Finanzmarkttrends Geldpolitische Wende - Ausblick auf die Weltwirtschaft, den Euroraum, Deutschland, die USA, China sowie Anleihemärkte ...
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Finanzmarkttrends Geldpolitische Wende Ausblick auf die Weltwirtschaft, den Euroraum, Deutschland, die USA, China sowie Anleihemärkte, Wechselkurse, Aktienindizes und Rohöl Februar 2022
Inhalt ▪ Executive Summary: Geldpolitische Wende ▪ Prognosen: Überblick Konjunktur und Finanzmärkte ▪ Russland-Ukraine-Konflikt: Mögliche Auswirkungen auf die deutsche Volkswirtschaft. ▪ Covid-19: Die hohe Siebentageinzidenz der Neuinfektionen führt vor allem zu einem Arbeitskräftemangel und verschärft Angebotsengpässe. ▪ Lieferketten: Erste vage Entspannungszeichen. Risiken aber bleiben, darunter die Null-Covid-Strategie Chinas. ▪ Weltwirtschaft: Stolperstart in das neue Jahr, aber mit guten Aussichten für die nächsten Quartale ▪ Eurozone: Bund-Renditen reagieren auf EZB und steigen deutlich. ▪ Deutschland: Omikron setzt den „üblichen Verdächtigen“ zu. ▪ USA: Fed wird Leitzins im März 2022 erhöhen. ▪ China: Null-Covid-Strategie und Entschuldungspolitik im Stresstest. ▪ Aktienmärkte: Nervosität angesichts steigender Kapitalmarktzinsen. ▪ Wechselkurse: Kommunikative Wende der EZB hilft dem Euro. JPY-Schwäche pausiert. GBP unterstützt durch Zinserhöhungszyklus, viel mehr aber auch nicht. CNY sollte abwerten. ▪ Ölmärkte: Die Angebotslücke besteht fort. ▪ Ansprechpartner/Haftungsausschluss 2 Februar 2022 Finanzmarkttrends Marketingmitteilung
Executive Summary: Geldpolitische Wende ▪ Der Start in das neue Jahr war für die Weltwirtschaft holprig, was angesichts von Omikron zu erwarten gewesen war. Allerdings wird das erste Quartal 2022 vermutlich noch schwächer als erwartet ausfallen und außerdem hat das Schlussquartal von 2021 in weiten Teilen (vor allem in der Eurozone) enttäuscht. Zusammengenommen bedeutet dies, dass wir die Prognosen für die Eurozone und die USA heruntergestuft haben. Die globale Wirtschaftsleistung wird in diesem Jahr voraussichtlich mit einer Rate von 4,4 % expandieren (bisherige Prognose: 4,6 %). Wichtiges Thema an den Finanzmärkten ist die von den Notenbanken angekündigte Zinswende. ▪ Als besonders relevantes Risiko betrachten wir den Russland-Ukraine-Konflikt. Eine weitere Zuspitzung der Lage oder gar ein Krieg zwischen den beiden Ländern würde die Energiepreise nach oben katapultieren und bedeutete einen negativen Angebotsschock mit entsprechenden negativen konjunkturellen Auswirkungen. Deutschland würde darüber hinaus bei den Exporten über direkte und indirekte Effekte Wachstumseinbußen erleiden. ▪ Covid-19: Die Pandemie ist in eine neue Phase eingetreten und die Hoffnung auf eine Normalisierung im Laufe dieses Jahres steigt, da die Omikron-Variante mit weniger schweren Krankheitsverläufen verbunden ist. Viele Länder haben daher trotz hoher Inzidenzen Corona-Restriktionen ganz oder teilweise abgebaut. ▪ Die Lieferkettenprobleme bestehen fort. Die ersten Anzeichen einer Entspannung dürften sich in der zweiten Jahreshälfte deutlicher artikulieren, während der umfassende Materialmangel vermutlich erst im Laufe des Jahres 2023 in den meisten Sektoren beseitigt sein dürfte und in einigen Sektoren (z.B. Halbleiter) weiter bestehen sollte. ▪ Das BIP der Eurozone wird in diesem Jahr voraussichtlich um 4,2 % expandieren, wobei wir vor allem ab dem zweiten Quartal eine robuste Dynamik erwarten, da dann die Öffnung der Volkswirtschaften und allmählich abnehmende Lieferkettenprobleme positive Impulse für den Dienstleistungssektor und das Verarbeitende Gewerbe geben sollten. Die EZB hat eine erste Zinserhöhung am Ende des Jahres signalisiert, was eine leicht beschleunigte Rückführung der Nettoanleiheankäufe impliziert. Dies ist der Beginn der geldpolitischen Wende in der Eurozone. Die zehnjährigen Bund-Renditen sollten per Ende des Jahres auf 0,75 % steigen. ▪ In den USA wird das BIP in diesem Jahr voraussichtlich mit einer Rate von 3,4 % expandieren. Insgesamt dürfte die Erholung etwas an Schwung verlieren, woran Omikron und eine weniger expansive Fiskalpolitik seinen Anteil hat. Die Fed wird in jedem Fall angesichts einer auf über 7 % gestiegenen Inflation im März erstmals den Leitzins anheben und wahrscheinlich vier weitere Schritte durchführen. Die Rendite der zehnjährigen T-Notes wird Ende des Jahres voraussichtlich bei 2,60 % liegen. ▪ Chinas Wirtschaftswachstum dürfte 2022 4,7 % betragen, gedämpft durch die Null-Covid-Strategie, die immer wieder zu regionalen Produktionseinschränkungen führt. Die Notenbank hat moderat ihren Kurs gelockert, aber angesichts einer weiterhin hohen Verschuldung des Unternehmenssektors ist die Interventionsbereitschaft begrenzt. ▪ Die höheren Kapitalmarktzinsen setzen den Aktienkursen weltweit zu. Vor allem die Technologiewerte sind von den höheren Zinsen betroffen. Wir gehen von einem weiteren Rücksetzer im laufenden Quartal beim S&P 500 und Dax aus, gefolgt von einer moderaten Aufwärtsbewegung in den folgenden Quartalen. ▪ Der Euro hat gegenüber dem US-Dollar als Reaktion auf die kommunikative Wende der EZB aufgewertet und damit unsere bestehende Prognose eines stärkeren Euro unterstützt. ▪ Der Ölpreis steigt vor dem Hintergrund der Schwierigkeiten der OPEC Plus-Länder die Förderung auszuweiten. Die geopolitischen Spannungen (Russland/Ukraine) tragen ebenfalls zu dem Preisanstieg bei. Auf Sicht der nächsten Quartale sollten aber wieder größere Erdölmengen auf den Markt kommen und für niedrigere Preise sorgen. 3 Februar 2022 Finanzmarkttrends Marketingmitteilung
Prognosen: Veränderung des BIP Source: HCOB Economics, IMF 4 Februar 2022 Finanzmarkttrends Marketingmitteilung
Prognosen: Finanzmärkte 07.02.2022 Jun 22 Dez 22 Jun 23 Dez 23 Euro area Policy rate 0,00 0,00 0,25 0,75 1,25 Deposit rate -0,50 -0,50 -0,25 0,25 0,75 3 months Euribor -0,53 -0,40 0,00 0,55 1,05 2 year Bunds -0,24 -0,25 0,10 0,60 1,10 10 year Bunds 0,23 0,35 0,75 1,15 1,35 USA Fed funds target rate (upper bound) 0,25 0,75 1,50 2,00 2,50 3 months Libor 0,36 0,65 1,40 1,90 2,40 2 year T-Notes 1,30 1,45 2,20 2,70 3,00 10 year T-Notes 1,92 2,00 2,60 2,90 3,00 FX 07.02.2022 Jun 22 Dez 22 Jun 23 Dez 23 EUR/USD 1,14 1,13 1,16 1,18 1,20 EUR/GBP 0,85 0,84 0,86 0,85 0,83 USD/JPY 115 117 116 112 109 USD/CNY 6,36 6,40 6,50 6,56 6,59 Stocks 07.02.2022 Jun 22 Dez 22 Jun 23 Dez 23 Dax 15207 14700 15500 15900 16300 Stoxx Europe 600 465 450 470 470 470 S&P500 4484 4220 4430 4510 4610 Commodities 07.02.2022 Jun 22 Dez 22 Jun 23 Dez 23 Oil (Brent) in USD/USD 93 90 80 70 70 Oil (WTI) in USD/Barrel 91 72 62 59 57 Source: Bloomberg, Hamburg Commercial Bank Economics 5 Februar 2022 Finanzmarkttrends Marketingmitteilung
Russland-Ukraine-Konflikt: Mögliche Auswirkungen für Deutschland (1/2) ▪ Der Russland-Ukraine-Konflikt erhöht die Unsicherheit hinsichtlich der Versorgungssicherheit mit Erdgas in Deutschland und Europa. Deutschland bezieht seine Erdgasimporte hauptsächlich aus Russland, den Niederlanden und Norwegen. 15 % des Erdgases ist Flüssiggas und kommt unter anderem aus Katar und den USA. Die Statistiken zu den Gasimporten sind nicht einheitlich, da beispielsweise russisches Gas über andere Länder wie etwa die Ukraine geliefert wird und Deutschland wiederum rund 45 % des importierten Erdgases weiterleitet. ▪ Insbesondere die Niederlande haben in den letzten Jahren als Gaslieferant an Bedeutung verloren, so dass Russland an Bedeutung gewonnen haben dürfte. ▪ In jedem Fall besteht eine nennenswerte Abhängigkeit von Erdgas aus Russland und es steht die Befürchtung im Raum, dass Russland die Versorgung Deutschlands und der EU mit Erdgas zeitweise stoppen oder einschränken könnte, falls die EU sich zu neuen Sanktionen gegenüber Russland entschlösse. ▪ Derzeit reichen die Erdgasvorräte in Deutschland für anderthalb Monate. Ein Stopp russischer Lieferungen würde allerdings nicht ein Stopp aller Importe bedeuten, so dass beim derzeitigen Verbrauch die Erdgasvorräte reichen sollten, um durch den (noch milden) Winter zu kommen. ▪ Allerdings hängt die Höhe des Verbrauchs signifikant davon ab, wie kalt die nächsten Wochen werden. Sollte es zu einer Kältewelle kommen, könnten sich die Erdgasvorräte rascher dem Ende zuneigen. Einschränkungen träfen als erstes die Industrie, während die privaten Haushalte prioritär versorgt würden. Konjunkturell wären die Effekte daher schmerzhaft. ▪ Im Fall einer Invasion Russlands in die Ukraine – das könnte etwa die Donbass-Region betreffen, nicht ausschließen wollen Beobachter allerdings auch einen direkten Zugriff auf Kiew – käme es sicherlich zu einem erheblichen Preisanstieg bei Erdöl und Erdgas. Die Inflation stiege weiter und die Kaufkraft der Menschen sänke zusätzlich. Die Wirkungen auf die Konjunktur würden insbesondere davon abhängen, wie lange die Rohstoffmärkte sich von einem Krieg „beeindrucken“ ließen. Blieben die Rohstoffmärkte drei oder vier Monate auf einem ungewöhnlich hohen Preisniveau – also beispielsweise 30 bis 40 % höher als derzeit –, wären die konjunkturellen Wirkungen signifikant negativ. 6 Februar 2022 Finanzmarkttrends Marketingmitteilung
Russland-Ukraine-Konflikt: Mögliche Auswirkungen für Deutschland (2/2) ▪ Ein militärischer Konflikt zwischen Russland und der Ukraine würde Deutschland nicht nur über die höheren Energiepreise konjunkturell erheblich belasten, sondern auch über die Exporte. Zwar sind die Ausfuhren Deutschlands nach Russland mit einem Anteil an den gesamten Exporten von 2 % überschaubar und die Ukraine ist nicht einmal unter den „Top 20“ und kommt auf einen Anteil von nur 0,4 %. Allerdings sind auch indirekte Effekte zu berücksichtigen: So dürften die Länder Polen, Tschechische Republik und Ungarn von Sanktionen durch Russland auf dem Gasmarkt gegebenenfalls besonders stark betroffen sein, da ihre Abhängigkeit von russischem Gas mit rund 60% noch höher ist als in Deutschland. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass es in diesen Ländern zu einer Rezession käme. Eine solche Abschwächung würde auch Deutschland zu spüren bekommen, da diese Länder zusammen rund 11 % der deutschen Ausfuhren nachfragen. ▪ Weiter werden die über 700 deutschen Unternehmen, die in Russland über eine Produktions- oder Vertriebsstätte vertreten sind (in der Ukraine sind es 140, jeweils Angaben von 2019), mit Verlusten rechnen müssen, da ihre Investitionen erheblich an Wert verlieren oder wertlos werden könnten. Der Bestand der deutschen Nettodirektinvestitionen in Russland und der Ukraine lag 2019 bei 23,4 Mrd. Euro. Weißrussland, das ebenfalls in einen Krieg hineingezogen werden könnte, spielt in dieser Beziehung kaum eine wirtschaftliche Rolle. ▪ Neben den beschriebenen wirtschaftlichen Auswirkungen ist nach Ansicht einiger Beobachter für den Fall eines Krieges mit hunderttausenden Geflüchteten aus der Ukraine zu rechnen, die in Deutschland und anderen EU-Staaten Zuflucht suchen würden. ▪ Insgesamt hängen die möglichen Auswirkungen davon ab, in welchem Ausmaß Russland gegebenenfalls ein Invasion in die Ukraine durchführt. Denn das wird der bestimmende Faktor für die von der EU und den USA zu ergreifenden Sanktionen gegenüber Russland sein – und die Gegensanktionen Russlands. Entsprechend wird auch das Ausmaß des Preisanstiegs von Öl und Gas davon abhängen, wie umfassend die militärischen Aktionen Russlands gegebenenfalls ausfallen werden. ▪ Die Analyse der möglichen Auswirkungen eines Krieges zwischen Russland und der Ukraine bedeutet natürlich nicht, dass es nicht doch noch zu einer friedlichen Lösung kommen könnte. 7 Februar 2022 Finanzmarkttrends Marketingmitteilung
Covid-19: Die hohe Siebentageinzidenz der Neuinfektionen führt vor allem zu einem Arbeitskräftemangel und verschärft Angebotsengpässe. 8 Februar 2022 Finanzmarkttrends Marketingmitteilung
Covid-19: Omikron belastet Konjunktur in Q1, aber die Perspektive ist positiv, da mit weniger schweren Krankheitsverläufen zu rechnen ist. ▪ Die Corona-Krise ist seit dem Auftauchen der Omikron-Variante in eine neue Phase eingetreten, die kurzfristig belastend für die Konjunktur ist, mittelfristig jedoch ein robustes Wirtschaftswachstum erlauben sollte. ▪ Kurzfristig bedeutet die hohe Ansteckungsrate durch Omikron – die Siebentageinzidenz liegt in manchen Ländern über 3.000 (siehe vorangehende Folie) – eine Belastung der Konjunktur durch viele Krankheits- und Quarantänefälle. Die Lage in den meisten Krankenhäusern kann bisher hingegen gut bewältigt werden. ▪ Mehr und mehr Länder gehen vor diesem Hintergrund dazu über, einen Teil oder sogar alle Restriktionen abzubauen und wieder zur Vor-Corona-Normalität zurückzukehren. Dänemark ist ein markantes Beispiel. Während die Siebentageinzidenz dort bei über 5.000 liegt, ist die Belegungsrate von Intensivbetten mit Covid-19-Patienten nur bei 6 pro eine Million Einwohner, bei fallender Tendenz. Das Land hat Ende Januar nahezu alle Corona-Restriktionen abgeschafft. ▪ Wir gehen davon aus, dass immer mehr Länder einen ähnlichen Weg gehen werden und spätestens ab dem zweiten Quartal 2022 die Wirtschaft insbesondere in den jetzt noch betroffenen Dienstleistungssektoren (u.a. Tourismus, Nicht-Lebensmittel-Einzelhandel, Hotellerie, Veranstaltungsindustrie) eine sichtbare Wachstumsdynamik zu beobachten sein wird, die sich in mehr Aktivität, aber auch höheren Preisen niederschlagen dürfte. ▪ Ab dem Frühjahr sei zudem mit einer saisonal bedingten Abschwächung der Infektionen zu rechnen, so die Aussagen von Virologen wie u.a. Christian Drosten von der Berliner Charité. ▪ Idealerweise wird Covid-19 endemisch. Das würde bedeuten, dass sich auch in Zukunft viele Menschen mit dem Virus Jahr für Jahr anstecken werden. Aber durch die zunehmende Immunisierung findet kein exponentielles Wachstum der Infizierten statt, so dass sich das Gesundheitssystem relativ gut auf entsprechende Krankheitsfälle einstellen kann. ▪ Vollkommene Entwarnung geben die Virologen jedoch noch nicht: Es sei durchaus möglich und sogar zu erwarten, dass neue Virus-Varianten auftauchen und diese können potenziell auch gefährlicher als die bisherigen Varianten sein. Mit einer hohen Impfquote sollte aber eine Überlastung der Krankenhäuser verhindert werden können. 9 Februar 2022 Finanzmarkttrends Marketingmitteilung
Lieferketten: Erste vage Entspannungszeichen. Risiken aber bleiben, darunter die Null-Covid-Strategie Chinas. ▪ Weiterhin klagt eine hoher Anteil von global tätigen Unternehmen in Deutschland über Lieferkettenprobleme. Allerdings hat die Zahl der Firmen, die sich über Materialmangel beklagen, in den meisten Sektoren des Verarbeitenden Gewerbes zu Beginn des Jahres 2022 leicht abgenommen. Der Durchschnittswert liegt immer noch bei extrem hohen 67 %, so dass der Weg zu einer Normalisierung der Situation immer noch lang ist. ▪ Andere Indikatoren zur Beurteilung des Ausmaßes der Lieferkettenprobleme sind entsprechend gemischt. So sind die Frachtraten für Containerschiffe erneut gestiegen und liegen nunmehr beim 4,3-fachen des Durchschnittswertes von 2019 (vor Corona). Offensichtlich bestehen hier noch größere Angebotsengpässe, die auch mit den Personalausfällen im Zusammenhang mit der Omikron-Variante sowie der Null-Covid-Strategie Chinas zusammenhängen. ▪ Gleichzeitig ist jedoch festzustellen, dass die Frachtraten von Massengutfrachtern seit Oktober 2021 abgestürzt sind und mittlerweile rund 30 % unter dem Durchschnittswert von 2019 liegen. Die Entspannung auf der Nachfrageseite hat sich preismäßig aber kaum bei den Rohstoffen niedergeschlagen. Selbst beim Eisenerzpreis, der zunächst im Sommer 2021 nach unten rauschte, hat seit November 2021 wieder eine Erholung eingesetzt, auch wenn man von den Höchstständen des Vorjahres noch weit entfernt ist. ▪ Für die Industrie stehen außerdem die Lieferprobleme bei den Halbleitern im Fokus: Das gilt ganz besonders für die Autoindustrie; in dieser beklagen 78 % der Unternehmen in Deutschland einen Mangel an Materialien. Hier macht sich in erster Linie ein durch die Corona-Krise und durch den Strukturwandel im Automobilsektor massiv gestiegener Bedarf an Halbleitern bemerkbar, dem die Produktion zunächst noch hinterherhinkt, da es rund drei Jahre dauert, eine neue Halbleiterfabrik aufzubauen. Wir halten es für wahrscheinlich, dass der Sektor für Halbleiter am Beginn eines Superzyklus steht, bei dem über mehrere Jahre das Angebot hinter der Nachfrage zurückbleibt. ▪ Ein entscheidender Faktor für eine nachhaltige Entspannung der Lieferketten ist die von uns erwartete Normalisierung der Konsummuster. Diese waren geprägt durch eine coronabedingte geringere Nachfrage nach Dienstleistungen (Tourismus, Konzerte, Restaurants, usw.). Im Gegenzug haben viele Haushalte langlebige Konsumgüter (z.B. Möbel, Fitnessgeräte) verstärkt nachgefragt. Die Normalisierung sollte die Gütermärkte und die Logistiker stark entlasten. Dies sollte ab der zweiten Jahreshälfte sichtbar werden, auch wenn die hohen Auftragsbestände darauf hindeuten, dass die Lieferengpässe erst 2023 in weiten Teilen beseitigt sein dürften (wichtige Ausnahme: Halbleiter). Ein Risiko auf diesem Weg ist die Null-Covid-Strategie Chinas, die immer wieder zu Produktionsschließungen führt. 10 Februar 2022 Finanzmarkttrends Marketingmitteilung
Weltwirtschaft: Stolperstart in das neue Jahr, aber mit guten Aussichten für die nächsten Quartale Durch den schwachen Jahresstart und das ebenso schwache Schlussquartal wird das Jahreswachstum 2022 in den meisten Ländern niedriger ausfallen, als bislang erwartet. 11 Februar 2022 Finanzmarkttrends Marketingmitteilung
Weltwirtschaft: Insbesondere im Dienstleistungssektor hinterlässt die Omikron-Variante deutliche Spuren. Mehrere PMIs sind unter die Expansionsgrenze von 50 gefallen. ISM/PMI-Indices manufacturing sector and services sector (Index > 50 = improvement of economic situation in comparison to previous month, Index < 50 = worsening) Source: Macrobond, Markit, HCOB Economics 12 Februar 2022 Finanzmarkttrends Marketingmitteilung
Weltwirtschaft: Inflation steigt weltweit deutlich und die Prognosen für das globale Wirtschaftswachstum werden zurückgenommen. ▪ Nach einem schwachen Abschlussquartal und einem vermutlich ähnlich schwachen Start in das laufende Jahr dürfte das globale Wirtschaftswachstum im Gesamtjahr mit 4,4 % schwächer ausfallen als bisher erwartet. Die Ursachen für diese enttäuschende Entwicklung der letzten Monate sind die Omikron-Variante, die zu neuen Restriktionen, Konsumzurückhaltung und erhöhtem Personalmangel geführt hat, sowie weiter bestehende Lieferkettenengpässe. ▪ Dennoch ist die Stimmung der Unternehmen im Verarbeitenden Gewerbe relativ gut. Tatsächlich ist die Auftragslage im Verarbeitenden Gewerbe weiterhin sehr robust und Unternehmen können höhere Preise durchsetzen, so dass sich mengenmäßige Produktionsbeschränkungen nicht 1:1 in Umsatzeinbußen niederschlagen. Im Dienstleistungsgewerbe ist in mehreren Ländern einen Eintrübung zu beobachten, wenngleich der Sektor insgesamt noch expandiert. ▪ Das Ergebnis dieser Entwicklung ist ein erneuter Anstieg der Inflation, die in den vergangenen Monaten stärker als erwartet gestiegen ist. Im Durchschnitt der Wirtschaftsregionen Eurozone, USA und Japan lagen im Dezember die Konsumentenpreise 5,0 % höher als vor einem Jahr. In den G20-Ländern liegt dieser Wert sogar bei 6,1 %. ▪ In Reaktion auf die höhere Inflation haben weltweit nach unserer Zählung 34 Zentralbanken in den vergangenen drei Monaten den Leitzins mindestens ein Mal angehoben. Im März wird aller Voraussicht nach die Fed den Leitzins anheben, im Dezember die EZB. Die hohe Inflation ist ein Risiko für den weiteren Konjunkturverlauf, da die höheren Preise für die Konsumenten zu Kaufkraftverlusten führen. ▪ Der Welthandel wuchs zuletzt nicht mehr so dynamisch, da die Kapazitäten im internationa- len Handel kaum noch erhöht werden können. So stagniert der Containerumschlag praktisch seit dem Frühjahr 2021. Die Auftragsbücher sind jedoch prall gefüllt und die Frachtraten auf Rekordniveau, so dass das Handelsvolumen zunächst hoch bleiben dürfte. ▪ Der Internationale Währungsfonds prognostiziert, dass der internationale Handel (zu Wasser, zu Land und in der Luft) 2022 um 6 % zunehmen wird, was jedoch nicht ausschließt, dass die Dynamik in den nächsten Monaten weiter abnehmen kann und vermutlich auch wird. 13 Februar 2022 Finanzmarkttrends Marketingmitteilung
Eurozone: Im vierten Quartal 2021 wurde endlich das BIP-Niveau von Ende 2019 erreicht. In Q4-2022 konnte trotz Omikron immerhin noch ein schwaches Wachstum von 0,3 % QoQ ausgewiesen werden. 14 Februar 2022 Finanzmarkttrends Marketingmitteilung
Eurozone: 2022 ist ein weiteres Aufholjahr, 2023 ist mit Normalisierung zu rechnen. 15 Februar 2022 Finanzmarkttrends Marketingmitteilung
Eurozone: Bund-Renditen reagieren auf EZB und steigen deutlich. Die EZB hat etwas verklausuliert signalisiert, dass es bereits in diesem Jahr zu einer ersten Zinserhöhung kommen dürfte. ▪ Das BIP der Eurozone wird im laufenden Jahr voraussichtlich mit einer Rate von 4,2 % expandieren. Die Prognose fällt niedriger aus als in unserer letzten Publikation (4,4 %), da Omikron das vierte Quartal 2021 sowie das laufende Quartal stärker als erwartet belastet hat bzw. haben dürfte. ▪ Die Perspektiven für die nächsten Quartale sind gut, da die Auftragsbücher voll sind und angesichts der schwindenden Gefahr coronabedingter Krankenhausüberlastungen eine Öffnung der Volkswirtschaften voranschreiten dürfte. Sowohl im Verarbeitenden Gewerbe als auch in weiten Teilen des Dienstleistungssektor ist daher robustes Wachstum zu erwarten. ▪ Die Inflation ist derweil weiter gestiegen, statt zu fallen – wie ursprünglich von den meisten Marktbeobachtern erwartet worden war. Mehr als die Hälfte des aktuellen Preisanstiegs ist auf die höheren Energiepreise zurückzuführen. Die Erwartung eines deutlich niedrigeren Basiseffektes, etwa an den Zapfsäulen, erfüllte sich nicht, weil der Ölpreis angesichts anhaltender Förderprobleme vieler Ölproduzenten weiter gestiegen ist. Auf Länderebene hat Italien mit 1,1 Prozentpunkten mehr als sonst zur Eurozonen-Inflation beigetragen. Deutschlands Beitrag zur Gesamtinflation ist wegen seines höheren Gewichts, aber auch seiner hohen Inflation, mit 1,9 Prozentpunkten besonders hoch (Dezember: 2,1 Prozentpunkte). Der negative Mehrwertsteuereffekt in Deutschland hat sich nur geringfügig bemerkbar gemacht. ▪ Auf der EZB-Ratssitzung am 3. Februar wurde – wie erwartet und trotz der hohen Inflation – keine Zinserhöhung beschlossen, aber die Tür für eine Zinserhöhung noch in diesem Jahr einen Spalt weit aufgemacht. Die Notenbankchefin Christine Lagarde machte deutlich, dass die EZB angesichts des veränderten Umfelds die März-Projektionen der EZB-Experten abwarten werde, um dann über den weiteren geldpolitischen Kurs zu entscheiden. Letztere werden – daran ließ Lagarde wenig Zweifel – in puncto Inflation nach oben angepasst werden. ▪ In Reaktion auf die EZB-Ratssitzung sind die zehnjährigen Bundrenditen in wenigen Tagen um 0,2 Prozentpunkte gestiegen und haben sich damit deutlich über der Null-Linie etabliert, die die Rendite seit dem Frühjahr 2019 unterschritten hatte. 16 Februar 2022 Finanzmarkttrends Marketingmitteilung
Deutschland: Die Öffnung kommt – bald. Eine ausgezeichnete Auftragslage und abnehmende Covid-19-Risiken dürften für eine kräftige Erholung nach dem Ende des ersten Quartals sorgen. 17 Februar 2022 Finanzmarkttrends Marketingmitteilung
Deutschland: Omikron setzt den „üblichen Verdächtigen“ zu. Deutschlands Wirtschaft wird in diesem Jahr voraussichtlich mit einer Rate von 3,2 % wachsen. Der Aufschwung dürfte breit angelegt sein. ▪ Das BIP-Wachstum Deutschlands wird mit 3,2 % in diesem Jahr niedriger ausfallen, als von uns bislang erwartet (3,7 %), weil die Wirtschaft im vierten Quartal 2021 überraschend deutlich geschrumpft ist (-0,7 % QoQ). Damit beginnt das neue Jahr auf einem relativ niedrigen Niveau und dazu kommt noch, dass auch das erste Quartal von der Omikron- Variante belastet ist. Selbst eine Rezession ist möglich, wird von uns allerdings nicht erwartet. Materialmangel ist in nahezu allen Sektoren ein wichtiges Wachstumshemmnis. Auf Seite 10 dieser Publikation wird die Situation in den einzelnen Sektoren dargestellt. ▪ Auf der Sektor-Ebene sorgt die Omikron-Variante für die bereits bekannte Spaltung der Volkswirtschaft: Die Stimmung im Bausektor und dem Verarbeitenden Gewerbe ist insgesamt positiv und stabil, bei den Dienstleistungen und im Einzelhandel hingegen wird die aktuelle Situation weniger gut beurteilt. Im Einzelhandel ist es sogar eine knappe Mehrheit der befragten Unternehmen, die die Situation als schlecht ansieht. ▪ In diesen letztgenannten Sektoren ist für die kommenden Monate eine deutliche Verbesserung zu erwarten, weil im Zuge einer abnehmenden Gefahr durch die Omikron- Variante Öffnungsschritte zu erwarten sind und die Angst bei den Konsumenten vor einer Ansteckung nachlassen dürfte. Erste Bundesländer haben bereits mit Lockerungsschritten begonnen und folgen so dem Beispiel zahlreicher europäischer Länder, die wie etwa Dänemark und Norwegen die Restriktionen fast komplett abgeschafft haben. ▪ Besonders profitieren von einer derartigen Entwicklung sollten die Reisebranche, das Gastgewerbe, die Hotellerie sowie der Nicht-Lebensmittel-Einzelhandel. Im Verarbeitenden Gewerbe hängt die künftige Entwicklung vor allem von einer Entspannung der Lieferketten ab. Denn die Auftragsbücher sind voll, aber viele Unternehmen, das betrifft vor allem die Automobilindustrie, produzieren weit weniger, als sie eigentlich könnten, weil Vorleistungs- güter fehlen. Halbleiter sind hier als prominentes und für viele Sektoren besonders wichtiges Beispiel zu nennen. 67 % der Unternehmen im Verarbeitenden Gewerbe beklagten im Januar Materialmangel, nur geringfügig weniger als drei Monate zuvor. Das Baugewerbe beurteilt die Lage nach wie vor überwiegend positiv. Der Sektor profitiert von den steigenden Preisen im Wohnimmobiliensektor sowie von abnehmenden Lieferkettenproblemen. 18 Februar 2022 Finanzmarkttrends Marketingmitteilung
USA: Arbeitsmarkt suggeriert einen relativ guten Start in das Jahr 2022. Der vorübergehende Anstieg der Covid-19-Infektionen und die höhere Belastung der Krankenhäuser wird aber nicht vollkommen spurlos an der Konjunktur vorübergehen. Das vierte Quartal 2021 profitierte von einem massiven Lageraufbau, der Rückschlagseffekt dürfte in Q1 2022 kommen. 19 Februar 2022 Finanzmarkttrends Marketingmitteilung
USA: Fed wird Leitzins im März 2022 erhöhen. Angesichts der auf über 7 % YoY gestiegenen Inflation hat die Fed ihren angekündigten Pfad zur Straffung der Geldpolitik beschleunigt und versprochen, bereits im März den Leitzins anzuheben. Es werden 2022 vier weitere Zinsschritte erwartet. ▪ Im laufenden Jahr wird das BIP mit einer Rate von 3,4 % und damit nicht ganz so dynamisch wachsen, wie wir das bislang erwartet haben (4,0 %). Im vierten Quartal ist das BIP zwar mit einer überraschend hohen Rate von 6,9 % (QoQ, annualisiert) gestiegen. Der Großteil dieses Zuwachses war jedoch auf einen massiven Aufbau der Lagerbestände zurückzuführen, während der private Konsum mit einer Rate von 3,3 % eher moderat gewachsen ist. Wohnungsbauinvestitionen gingen sogar zurück und die anderen Investitionen expandierten mit einer Rate von nur 2,0 %. Überraschend stark legten die Exporte zu (24,5 %), aber auch die Importe zeigten mit einem Zuwachs von 17,7 % eine hohe Dynamik. Für das erste Quartal ist ein Rückschlag zu erwarten, weil die Unternehmen ihre Produktion weniger stark ausweiten dürften, um die massiv aufgebauten Lagerbestände abzubauen. ▪ Gemessen am Arbeitsmarkt startet das Jahr für die USA relativ erfreulich. So ist die Beschäftigung im Januar um 467.000 Personen gestiegen. Auch die parallel über Umfragen gemessene Beschäftigungsveränderung (household survey) zeigte einen deutlichen Beschäftigungszuwachs. Da erfreulicherweise die Partizipationsrate um 0,3 Prozentpunkte auf 62,2 % zunahm, ist die Arbeitslosenrate im Ergebnis leicht gestiegen, auf 4,0 % (Vormonat: 3,9 %). ▪ Die Inflation ist zuletzt weiter gestiegen. So liegt die CPI Gesamtinflationsrate bei 7,1 %, die von der Fed stärker beobachtete PCE-Kernrate (anderes Konzept und ohne Energie und Lebensmittel) lag im Dezember bei 4,9 %. ▪ Die Fed gewichtet nunmehr die Kosten einer höheren Inflation in Form von Kaufkraftverlusten insbesondere für Geringverdiener höher als die möglichen negativen Konjunkturwirkungen als Folge von Zinserhöhungen. Eine Zinserhöhung im März ist von Fed-Chef Jerome Powell so gut wie „versprochen“ worden. Wir gehen von 25 BP aus. Nach den guten Arbeitsmarktdaten mehren sich die Stimmen, die 50 BP für möglich halten. Insgesamt wird die Fed in diesem Jahr nach unserer Prognose fünf Mal den Leitzins in 25-BP-Schritten anheben, so dass der Leitzins Ende 2022 bei 1,50 % (oberes Ende der von der Fed festgelegten Bandbreite) stehen dürfte. 20 Februar 2022 Finanzmarkttrends Marketingmitteilung
China: Viertes Quartal überraschend dynamisch. BIP-Prognose 2022: 4,7 % Im vierten Quartal ist das Wachstum mit 1,6 % QoQ überraschend kräftig gestiegen, was unseres Erachtens nicht zu der schwachen Entwicklung der Bauinvestitionen und des privaten Konsums passt. 21 Februar 2022 Finanzmarkttrends Marketingmitteilung
China: Null-Covid-Strategie und Entschuldungspolitik im Stresstest • Wir erwarten weiterhin ein Wirtschaftswachstum von verhaltenen 4,7 % für das laufende Jahr. Die aktuellen Rückgänge der Einkaufsmanagerindizes (PMI für Verarbeitendes Gewerbe und Dienstleistungssektor) signalisieren zudem, dass das Wirtschaftswachstum im laufenden Quartal wahrscheinlich schwächer als erwartet ausfallen wird. • Der Dienstleistungsbereich leidet weiterhin unter der Null-Covid-Strategie. Seitdem die Omikron- Variante im Umlauf ist, lastet ein außerordentlich großer Druck auf der chinesischen Führung, die entschlossen scheint, mindestens bis zum Herbst 2022 (Treffen der Kommunistischen Partei Chinas, u. a. zur Wiederwahl von Präsident Xi) die Maßnahmen aufrechtzuerhalten. Den ambitionierten Plänen stehen ein wenig wirksames Vakzin, eine gering durchseuchte Bevölkerung, die Olympischen Winterspiele in Peking und ein hohes Reiseaufkommen zum chinesischen Neujahrsfest entgegen. • Angesichts der Null-Covid-Strategie leidet durch die Abriegelung ganzer Städte der private Konsum. Der Einzelhandel brach im Dezember 2021 im Vormonatsvergleich um 2,2 % ein. Zwar konnten zwei Säulen des chinesischen Wachstums, der Außenhandel und die Industrieproduktion, Zuwächse verzeichnen, jedoch sind gerade im Bereich von Häfen und Produktionsstätten Schließungen zu erwarten, deren Konsequenzen in Form von verschärften Lieferketten- Problemen weit über die chinesischen Grenzen hinaus zu spüren sein sollten. • Seit August 2020 versucht die chinesische Führung, die Spekulation auf dem Immobilienmarkt mithilfe von drei Verschuldungskennzahlen (sogenannte drei roten Linien) zu begrenzen. Infolgedessen ist die Verschuldung im Unternehmenssektor 2021 auf (immer noch hohe) 180 % des BIP (2020: 191 %) zurückgegangen. Wenn sich der Abwärtstrend im Bausektor weiter verstärkt und sich der Druck auf die Bilanzen auf den gesamten Finanzsektor überträgt, könnte das dazu führen, dass die Kreditverfügbarkeit in der übrigen Ökonomie auch darunter leidet. • Im März steht ein wichtiges Treffen der chinesischen Führung (Chinese People’s Political Consultative Conference (CPPCC)) an, bei dem wohl ein Wachstumsziel für das 2022er BIP von 5 % bekannt gegeben werden soll. Ohne wirtschaftspolitische Interventionen wird das gesteckte Ziel vermutlich nicht zu erreichen sein. Die PBoC hat mit leichten Lockerungen der geldpolitischen Zügel bereits den Anfang gemacht. Fiskalpolitisch dürfte die chinesische Führung Infrastrukturprogramme auflegen. Gegen den Erfolg der Interventionen spricht u.a. die oben beschriebene Entschuldungspolitik, die auch Lokalregierungen darin behindert, über Bonds Fremdkapital zu akquirieren. 22 Februar 2022 Finanzmarkttrends Marketingmitteilung
Aktienmärkte: Nervosität angesichts steigender Kapitalmarktzinsen Der Jahresstart war für die meisten Aktienmärkte schwach. Besonders stark unter die Räder kamen die Technologie-Aktien. Insgesamt sind die Investoren noch dabei, die voraussichtliche Zinswende dies- und jenseits des Atlantiks zu verarbeiten. • Der wichtigste Treiber der Aktienmärkte – die durch die Zentralbanken bereitgestellte Liquidität – verliert in den kommenden Monaten und Jahren an Bedeutung und könnte sich sogar umkehren. Darauf deutet der Politikwechsel bei den wichtigsten Notenbanken hin. Die Fed reduziert bereits seit November ihre Nettoanleiheankäufe, beendet diese im März und wird dann – so die unmissverständliche Ankündigung – den Leitzins anheben. An den Märkten werden dann mindestens vier weitere US-Zinsanhebungen für dieses Jahr eingepreist. • Die EZB betreibt zeitversetzt eine ähnliche Politik. Hier ist zu erwarten, dass die Nettoanleiheankäufe im vierten Quartal dieses Jahres beendet werden und im Dezember der erste Zinsschritt erfolgt. Für das Jahr 2023 rechnen wir dann mit vier weiteren Zinsschritten. • Dieser Politikwechsel hat auch die langfristigen Zinsen steigen lassen und entsprechend haben wir die Prognose über die gesamte Zinsstruktur nach oben angepasst. • Derzeit sind die Aktieninvestoren dabei, diese geldpolitische Wende zu verarbeiten. Vor allem die Technologiewerte leiden darunter, deren erwartete Cash-Flows sich stärker in der ferneren Zukunft konzentrieren als bei herkömmlichen Unternehmen, weswegen die Tech-Unternehmen auf erwartete Zinssteigerungen (also die Erhöhung des Diskontierungsfaktors für die erwarteten Gewinne) meist besonders sensibel reagieren. So hat der technologielastige Nasdaq in diesem Jahr bereits fast 10 % an Wert verloren, beim S&P 500 stehen knapp -6% zu Buche und der Dax hat bisher 5 % verloren. • Weitere Verluste halten wir kurzfristig für wahrscheinlich, da höhere Zinsen am kurzen und am langen Ende vermutlich noch nicht vollständig eingepreist sind und die Aktienbewertungen auch nach der Korrektur weiterhin auf einem sehr hohen Niveau sind. Dabei ist im Zweifel ein Blick auf das Kurs-Gewinn-Verhältnis der vergangenen zehn Jahre irreführend, da in dieser Zeit überwiegend ein extrem niedriges Zinsniveau herrschte, was die Gewinne tendenziell erhöhte, so dass diese gegebenenfalls nicht repräsentativ sind für den Fall, in dem die Zinsen über die nächsten Jahre kräftig steigen sollten. 23 Februar 2022 Finanzmarkttrends Marketingmitteilung
EUR/USD: Kommunikative Wende der EZB hilft dem Euro. • Der Druck auf die Zentralbanken, die anhaltend hohe Inflation wieder einzufangen, ist wohl das zentrale Thema, das uns über das Jahr hinweg begleiten wird. Die Fed hat ihre Entschlossenheit zum Handeln auch schon hinreichend klar gemacht. Die erste Zinserhöhung, gemeinhin als Lift-Off bezeichnet, wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bereits im März erfolgen. Fünf Zinsschritte à 25 Basispunkte (BP) sind bereits Konsensus im Markt. Dass der Dollar am Anfang eines restriktiven Zyklus an Stärke gewinnt, ist historisch gesehen keine Überraschung. Die Vergangenheit zeigt aber auch, dass oft schon sehr viel der Erwartungen früh eingepreist wird, so dass in dieser Hinsicht aktuell ein Boden nicht mehr in so weiter Ferne liegt. • Es gibt allerdings auch Stimmen, die das aktuelle Umfeld davon abweichen sehen: Dazu haben die Aussagen von Fed-Präsident Jerome Powell wohl gehörig beigetragen, denn dieser beurteilt den US-Arbeitsmarkt als derart robust, dass von dieser Seite kein Hindernis bestehe, dieses Mal zügig mit Zinsschritten voranzuschreiten. Das klingt fast nach einem „Freifahrtschein“ für US-Dollar-Käufer. • Daran glauben wir nicht, denn es zeichnet sich doch ab, dass sich die hohe Inflation als ein weltweites Problem aus der Pandemie heraus entwickelt hat. Die EZB ist jetzt schon in Erklärungsnöten. Daraufhin kommen nun tatsächlich erste Eingeständnisse von EZB- Präsidentin Christine Lagarde, die eine Änderung ihrer Haltung zur Inflation auf der jüngsten Pressekonferenz kommunikativ vorbereitet hat. Für viele im Markt kam das zu diesem Zeitpunkt überraschend. So wie jetzt Zinsschritte der EZB in diesem Jahr eingepreist werden, kommt der Euro endlich „auf die Beine“, so wie wir es schon länger erwartet haben. • Ein gehöriges Maß werden am Ende auch die Aktienmärkte mitspielen: Zum Jahresanfang gab es nun doch einen kräftigeren Rücksetzer, an dem die Furcht vor einer allzu aggressiven Fed ihren Anteil hatte. In solchen Phasen wird der US-Dollar immer mal wieder profitieren. Zum Januar-Ultimo konnte aber der besonders gebeutelte Nasdaq schon wieder gut aufholen. Von Fed-Board-Mitglied James Bullard war jüngst zu vernehmen, dass ein Zinsschritt von 50 BP nicht förderlich wäre. • Für uns ist der Boden bei ca. 1,11 USD/EUR markiert und wir bleiben unserer bisherigen Prognose treu (Jahresende 2022: 1,16 USD/EUR). 24 Februar 2022 Finanzmarkttrends Marketingmitteilung
Devisenmärkte: JPY-Schwäche pausiert, aber noch nicht zu Ende. EZB stiehlt GBP die Show. CNY sollte mittelfristig abwerten. ▪ EUR/GBP: Alles andere als eine Fortsetzung der Zinserhöhungen durch die Bank of England (BoE) scheint ausgeschlossen. Das Komitee hat auch tatsächlich den zweiten Schritt geliefert. Das Pfund konnte daraus nur sehr kurz Unterstützung gegenüber dem Euro ziehen, denn die EZB hat der BoE quasi die Show gestohlen. Es kommt wohl nicht darauf an, wer der größte Falke ist, sondern wo ein Richtungswechsel am stärksten wirkt. Nach einem Jahr Post- Brexit ist zudem festzustellen, dass der Handel zwischen Großbritannien und der Eurozone stark eingeschränkt bleibt. Dass das Vereinigte Königreich von dem Austritt bisher profitiert, kann man nun wahrlich nicht behaupten. Die möglichen politischen Folgen der Eskapaden durch Downing Street No.10 – Premierminister Boris Johnson muss sich für Partys während der Corona- Lockdown-Zeit rechtfertigen – sind im Wechselkurs noch gar nicht mal berücksichtigt, könnten aber irgendwann doch durchschlagen, falls Boris Johnson nicht das Vertrauen seiner Parteifreunde und insbesondere der britischen Wähler zurückgewinnen kann. ▪ USD/JPY: Trotz der klaren Ankündigungen der Fed hat der Yen seine ärgste Schwächephase zunächst einmal überstanden. Die deutlich gestiegene Volatilität an den Aktienmärkten hilft dabei. Der Yen zeigt wieder etwas mehr die zwischendurch verloren geglaubte Anziehungskraft als sicherer Hafen. Sobald die US-Renditen am langen Ende aber ihren Anstieg fortsetzen, dürfte der Wechselkurs dem nicht widerstehen können. Kurse über der Marke von 118 JPY per USD halten wir weiter für möglich, damit hätte der Yen aber sein Potenzial auch ausgereizt. ▪ USD/CNY: Einiges der Renminbi-Stärke zum Jahreswechsel ist auf saisonale Effekte zurückzuführen. Wenn China aus der „Lunar New Year“-Ferienwoche zurückkehrt, dürfte sich das aber wieder ändern. Auf Sicht stehen sich ja Fed und People's Bank of China (PBoC) in ihrer Geldpolitik diametral gegenüber. Die Zinsdifferenz zu Gunsten des Renminbi wird weiter dahinschmelzen. Die Toleranz gegenüber einer andauernden Aufwertung dürfte zudem abnehmen, wenn China dafür Sorge tragen muss, die Konjunktur zu stützen. Bisher war der Außenhandel allerdings noch einer der wichtigsten Tragpfeiler der chinesischen Konjunktur. Wenn eine übermäßige Aufwertung aber an der Wettbewerbsfähigkeit sägt, dann wird die PBoC dagegen vorzugehen wissen. Wir halten an unserem Prognose-Pfad fest. 25 Februar 2022 Finanzmarkttrends Marketingmitteilung
Ölmärkte: Die Angebotslücke besteht fort. Während die OPEC Plus mit Kapazitätsengpässen kämpft, wachsen die geopolitischen Spannungen im Russland-Ukraine- Konflikt. • Der Ölpreis hat in den vergangenen Wochen mehrjährige Höchststände erreicht: Brent notierte in der Spitze bei 90 USD/Barrel, die Rohölsorte WTI bei 88 USD/Barrel. Zwar erwarten wir für die nächsten Monate fallende Ölpreise, der Preisrückgang dürfte sich jedoch auf hohem Niveau abspielen. Zum Jahresende 2022 prognostizieren wir eine Brent-Notierung von 75 US-Dollar/Barrel. • Die hohen Energiepreise sind indes längst auf die Inflation durchgeschlagen, sodass die US-Regierung Ende November einen Teil der strategischen Ölreserve aktivierte – ein historischer Schritt. Der erhoffte Erfolg blieb bisher allerdings aus. Die Preise kletterten weiter nach oben. • Die Gründe dafür sind vielfältig: Zwar hat sich die OPEC Plus zu einer Ausweitung der Fördermenge um monatlich 400.000 Barrel verpflichtet, bei der Umsetzung hapert es jedoch. Der Förderverbund hat große Schwierigkeiten, die selbstgesteckten Förderquoten vollends auszuschöpfen. Die Mehrheit der Mitgliedsländer der OPE Plus stößt augenscheinlich an ihre Kapazitätsgrenzen. Die Ausnahme bilden die beiden Schwergewichte Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate. Beide halten an ihrer restriktiven Förderpolitik fest, sodass laut S&P Global Platts im Dezember 2021 unter dem Strich 832.000 Barrel/Tag weniger gefördert wurde als zugesichert. • Die jüngste OPEC-Sitzung dürfte kaum zu einer Entspannung der Lage beitragen. Der Förderverbund hat den Fahrplan zwar bekräftigt, wonach im März die Förderung um weitere 400.000 Barrel/Tag ausgebaut werden soll. Eine erneute Verfehlung dieses Zielwerts wird vom Markt jedoch antizipiert. • Zugleich nehmen die geopolitischen Spannungen zu. Der Russland-Ukraine-Konflikt birgt ein erhebliches Risiko für den Ölmarkt. Russland steht für mehr als 10 % der weltweiten Ölförderung. Eine Eskalation des Konflikts hätte zweifellos einen signifikanten Preisanstieg zur Folge. Die nationalen strategischen Ölreserven könnten erneut zum Thema werden: Zusätzlich zu den USA haben auch die größten Ölverbraucher Asiens, darunter China, Indien, Südkorea und Japan, in dieser Beziehung wiederholt Bereitschaft zum Handeln signalisiert. • Entgegen der Einschätzung der Internationalen Energieagentur (IEA), die Angebotslücke schließe sich allmählich, hat diese weiterhin Bestand. Dies verdeutlicht auch die Backwardation der Future-Kurve (Spotpreis > Terminkurs). Eine Trendumkehr ist kurzfristig nicht in Sicht. 26 Februar 2022 Finanzmarkttrends Marketingmitteilung
Ansprechpersonen Redaktion und Versand Weitere Ansprechpersonen der Hamburg Commercial Bank Economics Institutional & Liability Sales Dr. Cyrus de la Rubia Christian Eggers Chefvolkswirt Senior FX Trader Thomas Benthien Tel.: 040-3333-15260 Tel.: 040-3333-25514 Tel.: 0431-900-25000 E-Mail: cyrus.delarubia@hcob-bank.com E-Mail: christian.eggers@hcob-bank.com Corporate Treasury Sales Carolin Kaddatz Tariq Chaudhry Junior Economist Junior Economist Fritz Bedbur Tel.: 040-3333-15206 Tel.: 040-3333-15206 Tel.: 040-3333-25162 E-Mail: carolin.kaddatz@hcob-bank.com E-Mail: tariq.chaudhry@hcob-bank.com Boris Gettkowski Tel.: 040-3333-25156 Syndicate & Credit Solutions Tim Boltzen Tel.: 040-3333-13765 Redaktionsschluss dieser Ausgabe: 8. Februar 2022 Gerhart-Hauptmann-Platz 50, 20095 Hamburg, Telefon 040-3333-0 27 Februar 2022 Finanzmarkttrends Marketingmitteilung
Haftungsausschluss • Die in dieser Publikation enthaltenen Marktinformationen sind zu allgemeinen Informationszwecken erstellt worden und ausschließlich zur Information bestimmt. Sie ersetzen weder eigene Marktrecherchen noch sonstige rechtliche, steuerliche oder finanzielle Information oder Beratung. Es handelt sich bei dieser Publikation um eine Information im Sinne des § 63 Absatz 6 WpHG bzw. Artikel 24 Absatz 3 der Richtlinie 65/2014/EU. Diese Publikation enthält keine Anlagestrategieempfehlungen oder Anlageempfehlungen (Finanzanalysen) im Sinne des § 2 Absatz 9 Nummer 5 WpHG bzw. des Artikel 3 Absatz 1 Nummer 34 und Nummer 35 der Verordnung (EU) Nr. 596/2014. Sie steht deshalb nicht im Einklang mit den Rechtsvorschriften zur Förderung der Unabhängigkeit von Finanzanalysen und unterliegt keinem Verbot des Handels im Anschluss an die Verbreitung von Finanzanalysen. • Die Hamburg Commercial Bank AG weist darauf hin, dass die dargestellten Marktinformationen nur für Anleger mit eigener wirtschaftlicher Erfahrung, die die Risiken und Chancen des/der hier dargestellten Marktes/Märkte abschätzen können und sich umfassend aus verschiedenen Quellen informieren, bestimmt sind. Die in dieser Publikation enthaltenen Aussagen und Angaben basieren auf Informationen, die die Hamburg Commercial Bank AG gründlich recherchiert bzw. aus allgemein zugänglichen, von der Hamburg Commercial Bank AG nicht überprüfbaren Quellen, die sie für verlässlich erachtet, bezogen hat: Die Hamburg Commercial Bank AG hält die verwendeten Quellen zwar für verlässlich, kann deren Zuverlässigkeit jedoch nicht mit letzter Gewissheit überprüfen. Die einzelnen Informationen aus diesen Quellen konnten nur auf Plausibilität überprüft werden, eine Kontrolle der sachlichen Richtigkeit fand nicht statt. Zudem enthält diese Publikation Schätzungen und Prognosen, die auf zahlreichen Annahmen und subjektiven Bewertungen sowohl der Hamburg Commercial Bank AG als auch anderer Quellen beruhen und lediglich unverbindliche Auffassungen über Märkte und Produkte zum Zeitpunkt der Herausgabe darstellen. Trotz sorgfältiger Bearbeitung übernehmen die Hamburg Commercial Bank AG und ihre Mitarbeiter und Organe keine Gewähr für Vollständigkeit, Aktualität und Richtigkeit der bereitgestellten Informationen und Prognosen. • Dieses Dokument kann nur gemäß den gesetzlichen Bestimmungen in den jeweiligen Ländern verteilt werden, und Personen, die im Besitz dieses Dokuments sind, sollten sich über die anwendbaren lokalen Bestimmungen informieren. Diese Unterlagen enthalten nicht alle für wirtschaftlich bedeutende Entscheidungen wesentliche Angaben und können von Informationen und Einschätzungen anderer Quellen/Marktteilnehmer abweichen. Weder die Hamburg Commercial Bank AG noch ihre Organe oder Mitarbeiter können für Verluste haftbar gemacht werden, die durch die Nutzung dieser Publikation oder ihrer Inhalte oder sonst im Zusammenhang mit dieser Publikation entstanden sind. • Die Hamburg Commercial Bank AG weist darauf hin, dass die Verbreitung der vorliegenden Materialien nicht zulässig ist. Schäden, die der Hamburg Commercial AG aus der unerlaubten Verbreitung dieser Materialien entstehen, hat der Verbreitende in voller Höhe zu ersetzen. Von Ansprüchen Dritter, die auf der unerlaubten Verbreitung dieser Materialien beruhen, und damit im Zusammenhang stehenden Rechtsverteidigungskosten hat er die Hamburg Commercial Bank AG freizuhalten. Dies gilt insbesondere auch für die Verbreitung dieser Publikation oder von Informationen daraus an U.S. Personen oder Personen in Großbritannien. • Die Hamburg Commercial Bank AG unterliegt der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Graurheindorfer Str. 108, 53117 Bonn sowie der Europäischen Zentralbank, Sonnemannstraße 20, 60314 Frankfurt am Main. 28 Februar 2022 Finanzmarkttrends Marketingmitteilung
Sie können auch lesen