Wirtschaftsfaktor Sport - #12 / 2018 - iwd

 
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Wirtschaftsfaktor Sport - #12 / 2018 - iwd
7. Juni 2018

#12 / 2018
ISSN 0344-919X                     Informationen aus dem Institut der deutschen Wirtschaft                          G 4120

Wirtschaftsfaktor Sport
Sport. Am 14. Juni startet die Fußballweltmeisterschaft in Russland. Damit die Fußballfans in Deutschland der
DFB-Elf zujubeln können, zahlen die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender der FIFA hohe Beträge. Die Sportartikel­
industrie profitiert ebenfalls von der WM. Aber auch jenseits des Fußballs ist Geld ein großes Thema im Sport –
die Bundesbürger lassen sich ihre Fitness einiges kosten.
        Seiten 2–9

Arbeitsentgelte                                                 Online-Handel
Nur noch jeder zweite Arbeitnehmer in Deutschland ist           Viele Bundesbürger scheuen sich, Lebensmittel im
tariflich gebunden. Am geringsten sind die Anteile im           Internet zu bestellen. Um das zu ändern, feilen die Super-
Osten sowie bei den geringfügig Beschäftigten.                  marktketten an neuen Lieferkonzepten.
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                   Weitere Themen +++ Top-Liste: Wohnwünsche der Bundesbürger +++
                        Neu auf iwd.de: CO2 -Regulierung in der Automobilindustrie
Fußball                                                 7. Juni 2018 / #12 / Seite 2

Der reiche König Fußball
                           Fußball. In sehr vielen Ländern ist Fußball der Volkssport Nummer eins, doch seit
                           den 1990er Jahren kratzt die zunehmende Kommerzialisierung an diesem Image.
                           Vor allem in Europa spielt das Geld durch TV-Verträge und externe Investoren
                           inzwischen eine dominierende Rolle. Die Entwicklung hat auch Auswirkungen auf
                           Welt- und Europameisterschaften.

    Hans-Georg „Katsche“ Schwar-         siebenstelliges Jahressalär. Die         deutlich mehr Geld zur Verfügung
zenbeck hat im Fußball alles erreicht:   Topstars der Bundesliga liegen mit       hatten. Der Sender profitierte im
Europameister 1972, Weltmeister          ihrem Gehalt jenseits der 10-Millio-     Gegenzug durch stark wachsende
1974, dreimal gewann er den Euro-        nen-Euro-Grenze.                         Abo-Zahlen. Diese Synergie bildete
papokal der Landesmeister mit dem           Auch wenn zuvor schon Millio-         die Blaupause für die Kommerziali-
FC Bayern München, dazu sechs            nensummen für Verwertungsrechte          sierung des Fußballs.
deutsche Meisterschaften und drei        gezahlt wurden, lässt sich die rasante       Mittlerweile sind in vielen Staaten
DFB-Pokale.                              Entwicklung im Fußball seit den          gewaltige Summen im Umlauf: Für
    Ausgesorgt hatte er nach seiner      1990er Jahren mit einem ganz             die Übertragungsrechte der Premier
Karriere dennoch nicht, denn das         konkreten Ereignis verbinden:            League von 2016 bis 2019 zahlten die
große Geld gab es in den 1970ern im         Im Jahr 1992 spalteten sich in        Fernsehsender in England zusam-
Fußball nicht – Schwarzenbeck            England fünf große Vereine von           men umgerechnet 6,9 Milliarden
leitete nach seinem Abgang einen         der Football League ab und grün-         Euro. Außerdem haben Oligarchen
Schreibwarenladen und verdiente          deten die Premier League.                wie Chelsea-Besitzer Roman Abra-
sich so seine Brötchen.                     Dem Vorbild von Manchester            mowitsch oder Scheichs wie Nasser
    Heutzutage ist das Bild ein völlig   United, Tottenham Hotspur, dem FC        Al-Khelaifi, Besitzer von Paris
anderes. Fußball ist zu einem Multi-     Liverpool, dem FC Arsenal und dem        Saint-Germain, mit hohen Transfer-
millionengeschäft geworden. Spieler,     FC Everton folgten weitere Klubs. Der    und Gehaltsausgaben zusätzlich
die bei Weitem nicht die sportliche      Pay-TV-Sender Sky erwarb damals          Geld in den Markt gepumpt.
Vita von Schwarzenbeck vorweisen,        die Fernsehrechte an der neuen Liga,         Die Bundesliga hängt finanziell
bekommen von ihrem Verein ein            wodurch die Vereine plötzlich            ein Stück zurück. Hauptgrund ist die
                                                                                  in Deutschland geltende 50+1-Regel.
                                                                                  Sie besagt, dass kein Investor mehr
                                                                                  als 49 Prozent der Anteile eines Clubs
                                                                                  innehaben darf. Dennoch:
                                                                                      Die Vereine der Ersten und
                                                                                  Zweiten Bundesliga machten in der
                                                                                  Saison 2016/17 einen Umsatz von
                                                                                  mehr als 4 Milliarden Euro.
                                                                                      Auch wenn ein Teil der Fans die
                                                                                  wachsende Kommerzialisierung
                                                                                  kritisch sieht, tut sie der weltweiten
                                                                                  Beliebtheit des Sports keinen
                                                                                  Abbruch. Das gilt nicht nur auf
                                                                                  Vereinsebene, sondern auch für die
                                                                                  Nationalmannschaften.
                                                                                      In Deutschland führen Übertra-
                                                                                  gungen der DFB-Elf regelmäßig die
7. Juni 2018 / #12 / Seite 3                                       Fußball

Liste der meistgesehenen Sendun-
gen an (Grafik):
    Knapp 30 Millionen Menschen
sahen im Juli 2016 das EM-Halbfi-
nale zwischen Deutschland und
Frankreich.
    Viele weitere Spiele der Europa-
meisterschaft – auch ohne deutsche
Beteiligung – landeten ebenfalls in
der Spitzengruppe. Erfolgreichste
Nicht-Sportsendung war übrigens
ein Münsteraner Tatort – mit lediglich
13,3 Millionen Zuschauern.
    Da die sportlichen Großereignisse
ein breites Publikum erreichen, sind
die Übertragungsrechte für TV-An-
stalten besonders interessant. Der
Weltfußballverband FIFA beziffert die    dien sowie in die Infrastruktur inves-   Rückhalt in der Bevölkerung zu
Zuschauerzahl beim WM-Finale 2014        tiert. Eine WM muss sich ein Land        erhalten. Berühmt ist zum Beispiel
auf eine Milliarde. Entsprechend         also auch leisten können.                der Kabinenbesuch von Angela
lässt er sich nach dem Grundprinzip          Die Dominanz und Glorifizierung      Merkel beim DFB-Team bei der WM
von Angebot und Nachfrage ordent-        des Fußballs wirkt inzwischen weit       2010. Oder aktuell der Fototermin
lich entlohnen (Grafik Seite 2):         über den Sport hinaus. So sponsern       des türkischen Präsidenten Erdogan
    ARD und ZDF zahlen für die           Unternehmen die Vereine mit              mit den türkischstämmigen Natio-
Übertragungsrechte der WM in             Millionen, um vom starken Image des      nalspielern Gündogan und Özil, der
Russland 218 Millionen Euro.             Fußballs zu profitieren. Auf diese       hierzulande für viel Kritik sorgte.
    Die Kosten sind aber nicht nur für   Weise lassen sich positive Assoziatio-      In Panama erklärte Präsident
die Fernsehanstalten hoch, auch die      nen wecken: Das Münchener Stadion        Juan Carlos Varela im vergangenen
Ausrichtung einer EM oder WM             sagt nicht jedem etwas, die Allianz-     Jahr den 11. Oktober sogar zum
verschlingt viel Geld. Gastgeber         Arena dagegen schon.                     Nationalfeiertag – es war der Tag
Russland hat mehr als 10 Milliarden          Auch Politiker nutzen den Fußball    nach der erstmaligen WM-Qualifika­
Euro in den Neu- und Umbau der Sta-      gern und oft, um Sympathie und           tion seines Landes.

                                                     Faktenflanke.de –
                                                     das etwas andere WM-Portal
                                                     Faktenflanke ist das WM-Portal der IW Medien. Es liefert
                                                     „Wirtschafts­wissen für die Halbzeitpause“, einen launigen
                                                     Überblick über die wirtschaftliche Lage aller 32 Teilnehmer­
                                                     länder des Turniers in Russland. Zum Schmökern, fürs
                                                     Aha-Erlebnis und zum Posen beim Public Viewing.
Fußball: Interview                                              7. Juni 2018 / #12 / Seite 4

„In einer Demokratie
wäre der Kölner Dom
nicht gebaut worden“
Interview. Die Fußballweltmeisterschaft 2018

                                                                                                                                          Foto: IW Medien
findet im autokratischen Russland statt, die nächste
WM in der Erbmonarchie Katar; herausragende Fuß-
baller wechseln für mehrere 100 Millionen Euro den
Verein und verdienen pro Tag mehr als der Durch-
                                                                Nutzen-Rechnung ist das vielfach nur schwer nachzuvoll­
schnittsdeutsche im Jahr. Im iwd-Interview erklärt              ziehen. Da spielen Macht, Einfluss und Ego eine größere
IW-Wirtschaftsethiker Dominik Enste, wie all das                Rolle, beispielsweise auch mit Blick auf jene Milliardäre,
zusammenhängt.                                                  die sich eigene Klubs gönnen.
                                                                   Wäre es nicht an der Zeit, eine Art Kartellbehörde
    Ist es ethisch vertretbar, dass für einen Fußballer         im Fußball einzuführen?
222 Millionen Euro Ablöse gezahlt werden und er                    Am Ende entscheidet auch das die Gesellschaft. Und
37 Millionen Euro im Jahr verdient?                             solange die Zuschauer und Fans das Treiben im Fußball
    Erst mal muss man festhalten: Es ist legal. Die zentrale    mitmachen, ist es schwierig, etwas an den etablierten
Frage ist, ob es legitim ist. Also: Akzeptiert eine Gesell­     Strukturen zu verändern.
schaft das, was dort passiert? Dazu ist es sinnvoll,               Stichwort Weltmeisterschaft: Russland und Katar
verschiedene Interessengruppen zu betrachten.                   sind die nächsten Gastgeber. Inwieweit lässt sich
    Das sind erstens die Fans. Sie schauen trotz der sehr       gerade der Fußball politisch instrumentalisieren und
hohen Summen weiter Champions League und Co. und                sollte die FIFA nicht darauf achten, für bestimmte
gehen zu den Spielen. Es scheint sie also (noch) nicht zu       Werte einzustehen?
stören, zumindest nicht nachhaltig.                                Die Gremien der FIFA werden aus den Mitgliedern der
    Zweitens kann man die Klubs und Investoren betrach­         verschiedenen Länder zusammengestellt. Deshalb
ten, die mit dem Fußball Geld verdienen oder es als             spiegelt sich die Korruptheit dort auch in der FIFA wider.
Hobby verstehen. Für manche ist es sowohl im wört­              Zu glauben, dass eine internationale Organisation nicht
lichen als auch im übertragenen Sinn bloß „Spielgeld“,          auch ein Stück weit das Abbild der weltweiten Korrup­
sodass sie mitmachen oder es sogar fördern. So kann             tionsverteilung ist, ist naiv.
man weitere Stakeholder durchgehen: Journalisten,                  Und eins dürfen wir nicht vergessen: Länder, die
Politiker und so weiter.                                        korrupt sind und in denen die Elite über sehr viel Geld
    Momentan explodieren die Preise jedoch regel-               und Einfluss verfügt, können relativ leicht 10 Milliarden
recht. Wie ist das wirtschaftlich zu rechtfertigen?             Euro in eine WM investieren. Sie brauchen keine demo­
    Am Ende schwingt immer die Frage nach der Gerech­           kratische Legitimierung. Deshalb tun sich Demokratien
tigkeit mit. Die Preise haben dabei wenig mit Leistungs­        deutlich schwerer damit, große Beträge auszugeben –
gerechtigkeit zu tun, sondern mit Knappheitsgerechtig­          wie am Beispiel der Olympiabewerbung Hamburgs zu
keit. Da es aktuell keinen zweiten Ronaldo oder Neymar          sehen war.
gibt, können sie als Monopolanbieter Preise aufrufen und           So hart es klingt: Es gäbe sehr wahrscheinlich keinen
schauen, ob jemand bereit ist, das zu bezahlen.                 Kölner Dom und kein Schloss Neuschwanstein, wenn wir
    Der Wettbewerb auf dem Fußballmarkt ist sehr                schon damals eine Demokratie gewesen wären.
oligopolistisch geprägt und nicht fair: Es gibt einige
finanziell sehr gut ausgestattete Klubs, die bestimmte                Mehr Fragen und Antworten – beispielsweise zum Verhältnis
Spieler gerne einkaufen wollen – koste es, was es wolle.              des Rechtsstaats zu Fußball-Steuersündern – finden Sie
Mit wirtschaftlicher Logik hinsichtlich einer Kosten-­                online unter iwd.de/wm-interview
7. Juni 2018 / #12 / Seite 5                                           Sport und Digitalisierung

Fitness aus der Hosentasche
                      Sport und Digitalisierung. Das Smartphone wird zunehmend zum Personal Trainer – immer
                      mehr Deutsche nutzen digitale Fitnessangebote. Nur zahlen wollen sie dafür eher nicht.

    Ob Kalorienanalyse, Schrittzähler      App wird in über 160 Ländern ange-                      seit Längerem Teil der Konzernstrate-
oder komplette Trainingspläne –            boten. Täglich registrieren sich etwa                   gie ist. Die Tochtergesellschaft 7Next
mittlerweile gibt es in der Fitness-       12.000 neue Nutzer. Die Idee der App:                   entwickelt zahlreiche Online-Fitness-
branche für alles eine App:                Als digitaler Personal Trainer entwirft                 programme und vermarktet sie. Ein
    Im Jahr 2017 hatten sich bereits       sie wöchentlich neue Trainingspläne.                    wichtiger Teil der Strategie ist das
rund 21 Prozent der Bundesbürger           Im Gegensatz zu vielen anderen                          Einbeziehen von bekannten Sportlern
ab 18 Jahren eine oder mehrere             Fitness-Apps wächst „Freeletics“                        und Prominenten wie Moderator
Fitness-Apps heruntergeladen.              bislang komplett aus sich selbst                        Daniel Aminati, Skiläuferin Maria
    Von diesen etwa 14 Millionen           heraus und kommt ohne Investor                          Höfl-Riesch oder Bodybuilding-Ikone
Deutschen gaben immerhin zwei              oder großen Mutterkonzern aus.                          Ralf Möller.
Drittel an, die App(s) auch tatsächlich        Auch die großen Unternehmen                             Am Nutzungsverhalten lässt sich
zu nutzen.                                 haben den digitalen Fitnesstrend für                    erkennen, dass die Bundesbürger
    Die beliebteste Fitness-App der        sich entdeckt. So hat Adidas im Jahr                    eher auf kostenlose Angebote setzen,
Bundesbürger ist, gemessen an der          2015 die Lauf-App „Runtastic“ für                       als für digitale Fitness zu bezahlen.
Zahl der Downloads in den zwei gro-        220 Millionen Euro gekauft. Auch der                    Während sie für das Training im
ßen App-Stores, der „YAZIO Kalorien-       Sportartikelhersteller Under Armour                     Fitnessstudio durchschnittlich
zähler“ mit 139.000 Downloads allein       hat sich mit den Fitnesstracker-Apps                    34 Euro im Monat ausgeben, sind
im April 2018. Es folgt „Six Pack in       „Endomondo“ (Kaufpreis: 85 Millio-                      weniger als 1 Prozent der Nutzer
30 days – ABS Workout“ mit 127.000         nen Euro) und „MyFitnessPal“ (Kauf-                     digitaler Trainingshilfen bereit, dafür
Downloads. Anders sieht das Ranking        preis: 475 Millionen Euro) bereits in                   30 Euro oder mehr zu zahlen. Gut
mit Blick auf den Umsatz aus (Grafik):     den Markt eingekauft. Marktführer ist                   zwei Drittel der Deutschen sehen
    Nummer eins in Sachen Umsatz           jedoch die ProSiebenSat.1 Medien-                       dagegen nicht ein, für diese Apps auf
ist mit rund 234.000 Dollar im April       gruppe, für die Online-Fitness bereits                  dem Handy Geld lockerzumachen.
2018 „Komoot Cycling and Hiking“.
    Die App schlägt den Nutzern
Routen für Wander- und Radtouren             Fitness aus der Hosentasche
vor und generiert ihre Einnahmen
                                             Umsatz der erfolgreichsten Fitness-Apps in Deutschland im April 2018 in Dollar
durch Premium-Features wie aufs
Wandern ausgelegte Trainingspläne
und Werbung.                                      234.000
                                                                        197.000
    Ebenfalls auf dem Treppchen                                                           166.000
steht „Freeletics“ – die Trainings-App
des gleichnamigen Münchener                                                                                  81.000
                                                                                                                            60.000
Start-ups machte im April einen
Umsatz von 165.000 Dollar.
                                                 Komoot –                 YAZIO          Freeletics –       Lifesum –      Runtastic –
    Die Münchener haben übrigens               Fahrrad- und           Kalorienzähler       Digitaler       Kalorien und   Laufen und
eine Blitzkarriere hingelegt: Das im           Wander-Navi                             Personal Trainer     Nährwerte      Radfahren
                                                                                                                          GPS-Tracker
Juni 2013 gegründete Unternehmen
zählte Anfang 2014 nur drei Mitarbei-        Quelle: Statista
                                             © 2018 IW Medien / iwd
ter – heute sind es rund 100 und die
Sport und Wirtschaft                                                                         7. Juni 2018 / #12 / Seite 6

Sportlich, sportlich
Die Fahrtkosten – etwa zum Training – sind mit 12,3 Milliar-                                        Bei Deutschlands Sofasportlern hat Fußball die Nase weit
den Euro der zweitgrößte Ausgabenposten aktiver Sportler.                                           vorn: 5,1 Milliarden Euro ließen die Fans für ihren passiven
Dabei steht das Auto hoch im Kurs: Gerade einmal 5 Prozent                                          Sport springen – auf den Plätzen zwei und drei folgen Basket-
der Ausgaben entfallen auf Bus und Bahn.                                                            ball und Eishockey mit 259 und 232 Millionen Euro.

Wofür Sportler Geld ausgeben                                                                         Wofür Sportfans Geld ausgeben
So viele Milliarden Euro haben die Sport treibenden Bundes-                                          So viele Milliarden Euro haben die Bundesbürger im Jahr 2015
bürger im Jahr 2015 für … ausgegeben                                                                 für ihre passiven Sportinteressen ausgegeben

                             0,4
Medien und Informations- Sportgeräte und
                                            13,0                                                                                           2,0
                                                                                                                                                     Pay-TV

                                                                                                                                                            1,3
      technologie          -ausrüstung
                                                                    12,3
                                                                Fahrten (ohne Urlaub)
                                                                                                             Fahrten
                                                                                                                         0,4
                                                                                                                                                              Spenden an Vereine
              0,5                                                                                                                                             und passive Mitglied-
Sportnahrungsmittel                                                                                                                                                schaften

                                                                         11,3                                                            8,8
          0,8
Medizinische Dienst-
leistungen und Pro-
                                  56,2 Insgesamt
                                                                Beiträge und Eintritte
                                                                                                                0,7
                                                                                                       Fanartikel                       Insgesamt                  1,3
                                                                                                                                                                  Eintritte
dukte zur Prävention

           1,0
                                                                      7,9                                            0,9
                                                                                                           Sportwetten                                        1,2
Versicherungen
                                                                    Sportschuhe und
                                                                      -bekleidung                                                           1,1               Verpflegung und
                                                                                                           Medien und                                            Unterkunft
                           4,3                              4,7
                                                                                                     Informationstechnologie

         Vereinsheim- und

                                                                                                         58
        Gaststättenbesuche                            Sportreisen (Inland)
                                                                                                                         Prozent der Konsumausgaben für den passiven
Beiträge und Eintritte: Fitnessstudios, Vereine, Sportanlagen
                                                                                                                         Sport entfielen auf die Sportart Fußball
Quelle: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie                                                 Quelle: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie
© 2018 IW Medien / iwd                                                                               © 2018 IW Medien / iwd

In der Gunst der sportlich aktiven Bundesbürger liegt König Fußball abgeschlagen auf Platz neun. Gerade einmal 7,6 Millionen
über 16-Jährige standen im Jahr 2015 mehr oder weniger regelmäßig auf dem Platz – und ließen sich ihr Hobby auch nicht son-
derlich viel kosten. Locker getoppt werden die Kicker zum Beispiel von den 23 Millionen Schwimmfreunden und den 21 Millionen
Radlern. Am zahlungsfreudigsten sind indes die Fitnessjünger – nicht zuletzt, weil Fitnessstudios nicht ganz billig sind.

Sportarten: Die Top Fünf
Diese Sportarten haben im Jahr 2015 die meisten Bundesbürger ausgeübt – und für diese haben die Aktiven am meisten Geld ausgegeben

    Aktive in 1.000                                                                                 Ausgaben in Millionen Euro

Schwimmen                                                                       23.078 Fitness                                                                                 7.673
Radsport                                                                      21.203   Radsport                                                             5.177
Laufen/Joggen                                                      15.759                        Wandern                                                  4.707
Wandern                                                           15.186                         Reiten                                               3.889
Fitness                                                          14.626                          Schwimmen                                           3.555

Befragung von 1.195 über 16-Jährigen in Deutschland

Quellen: Bundesinstitut für Sportwissenschaft, Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, 2hm Research + Consulting
© 2018 IW Medien / iwd
7. Juni 2018 / #12 / Seite 7                                                                  Sport und Wirtschaft

  Die Sportwirtschaft …
  So viele Milliarden Euro an sportbezogener Bruttowertschöp-
  fung entfielen im Jahr 2015 auf diese Wirtschaftszweige

    Lesebeispiele: Der Handel erwirtschaftete 7,7 Milliarden Euro
    an Bruttowertschöpfung mit Sportartikeln. Im Baugewerbe
    hatten 4,7 Milliarden Euro Bruttowertschöpfung Bezug zum
    Sport, entfielen also beispielsweise auf den Bau von Sport-
    stätten.
                                                                                                    Öffentliche und personenbezogene Dienstleister
                                                                                                    Handel
                                                                                                    Verkehr und Gastgewerbe
                                 6,7                                                                Baugewerbe
                                                                                                    Produzierendes Gewerbe
                 1,9                                                                                Banken, Versicherungen, Immobilien
               2,3                                                                                  und unternehmensnahe Dienstleister
                                                                                                    Information und Kommunikation
                                                                                                    Sonstige
           4,6
                                            60,6                         26,2
                                        Insgesamt

             4,7                                                                                Arbeitgeber Sport
                                                                                                So viele Erwerbstätige mit Sportbezug arbeiteten im Jahr 2015
                                                                                                in diesen Wirtschaftszweigen, in 1.000
                       6,0
                                             7,7                                                               22,6
                                                                                                            12,5                101,6
  Sonstige: einschließlich Land- und Forstwirtschaft sowie Fischerei

                                                                                                                  59,5
  … im Branchenvergleich
  So viel Prozent trugen diese Wirtschaftszweige im Jahr 2015                                               91,3
  zur deutschen Bruttowertschöpfung bei (Branchenauswahl)
                                                                                                                                                                     517,4
                                                                                                                                         1.242
                                                                                                                                      Insgesamt
      Querschnittsbranchen

  Gesundheit                                                                     11,9                        237,0
  Fahrzeugbau                                              5,1
  Tourismus                                              3,9
  Maschinenbau                                          3,5
  Banken und Versicherungen                           2,5                                                                                 200,2
  Verkehr                                            2,3
                                                     2,2

                                                                                                   -9,5
  Sport
                                                     2,0                                                                     – um so viel Prozent ist die Zahl der
  Metallerzeugung
                                                                                                                             Erwerbstätigen mit Sportbezug von 2010
  Chemische Industrie                               1,7                                                                      bis 2015 gesunken
  Querschnittsbranchen: beinhalten die Bruttowertschöpfung verschiedener Wirtschaftszweige,
  wegen dieser Überschneidungen ist eine Addition der Branchenanteile nicht möglich             Sonstige: einschließlich Land- und Forstwirtschaft sowie Fischerei

  Quellen: GWS Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung,                              Quellen: GWS Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung,
  2hm Research + Consulting                                                                     2hm Research + Consulting
  © 2018 IW Medien / iwd                                                                        © 2018 IW Medien / iwd

 Insgesamt 60,6 Milliarden Euro an Bruttowertschöpfung                                         Gut 1,2 Millionen Erwerbstätige in Deutschland verdienen
 gingen 2015 in Deutschland auf das Konto des Sports. Das                                      ihr Geld direkt oder indirekt mit dem Sport. Gegenüber dem
 waren 2,2 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung – aber                                     Jahr 2010 ist das ein Rückgang um 9,5 Prozent. Damit steht
 0,3 Prozentpunkte weniger als 2010, obwohl die sportbezo-                                     die Sportwirtschaft in klarem Kontrast zur Gesamtwirtschaft,
 gene Wertschöpfung in diesem Zeitraum um 2,3 Milliarden                                       die im selben Zeitraum ein Beschäftigungsplus von 5 Prozent
 Euro gestiegen ist. Mit dem Sport wird hierzulande in etwa so                                 erreichte. Zurückzuführen ist der Rückgang beim Sport in
 viel erwirtschaftet, wie die Metallerzeuger oder das Verkehrs-                                erster Linie auf den umkämpften Markt, der Kostendruck
 gewerbe leisten.                                                                              erzeugt und Produktivitätsfortschritte erzwingt.
Sportartikelindustrie                                                    7. Juni 2018 / #12 / Seite 8

Läuft doch!
            Sportartikelindustrie. Ein verändertes Modebewusstsein und viele technische Neuerungen
            bescheren den Herstellern von Sportbekleidung Jahr für Jahr höhere Umsätze. Die bevorstehende
            Fußballweltmeisterschaft dürfte das Geschäft mit Sneakers, Shirts und Shorts weiter befeuern.

    Die Zeiten, als Sportler mit einem   schon im Jahr 2020 weltweit 360 Mil-               verfügbar ist – landet Adidas hinter
Trainingsanzug, Turnschuhen und          liarden Dollar mit sportlichen Outfits             Nike, das noch einmal etwa 50 Pro-
ein paar alten T-Shirts auskamen,        umgesetzt werden.                                  zent mehr Umsatz erzielt, auf Platz
sind lange vorbei. Heutzutage gibt es        Unter den sechs größten Herstel-               zwei (Grafik). Puma, Deutschlands
nicht nur für jede einzelne Sportart     lern befinden sich mit Adidas und                  Sportartikelhersteller Nummer zwei,
passendes Equipment und Beklei-          Puma auch zwei deutsche Firmen.                    setzte 2017 erstmals mehr als 4 Mil-
dung, sondern auch jeden denkba-         Deutschlands größter Sportartikel-                 liarden Euro um.
ren technischen Schnickschnack:          hersteller Adidas setzte 2017 mehr                     Und auch dieses Jahr dürfte dank
Smarte Kleidungsstücke überneh-          als 21 Milliarden Euro um. Im welt-                der Fußballweltmeisterschaft
men Trainerfunktionen, Fahrradrah-       weiten Ranking – das nur für 2016                  rundlaufen. Denn vor allem die
men werden an Unterschenkellän-
gen angepasst, Sportsocken
schützen vor Verletzungen. Sogar           Sportbekleidung: Globale Giganten
gegen müffelndes Schuhwerk gibt es
                                           So viele Milliarden Euro setzten die führenden Sportartikelhersteller 2016 weltweit um
eine Innovation: kleine Smell-well-
Kissen, die mit geruchsabsorbieren-
den Stoffen gefüllt sind und nach der
körperlichen Ertüchtigung einfach in
den Schuh gelegt werden.
    Angesichts der unglaublichen
Diversifikation, die die Sportartikel-
hersteller seit Jahrzehnten vorantrei-
ben, ist es kein Wunder, dass die
                                                                                  30,7                                  19,3
Branche boomt:                                                Nike (USA)                              Adidas
                                                                                                   (Deutschland)
    Das Researchunternehmen
Trefis prognostiziert der Sportbe-
kleidungsindustrie in diesem Jahr
einen globalen Umsatz von mehr                                             11,4                      4,6                         3,6
als 174 Milliarden Dollar.
    Und die Branche dürfte weiter
                                                    VF Corporation                    Under Armour               New Balance
wachsen. Im Jahr 2024 werden die                        (USA)                            (USA)                      (USA)
Menschen mehr als 220 Milliarden
Dollar für neue Sneakers, Jogging­
                                                               3,6                    3,2                  2,3                     0,7
hosen und andere funktionelle Klei-
dung ausgeben. Noch optimistischer
ist die amerikanische Bank Morgan              Puma                           Asics              Columbia              Billabong
                                           (Deutschland)                    (Japan)           Sportswear (USA)        (Australien)
Stanley. So sollen dank sportlicher
Alltagsmode, die vor allem von             Quelle: Statista
                                           © 2018 IW Medien / iwd
Frauen verstärkt nachgefragt wird,
7. Juni 2018 / #12 / Seite 9                                               Sportartikelindustrie

großen Hersteller profitieren erfah-
rungsgemäß von einer WM. Das liegt         Fußball-WM: Die Ausstatter
auch daran, dass die 32 National-          Die Nationalmannschaften der Fußballweltmeisterschaft 2018 werden
mannschaften, die in Russland              von diesen Herstellern ausgestattet
antreten werden, von lediglich acht
Herstellern ausgestattet werden
(Grafik):
    Allein Adidas kleidet zwölf                                  Ägypten                Argentinien       Belgien         Deutschland
Teams ein, Nike stattet zehn und
Puma vier Mannschaften aus.
                                             Adidas
    Wie viel die Sportartikelhersteller
                                                                 Iran                   Japan             Kolumbien       Marokko
für die Ausrüsterverträge ausgeben,
ist Geschäftsgeheimnis. Adidas soll
einen mehrjährigen Vertrag mit dem
Deutschen Fußball-Bund geschlos-                                 Mexiko                 Russland          Schweden        Spanien
sen haben, der dem Unternehmen
50 Millionen Euro wert sein soll – pro
Jahr. Klingt nach viel, ist es aber
nicht, wenn man den Werbeeffekt                                  Australien             Brasilien         England         Frankreich
von Fußballweltmeisterschaften
berücksichtigt. So hat Adidas im Jahr        Nike
2016, als die Europameisterschaft
                                                                 Kroatien               Nigeria           Polen            Portugal
stattfand, allein mit Fußballproduk-
ten und Fanartikeln rund 2,5 Milliar-
den Euro umgesetzt. Da wirkt das
Ziel der beiden größten deutschen                                Saudi-Arabien          Südkorea
Hersteller, ihre Umsätze in diesem
Jahr um jeweils 10 Prozent zu erhö-
hen, fast schon bescheiden.                  Puma
    Denn die Geschäfte laufen gut.                               Schweiz                Senegal           Serbien         Uruguay
Die größten Zuwächse erzielen viele
Sportartikelunternehmen derzeit im           New
Netz. Adidas zum Beispiel konnte             Balance
seine Umsätze im E-Commerce im                                   Costa Rica             Panama
vergangenen Geschäftsjahr um
57 Prozent steigern. Fast alle Sport-                            Erreà                 Hummel             Uhlsport         Umbro
marken vertreiben ihre Produkte
mittlerweile nicht nur über den
Handel, sondern auch selbst – in                                 Island                Dänemark           Tunesien         Peru
eigenen Läden, in großen Flagship-         Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft
Stores und über die firmeneigene           © 2018 IW Medien / iwd

Homepage. So können sie höhere
Margen erzielen und dank des
direkten Kundenkontakts auch gleich       Mitglieder zählt, verzeichnet zwar                           Auch die Händler freuen sich auf
wichtige Daten sammeln.                   regelmäßig Geschäftsschließungen,                         die anstehende Weltmeisterschaft.
    Unter dem Eigenvertrieb leidet        aber auch Neueröffnungen – und                            Sie erhalten zwar viele Fanartikel von
zwar der Einzelhandel, doch von           davon immerhin so viele, dass die                         den Lieferanten erst kurz vor dem
einem Aussterben der Sportgeschäf-        Zahl der Fachhändler unterm Strich                        Eröffnungsspiel Mitte Juni, doch
te kann in Deutschland keine Rede         sogar leicht wächst. Diese Entwick-                       trotz der vielen neuen Vertriebswege
sein. Der Verband deutscher Sport-        lung beobachtet der vds im Übrigen                        lässt eine WM auch beim Einzelhan-
fachhandel (vds), der rund 2.500          bereits seit 50 Jahren.                                   del die Nachfrage steigen.
Arbeitsentgelte                                                             7. Juni 2018 / #12 / Seite 10

Tarif oder nicht Tarif
         Arbeitsentgelte. Seit Jahren kämpfen die Gewerkschaften gegen den Mitgliederschwund – zudem
         ist mittlerweile nur noch rund jeder zweite Beschäftigte in Deutschland tariflich gebunden. Eine
         IW-Auswertung für das Jahr 2016 zeigt, in welchen Bereichen es besonders hakt.

    Im Gegensatz zum Institut für        Tarifbindung in Deutschland
Arbeitsmarkt- und Berufsforschung,
                                         So viel Prozent der Beschäftigten wurden 2016 nach folgender Regelung bezahlt
das die Tarifbindung der Betriebe
analysiert, werden für das Sozio-­
                                         Tarifgebundene Bezahlung                      Andere Form
oekonomische Panel (SOEP) die
                                           Flächentarifvertrag                           Orientierung am Flächentarifvertrag
Arbeitnehmer gefragt, ob ihr Lohn          Haustarifvertrag                              Keine Tarifbindung
einer tariflichen Grundlage ent-           Außertarifliche Bezahlung                                                                      100
springt. Berücksichtigt werden
Personen, die zum Zeitpunkt der          Westdeutschland                                    38,7 10,1 5,2 10,1                       35,9
                                                                           54,0                                         46,0
Befragung höchstens 65 Jahre alt, in
Vollzeit, Teilzeit oder geringfügig      Ostdeutschland                              31,7     16,5 2,0 8,9                           41,0
                                                                           50,1                                         49,9
beschäftigt waren oder sich in einer
Ausbildung befanden. Für 2016            Insgesamt                                      37,5 11,2 4,6 9,9                            36,7
                                                                           53,3                                         46,7
kommt man anhand von SOEP-Daten
zu folgendem Ergebnis (Grafik):          Ursprungsdaten: Sozio-oekonomisches Panel
                                         © 2018 IW Medien / iwd
    Insgesamt werden rund 53 Pro-
zent der Beschäftigten nach Tarif
bezahlt – dazu zählen Flächen- und     Haustarifverträgen. Hier ist der                          Quote von 71 Prozent. Am geringsten
Haustarifverträge sowie die außer-     ostdeutsche Anteil mit fast 17 Pro-                       ist die Tarifbindung im Bereich
tarifliche Bezahlung in Betrieben      zent deutlich höher als der westdeut-                     Kunst, Unterhaltung und Erholung
mit tariflicher Bindung.               sche mit rund 10 Prozent.                                 mit rund 31 Prozent.
    Zählt man noch jene Arbeitneh-         Frauen und Männer unterschei-                             Der Erwerbsstatus zeigt keinen
mer hinzu, deren Betriebe zwar nicht   den sich in der Tarifbindung kaum –                       großen Einfluss auf die Tarifbindung.
tarifgebunden sind, sich aber          mit einer Ausnahme: Mit rund 6 Pro-                       Addiert man die drei Formen der
trotzdem am Flächentarif orientie-     zent kommt die außertarifliche                            tariflichen Bezahlung und nimmt die
ren, profitieren gut 63 Prozent der    Bezahlung bei den Männern fast                            Orientierung am Flächentarifvertrag
Beschäftigten von Tarifverträgen.      doppelt so häufig vor wie bei den                         hinzu, profitieren jeweils 65 Prozent
    Hinter diesen Gesamtzahlen         Frauen. Ein Grund dafür könnte im                         der Voll- und Teilzeitkräfte sowie fast
stecken verschiedene Teilergebnisse:   unterschiedlichen Karrierestreben                         drei Viertel der Auszubildenden von
    Ost- und Westdeutschland           liegen – während jeder zweite Mann                        einem Tarifvertrag. Lediglich bei den
unterscheiden sich in Sachen           beruflich aufsteigen will, verfolgt nur                   geringfügig Beschäftigten fällt die
Tarifbindung noch immer. So werden     jede dritte Frau dieses Ziel.                             Quote mit knapp 32 Prozent aus dem
im Westen fast 39 Prozent der              Die Tarifbindung nach Branchen                        Rahmen.
Beschäftigten nach einem Flächen­      zeigt eine große Bandbreite. Am
tarifvertrag bezahlt, im Osten nur     stärksten ausgeprägt ist sie im
knapp 32 Prozent. Auch bei der         Bergbau einschließlich der Energie-                        IW-Report 15/2018
                                                                                                  Helena Schneider, Sandra Vogel:
außertariflichen Bezahlung hat der     und Wasserversorgung, wo fast drei
                                                                                                  Tarifbindung der Beschäftigten in
Westen mit gut 5 Prozent die Nase      Viertel der Beschäftigten nach Tarif                       Deutschland
um 3 Prozentpunkte vorn. Umge-         bezahlt werden. Es folgt der Bereich                       iwkoeln.de/tarifbindung
kehrt ist es bei den Firmen- oder      Erziehung und Unterricht mit einer
7. Juni 2018 / #12 / Seite 11                                               Online-Handel

Zu langsam, zu teuer
                                Online-Handel. Das Einkaufen im Internet boomt seit Jahren – nur Lebens-
                                mittel wollen viele Deutsche lieber nicht im Netz bestellen. Neue Lieferkonzepte
                                sollen das ändern.

    Deutschland shoppt online: Rund      post – er liefert innerhalb von zwei                   markt Picnic mischt den Handel seit
98 Prozent der Internetnutzer kaufen     Stunden. Mit Erfolg: 15.000 Kisten                     diesem Frühjahr zumindest in
im Netz ein, 14 Prozent sogar min-       Getränke stellt das Start-up in                        einigen Testgemeinden im Rheinland
destens einmal pro Woche, so eine        Städten wie Münster und Köln täglich                   auf. Im Unterschied zu anderen
Studie des Bundesverbands Informa-       zu. In der Dom-Stadt musste das                        Lieferdiensten fährt Picnic feste
tionswirtschaft, Telekommunikation       Liefergebiet sogar zeitweise einge-                    Routen ab – wie früher der Milch-
und neue Medien (Bitkom).                schränkt werden, um die große                          mann. Außerdem sind die Lieferun-
    Ausgerechnet am Lebensmit-           Nachfrage zu bedienen.                                 gen kostenlos.
teleinzelhandel mit seinem Jah-              Viele andere Händler entwickeln                       Auch der Rewe-Lieferservice
resumsatz von 179 Milliarden Euro        ihre Online-Aktivitäten behutsamer –                   dreht an der Kostenschraube und
scheint der Trend jedoch überwie-        auch aufgrund mangelnder Nachfra-                      bietet seit April dieses Jahres eine
gend vorbeizugehen:                      ge. Nach starkem Start stagniert zum                   Flatrate an. Das könnte einen der
    Laut einer Studie des Handels-       Beispiel die Zahl der vom Branchen-                    häufigsten Kritikpunkte der Kunden
verbands Deutschland lag der             vorreiter Rewe abgedeckten Regio-                      entkräften: Knapp ein Drittel der
Anteil des Online-Umsatzes im            nen bei 75. Damit erreicht der                         befragten Bundesbürger beklagt sich
Lebensmitteleinzelhandel 2017            Rewe-Lieferservice nach eigenen                        darüber, dass die Produkte online
nur bei 1,1 Prozent.                     Angaben aber immerhin 40 Prozent                       teurer sind als offline.
    Zum Vergleich: In Frankreich liegt   der deutschen Haushalte. Edeka und                        Welche Lieferkonzepte und
der Anteil bei rund 4 Prozent, in        Amazon Fresh dagegen beschränken                       Geschäftsmodelle sich durchsetzen
Großbritannien sind es sogar 6 Pro-      ihren Service auf wenige deutsche                      werden, steht zwar noch in den
zent. Die Zurückhaltung der Bundes-      Großstädte.                                            Sternen. Klar ist aber: Der Online-­
bürger hat viele Ursachen, wie eine          Ein neues Konzept kommt aus                        Lebensmittelmarkt hat viel Potenzial,
Studie der Strategieberatung Oliver      den Niederlanden: Der Online-Super-                    denn gegessen wird immer.
Wyman zeigt (Grafik):
    Rund 44 Prozent der befragten
Bundesbürger kaufen ihre Lebens-           Online-Einkauf: Bei Lebensmitteln fehlt das Vertrauen
mittel nicht im Netz, weil sie der         Antworten auf die Frage „Was sind die wesentlichen Gründe, die Sie heute vom (weiteren)
Produktqualität nicht vertrauen.           Online-Einkauf von frischen Lebensmitteln abhalten?“ in Prozent
    Gut einem Drittel dauert es
außerdem zu lange, bis die Lebens-                                                                   0                         100
                                           Ich habe zu wenig Vertrauen in die Produktqualität           44
mittel geliefert werden. Das dürfte        Die Dauer bis zur Lieferung ist zu lang                   34
auch am besonders engmaschigen             Die Produkte sind teurer als im Supermarkt                32
Supermarktnetz in Deutschland              Anfangsaufwand ist zu hoch (Konto anlegen etc.)        19
liegen – in Großstädten liegen             Online-Einkauf ist bei mir nicht verfügbar           13
zwischen zwei Lebensmittelgeschäf-         Die Auswahl ist nicht groß genug                     11
ten oft nur wenige Hundert Meter.          Ich habe Angst vor Datenmissbrauch                  7
    Spontane Online-Käufe sind mit         Ich habe schlechte Erfahrungen gemacht             3
den derzeitigen Lieferservices in der      Befragung von 1.000 Bundesbürgern im Mai/Juni 2017

Regel nicht möglich. Eine Ausnahme         Quelle: Strategieberatung Oliver Wyman
                                           © 2018 IW Medien / iwd
ist der Getränkehändler Flaschen-
7. Juni 2018 / #12 / Seite 12

                                                                                        Impressum                                                    Abo-Service: Therese Hartmann,
   Adressaufkleber                                                                                                                                   Telefon: 0221 4981-443,
                                                                                        Herausgeber:                                                 hartmann@iwkoeln.de
                                                                                        Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V.
                                                                                        Präsident: Arndt Günter Kirchhoff                            Verlag:
                                                                                        Direktor: Prof. Dr. Michael Hüther                           Institut der deutschen Wirtschaft
                                                                                        Mitglieder: Verbände und Unternehmen in Deutschland          Köln Medien GmbH,
                                                                                                                                                     Postfach 10 18 63, 50458 Köln,
                                                                                        Chefredakteur: Ulrich von Lampe (verantwortlich)             Konrad-Adenauer-Ufer 21, 50668 Köln
                                                                                        Stellv. Chefredakteur: Jork Herrmann                         Telefon: 0221 4981-0, Fax: 0221 4981-445
                                                                                        Redaktion: Andreas Wodok (Textchef), Irina Berenfeld,
                                                                                        Carsten Ruge, Berit Schmiedendorf, Kerstin Schraff,          Druck: Henke GmbH, Brühl
                                                                                        Alexander Weber
                                                                                        Redaktionsassistenz: Ines Pelzer                             Rechte für den Nach­druck oder die
                                                                                        Grafik: IW Medien GmbH                                       elektro­nische Verwertung über:
                                                                                        Telefon: 0221 4981-523                                       lizenzen@iwkoeln.de
                                                                                        Fax: 0221 4981-504
                                                                                        E-Mail: iwd@iwkoeln.de

                                                                                        Bezugspreis:
                                                                                        € 11,32/Monat inkl. Versandkosten und Mehr-
                                                                                        wertsteuer, Erscheinungsweise 14-täglich

Träumst du noch oder wohnst du schon?
    In einem Staat, in dem jedes Bundesland die Grenzab-                                lichen Kapitals bezogen werden kann, ist lediglich für
stände für Sträucher und Bäume unterschiedlich regelt                                   9 Prozent der Bundesbürger die ideale Wohnform.
und sogar harmlose Gartenzwerge der Anlass für gericht-                                     Wunsch und Wirklichkeit liegen übrigens gar nicht so
liche Auseinandersetzungen sind, ist das Wohnen kein                                    weit auseinander: Im Jahr 2016 lebten fast 30 Prozent
einfaches Unterfangen. Der potenzielle Ärger mit dem                                    aller deutschen Haushalte in frei stehenden Ein- und
Nachbarn könnte ein Grund dafür sein, dass viele Bürger                                 Zweifamilienhäusern. An zweiter Stelle folgen Gebäude
gerne ein bisschen Abstand halten: Immerhin ein Drittel                                 mit fünf bis acht Wohnungen, in denen zuletzt 22 Prozent
der Deutschen würde am liebsten in einem Einfamilien-                                   der Haushalte wohnten. Am Ende des Rankings stehen
haus leben – und nur 2 Prozent in einem Reihenhaus.                                     Hochhäuser – gerade einmal 2 Prozent aller Haushalte in
Eine moderne Stadtwohnung dagegen, die in München                                       Deutschland hatten 2016 ihr Domizil in einer Immobilie
oder Hamburg ohnehin nur unter Einsatz eines statt­                                     dieses Typs.

Top-Liste: Happy im Einfamilienhaus
So viel Prozent der Deutschen würden gerne in diesem Immobilientyp wohnen

                                                                               9                             9                                     8                         7
                         32
                                                              Energiesparhaus         Moderne Stadtwohnung                                Bungalow                         Landhaus

                                                                                                                                                     4
                                                                             7                    5                                                                                   3
                                                                                                                                 4
               Einfamilienhaus                                     Penthouse               Villa                 Altbauwohnung                  Bauernhaus               Doppelhaus-
Rest zu 100: andere Immobilientypen; Befragung von 2.100 Bundesbürgern im Jahr 2016                                                                                         hälfte
Quelle: Interhyp
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              Neu
                              Neu auf iwd.de: CO2-Regulierung der EU
                              Die EU-Kommission plant, die CO2-Regulierung für Pkws weiter zu verschärfen, um ihre Klimaziele einzuhalten. Sie
                              konzentriert sich dabei allerdings weiterhin zu stark auf die Angebotsseite, sprich: die Autohersteller. Besser wäre
                              es, mit gezielten Maßnahmen wie dem Aufbau einer Ladesäulen-Infrastruktur sowie der Verzahnung von Verkehrs-
                              und Stromsektor dafür zu sorgen, dass elektrisches Fahren attraktiver wird. Details hierzu finden Sie auf iwd.de.
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