Fisch und Temperatur Leiden unsere Fische bald unter Hitzestress? - Tagung Cercl'eau 13. Juni 2013, La Neuveville - Cercl'eau
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Fisch und Temperatur Leiden unsere Fische bald unter Hitzestress? Tagung Cercl’eau 13. Juni 2013, La Neuveville WFN – Wasser Fisch Natur Arthur Kirchhofer Martina Breitenstein Fischbild © Bernard Büttiker
Inhalt - Welche Rolle spielt die Temperatur im Leben des Fisches? - Welche Faktoren limitieren den Lebensraum des Fisches ? - fischbiologische Zonierung der Fliessgewässer - fischbiologische Grundlagen für das MSK-Modul Temperatur - Auswirkungen der Klimaerwärmung
Grundlagen poikilotherme (wechselwarme) Organismen Körpertemperatur ca. 0.1 – 1 °C über der Umgebungstemperatur Temperaturgilden nach Magnuson et al. 1979: Warmwasserarten mit bevorzugten Sommertemperaturen von 27 – 31 °C (z.B. Karpfen, Wels) Cool water species, Sommertemperaturen 21 – 25 °C (z.B. Egli, Schleie) Kaltwasserarten, Sommertemperaturen 11 – 15 °C (z.B. Bachforelle, Äsche) Arten arktischer Gewässer, Sommertemperaturen < 10°C Temperaturtoleranz: Stenotherme Arten mit geringer Toleranz (z.B. Bachforelle) Eurytherme Arten mit grosser Toleranz (z.B. Karausche)
Bedeutung der Temperatur für den Fisch Natürliche Einflussfaktoren Grossräumig (Klima) Lufttemperatur Entwicklung Niederschlag/Verdunstung (Ontogenese) Wachstum Ein-/Abstrahlung Indirekte Fortpflanzung Kleinräumig Wasserherkunft (Oberfläche, Grundwasser) Wirkungen: Höhenlage Krankheiten Sauerstoff- Exposition Konzentration Wasserführung toxische Stoffe Gewässermorphologie Beschattung Parasiten, Stoffwechsel Krankheitserreger Immunsystem Direkte Wirkung J F M A M J J A S O N D Anthropogene Einflussfaktoren Strategie Expositionsdauer Temperaturdifferenz Temperaturbereich Wärmeeinleitung/-entnahme Prozesskühlung, Heizzwecke Wassereinleitung Abwasser, Regenwasser, turbiniertes Wasser, Schwall-Sunk, Wasserentnahme Anpassung Wasserkraft, Trink-/Brauchwasser, Vermeidung (Evolution) landw. Bewässerung, (Ausweichen) Verhaltens- Wasserspeicherung änderung Stau, Speichersee, HW-Rückhalt Bauliche Veränderungen Gewässerkorrektion, Verbauung, Kolmation Eindolung, Entfernung Ufervegetation
Temperatur im Lebenszyklus °C °C °C Eientwicklung Reproduktion Brütlinge (Dottersacklarven) °C Migration °C Juvenile Adulte °C Präferenztemperatur Überleben möglich Tödlicher Temperaturbereich
Beispiel Bachforelle ganzer Lebenszyklus Eier Larven I Larven II Juvenile Subadulte Adulte 0 10 20 30 Temperatur (°C) Optimaler und tolerierter Bereich
Klimaerwärmung und Wassertemperatur Jahresmittelwerte Schädler, M. 2008: Die Temperatur schweizerischer Fliessgewässer. BAFU
Reaktion terrestrischer Organismen Höhenstufen/Durchschn.temp. Ausweichen gegen oben nival >3500 / -6.4° subnival 2500-3500 / -4.7° alpin 1500-2000 / 2.4° subalpin 1000-1500 / 4.7° montan 500-1000 / 6.0° collin 0-500 / 8.7°
Reaktion aquatischer Organismen Ausweichen gegen oben ist nur in geringem Mass möglich Kryal Krenal Epirhitral Metarhithral Hyporhithral Epipotamal Metapotamal
Biozönotische Regionen und Temperatur (MSK Modul Temperatur) Natürliche Referenzstellen mit Temperaturdaten = SOLL Müller, V. 2011: Erarbeitung eines anthropogen unbeeinflussten, typischen Jahresgangs der Wassertemperatur nach biozönotischen Regionen. Masterarbeit ETHZ
Beurteilung der Temperaturverhältnisse (MSK Modul Temperatur) Beispiel: Mentue (VD) – Hyporhithral-kollin – Äschenregion, Vergleich IST - SOLL 2010 25 25 2011 20 20 [°C] Temperatur [°C] Adulte/Subadulte Temperatur 15 15 10 10 Eier Laich 55 00 00 30 30 60 60 90 90 120 120 150 150 180 180 210 210 240 240 270 270 300 300 330 330 360 360
Temperaturdifferenz T (MSK Modul Temperatur) Kurzzeitige Temperaturdifferenzen können negative Auswirkungen auf den Fisch haben: - Bei T >5 °C werden Hitzeschockproteine gebildet um die thermische Toleranz zu erhöhen - Effekt ist abhängig von Dauer der Akklimatisierungsphase Bei der Beurteilung der Auswirkungen von Schwall-Sunk ist T ein massgeblicher Indikator (vgl. MSK-Temp) Bei Wärmeeinleitungen muss T mitbeurteilt werden In der Fischzucht und bei Fischbesatz wird auf eine möglichst geringe Temperaturdifferenz und eine möglichst lange Anpassungsdauer geachtet
Beispiel Kühlwassereinleitung Im Rahmen einer Erweiterung des PSI (SwissFEL) sollen max. 95 l/s zusätzliches Kühlwasser mit Temp. Max. 30 °C in die Aare bei Würenlingen (Hyporhithral/Äschenregion) eingeleitet werden. • Temperaturdaten Aare-Stilli müssen aus Aare, Reuss und Limmat konstruiert werden • Beurteilung mit MSK-Temp nur summarisch möglich:
Beispiel Kühlwassereinleitung Detailbeurteilung 4 ausgewählte Jahre nach Jahreszeiten und Biologie der Äsche Frühling: dT < 0.01 °C Vorverschiebung Äschenlaich und beschleunigte Entwicklung der Äscheneier unwahrscheinlich
Beispiel Kühlwassereinleitung Sommer: dT < 0.005 °C Letaltemp. Äsche wird nicht erreicht Gesamtfazit: • Die Einleitung hat nur unwesentliche Auswirkungen • Die Äsche wird nicht beeinträchtigt • Bei Aaretemperatur 24.9 °C muss die Anlage abgeschaltet werden
Ob wohl «Fischgotte» Pascale Bruderer beim Einsatz junger Strömer am Limmatspitz 2010 auch an die Temperaturakklimatisation gedacht hat ? (Bild: SFV)
Fisch und Temperatur Beispiele verschiedene Arten Tagung Cercl’eau 13. Juni 2013, La Neuveville WFN – Wasser Fisch Natur Arthur Kirchhofer Martina Breitenstein Fischbilder © Michel Roggo
Inhalt Artspezifische Reaktionen auf Temperaturänderungen: Bachforelle - Lebensraumverlust durch klimabedingte Erwärmung Nase - leidet durch anthropogen bedingte Abkühlung Äsche – Verschwindet aus einzelnen Gewässern Wels – ein Profiteur der Klimaerwärmung?
Bachforelle und Nase – 2 Looser? Fortpflanzung normal Stress Eientwicklung letal Adulter Fisch 0 10 20 30 Temperatur (°C) Fortpflanzung Eientwicklung Adulter Fisch 0 10 20 30 Temperatur (°C)
Lebensraum der Bachforelle Verbreitung der Bachforelle mit der Klimaerwärmung - Modellstudie Notter&Staub 2009 + 5 °C + 1 °C
Die Nase in der Petite Sarine Laichplatz Hauterive: 1990 (>1’000 Nasen), 2000 (ca. 200), 2008/09 (0)
Temperatur der Petite Sarine 18 2008 2009 16 14 12 Temperaturverlauf température [°C] 10 oben (Rossens) und unten 8 (Hauterive) in der Petite 6 Sarine 4 Rossens 2 Hauterive 0 Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt 6 4 Erwärmung (Abkühlung) dT H-R [°C] 2 0 Rossens bis Hauterive auf -2 rund 10 km -4 Tagesamplitude: Var. journalière [°C] 4 Hauterive >> Rossens 2 Restwasserdotierung 0 Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt am Fuss der Staumauer
Temperaturansprüche Nase 14 Rossens 2008 13 Hauterive temp.min.oeufs 12 déclenchement frai 11 température [°C] 10 9 8 7 >10 °C 6 5 4 1.Apr 8.Apr 15.Apr 22.Apr 29.Apr 6.Mai 13.Mai 20.Mai 27.Mai 14 2009 13 12 11 10 9 8 7.5 °C 7 6 5 4 1.Apr 8.Apr 15.Apr 22.Apr 29.Apr 6.Mai 13.Mai 20.Mai 27.Mai Temperatur ist ein wichtiger Faktor für das Aussterben der Nase in der Petite Sarine
Die Äsche – ein Looser? Fortpflanzung Eientwicklung Adulter Fisch 0 10 20 30 Temperatur (°C)
Äsche in der Broye Keine Anhaltspunkte für Äschensterben Hari & Güttinger 2004: Fischnetz TP01-08 Mittelwerte biologisch nicht genügend aussagekräftig Bachforelle hier nicht aussagekräftig (Äschen-/Barbenregion)
Äsche in der Broye 30 Tagesmaxima geben ein anderes Bild: 25 • 7 / 10 Jahre T>26 °C Tagesmaximum [°C] 20 • 2009/10 nur einzelne Äschen 15 2001 • Keine Fortpflanzung 2002 2003 2004 10 2005 2006 2007 5 2008 2009 2010 0 Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez Daten: BAFU La Broye Payerne 2001 - 2010
Der Wels – ein Winner? Fortpflanzung Eientwicklung Adulter Fisch 0 10 20 30 Temperatur (°C)
Wels in der Aare 800 Aare BiS - Gr.BE/AG 700 Zihlkanal Bielersee 600 Fang [Stück/Jahr] 500 400 300 200 100 0 1989 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2002/03 + 3-4 Jahre bis 1. Fortpflanzung mit 40 – 70 cm Länge, mit 20 Jahren ca. 2 m Länge!
Schlussbetrachtung Fische = sensible Indikatoren für Temperaturveränderungen Aufgrund beschränkter Ausweichmöglichkeiten nur geringe Anpassung an Klimaerwärmung möglich Veränderungen des Artenspektrums und der Abundanzen sind zu erwarten: Kaltwasserarten ↓ Warmwasserarten Diese sind bei der Bewirtschaftung der Fischbestände zu berücksichtigen Bei Eingriffen in die thermischen Verhältnisse der Gewässer sind die artspezifischen Ansprüche der Fische in Detailanalysen zu berücksichtigen
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