Im Fokus: Abschlusskonferenz - Agentur für Gleichstellung

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Im Fokus: Abschlusskonferenz - Agentur für Gleichstellung
Im Fokus: Abschlusskonferenz

Infoletter 6/2014

Dies ist die letzte Ausgabe des Infoletters der Agentur
für Gleichstellung im ESF. Im Februar 2014 endet der
Vertrag der Agentur mit dem Bundesministerium für

                                                          www.esf-gleichstellung.de
Arbeit und Soziales. Wir möchten uns für Ihr Interesse
bedanken und hoffen, dass wir mit unseren Angeboten
das Thema Gleichstellung im Europäischen Sozialfonds
(ESF) ein Stück voran gebracht haben.

In dieser Ausgabe berichten wir über unsere Abschluss-
konferenz „Gleichstellung der Geschlechter im ESF –
Europäisches Leitbild und bundesweite Perspektiven“.

Ihr Team der Agentur für Gleichstellung im ESF
Im Fokus: Abschlusskonferenz - Agentur für Gleichstellung
Abschlusskonferenz
Konferenz: Europäisches Leitbild und bundesweite Perspektiven

Am 5. November 2013 fand in Berlin die Abschlusskon-
ferenz der Agentur für Gleichstellung im ESF statt. Etwa
170 Gäste aus Deutschland und aus sieben EU-Mitglieds-
staaten diskutierten die Erfahrungen und Ergebnisse
der Agentur sowie Perspektiven der Gleichstellung von
Frauen und Männern in der künftigen ESF-Programm-
periode.
Im Zentrum des von Dr. Inge von Bönninghausen
moderierten Konferenzprogramms stand die Frage,
welche Fortschritte es im Hinblick auf die Gleichstellung
der Geschlechter – nicht nur im ESF – zu verzeichnen gibt
und welche Herausforderungen in der Förderperiode
2014-2020 zu erwarten sind.

Eröffnungsreden
                                                            nur zu einem signifikanten Gehaltsgefälle, einem Gender
In den Begrüßungsreden plädierten alle Rednerinnen          Pay Gap, sondern infolge der geringeren Rentenbeiträ-
und Redner für eine präzise Diagnose der Geschlechter-      ge auch zu einem Gender Pension Gap.“.
ungleichheiten. Es wurde die Notwendigkeit hervor-
gehoben, den Indikator Frauenerwerbstätigenquote            Nun betreffen diese Aussagen erst einmal nur die Be-
durch den Indikator „Vollzeitäquivalent“ zu ergänzen        wertung der Ausgangslage. Dies ist zwar ein wichtiger
bzw. das Arbeitsvolumen zu messen. Wolfgang                 Schritt, da die Ausgangslage den Startpunkt für die Pla-
Husemann, Leiter der Gruppe „Europäische Fonds für          nungsprozesse beinhaltet. Aber wesentlich ist, welche

                                                                                                                       www.esf-gleichstellung.de
Beschäftigung“ im Bundesministerium für Arbeit und          Schlussfolgerungen daraus gezogen werden. Welche
Soziales (BMAS), betonte:                                   Ziele werden formuliert, und welche konkreten Ablei-
                                                            tungen werden für die Förderung im ESF erfolgen? Die
„Nun ist uns allen bewusst, dass es nicht allein um die     „Nagelprobe“ einer richtigen Diagnose erfolgt letztlich
Anzahl der Köpfe der erwerbstätigen Frauen und auch         innerhalb der Planung und Umsetzung.
der Männer gehen kann und darf. Das Arbeitsvolumen
– gemessen in Vollzeitäquivalenten – zeigt in Deutsch-      Ausschlaggebend ist bei diesen Planungsprozessen,
land im EU-Vergleich eine der höchsten Differenzen          vor allem jetzt am Beginn der ESF-Förderperiode 2014-
zwischen den Geschlechtern. Während also die Anzahl         2020, welche Vorkehrungen seitens der EU-Kommission
derjenigen Frauen, die erwerbstätig sind, gewachsen         für den ESF getroffen werden. Frau El Miri zitierte die
ist, stagniert ihr Arbeitsvolumen.“                         Verordnung zu den Europäischen Struktur- und Inve-
                                                            stitionsfonds (ESIF) und die ESF-Verordnung mit den
Die Ursachen für dieses Ungleichgewicht führte              einschlägigen Vorgaben, sowohl für die unmittelbaren
Stefanie El Miri von der Europäischen Kommission            Förderansätze als auch für die strukturellen Vorgaben.
näher aus:                                                  Hervorzuheben sei dabei, dass auch in der nun begin-
                                                            nenden Förderphase die Doppelstrategie einzuhalten
„Ich nenne hier nur einige Schlagworte: hoher Anteil        sei, erläuterte Frau El Miri:
von Frauen im Niedriglohnsektor. In Teilzeit. In aty-
pischen Arbeitsverträgen. Aber: geringer Anteil in          „Das Gleichstellungsprinzip soll nicht nur durch Main-
Führungspositionen. Niedrigere Beschäftigungsquote,         streaming in allen Programmen durchgesetzt werden,
vor allem von älteren Frauen, von Frauen mit Behin-         sondern es müssen auch spezifisch ausgerichtete Maß-
derungen, von Migrantinnen, von Alleinerziehenden.          nahmen für jedes OP erarbeitet werden.“
Geringer Anteil von Frauen in Selbständigkeit.“

Diese Faktoren verursachen laut Frau El Miri auch das
„höhere Armutsrisiko“ von Frauen „[…] und führen nicht

C   Agentur für Gleichstellung im ESF                                                                                   2
Im Fokus: Abschlusskonferenz - Agentur für Gleichstellung
Abschlusskonferenz
Bezogen auf die nationale Ebene hob Annette Maltry            erwerbstätigen und erwerbslosen Frauen werden
aus dem Bundesministerium für Familie, Senioren,              ebenfalls Gegenstand der ESF-Interventionen sein.
Frauen und Jugend (BMFSFJ) hervor, dass die                   Auch das Gender Budgeting wird in der ESF-Förder-
„existenzsichernde Beschäftigung von Männern und              periode 2014-2020 auf Bundesebene weitergeführt.
Frauen zur hinreichenden Bedingung für wirtschaftliche        Offen ist aktuell noch, welcher Zielwert eingesetzt
Unabhängigkeit und damit zu einem wichtigen Ziel der          werden soll. Grundsätzlich hat sich dieses Instrument
ESF-Förderung“ werden wird – wie die EU-Kommission            als wirksames Mittel erwiesen, um Ungleichheiten
es in ihrer Gleichstellungsstrategie festgelegt hat.          zwischen den Geschlechtern auch im Rahmen des
                                                              ESF zu identifizieren und damit zu argumentieren.
Herr Husemann konkretisierte wiederum die Verknüp-
fung des künftigen Operationellen Programms (OP) des          Alexandra Michaeli, Referentin in der ESF-Fonds-
Bundes mit der Gleichstellungspolitik der Europäischen        verwaltung des BMAS und verantwortlich für die
Union:                                                        Agentur für Gleichstellung im ESF, gab zum Abschluss
                                                              des Vormittags einen Überblick über das Konzept und
„ESF-Interventionen des Bundes sollen künftig insbe-          die Aktivitäten der Agentur und zog ein Resümee. In
sondere zu den Gleichstellungszielen des Europäischen         ihrer wertschätzenden Rede hob sie den Leitgedan-
Pakts für die Gleichstellung der Geschlechter und der         ken der Kohärenz im Konzept der Agentur hervor.
Strategie für die Gleichstellung von Frauen und Män-          Das gleichstellungspolitische Denken und Handeln
nern beitragen.“                                              in den Verfahrensabläufen des ESF, verbunden mit
                                                              den Gender-Aspekten in den Fachpolitiken, wäre ein
Hierzu gibt es laut Herrn Husemann bereits Festlegun-         entscheidendes Kriterium für die Erarbeitung der
gen, ohne dass die konkrete Ausgestaltung des OP              zahlreichen Veröffentlichungen und Empfehlungen
schon abgeschlossen wäre:                                     der Agentur gewesen. Frau Michaeli selbst war an der
                                                              entscheidenden Schnittstelle aktiv, um den Transfer der
„Anders als viele Bundesländer hat das BMAS entschie-         Informationen in die Fondsverwaltung und Ressorts zu
den, die Investitionspriorität „Gleichstellung von            gestalten und zu moderieren. Der Dialog, der daraus
Frauen und Männern sowie Vereinbarkeit von Beruf              entstanden sei, war für alle Beteiligten sehr fruchtbar

                                                                                                                                        www.esf-gleichstellung.de
und Privatleben“ zu wählen. Das bedeutet, dass der            und „charakteristisch für den Ansatz der Agentur:
gleichstellungspolitische Doppelansatz in der neuen           Den Hindernissen der Gleichstellung der Geschlech-
Förderperiode noch expliziter umgesetzt wird, als es          ter auf die Spur zu kommen und im Dialog mit den
bisher der Fall war: Er bildet sich unmittelbar in der För-   Beteiligten strukturell und praktisch zu beheben.“
derstruktur ab. Es wird also – wie auch in dieser Förder-
periode – spezifische auf Gleichstellung ausgerichtete        Kommen wir zur Eingangsfrage zurück, ob sich der Sta-
Programme geben UND daneben werden alle ESF-                  tus Quo der Gleichstellung im ESF in Deutschland verän-
Programme gleichstellungspolitische Komponenten               dert hat. Es ist offenbar gelungen, bestimmte Quali-
enthalten.“                                                   tätsmerkmale bei der Förderung der Gleichstellung
                                                              von Frauen und Männern im Bundes-ESF zu verankern.
Die inhaltlichen Planungen fokussieren                        Vielen Akteur/inn/en war beispielsweise nicht bekannt,
                                                              was ein Vollzeitäquivalent ist und welche Bedeutung
•   die existenzsichernde Beschäftigung von Frauen,           dieser Indikator für die Identifizierung von Ungleich-
•   insbesondere von Müttern und Frauen mit Migra-            heiten zwischen Frauen und Männern in der Erwerbsbe-
•   tionshintergrund,
                                                              teiligung hat. Die Werte zu diesem Indikator zeigen die
•   die Förderung von Unternehmensgründungen                  Notwendigkeit, die existenzsichernde Beschäftigung
•   durch Frauen,
                                                              von Frauen zu forcieren und die prekären Beschäfti-
•   die Beseitigung geschlechtsspezifischer Stereo-           gungsformen sowie das geschlechtsspezifische Lohn-
•   type bei der Berufswahl und
                                                              gefälle abzubauen.1 Hier ist ein Transfer gleichstellungs-
•   die Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben.            politischer Expertise hin zu denjenigen Akteurinnen und
                                                              Akteuren gelungen, die unmittelbar mit den Planungs-
Die Minderung unerwünschter Arbeitszeitbegren-                und Umsetzungsprozessen des ESF zu tun haben.
zungen, die Förderung von Berufen im Bereich der              Kritische Mitstreiter/innen mögen nun einwenden,
Green Economy, die Erhöhung des Frauenanteils an
den Gründungen von innovativen, technologieori-               1 ) Siehe dazu die Publikation „Statistik – Kontext – Gender. Zielgrup-
                                                              pen nach ihrem Status am Arbeitsmarkt und definitionsbedingte Ab-
entierten und wissensbasierten Unternehmen sowie
                                                              grenzungen aus gleichstellungspolitischer Perspektive“ der Agentur,
die Erhöhung der Weiterbildungsbeteiligung von                als Download auf www.esf-gleichstellung.de

C    Agentur für Gleichstellung im ESF                                                                                                   3
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Abschlusskonferenz
dass die Ebene der Umsetzung von diesen Veränderungen       Frau Callerstig hob hervor, dass in Schweden die
unberührt bleibt. Noch immer sind diskriminierende          horizontale Segregation des Arbeitsmarktes zwischen
Strukturen in der Arbeitswelt, in der Vereinbarkeit von     Frauen und Männern sehr ausgeprägt ist, was wiederum
Berufs- und Privatleben und ebenso in den Fördersyste-      auch im Einkommen ein vergleichsweise hohes Gefälle
men vorzufinden. Frauen sind auf dem Arbeitsmarkt           zwischen den Geschlechtern verursacht. Trotz der hohen
nach wie vor benachteiligt. Männer schaffen noch zu         Erwerbsbeteiligung von Frauen in Schweden und einer
selten den Übergang in alternative Lebensformen, in de-     vergleichsweise guten Ausgangslage in Bezug auf die
nen familiäre Aufgaben selbstverständlich in die Lebens-    Qualität von Arbeitsplätzen, gibt es hier also einige
und Berufsplanung einbezogen werden. Damit das ge-          Anknüpfungspunkte für den ESF.
lingt, müssen strukturelle Hindernisse beseitigt werden.
                                                            Susana Climent de Castillo berichtete, dass sich die
                                                            stereotypen Geschlechterrollen in Spanien allmählich
Europäische Perspektiven – Gleichstellung                   verändern, bspw. im Hinblick auf die familiäre Rollenver-
im ESF in Polen, Spanien und Schweden                       teilung. Auch dazu hat der ESF einen Beitrag geleistet.
                                                            Der ESF hat in Spanien eine starke Ausrichtung auf die
Ein Höhepunkt der Konferenz war die Podiumsdiskus-          Förderung der Gleichstellung der Geschlechter, was
sion mit Vertreter/inne/n aus drei EU-Mitgliedsstaaten,     auch daran liegt, dass mit dem Instituto de la Mujer
alle auch Mitglieder der Community of Practice on           (nationales Fraueninstitut, gegr. 1983) eine gender-
Gender Mainstreaming: Anne-Charlott Callerstig aus          kompetente Partnerin, sowohl als Unterstützungsstruktur
Schweden, Pawel Chorazy aus Polen und Susana                als auch als umsetzende Stelle, in die Beratung des ESF
Climent de Castillo aus Spanien.                            und der anderen EU-Fonds eingebunden ist. Die Imple-
                                                            mentierung des gleichstellungspolitischen Doppelan-
                                                            satzes findet im spanischen ESF auf allen Steuerungs-
                                                            ebenen statt. Die Fondsverwaltung hat hierzu eine
                                                            interne „Arbeitsgruppe Gleichstellung“ installiert, der
                                                            Akteurinnen und Akteure aller ESF-Aufgabenbereiche
                                                            angehören und die sowohl eine strategische als auch

                                                                                                                                www.esf-gleichstellung.de
                                                            eine steuernde Funktion bei der Gleichstellungsorien-
                                                            tierung der Strukturfonds wahrnimmt. Dieser Ansatz
                                                            wird auch in der kommenden Förderperiode fortgesetzt
                                                            und verstärkt werden.

                                                            Pawel Chorazy hielt ein eindrucksvolles Statement zur
                                                            Situation in Polen: Das Gender Mainstreaming-Konzept
                                                            der polnischen ESF-Fondsverwaltung umfasst alle Ebenen
In allen drei EU-Mitgliedsstaaten kommen – ähnlich wie      der Steuerung. Die Projekte müssen dabei Mindestan-
in Deutschland – Instrumente und Methoden in Anleh-         forderungen erfüllen. Halten die Projektträger die Krite-
nung an den ESF-Gender Mainstreaming-Zyklus zur             rien zur Gleichstellung nicht ein, werden ihre Anträge
Anwendung.                                                  abgelehnt. In einem ersten Durchlauf zu Beginn der
                                                            Förderperiode 2007-2013 wurden dadurch 42 Prozent
Schweden fokussiert in den ESF-Beratungsansätzen            der Anträge nicht angenommen. Herr Chorazy betonte,
derzeit (noch) die Ebene der Projekte, erläuterte           dass dieses Vorgehen auf Widerstand stieß, inzwischen
Anne-Charlott Callerstig. In allen Regionen Schwedens       aber akzeptiert sei, denn die Projektträger werden
steht die aus dem ESF finanzierte Beratungsstruktur         durch Beratungen und Coaching-Angebote intensiv
„ESF JÄMT“ zur Verfügung, die – in der EU einzigartig –     unterstützt. Dies ermutige auch dazu, die Kriterien
die Projektakteurinnen und -akteure nicht nur während       noch einmal zu verschärfen, um die Qualität der Anträge
der Umsetzung, sondern bereits vor der Antragstellung       weiter zu erhöhen. Da Polen ein großes ESF-Volumen
zur Integration von Gleichstellung in ihre Strategien und   zur Verfügung steht, sind die Wirkungen dieser Interven-
Aktivitäten berät oder trainiert.2 In der Förderperiode     tionen vergleichsweise groß. Durch den konsequenten
2014-2020 wird die schwedische Fondsverwaltung den
Support für Gleichstellung im ESF auf die Steuerungs-       2) http://www.lansstyrelsen.se/vastragotaland/SiteCollectionDocu-
ebene des Operationellen Programms ausdehnen.               ments/Sv/manniska-och-samhalle/jamstalldhet/100716_Eng_info.pdf

C   Agentur für Gleichstellung im ESF                                                                                            4
Abschlusskonferenz
und kohärenten Gleichstellungsansatz des ESF in Polen       men durch den Blick auf Gender-Aspekte ein genaueres
konnte eine Vielzahl guter Initiativen – insbesondere für   Verständnis der Situation von Zielgruppen entwickeln
die Förderung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt – instal-     konnten und dass eine deutlichere Orientierung an fach-
liert werden. Nach zehn Jahren ESF ist Polen, so Herr       lichen Aspekten des jeweiligen Programms erreicht
Chorazy, auch gleichstellungspolitisch ein anderes          wurde.
Land geworden.
                                                            Nach jeder Vorstellung eines Programms hatte das Publi-
Die Beispiele dieser drei Redner/innen bestätigten sehr     kum die Gelegenheit, Fragen zu stellen. Problematisiert
eindrucksvoll die Annahme, dass der ESF ein starkes         wurde hier, dass die aktuellen Förderbedingungen teil-
gleichstellungspolitisches Zugpferd ist.                    weise für kleinere Träger, die explizit zum Thema Gleich-
                                                            stellung arbeiten, eine ESF-Förderung erschweren.
Im Anschluss an das Podium mit internationalen Berichten
ermöglichten vier parallele Foren einen vertiefenden        Im Forum konnte verdeutlicht werden, dass Gleichstel-
Austausch zu praktischen Fragen der Umsetzung von           lungsfragen in den Programmen keine „Selbstläufer“
Gender Mainstreaming im ESF in Deutschland.                 sind, sondern dass Anreize und Unterstützung benötigt
                                                            werden, um eine Verankerung des Querschnittsziels in
                                                            den Programmzyklus zu erreichen, und dass die Qualität
Forum I - Gleichstellung in Programmen                      von Programmen zunehmen kann, wenn Gleichstellung
                                                            als Thema ernst genommen wird.
Im Mittelpunkt des gut besuchten Forums „Gleichstel-
lung in Programmen“ stand das Thema, wie in den ESF-
Programmen das Querschnittsziel Gleichstellung von          Forum II – Nationale und internationale
Frauen und Männern durch die Arbeit der Agentur für         Vernetzung
Gleichstellung im ESF besser verankert werden konnte.
Die Moderation hatte Vera Krick inne, die zu Beginn         Im Forum Vernetzung stand nach einer Interessensklä-
das Podium vorstellte. Vertreten waren drei von der         rung der Forumsteilnehmenden ein einleitender Input
Agentur beratene Programme: Das Programm „rücken-           durch Renate Wielpütz zu organisationsübergreifen-

                                                                                                                          www.esf-gleichstellung.de
wind für die Sozialwirtschaft“ vertrat Prof. Dr. Angelika   der Vernetzung der ESF-Akteurinnen und -Akteure auf
Henschel (Leuphana Universität Lüneburg), das Pro-          der Agenda. Es wurden der gegenwärtige Netzwerkdis-
gramm „Jobstarter“ vertrat Annette Land (BIBB) und          kurs, unterschiedliche Netzwerkformate auf nationaler
das Programm XENOS vertrat Thomas Becker (BMAS).            und EU-Ebene, insbesondere solche, die das informelle
Für die Agentur war Dr. Regina Frey anwesend, die das       Lernen in den Mittelpunkt stellen, wie z. B. die Commu-
Thema Beratung in der Agentur für Gleichstellung im         nities of Practice, vorgestellt und ebenso die vielfältigen
ESF verantwortet.                                           Motive und Interessen, sich in Netzwerken zu engagie-
                                                            ren. Auch Erfolgsfaktoren und Rahmenbedingungen für
Zunächst gab es eine kurze Sequenz zum Kennenlernen,        den Aufbau von nachhaltigen Austausch- und Lernstruk-
die Teilnehmenden sollten in Murmelgruppen zwei             turen wurden thematisiert. Darüber hinaus wurde
Fragen besprechen: „Woher kommen Sie?“ und „Was             anhand der Akteursstruktur des Bundes-ESF erläutert,
führt Sie hier ins Forum?“. Im Anschluss wurden kurz die    welche fachpolitischen und verfahrensbezogenen
drei Programme vorgestellt. In ihrem Input ging Frau Dr.    Netzwerkformate und -aktivitäten die Agentur für
Frey zunächst auf den Beratungsansatz und das Vorge-        Gleichstellung im ESF in den vergangenen fünf Jahren
hen der Agentur für Gleichstellung im ESF in der Pro-       initiiert hat und welche bereits bestehenden Netzwerke
grammberatung ein, z. B. stellte sie das Instrument des     und Kooperationsstrukturen genutzt wurden, um die
Beratungsfahrplans vor. Zudem erläuterte sie jeweils        Gleichstellung im ESF zu befördern.
Meilensteine in den Beratungen der drei Programme,
woraufhin für jedes Programm die jeweilige Vertreterin      In der sich anschließenden lebendigen Debatte zwi-
bzw. der Vertreter am Zuge war: Sie bezogen zu den          schen Joern Stußnat, ESF-Koordinator im BMWi, Anne-
Fragen Stellung, was die Beratung durch die Agentur im      Charlott Callerstig, Community of Practice on Gender
jeweiligen Programm (und damit auch in den Projekten)       Mainstreaming, Schweden, und den Teilnehmenden des
konkret gebracht hat, was sich durch die Beratung für       Forums wurden Fragen aus der Praxis der Vernetzungs-
das Programm verändert hat und wie Gleichstellung           formate der Agentur und der Community of Practice on
im Programm tatsächlich umgesetzt wurde. Deutlich           Gender Mainstreaming auf EU-Ebene erörtert, z. B. zu
wurde dabei, dass die Verantwortlichen in den Program-      Methoden und Instrumenten der Vernetzung zu Gleich-

C   Agentur für Gleichstellung im ESF                                                                                      5
Abschlusskonferenz
Gleichstellung oder zu Erfahrungen mit fördernden bzw.     aus der Geschlechterperspektive. Sie zeigte, dass die
hindernden Faktoren, die die Akteurinnen und Akteure mit   EU-Indikatoren der Armutsmessung auf einer Haus-
nationaler und internationaler Vernetzung zur Erweite-     haltsberechnung basieren und deshalb geschlechts-
rung von Genderkompetenz gemacht haben. In diesem          bezogene Armutsrisiken insbesondere von Frauen nicht
Zusammenhang wurde auch die Frage thematisiert, wie        adäquat erfassen. Auch die Fokussierung auf Langzeit-
eine kohärente Gleichstellungsperspektive in bestehende    arbeitslosigkeit in der Armutsbekämpfung lässt wesent-
und nicht dezidiert gleichstellungsorientierte ESF-Netz-   liche Zielgruppen der Armutsbekämpfung außen vor,
werke und -Gremien, wie z. B. Monitoringausschüsse auf     die auf die Förderung existenzsichernder Beschäftigung
nationaler/regionaler Ebene oder den ESF-Ausschuss auf     von Frauen und Männern ausgerichtet sein sollte.
EU-Kommissionsebene, integriert werden kann.
                                                           Auf dem von Petra Ahrens von der Agentur moderierten
Das Forum endete mit einer Diskussion zu Empfehlungen      Podium diskutierten Régine Bozon vom Kommunalen
zur nachhaltigen Weiterführung von nationaler und          Jobcenter Offenbach, Thomas Fischer vom BMFSFJ,
internationaler Vernetzung zu Gleichstellung in der För-   Jenny Huschke vom DGB-Bundesvorstand und Frau Dr.
derperiode 2014-2020. Neben zeitlichen und finanziellen    Pimminger vor diesem Hintergrund die Frage „‘Haupt-
Ressourcen für die Organisation und Koordination von       sache Arbeit‘ oder existenzsichernde Beschäftigung?“.
Netzwerken zu Gleichstellung wurden u. a. Möglichkeiten    Frau Huschke betonte, dass eine eigenständige
zur Kompetenzerweiterung empfohlen, die dazu beitra-       Existenzsicherung für Männer und Frauen und damit
gen, dass die ESF-Akteurinnen und -Akteure Vernetzung      existenzsichernde Beschäftigung politisches Leitmotiv
auch selbstorganisiert gestalten können. Last but not      für den DGB sei, u. a. im Rahmen der Bundesinitiative
least äußerten die Forumsteilnehmenden den Wunsch,         „Gleichstellung in der Wirtschaft“. Hierzu bestünde
dass die durch die Agentur initiierten Netzwerke ohne      aus Sicht des DGB großer Reformbedarf. Gleichstellungs-
zeitliche Unterbrechung in die neue Förderperiode          politik müsse den Blick zudem auf die Übergänge im
übergehen, um die im Rahmen der Vernetzung erwor-          Lebensverlauf richten; mit dem Leitbild erwerbstäti-
benen gleichstellungspolitischen Kompetenzen für die       ger Frauen und Männer, die ebenso Fürsorgeaufga-
Planung und Programmierung des ESF ab 2014 nutzen          ben haben. Herr Fischer erachtete existenzsichernde
zu können.                                                 Beschäftigung als ein langfristiges Ziel, Erfahrungen

                                                                                                                       www.esf-gleichstellung.de
                                                           aus dem Programm „Perspektive Wiedereinstieg“
                                                           würden jedoch zeigen, dass beim Wiedereinstieg eine
                                                           Teilzeitbeschäftigung den Zugang zum Arbeitsmarkt
                                                           häufig überhaupt erst erschließt und dass später oft
                                                           eine Aufstockung gelingt; Minijobs weisen demgegen-
                                                           über aber erwiesenermaßen einen „Klebeeffekt“ auf.
                                                           Frau Bozon berichtete über Erfahrungen aus einem
                                                           Projekt im Rahmen des Programms „Gute Arbeit für
                                                           Alleinerziehende“ des BMAS. In der Praxis bestünden
                                                           viele Zielkonflikte, da im SGB II jegliche Arbeitsaufnah-
                                                           me den Vorrang hat, auch gegenüber einer Qualifizie-
                                                           rung. Minijobs seien nicht nur bei Niedrigqualifizierten
                                                           verbreitet, sie führen jedoch zur Dequalifizierung.

                                                           In der anschließenden Publikumsdiskussion wurden
Forum III – Armutsbekämpfung und                           außerdem die Rolle der Unternehmen, die Flexibilität
existenzsichernde Beschäftigung                            nur einfordern aber nicht bieten, die Problematik des
                                                           Betreuungsgelds im SGB II-Bezug und das Armutsrisiko
Das Fachforum III widmete sich dem Thema „Armuts-          von Solo-Selbständigen thematisiert. Der ESF, so das
bekämpfung und existenzsichernde Beschäftigung“.           Resümee, eignet sich für Impulse und Modellideen und
Als Grundlage für die Diskussion im Forum hielt Dr.        kann dafür genutzt werden, die Diskussion um neue
Irene Pimminger von der Agentur für Gleichstellung         Leitbilder und eine Bewusstseinsänderung anzustoßen.
im ESF einen Einführungsvortrag zum Thema Armut

C   Agentur für Gleichstellung im ESF                                                                                   6
Abschlusskonferenz
Forum IV – Implementierung von Gender                      werte für die Planungen ausformuliert sowie Indikatoren
Mainstreaming im ESF-Verfahren                             bestimmt werden. Dies ist unabdingbarer Bestandteil
                                                           eines verbindlichen Gender Mainstreaming-Prozesses.
Im vierten Forum der Konferenz stand die Frage „Wie        Andererseits besteht die Einschätzung, dass „Zahlen
kann eine kohärente Integration von Gender Main-           überschätzt werden“. Ihre Validität ist nicht durchgän-
streaming im ESF-Verfahren sichergestellt werden?“         gig gewährleistet bzw. sind Interpretationen nur in
im Vordergrund der Diskussion. Henriette Meseke,           bestimmten Kontexten überhaupt möglich und sinnvoll.
Leiterin der Agentur für Gleichstellung im ESF, mode-      Das bedeutet, dass die Aussagekraft von Daten präzise
rierte das Forum und stellte die Diskutant/inn/en vor:     auf bestimmte Zusammenhänge fokussiert sein muss.
Ute Wanzek (GISA, Sachsen-Anhalt), Thomas Suchan           Ein weiteres Problem ergibt sich aus den Prüfverfahren
(ESF-Koordinator des BMFSFJ), Benno Savioli (feedback      durch die EU-Kommission: Werden gleichstellungs-
und Agentur für Gleichstellung im ESF) und Stefanie        politische Zielwerte nicht eingehalten, drohen Sank-
Auf dem Berge (Agentur für Gleichstellung im ESF).         tionen. Da die Umsetzung gleichstellungspolitischer
Anhand des Gender Mainstreaming-ESF-Zyklus‘ auf der        Vorhaben jedoch häufig außerhalb der Reichweite der
Ebene des Operationellen Programms vermittelte Frau        ESF-Steuerung liegt (Stichwort: „Ko-/Finanzierungs-
Meseke in ihrem Impulsvortrag, wie wichtig eine analy-     strukturen“ mit der Bundesagentur für Arbeit / mit den
tische, in Verfahrensschritten geregelte Herangehens-      Jobcentern), besteht das Risiko, die Gleichstellungs-
weise für die Umsetzung der Strategie Gender Mainstrea-    indikatoren zu verfehlen und somit finanzielle Sank-
ming ist und welche Probleme und Fallstricke dabei         tionen seitens der EU-Kommission zu erhalten.
bestehen.
                                                           Die Schlussfolgerung daraus wäre, eine stärkere
In der Gesprächsrunde der Expert/inn/en wurden             Durchlässigkeit der gleichstellungspolitischen Ziele
a) Erfahrungen mit und Einschätzungen zum strate-          des ESF in die Regelsysteme der Arbeitsmarktpolitik
gischen Ansatz zur Implementierung von Gender Main-        zu befördern. Im Modellprojekt „Gleichstellungsori-
streaming thematisiert, b) positive Vorkehrungen,          entierte Arbeitsmarktprogramme von Jobcentern“
Ansätze, Aktivitäten, die im Rahmen eines bestimmten       des baden-württembergischen Coaching Begleit-
Zyklusschrittes initiiert und umgesetzt wurden, genannt    projektes „Gleichstellung der Geschlechter im ESF in

                                                                                                                                     www.esf-gleichstellung.de
und c) Hindernisse bei der Umsetzung angesprochen.         BW“ werden diese Ansätze derzeit erprobt und mit
                                                           geschlechterdifferenzierten Statistiken unterlegt.
Die Frage, welche Bedeutung Zahlen, Daten und Indika-      Zudem bedarf es nach wie vor eines ausdrücklichen
toren im ESF-Verfahren einnehmen, wurde intensiv und       politischen Willens, der sich auch in Steuerungsprozes-
kontrovers diskutiert: Einerseits muss mit detaillierten   sen und in den Begleitgremien niederschlagen muss.
Daten und Statistiken – natürlich nach Geschlecht ge-
trennt – die Einschätzung der Ausgangslage präzisiert
werden. Daraus abgeleitet müssen spezifische Ziel-         Henriette Meseke

                                                                               Das Team der Agentur für Gleichstellung im ESF
                                                                               (von links nach rechts):
                                                                               Renate Wielpütz, Dr. Regina Frey, Henriette Meseke,
                                                                               Dr. Irene Pimminger, Stefanie Auf dem Berge,
                                                                               Petra Ahrens und Benno Savioli.
                                                                               Nicht im Bild: Dr. Anne Rösgen.

C   Agentur für Gleichstellung im ESF                                                                                                 7
Impressum

Herausgegeben von der Agentur für Gleichstellung im ESF
im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales
Berlin, 2014

C Fotos von Andreas Schöttke

Agentur für Gleichstellung im ESF
Lohmühlenstraße 65 - 12435 Berlin
Tel:+49 30 53 338-948 - E-Mail: office@esf-gleichstellung.de

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C Agentur für Gleichstellung im ESF

                                                                             www.esf-gleichstellung.de
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