Freiflächen-Photovoltaik: Geldsegen mit Tücken - wetreu

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Freiflächen-Photovoltaik: Geldsegen mit Tücken - wetreu
Foto: GP Joule   Betriebsleitung

                 Freiflächen-Photovoltaik:
                 Geldsegen mit Tücken
                 Flächen für die Photovoltaiknutzung zu verpachten, kann lukrativ sein. Doch vor der Unterschrift
                 unter den Pachtvertrag gibt es einiges zu beachten.

                 UNSER AUTOR                               Laufzeiten mit 20 bis 40 Jahren oft      FLEXIBLE ODER FESTE PACHT?
                 Franz-Christoph Michel,                   über die Hofübergabe hinaus reichen.     Die Höhe der Pacht hängt von vielen
                 ­Rechtsanwalt, Templin                    Unterschreiben Sie deshalb keinesfalls   Faktoren ab, wie die Checkliste auf
                                                           sofort. Machen Sie sich vielmehr klar,   Seite 54 zeigt. Bei der Pacht kann es
                                                           dass Solarflächen Mangelware sind und    sich um eine fixe Vergütung oder einen

        D
                        ie Pachtpreise für Photovoltaik-   die vorgelegten Verträge vor allem die   Prozentsatz des erzielten Stromerlöses
                        nutzung auf Grün- oder Acker-      Interessen der Projektierer und deren    handeln. Aus Verpächtersicht ist die
                        land klingen verlockend: 1 500     Banken abbilden. Lassen Sie sich des-    prozentuale Beteiligung bei Anlagen
                 bis 3 000 €/ha jährlich bieten die Pro-   halb rechtlich und steuerlich beraten,   nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz
                 jektierer. Doch bedenken Sie, dass die    um Ihre Interessen zu wahren.            (EEG) mit 20 Jahre fixen Strompreisen

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also eine Baugenehmigung. Dazu muss
                                                                                          die Gemeinde einen Bebauungsplan er-
                                                                                          arbeiten und beschließen, danach folgt
                                                                                          der Bauantrag. Dafür braucht der Pro-
                                                                                          jektierer den Pachtvertrag als vertragli-
                                                                                          che Sicherheit. Die Pacht fließt aber erst
                                                                                          ab Bau- bzw. Einspeisungsbeginn. Für
                                                                                          die „Reservierungszeit“ bietet sich an:
                                                                                          • Ein Zeitpunkt, bis zu dem das Pro-
                                                                                          jekt spätestens umgesetzt sein muss,
                                                                                          • ein Options- bzw. Bereitstellungsent-
                                                                                          gelt. Dazu muss man wissen, dass es
                                                                                          Akteure gibt, die versuchen, Verträge zu
                                                                                          „ergattern“, um diese dann weiter zu
                                                                                          verkaufen. Landeigentümer sollten da-
                                                                                          her zeitlichen Druck über ein gestaffel-
                                                                                          tes Entgelt aufbauen. Das könnte z. B.
                                                                                          anfänglich 10 % des vereinbarten Nut-
                                                                                          zungsentgelts ab Unterschrift unter den
                                                                                          Pachtvertrag sein. Scheitert das Projekt,
                                                                                          bleibt das Geld beim Landeigentümer.
                                                                                          Mit einer solchen Zahlung, auch wenn
                                                                                          sie später ganz oder teilweise mit den
                                                                                          eigentlichen Pachtzahlungen verrechnet
                                                                                          wird, signalisiert der Betreiber, dass er
                                                                                          es ernst meint mit dem Anlagenbau.

                                                                                          WER TRÄGT DIE NEBENKOSTEN?
                                                                  ◁ Der Wettkampf         Generell sollten Sie keine Kosten für
                                                                  um Land hat
                                                                                          das Solarprojekt übernehmen. Ver-
                                                                  jetzt auch die Photo-
                                                                  voltaik erreicht:
                                                                                          pflichten Sie den Solarparkbetreiber vor
                                                                  Entwickler und          allem zur Zahlung der Grundsteuer.
                                                                  Betreiber suchen        Denn es ist wahrscheinlich, dass die
                                                                  dringend nach           Gemeinden künftig für Flächen mit er-
                                                                  ­Flächen.               neuerbare Energien höhere Grundsteu-
                                                                                          ern kassieren werden.

                                                                                          WAS IST NACH PACHTENDE?
sicherer. Wer sich bei Anlagen, die ihren    Dienstbarkeit im Grundbuch gesichert.        Der Pachtvertrag kann regulär enden,
Strom selbst vermarkten (siehe Check-        Ganz wichtig für Sie als Eigentümer:         z. B. nach den vereinbarten 30 Jahren
liste Seite 54), für einen Prozentsatz als   Erteilen Sie dem Anlagenbetreiber keine      Laufzeit. Läuft es schlecht, etwa weil
Pacht entscheidet, muss dem Betreiber        Vollmacht zur Eintragung von Dienst-         die Pachtzahlungen ausbleiben, kann es
vertrauen.                                   barkeiten oder Vormerkungen! Denn            aber auch passieren, dass Sie vorzeitig
                                             Solarparks bekommen im Laufe der             kündigen müssen. Lässt der Betreiber
GRUNDBUCH: KEINE VOLLMACHT                   Zeit häufig neue Betreiber. Wird jeweils     eine relativ neue Anlage zurück, ist das
Mit dem Pachtvertrag stellen Sie Flä-        der neue Betreiber im Grundbuch nur          meist kein Problem. Sie können dann
chen für Photovoltaiknutzung zur Ver-        hinzugefügt, entsteht eine nicht über-       einen neuen Betreiber suchen. Für den
fügung. Anders als beim Landpachtver-        schaubare Zahl von Dienstbarkeitsbe-         Fall, dass ein Betreiber in Zahlungs-
trag wird die Nutzung immer per              rechtigten. Legen Sie daher fest, dass       schwierigkeiten aber die Module mit-
                                             für eine grundbuchliche Sicherung des        nimmt, sollten Sie Folgendes bedenken:
                                             neuen Betreibers die Löschung der vor-       • Ratsam ist eine Bankbürgschaft für
                                             herigen Dienstbarkeit Voraussetzung          das Rückbaurisiko von zurückgelasse-
SCHNELL GELESEN                              ist. Ratsam ist auch, die Dienstbarkeit      nen Anlagenresten, Fundamente etc.
                                             einschließlich einer Verlängerungsop-        • Ausgleichsmaßnahmen wie Feucht­­
Die angebotenen Pachtenfür Solar­           tion an die Vertragslaufzeit zu binden.      biotope oder Hecken sind vermutlich
parkflächen klingen verlockend.                                                           nicht rückgängig zu machen. Am besten
Unterschreiben Sieaber nicht voreilig.      WENN DER ANLAGENBAU STOCKT                   preisen Sie das hierfür verbrauchte
                                             Oft vergehen Jahre, bis die PV-Freiflä-      Land in das Nutzungsentgelt ein oder
Sichern SieIhre Interessen rechtlich ab.    chenanlage ans Netz geht. Anders als         regeln die Ausgleichsmaßnahmen über
Erbschaftssteuernund Nachabfin­             für Windkraft gibt es (noch) keine Vor-      einen separaten Vertrag.
dungen können die Verpachtung unwirt­        rangflächen und keine bauplanungs-           • Um die Fläche in landwirtschaftlich
schaftlich machen.                           rechtliche Privilegierung im Außenbe-        nutzbaren Zustand zurückzuerhalten,
                                             reich. Jede Freiflächenanlage braucht        vereinbaren Sie die Rekultivierung. ▶

                                                                                                              top agrar 6/2021 53
Freiflächen-Photovoltaik: Geldsegen mit Tücken - wetreu
Betriebsleitung

                                                                                                                                    FALLSTRICKE BEI DER VERERBUNG
                                                                                                                                    Auch wenn die Fläche nur verpachtet

                                                                                          Foto: EWS Elektrizitätswerke Schönau eG
                                                                                                                                    ist: Steuern und Nachabfindungen kön-
                                                                                                                                    nen im Erbfall dafür sorgen, dass die
                                                                                                                                    Verpachtung im Nachhinein unwirt-
                                                                                                                                    schaftlich wird. Prüfen Sie Ihre Lage in
                                                                                                                                    diesen Punkten daher genau:
                                                                                                                                    • Vererbung: Flächen unter PV-Freiflä-
                                                                                                                                    chenanlagen sind keine landwirtschaft-
         ▷ Je Megawatt                                                                                                              lichen Flächen im Sinne des Bewer-
  i­ nstallierte Leistung                                                                                                           tungsgesetzes. Für die Erbschaftsteuer
 wird rund ein Hektar                                                                                                               wird der Wert der verpachteten Fläche
       ­Fläche benötigt.                                                                                                            mit Verkehrswerten angesetzt (s. u.).
                                                                                                                                    • Betriebsprämie: Auch wenn beispiels-
                                                                                                                                    weise Schafe unter der Anlage weiden,
                                                                                                                                    schließt § 12 Abs. 3 Nr. 6 Direktzah­
                                                                                                                                    lungen-Durchführungsverordnung Flä-
  CHECKLISTE                                                                                                                        chen, auf den sich PV-Anlagen befinden,
                                                                                                                                    ausdrücklich aus. Anders könnte es
  Was ist wichtig für die Wirtschaftlichkeit?                                                                                       künftig bei Agri-PV-Anlagen aussehen,
                                                                                                                                    wo unter oder zwischen den Modulen
  □ Fläche: Pro Hektar werden derzeit           3,9 bis 4,7 ct/kWh bei Laufzeiten
                                                                                                                                    gewirtschaftet wird.
      ca. 1 000 kWp (1 MWp) installiert.         von acht bis zwölf Jahren.
                                                                                                                                    • Höfeordnung: Die Verpachtung von
  □ Investition: Für Anlagen im Mega­        □ Netzeinspeisepunkt: Je näher das                                                   Solarflächen ist eine nichtlandwirt-
      watt-Bereich zahlt man je MWp              Netz, desto besser. Positiv ist,                                                   schaftliche Nutzung, die daher Nachab-
      ­installierte ­Leistung ca. 650 000 –      wenn sich Kosten z. B. mit Wind­                                                   findungsansprüche der weichenden Er-
       800 000 €. Die l­aufenden Kosten          energie oder Biogas teilen lassen.                                                 ben und Pflichtteilsberechtigten auslö-
       liegen laut Solar­cluster Baden-          Eigenverbrauch ist nicht möglich.                                                  sen kann.
       Württemberg bei 12 – 14 €/kWp/a.                                                                                                           gesa.harms@topagrar.com
                                              □ Untergrund: Die Befestigungspfähle
  □ Stromerträge: Realistische Erträge          sind meist in die Erde gerammt. Ist
      liegen zwischen 1 000 (z. B. in            der Untergrund sehr weich, steinig
      Schleswig-Holstein) bis 1 100 kWh/         oder ist es sehr windig am Standort,
                                                                                                                                    STEUERN
      kWp (z. B. in ­Baden-Württemberg).         sind teurere Fundamente nötig.
  □ EEG-Förderung: Sie gilt auf Flä­         □ Baugenehmigung: Jede Frei­                                                         Aufpassen bei der
      chen bis 200 m entlang von Auto­           flächenanlage benötigt eine Bau­
      bahnen bzw. Bahnschienen, und              genehmigung. Meist muss die
                                                                                                                                    ­Erbschaftsteuer!
      auf ­Deponie- bzw. Konversionsflä­         ­Gemeinde einen Flächennutzungs­
      chen. Bis 100 kWp liegt der Strom­          plan und einen Bebauungsplan                                                      Stirbt der Hofeigentümer, kann die Ver-
      preis für 20 Jahre derzeit bei ca.          ­erstellen, was mindestens ein Jahr                                               pachtung einer Fläche für die Solarnut-
      5,3 ct/kWh. Anlagen mit 100 bis              dauert. Im Idealfall wird die Bauge­                                             zung zum teuren Bumerang werden, er-
      750 kWp vermarkten den Strom                 nehmigung gleichzeitig bearbeitet.                                               klärt Steuerberater Stefan Heins von
      ­direkt, plus EEG-­Marktprämie von           Keine ­Genehmigung erhalten Flä­                                                 der wetreu in Kiel. Denn verpachtete
       0,4 ct/kWh, ­insgesamt ca. 5,7 ct/          chen in Naturschutzgebieten, auch                                                Solarflächen gelten aus Sicht der Erb-
       kWh. Seit 2021 sind Anlagen bis zu          in Landschaftsschutzgebieten wird                                                schaftsteuer nicht als land- und forst-
       20 MW möglich. Sie müssen an                es schwierig. Teils lehnen Gemein­                                               wirtschaftliches Vermögen! Zwar steht
       ­einer bundesweiten Ausschreibung           den Solarparks auch generell ab.                                                 die Fläche bei dem Hoferben in der Bi-
        teilnehmen. Das günstigste Gebot                                                                                            lanz. Die Erbschaftsteuer ordnet die
                                              □ Flächennutzung unter den Modulen:
        erhält für 20 Jahre den Zuschlag,                                                                                           Fläche aber nicht dem land- und forst-
                                                 Wegen der stabilen Einzäunung
        in 2020 waren es gut 5 ct/kWh.                                                                                              wirtschaftlichen Vermögen (luf), son-
                                                 sind Schafe oder Gänse zur Bewei­
                                                                                                                                    dern dem Grundvermögen zu, das z. B.
  □ Benachteiligte Gebiete: Baden-              dung gängig. Stehen die Modul­
                                                                                                                                    auch Mietshäuser umfassen kann. Als
      Württemberg, Bayern, Hessen,               reihen weit genug auseinander, ist
                                                                                                                                    Wert für verpachtete Solarflächen gel-
      Rheinland-Pfalz, Sachsen-­Anhalt           auch Heuproduktion z. B. für Pferde
                                                                                                                                    ten 50 % des örtlichen Bodenrichtwer-
      erlauben EEG-Anlagen begrenzt              denkbar. Bei evtl. Eigennutzung
                                                                                                                                    tes für Gewerbegebiete. Überschlägig
      auch in ­benachteiligten Gebieten.         kann eine Umsatzsteuerpflicht für
                                                                                                                                    geht ein 5 ha großer Solarpark bei
                                                 die Pachtzahlung entstehen.
  □ PPA-Anlagen: Derzeit entstehen                                                                                                 einem Gewerbeflächenpreis von z. B.
                                                                                                                                    ­
      eher große Anlagen ohne EEG-­           □ Beteiligung: Denkbar und steuerlich                                                300 000 €/ha dann mit 750 000 € in die
      Förderung. Der Strom wird über             oft auch sinnvoll ist, sich am Solar­                                              Berechnung für die Erbschaftsteuer ein.
      Stromlieferungsverträge (Purchase-         park zu beteiligen. Dabei sollten Sie                                              Der Erbschaftsteuer-Freibetrag beträgt
      Power-Agreement; PPA) z. B. an             sich unbedingt steuerlich beraten                                                  pro Kind aber nur 400 000 €, sodass
      Stadtwerke verkauft, z. B. für             lassen.                                                                            saftige Steuernachzahlungen auf die Er-
                                                                                                                                    ben zukommen können.

54 top agrar 6/2021
Freiflächen-Photovoltaik: Geldsegen mit Tücken - wetreu
Aufgepasst heißt es auch, wenn der
Junior direkt nach der Hofübergabe an                                                                                          des Jahres
Photovoltaik-Betreiber verpachten will.
Verpachtet er innerhalb der jeweils für
die Verschonung geltenden Behaltens-
frist (5 oder 7 Jahre), verstößt er gegen
                                                                                                                            2021
die jeweilige Behaltensfrist, mit erb-
schaftsteuerlichen Folgen.
   Verschont von der Erbschaftsteuer
bleibt der Solarpark, wenn Sie sich als
Landwirt am Solarpark in Form einer
GmbH & Co. KG beteiligen. Sie sind
dann gewerblicher Mitunternehmer,
die Flächenverpachtung gilt als Sonder-
betriebsvermögen. Diese Konstruktion
ist von der Erbschaftsteuer verscho-
nungsfähig. Außerdem weist Steuerbe-
rater Stefan Heins auf folgendes hin:
• Die Pacht darf der Landwirt ohne
Umsatzsteuer einnehmen. Schließen Sie
einen Gestattungsvertrag ab, bei dem
Sie selber noch die Fläche mitnutzen
dürfen, wie z. B. bei Agriphotovoltaik,
wird die Umsatzsteuer von 19 % fällig.
                                                                                                                         Jetzt
Es kommt also für die Umsatzsteuer
                                                                                                                       bewerb
auf die Vertragsgestaltung an.
• Die Pachteinnahmen gelten als Ein-
                                                                                                                              en!
kommen aus Land- und Forstwirt-
schaft. 13 a-Betriebe rechnen sie als
Sondereinnahme zum Grundbetrag.
• Oft beauftragt der Solarpark-Betrei-
ber den Landwirt, Ökopunkte oder
Ausgleichsflächen zu schaffen. Dies ist                      HOFdirekt und top agrar
umsatzsteuerpflichtig mit 19 %.
• Für Dienstleistungen im Solarpark,                         prämieren die besten Hofläden!
wie z. B. das Freimähen der Module
oder Zäune müssen Sie als Landwirt
Umsatzsteuer in Höhe von 19 % ver-
                                                             Sie sind besonders ideenreich und
langen. Bedenken Sie bei solchen Leis-                       engagiert in der Direktvermarktung?
tungen die Umsatzgrenze zum Gewerbe
von max. 51 500 € für Zuverdienste im
                                                             Dann bewerben Sie sich! Auf die Gewinner
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                                           Foto: GP Joule

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△ Aufgepasst: Auch bei Verpachtung zählt
die Fläche für die Erbschaftsteuer mit!

                                                            Ein Angebot der Landwirtschaftsverlag GmbH, Hülsebrockstr. 2-8, 48165 Münster, www.lv.de
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