Förderung von Beschäftigung und sozialer Eingliederung in EU-Städten
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Förderung von Beschäftigung und sozialer Eingliederung in EU-Städten Erfahrungen von Städten mit dem Europäischen Sozialfonds im Zeitraum 2014-2017 und daraus gewonnene Erkenntnisse Fachbericht – Vorläufige Erkenntnisse – Februar 2018 Wichtige Erkenntnisse: ▪ Mit dem ESF konnten in Städten spürbare Erfolge erzielt werden, z. B. ein verbesserter Zugang zum Arbeitsmarkt, zu Schulen, zu Ausbildungsstellen, zu Wohnungen und zur Sozialfürsorge für benachteiligte Bevölkerungsgruppen. Dies führte zu einem verbesserten sozialen Zusammenhalt. ▪ Immer mehr Städten wurden erweiterte Zuständigkeiten übertragen, um die lokalen und regionalen ESF-Zuwendungen für ihr Stadtgebiet zu verwalten. Dieser „lokale“ Programmansatz des ESF wurde bereits in mehreren Ländern erfolgreich getestet. ▪ Der ESF kann in Städten als Katalysator für soziale Innovationen eingesetzt werden. Durch die Nutzung von ESF-Mitteln zur Förderung sozialer Innovation haben Städte die Möglichkeit, bewährte Verfahren anderer Städte in ihr reguläres Dienstleistungsspektrum aufzunehmen, um damit die öffentlichen Dienstleistungen zu verbessern. In der nächsten Förderperiode nach 2020 könnte der ESF Städten mehr Freiräume bei der Umsetzung innovativer Ansätze zur Lösung sozialer Herausforderungen bieten und dadurch sein volles Potential ausschöpfen. ▪ Das größte Hindernis für Städte bei dem Zugang zu und der Nutzung von ESF-Mitteln sind die komplexen Regeln und Verfahren, die nicht nur einen hohen Verwaltungsaufwand erzeugen, sondern auch zu einem Ungleichgewicht zwischen den Prioritäten des ESF-Programms und den tatsächlichen Bedürfnissen der Städte führen. Das Programm konnte den Bedürfnissen von Städten besser gerecht werden, wenn sie direkt in die Ausarbeitung der Programmprioritäten involviert waren. ▪ In der nächsten Förderperiode nach 2020 muss die Unterstützung für Städte weiter ausgebaut werden, damit sichergestellt werden kann, dass der ESF dort genutzt wird, wo er am meisten gebraucht wird und die größten Auswirkungen auf das Leben der Menschen hat. Februar 2018 | www.eurocities.eu | Erfahrungen von Städten mit dem ESF im Zeitraum 2014-2017 und daraus gewonnene1Erkenntnisse
Inhalt Einleitung ...................................................................................... 3 Wichtige Erkenntnisse ........................................................................ 5 1 Überblick über die Nutzung des ESF durch Städte .................................. 6 2 Wie sind Städte an der Programmentwicklung beteiligt? ......................... 12 3 Mehrwert und Erfolgsfaktoren ........................................................ 15 3.1 Welchen Mehrwert bietet der ESF für Stadtverwaltungen? .......................... 16 3.2 Was konnten Städte durch die Unterstützung des ESF erreichen? .................. 18 3.3 Könnte der ESF einen noch größeren Mehrwert für Städte haben? ................. 19 3.4 Erfolgsfaktoren .............................................................................. 20 4 Hindernisse und Herausforderungen ................................................. 22 4.1 Hindernisse bei der Beantragung von ESF-Mitteln durch Städte ..................... 23 4.2 Herausforderungen bei der Nutzung von ESF-Mitteln durch Städte ................. 26 4.3 Schwierigkeiten bei der Kombination von ESF-Mitteln mit anderen Finanzierungsquellen der EU .............................................................. 30 5 Fazit ...................................................................................... 32 Anhang Gute Beispiele für städtische Maßnahmen mit ESF-Unterstützung ......... 36 2 Februar 2018 | www.eurocities.eu | Erfahrungen von Städten mit dem ESF im Zeitraum 2014-2017 und daraus gewonnene Erkenntnisse
Einleitung Die meisten Menschen leben in Städten, d. h., dass viele der sozialen Herausforderungen Europas wie Arbeitslosigkeit, Armut, Ungleichheit und soziale Ausgrenzung in Städten am deutlichsten spürbar sind. Deshalb kann bei der Bewältigung dieser Herausforderungen in den Städten auf die Unterstützung der EU gebaut werden. Der Europäische Sozialfonds (ESF) ist eine wichtige Finanzierungsquelle für Städte und bietet Fördermittel für Projekte in den Bereichen Arbeitsmarkt, Integration, Qualifikation von Arbeitskräften und aktive Inklusion. Einige Städte nutzen den ESF bereits seit mehr als 50 Jahren, andere erst weniger als 10 Jahre. In beiden Fällen hat sich der ESF als Zugewinn für die Städte erwiesen. Mit seiner Hilfe konnte das Leben der Menschen in den Stadtgebieten verbessert und der soziale Zusammenhalt über Stadtgrenzen hinaus gestärkt werden. EUROCITIES hat eine Studie durchgeführt, um die Erfahrungen zu untersuchen, die Städte mit dem ESF in der ersten Hälfte der Förderperiode von 2014-2020 gemacht haben. Im Rahmen dieser Studie wurden die ESF-geförderten Maßnahmen von 32 Städten aus 13 EU-Mitgliedsstaaten analysiert. Durch ihre ausgewogene geographische Verteilung in der EU bieten diese einen repräsentativen Überblick: ▪ Nord-Europa (Schweden): Göteborg, Karlstad, Malmö, Stockholm ▪ Nordwest-Europa (Belgien, Niederlande, Vereinigtes Königreich): Antwerpen, Gent, Netwerkstad Twente, London, Preston, Manchester, Glasgow ▪ West-Europa (Frankreich): Angers, Lyon, Nantes ▪ Süd-Europa (Italien und Spanien): Bologna, Mailand, Rom, Barcelona, Gijón, Terrassa ▪ Mitteleuropa (Deutschland und Österreich): Chemnitz, Karlsruhe, Leipzig, München, Nürnberg, Stuttgart, Wien ▪ Ost-Europa (Polen, Tschechische Republik, Kroatien, Lettland): Białystok, Warschau, Brünn, Zagreb, Riga Für diese Studie wurden direkt von den Stadtverwaltungen Daten erfasst, die Aufschlüsse über die Nutzung und Umsetzung der ESF-Fördermaßnahmen in Städten im Zeitraum 2014-2017 bieten. Die Antworten wurden einer vergleichenden Analyse unterzogen, um Trends in den Städten zu identifizieren und eine Übersicht über bewährte Verfahren und Praxisbeispiele zu erstellen. Im Programmzeitraum 2014-2020 wurden drei Neuerungen eingeführt, durch die Städte stärker in die ESF-Planung eingebunden werden konnten. 1. Die EU-Mitgliedsstaaten wurden dazu angehalten, mithilfe der Strukturfonds der EU integrierte Maßnahmen zur nachhaltigen Stadtentwicklung zu implementieren. Hierdurch wurden mehr als ein Drittel der neuen Stadtentwicklungsstrategien durch ESF-Mittel kofinanziert. 2. In Artikel 7 der EFRE-Verordnung wird ein Mindestanteil festgelegt, der von den zugeteilten EFRE-Mitteln für integrierte Stadtentwicklungsstrategien verwendet werden muss. Dadurch wurden Verwaltungsbehörden (in einigen Regionen) dazu angeregt, immer mehr Zuständigkeiten für die Verwaltung von ESF- Fördermitteln an Großstädte und Ballungsräume zu übertragen. 3. Die europäische Partnerschaftsvereinbarung rief die Mitgliedsstaaten dazu auf, bei der Planung und Umsetzung operationeller Programme mit allen wichtigen Akteuren zusammenzuarbeiten (d. h. einschließlich der Städte). Trotz dieser Neuerungen haben Städte immer noch keinen direkten Zugang zum ESF - ihr Zugang hängt zum einen davon ab, wie der jeweilige Mitgliedsstaat die Fördermittel verteilt, und zum anderen von der Beziehung zwischen den lokalen und nationalen Behörden. 3 Februar 2018 | www.eurocities.eu | Erfahrungen von Städten mit dem ESF im Zeitraum 2014-2017 und daraus gewonnene Erkenntnisse
Wo größeres Vertrauen herrscht, haben Städte auch einen größeren Einfluss auf die ESF-Planung. In diesem Bericht werden die Erkenntnisse vorgestellt, die aus den Erfahrungen der Städte mit dem ESF im Zeitraum 2014-2017 gewonnen wurden. Dieser Bericht umreißt: ▪ die Erfolge und den Mehrwert von städtischen Maßnahmen ▪ Tendenzen, wie Städte an der Vorbereitung von ESF-Programmen beteiligt sind ▪ Hindernisse und Herausforderungen, die Städte für die Beantragung und die Nutzung von ESF- Mitteln bewältigen müssen ▪ Aspekte, die für die zukünftige Verbesserung des ESF in Betracht gezogen werden müssen ▪ Bewährte Verfahren und Beispiele aus der Praxis: wie Städte den ESF nutzen und welche Faktoren zum Erfolg der Projekte beitragen 4 Februar 2018 | www.eurocities.eu | Erfahrungen von Städten mit dem ESF im Zeitraum 2014-2017 und daraus gewonnene Erkenntnisse
Wichtige Erkenntnisse Im Vergleich zur vorherigen Förderperiode nutzen in der Förderperiode 2014-2020 mehr Städte den ESF und profitieren somit davon. Immer mehr Städten wurden erweiterte Zuständigkeiten übertragen, damit sie die lokalen und regionalen ESF-Zuwendungen für ihr Stadtgebiet als zwischengeschaltete Stellen verwalten. Dieser „lokale“ Programmansatz des ESF wurde bereits in mehreren Ländern erfolgreich getestet. Städte, die die Möglichkeit hatten, ESF-Mittel selbst zu verwalten, entwickelten lokale Arbeitsmarktstrategien, von denen ein Großteil der Bevölkerung profitieren konnte. Die meisten Städte nutzen ESF-Fördermittel, um benachteiligte Gruppen durch individuelle Maßnahmen für den Arbeitsmarkt aktivieren zu können, z. B. Langzeitarbeitslose, Migranten und Flüchtlinge, junge Menschen oder Menschen mit Behinderung. Ein verbesserter Arbeitsmarktzugang ist die höchste Priorität der meisten städtischen ESF-Projekte. Dies liegt vor allem daran, dass der Fokus der nationalen operationellen ESF-Programme hauptsächlich auf der Arbeitsmarktintegration liegt. Wenn es die Möglichkeit gäbe, würden Städte den ESF vermehrt dazu nutzen, Armut zu bekämpfen und soziale Eingliederung zu unterstützen, lebenslanges Lernen und Kompetenzentwicklungen zu fördern und die Qualität der öffentlichen Dienstleistungen zu verbessern. Nur eine Minderheit der Städte (15 %) hat den ESF zum Ausbau institutioneller Kapazitäten verwendet, um mehr Beschäftigungs- und Sozialdienstleistungen anbieten zu können. Diese Lücke muss der ESF in Zukunft schließen. Mit dem ESF konnten spürbare Erfolge in Städten erzielt werden, z. B. ein verbesserter Zugang zum Arbeitsmarkt, zu Schulen, zu Wohnungen und zu Gesundheits- und Sozialfürsorge für benachteiligte Bevölkerungsgruppen. Der Fonds hat einen enormen Mehrwert für die Arbeit der Städte: ▪ Er schließt Lücken im regulären Dienstleistungsangebot der Städte für Beschäftigung und Qualifizierung, indem er vor allem zielgruppenorientierte und speziell zugeschnittene Unterstützungsleistungen für schwer erreichbare Bevölkerungsgruppen fördert. ▪ Er bietet Städten die Möglichkeit, neue Verfahren und innovative Ansätze auszuprobieren, die sie später in ihr reguläres Dienstleistungsspektrum einbinden können. ▪ Mit dem ESF können Städte ihre Kapazitäten weiter ausbauen, um die Integration in den Arbeitsmarkt und die soziale Eingliederung besser unterstützen zu können (z. B. durch die Übernahme bewährter Verfahren aus anderen EU-Städten). ▪ Er unterstützt die sektorübergreifende Koordination in der Stadtverwaltung (durch die Verbindung von Arbeits- und Sozialämtern) und fördert neue Partnerschaften mit Akteuren auf lokaler Ebene (Arbeitgebern, Unternehmen, Nichtregierungsorganisationen) sowie in Ballungs- und Sachgebieten. Die meisten Städte (84 %) wurden bei der Vorbereitung des operationellen Programms (OP) für den ESF in der Förderperiode 2014-2020 konsultiert. Obwohl dies eine Verbesserung zur vorherigen Förderperiode darstellt, war die Hälfte der Städte unzufrieden mit dem Konsultationsprozess, da dieser zu schnell erfolgte, nicht umfassend genug war oder die Anliegen der konsultierten Städte in den finalen OPs nicht berücksichtigt wurden. Nationale Behörden müssen noch weiter gehen, um den Partnerschaftsgrundsatz vollständig anzuwenden und Städte bei der Entwicklung des OP sinnvoll einzubinden. Städte müssen noch immer viele Hindernisse überwinden, um Zugang zu ESF-Mitteln zu erhalten und diese effektiv nutzen zu können. Beispiele hierfür sind: 5 Februar 2018 | www.eurocities.eu | Erfahrungen von Städten mit dem ESF im Zeitraum 2014-2017 und daraus gewonnene Erkenntnisse
▪ Ein zu enger thematischer Fokus von ESF-OPs, in denen wesentliche lokale Herausforderungen nicht berücksichtigt werden (z. B. Unterstützung für Obdachlose und Senioren, Ungleichgewicht zwischen Qualifikationsangebot und Qualifikationsnachfrage, sozialer Wohnungsbau, Kleinkindbetreuung und Langzeitpflegedienstleistungen). ▪ Zu wenige geeignete Projektaufrufe: Die bestehenden Aufrufe sind zu eng gefasst, zu präskriptiv und bieten zu wenig Raum für Innovationen. ▪ Zielgruppen und -indikatoren, die in den OPs festgelegt wurden, entsprechen nicht der Realität vor Ort. ▪ Die Richtlinien sind zu komplex, starr und beschwerlich. Sie behindern den Zugang zu Fördermitteln, verursachen eine kostenintensive Umsetzung von Projekten und belohnen eine genaue Einhaltung der Prozessabläufe zum Nachteil von Innovationen und den tatsächlichen Effekten vor Ort. ▪ Der Beginn von Projekten verzögert sich aufgrund des langsamen Anlaufens des ESF- Programms und der langfristigen Verfahren bis zur Finanzmittelgewährung. ▪ Es ist zu schwierig, den ESF mit anderen Finanzierungsprogrammen der EU zu kombinieren. Nach 2020 möchten Städte einen größeren Einfluss auf die ESF-Planung nehmen, um sicherzustellen, dass die Mittel dort genutzt werden, wo sie am meisten benötigt werden. 1 Überblick über die Nutzung des ESF durch Städte Alle 32 Städte in unserer Studie waren im Zeitraum 2014-2017 in ESF-Programme eingebunden. Nahezu alle (30) führten ESF-Projekte durch, in denen sie federführende Partner und die Hauptbegünstigten waren. Einfluss der Städte auf den ESF Der Einfluss, den die Städte auf den ESF haben, hängt zum einen davon ab, welchen Ansatz der Mitgliedsstaat bei der Zuteilung von ESF-Fördermitteln verfolgt, und zum anderen von der Beziehung zwischen den lokalen und den nationalen Behörden. Wo größeres Vertrauen herrscht, haben Städte auch einen größeren Einfluss bei der Erstellung der OPs für den ESF. Unsere Studie bringt folgende Erkenntnisse zutage: ▪ Sechs Metropolen fungieren als zwischengeschaltete Stellen für den ESF: Angers, London, Lyon, Wien, Mailand und Bologna (für das italienische operationelle Programm „Metropolregionen“) In der Förderperiode 2014-2020 wurden in einigen Mitgliedsstaaten Zuständigkeiten von den Verwaltungsbehörden auf die Metropolen übertragen. Dies zeugt davon, dass die Behörden darauf vertrauen, dass die Städte am besten wissen, wie sie die ESF-Mittel entsprechend den Bedürfnissen in den einzelnen Stadtgebieten verteilen müssen. Das bedeutet, dass einige Metropolen dafür verantwortlich waren, einen Teil der ESF-Mittel für ihr Stadtgebiet selbst zu verwalten, um bestimmte Prioritäten aus dem operationellen ESF-Programm umzusetzen. Dies erfolgte im Rahmen einer formellen Vereinbarung zwischen der Stadt und dem Staat. In solchen Fällen haben die Städte eine Doppelrolle inne: Sie fungieren zum einen als zwischengeschaltete Stelle und sind zum anderen die Hauptbegünstigten. Als 6 Februar 2018 | www.eurocities.eu | Erfahrungen von Städten mit dem ESF im Zeitraum 2014-2017 und daraus gewonnene Erkenntnisse
zwischengeschaltete Stellen verteilen die Städte den Großteil der ESF-Zuwendung auf lokale Akteure um. Sie veröffentlichen Aufrufe zur Einreichung von Projektvorschlägen, wählen Projekte aus, überwachen deren Durchführung und bewerten sie. Zudem bieten sie bei Bedarf Unterstützung an. Zusätzlich nutzen die Städte einen Teil der ESF-Zuwendung, um lokalpolitische Maßnahmen in Bezug auf Beschäftigung und soziale Eingliederung effektiver umsetzen zu können. Einige Beispiele für Städte, die als solche zwischengeschalteten Stellen fungieren, sind: o Angers und die Partnerstadt Cholet, die ein Abkommen mit dem französischen Staat unterzeichnet haben. Im Zeitraum 2015-2017 verwalteten sie einen Betrag von 4 Millionen Euro, um einen städtischen Aktionsplan für Beschäftigung und Integration zu entwickeln und umzusetzen. Ein weiteres Abkommen wird für den Zeitraum 2018- 2020 unterzeichnet werden. Ähnlich verhält es sich mit Lyon. Die Stadt hat 850.000 Euro für den Zeitraum 2015-2016 und mehr als 24 Millionen Euro für den Zeitraum 2017-2020 erhalten, um eine eigene Beschäftigungs- und Inklusionsstrategie zu entwickeln. o Wien verwaltet 53 Millionen Euro an ESF-Zuwendungen. Diese Mittel werden zum einen durch gezielte Aufrufe zur Einreichung von Projektvorschlägen umverteilt, zum anderen nutzt die Stadt einen Teil davon, um ihr eigenes Programm „Chancen-Scheck“ zu unterstützen, das Einwohnern dabei helfen soll, sich beruflich zu qualifizieren. o Die Greater London Authority fungiert als zwischengeschaltete Stelle für die Region London. ▪ Eine Metropole vermittelt und verwaltet ESF-Projekte als „kofinanzierende Organisation“ Das Ballungsgebiet Greater Manchester ist eine „kofinanzierende Organisation“ des ESF für die gesamte Förderperiode 2014-2020. Es verwaltet eine ESF-Zuwendung von 186 Millionen Euro, die es hauptsächlich an lokale Anbieter umverteilt und von der es ca. 38 Millionen Euro für die Umsetzung seines „Working Well“-Programms verwendet. ▪ Sieben Städte sind Teil lokaler oder regionaler Einrichtungen, die ESF-Mittel koordinieren: Göteborg, Karlsruhe, Karlstad, Nantes, Rom, Stockholm und Stuttgart In einigen Ländern sind die Städte Teil von lokalen oder regionalen Einheiten, die die Zuwendung von ESF-Mitteln für das Umland koordinieren. In einigen Bundesländern (z. B. Baden-Württemberg) verfügen Städte und Regionen über regionalisierte ESF-Mittel, über deren Zuteilung in lokalen oder regionalen Arbeitsgruppen der beteiligten Akteure (darunter auch die Städte) entschieden wird. Karlsruhe verfügt beispielsweise über eine ESF-Zuwendung von 440.000 Euro pro Jahr und kann gemeinsam mit lokalen Akteuren entscheiden, wie diese verwendet wird und welche lokalen Projekte damit unterstützt werden. Stuttgart ist Teil einer regionalen Arbeitsgruppe, die über eine ESF-Zuwendung von 990.000 Euro pro Jahr verfügt. Seit 2007 gibt es in Schweden acht „Strukturfonds-Partnerschaften“ (NUTS-2-Regionen), die sich aus Stadt- und Kreisratpolitikern sowie aus Führungskräften aus dem akademischen Bereich und dem industriellen, dem öffentlichen und dem gemeinnützigen Sektor zusammensetzen. Diese entscheiden darüber, welche Projekte priorisiert und im Rahmen der Aktionspläne für den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und den Europäischen Sozialfonds (ESF) finanziert werden. In Frankreich sind einige Städte (z. B. Nantes) an der Organisation der zwischengeschalteten Stellen in ihren Gebieten beteiligt (diese Rolle wird dem Organisme de Gestion InterPLIE Mutualisé Nantes Saint-Nazaire (OGIM) zuteil). Dies erfolgt im Rahmen der strategischen Vereinbarung für ihre ESF-Aktivitäten (geschlossen zwischen der Stadt Nantes, dem Staat und dem Départementrat). 7 Februar 2018 | www.eurocities.eu | Erfahrungen von Städten mit dem ESF im Zeitraum 2014-2017 und daraus gewonnene Erkenntnisse
▪ 16 Städte erhalten ESF-Mittel über gezielte Aufrufe zur Einreichung von Projektvorschlägen Die meisten Städte in der EU (überwiegend in Süd- und Mittelosteuropa) erhalten ESF- Fördermittel, indem sie sich auf Aufrufe zur Einreichung von Projektvorschlägen der ESF- Verwaltungsbehörden bewerben. In vielen Fällen nutzen die Städte ESF-Fördermittel, um lokale Initiativen zur Beschäftigung und sozialen Eingliederung insbesondere in Zusammenarbeit mit Berufsschulen, Arbeitsämtern, Arbeitgebern und Nichtregierungsorganisationen umzusetzen. ▪ Zwei Städte sind nur als Partner an ESF-Projekten beteiligt Städte können als Partner an der Umsetzung von ESF-Projekten beteiligt sein, die von anderen Organisationen (z. B. staatlichen Arbeitsvermittlungen, Schulen oder Nichtregierungsorganisationen) geleitet und von den Städten kofinanziert werden. Zagreb ist beispielsweise Partner eines ESF-geförderten Projekts, in dessen Rahmen Kindern mit Behinderung in Grundschulen persönliche Assistenten zur Seite gestellt werden. Da die Stadt nicht berechtigt ist, ESF-Fördermittel zu beantragen, konnte Zagreb nur als Partner an dem Projekt beteiligt werden. Allerdings ist die Rolle der Stadt in diesem Projekt viel umfangreicher. Die Stadt hat Schulen in ihrem Zuständigkeitsgebiet dazu aufgerufen, sich für das Projekt zu bewerben, stellte Kofinanzierungsmittel bereit und bot fachliche und administrative Unterstützung bei der Erstellung des Projektantrags und der Umsetzung des Projekts. Das zeigt, dass sich Städte aktiv an der ESF-Planung beteiligen möchten, obgleich sie durch die offiziellen Vorschriften dabei eingeschränkt werden. Städtische Initiativen mit ESF Städte nutzen die ESF-Förderung auf unterschiedliche Art und Weise. Einige Städte setzen ein großes ESF-Programm mit umfangreichen ESF-Mitteln um, während andere mehrere Projekte parallel durchführen, die unterschiedliche Ziele und Zielgruppen haben. Warschau ist dabei Rekordhalter. Im Zeitraum 2014-2017 setzte die Stadt mit ESF-Mitteln 35 Projekte um. Bei 30 dieser Projekte war sie die Hauptbegünstigte und bei 5 Projekten fungierte sie als Partner. Auf Grundlage unserer Untersuchungsdaten konnten wir drei wichtige Bereiche ermitteln, in denen Städte die ESF-Förderung nutzen: ▪ fünf Städte nutzen den ESF für integrierte Pläne zur nachhaltigen sozialen Stadtentwicklung ▪ sieben Städte nutzen den ESF, um lokale Arbeitsmarktstrategien zu entwickeln und umzusetzen ▪ 18 Städte nutzen den ESF, um zielgerichtete Projekte für besondere Anforderungen oder eine spezielle Zielgruppe zu entwickeln Chemnitz, Bologna, Mailand, München und Rom nutzen ESF-Fördermittel, um integrierte Pläne zur nachhaltigen sozialen Stadtentwicklung zu erstellen. Im Rahmen des operationellen ESF- Programms des Freistaats Sachsen „Nachhaltige soziale Stadtentwicklung“ wurden zwei benachteiligte Stadtteile in Chemnitz (der Süden und das Stadtzentrum) identifiziert und 25 Projekte geplant, um die dort lebenden Menschen zu unterstützen. Die Projekte umfassen fünf Aktionsfelder, darunter lebenslanges Lernen und Jugendarbeit, Integration in den Arbeitsmarkt, soziale Eingliederung und die Wirtschaft im Gebiet. In München werden mehr als 100 Projekte des Münchner Beschäftigungs- und Qualifizierungsprogramms von dem staatlichen und/oder dem bayrischen ESF-Programm kofinanziert. Bologna, Mailand und Rom kombinieren ESF- und EFRE-Fördermittel bei der Umsetzung des nationalen operationellen Programms „Metropolregionen“. Sie stimmen die EFRE-Maßnahmen zur Gebäudeinstandsetzung mit den 8 Februar 2018 | www.eurocities.eu | Erfahrungen von Städten mit dem ESF im Zeitraum 2014-2017 und daraus gewonnene Erkenntnisse
Maßnahmen zur sozialen Eingliederung ab, die durch den ESF finanziert werden (z. B. Sozialarbeit und soziale Dienstleistungen), um benachteiligte Menschen dabei zu unterstützen, Wohnungen in sanierten Gebäuden zu finden. Angers, Karlsruhe, London, Lyon, Greater Manchester und Wien mobilisierten ESF-Fördermittel zur Ausarbeitung und Umsetzung von städtischen Strategieprogrammen für Beschäftigung und soziale Eingliederung. Beteiligt war auch eine Vielzahl lokaler Partner. Den genannten Städten wurden ebenfalls erweiterte Zuständigkeiten als zwischengeschaltete Stellen übertragen. Das zeigt, dass Städte, die einen globalen ESF-Zuschuss verwalten dürfen, diesen sinnvoll für die Erstellung von strategischen Plänen nutzen, von denen ein Großteil der Bevölkerung profitieren kann. Ein interessantes Beispiel dafür ist Karlsruhe: Die Stadt entwickelte eine Dachstrategie, die die ESF-geförderten Projekte, das staatlich finanzierte Arbeitsamt und ihr lokales Beschäftigungsprogramm vereint, um Langzeitarbeitslosigkeit vorzubeugen. Dieser Ansatz wurde von allen Beteiligten positiv hervorgehoben. Die meisten Städte in unserer Studie (18 von 32) nutzen ESF-Fördermittel, um spezifische Projekte zu entwickeln und umzusetzen, mit denen die sozialen Herausforderungen bestimmter Zielgruppen bewältigt werden sollen. Ein gemeinsames Merkmal städtischer ESF-Projekte ist, dass sie an die Menschen gerichtet sind, die auf dem Arbeitsmarkt am schwersten zu vermitteln sind, und an die am stärksten von der Gesellschaft ausgegrenzten Gruppen, die normalerweise durch die regulären öffentlichen Dienstleistungen nur schwer zu erreichen sind. Das ist einer der größten Vorteile, den der ESF für Städte hat: Er ermöglicht es, benachteiligten Gruppen speziell zugeschnittene Unterstützung zukommen zu lassen und neue Wege zu finden, sie in die Gesellschaft zu integrieren. Das Hauptaugenmerk der meisten städtischen Projekte liegt auf der Arbeitsmarktaktivierung von Langzeitarbeitslosen, von Jugendlichen, die keine Schule besuchen, keiner Arbeit nachgehen und sich nicht in beruflicher Ausbildung befinden (auch NEET genannt), von Migranten und Flüchtlingen, von Frauen, von Obdachlosen, von Menschen mit Behinderungen, von in Armut lebenden Familien oder von Roma. Einige Beispiele: Das Projekt „Porten“ (Tür) in Karlstad hilft Menschen mit Asperger-Syndrom dabei, Arbeit zu finden. In Gent wird den Roma eine speziell zugeschnittene Berufsberatung zur Verfügung gestellt. Bologna zahlt eine aktive Eingliederungsunterstützung für verschuldete oder verarmte Familien und in Brünn werden Obdachlose dabei unterstützt, in Sozialwohnungen zu ziehen. Abbildung 1. Die häufigsten Zielgruppen städtischer ESF-Projekte Langzeitarbeitslose Jugendliche Arbeitslose oder NEET Migranten und Flüchtlinge Frauen Menschen mit Behinderung Familien in Armut Obdachlose Roma 0 2 4 6 8 10 12 14 16 Hinweis: Die Abbildung zeigt die Anzahl der Städte, die die entsprechende Zielgruppe angegeben haben. Jede Stadt gab mehr als eine Zielgruppe an. 9 Februar 2018 | www.eurocities.eu | Erfahrungen von Städten mit dem ESF im Zeitraum 2014-2017 und daraus gewonnene Erkenntnisse
Prioritäten Aus den Berichten der Städte wird ersichtlich, dass die wichtigsten Prioritäten des ESF abgedeckt wurden (siehe Abbildung 2). Eine große Mehrheit der Städte aus unserer Studie (77 %) nutzt den ESF, um den Zugang zum Arbeitsmarkt zu verbessern. Zum Beispiel unterstützen viele städtische ESF-Projekte Jugendliche beim Übergang vom Schul- in den Berufsalltag, helfen geringer qualifizierten Arbeitssuchenden dabei, ihre Berufsaussichten zu verbessern, und bereiten neu angekommene Flüchtlinge und Migranten auf den Einstieg in den lokalen Arbeitsmarkt vor. Zu den Maßnahmen für die Arbeitsmarktaktivierung gehören für gewöhnlich speziell zugeschnittene Beratungen für Arbeitssuchende, Sprachkurse und Kurse zur Berufsorientierung für Migranten, Berufsausbildungen und -beratungen und die Vermittlung von Arbeitssuchenden in verfügbare passende Jobs. Städte arbeiten eng mit lokalen Arbeitgebern zusammen, um die Lücken auf dem Arbeitsmarkt zu schließen und neue Beschäftigungsmöglichkeiten und Praktikumsplätze zu schaffen. Einige Städte helfen den Menschen nicht nur dabei, Arbeit zu finden, sondern auch, diese langfristig zu behalten: Das „Working Well“-Programm von Greater Manchester unterstützt im Zeitraum 2015-2020 35.000 Langzeitarbeitslose dabei, eine nachhaltige, gute Arbeit zu finden. Abbildung 2. Prioritäten von städtischen ESF-Projekten 30 25 20 15 10 5 0 Zugang zum Armutsbekämpfung Lebenslanges Lernen Steigerung der Arbeitsmarkt und und Kompetenz- Qualität öffentlicher verbessern soziale Integration entwicklung Dienstleistungen Hinweis: Die Abbildung zeigt die Anzahl der Städte, die die entsprechende Priorität angegeben haben. Jede Stadt hat mehr als eine Priorität angegeben. Die Bekämpfung von Armut und die Förderung der sozialen Eingliederung ist eine der Hauptprioritäten, die 42 % der Städte bei ihren ESF-Projekten berücksichtigen. Die städtischen Behörden nutzen ESF-Fördermittel, um Menschen, die in Armut leben oder von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht sind (viele sind mehrfach benachteiligt), wieder in die Gesellschaft zu integrieren. Maßnahmen zur Armutsbekämpfung und aktiven Eingliederung umfassen oftmals individuell angepasste soziale Dienstleistungen, Wohngeld, Gesundheitsvorsorge und Langzeitpflegedienstleistungen, Schulen für den zweiten Bildungsweg, Schuldenmanagement und aktive Arbeitssuche. Alle diese Maßnahmen haben das Ziel, den Menschen dabei zu helfen, ihre Selbstständigkeit wiederzuerlangen. Städte arbeiten auch mit lokalen Arbeitgebern zusammen, um Beschäftigungshemmnisse zu verringern und Alleinerziehende, Flüchtlinge, Migranten, Roma, Menschen mit Behinderungen und andere benachteiligte Gruppen besser in den Arbeitsmarkt integrieren zu können. 32 % der Städte in unserer Studie berichteten, dass sie ESF-Fördermittel dazu verwenden, lebenslanges Lernen und die Kompetenzentwicklung zu unterstützen. Städtische Projekte in diesem Bereich sollen den Menschen dabei helfen, neue Fähigkeiten (z. B. digitale Kompetenzen) zu erwerben, sich beruflich neu zu qualifizieren oder bereits bestehende Qualifikationen zu zertifizieren. Außerdem sollen die Projekte dazu beitragen, Schulabbrüche 10 Februar 2018 | www.eurocities.eu | Erfahrungen von Städten mit dem ESF im Zeitraum 2014-2017 und daraus gewonnene Erkenntnisse
zu verhindern, Lehrer besser auszubilden, Lernprogramme an die Bedürfnisse von Schülern mit Lernbeeinträchtigungen anzupassen und Jugendliche dabei zu unterstützen, praktische Erfahrungen durch Praktika und Job-Shadowing in städtischen Unternehmen zu sammeln. Mit Unterstützung des ESF hat die Stadt Wien ein neues Jugendcollege für Flüchtlinge geschaffen, in dem das Bildungsangebot auf die Bedürfnisse neu angekommener Flüchtlinge zugeschnitten ist. In Stockholm wurden ESF-Mittel mobilisiert, um die digitalen Kompetenzen von Pflegern in Senioren- und Pflegeheimen zu erweitern. Einige Städte in unserer Studie (15 %) nutzen die ESF-Unterstützung ebenfalls, um ihre institutionellen Kapazitäten auszubauen und auf diese Weise die Qualität der öffentlichen Dienstleistungen zu verbessern. Die Städte Göteborg, Stockholm und Warschau integrierten Sozialklauseln in das öffentliche Auftragswesen, um die Schaffung von Arbeitsplätzen zu stimulieren, zu denen auch benachteiligte Gruppen Zugang haben. In Warschau wurden die ESF-Mittel ebenfalls dazu genutzt, Sozialdienstleistungen in eine neue digitale Plattform zu integrieren, die für alle Einwohner zugänglich ist, und um mehr Kinderbetreuungsmöglichkeiten in den Gemeinden anzubieten. 11 Februar 2018 | www.eurocities.eu | Erfahrungen von Städten mit dem ESF im Zeitraum 2014-2017 und daraus gewonnene Erkenntnisse
2 Wie sind Städte an der Programmentwicklung beteiligt? Die europäische Partnerschaftsvereinbarung hatte eine positive Auswirkung auf die Beteiligung der Städte an der Erstellung der operationellen ESF-Programme (OPs) für die Förderperiode 2014-2020. Aus unserer Studie geht hervor, dass: ▪ 26 Städte bei der Erstellung der ESF-OPs konsultiert wurden, davon: o waren 14 zufrieden mit dem Konsultationsprozess o und 12 waren nicht zufrieden ▪ Sechs Städte wurden nicht direkt konsultiert oder in die Erstellung des OPs involviert Die Ergebnisse bestätigen, dass mehr Städte an der Entwicklung der ESF-OPs für die Förderperiode 2014-2020 beteiligt waren, als in der vorherigen Förderperiode. Allerdings müssen nationale Behörden noch weiter gehen, um den Partnerschaftsgrundsatz vollständig anzuwenden und Städte bei der Festlegung der OP-Prioritäten sinnvoll einzubinden. Direkt konsultiert bei der Planung der ESF-OPs Die meisten Städte in unserer Studie (26 von 32) waren an der Erstellung der ESF-OPs beteiligt. Der Umfang, in dem die Städte beteiligt waren, variiert jedoch je nach nationaler oder regionaler Herangehensweise an den ESF: ▪ In Ländern mit zentralisierten Systemen, nahmen die Städte an Beratungen teil, die von der Zentralregierung zum Thema OP organisiert wurden (z. B. die Tschechische Republik, Lettland, Polen). ▪ In Ländern mit einem landesweiten ESF-OP und einem tief verwurzelten dezentralen System wirkten die Städte an der Ausarbeitung dezentraler Aktionspläne mit, die als Anregungen für den OP dienten (Vereinigtes Königreich, die Niederlande). ▪ In Ländern, die sowohl einen nationalen als auch mehrere regionale ESF-OPs erstellen, wurden die Städte sowohl von den regionalen Behörden als auch vom Staat zu Rate gezogen (Frankreich, Italien, Schweden). ▪ In Ländern mit einem föderalen System oder autonomen Gemeinschaften wird die Beteiligung der Städte hauptsächlich durch die Dachverbände der Städte organisiert (Belgien, Deutschland, Spanien). Wie und in welchem Umfang die Städte beteiligt werden, hängt in hohem Maße von der Bereitschaft der nationalen und regionalen Behörden ab, die Städte zu konsultieren. Einige Städte wurden bereits frühzeitig in die Planung des OP einbezogen, wohingegen andere nur flüchtig konsultiert wurden. Einige gaben an, dass sie deutlich mehr an der Entwicklung des EFRE-Programms beteiligt wurden als an der ESF-Planung. Dort waren sie „kaum als Akteure beteiligt“. Städte wie Bologna, Chemnitz, Göteborg, Karlsruhe, Karlstad, Lyon, Mailand, Riga, Stockholm, Wien und Warschau waren in die Ausarbeitung des operationellen ESF-Programms für ihr Land oder ihre Region involviert. Die Städte waren dazu in der Lage, einen Beitrag zur OP-Planung zu leisten, indem sie in verschiedenen Phasen des Erstellungsprozesses Ergänzungen und Anmerkungen einbrachten. Sie konnten sich nicht nur an der Planung der OP-Prioritäten und - Ziele beteiligen, sondern auch Einfluss auf die Bedingungen (Riga), die Förderrichtlinien (Chemnitz) oder das Antragsverfahren (Karlstad, Riga) nehmen. Die Städte erreichten dies durch einen offenen Dialog und regelmäßigen Meinungsaustausch mit den ESF-Behörden während der Vorbereitungsphase. In manchen Fällen wurde dieses Vorgehen auch während der 12 Februar 2018 | www.eurocities.eu | Erfahrungen von Städten mit dem ESF im Zeitraum 2014-2017 und daraus gewonnene Erkenntnisse
Umsetzungsphase fortgesetzt (Chemnitz, Karlsruhe und Warschau). Dies wurde vor allem durch eine Reihe von Seminaren, Workshops, Gesprächsrunden, Konferenzen und Arbeitsgruppen für die Ausarbeitung der OPs ermöglicht, die von den Verwaltungsbehörden organisiert wurden. In Frankreich, wo es sowohl einen nationalen OP gibt, der von der Zentralregierung erstellt wird, als auch regionale ESF-OPs, die auf regionaler Ebene erstellt werden, erfolgte die Konsultation auf zwei verschiedene Arten, d. h. die Städte konnten sowohl auf nationaler als auch auf regionaler Ebene ihren Beitrag leisten. In Stockholm wurde das OP von der Provinzialregierung von Stockholm in Zusammenarbeit mit der ESF-Verwaltungsbehörde und anderen regionalen Akteuren (darunter die Stadt Stockholm) erstellt. Bewährte Verfahren und Beispiele aus der Praxis 14 Städte waren mit der Umsetzung des Partnerschaftsgrundsatzes und ihrem Einfluss auf den Inhalt des ESF-OPs zufrieden. Einige gute Beispiele: • In England werden die ESF-Zuwendungen durch 40 örtliche Unternehmenspartnerschaften (Local Enterprise Partnerships, LEP) verteilt, die darüber entscheiden, wie die Fördermittel in ihrem Gebiet genutzt werden. Jede LEP erstellte für ihr Gebiet eine ESIF- Strategie (beinhaltet ESF und EFRE), die anschließend an die ESIF-Verwaltungsbehörden weitergeleitet wurde. Diese arbeiteten die Beiträge in die landesweiten OPs ein, damit sichergestellt werden konnte, dass diese auch den Bedürfnissen der Städte und Regionen gerecht werden. • Baden-Württemberg startete ein Online-Forum, um lokale Bedürfnisse zu ermitteln, und organisierte mehrere Konferenzen, um die Ergebnisse der Konsultation mit den Städten zu besprechen. Karlsruhe konnte sich aktiv an der Planung beteiligen. Vertreter der Stadt nahmen regelmäßig an Meetings und Gesprächen mit den Leitern der regionalen ESF- Behörden teil, in denen sie Änderungsvorschläge und Empfehlungen hinsichtlich der inhaltlichen Gestaltung des OPs sowie der Zielsetzung und der Festlegung von Zielindikatoren für die Fördermittelzuwendungen einreichen und besprechen konnten. • Als weiteres gutes Beispiel ist Italien zu nennen. Dort wurde der fondsübergreifende nationale OP „Metropolregionen“ im Rahmen eines mehrstufigen Partnerschaftsansatzes erstellt. Bologna nahm an der OP-Entwicklung zum Beispiel im Rahmen einer Partnerschaft teil, die sich aus den Bürgermeistern, dem italienischen Kommunalverband ANCI, den betreffenden Regionen und den nationalen Behörden sowie den wichtigen Akteuren aus dem wirtschaftlichen, dem sozialen und dem ökologischen Bereich zusammensetzte. • Seit 2007 gibt es in Schweden acht „Strukturfonds-Partnerschaften“ (NUTS-2-Regionen), die sich aus Stadt- und Kreisratpolitikern sowie aus Führungskräften aus dem akademischen Bereich und dem industriellen, dem öffentlichen und dem gemeinnützigen Sektor zusammensetzen. Diese entscheiden darüber, welche Projekte priorisiert und im Rahmen der Aktionspläne des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und des Europäischen Sozialfonds (ESF) finanziert werden. Für die Förderperiode 2014-2020 wurde das „Stockholm Model“ entwickelt. Im Rahmen dieses Modells legt die Strukturfonds-Partnerschaft in dem regionalen ESF-Aktionsplan jährliche Bedürfnisse fest und mobilisiert die entsprechenden Akteure in der Region. Auf diese Art können auf Grundlage der ermittelten lokalen Bedürfnisse und Herausforderungen spezifische Ausschreibungen veröffentlicht werden. Die Partnerschaft ist auch an der Projektauswahl beteiligt. 13 Februar 2018 | www.eurocities.eu | Erfahrungen von Städten mit dem ESF im Zeitraum 2014-2017 und daraus gewonnene Erkenntnisse
Defizite Einige Städte hatten nur begrenzt die Möglichkeit, Beiträge zu den ESF-OPs zu leisten. Obwohl sie es begrüßten, dass sie überhaupt etwas beitragen konnten, waren sie nicht damit zufrieden, wie der Konsultationsprozess organisiert war und wie wenig ihre Beiträge auf die finale Ausgestaltung des OPs Einfluss nehmen konnten. Die Städte berichteten über folgende Einschränkungen: ▪ eingeschränkte öffentliche Konsultation, keine weiteren Beiträge möglich (Antwerpen, Leipzig, München) ▪ zu kurze Fristen, um Kommentare zum OP-Entwurf einzureichen (Glasgow, Leipzig, Malmö) ▪ im endgültigen OP wurden die Anliegen der Städte nicht berücksichtigt (Angers, Leipzig, Lyon, Preston, Riga) In dem weit gefassten, nationalen Rahmen eines OP ist es für Städte schwierig, mit ihren Meinungen zum ESF Gehör zu finden, da ihre Bedürfnisse sehr vielseitig und spezifisch sind. Dies identifizierten die Städte als allgemeines Problem bei der Beteiligung an der ESF-Planung. Sie stimmen zu, dass ein lokaler Programmansatz besser geeignet wäre, um den ESF besser auf die städtischen Bedürfnisse abzustimmen. Keine direkte Konsultation in der Planungsphase Sechs Städte (Barcelona, Gent, Gijón, Malmö, Terrassa, Zagreb) waren an der Erstellung des OP nicht direkt beteiligt. Alle Städte außer Zagreb mussten sich auf die Informationen der städtischen Dachverbände verlassen, die von den nationalen und regionalen Behörden konsultiert wurden. Diese Verbände bezogen jedoch nicht alle Städte in den Prozess ein. Zum Beispiel wurde Barcelona konsultiert, Terrasse und Gijón jedoch nicht. Gent wurde vom flämischen Städte- und Kommunalverband (VVSG) ebenfalls nicht zu Rate gezogen. Das zeigt, dass eine indirekte Konsultation der Städte durch Dachverbände nicht zielführend ist, um die Meinungen von Städten einzuholen. Die Städte sind sich einig, dass der Konsulationsprozess noch verbessert werden muss, damit ihre direkte Beteiligung sichergestellt werden kann. Nur so können ESF-Fördermittel dort eingesetzt werden, wo sie am meisten gebraucht werden. 14 Februar 2018 | www.eurocities.eu | Erfahrungen von Städten mit dem ESF im Zeitraum 2014-2017 und daraus gewonnene Erkenntnisse
3 Mehrwert und Erfolgsfaktoren Alle Stadtverwaltungen, die im Rahmen dieser Studie befragt wurden, bestätigten, dass die ESF-Unterstützung einen großen Mehrwert für die Ergänzung und Verbesserung ihres Beschäftigungs- und Sozialdienstleistungsangebots hatte. Die Städte schätzen den Freiraum, den der ESF für die Umsetzung neuer und innovativer Ansätze lässt, die speziell zugeschnittene Unterstützung für die Menschen bieten, die sie am dringendsten benötigen. Mehr als die Hälfte der Städte berichtet, dass sie im Bereich Beschäftigungs- und Ausbildungsmöglichkeiten ohne die Unterstützung des ESF nicht die gleichen Resultate oder die gleiche Wirkung erzielt hätten. Die ESF-Unterstützung ist für alle Städte von großer Bedeutung, da es in allen Städten Armutsgebiete und benachteiligte Gruppen gibt, für die eine zusätzliche Hilfe zur Integration in den Arbeitsmarkt und zur Eingliederung in die Gesellschaft benötigt wird. Abbildung 3. Mehrwert und Auswirkungen von ESF-gestützten städtischen Maßnahmen Englisch Deutsch Inputs Beiträge Activities Aktivitäten Added value Mehrwert Impact Auswirkung European Social Fund grant + Co-financing from Zuwendung aus dem Europäischen Sozialfonds municipal and/or national budget + Local + Kofinanzierung aus dem kommunalen expertise und/oder staatlichen Haushalt + lokale Kompetenzen City-led ESF interventions to improve access to Städtische ESF-Maßnahmen, um den Zugang zu employment, combat poverty and support Beschäftigungsmöglichkeiten zu verbessern, social inclusion, lifelong learning, improve the Armut zu bekämpfen, die soziale Eingliederung institutional capacity zu unterstützen, lebenslanges Lernen zu fördern und die institutionellen Kapazitäten auszubauen Increased capacity for targeted support services Erweiterte Kapazitäten für zielgerichtete Unterstützungsdienstleistungen Chance to try out new models and innovative Möglichkeiten, neue Modelle und innovative approaches Ansätze zu testen 15 Februar 2018 | www.eurocities.eu | Erfahrungen von Städten mit dem ESF im Zeitraum 2014-2017 und daraus gewonnene Erkenntnisse
Better cross-sectorial coordination in the city Eine verbesserte sektorübergreifende Zusammenarbeit in den Städten Start of new local partnerships Neue lokale Partnerschaften Better employability and readiness for work Verbesserte Beschäftigungsfähigkeit und größere Bereitschaft zu arbeiten More work opportunities for the disadvantaged Mehr Beschäftigungsmöglichkeiten für benachteiligte Menschen New learning and training opportunities Neue Aus- und Weiterbildungsangebote New childcare facilities Neue Kinderbetreuungseinrichtungen New social housing Schaffung neuer Sozialwohnungen Better social assistance Verbesserte Sozialfürsorge 3.1 Welchen Mehrwert bietet der ESF für Stadtverwaltungen? ▪ Mit dem ESF können Städte Lücken in ihrem regulären Beschäftigungs- und Qualifizierungsdienstleistungsangebot auffüllen. Randgruppen sind mit den gewöhnlichen Betreuungsangeboten normalerweise nur schwer zu erreichen, da die Städte aufgrund ihres knappen Budgets nur begrenzte Ressourcen zur Verfügung haben. Mit Hilfe des ESF können Städte ihr reguläres Angebot mit speziell zugeschnittener Unterstützung für diejenigen, die sie am meisten benötigen (z. B. jugendliche NEETs, Langzeitarbeitslose, Menschen mit Behinderung, Migranten und Flüchtlinge, Roma), ergänzen. Für diese Bevölkerungsgruppen ist das reguläre Angebot entweder unzureichend oder sie könnten ohne Hilfe durch die Maschen des sozialen Netzes fallen. Ein Beispiel: Nach dem plötzlichen Flüchtlingszustrom im Jahr 2015 konnten (einige) Städte mit Hilfe des ESF Maßnahmen zur Integration der neuankommenden Flüchtlinge finanzieren, die sie durch ihre regulären Dienstleistungen nicht leisten konnten, z. B. das Jugendcollege für Flüchtlinge in Wien. Durch die soziale Ausgrenzung benachteiligter Gruppen entstehen den Städten enorme Kosten. Das bedeutet, dass der ESF durch die Förderung ihrer sozialen Eingliederung für die Städte ebenfalls einen wirtschaftlichen Nutzen hat. ▪ Der ESF hilft Städten dabei, sich durch speziell zugeschnittene Unterstützung auf die schwer erreichbaren Bevölkerungsgruppen zu konzentrieren. Die Begünstigten von städtischen Maßnahmen, die durch den ESF kofinanziert wurden, sind normalerweise die Menschen, die am weitesten vom Arbeitsmarkt entfernt sind und verschiedene soziale Probleme bewältigen müssen (darunter Armut, schlechte Wohnverhältnisse, Gesundheitsprobleme). Diese Belastungen stellen große Hindernisse dar, wenn man (wieder) berufstätig werden möchte. Mit Hilfe der ESF-Unterstützung können Städte benachteiligte Gruppen besser erreichen und ihre spezifischen Bedürfnisse für eine soziale Eingliederung besser verstehen. Auf diese Art können Städte speziell zugeschnittene Lösungen entwickeln, die besonders auf die Bedürfnisse von benachteiligten Gruppen ausgerichtet sind. Dabei steht vor allem die Frage im Mittelpunkt, wie man am besten geeignete Ausbildungen mit aktiver Unterstützung für Beschäftigung kombiniert. Durch die speziell zugeschnittene soziale und professionelle Unterstützung können Hindernisse beim Arbeitsmarktzugang beseitigt werden, damit junge Menschen schneller ihre erste Anstellung finden und Langzeitarbeitslosen bei der Rückkehr auf den Arbeitsmarkt geholfen wird. Ein Beispiel: In Netwerkstad Twente profitierten geringqualifizierte junge Menschen von individuell angepasster Beratung. In Zusammenarbeit mit städtischen Arbeitgebern halfen die Betreuer bei der Suche nach freien Arbeitsstellen, die zu den Qualifikationen der Arbeitssuchenden passten. 16 Februar 2018 | www.eurocities.eu | Erfahrungen von Städten mit dem ESF im Zeitraum 2014-2017 und daraus gewonnene Erkenntnisse
▪ ▪ ESF unterstützt Städte beim Ausbau ihrer Kapazitäten. Viele städtische Sachverständige gaben an, durch ihre Beteiligung an ESF-Projekten neue Fähigkeiten, Kenntnisse und Kapazitäten entwickelt und aufgebaut zu haben, z. B. darüber, wie der Zugang zum Arbeitsmarkt und die soziale Eingliederung noch besser unterstützt werden können. Dadurch können Städte neue Unterstützungsdienstleistungen entwickeln oder bereits existierende Dienstleistungen zum Vorteil der Stadtbewohner weiter verbessern. Einige Städte berichteten, dass der ESF ihnen bei der Übernahme bewährter Verfahren aus anderen EU-Städten half. Durch länderübergreifende ESF-Projekte, in denen mehrere Städte zusammenarbeiten und sich gegenseitig über Erfahrungen und Herausforderungen austauschen, können die Städte neue Fachkenntnisse erwerben und neue Sichtweisen entwickeln. Dies wirkt sich positiv auf ihre Arbeit innerhalb der Stadtgrenzen aus. Stockholm gab beispielsweise an, dass mehrere hundert Arbeitsstellen geschaffen werden konnten, nachdem Sozialklauseln in das öffentliche Auftragswesen integriert wurden. Diese Maßnahme erfolgte in Anlehnung an eine bewährte Praxis aus einem länderübergreifenden ESF-Projekt („Transnet“) aus der vorhergehenden Förderperiode 2007-2013. ▪ Der ESF bietet Städten die Möglichkeit, neue Methoden und innovative Ansätze auszuprobieren, um Einzelpersonen schneller und einfacher bei der Eingliederung in die Gesellschaft zu unterstützen. Sechs Städte berichteten, dass sie innovative Pilotprojekte entwickeln konnten, in denen ermittelt wurde, wie die Unterstützung für die am stärksten Benachteiligten der Gesellschaft am besten auf deren Bedürfnisse angepasst werden kann. Bologna erstellte beispielsweise eine Sozialkarte für die aktive Eingliederungsunterstützung von Familien, die sich in einer schlechten finanziellen Situation befinden und die finanzielle Unterstützung (finanziert durch den Staat) sowie Ausbildungen und aktive Unterstützung für Beschäftigung (finanziert durch den ESF) erhalten. Brünn führte den „Housing First“- Ansatz ein, um die Obdachlosigkeit in der Stadt zu bekämpfen. Karlsruhe entwickelte Teilzeitausbildungen für Alleinerziehende und Warschau testete eine gemeinschaftsbasierte Herangehensweise an Pflegedienstleistungen und ein integriertes Sozialhilfesystem für Familien, die von Armut bedroht sind. In Stockholm wurden verschiedene neue Ansätze ausprobiert, unter anderem sollte herausgefunden werden, wie Menschen mit leichter geistiger Behinderung und ehemalige Strafgefangene (wieder) in den Arbeitsmarkt integriert werden können. Es wurde ebenfalls versucht, Arbeitgebern, die Langzeitarbeitslose einstellen, Unterstützung durch Mentoren anzubieten und ein weiterer Ansatz befasste sich damit, wie die psychologische Unterstützung für Arbeitslose verbessert werden kann. Einige bewährte Verfahren aus anderen ESF-Projekten wurden in das reguläre Dienstleistungsangebot der Stadt integriert, wodurch sich umfassendere strukturelle Veränderungen ergaben und die öffentlichen Dienstleistungen verbessert werden konnten. ▪ Der ESF unterstützt die sektorübergreifende Koordination in den Städten. Ein Beispiel: in Göteborg führte das ESF-geförderte Projekt „Young East“ zu einer vorausschauenderen und koordinierteren Arbeitsweise der Projektpartner, dazu gehörten die Sozialämter, die Arbeitsämter und die örtliche Polizei. Außerdem wurde den Partnern zusätzliche Unterstützung geboten, damit sie effizient zusammenarbeiten und wichtige Informationen untereinander austauschen konnten. Ein weiteres Beispiel ist Greater Manchester: Dort wurden die einzelnen städtischen Dienstleistungen (z. B. in den Bereichen psychische Gesundheit, Schuldenmanagement, Sozialwohnungen) von speziellen Sachbearbeitern koordiniert, um Langzeitarbeitslosen zielgruppengerechte und individuelle Hilfe anbieten zu können. ▪ Der ESF verbindet verschiedene Sektoren und Akteure in den Städten. Durch den ESF haben Städte die Möglichkeit, eine Vielzahl von lokalen Akteuren (öffentliche 17 Februar 2018 | www.eurocities.eu | Erfahrungen von Städten mit dem ESF im Zeitraum 2014-2017 und daraus gewonnene Erkenntnisse
Arbeitsvermittlungsstellen, Berufsschulen, Ausbildungseinrichtungen, Arbeitgeber, Universitäten, Nichtregierungsorganisationen und Bürger) zusammenzubringen, mit ihnen zusammenzuarbeiten und dadurch wichtige Netzwerke aufzubauen. Viele Städte gaben an, dass das ESF-Projekt dabei half, neue, nachhaltige Partnerschaften auf lokaler Ebene einzugehen. Ein Beispiel: Das ESF-geförderte städtische Programm für soziale Eingliederung und Beschäftigung von Lyon schließt die Lücke zwischen den Akteuren aus dem Bereich soziale Eingliederung und den Akteuren aus dem Bereich wirtschaftliche Entwicklung, indem Nachfrage und Angebot auf dem städtischen Arbeitsmarkt besser verknüpft werden, damit Qualifikationsdefizite abgebaut und neue Arbeitsplätze und soziale Unternehmen geschaffen werden können. 3.2 Was konnten Städte durch die Unterstützung des ESF erreichen? Durch die Unterstützung des ESF konnten die Städte lokale Maßnahmen zur Arbeitsmarktintegration und sozialen Eingliederung umsetzen, die sich positiv auf das Leben der Menschen auswirkten. Insbesondere die Lebensumstände benachteiligter Gruppen konnten verbessert werden. Aus den Berichten der Städte wird ersichtlich, dass der ESF vor allem hinsichtlich der folgenden Punkte einen wertvollen Beitrag leistet: ▪ Erhöhung der Beschäftigungsfähigkeit und Bereitschaft für den Arbeitsmarkt (verbesserte Qualifikationen), ▪ Verbesserung der Beschäftigungsmöglichkeiten für spezielle Gruppen (Schaffung neuer Arbeitsplätze), ▪ Verbesserung der Bildungs- und Ausbildungsmöglichkeiten (Gründung neuer Schulen und Kompetenzzentren), ▪ Senkung des Armutsniveaus und Verringerung der sozialen Ausgrenzung (Schaffung von neuem Wohnraum und neuen Kinderbetreuungseinrichtungen). Die meisten Städte (80 %) gaben an, spürbare Erfolge bei der Arbeitsmarktintegration von Menschen aus benachteiligten Gruppen erzielt zu haben. Karlsruhe vermeldete beispielsweise, dass 54 % der jungen Menschen nach einer durchschnittlichen siebenmonatigen Teilnahme an dem Projekt in eine Ausbildung überwechselten oder einen Arbeitsplatz fanden. In Anbetracht der Tatsache, dass die meisten Teilnehmer geringqualifiziert oder langzeitarbeitslos waren bzw. eine geistige Behinderung haben, ist dies ein großer Erfolg. Auch Greater Manchester vermeldete erste Ergebnisse seines „Working Well“-Programms. 20 % der Teilnehmer fanden nach zwei Jahren eine Arbeit. Die Sachbearbeiter betreuten jeden Teilnehmer in diesem Fall individuell. Diese Quote ist ungefähr viermal so hoch wie die Quote der staatlichen Beschäftigungsprogramme. Die Vertragszahlungen im Rahmen des Programms werden auf Grundlage des Vermittlungserfolgs getätigt, so erhalten die Anbieter 60 % der Fördermittel bei Unterzeichnung eines Arbeitsvertrags und die übrigen 40 % erst dann, wenn der Teilnehmer 50 von 58 Wochen gearbeitet hat. Durch diese Vorgehensweise konzentrieren sich die Anbieter zum einen darauf, nachhaltige und gute Arbeit für die Teilnehmer zu finden und zum anderen helfen sie den Menschen dabei, diese auch zu behalten, indem sie den Teilnehmern nach Unterzeichnung des Arbeitsvertrags ein zusätzliches Jahr lang Beratung und Unterstützung anbieten. Etwas weniger Städte (27 %) gaben an, dass durch ESF-Projekte neue Beschäftigungsmöglichkeiten geschaffen wurden. Einige Städte integrierten z. B. Sozialklauseln in das öffentliche Auftragswesen, um die Schaffung neuer Arbeitsplätze anzuregen. Warschau nutzte ein ESF-gefördertes Projekt, um Sozialklauseln in einige ausgewählte Kategorien des öffentlichen Auftragswesens zu integrieren. Dadurch konnte die Arbeitsmarktsituation für sozial ausgegrenzte Menschen in Warschau verbessert werden. Innerhalb des ersten Jahres der Umsetzung kam es zu 3.700 Neuanstellungen, da nach den 18 Februar 2018 | www.eurocities.eu | Erfahrungen von Städten mit dem ESF im Zeitraum 2014-2017 und daraus gewonnene Erkenntnisse
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