Finanzmärkte, Finanzintermediation und Kapitalanlage - Ein Leitfaden MARTIN PREDOTA
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Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Alle Angaben in diesem Fachbuch erfolgen trotz sorgfältiger Bearbeitung ohne Gewähr, eine Haftung des Autors oder des Verlages ist ausgeschlossen. 1. Auflage 2020 Copyright © 2020 Facultas Verlags- und Buchhandels AG facultas Universitätsverlag, Stolberggasse 26, 1050 Wien, Österreich Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und der Verbreitung sowie der Übersetzung, sind vorbehalten. Umschlagfotos © Adobe Stock Satz und Druck: Facultas Verlags- und Buchhandels AG Printed in Austria ISBN 978-3-7089-1958-4
VORWORT Das vorliegende Buch ist im Zuge einer Vorlesung an der Technischen Uni- versität Wien entstanden und eine Neu-Fassung meines Buches Finanzmärk- te und Finanzintermediation, erweitert speziell um Themen der Kapitalanla- ge, da sich der Studienplan in der Zwischenzeit geändert hat. Es behandelt Themen aus verschiedenen Wissensgebieten, die mit Finanzmärkten, Kapi- talanlage oder Finanzintermediation zusammenhängen. In Kapitel 1 werden nach einem kurzen historischen Überblick wesentliche Begriffe und Konzepte definiert, die im späteren benötigt werden. Zusätz- lich wird ein Einblick in aktuelle Entwicklungen gegeben. Kapitel 2 beschäf- tigt sich mit Kooperationen an Finanzmärkten, wobei zwischen Situationen, in denen alle Marktteilnehmer dieselben Informationen besitzen und sol- chen, wo dies nicht der Fall ist, unterschieden wird. Kapitel 3 widmet sich den unterschiedlichen Formen, wie sich Unternehmen am Finanzmarkt fi- nanzieren können und geht speziell auf die unterschiedlichen Kreditformen ein. Im 4. Kapitel wird eine Einführung in Veranlagungsstrategien anhand von einfachen und Portfolio Insurance-Strategien gegeben. Kapitel 5 behan- delt Institutionen am Finanzmarkt, wie bspw. die FMA, OeNB oder EZB. In Kapitel 6 wird ein wesentlicher Bestandteil der heutigen Finanzmärkte, die Börse, näher betrachtet. Abschließend gibt es in Kapitel 7 zu allen Themen- gebieten Übungsaufgaben, die ausführlich gelöst werden. Dieses Buch eignet sich sowohl zum Selbststudium für Interessierte als auch als begleitende Literatur für eine Lehrveranstaltung. Besonderer Dank gilt meiner Familie für die Unterstützung und ihre Ge- duld bei der Erstellung des Buches. Tulln an der Donau, Jänner 2020 Martin Predota
I N H A LT S V E R Z E I C H N I S 1 einleitung 1 1.1 H ISTORISCHER Ü BERBLICK 1 1.2 B EGRIFFSBESTIMMUNGEN 2 1.3 A KTUELLE E NTWICKLUNGEN 4 1.4 N UTZENFUNKTIONEN 5 1.5 K APITALWERT UND INTERNER Z INSSATZ 8 1.6 F INANZMÄRKTE 11 1.6.1 A LLGEMEINES 11 1.6.2 F UNKTIONEN VON F INANZMÄRKTEN 12 1.6.3 K LASSIFIZIERUNG VON F INANZMÄRKTEN 14 1.6.4 R EFERENZZINSSÄTZE 15 1.6.5 D ER VOLLKOMMENE M ARKT 19 2 finanzkontrakte und kooperation 21 2.1 E INFÜHRUNG 21 2.2 S YMMETRISCHE I NFORMATION 23 2.2.1 S ICHERE E RWARTUNG 23 2.2.2 U NSICHERE E RWARTUNG 24 2.2.3 D ER S TANDARDKREDITVERTRAG 26 2.3 A SYMMETRISCHE I NFORMATION 27 2.4 S IGNALISIERUNG BEI ASYMMETRISCHER I NFORMATION 32 2.4.1 P OOLING -G LEICHGEWICHT 32 2.4.2 S EPARIERENDES G LEICHGEWICHT 34 2.5 M ORAL H AZARD 37 3 unternehmensfinanzierung und kreditverträge 39 3.1 E INFÜHRUNG 39 3.2 A USSENFINANZIERUNG 43 3.3 E XTERNE E IGENFINANZIERUNG 45 3.3.1 A LLGEMEINES 45 3.3.2 A KTIEN 46 3.3.3 J UNGE A KTIEN UND B EZUGSRECHT 50 3.4 K REDITFINANZIERUNG 57 3.4.1 K URZ - UND MITTELFRISTIGE K REDITFINANZIERUNG 57 3.4.2 L ANGFRISTIGE K REDITFINANZIERUNG 60 v
vi Inhaltsverzeichnis 3.5 D ER S TANDARDKREDITVERTRAG 65 3.6 K REDITRATIONIERUNG 69 3.7 K REDITSICHERHEITEN 73 3.7.1 R ECHTLICHE G RUNDLAGEN 73 3.7.2 S YMMETRISCHE I NFORMATION 76 3.7.3 A SYMMETRISCHE I NFORMATION 78 4 portfolio insurance-strategien 81 4.1 E INLEITUNG 81 4.2 E INFACHE S TRATEGIEN 83 4.2.1 D IE B UY- AND -H OLD -S TRATEGIE 85 4.2.2 D IE STATISCHE S TOP -L OSS -S TRATEGIE 87 4.2.3 D IE DYNAMISCHE S TOP -L OSS -S TRATEGIE 90 4.2.4 D IE C ONSTANT-M IX -S TRATEGIE 93 4.2.5 D IE LINEARE I NVESTMENTREGEL 94 4.3 D AS CPPI-G RUNDMODELL 96 4.4 E RWEITERUNGEN DES CPPI-M ODELLS 104 4.4.1 E INFÜHRUNG EINES Z INSSATZES FÜR A NLEIHEN 104 4.4.2 E RWEITERUNG UM T RANSAKTIONSKOSTEN 106 4.4.3 S TEIGENDER F LOOR 108 4.4.4 L AUFENDE Z AHLUNG 111 4.5 D AS TIPP-M ODELL 113 4.6 D AS TIPP-M-M ODELL 117 4.7 D IE VPPI-S TRATEGIE 119 4.7.1 E INFÜHRUNG 119 4.7.2 D IE V OLATILITÄTS -S TRATEGIE 120 4.7.3 D IE TRENDBASIERTE S TRATEGIE 121 4.7.4 S TRATEGIE BASIEREND AUF V OLATILITÄT UND T REND 123 5 fma, oenb und ezb 125 5.1 F INANZMARKTINSTITUTIONEN IN Ö STERREICH 125 5.2 F INANZMINISTER UND F INANZMARKTSTABILITÄTSGREMIUM 125 5.3 D IE ÖSTERREICHISCHE F INANZMARKTAUFSICHT (FMA) 127 5.3.1 A LLGEMEINES 127 5.3.2 O RGANISATORISCHES 128 5.3.3 D IE FMA ALS INTEGRIERTE A UFSICHT 129 5.3.4 F INANZIERUNG DER FMA 130 5.3.5 Z IELE DER FMA 131 5.3.6 B ANKENAUFSICHT 131 5.3.7 V ERSICHERUNGS - UND P ENSIONSKASSENAUFSICHT 132 5.3.8 W ERTPAPIERAUFSICHT 132
Inhaltsverzeichnis vii 5.3.9 B ANKENABWICKLUNG 133 5.4 D IE O ESTERREICHISCHE N ATIONALBANK (O E NB) 134 5.5 Z USAMMENARBEIT VON FMA UND O E NB 135 5.6 S ONSTIGE F INANZMARKTINSTITUTIONEN 137 5.7 D IE E UROPÄISCHE Z ENTRALBANK (EZB) 138 5.7.1 O RGANISATION 138 5.7.2 D IE E UROPÄISCHE B ANKENUNION 140 6 organisation und funktion der börse 145 6.1 E INLEITUNG 145 6.2 D IE B ÖRSE 147 6.3 H ANDEL AN DER B ÖRSE 149 6.4 P REISBILDUNG AN DER B ÖRSE 153 6.4.1 P REISBILDUNG BEI A UKTIONEN 154 6.4.2 P REISBILDUNG BEI FORTLAUFENDEM H ANDEL 157 6.5 B ÖRSENINDIZES 159 6.5.1 A LLGEMEINES 159 6.5.2 I NDEXBERECHNUNGEN 161 6.6 I NSIDERHANDEL 163 7 übungsaufgaben 167 7.1 F INANZKONTRAKTE UND K OOPERATION 167 7.2 U NTERNEHMENSFINANZIERUNG UND K REDITVERTRÄGE 172 7.3 P ORTFOLIO I NSURANCE -S TRATEGIEN 180 7.4 O RGANISATION UND F UNKTION DER B ÖRSE 184 literaturverzeichnis 187 tabellenverzeichnis 193 abbildungsverzeichnis 195 index 197
1 EINLEITUNG 1.1 historischer überblick Bevor wir zu allgemeinen Begriffsbestimmungen kommen, betrachten wir kurz die historische Entwicklung des Bankwesens. Die ersten Bankgeschäfte, nämlich Wechsel von Münzen und Vermögens- verwahrung, haben sich bereits in der Antike gezeigt, im alten Rom wurden bereits Darlehen vergeben. In Europa sind erste Bankgeschäfte im Mittelal- ter von Italien ausgegangen. Die ersten Banken im heutigen Sinn in England wurden Anfang des 18. Jahrhunderts gegründet, bspw. die Baring Brother’s & Co. Eine der wichtigsten Banken in Europa wurde danach das Bankhaus Rothschild, das von Deutschland aus seine Geschäfte führte. Die ersten Banken in Österreich wurden Anfang des 18. Jahrhunderts ge- gründet. Zunächst hatten sie hauptsächlich die Aufgabe, die Finanzierung der in dieser Zeit absolutistischen Herrscher zu übernehmen. Durch die industrielle Revolution verlagerte sich das Bankgeschäft vermehrt in den Privatbereich. Es wurden Kredite vergeben und Sparverträge abgeschlos- sen. Im 19. Jahrhundert spezialisierten sich einzelne Banken auf bestimmte Sektoren, um den entsprechenden Kundenbereich besser versorgen zu kön- nen. Nach dem Ende der Napoleonischen Kriege gründete der Pfarrer Johann Baptist Weber 1819 den „Verein der Ersten österreichischen Spar-Casse“ auf Anregung von Kaiser Franz I., der sich Sparkassen nach deutschem und englischem Muster wünschte. Dieser Verein wurde am 4. Oktober 1819 er- öffnet. Weitere Banken folgten bereits 1820 durch die bedeutende deutsche Ban- kiersfamilie Rothschild. 1855 gründete ebenfalls ein Mitglied der Rothschild- Familie die k. k. privilegierte Österreichische Credit-Anstalt für Handel und Gewerbe, kurz Creditanstalt, welche während der gesamten Zeit der Mon- archie die bedeutendste Wirtschaftsbank bleiben sollte. Größter Konkurrent war die 1880 als Tochter einer französischen Bank gegründete Länderbank. Der Erste Weltkrieg veränderte die Bankenlandschaft nachhaltig, nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die wichtigsten Banken verstaatlicht. Heute sind
2 Kapitel 1 einleitung die zur Unicredit-Gruppe gehörende Bank Austria, die Erste Bank- und Sparkassengruppe, die Raiffeisenbanken und die Volksbanken die größten Institute in Österreich. Für eine ausführliche Historie der Bankenentwicklung sei auf Tolkmitt [89] verwiesen. 1.2 begriffsbestimmungen Zunächst definieren wir einige wichtige Begriffe, die wir in diesem Buch im- mer wieder verwenden. Kapitalgeber (Kreditgeber) sind Personen oder In- stitutionen, die Kapital anlegen wollen, Kapitalnehmer (Kreditnehmer) sind Personen oder Institutionen, die Kapital nachfragen. Ein Markt ermöglicht Handel, indem er Käufer und Verkäufer bestimmter Güter zusammenführt. Ein Finanzkontrakt ist ein Vertrag, der Ansprüche auf gegenwärtige oder zukünftige Zahlungen darstellt. Ein Markt, auf dem Finanzkontrakte ge- handelt werden, wird als Finanzmarkt bezeichnet. An den Finanzmärkten sind unterschiedliche Akteure als Kapitalnehmer und Kapitalgeber im Einsatz. Diese können in private Haushalte, Unter- nehmen und die öffentliche Hand (Staat) unterteilt werden, wobei priva- te Haushalte hauptsächlich als Kapitalgeber, der Staat und Unternehmen hauptsächlich als Kapitalnehmer zur Finanzierung von Projekten auftreten.1 Zunächst betrachten wir die einfache Situation, in der es am Markt aus- schließlich Kapitalgeber und Kapitalnehmer gibt. Der Begriff des Kapital- gebers kann sehr vielfältig verwendet werden, bspw. ein Großvater, der für das Studium seines Enkels spart. Kapitalgeber und Kapitalnehmer haben jeweils Zielvorstellungen und Opti- mierungsgedanken, nach denen sie auf den Märkten handeln. Nun haben wir also Angebot und Nachfrage am Markt, aber es stellt sich die Frage, wie das ausgeglichen werden kann. Dafür haben sich die verschiedensten Märkte gebildet. Solche Finanzmärkte treten in unterschiedlichen Formen auf, bspw. in Form der Börse, die wir in Kapitel 6 noch ausführlich behandeln, oder aber auch als einfachste Variante in Form von Anzeigenseiten in Tageszeitungen. Eine wesentliche Rolle in unseren Überlegungen spielen Banken. Eine Bank ist (ähnlich einem Finanzmarkt) eine Institution, die Einlagen von Kapital- 1 siehe Tolkmitt [89]
1.2 Begriffsbestimmungen 3 gebern sammelt und sie in Form von Krediten an Kapitalnehmer weiter- gibt. Daraus ist zu sehen, dass Banken und Finanzmärkte im Prinzip ähnli- che Funktionen erfüllen und in Konkurrenz zueinander stehen. Das Bank- geschäft selbst wird oftmals auch allgemeiner als Finanzdienstleistungsge- schäft bezeichnet, da dieser Begriff nicht so einschränkend wirkt. Ein grundlegender Unterschied zwischen Banken und Finanzmärkten ist, dass Banken das Kapital der Kapitalgeber entgegennehmen und an Kapi- talnehmer weitergeben. Somit sind Banken nicht einfach ein Handelsplatz sondern selbst Marktteilnehmer. Nun kommen wir zu einem weiteren wichtigen Begriff, dem Finanzinter- mediär, der als Vermittler zwischen Kapitalangebot und Kapitalnachfrage auftritt. Diesen Begriff kann man auf zwei Arten definieren, entweder eng oder erweitert. Ein Finanzintermediär im engeren Sinn ist eine Institution, die Kapital von Anlegern entgegennimmt und an Kapitalnehmer weitergibt. Finanzintermediäre im weiteren Sinn umfassen zusätzlich solche Institutio- nen, die Handel zwischen Kapitalgebern und Kapitalnehmern ermöglichen oder erleichtern.2 Die wesentlichsten Finanzintermediäre sind Banken, Versicherungen, Mak- ler, Finanzberater und Investmentgesellschaften, wobei wir uns hauptsäch- lich mit Banken beschäftigen werden. Eine Bank, bei der man ausschließlich Kredite aufnehmen oder Sparbücher abschließen kann, ist bspw. ein Finanzintermediär im engeren Sinn. Ein Makler, der Vermittlungsleistungen anbietet, hingegen ist ein Finanzinter- mediär im weiteren Sinn. Viele Angebote von Banken in der Praxis, bspw. die Unterstützung eines Unternehmens bei der Emission einer Anleihe, deu- ten jedoch darauf hin, dass eine Bank tatsächlich ein Finanzintermediär im weiteren Sinn ist. Bei Banken können zwei Bereiche der Banktätigkeit unterschieden werden, nämlich das Commercial Banking und das Investment Banking. Unter Com- mercial Banking verstehen wir die Grundgeschäfte einer Bank, das Einlagen- und Kreditgeschäft, wohingegen Investment Banking auch darüber hinaus- gehende Geschäfte wie bspw. Beratungstätigkeit für die Vermögensveranla- gung umfasst. Für nähere Details dazu sei auf Hartmann-Wendels et al. [50] verwiesen. In der Praxis haben sich vor allem aus historischen Gründen unterschiedli- che Strukturen im Bankwesen entwickelt. Für eine ausführliche Darstellung der Struktur des Bankgewerbes sei auf Hagenmüller et al. [49] verwiesen. 2 siehe Hartmann-Wendels et al. [50]
4 Kapitel 1 einleitung Ein Finanzmarkt kann in den Primärmarkt und den Sekundärmarkt unter- teilt werden. Der Primärmarkt dient zum Abschluss neuer Finanzkontrakte zwischen Kapitalgebern und Kapitalnehmern, wie bspw. die Emission von Aktien oder die Platzierung von Optionen. Haben diese Finanzkontrakte am Primärmarkt einen Käufer gefunden, so können sie auch (beliebig oft) wei- terverkauft werden. Dieser Handel geschieht am Sekundärmarkt und sorgt für Liquidität3 beim Verkäufer. Finanzmärkte betrachten wir in Abschnitt 1.6 genauer. 1.3 aktuelle entwicklungen In den letzten Jahren gewinnen so genannte FinTechs immer mehr an Be- deutung. Der Begriff FinTech leitet sich von Finanztechnologie (financial technology) ab. Dabei handelt es sich um einen Sammelbegriff für moderne Technologien im Bereich der Finanzdienstleistungen, die infolge des digita- len Wandels an den Finanzmärkten entstehen. Um Bankgeschäfte abzuwi- ckeln genügt heute meist ein Internet-Zugang. Online-Banking ist zum All- tag geworden, Bankfilialen müssen nicht mehr unbedingt aufgesucht wer- den. Folglich nützen auch bereits klassische Banken moderne Technologien, um gegenüber FinTechs wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Digitalisierung bei Banken führt dazu, dass Geschäfts- und IT-Prozesse mithilfe relevanter Daten und geeigneter IT-Systeme über alle Kundenkanä- le hinweg unterstützt und automatisiert werden, bspw. papierloses Büro, elektronische Vertriebswege, etc.4 Unter dem Begriff FinTech treten mittler- weile jedoch bereits viele Unternehmen aus anderen Branchen am Finanz- markt auf, die darauf abzielen, durch Unterstützung moderner Technologi- en neue Geschäftsmodelle, Prozesse und Vertriebswege in der Finanzbran- che zu etablieren. Eines der bekanntesten FinTech-Unternehmen weltweit ist der Online-Bezahldienst PayPal, ein bekannteres österreichisches FinTech ist bspw. Bitpanda. Weitere Beispiele für FinTechs sind Online-Tools, die aufgrund automati- sierter Fragebögen die angeblich optimale Veranlagungsstrategie für jeden Kunden finden oder Crowdfunding-Portale, die Kapital von einer Vielzahl von Geldgebern über ein Onlineportal zur Verfügung stellen. Eine ausführli- 3 Unter Liquidität versteht man die Fähigkeit von Unternehmen, jederzeit ihren Zahlungsverpflichtungen uneingeschränkt nachkommen zu können. 4 siehe Nathmann [68]
1.4 Nutzenfunktionen 5 che Analyse über FinTechs kann bspw. bei Dapp [22] oder im PwC FinTech- Report 2019 [78] gefunden werden. Nicht unerwähnt bleiben sollen als Abschluss dieses Abschnitts auch so ge- nannte Krypto-Assets.5 Dabei handelt es sich um digitale Zahlungsmittel (bspw. Bitcoin, Ethereum, Litecoin, etc.), die auf kryptographischen Werk- zeugen wie Blockchains und digitalen Signaturen basieren. Diese werden von keiner Zentralbank oder Behörde ausgegeben, die Schöp- fung neuer Werteinheiten erfolgt zumeist über ein vorbestimmtes Verfahren innerhalb eines Computernetzwerkes. Dies wird als Mining bezeichnet. Es gibt keine zentrale Instanz, die Transaktionen kontrolliert oder verwaltet, sämtliche Transaktionen sind in einem öffentlichen Verzeichnis aufgezeich- net (Blockchain). Einmal getätigte Transaktionen sind grundsätzlich nicht widerrufbar. Krypto-Assets unterliegen nach der derzeitigen Rechtslage we- der einer Regulierung noch einer staatlichen Aufsicht.6 Für weitere Ausfüh- rung zu Krypto-Assets sei bspw. auf Rosenberger [80] verwiesen. 1.4 nutzenfunktionen Für eine Analyse von Entscheidungssituationen unter Risiko (was wir im- mer wieder betrachten werden) ist es insbesondere von Bedeutung, zuver- lässige Prognosen über die Wahl eines rationalen Entscheidungsträgers zu treffen, wenn diese sich zwischen risikobehafteten Auszahlungsströmen ent- scheiden müssen. Für diese Analyse werden Nutzenfunktionen benötigt. Eine solche Nutzenfunktion u sei stetig differenzierbar und monoton stei- gend. Daraus folgt u � > 0, der Grenznutzen des Vermögens ist also positiv (Eigenschaft der Nichtsättigung), d.h. mehr Rendite ist immer besser als weniger oder gleich viel Rendite. Ein Entscheider heißt • risikoavers, wenn die Nutzenfunktion konkav verläuft, d.h. u �� < 0, • risikoneutral, wenn die Nutzenfunktion linear verläuft, d.h. u �� = 0, • risikofreudig, wenn die Nutzenfunktion konvex verläuft, d.h. u �� > 0. 5 Bis vor kurzem wurde diese als Kryptowährungen bezeichnet. Da jedoch die Definition einer Währung nicht erfüllt ist (bspw. Ausgabe durch einen Staat) wurde die Bezeichnung angepasst. 6 siehe FMA [40]
6 Kapitel 1 einleitung Beispiel 1 Beispiele für konkave Nutzenfunktionen: √ u(x) = x u(x) = ln x u(x) = 1 − e−λx u(x) = x − x2 Für einen risikoaversen Entscheider gilt E[u(ỹ)] < u(E[ỹ]). Der erwartete Nutzen aus der Auszahlung ist also geringer als der Nut- zen aus dem Erwartungswert der Auszahlung. Risikoaversion liegt somit vor, wenn ein Entscheidungsträger eine Handlungsalternative mit riskan- ten Ergebniswerten geringer schätzt als eine sichere Alternative gleichen Er- wartungswertes. Die Risikoprämie ist die Geldsumme, die eine risikoaverse Person zur Vermeidung eines Risikos zahlen würde. Ein risikoneutraler Entscheider ist indifferent zwischen dem Erwartungs- wert der Verteilung und der Verteilung selbst, ein risikofreudiger Entschei- der präferiert die Verteilung gegenüber dem Erwartungswert der Vertei- lung. Um die Risikoeinstellung eines Entscheiders messen zu können, wird das Arrow-Pratt-Maß r(x) (Maß für absolute Risikoaversion) verwendet. Dieses ist definiert durch u �� (x) r(x) = − � . u (x) Daraus folgt, dass das Arrow-Pratt-Maß für einen risikoaversen Entscheider (mit einer streng konkaven Nutzenfunktion) positiv ist, für einen risikofreu- digen Entscheider negativ und für einen risikoneutralen Entscheider gleich 0. Aus der Definition folgt sofort, dass das Arrow-Pratt-Maß invariant gegen- über einer positiven, linearen Transformation der Nutzenfunktion ist.
1.4 Nutzenfunktionen 7 Beispiel 2 Für die Nutzenfunktion u(x) = a − b exp(−cx) mit a, b, c > 0 gilt −bc2 exp(−cx) r(x) = − = c, bc exp(−cx) es liegt also Risikoaversion vor. Beispiel 3 Ein Entscheider steht vor der Wahl zwischen einer Lotterie, die mit glei- cher Wahrscheinlichkeit Auszahlungen in Höhe von 100 bzw. 300 er- bringt und einer sicheren Auszahlung in der Höhe der erwarteten Aus- zahlung der Lotterie von 200. Nun gilt für einen risikoaversen Entschei- der E[u(y)] = 0,5 · u(100) + 0,5 · u(300) < u(E[y]) = u(0,5 · 100 + 0,5 · 300) Daraus folgt für den Vergleich der sicheren Auszahlung und der Lotterie u(200) > 0,5 · u(100) + 0,5 · u(300). Der risikoaverse Entscheider präferiert also die sichere Zahlung in Höhe der erwarteten Auszahlung der Lotterie gegenüber der Lotterie. Ist die Nutzenfunktion durch u(x) = ln(x) gegeben, dann folgt u(200) = ln(200) = 5,3 und 0,5 · u(100) + 0,5 · u(300) = 0,5 · ln(100) + 0,5 · ln(300) = 5,15 Der risikoneutrale ist indifferent und der risikofreudige präferiert die Lotterie gegenüber der sicheren Zahlung. Für eine ausführliche Darstellung von Nutzenfunktionen sei bspw. auf Laux [60] verwiesen.
8 Kapitel 1 einleitung 1.5 kapitalwert und interner zinssatz Wenn ein Kapitalnehmer die Möglichkeit hat, zwischen mehreren Verträgen zu wählen, die mehr als eine Periode dauern, dann sind diese auf den ers- ten Blick nicht leicht vergleichbar. Um diese gegenüberstellen zu können, benötigen wir Grundlagen aus der Investitionsrechnung. Dabei werden sämtliche Ein- und Auszahlungen über alle Nutzungsperi- oden hinweg berücksichtigt und dem unterschiedlichen zeitlichen Anfall von Ein- und Auszahlungen während der Nutzungsdauer wird zinseszins- mäßig Rechnung getragen. Durch die Berechnung aller Zahlungen zu ei- nem bestimmten Zeitpunkt werden die jeweiligen Effekte vergleichbarer ge- macht. Der Kapitalwert K0 (net present value) einer Investition mit Cashflows Ct zu den Zeitpunkten t, 0 t T , ist der mit dem Zinssatz i auf den Betrach- tungszeitpunkt abgezinste Wert aller Cashflows, T Ct K0 = . t=0 (1 + i)t Ist das Ergebnis größer gleich Null, so lohnt sich die Investition. Bei ei- nem positiven Kapitalwert wird mehr als die geforderte Mindestverzinsung erreicht. Beim Vergleich mehrerer Investitionen ist jene mit dem höheren Kapitalwert zu bevorzugen. Ein Nachteil der Methode ist, dass die Zahlungsreihen, die zur Anwen- dung der Kapitalwertmethode benötigt werden, nur Erwartungswerte und deshalb mit Unsicherheiten behaftet sind. Insbesondere bei einem längeren Planungshorizont ist es schwierig, die einzelnen Zahlungsreihen vorherzu- sagen. Bei der Methode des internen Zinsfußes wird jener Zinssatz i berechnet, bei dem eine Investition einen Kapitalwert von Null hat, T Ct = 0. t=0 (1 + i )t Der interne Zinsfuß gibt somit an, welcher durchschnittliche Zinssatz mit den Einlagen erzielt wird, wie stark also das zur Verfügung gestellte Ka- pital durchschnittlich pro Periode wächst. Anders ausgedrückt wird jener Zinssatz ermittelt, bei dem der Kapitalwert aller Nettozahlungsüberschüsse einer Investition gleich den Anschaffungsauszahlungen ist.
1.5 Kapitalwert und interner Zinssatz 9 Gewählt wird ein Projekt, wenn dessen interner Zinsfuß größer als der Kapi- talmarktzins ist. Bei mehreren Projekten wird jenes mit dem höheren inter- nen Zinsfuß durchgeführt. Der interne Zinsfuß kann nicht analytisch mittels Formel bestimmt werden, es muss ein Näherungsverfahren wie bspw. das Newtonsche Näherungsverfahren verwendet werden. Der interne Zinsfuß muss weder eindeutig sein noch muss er existieren, eine Verwendung der Methodik ist dann nicht möglich bzw. fragwürdig. Für detaillierte Ausfüh- rungen und Diskussionen zum internen Zinsfuß sei auf Hering [51] verwie- sen. Die Methode des internen Zinsfußes und der Kapitalwert müssen nicht zur selben Investitionsentscheidung führen. Anleihe 1 Anleihe 2 Kaufpreis t = 0 250.000,00 300.000,00 Ausschüttung t = 1 75.000,00 110.000,00 Ausschüttung t = 2 80.000,00 115.000,00 Ausschüttung t = 3 75.000,00 70.000,00 Ausschüttung t = 4 90.000,00 80.000,00 Tabelle 1: Cashflows aus Beispiel 4 Abbildung 1: Kapitalwerte aus Beispiel 4
10 Kapitel 1 einleitung Beispiel 4 Einem Investor werden zwei Anleihen zum Kauf angeboten. Die Zah- lungsströme (in e) sind in Tabelle 1 dargestellt. Bei einem Marktzins von 9% ergeben sich folgende Kapitalwerte und interne Zinsfüße: K10 = 7.813,77 (i = 10,381%) K20 = 8.437,49 (i = 10,378%) Nach der Kapitalwertmethode sollte also Anleihe 2 und nach der Metho- de des internen Zinsfußes Anleihe 1 gewählt werden. Bei einem Markt- zins von ca. 10,3% sind die Kapitalwerte der beiden Wertpapiere gleich hoch. In Abbildung 1 sind die Kapitalwerte für die beiden Wertpapiere bei unterschiedlichen Marktzinssätzen dargestellt. Aus Abbildung 1 ist erkennbar, dass Anleihe 2 bei einem Marktzins von 9% den größeren Kapitalwert liefert, bei ca. 10,3% dreht sich dies um. Da unter 10,3% bei beiden Wertpapieren der Kapitalwert positiv ist und mit höherem Zins sinkt, muss für beide Wertpapiere der interne Zinsfuß größer als 10,3% sein. Da ab 10,3% aber Anleihe 1 den höheren Kapitalwert hat, liefert das interne Zinsfuß-Verfahren genau die gegen- teilige Aussage, da Anleihe 1 damit den höheren internen Zinsfuß hat, die Kapitalwert-Methode aber beim Marktzins von 9% Anleihe 2 als bessere Investition auswählt. Allgemein liefert die Kapitalwertmethode dasselbe Ergebnis wie die Methode des inneren Zinsfußes, wenn der Schnittpunkt der beiden Kapitalwertkurven unter dem Marktzins ist. Aus Beispiel 4 folgt, dass die Methode des internen Zinsfußes nicht dazu geeignet ist, mehrere Investitionsprojekte unterschiedlicher Höhe (Anschaf- fungswert), Dauer und Investitionszeitpunkte miteinander zu vergleichen. In einem solchen Fall liefert die Kapitalwertmethode zuverlässigere Ergeb- nisse. Weitere Ausführungen zu Kapitalwert und internem Zinsfuß finden sich bspw. in Fischer [38].
1.6 Finanzmärkte 11 1.6 finanzmärkte 1.6.1 Allgemeines Wie wir bereits einleitend erwähnt haben, stehen am Finanzmarkt Kapital- nehmer und Kapitalgeber entweder direkt in Kontakt oder ein Finanzinter- mediär ist dazwischengeschaltet (siehe Abbildung 2). In der Realität sind die Zusammenhänge natürlich viel komplexer als in dieser Grafik, denn bspw. kann ein Marktteilnehmer sowohl Kapitalgeber als auch Kapitalneh- mer sein. Außerdem gibt es nicht nur einen Finanzmarkt oder nur einen Finanzintermediär. Weiters können Finanzintermediäre auch untereinander handeln. Finanzmarkt Kapitalgeber Kapitalnehmer Finanzintermediäre Abbildung 2: Akteure am Finanzmarkt Um Finanzmärkte analysieren zu können, betrachten wir deren Funktionen und Aufgaben. Zunächst wenden wir uns allgemeinen Märkten zu, die fol- gende Funktionen erfüllen: • Koordinationsfunktion: Auf einem Markt als Ort (der sowohl physisch als auch virtuell verstan- den werden kann) können sich Anbieter und Nachfrager treffen und handeln. Beispiele für Märkte sind der Wiener Naschmarkt, ein Fahrt- kartenautomat der Wiener Linien, physisch vorhandene Börseplätze oder eine Computerbörse, also sehr unterschiedliche Orte. • Allokationsfunktion: Es gibt viele Anbieter und Nachfrager, die auf dem Markt zusammen- finden (sollen). Durch Erfüllen der Allokationsfunktion eines Marktes wird das Angebot entsprechend auf die Nachfrage aufgeteilt. Wenn An-
12 Kapitel 1 einleitung gebot und Nachfrage am gesamten Markt nicht übereinstimmen, wird diese Differenz durch die Festsetzung von Marktpreisen ausgeglichen. • Auswahlfunktion: Manche Märkte erlassen Zugangsbeschränkungen, sodass nur Markt- teilnehmer zugelassen sind, die bestimmte Anforderungen vorweisen können. Bspw. dürfen in Österreich Kinder keine Zigaretten oder Alko- hol kaufen, sind also für diesen Markt nicht zugelassen. 1.6.2 Funktionen von Finanzmärkten Nach dieser Analyse von allgemeinen Märkten wenden wir uns Finanz- märkten zu und betrachten deren spezielle Funktionen, die Kapitalgeber und Kapitalnehmer zueinander führen. Grundsätzlich wird zwischen Liqui- ditätstransformation, Informationstransformation und Risikotransformati- on unterschieden. Dabei kann die Liquiditätstransformation in Fristen- und Losgrößentransformation unterteilt werden.7 Da die gehandelten Beträge (die so genannten Losgrößen) der Kapitalgeber und Kapitalnehmer unterschiedlich hoch sind, gleicht der Finanzmarkt mit- tels Losgrößentransformation diese Differenzen aus. Dabei werden meistens kleinere Beträge der Kapitalgeber zusammengefasst und an die Kapitalneh- mer, die größere Beträge benötigen, weitergegeben. Zusätzlich zu den Beträgen stimmen auch die Zeithorizonte, die sich Ka- pitalgeber und Kapitalnehmer für ihre Geschäfte vorstellen, oft nicht über- ein. Durch die Fristentransformation gleicht der Finanzmarkt Angebot und Nachfrage aus. Bei positiver Fristentransformation werden kurzfristig Gel- der aufgenommen und in Aktiva veranlagt, während bei negativer Fris- tentransformation Transformationen von längeren zu kürzeren Laufzeiten vorgenommen werden. Die Fristentransformation wird durch die Existenz und die Interaktion von Primär- und Sekundärmarkt erleichtert bzw. erst er- möglicht, wobei dem ursprünglichen Kapitalnehmer das Geld weiterhin zur Verfügung steht. Zur Fristentransformation kann angemerkt werden, dass nur ein Teil der kurzfristig abrufbaren Einlagen tatsächlich abgehoben wird, daher können auch Kredite mit langen Laufzeiten vergeben werden. Für ei- ne ausführliche Analyse der Fristentransformation sei bspw. auf Betge [8] verwiesen. Wenn Kapitalnehmer und Kapitalgeber unterschiedliche Vorstellungen über das Risiko, das sie eingehen möchten, haben, dann wird dies durch die 7 siehe Börner & Büschgen [12]
1.6 Finanzmärkte 13 Risikotransformation ausgeglichen. Die Risikotransformation kann in zwei Erscheinungsformen zur Anwendung kommen, entweder durch Risikore- duktion oder durch Risikoaufspaltung. Risikoreduktion kann durch Portfo- liobildung erreicht werden, wodurch es zu Diversifikationseffekten kommt. Dadurch reduziert sich im Allgemeinen das Gesamtrisiko. Wenn ein von ei- nem Kapitalnehmer angebotener Finanzkontrakt keine Abnehmer findet, da er zu riskant ist, kann dieser durch Risikoaufspaltung in andere Kontrakte zerlegt werden, die möglicherweise besser den Vorstellungen der Kapitalge- ber entsprechen (siehe auch Beispiel 5). K1 10 K2 -6 4 K3 = K1 + K2 s1 s1 s1 s2 4 s2 2 s2 6 s3 s3 s3 0 6 6 s4 s4 s4 -10 30 20 Abbildung 3: Risikoreduktion durch Portfoliobildung K4 s1 8 K5 s ,s 3 K6 s1 5 1 2 s2 s2 4 1 s3 s3 s3 -3 1 -4 Abbildung 4: Risikoaufspaltung in anders strukturierte Kontrakte Beispiel 5 Abbildung 3 zeigt zwei Kontrakte K1 und K2 , deren Konsequenzen für den Kapitalgeber von den Umweltzuständen s1 , s2 , s3 und s4 abhängen. Der Kapitalgeber erhält bspw. bei Eintreten von Zustand s1 bei Kontrakt K1 den Betrag 10 ausbezahlt. Durch Portfoliobildung entsteht K3 und
14 Kapitel 1 einleitung Beispiel 5 es wird die Verlustmöglichkeit eliminiert, der maximale Gewinn wird jedoch auch von 30 in Kontrakt K2 auf 20 im Portfolio K3 reduziert. Abbildung 4 zeigt einen weiteren Kontrakt K4 , der für drei mögliche Um- weltzustände s1 , s2 und s3 die dargestellten Erträge erzielt. Dies wird vom Kapitalnehmer so gewünscht. Findet sich nun kein Kapitalgeber (also Käufer) für dieses Produkt, so ist eine Aufspaltung in mehrere Kontrakte (bspw. die hier angeführten zwei Kontrakte K5 und K6 ) mög- lich, die für den Kapitalnehmer genau dem ursprünglichen Kontrakt entsprechen. 1.6.3 Klassifizierung von Finanzmärkten Als nächstes betrachten wir mögliche Klassifikationen von Finanzmärkten. Finanzmärkte können anhand mehrerer Kriterien eingeteilt werden, bspw.: • Laufzeit: kurz-, mittel- und langfristige Märkte • gehandelte Objekte: Eigenkapital-, Fremdkapital-, Devisen- und Deri- vatemärkte • Erfüllungszeitpunkt: Kassa- (Ausführung einer Wertpapierorder und ihre Erfüllung liegen zeitlich eng beieinander) und Terminmärkte (Aus- führung einer Wertpapierorder und ihre Erfüllung sind zeitlich ge- trennt) • Gebiet: nationale und internationale Märkte • Organisationsgrad: hoch organisierte Märkte (Börsen) und weniger or- ganisierte Märkte (Over-The-Counter-Märkte (OTC-Märkte)) • Marktteilnehmer: Wholesalemarkt (bspw. Banken) und der Retailmarkt (bspw. private Anleger) Ein OTC-Markt ist an keinen festen Ort gebunden und hat auch keine fixen Handelszeiten. Üblicherweise werden die Preise zwischen den einzelnen Vertragspartnern direkt ausgehandelt (bspw. Swap-Vertrag), sowohl auf na- tionaler als auch internationaler Ebene. Eine eindeutige Abgrenzung der Finanzmärkte ist jedoch nicht möglich, denn meist trifft auf einen Finanzmarkt eine Kombination aus den obigen Kriterien zu. Wir betrachten im Folgenden eine Zweiteilung in Geldmarkt und Kapitalmarkt, wobei am Geldmarkt kurzfristige Mittelaufnahmen bzw.
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