Im Fokus: Abschlusskonferenz - Agentur für Gleichstellung
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Im Fokus: Abschlusskonferenz Infoletter 6/2014 Dies ist die letzte Ausgabe des Infoletters der Agentur für Gleichstellung im ESF. Im Februar 2014 endet der Vertrag der Agentur mit dem Bundesministerium für www.esf-gleichstellung.de Arbeit und Soziales. Wir möchten uns für Ihr Interesse bedanken und hoffen, dass wir mit unseren Angeboten das Thema Gleichstellung im Europäischen Sozialfonds (ESF) ein Stück voran gebracht haben. In dieser Ausgabe berichten wir über unsere Abschluss- konferenz „Gleichstellung der Geschlechter im ESF – Europäisches Leitbild und bundesweite Perspektiven“. Ihr Team der Agentur für Gleichstellung im ESF
Abschlusskonferenz Konferenz: Europäisches Leitbild und bundesweite Perspektiven Am 5. November 2013 fand in Berlin die Abschlusskon- ferenz der Agentur für Gleichstellung im ESF statt. Etwa 170 Gäste aus Deutschland und aus sieben EU-Mitglieds- staaten diskutierten die Erfahrungen und Ergebnisse der Agentur sowie Perspektiven der Gleichstellung von Frauen und Männern in der künftigen ESF-Programm- periode. Im Zentrum des von Dr. Inge von Bönninghausen moderierten Konferenzprogramms stand die Frage, welche Fortschritte es im Hinblick auf die Gleichstellung der Geschlechter – nicht nur im ESF – zu verzeichnen gibt und welche Herausforderungen in der Förderperiode 2014-2020 zu erwarten sind. Eröffnungsreden nur zu einem signifikanten Gehaltsgefälle, einem Gender In den Begrüßungsreden plädierten alle Rednerinnen Pay Gap, sondern infolge der geringeren Rentenbeiträ- und Redner für eine präzise Diagnose der Geschlechter- ge auch zu einem Gender Pension Gap.“. ungleichheiten. Es wurde die Notwendigkeit hervor- gehoben, den Indikator Frauenerwerbstätigenquote Nun betreffen diese Aussagen erst einmal nur die Be- durch den Indikator „Vollzeitäquivalent“ zu ergänzen wertung der Ausgangslage. Dies ist zwar ein wichtiger bzw. das Arbeitsvolumen zu messen. Wolfgang Schritt, da die Ausgangslage den Startpunkt für die Pla- Husemann, Leiter der Gruppe „Europäische Fonds für nungsprozesse beinhaltet. Aber wesentlich ist, welche www.esf-gleichstellung.de Beschäftigung“ im Bundesministerium für Arbeit und Schlussfolgerungen daraus gezogen werden. Welche Soziales (BMAS), betonte: Ziele werden formuliert, und welche konkreten Ablei- tungen werden für die Förderung im ESF erfolgen? Die „Nun ist uns allen bewusst, dass es nicht allein um die „Nagelprobe“ einer richtigen Diagnose erfolgt letztlich Anzahl der Köpfe der erwerbstätigen Frauen und auch innerhalb der Planung und Umsetzung. der Männer gehen kann und darf. Das Arbeitsvolumen – gemessen in Vollzeitäquivalenten – zeigt in Deutsch- Ausschlaggebend ist bei diesen Planungsprozessen, land im EU-Vergleich eine der höchsten Differenzen vor allem jetzt am Beginn der ESF-Förderperiode 2014- zwischen den Geschlechtern. Während also die Anzahl 2020, welche Vorkehrungen seitens der EU-Kommission derjenigen Frauen, die erwerbstätig sind, gewachsen für den ESF getroffen werden. Frau El Miri zitierte die ist, stagniert ihr Arbeitsvolumen.“ Verordnung zu den Europäischen Struktur- und Inve- stitionsfonds (ESIF) und die ESF-Verordnung mit den Die Ursachen für dieses Ungleichgewicht führte einschlägigen Vorgaben, sowohl für die unmittelbaren Stefanie El Miri von der Europäischen Kommission Förderansätze als auch für die strukturellen Vorgaben. näher aus: Hervorzuheben sei dabei, dass auch in der nun begin- nenden Förderphase die Doppelstrategie einzuhalten „Ich nenne hier nur einige Schlagworte: hoher Anteil sei, erläuterte Frau El Miri: von Frauen im Niedriglohnsektor. In Teilzeit. In aty- pischen Arbeitsverträgen. Aber: geringer Anteil in „Das Gleichstellungsprinzip soll nicht nur durch Main- Führungspositionen. Niedrigere Beschäftigungsquote, streaming in allen Programmen durchgesetzt werden, vor allem von älteren Frauen, von Frauen mit Behin- sondern es müssen auch spezifisch ausgerichtete Maß- derungen, von Migrantinnen, von Alleinerziehenden. nahmen für jedes OP erarbeitet werden.“ Geringer Anteil von Frauen in Selbständigkeit.“ Diese Faktoren verursachen laut Frau El Miri auch das „höhere Armutsrisiko“ von Frauen „[…] und führen nicht C Agentur für Gleichstellung im ESF 2
Abschlusskonferenz Bezogen auf die nationale Ebene hob Annette Maltry erwerbstätigen und erwerbslosen Frauen werden aus dem Bundesministerium für Familie, Senioren, ebenfalls Gegenstand der ESF-Interventionen sein. Frauen und Jugend (BMFSFJ) hervor, dass die Auch das Gender Budgeting wird in der ESF-Förder- „existenzsichernde Beschäftigung von Männern und periode 2014-2020 auf Bundesebene weitergeführt. Frauen zur hinreichenden Bedingung für wirtschaftliche Offen ist aktuell noch, welcher Zielwert eingesetzt Unabhängigkeit und damit zu einem wichtigen Ziel der werden soll. Grundsätzlich hat sich dieses Instrument ESF-Förderung“ werden wird – wie die EU-Kommission als wirksames Mittel erwiesen, um Ungleichheiten es in ihrer Gleichstellungsstrategie festgelegt hat. zwischen den Geschlechtern auch im Rahmen des ESF zu identifizieren und damit zu argumentieren. Herr Husemann konkretisierte wiederum die Verknüp- fung des künftigen Operationellen Programms (OP) des Alexandra Michaeli, Referentin in der ESF-Fonds- Bundes mit der Gleichstellungspolitik der Europäischen verwaltung des BMAS und verantwortlich für die Union: Agentur für Gleichstellung im ESF, gab zum Abschluss des Vormittags einen Überblick über das Konzept und „ESF-Interventionen des Bundes sollen künftig insbe- die Aktivitäten der Agentur und zog ein Resümee. In sondere zu den Gleichstellungszielen des Europäischen ihrer wertschätzenden Rede hob sie den Leitgedan- Pakts für die Gleichstellung der Geschlechter und der ken der Kohärenz im Konzept der Agentur hervor. Strategie für die Gleichstellung von Frauen und Män- Das gleichstellungspolitische Denken und Handeln nern beitragen.“ in den Verfahrensabläufen des ESF, verbunden mit den Gender-Aspekten in den Fachpolitiken, wäre ein Hierzu gibt es laut Herrn Husemann bereits Festlegun- entscheidendes Kriterium für die Erarbeitung der gen, ohne dass die konkrete Ausgestaltung des OP zahlreichen Veröffentlichungen und Empfehlungen schon abgeschlossen wäre: der Agentur gewesen. Frau Michaeli selbst war an der entscheidenden Schnittstelle aktiv, um den Transfer der „Anders als viele Bundesländer hat das BMAS entschie- Informationen in die Fondsverwaltung und Ressorts zu den, die Investitionspriorität „Gleichstellung von gestalten und zu moderieren. Der Dialog, der daraus Frauen und Männern sowie Vereinbarkeit von Beruf entstanden sei, war für alle Beteiligten sehr fruchtbar www.esf-gleichstellung.de und Privatleben“ zu wählen. Das bedeutet, dass der und „charakteristisch für den Ansatz der Agentur: gleichstellungspolitische Doppelansatz in der neuen Den Hindernissen der Gleichstellung der Geschlech- Förderperiode noch expliziter umgesetzt wird, als es ter auf die Spur zu kommen und im Dialog mit den bisher der Fall war: Er bildet sich unmittelbar in der För- Beteiligten strukturell und praktisch zu beheben.“ derstruktur ab. Es wird also – wie auch in dieser Förder- periode – spezifische auf Gleichstellung ausgerichtete Kommen wir zur Eingangsfrage zurück, ob sich der Sta- Programme geben UND daneben werden alle ESF- tus Quo der Gleichstellung im ESF in Deutschland verän- Programme gleichstellungspolitische Komponenten dert hat. Es ist offenbar gelungen, bestimmte Quali- enthalten.“ tätsmerkmale bei der Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern im Bundes-ESF zu verankern. Die inhaltlichen Planungen fokussieren Vielen Akteur/inn/en war beispielsweise nicht bekannt, was ein Vollzeitäquivalent ist und welche Bedeutung • die existenzsichernde Beschäftigung von Frauen, dieser Indikator für die Identifizierung von Ungleich- • insbesondere von Müttern und Frauen mit Migra- heiten zwischen Frauen und Männern in der Erwerbsbe- • tionshintergrund, teiligung hat. Die Werte zu diesem Indikator zeigen die • die Förderung von Unternehmensgründungen Notwendigkeit, die existenzsichernde Beschäftigung • durch Frauen, von Frauen zu forcieren und die prekären Beschäfti- • die Beseitigung geschlechtsspezifischer Stereo- gungsformen sowie das geschlechtsspezifische Lohn- • type bei der Berufswahl und gefälle abzubauen.1 Hier ist ein Transfer gleichstellungs- • die Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben. politischer Expertise hin zu denjenigen Akteurinnen und Akteuren gelungen, die unmittelbar mit den Planungs- Die Minderung unerwünschter Arbeitszeitbegren- und Umsetzungsprozessen des ESF zu tun haben. zungen, die Förderung von Berufen im Bereich der Kritische Mitstreiter/innen mögen nun einwenden, Green Economy, die Erhöhung des Frauenanteils an den Gründungen von innovativen, technologieori- 1 ) Siehe dazu die Publikation „Statistik – Kontext – Gender. Zielgrup- pen nach ihrem Status am Arbeitsmarkt und definitionsbedingte Ab- entierten und wissensbasierten Unternehmen sowie grenzungen aus gleichstellungspolitischer Perspektive“ der Agentur, die Erhöhung der Weiterbildungsbeteiligung von als Download auf www.esf-gleichstellung.de C Agentur für Gleichstellung im ESF 3
Abschlusskonferenz dass die Ebene der Umsetzung von diesen Veränderungen Frau Callerstig hob hervor, dass in Schweden die unberührt bleibt. Noch immer sind diskriminierende horizontale Segregation des Arbeitsmarktes zwischen Strukturen in der Arbeitswelt, in der Vereinbarkeit von Frauen und Männern sehr ausgeprägt ist, was wiederum Berufs- und Privatleben und ebenso in den Fördersyste- auch im Einkommen ein vergleichsweise hohes Gefälle men vorzufinden. Frauen sind auf dem Arbeitsmarkt zwischen den Geschlechtern verursacht. Trotz der hohen nach wie vor benachteiligt. Männer schaffen noch zu Erwerbsbeteiligung von Frauen in Schweden und einer selten den Übergang in alternative Lebensformen, in de- vergleichsweise guten Ausgangslage in Bezug auf die nen familiäre Aufgaben selbstverständlich in die Lebens- Qualität von Arbeitsplätzen, gibt es hier also einige und Berufsplanung einbezogen werden. Damit das ge- Anknüpfungspunkte für den ESF. lingt, müssen strukturelle Hindernisse beseitigt werden. Susana Climent de Castillo berichtete, dass sich die stereotypen Geschlechterrollen in Spanien allmählich Europäische Perspektiven – Gleichstellung verändern, bspw. im Hinblick auf die familiäre Rollenver- im ESF in Polen, Spanien und Schweden teilung. Auch dazu hat der ESF einen Beitrag geleistet. Der ESF hat in Spanien eine starke Ausrichtung auf die Ein Höhepunkt der Konferenz war die Podiumsdiskus- Förderung der Gleichstellung der Geschlechter, was sion mit Vertreter/inne/n aus drei EU-Mitgliedsstaaten, auch daran liegt, dass mit dem Instituto de la Mujer alle auch Mitglieder der Community of Practice on (nationales Fraueninstitut, gegr. 1983) eine gender- Gender Mainstreaming: Anne-Charlott Callerstig aus kompetente Partnerin, sowohl als Unterstützungsstruktur Schweden, Pawel Chorazy aus Polen und Susana als auch als umsetzende Stelle, in die Beratung des ESF Climent de Castillo aus Spanien. und der anderen EU-Fonds eingebunden ist. Die Imple- mentierung des gleichstellungspolitischen Doppelan- satzes findet im spanischen ESF auf allen Steuerungs- ebenen statt. Die Fondsverwaltung hat hierzu eine interne „Arbeitsgruppe Gleichstellung“ installiert, der Akteurinnen und Akteure aller ESF-Aufgabenbereiche angehören und die sowohl eine strategische als auch www.esf-gleichstellung.de eine steuernde Funktion bei der Gleichstellungsorien- tierung der Strukturfonds wahrnimmt. Dieser Ansatz wird auch in der kommenden Förderperiode fortgesetzt und verstärkt werden. Pawel Chorazy hielt ein eindrucksvolles Statement zur Situation in Polen: Das Gender Mainstreaming-Konzept der polnischen ESF-Fondsverwaltung umfasst alle Ebenen In allen drei EU-Mitgliedsstaaten kommen – ähnlich wie der Steuerung. Die Projekte müssen dabei Mindestan- in Deutschland – Instrumente und Methoden in Anleh- forderungen erfüllen. Halten die Projektträger die Krite- nung an den ESF-Gender Mainstreaming-Zyklus zur rien zur Gleichstellung nicht ein, werden ihre Anträge Anwendung. abgelehnt. In einem ersten Durchlauf zu Beginn der Förderperiode 2007-2013 wurden dadurch 42 Prozent Schweden fokussiert in den ESF-Beratungsansätzen der Anträge nicht angenommen. Herr Chorazy betonte, derzeit (noch) die Ebene der Projekte, erläuterte dass dieses Vorgehen auf Widerstand stieß, inzwischen Anne-Charlott Callerstig. In allen Regionen Schwedens aber akzeptiert sei, denn die Projektträger werden steht die aus dem ESF finanzierte Beratungsstruktur durch Beratungen und Coaching-Angebote intensiv „ESF JÄMT“ zur Verfügung, die – in der EU einzigartig – unterstützt. Dies ermutige auch dazu, die Kriterien die Projektakteurinnen und -akteure nicht nur während noch einmal zu verschärfen, um die Qualität der Anträge der Umsetzung, sondern bereits vor der Antragstellung weiter zu erhöhen. Da Polen ein großes ESF-Volumen zur Integration von Gleichstellung in ihre Strategien und zur Verfügung steht, sind die Wirkungen dieser Interven- Aktivitäten berät oder trainiert.2 In der Förderperiode tionen vergleichsweise groß. Durch den konsequenten 2014-2020 wird die schwedische Fondsverwaltung den Support für Gleichstellung im ESF auf die Steuerungs- 2) http://www.lansstyrelsen.se/vastragotaland/SiteCollectionDocu- ebene des Operationellen Programms ausdehnen. ments/Sv/manniska-och-samhalle/jamstalldhet/100716_Eng_info.pdf C Agentur für Gleichstellung im ESF 4
Abschlusskonferenz und kohärenten Gleichstellungsansatz des ESF in Polen men durch den Blick auf Gender-Aspekte ein genaueres konnte eine Vielzahl guter Initiativen – insbesondere für Verständnis der Situation von Zielgruppen entwickeln die Förderung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt – instal- konnten und dass eine deutlichere Orientierung an fach- liert werden. Nach zehn Jahren ESF ist Polen, so Herr lichen Aspekten des jeweiligen Programms erreicht Chorazy, auch gleichstellungspolitisch ein anderes wurde. Land geworden. Nach jeder Vorstellung eines Programms hatte das Publi- Die Beispiele dieser drei Redner/innen bestätigten sehr kum die Gelegenheit, Fragen zu stellen. Problematisiert eindrucksvoll die Annahme, dass der ESF ein starkes wurde hier, dass die aktuellen Förderbedingungen teil- gleichstellungspolitisches Zugpferd ist. weise für kleinere Träger, die explizit zum Thema Gleich- stellung arbeiten, eine ESF-Förderung erschweren. Im Anschluss an das Podium mit internationalen Berichten ermöglichten vier parallele Foren einen vertiefenden Im Forum konnte verdeutlicht werden, dass Gleichstel- Austausch zu praktischen Fragen der Umsetzung von lungsfragen in den Programmen keine „Selbstläufer“ Gender Mainstreaming im ESF in Deutschland. sind, sondern dass Anreize und Unterstützung benötigt werden, um eine Verankerung des Querschnittsziels in den Programmzyklus zu erreichen, und dass die Qualität Forum I - Gleichstellung in Programmen von Programmen zunehmen kann, wenn Gleichstellung als Thema ernst genommen wird. Im Mittelpunkt des gut besuchten Forums „Gleichstel- lung in Programmen“ stand das Thema, wie in den ESF- Programmen das Querschnittsziel Gleichstellung von Forum II – Nationale und internationale Frauen und Männern durch die Arbeit der Agentur für Vernetzung Gleichstellung im ESF besser verankert werden konnte. Die Moderation hatte Vera Krick inne, die zu Beginn Im Forum Vernetzung stand nach einer Interessensklä- das Podium vorstellte. Vertreten waren drei von der rung der Forumsteilnehmenden ein einleitender Input Agentur beratene Programme: Das Programm „rücken- durch Renate Wielpütz zu organisationsübergreifen- www.esf-gleichstellung.de wind für die Sozialwirtschaft“ vertrat Prof. Dr. Angelika der Vernetzung der ESF-Akteurinnen und -Akteure auf Henschel (Leuphana Universität Lüneburg), das Pro- der Agenda. Es wurden der gegenwärtige Netzwerkdis- gramm „Jobstarter“ vertrat Annette Land (BIBB) und kurs, unterschiedliche Netzwerkformate auf nationaler das Programm XENOS vertrat Thomas Becker (BMAS). und EU-Ebene, insbesondere solche, die das informelle Für die Agentur war Dr. Regina Frey anwesend, die das Lernen in den Mittelpunkt stellen, wie z. B. die Commu- Thema Beratung in der Agentur für Gleichstellung im nities of Practice, vorgestellt und ebenso die vielfältigen ESF verantwortet. Motive und Interessen, sich in Netzwerken zu engagie- ren. Auch Erfolgsfaktoren und Rahmenbedingungen für Zunächst gab es eine kurze Sequenz zum Kennenlernen, den Aufbau von nachhaltigen Austausch- und Lernstruk- die Teilnehmenden sollten in Murmelgruppen zwei turen wurden thematisiert. Darüber hinaus wurde Fragen besprechen: „Woher kommen Sie?“ und „Was anhand der Akteursstruktur des Bundes-ESF erläutert, führt Sie hier ins Forum?“. Im Anschluss wurden kurz die welche fachpolitischen und verfahrensbezogenen drei Programme vorgestellt. In ihrem Input ging Frau Dr. Netzwerkformate und -aktivitäten die Agentur für Frey zunächst auf den Beratungsansatz und das Vorge- Gleichstellung im ESF in den vergangenen fünf Jahren hen der Agentur für Gleichstellung im ESF in der Pro- initiiert hat und welche bereits bestehenden Netzwerke grammberatung ein, z. B. stellte sie das Instrument des und Kooperationsstrukturen genutzt wurden, um die Beratungsfahrplans vor. Zudem erläuterte sie jeweils Gleichstellung im ESF zu befördern. Meilensteine in den Beratungen der drei Programme, woraufhin für jedes Programm die jeweilige Vertreterin In der sich anschließenden lebendigen Debatte zwi- bzw. der Vertreter am Zuge war: Sie bezogen zu den schen Joern Stußnat, ESF-Koordinator im BMWi, Anne- Fragen Stellung, was die Beratung durch die Agentur im Charlott Callerstig, Community of Practice on Gender jeweiligen Programm (und damit auch in den Projekten) Mainstreaming, Schweden, und den Teilnehmenden des konkret gebracht hat, was sich durch die Beratung für Forums wurden Fragen aus der Praxis der Vernetzungs- das Programm verändert hat und wie Gleichstellung formate der Agentur und der Community of Practice on im Programm tatsächlich umgesetzt wurde. Deutlich Gender Mainstreaming auf EU-Ebene erörtert, z. B. zu wurde dabei, dass die Verantwortlichen in den Program- Methoden und Instrumenten der Vernetzung zu Gleich- C Agentur für Gleichstellung im ESF 5
Abschlusskonferenz Gleichstellung oder zu Erfahrungen mit fördernden bzw. aus der Geschlechterperspektive. Sie zeigte, dass die hindernden Faktoren, die die Akteurinnen und Akteure mit EU-Indikatoren der Armutsmessung auf einer Haus- nationaler und internationaler Vernetzung zur Erweite- haltsberechnung basieren und deshalb geschlechts- rung von Genderkompetenz gemacht haben. In diesem bezogene Armutsrisiken insbesondere von Frauen nicht Zusammenhang wurde auch die Frage thematisiert, wie adäquat erfassen. Auch die Fokussierung auf Langzeit- eine kohärente Gleichstellungsperspektive in bestehende arbeitslosigkeit in der Armutsbekämpfung lässt wesent- und nicht dezidiert gleichstellungsorientierte ESF-Netz- liche Zielgruppen der Armutsbekämpfung außen vor, werke und -Gremien, wie z. B. Monitoringausschüsse auf die auf die Förderung existenzsichernder Beschäftigung nationaler/regionaler Ebene oder den ESF-Ausschuss auf von Frauen und Männern ausgerichtet sein sollte. EU-Kommissionsebene, integriert werden kann. Auf dem von Petra Ahrens von der Agentur moderierten Das Forum endete mit einer Diskussion zu Empfehlungen Podium diskutierten Régine Bozon vom Kommunalen zur nachhaltigen Weiterführung von nationaler und Jobcenter Offenbach, Thomas Fischer vom BMFSFJ, internationaler Vernetzung zu Gleichstellung in der För- Jenny Huschke vom DGB-Bundesvorstand und Frau Dr. derperiode 2014-2020. Neben zeitlichen und finanziellen Pimminger vor diesem Hintergrund die Frage „‘Haupt- Ressourcen für die Organisation und Koordination von sache Arbeit‘ oder existenzsichernde Beschäftigung?“. Netzwerken zu Gleichstellung wurden u. a. Möglichkeiten Frau Huschke betonte, dass eine eigenständige zur Kompetenzerweiterung empfohlen, die dazu beitra- Existenzsicherung für Männer und Frauen und damit gen, dass die ESF-Akteurinnen und -Akteure Vernetzung existenzsichernde Beschäftigung politisches Leitmotiv auch selbstorganisiert gestalten können. Last but not für den DGB sei, u. a. im Rahmen der Bundesinitiative least äußerten die Forumsteilnehmenden den Wunsch, „Gleichstellung in der Wirtschaft“. Hierzu bestünde dass die durch die Agentur initiierten Netzwerke ohne aus Sicht des DGB großer Reformbedarf. Gleichstellungs- zeitliche Unterbrechung in die neue Förderperiode politik müsse den Blick zudem auf die Übergänge im übergehen, um die im Rahmen der Vernetzung erwor- Lebensverlauf richten; mit dem Leitbild erwerbstäti- benen gleichstellungspolitischen Kompetenzen für die ger Frauen und Männer, die ebenso Fürsorgeaufga- Planung und Programmierung des ESF ab 2014 nutzen ben haben. Herr Fischer erachtete existenzsichernde zu können. Beschäftigung als ein langfristiges Ziel, Erfahrungen www.esf-gleichstellung.de aus dem Programm „Perspektive Wiedereinstieg“ würden jedoch zeigen, dass beim Wiedereinstieg eine Teilzeitbeschäftigung den Zugang zum Arbeitsmarkt häufig überhaupt erst erschließt und dass später oft eine Aufstockung gelingt; Minijobs weisen demgegen- über aber erwiesenermaßen einen „Klebeeffekt“ auf. Frau Bozon berichtete über Erfahrungen aus einem Projekt im Rahmen des Programms „Gute Arbeit für Alleinerziehende“ des BMAS. In der Praxis bestünden viele Zielkonflikte, da im SGB II jegliche Arbeitsaufnah- me den Vorrang hat, auch gegenüber einer Qualifizie- rung. Minijobs seien nicht nur bei Niedrigqualifizierten verbreitet, sie führen jedoch zur Dequalifizierung. In der anschließenden Publikumsdiskussion wurden Forum III – Armutsbekämpfung und außerdem die Rolle der Unternehmen, die Flexibilität existenzsichernde Beschäftigung nur einfordern aber nicht bieten, die Problematik des Betreuungsgelds im SGB II-Bezug und das Armutsrisiko Das Fachforum III widmete sich dem Thema „Armuts- von Solo-Selbständigen thematisiert. Der ESF, so das bekämpfung und existenzsichernde Beschäftigung“. Resümee, eignet sich für Impulse und Modellideen und Als Grundlage für die Diskussion im Forum hielt Dr. kann dafür genutzt werden, die Diskussion um neue Irene Pimminger von der Agentur für Gleichstellung Leitbilder und eine Bewusstseinsänderung anzustoßen. im ESF einen Einführungsvortrag zum Thema Armut C Agentur für Gleichstellung im ESF 6
Abschlusskonferenz Forum IV – Implementierung von Gender werte für die Planungen ausformuliert sowie Indikatoren Mainstreaming im ESF-Verfahren bestimmt werden. Dies ist unabdingbarer Bestandteil eines verbindlichen Gender Mainstreaming-Prozesses. Im vierten Forum der Konferenz stand die Frage „Wie Andererseits besteht die Einschätzung, dass „Zahlen kann eine kohärente Integration von Gender Main- überschätzt werden“. Ihre Validität ist nicht durchgän- streaming im ESF-Verfahren sichergestellt werden?“ gig gewährleistet bzw. sind Interpretationen nur in im Vordergrund der Diskussion. Henriette Meseke, bestimmten Kontexten überhaupt möglich und sinnvoll. Leiterin der Agentur für Gleichstellung im ESF, mode- Das bedeutet, dass die Aussagekraft von Daten präzise rierte das Forum und stellte die Diskutant/inn/en vor: auf bestimmte Zusammenhänge fokussiert sein muss. Ute Wanzek (GISA, Sachsen-Anhalt), Thomas Suchan Ein weiteres Problem ergibt sich aus den Prüfverfahren (ESF-Koordinator des BMFSFJ), Benno Savioli (feedback durch die EU-Kommission: Werden gleichstellungs- und Agentur für Gleichstellung im ESF) und Stefanie politische Zielwerte nicht eingehalten, drohen Sank- Auf dem Berge (Agentur für Gleichstellung im ESF). tionen. Da die Umsetzung gleichstellungspolitischer Anhand des Gender Mainstreaming-ESF-Zyklus‘ auf der Vorhaben jedoch häufig außerhalb der Reichweite der Ebene des Operationellen Programms vermittelte Frau ESF-Steuerung liegt (Stichwort: „Ko-/Finanzierungs- Meseke in ihrem Impulsvortrag, wie wichtig eine analy- strukturen“ mit der Bundesagentur für Arbeit / mit den tische, in Verfahrensschritten geregelte Herangehens- Jobcentern), besteht das Risiko, die Gleichstellungs- weise für die Umsetzung der Strategie Gender Mainstrea- indikatoren zu verfehlen und somit finanzielle Sank- ming ist und welche Probleme und Fallstricke dabei tionen seitens der EU-Kommission zu erhalten. bestehen. Die Schlussfolgerung daraus wäre, eine stärkere In der Gesprächsrunde der Expert/inn/en wurden Durchlässigkeit der gleichstellungspolitischen Ziele a) Erfahrungen mit und Einschätzungen zum strate- des ESF in die Regelsysteme der Arbeitsmarktpolitik gischen Ansatz zur Implementierung von Gender Main- zu befördern. Im Modellprojekt „Gleichstellungsori- streaming thematisiert, b) positive Vorkehrungen, entierte Arbeitsmarktprogramme von Jobcentern“ Ansätze, Aktivitäten, die im Rahmen eines bestimmten des baden-württembergischen Coaching Begleit- Zyklusschrittes initiiert und umgesetzt wurden, genannt projektes „Gleichstellung der Geschlechter im ESF in www.esf-gleichstellung.de und c) Hindernisse bei der Umsetzung angesprochen. BW“ werden diese Ansätze derzeit erprobt und mit geschlechterdifferenzierten Statistiken unterlegt. Die Frage, welche Bedeutung Zahlen, Daten und Indika- Zudem bedarf es nach wie vor eines ausdrücklichen toren im ESF-Verfahren einnehmen, wurde intensiv und politischen Willens, der sich auch in Steuerungsprozes- kontrovers diskutiert: Einerseits muss mit detaillierten sen und in den Begleitgremien niederschlagen muss. Daten und Statistiken – natürlich nach Geschlecht ge- trennt – die Einschätzung der Ausgangslage präzisiert werden. Daraus abgeleitet müssen spezifische Ziel- Henriette Meseke Das Team der Agentur für Gleichstellung im ESF (von links nach rechts): Renate Wielpütz, Dr. Regina Frey, Henriette Meseke, Dr. Irene Pimminger, Stefanie Auf dem Berge, Petra Ahrens und Benno Savioli. Nicht im Bild: Dr. Anne Rösgen. C Agentur für Gleichstellung im ESF 7
Impressum Herausgegeben von der Agentur für Gleichstellung im ESF im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales Berlin, 2014 C Fotos von Andreas Schöttke Agentur für Gleichstellung im ESF Lohmühlenstraße 65 - 12435 Berlin Tel:+49 30 53 338-948 - E-Mail: office@esf-gleichstellung.de Wenn Sie aus dieser Publikation zitieren möchten, bitte mit genauer Angabe der Herausgeberin, des Titels und des Stands der Veröffentlichung. C Agentur für Gleichstellung im ESF www.esf-gleichstellung.de
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