ist Bestandteil der Kultur und sowohl für
                                                        den französischen Markt als auch für die Märkte in
Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer der Gäste        Deutschland und der Schweiz ein wertvoller Faktor
beträgt 1,90 Tage. Im Jahr 2017 wurden in der           der beruflichen Mobilität. Um den Trend und die
Hotellerie 21,9 Millionen Übernachtungen registriert,   Rückläufigkeit des Praktizierens der Regionalsprache
darunter:                                               umzukehren, kann und muss das Elsass eine mehr-
                                                        sprachige Exzellenzregion werden. Der wachsende
 12 Millionen in den Regionen des Schwarzwalds          Bedarf an einer besseren Sprachbeherrschung steht
 und der Südpfalz,                                      im Mittelpunkt der Redynamisierung des regionalen
 7,1 Millionen im Elsass sowie,                         Lebens in allen seinen Formen.
 2,8 Millionen in den Kantonen Basel-Stadt, Basel-
 Land, Aargau, Solothurn und Jura.                      Zwar wurde im Elsass seit Mitte der 1990er Jahre
                                                        eine bestimmte Sprachpolitik verfolgt, es stellte sich
Der Anteil ausländischer Gäste gestaltet sich dabei     aber heraus, dass die erwarteten Ziele bei Weitem
in den drei betrachteten Regionen unterschiedlich:      nicht erreicht wurden. Der Zugang zum Erlernen
                                                        der Regionalsprache ist noch nicht in der gesamten
 Vorrangstellung     des      Binnenmarkts      in
                                                        Region möglich und ein zu großer Teil der Schüler
 Deutschland: 7 von 10 Touristen sind Deutsche,
                                                        verlässt noch während der Schulzeit den zweispra-
 starke Anziehungskraft der Schweiz für ausländi-       chigen Bildungsgang. Darüber hinaus ist die Zahl
 sche Gäste (56 % der Übernachtungen),                  junger Menschen, die die Schule beenden, ohne der
 Fähigkeit des Elsass, eine bedeutende Kundschaft       Regionalsprache, geschweige denn einer anderen
 aus dem Ausland anzuziehen (41 % der                   Sprache der Welt hinreichend mächtig zu sein, noch
 Übernachtungen).                                       zu hoch.

Der Tourismus ist im Elsass mit einem Umsatz elsäs-     Diese Sprachpolitik wurde mehr oder weniger regel-
sischer Touristikunternehmen von 2,3 Milliarden         mäßig vorangebracht. In der Gegenwart wird sie
Euro und 39.000 Beschäftigten vertreten.                stark ausgebremst. Grund dafür ist der beträchtliche
                                                        Mangel an Lehrern, insbesondere in Grundschulen,
                                                        die ausgebildet und in der Lage sind, den jungen
                                                        Elsässern die Regionalsprache zu vermitteln.
ERZIEHUNG, BILDUNG UND
                                                        Nach einer fast 25-jährigen Partnerschaft zwi-
ZWEISPRACHIGKEIT                                        schen den elsässischen Gebietskörperschaften und
                                                        dem Staat zur Entwicklung dieser Sprachpolitik
Jahr für Jahr verliert das Elsass weitere Bewohner,     gestaltet sich die Situation des paritätischen zwei-
die den elsässischen Dialekt praktizieren. 1950 spra-   sprachigen Unterrichts (50 % Französisch / 50 %
chen ihn fast 90 % der elsässischen Bevölkerung.        Regionalsprache) in den schulischen Einrichtungen
Nach neuesten Studien sollen in der Gegenwart           zu Schuljahresbeginn im September 2018 wie folgt:
weniger als 40 % der Einwohner im Elsass die              360 von insgesamt 1.423 Grundschulen (école
Regionalsprache noch benutzen. Unter den                  primaire) in öffentlicher oder privater Hand bieten
jüngsten Bewohnern würden im Übrigen gerade               einen paritätischen zweisprachigen Bildungsgang
einmal etwas mehr als 5 % mit dem Dialekt vertraut        an.
gemacht. Daher kann das vollständige Aussterben           30.450 von 179.500 Schülern besuchen in der
dieses Erbes im laufenden Jahrhundert prognosti-          Primarstufe den paritätischen zweisprachigen
ziert werden.                                             Unterricht.
                                                          78 öffentliche Sekundarschulen (collège) + 9 pri-
Diese Rückläufigkeit steht sicher im Zusammenhang
                                                          vate Sekundarschulen von den insgesamt 170
mit dem Anstieg der Arbeitslosigkeit im
                                                          elsässischen Sekundarschuleinrichtungen bieten
Elsass. Wenngleich das Gebiet zunächst auf-
                                                          einen zweisprachigen Bildungsgang an.
grund seiner Nähe zu unseren deutschen
und schweizerischen Nachbarn und den dor-                 6.500 von 89.500 Sekundarschülern belegen
tigen    Beschäftigungsmöglichkeiten      von    der      einen zweisprachigen Bildungsgang.
Arbeitslosigkeit relativ ausgenommen war, ist es          17 Gymnasien (lycée) der 72 polyvalenten, allge-
heute mit denselben Problemen konfrontiert, die           meinbildenden und technischen Einrichtungen
sich auch in den übrigen Teilen Frankreichs manifes-      bieten den Abschluss ABIBAC an.
tieren. Die Beschäftigungsfähigkeit unserer jungen        1.460 Gymnasialschüler der 43.000 beschul-
Bürger ist ein wichtiges Thema, und sprachliche           ten Jugendlichen bereiten sich auf einen
Kompetenzen – während der Schullaufbahn von               Doppelabschluss vor.                                   |11|
8 Berufsschulen der 22 elsässischen Einrichtungen
        bieten den Abschluss AZUBI-BACPRO an.
        235 von 18.200 Gymnasialschülern bereiten sich
        auf diesen Abschluss vor, mit dem sie mit zer-
        tifizierten Sprachkenntnissen in die Berufswelt
        starten können.

       Quellen:

        Karten: GeoRhena (www.georhena.eu)
        Rhin supérieur, Faits et Chiffres 2018, Offices statistiques du Rhin Supérieur, novembre 2018,
        Tableau de bord des territoires – Note de conjoncture du Conseil départemental du Haut-Rhin, Conseil dépar-
         temental du Haut-Rhin – ADIRA - ADAUHR, décembre 2018,
        Note Rapide n°06, SESGARE Grand Est, août 2018,
        Conventions cadre 2015-2030 et opérationnelle 2018-2022 portant sur la politique régionale plurilingue dans le
        système éducatif en Alsace.

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III. Derzeitige Werkzeuge
der grenzüberschreitenden
Zusammenarbeit
Das Departement Haut-Rhin ist Partner zahlreicher      Derzeit finden Diskussionen um die Gründung eines
Kooperationsstrukturen im trinationalen Gebiet.        neuen Eurodistrikts Freiburg / Centre et Sud Alsace
Konsultations-, Koordinations- und Trägerinstanzen     statt, der mit einer eigenen Rechtspersönlichkeit
für gemeinsame Projekte – sie alle entsprechen auf     ausgestattet werden soll. Das Departement könnte
ihrer Ebene den spezifischen Bedürfnissen dieses       dort Mitglied werden. Diesem Instrument könnten
grenzüberschreitenden Gebiets und seiner Bürger.       Aufgaben im Rahmen der grenzüberschreitenden
                                                       nachbarschaftlichen Zusammenarbeit übertragen
Die Oberrheinkonferenz besteht aus drei                werden (Mikroprojekte, Netzwerk „Brückenstädte“
Delegationen: der deutschen, der schweizeri-           usw.).
schen und der französischen. Sie umfasst Vertreter
des französischen Staats, der schweizerischen          Das Departement ist Mitglied der Partnerschaft,
Kantone, des Landes Baden-Württemberg sowie            die das Programm INTERREG V Oberrhein leitet.
der hauptsächlichen Gebietskörperschaften und          Die Region Grand Est ist die Verwaltungsbehörde
interkommunalen Strukturen der drei betreffenden       des Programms INTERREG V „Oberrhein“. Das
Territorien. Dies ist eine Instanz der trinationa-     Departement Haut-Rhin beteiligt sich mit sei-
len Konzertierung, in der die dem Oberrheingebiet      ner Governance-Struktur daran, die technische
innewohnenden Probleme aufgegriffen und                Unterstützung des Programms zu finanzieren und
gemeinsame Lösungen vorgeschlagen werden kön-          nimmt am Projekt „Zivilgesellschaft“ teil. Dieses
nen, wobei es um sehr unterschiedliche Themen wie      Projekt dient dazu, dass sich die Bürger des
Raumordnung, Gesundheit, Kultur, Sport, Umwelt,        Oberrheingebiets     zusammenfinden       können,
Verkehr und Jugend geht.                               und soll sie dazu anregen, gemeinsame Projekte
                                                       – beispielsweise in Form von „Mikroprojekten“ –
Der Oberrheinrat ist eine Versammlung, in der          durchzuführen.
die lokalen und regionalen Abgeordneten der ein-
zelnen Teilgebiete des Oberrheingebiets (Städte,       Die Betreuung des Instruments „Mikroprojekte“ wird
Departements, Region, Parlamente der Länder und        vom Landkreis Breisgau Hochschwarzwald und
Kantone usw.) zusammenkommen. Hier arbeiten            vom Departement Haut-Rhin abgesichert.
vier Kommissionen:
  Landwirtschaft - Umwelt - Klima - Energie,           Als Partner der diversen europäischen Programme
                                                       nimmt das Departement an den Überlegungen
  Kultur - Jugend - Ausbildung - Sport,
                                                       zum neuen Fondsplanungszeitraum (2021 – 2027)
  Verkehr - Raumordnung - Katastrophenhilfe,           teil. Insbesondere gehört das Departement zu dem
  Wirtschaft - Arbeitsmarkt - Gesundheit.              Kreis von Partnern, die einen Beitrag zur Erarbeitung
                                                       der künftigen Strategie „TMO 2030“ (Trinationale
Das Departement unterstützt die Aktionen               Metropolregion Oberrhein 2030) leisten können.
der INFOBESTs Palmrain und Vogelgrun-                  Diese dient dazu, die Prioritäten des künftigen
Breisach. INFOBESTs sind Informations- und             Programms INTERREG VI „Oberrhein“ herauszu-
Beratungsinstanzen zu grenzüberschreitenden            arbeiten.
Fragen und stehen allen unentgeltlich zur Verfügung.
Sie werden von verschiedenen französischen, deut-      Zur Finanzierung kleiner lokaler grenzüberschreiten-
schen und schweizerischen Gebietskörperschaften        der Projekte hat das Departement einen Fonds zur
finanziert.                                            Unterstützung grenzüberschreitender Initiativen
                                                       (FSIT) eingerichtet.
Das Departement kofinanziert den Trinationalen
Eurodistrikt Basel (TEB). Es handelt sich dabei        Das Departement ist in die RegioTriRhena einge-
um eine Vereinigung, der Gebietskörperschaften         bunden – eine trinationale Plattform zur politi-
des Ballungsraums Basel angehören und die in           schen Zusammenarbeit im südlichen Bereich des
den Bereichen Raumordnung (Träger der Projekte         Oberrheingebiets, wozu die Ballungsräume Colmar,
„IBA“ und „3Land“) und Verkehr oder auch im            Freiburg im Breisgau, Mulhouse, Lörrach und Basel
Hinblick auf die Zivilgesellschaft (Betreuung eines    zählen.
Fonds der Begegnung und Beteiligung am Projekt
„Zivilgesellschaft“) aktiv ist.                                                                                |13|
Darüber hinaus ist das Departement seit 2006             Geomatik im Oberrheingebiet GeoRhena, dessen
       Mitglied der Vereinigung Mission Opérationnelle          Ziel darin besteht, dem Bedarf an der Erfassung
       Transfrontalière (MOT), die mit operativen grenz-        von Daten und an der Erstellung thematischer
       überschreitenden Aufgaben befasst ist. Die               grenzübergreifender Kartenwerke für jede Struktur,
       Vereinigung MOT bringt ihre Erfahrungen in grenz-        die ihren Bedarf anmeldet, zu entsprechen. So
       überschreitende Projekte ein und beaufsichtigt           wurden bereits mehr als 110 Karten, zahlreiche
       diese, beispielsweise im Rahmen der Auswirkungen         grenzüberschreitende      Datenbanken        und
       der Schließung des Kernkraftwerks Fessenheim.            Publikationen online gestellt. Da das Projekt
                                                                INTERREG im Jahr 2018 zum Abschluss gebracht
       Seit 2005 ist das Departement Haut-Rhin im               wurde, wird das Portal nunmehr mit den Beiträgen
       Auftrag der Oberrheinkonferenz Träger des                der französischen, deutschen und schweizerischen
       Kompetenzzentrums für grenzüberschreitende               Partner betrieben.

       IV. Eine Strategie – fünf Ziele
       Die vom Departement erarbeitete Strategie stützt sich auf fünf Ziele:

           Ziel 1:
           Sprachen lernen und beherrschen – Werkzeuge einer gestärkten oberrheinischen Identität

       ➢    Ziel 2:
           Möglichkeiten nutzen, um die Attraktivität des Gebiets zu stärken und die berufliche
           Eingliederung zu fördern

           Ziel 3:
           Ehrgeizige Projekte für eine verstärkte Mobilität

           Ziel 4:
           Die Energiewende innovativ begleiten

           Ziel 5:
           Annäherung, um sich besser kennenzulernen – hin zu einer engagierten und proaktiven
           Zivilgesellschaft

|14|
ZIEL 1

Sprachen lernen
und beherrschen –
Werkzeuge einer gestärkten
oberrheinischen Identität

                             |15|
HERAUSFORDERUNGEN
       Viele Bewohner des elsässischen Raums haben ihren elsässischen Dialekt vernachlässigt.
       Zunehmend ist festzustellen, dass man im familiären Umfeld nicht mehr in der Lage
       ist, dieses linguistische Erbe weiterzugeben. Im Lauf der Jahre haben viele Elsässer und
       Elsässerinnen zudem im französisch-deutsch-schweizerischen Oberrheingebiet jegliches
       Bewusstsein für ihre historische, geografische und kulturelle Zugehörigkeit verloren.

       Direkte Folgen des Niedergangs des Dialekts sind der Rückgang der Zahl der Grenzgänger
       mit einer Beschäftigung in Deutschland und der Anstieg der Arbeitslosigkeit im Elsass seit
       Beginn der 2000er Jahre. Der Reiz, die Regionalsprache zu praktizieren, ist weiter rückläufig
       und es muss alles Mögliche unternommen werden, um diesen Trend umzukehren.

       Die territorialen und lokalen Körperschaften sowie der Staat (über das Bildungsministerium)
       wurden unabdingbare Bindeglieder bei der Wiederaneignung der regionalen Sprache und
       Kultur. Die Weitervermittlung des Dialekts an die Kinder von frühester Kindheit an stellt
       eine echte Brücke zum Erlernen der deutschen Sprache und umgekehrt dar.

       Deshalb ist der Zugang zu einem umfassenden Angebot, das zunächst auf eine
       Zweisprachigkeit und danach auf eine operative Mehrsprachigkeit abzielt, mit dem
       die dialektalen Kompetenzen aufgewertet und gestärkt werden sollen und womit eine
       grenzüberschreitende Beschäftigungsfähigkeit angestrebt wird, ein wichtiges Ziel der
       elsässischen Departements.

       Oberrheinische Identität kann nicht per Dekret verordnet werden, sie wird vielmehr durch
       einen komplexen Werdegang, der mit frühester Kindheit beginnt, erworben. Aus den Fehlern
       der Vergangenheit muss gelernt werden, und eine kollektive Arbeitsweise ist erforderlich.
       Die elsässischen Bürger müssen sich die oberrheinischen Werte wieder aneignen können
       und diese festigen, denn ohne sie können die Herausforderungen, die auf das Gebiet
       warten, nicht gemeistert werden.

|16|
A. Förderung der Zweisprachigkeit
von frühester Kindheit an

LAUFENDE AKTIONEN                                         haben dadurch eher ein „Verlangen“ nach anderen
                                                          Sprachen.
  Weiterführung der Ausgabe des                           Seit 2015 enthalten die Gesundheitspässe, die vom
zweisprachigen Gesundheitspasses /                        Departement bei der Geburt eines Kindes an die
Carnet de Santé                                           Eltern ausgegeben werden, einen personalisier-
                                                          ten Abschnitt in Übereinstimmung mit den Zielen
1. Feststellungen                                         zur Förderung des Elsässischen: „Sprechen Sie mit
Die elsässischen Dialekte werden von Jahr zu Jahr         Ihrem Baby Elsässisch!“ Der Gesundheitspass des
weniger praktiziert. Im familiären Umfeld, das für die    Departements Haut-Rhin beinhaltet einen Abschnitt
Weitergabe dieses regionalen Erbes ideal ist, wird man    „Sprechen Sie mit Ihrem Baby Elsässisch!“, dem eine
dieser Rolle nicht mehr gerecht. Durch die Tatsache,      CD beiliegt, die vom Amt für Sprache und Kulturen
den elsässischen Dialekt nicht mehr zu sprechen und       im Elsass und im Moselgebiet (OLCA) erstellt wurde.
ihn um sich herum auch nicht mehr zu hören, werden
Eltern nicht gerade ermutigt, ihre Kinder in der Schule   Es ist also wichtig, die Ausgabe dieser Gesund-
zum Erlernen der Regionalsprache anzumelden,              heitspässe fortzuführen.
wodurch den jungen Generationen ein wahrhafter
Mehrwert verloren geht.

2. Herausforderungen
Die Geburt eines Kindes ist ein wichtiger Moment im
Leben einer Familie. Diese Zeit, in der Eltern emp-
                                                          ENTWICKLUNGSPERSPEKTIVEN
fänglicher sind, was die Bildung und die Zukunft
ihres Kindes anbelangt, muss genutzt werden. Die            Schaffung einer speziellen Zulassung
Bedeutung des Erlernens einer Sprache und die             im Bereich der regionalsprachlichen
Zugehörigkeit zum Oberrheingebiet müssen von              Kompetenz und Durchführung von
den ersten Tagen an bewusst gemacht werden.               Schulungen in deutscher Sprache für das
Aufgabe der Dienste zum Schutz von Mutter und             Personal in Betreuungseinrichtungen
Kind (PMI) ist der Gesundheitsschutz von Müttern
und Kleinkindern. Sie tragen zur ordnungsgemäßen          1. Feststellungen
Entwicklung des Kindes im Alter von 0 bis 6 Jahren        Von klein auf reagieren Kinder auf den Klang und
bei.                                                      die Melodie einer Sprache. Der Erwerb einer Sprache
                                                          fällt ihnen viel leichter als Studenten in höherem
Der Gesundheitspass, den jede Mutter bei der Ge-          Alter. Mehrsprachigkeit bietet zahlreiche Vorteile.
burt erhält, ist eine wichtige Informationsquelle, die    Der Wortschatz der Kinder verbessert sich in ihrer
der Orientierung der Eltern dient. Dieser Behand-         eigenen Sprache und sie werden sich nach und nach
lungsausweis, ein Instrument zur Beobachtung der          bewusst, dass sie nicht nur eine Sprache sprechen.
Gesundheit der Kinder, ist bei jeder Konsultation         Mehrsprachigkeit fördert die Entwicklung offener
eines Arztes vorzulegen. Er ist besonders geeignet,       und kritischer Denkweisen sowie von Wissbegierde.
um darin Ratschläge und Empfehlungen zur An-              Sie ist ein wahrer Vorteil für die Zukunft.
wendung der Regionalsprachen zu geben.
                                                          Das    Departement       spielt  aufgrund   seiner
3. Ziele und Umsetzung                                    Zuständigkeiten über die Dienste zum Schutz von
Die Weitergabe der Muttersprache an das Kind              Mutter und Kind (PMI) eine wesentliche Rolle bei
– ganz gleich, ob es sich um eine Variante elsäs-         der Betreuung von Kleinkindern: Anleitung zur
sischer Dialekte oder um eine andere Sprache der          Beantragung der Zulassung als Kinderbetreuerin,
Welt handelt – bietet ihm den Vorteil, zweispra-          Durchführung       von      Schulungsmaßnahmen,
chig zu sein, seine Talente zu wecken und sich nach       Überwachung und Kontrolle der Kinderbetreuerinnen
außen hin zu öffnen. Die Kinder nehmen so Laute           sowie der Betreuungseinrichtungen und -dienste
und Intonationen der Muttersprache wahr und               für Kinder unter sechs Jahren.
                                                                                                                |17|
FÖRDERUNG DER ZWEISPRACHIGKEIT VON FRÜHESTER KINDHEIT AN

       2. Herausforderungen                                   Der Fonds FILAL schlägt zudem vor, eine Zulassung
       Es geht hierbei auch darum, Kinder von 0 bis 6         einzuführen, um Eltern einen besseren Einblick
       Jahren in den Betreuungseinrichtungen, die der         in die Strukturen zu verschaffen, die in der Lage
       Zulassung durch die PMI-Dienste unterliegen, im        sind, ihren Kindern umfassende Kenntnisse in der
       Hinblick auf die deutsche Sprache zu sensibilisieren   Regionalsprache zu vermitteln. Mit diesem „Label“
       und sie damit vertraut zu machen. Dazu müssen          sollen die Strukturen aufgewertet werden, um
       die Beteiligten im Umgang mit den elsässischen         so nach Betreuungseinrichtungen mit und ohne
       Dialekten und mit der deutschen Sprache geschult       Sprachkompetenz unterscheiden zu können. Idee ist
       werden.                                                es, dazu den Storch als Emblem zur Visualisierung
                                                              der in einer Einrichtung vorhandenen Kompetenzen
                                                              zu nutzen. Vorstellbar sind hier drei Niveaus:
       3. Ziele und Umsetzung
                                                                Niveau 1 = 1 Storch = teilweiser Kontakt mit der
       Es kann auch in Betracht gezogen werden, dass
                                                                Regionalsprache,
       die Angestellten in Betreuungseinrichtungen für
       Kinder von 0 bis 6 Jahren (Krippen (EAJE), Kitas,        Niveau 2 = 2 Störche = umfangreichere Befassung
       Kindergärten usw.) dazu angehalten werden,               sowohl mit der Regionalsprache als auch mit der
       Deutsch zu sprechen.                                     französischen Sprache,
                                                                Niveau 3 = 3 Störche = vollumfängliche Vermitt-
       Dazu müsste man sich zunächst auf die Erfahrungen        lung der Regionalsprache durch Immersion
       stützen, die in den vier bilingualen Einrichtungen       (ausschließliche Verwendung des elsässischen
       im Departement Haut-Rhin bereits gesammelt               Dialekts und der deutschen Sprache).
       wurden. Diese sind auszuwerten, der Bedarf ist zu
       schätzen und die Bedingungen für die erfolgreiche
       Umsetzung eines solchen Projekts sind zu schaf-          Unterstützung von Initiativen für die
       fen. Danach muss eine Studie zu den Einrichtungen
       und professionell Tätigen durchgeführt werden, die
                                                              Sprachvermittlung durch Immersion im
       potentiell am Einsatz der deutschen Sprache inter-     Kleinkindbereich
       essiert sind. Ihr Bedarf und ihre eventuellen Zwänge
       sind festzustellen.                                    1. Feststellungen
                                                              Zwar verfügen die Gebietskörperschaften über
       Ausgehend von dieser Diagnose können die               Kompetenzen in der Kleinkindbetreuung, allerdings
       Schulungen, die derzeit vom Deutsch-Französischen      gestatten die derzeit geltenden Regelungen nicht,
       Jugendwerk (DFJW) angeboten werden, eine               eine Betreuung zur ausschließlichen Vermittlung
       Lösung sein. Die damit verbundenen Kosten              der Regionalsprache mittels Immersion anzubie-
       müssen geschätzt werden. Gegebenenfalls ist            ten. In der Gegenwart existieren im Elsass lediglich
       ein Pflichtenheft für eine gezielte Ausbildung im      einige private Einrichtungen, die in der Lage sind,
       „Kleinkindbereich“ zu erstellen, um professionell      Kinder unter drei Jahren (Vorschulalter) in einem
       Tätigen eine Schulung in der deutschen Sprache         Immersionskontext zu betreuen.
       anzubieten. Des Weiteren könnte parallel dazu die
       Mobilität des Personals in deutschen und fran-         2. Herausforderungen
       zösischen kollektiven Betreuungseinrichtungen
                                                              Die Rettung der elsässischen Dialekte geht mit dem
       erleichtert werden.
                                                              frühestmöglichen Erlernen der Sprache einher. Die
                                                              Einrichtungen zur Betreuung von Kleinkindern bie-
       Übrigens haben mehrere Partner des Departements
                                                              ten dafür ein geeignetes Umfeld. Das Kleinkindalter
       bereits damit begonnen, Projekte für den
                                                              eignet sich am besten, um das Praktizieren elsäs-
       Kleinkindbereich auszuarbeiten. So bieten beispiels-
                                                              sischer Dialekte wieder zu initiieren und so das
       weise der Internationale Fonds für die Elsässische
                                                              regionale Erbe zu bewahren.
       Sprache (FILAL) und die erst seit Kurzem bestehende
       Vereinigung „Elsass Usbeldung“, die Kurse in den
       elsässischen Dialekten durchführt, spezifische Tools   3. Ziele und Umsetzung
       und Schulungen an.                                     Die Gebietskörperschaften spielen im Bereich der
                                                              Kleinkindbetreuung eine wichtige Rolle. Ganz
       Schulungsveranstaltungen können ab Schulbeginn         gleich, ob es sich dabei um Gemeinden oder
       im September 2019 angeboten werden. In                 Gemeindeverbände handelt, ihre Aufgabe besteht
       Abhängigkeit vom Grad der Beherrschung des             in der Schaffung von Strukturen, und sie sind für
       elsässischen Dialekts und der Sprachpraxis kann        deren ordnungsgemäße Funktion verantwortlich.
       der freiwillige Teilnehmer ganz nach seinem Bedarf     Sie können an der Rettung der Regionalsprache teil-
       geschult werden. Den Teilnehmern kann, um ihre         nehmen und privaten Einrichtungen dabei behilflich
       linguistischen Fähigkeiten zu bescheinigen, ein        sein, sich zusätzlich zu öffentlichen Einrichtungen in
       Zertifikat über die erworbenen Sprachkompetenzen       den Gebieten niederzulassen.
       ausgestellt werden.
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FÖRDERUNG DER ZWEISPRACHIGKEIT VON FRÜHESTER KINDHEIT AN

Hier müssen experimentelle Wege beschritten wer-       dass die elsässischen Dialekte ein wahrer Reichtum
den, damit auch Gebietskörperschaften, die dies        für das Erlernen der deutschen Sprache und ande-
wünschen, öffentliche Betreuungseinrichtungen mit      rer Sprachen der Welt sind.
Vermittlung der Regionalsprache durch Immersion
anbieten können.                                       Diese Kompetenzen und Ressourcen im Hinblick auf
                                                       das Praktizieren der Regionalsprache sollten nicht
                                                       verloren gehen, solange noch Menschen leben, die
  Generationsübergreifende Maßnahmen                   diese Sprache von ihren Eltern „geerbt“ haben.
im Rahmen von Begegnungen zu
                                                       3. Ziele und Umsetzung
konkreten Themen
                                                       Zwischen diesen Senioren und jungen Menschen
                                                       könnten, ob nun im schulischen oder schulnahen
1. Feststellungen
                                                       Rahmen, Treffen organisiert werden, so dass die
Ältere Personen haben häufig Sprachkenntnisse,         Älteren den Jüngeren den Spaß am Praktizieren der
die sie nicht (oder nicht mehr) nutzen. Sie könnten    Regionalsprache vermitteln können.
zum Überleben der elsässischen Dialekte beitragen,
indem sie diese frei und ungehemmt praktizieren.       Die Betreuungseinrichtungen für ältere Bürger kön-
                                                       nen hier ein geeigneter Rahmen zur Umsetzung
2. Herausforderungen                                   dieser Zielstellung sein. Man könnte den Austausch
Der Austausch zwischen Senioren und jünge-             auf der Basis von Themen gestalten, die im Vorfeld
ren elsässischen Bürgern stellt eine wirkliche         erarbeitet werden – entweder im schulischen oder
Gelegenheit dar, sich darüber bewusst zu werden,       im schulnahen Rahmen.

B. Erlernen der Regionalsprache
im schulischen Bildungsgang
LAUFENDE AKTIONEN                                      ausführlich Bilanz gezogen worden war – unterzeich-
                                                       neten die Präsidenten der beiden Departements
                                                       und der Region zusammen mit dem Staat eine
  Vier-Parteien-Abkommen zur                           Rahmenvereinbarung zur Regionalpolitik der
Regionalpolitik der Mehrsprachigkeit                   Mehrsprachigkeit im elsässischen Bildungssystem
                                                       über einen Zeitraum von 15 Jahren (01.09.2015 –
1. Feststellungen                                      31.08.2030). Allerdings ist festzustellen, dass sich
                                                       die Ziele, die mit dieser Politik erreicht werden sollen,
Anfang der 1990er Jahre leiteten die Präsidenten der
                                                       wesentlich komplexer als erwartet gestalten und
drei Gebietskörperschaften (Region, Departement
Bas-Rhin und Departement Haut-Rhin), der Leiter        dies bei Folgevereinbarungen nicht berücksichtigt
des Unterrichtsverwaltungsbezirks und der Präfekt      wurde.
der Region Elsass gemeinsame Maßnahmen ein,
um einer neuen Sprachpolitik im Elsass Ausdruck        So gibt es im Elsass noch kein flächendeckendes
zu verleihen. So wurde am 16. Dezember 1994 ein        Angebot für in nächster Nähe angesiedelten bilingua-
erstes Vier-Parteien-Abkommen mit dem Ziel             len Unterricht, und zahlreiche Familien haben noch
unterzeichnet, gemeinsam auf dem gesamten              keinen Zugang zur Vermittlung der Regionalsprache
elsässischen Territorium einen paritätischen zwei-     in angemessener Entfernung von ihrem jeweiligen
sprachigen Unterricht (50 % Französisch und 50 %       Wohnort. Realität ist zudem, dass eine beträchtliche
Regionalsprache) zu entwickeln.                        Zahl an Schülern den paritätischen zweisprachigen
                                                       Unterricht, an dem sie seit der Vorschulzeit teilnah-
Am 1. Juni 2015 – d. h. nachdem diese Partnerschaft    men, aufgegeben haben. Dies beweist, dass das
über einen Zeitraum von 20 Jahren fortge-              Instrumentarium weder hinreichend zuverlässig
führt und über die vergangenen Zeiträume               gestaltet noch gefestigt wurde.                             |19|
ERLERNEN DER REGIONALSPRACHE IM SCHULISCHEN BILDUNGSGANG

       Das von allen Partnern gemeinsam herausgear-             3. Ziele und Umsetzung
       beitete Haupthindernis für die Entwicklung dieses        Die Rahmenvereinbarung bis 2030 enthält eine
       Unterrichts ist der zunehmende Mangel an Lehrern         Vielzahl ehrgeiziger Aufgaben:
       in schulischen Einrichtungen, die ausgebildet und
                                                                  Gewinnung einer Schülerzahl von 50 %
       in der Lage sind, die Regionalsprache zu vermit-
                                                                  unter den Kindern, die zur Vorschule (école
       teln. Einhergehend mit der Tatsache, dass der
                                                                  maternelle) gehen, für eine Klasse, in der in der
       Lehrerberuf nicht wirklich attraktiv ist, sowie mit
                                                                  Regionalsprache zu gleichen Zeitanteilen wie in
       dem Fakt, dass an französischen Universitäten,
                                                                  Französisch unterrichtet wird,
       wozu auch die Universität Straßburg gehört, die
       Lehre der deutschen Sprache kontinuierlich weniger         Ausweitung des schulnahen oder außerschulischen
       angeboten wird, sinkt die Zahl der Bewerber um die         Angebots in der Regionalsprache auf alle
       jährlich angebotenen offenen Stellen in den letzten        zweisprachigen Standorte und Zentren im Elsass,
       Jahren unaufhörlich.                                       Begleitung der größtmöglichen Zahl an
                                                                  zweisprachig unterrichteten Schülern bis zur
       Um die Komplementarität der Kompetenzen                    Sekundarstufe in die Regionalsektion, so dass
       zwischen Staat und Gebietskörperschaften und ins-          mindestens 25 % der Schüler diesen Bildungsgang
       besondere deren Finanzierung zu unterstützen, ist          in der 6. Jahrgangsstufe (sixième) fortsetzen,
       die Gestaltung einer neuen Governance erforder-            verstärkte     Erschließung     der     Berufswelt,
       lich, um über die derzeitige Vereinbarung hinaus zu        Ausweitung von Praktika oder Ausbildungen
       gelangen.                                                  im Oberrheingebiet und in deutschsprachigen
                                                                  Ländern.
       2. Herausforderungen
       Mit der Politik der Mehrsprachigkeit soll erreicht       Die operative Vereinbarung für den Zeitraum
       werden, dass sich jeder Einwohner auf elsäs-             2018 - 2022 muss dem wachsenden Bedarf an
       sischem     Territorium     seiner      historischen,    Humanressourcen gerecht werden können und
       geografischen und kulturellen Zugehörigkeit zum          soll gestatten, der qualitativen und quantitativen
       französisch-deutsch-schweizerischen Oberrhein-           Entwicklung der Unterrichtung der Regionalsprache
       gebiet bewusst wird und dass jeder Zugang zu             neue Impulse zu verleihen.
       einem schulischen Angebot hat, das zunächst
       auf eine Zweisprachigkeit und danach auf eine            Hauptziele sind:
       operative Mehrsprachigkeit abzielt, mit dem die dia-      größtmögliche Erhöhung der Lehrerzahl an zwei-
       lektalen Kompetenzen aufgewertet und gestärkt             sprachigen Schulen,
       werden sollen und womit eine grenzüberschrei-             Stabilisierung der bereits bestehenden paritä-
       tende Beschäftigungsfähigkeit angestrebt wird.            tischen zweisprachigen Bildungsgänge, um die
       Der in der operativen Vereinbarung für den Zeitraum       Abgänge während der Schullaufbahn zu begren-
       2018 - 2022 enthaltene Aktionsplan muss dem der-          zen,
       zeit bestehenden unmittelbaren und dem künftigen          Steigerung der Mobilität und der Berufsausbildung
       Bedarf an Lehrern für zweisprachige Schulen, ins-         junger Menschen,
       besondere in der Primarstufe, gerecht werden und          erneutes Praktizieren des elsässischen Dialekts
       zum Wiederaufschwung beim Praktizieren der                von der Vorschule an.
       Regionalsprache in ihrer Dialektform beitragen.
                                                                Dazu muss im Elsass ein Exzellenzpol geschaf-
       Besondere Aufmerksamkeit ist der Beschäftigungs-
                                                                fen werden, der sich der Zweisprachigkeit und
       fähigkeit junger Menschen zu widmen. So soll
                                                                der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit im
       ihnen ermöglicht werden, sich noch mehr der
                                                                Bildungsbereich widmet. Mit den damit verbun-
       Erschließung der Kultur und der Wirtschaftswelt im
                                                                denen Mitteln und der Unterstützung des Staates
       Oberrheingebiet zu öffnen. Im Oberrheingebiet steht
                                                                soll ein Zentrum errichtet werden, in dem päda-
       bereits jetzt eine ganze Reihe von Arbeitsplätzen
                                                                gogische Ressourcen, Schulungsinstrumente und
       zur Verfügung, weitere werden in den kommenden
                                                                Kommunikationstools zusammengeführt werden,
       zehn Jahren hinzukommen. Es ist also von vor-
                                                                die den Herausforderungen dieser Politik angepasst
       rangiger Bedeutung, die jungen Elsässerinnen und
                                                                sind.
       Elsässer darauf vorzubereiten, mit bestmöglichen
       Kompetenzen in ihr Berufsleben zu starten.
                                                                Angesichts der Gefahr, dass alle Anstrengungen und
       Die wirtschaftliche Attraktivität des Elsass geht auch   Investitionen, die im Laufe der Jahre unternommen
       mit der Verfügbarkeit künftiger Mitarbeiter einher,      wurden, zunichte gemacht werden, ist es notwen-
       die gut ausgebildet und kompetent sind, insbeson-        dig, diese Politik durch eine stärkere Beteiligung der
       dere in der Regionalsprache und in Weltsprachen.         elsässischen Gemeinschaften zu revitalisieren.
       Der linguistische Mehrwert im Vergleich zu anderen
       Gebieten kann für lokale, regionale und internatio-
       nale Unternehmen ein bedeutender Trumpf bei der
|20|   Auswahl einer Niederlassung sein.
ERLERNEN DER REGIONALSPRACHE IM SCHULISCHEN BILDUNGSGANG

  Förderung und Unterstützung von                       insbesondere auf der Grundschulebene, merk-
Theater-Workshops an Sekundarschulen                    lich zurück. Dieser Rückgang ist in erster Linie der
                                                        Komplexität der Verwaltungsverfahren geschuldet,
                                                        die bei jedem Ortswechsel notwendig sind. Er ist
1. Feststellungen
                                                        aber auch eine direkte Folge der programmgemä-
Das Erlernen einer Sprache erfolgt auch durch die       ßen Einstellung des Französischunterrichts an den
mündliche Praxis. Es wurde festgestellt, dass vielen    Grundschulen im Land Baden-Württemberg.
Schülern, die in Sekundarschulen einen zweispra-
chigen Bildungsgang belegen, keine hinreichende         Immer weniger deutsche Lehrkräfte sind bereit, die-
Möglichkeit zum mündlichen Austausch gegeben            sen Aktivitäten Zeit zu widmen, da sie selbst der
wurde. So bleiben die Kompetenzen häufig sehr           Reform des deutschen Schulprogramms unterliegen.
theoretisch und zu viele Schüler haben nicht genü-
gend Erfahrung, um Selbstvertrauen zu gewinnen          In der Sekundarstufe gibt es nach wie vor mehr
und die Regionalsprache nach Abschluss der              Austausch. Dies ist insbesondere dem Programm für
Sekundarschulzeit eigenständig anzuwenden.              kulturelle Aktivitäten zu verdanken, das im Rahmen
                                                        der Zielstellungen des Vier-Parteien-Abkommens
2. Herausforderungen                                    (Schülermobilität und Kulturaustausch) vom
Die mündliche Praxis ist von Bedeutung, egal ob es      Bildungsministerium vorgeschlagen wurde.
sich um ein Langzeitstudium, ein duales Studium,
eine Berufsausbildung handelt oder ob es einfach        2. Herausforderungen
darum geht, einen Ort in einem deutschsprachigen
                                                        Die Schülermobilität und das Kennenlernen des
Land des Oberrheingebiets zu besuchen.
                                                        Anderen sind sehr wichtige Themen, die wäh-
                                                        rend der Schullaufbahn behandelt werden, vor
Der Zugang zur Kultur und zu den Lebens-
                                                        allem für diejenigen, die einer zweisprachigen
gewohnheiten der Nachbarn erfolgt auch über die
                                                        Ausbildung nachgehen. Ohne sich miteinander zu
Theaterpraxis. Durch diese Tätigkeit können die jun-
                                                        treffen, sich lebhaft austauschen zu können und das
gen Sekundarschüler eine Sprache anwenden, die
                                                        Nachbarland kennenzulernen, würde ein wichtiger
oft nur theoretisch vermittelt wird.
                                                        Aspekt der kulturellen Öffnung und des Entdeckens
                                                        fehlen.
3. Ziele und Umsetzung
Förderung einer Theateraufführung oder Musik-           3. Ziele und Umsetzung
veranstaltung in der Regionalsprache (Deutsch
                                                        In dem operativen Vier-Parteien-Abkommen für
oder elsässischer Dialekt) an Sekundarschulen,
                                                        den Zeitraum 2018 - 2022 ist für diesen Bereich eine
die im Departement einen zweisprachigen Zweig
                                                        tatkräftige Unterstützung vorgesehen. Geplant sind
anbieten.
                                                        spezifische Aktionen, um die Lehrkräfte – besonders
Die Ziele dieser Aktivitäten in der Regionalsprache     an den Sekundarschulen – auf deutsch-französi-
sind vielfältig:                                        sche Projekte vorzubereiten.
  Förderung der Fähigkeit, sich in deutscher Sprache    Die Mobilität im Oberrheingebiet ist Bestandteil des
  und im Dialekt ausdrücken zu können,                  Projekts zur Vermittlung der regionalen Sprache und
  Erwerb eines umfangreichen Wortschatzes,              Kultur. Damit wird ein zweifaches Ziel verfolgt, näm-
  leichtere Verwendung vollständiger Sätze,             lich die Verbindung von linguistischer Dimension
  Aufwertung der Schülerarbeit,                         (Stärkung der operativen Sprachkompetenz) und
                                                        interkultureller Dimension (vertiefte Kenntnis des
  Gestaltung generationsübergreifender Beziehun-
                                                        Oberrheingebiets). Sie dient der Vorbereitung auf
  gen über die linguistische Dimension,
                                                        Mehrsprachigkeit und internationale Mobilität. Alle
  Einbindung der Lehrkräfte in das Projekt,             im Bereich der Mobilität vorgeschlagenen Aktionen
  Beitrag zur Bewahrung und Reaktivierung eines         gehören zu einem progressiven Bildungsgang,
  Kulturerbes, das regional und europäisch zugleich     mit dem die linguistischen und interkulturellen
  ist,                                                  Kompetenzen von Schülern und Studenten gestärkt
  Vermittlung von Vielfalt und Toleranz, Entwicklung    werden sollen.
  von Kreativität.
                                                        Jede schulische Einrichtung ist aufgerufen, eine
                                                        dauerhafte und strukturierte Partnerschaft mit
                                                        einer oder mehreren schulischen Einrichtungen
  Aktionen mit schulischen Einrichtungen                im Oberrheingebiet oder im deutschsprachigen
beidseits der Grenze                                    Raum zu gestalten. Besonders gefördert werden
                                                        grenzüberschreitende Partnerschaften im grenz-
1. Feststellungen                                       nahen Raum. Es werden jährliche Kontaktseminare
In den letzten Jahren ging der Austausch zwischen       organisiert, die sich an französische, deutsche
französischen und deutschen Klassen und Schülern,       und schweizerische pädagogische Teams im                |21|
ERLERNEN DER REGIONALSPRACHE IM SCHULISCHEN BILDUNGSGANG

       Oberrheingebiet und darüber hinaus richten, um           Gebiet ein bedeutender Trumpf ist. Sie sollen zudem
       die Gestaltung neuer Partnerschaften zwischen            begreifen, dass wir uns tatsächlich in einem realen
       den Einrichtungen zu begünstigen und die vor-            und konkreten europäischen Umfeld befinden.
       geschlagenen grenzübergreifenden Aktionen und
       Instrumentarien bekannt zu machen.                       3. Ziele und Umsetzung
                                                                Schüler, die während ihrer Schullaufbahn einen
                                                                zweisprachigen Bildungsgang belegen, sollen so die
         Projekt „EUROSTAGE 2020“ von                           Möglichkeit erhalten, mit Situationen konfrontiert zu
       ELTERN Alsace und Unterstützung                          werden, die der konkreten mündlichen Nutzung der
       bei der Organisation von „Feedback“-                     Regionalsprache bedürfen. Durch einen mehrtägi-
                                                                gen Aufenthalt in einem deutschen Unternehmen
       Veranstaltungen                                          sollen sie verstehen, dass ihr Wissen einen wirkli-
                                                                chen Mehrwert darstellt.
       1. Feststellungen
       Während ihrer Sekundarschulzeit sind die Schüler         Die Entwicklung von Mobilität und Eigenständigkeit
       der 3. Jahrgangsstufe (troisième) verpflichtet, eine     gehört zu den Hauptzielen dieses Projekts. Es
       Woche lang eine „Beobachtung im beruflichen              wird daher im Rahmen des Programms INTERREG
       Milieu“ zu absolvieren. Die meisten Schüler begeben      V durch einen europäischen Finanzfonds unter-
       sich dazu entweder in das berufliche Umfeld ihrer        stützt. Das Bildungsministerium trägt über das
       Eltern oder nutzen die persönlichen Beziehungen          Vier-Parteien-Abkommen zur Entfaltung dieses
       ihrer Familien. Diese Zeit soll den jungen Menschen      Projekts bei und bewirbt es bei den betroffenen
       eigentlich helfen, am Ende dieser Jahrgangsstufe         Sekundarschuleinrichtungen. Schließlich sollte es
       eine Orientierung zu finden, aber nur wenige nutzen      für alle Schüler zweisprachiger Sekundarschulen
       diese Zeit wirklich. Darüber hinaus probieren sie sich   auf elsässischem Territorium zugänglich sein.
       lediglich in französischen Einrichtungen aus, wobei
       die in der Regionalsprache erworbenen sprachli-
       chen Kompetenzen aber nicht zum Einsatz gebracht           Unterstützung punktueller
       werden können.                                           Veranstaltungen
       Die Vereinigung der Eltern von Schülern
                                                                1. Feststellungen
       ELTERN Alsace, die sich für die Entwicklung der
       Zweisprachigkeit und für die Berufsausbildung            Die Vereinigungen, die sich für die Förderung und
       junger Menschen einsetzt, hat ein grenzüber-             das Praktizieren der Regionalsprache einsetzen,
       schreitendes Projekt auf den Weg gebracht. Es            und die lokalen Körperschaften, die in ihren Gebieten
       ermöglicht jungen Menschen mit einer zweispra-           zweisprachige Bildungsgänge anbieten, organisie-
       chigen Ausbildung, diese „Erkundungswoche“ in            ren kleine und größere Veranstaltungen. Sie dienen
       einem deutschen Unternehmen zu absolvieren und           dazu, die Verwendung der Regionalsprache aufzu-
       umfassende Erfahrungen durch ein vollständiges           werten und das Erlernen der Sprache im schulischen
       Eintauchen ins Nachbarland zu sammeln.                   oder außerschulischen Rahmen zu fördern.
                                                                Diese Veranstaltungen werden von der breiten
       Allerdings sind nur wenige Jugendliche bereit, von       Öffentlichkeit oft gar nicht wahrgenommen. Darüber
       ihren Erfahrungen zu berichten, die sie in dieser        hinaus bestehen vor allem von der finanziellen Seite
       Zeit gesammelt haben, wodurch andere Schüler             her Organisationsschwierigkeiten.
       nicht ermutigt werden, sich für diese Art des
       Austauschs anzumelden. Es werden „Feedback“-             2. Herausforderungen
       Veranstaltungen organisiert, damit die übrigen           Der Wiederaufschwung beim Praktizieren der
       Schüler – meist ohne zweisprachigen Hintergrund          Regionalsprache, insbesondere der elsässi-
       – auf die zahlreichen Möglichkeiten, die im              schen Dialekte, ist eine kollektive Aufgabe.
       Oberrheingebiet geboten werden, aufmerksam               Das Bildungsministerium darf nicht der ein-
       gemacht werden können.                                   zige Akteur sein, der sich diesem ehrgeizigen
                                                                Vorhaben der Entwicklung und des Praktizierens
       2. Herausforderungen                                     der Regionalsprache widmet. Durch lokale
       Bei einer Eingliederung in ein deutsches Berufsmilieu    Veranstaltungen kann ein unmittelbarer Kontakt zur
       durch eine vollständige Immersion kann eine              Regionalsprache hergestellt werden, und die elsäs-
       Menge gelernt werden. Die jungen Sekundarschüler         sischen Bürger können dahingehend sensibilisiert
       können die deutsche Sprache in einem Umfeld              werden, wie wichtig der Erhalt dieser Sprache ist.
       außerhalb der Schule und mit Erwachsenen prak-
       tizieren, die nicht zum Schulkader gehören. Diese        3. Ziele und Umsetzung
       Zeit sollte genutzt werden, damit sich diese jungen      Die Unterstützung für Veranstaltungen trägt
       Menschen der Tatsache bewusst werden, dass die           zur Aufwertung der Regionalsprache in vielfäl-
|22|   Regionalsprache in einem grenzüberschreitenden           tigen Bereichen bei. Die Gebietskörperschaften
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