Gegen das "Aldi-Prinzip" im Krankenhausbereich - das Krankenhaus
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das 2.2008 Krankenhaus Politik Gegen das „Aldi-Prinzip“ im Krankenhausbereich Z u einer fachlich und politisch fundierten Aufarbeitung der Gesamtproblematik Krankenhausreform gegen Ende der Konvergenzphase des DRG-Systems hatte die DKG am 24. Ja- kenhäusern zu ermöglichen, lehnte Stewens entschieden ab. Sie warnte in diesem Zusammenhang vor einer Aushöhlung des Sicherstellungsauftrages der Kommunen durch Rosinen- nuar 2008 Vertreter des Bundesgesundheitsministeriums, der pickerei, und sie frage sich, welche Kompetenz ihr selbst als Länder, der im Bundestag vertretenen Parteien, der Wissen- Ministerin angesichts solcher Vorstellungen künftig noch schaft und der Krankenhäuser nach Berlin eingeladen. Ein bleibe, während die Bürger die Verantwortung für die Versor- zentraler Punkt der Veranstaltung wurde – wie von Veranstal- gung – insbesondere in der Fläche – eindeutig beim Land sä- tungsleiter Georg Baum vorausgesagt – das Thema „Rabatt- hen. Die Planungskompetenz der Länder würde durch selek- wettbewerb der Krankenkassen gegen die Krankenhäuser“. tive Vertragsabschlüsse der Krankenkassen mit den Kranken- Im Januarheft des hoch gelobten Wirtschaftsmagazins „Brand häusern „von innen heraus ausgehöhlt“, so Stewens, deren eins“ wurde das „Aldi-Prinzip“ als Beispiel für effektive „Markt- engagierte Rede mehrmals von demonstrativem Beifall unter- macht“ der Krankenkassen gegen die Arzneimittelhersteller brochen wurde. positiv herausgestellt. Dagegen ließ bereits der Ort der DKG- Veranstaltung – die Vertretung des Freistaates Bayern beim Absage an die „Monistik“ Bund – erwarten, dass sich die Zahl der Befürworter einer sol- chen Version künftiger Vertragsbeziehungen zwischen Kassen Auch einer Umstellung des Finanzierungssystems der Kran- und Kliniken in engen Grenzen halten würde. Hierfür stand in kenhäuser auf die Monistik erteilte die Staatsministerin eine erster Linie die bayerische Sozialministerin und stellvertre- klare Absage. „Die bisherige duale Finanzierung mit der Inves- tende bayerische Ministerpräsidentin, Christa Stewens, die vor titionsförderung durch die Länder und der Betriebskostenfi- den ca. 250 Teilnehmern ein uneingeschränktes Bekenntnis nanzierung durch die Krankenkassen hat sich bestens be- zur Verantwortung der Länder für die Krankenhausversorgung währt“, so Stewens. Die Ministerin hob die Arbeit des Kranken- ablegte. Bayern halte an der Krankenhausplanung durch die haus-Planungsausschusses in Bayern hervor. Hier seien alle Länder fest. Die Krankenhausplanungsbehörden der Länder Beteiligten und Betroffenen vertreten und es finde eine „len- seien „nicht auf Individualinteressen fixiert, sondern stellen kende Beratung“ mit hervorragenden, auf die Bedürfnisse der die Weichen für bedarfsgerechte Versorgungsstrukturen“. Sie Bevölkerung abgestimmten Ergebnissen statt. Die Umstellung böten die Gewähr dafür, dass eine ausreichende und flächen- auf die monistische Finanzierung werde ihrer Meinung nach deckende Versorgung mit Krankenhäusern sichergestellt nicht dazu führen, dass mehr Geld ins System komme, damit werde. sei auch keine Auflösung des Investitionsstaus zu erwarten. Den von einigen Krankenkassen auf Bundesebene, aber Stewens fragte, wie Krankenhäuser mit pauschalen Zu- auch vom Bundesgesundheitsministerium eingebrachten Vor- schlägen große Investitionsvorhaben finanzieren könnten. schlag, den Krankenkassen den Abschluss von Einzelverträgen Hierfür sei die Aufnahme von langfristigen Darlehen zur Vor- für „planbare Leistungen“ mit von ihnen ausgewählten Kran- finanzierung notwendig, die fälligen Zinszahlungen bedeute- Erste Reihe, von links: Kösters, Bender, Stewens, Faust, Bahr 101
das Politik Krankenhaus 2.2008 ten eine deutliche Verteuerung der Bau- oder Sanierungsvorha- wäre dann nicht mehr zu gewährleisten“, betonte die Ministe- ben und damit eine weitere Verschärfung des Investitions- rin. Aufgrund des großen Investitionsbedarfs müssten die staus. Krankenhäuser würden unter diesen Bedingungen zur Krankenhäuser aber auch nach neuen Wegen suchen, um Leistungsausweitung gezwungen, um Investitionsmittel über ihre Investitionskosten zumindest teilweise auch außerhalb DRG-Pauschalen zu bekommen. Zudem müssten im monisti- der öffentlichen Förderung refinanzieren zu können. Mittel- schen System sämtliche Investitionslasten von den Kranken- fristig werde sich die duale Krankenhausfinanzierung zu einer kassen übernommen werden. Dies würde die Lohnneben- „pluralen Krankenhausfinanzierung“ weiterentwickeln, bei der kosten erhöhen – mit allen negativen Folgen für den Arbeits- öffentliche und private Finanzierungsformen ineinandergrei- markt. fen. Viele Länder befürchten ihrer Meinung nach zu Recht, dass Stewens wandte sich generell gegen ein Anwachsen zentra- sich die akutstationäre Versorgung in einem monistischen Fi- listischer Elemente im Gesundheits- und Krankenhausbereich nanzierungssystem verschlechtern werde, weil ihnen ein ganz und ein Aushöhlen der Länderkompetenzen. Außerdem for- wesentliches Element der Krankenhausplanung durch geziel- derte sie alle Verantwortlichen auf, ein weiteres Anwachsen tes Fördern und Vorantreiben wünschenswerter Strukturan- der Bürokratie in den Krankenhäusern zu verhindern. passungen genommen würde. Neben finanzpolitischen und Die Tendenz zu einem bundesweiten Basisfallwert bezeich- staatsorganisatorischen Gründen sei es vor allem das Patien- nete Stewens als ein weiteres zentralistisches Element im Ge- tenwohl, das die Beibehaltung des Dualismus erfordere. „Der sundheitswesen. Ein Blick in die Realität zeige, dass der oft Monismus würde zu einer Verschlechterung der akutstationä- postulierte Grundsatz „gleicher Preis für die gleiche Leistung“ ren Versorgung der Patienten und der investiven Ausstattung nirgends zu finden sei und auch nicht als ein Grundsatz der der Krankenhäuser führen. Eine flächendeckende Versorgung Marktwirtschaft bezeichnet werden könne. u Ulla Schmidt: Höhere Löhne nach Hause gingen. Die SPD-Politike- sie. Die Kassen würden verpflichtet, für Schwestern und Pfleger rin sprach am 25. Januar 2008 auf ei- Verträge nur dann abzuschließen, nem Fachkongress in Berlin vor rund wenn angemessene ortsübliche Löhne Wie die Agentur Reuters in einer 1 000 Pflegekräften aus Krankenhäu- gezahlt würden. Meldung am 27. Januar 2008 mitteilte, sern, Heimen und Sozialstationen. Sie Schmidt sagte laut „Reuters“, sie hat sich Gesundheitsministerin Ulla erinnerte daran, dass die Bundesregie- wünsche sich eine breite Debatte über Schmidt hinter Forderungen nach hö- rung im April Vorschläge für eine bes- den Wert des Dienstes von Menschen heren Löhnen für Schwestern und Pfle- sere Anerkennung der Arbeit von an Menschen. „Wir müssen heute die ger gestellt. „Ausgebildete Pflegekräfte Menschen an Menschen vorlegen Grundlage dafür schaffen, dass auch in müssen vernünftig bezahlt werden“, wolle. Schmidt forderte eine „vernünf- zehn bis 15 Jahren gut ausgebildete sagte sie der Nachrichtenagentur Fachkräfte in der Pflege arbeiten“, Reuters am letzten Januarwo- fügte die SPD-Politikerin hinzu. chenende in Berlin. Die Bezah- Mit der geplanten Pflegereform lung vieler Fachkräfte entspreche wolle sie Vertragsabschlüsse der nicht dem eigentlichen Wert ihrer Pflegekassen mit Anbietern an Arbeit. Auch von der Union ka- die Bedingung knüpfen, dass men Forderungen nach angemes- ortsübliche Arbeitsentgelte be- sener Bezahlung des Pflegeperso- zahlt würden. nals. Nach Ansicht des Deutschen Es könne nicht sein, dass in Berufsverbandes für Pflegeberufe diesem examinierten Sektor Foto: dpa (DBfK) muss für Altenpfleger Lohndumping stattfinde, sagte und Krankenschwestern rasch der CDU-Pflegeexperte Willi Zy- ein Mindestlohn eingeführt wer- lajew zu Reuters. Die Tarifpar- den. Auch Bundesgesundheits- teien müssten sich auf einen ministerin Ulla Schmidt hat sich nach ei- tige Bezahlung“ und verwies auf die Lohn verständigen, der dann für allge- ner AP-Meldung bereits für einen Min- derzeitige Diskussion über Mindest- meinverbindlich erklärt werde. Von ei- destlohn im Bereich Pflege ausgespro- löhne. Sie betonte aber auch die Not- nem staatlich festgesetzten Mindest- chen. Sie kündigte an, dass eine wendigkeit sicherzustellen, dass das lohn halte er in der Pflege aber nichts. Arbeitsgruppe mehrerer Ministerien in den Fallpauschalen vorgesehene Die kirchlichen Träger wie Caritas und Mitte April Vorschläge auch für eine an- Geld tatsächlich für die Entlohnung Diakonie rief er auf, sich an der Suche gemessene Entlohnung vorlegen werde. ausgegeben werde. Auch wenn es den nach einem Tariflohn für den Sektor zu Laut Bundesgesundheitsministerin Kassen erleichtert werde, Verträge mit beteiligen. Ulla Schmidt sei es „beschämend“, Einzelanbietern einzugehen, dürfe das mit wie wenig Geld viele Pflegekräfte nicht zu Lohndumping führen, warnte 102
das Politik Krankenhaus 2.2008 Faust Bahr Bender Riegel BMG favorisiert Höchstpreissystem Erfahrungen aus den USA hätten gezeigt, dass die Imple- mentierung neuer Behandlungsverfahren in das Medicare-/ Staatssekretär Dr. Klaus Theo Schröder ließ in seiner Darstel- Medicaid-System etwa 3 Jahre in Anspruch nehme – und damit lung der Pläne des Bundesgesundheitsministeriums keinen aus seiner Sicht zu lange dauere. Auch die übrigen amerikani- Zweifel an der Absicht, das DRG-System nach dem Ende der schen Modalitäten mit bis zu 210 zu bedienenden Abrech- Konvergenzphase als Höchstpreissystem mit der Möglichkeit nungssystemen, zum Beispiel im Washington Hospital, seien selektiver Vertragsgestaltung zwischen Krankenkassen und ein Hinweis darauf, die „Transaktionskosten“ von Abrech- Krankenhäusern ausgestalten zu wollen. Zumindest – so nungs- und Vertragssystemen kritisch zu verfolgen. Auf diesen Schröder – gebe es die Notwendigkeit, „intensiver über den Hinweis legte auch Prof. Wille in seinem Vortrag Wert. Preis- und Qualitätswettbewerb nachzudenken.“ Preiswettbe- Im Bereich der Krankenhausinvestitionen wünschte sich werb solle in „bestimmten Feldern“ zugelassen werden. Dr. Schröder angesichts der um 40 Prozent gesunkenen Landes- Grundlage der Weiterentwicklung des DRG-Systems sollen mittel eine „intensive Bereitschaft zur Diskussion“. Der High- nach seinen Worten aber die Ist-Kosten der Krankenhäuser Tech-Betrieb Krankenhaus könne mit diesem Investitionsdefizit bleiben. Eine Arbeitsgruppe des Ministeriums sei damit be- insbesondere im Ausstattungsbereich die Anforderungen der schäftigt, Teilbereiche des „elektiven“, planbaren Leistungs- Zukunft nicht bewältigen. Die klassische Projektfinanzierung spektrums definitorisch abzugrenzen, in denen die neue sei nicht in der Lage, hierfür Lösungen zu bieten, selbst dann Form des Vertragswettbewerbs stattfinden soll. Schröder gab nicht, wenn die Finanzvolumina wieder ansteigen würden. Als offen zu, dass es sich dabei um einen „ganz schwierigen Pro- richtigen Ansatz sieht Schröder an die DRGs gebundene diffe- zess“ handele. Dennoch wolle das BMG „diesen Versuch star- renzierte Investitionspauschalen. Ein solches System setze ten“. Man verspreche sich von einem intensivierten preislichen Übereinkünfte zwischen Krankenkassen, Bund und Ländern Wettbewerb eine Effizienzsteigerung und Qualitätsverbesse- über die Aufbringung der Mittel voraus. „Technisch“ sei dies rung der Gesundheitsversorgung. Der „ganz entscheidende „kein großes Problem“, ein solcher „Umstieg“ sei jedoch zweifel- Punkt“, der für ein Höchstpreissystem spreche, sei, dass im los nicht „von heute auf morgen“ zu vollziehen. Fall einer angebotenen höheren Qualität durch einen Leis- Zur Planungsthematik entwarf Schröder eine Vision von tungsanbieter zu einem höheren Preis sofort die Diskussion „integrierter“ Versorgungsplanung mit vergleichbaren Vergü- darüber einsetzen werde, warum es diese höhere Qualität nicht tungs- und Qualitätsvoraussetzungen in den verschiedenen für alle gebe. Gesundheitssektoren und einer weiteren Öffnung der Kran- kenhäuser für die ambulante Behandlung. Innovationspfad im Krankenhaus Über die bestehende „Letztverantwortung“ für die Versor- gung der Bevölkerung mit Gesundheitsleistungen müsse an- Schröder bekannte sich zur stationären Versorgung als dem gesichts wachsender Wettbewerbselemente und sich verän- Ort, wo – auf der Basis hoch differenzierter und multiprofes- dernder Systeme neu nachgedacht werden. Ziel müsse sein, sioneller Kontrolle – der „zentrale Innovationspfad“ im Ge- dass die notwendigen Versorgungsangebote in den unter- sundheitswesen angesiedelt bleiben müsse. Daneben sei das schiedlich strukturierten Teilen des Landes gegeben seien und Ziel des GKV-WSG zu verfolgen, schrittweise im ambulanten die entsprechenden Instrumente hierfür zur Verfügung stün- und im stationären Bereich gleichwertige Maßnahmen mit den. Hier stünden weniger die Metropolen und dicht besie- gleichen Qualitätsstandards zu versehen und insoweit gleich delten Regionen, sondern eher die ländlichen Regionen im zu behandeln. Blickfeld. 104
das 2.2008 Krankenhaus Politik - (EALTH )NFORMATION 3YSTEMS Wasem Spieth Die Erwartungen der Krankenhäuser DKG-Präsident Dr. Rudolf Kösters formulierte in unmissver- ständlicher Art und Weise die Erwartungen der Krankenhäuser %INFACH RICHTIG an die Politik – sowohl hinsichtlich der aktuellen, sich zuspit- zenden Situation, als auch mit Blick auf die Zeit nach der Kon- vergenzphase. Die Themen Preisbildung, Preiswettbewerb und Einzelverträge, wie sie von manchen Krankenkassen, Poli- tikern und Wissenschaftlern für sinnvoll gehalten werden, müssten grundlegend aufgerollt werden, um an die wichtigen Tatbestände heranzukommen. Die an den Leistungen anset- zenden Fallpauschalen des DRG-Systems beinhalten seiner Auffassung nach deutliche soziale und sozialpolitische Kompo- SCHNELL nenten, was in der Regel vergessen werde. An den „nackten Personal- und Sachkosten“ eines sparsam wirtschaftenden Krankenhauses orientiert und ohne Gewinnanteile, Rückstel- -© (EALTH )NFORMATION 3YSTEMS BIETET lungen und Risikoprämien jährlich streng neu kalkuliert, seien DAS GANZE 3PEKTRUM INTELLIGENTER +LINIK die DRG-Preise in keiner Weise mit den frei floatenden Markt- 3OFTWARE AUS EINER (AND VOM $2' BIS preisen anderer Branchen zu vergleichen. Das Krankenhaus habe zudem eine Leistungsverpflichtung auch dann, wenn die ZUM 1UALITËTSMANAGEMENT ÄBERZEUGEN Preise nicht kostendeckend ausfallen. Hiermit werde der Si- 3IE SICH SELBST WIE SCHNELL UND SICHER cherstellungsauftrag der Länder erst ermöglicht. Wer die Kran- 3IE 1UALITËT UND "UDGET UNTER +ONTROLLE kenhäuser mit anderen Branchen vergleichen und ihnen dort BEKOMMEN -EHR )NFORMATIONEN UNTER praktizierte Preiswettbewerbsmodelle „über die Ohren“ ziehen ODER WWWM DRGDE wolle, müsse konsequenterweise auch darüber nachdenken, ob es in der Zukunft noch die Leistungspflicht der Krankenhäuser geben könne. Der DRG-Preis als Leistungspreis mit starken so- zialen und sozialpolitischen Implikationen lasse keinen Spiel- raum für Preisverhandlungen und Sanierungsbeiträge. Kein Platz für Preismanipulationen Ebenfalls sei künftig im DRG-System kein Platz vorhanden für Preisverfälschungen und -manipulationen durch die Anbin- dung der Budgets an die Grundlohnentwicklung. Die durch- schnittliche Entwicklung von Löhnen und Sachkosten müsse im DRG-Preis über die Landesbasisfallwerte abgebildet werden – wie in allen anderen Wirtschaftszweigen auch. Die DKG for- 105
das Politik Krankenhaus 2.2008 dere von der Politik angesichts der bevorstehenden Tarifsteige- n ein weiterer enormer Bürokratieaufbau für neue Abgren- rungen „gleiches Recht“ bei der Anpassung der Preise wie in zungs- und Kontrollfragen, anderen Branchen, und zwar nicht erst 2009, sondern bereits n eine Verschlechterung der Behandlungsqualität und 2008. Ansonsten würden die Krankenhäuser in eine desaströse n eine Forcierung der impliziten Rationierung. Entwicklung hineinlaufen. Kösters warnte vor unabsehbaren Konsequenzen in der stationären Versorgung und erinnerte Dies sollte die Politik sehr ernst nehmen. nachdrücklich daran, dass die Krankenhäuser bereits zum jet- zigen Zeitpunkt in einem scharfen Leistungs- und Qualitäts- Die Produktionsverhältnisse der Krankenhäuser sind laut Kös- wettbewerb untereinander stehen. Diesen Wettbewerb ange- ters ganz und gar nicht vergleichbar etwa mit denjenigen der sichts der wohl definierten und genau kalkulierten DRG-Leis- Pharmaindustrie. Rationalisierung und Automatisierung in tungen und -Vergütungen durch einen zusätzlichen fast menschenleeren Hallen mit langen Produktionsserien Preiswettbewerb anzuheizen, sei unverantwortlich. Die Folgen und hohen Skaleneffekten seien genau das Gegenteil dessen, wären was sich in den Krankenhäusern abspiele, wo eine größtmög- liche Individualität in der Leistungserbringung gefordert sei n eine Verschärfung der Unterfinanzierung der Kliniken, mit einer entsprechenden hohen Personalintensität. Wer Ver- n eine Verschlechterung der Weiterbildung der Ärzte, gleiche mit der Industrie ziehe, ohne auf diese fundamentalen n die sukzessive Beschneidung der Wahlfreiheit der Patienten, Unterschiede zu achten, disqualifiziere sich selber. Die Kran- n eine Schwächung der Rolle der Länder in der Krankenhaus- kenhäuser präsentierten ihre Leistungsfähigkeit mit einer bei- thematik, spiellosen Transparenzoffensive und stärkten damit die Patien- Zitate „Wir als Länderverantwortliche sind diejenigen, „Angesichts der Verhandlungsführung in den Tarif- die für die Bevölkerung und für die Leistungser- verhandlungen des öffentlichen Dienstes muss bringer vor Ort greifbar sind. Wenn es nach den Schluss sein mit der Budgetdeckelung. Diesen Plänen des Bundes geht, haben wir allerdings Druck halten die Krankenhäuser nicht aus.“ künftig im eigenen Land immer weniger zu sagen.“ „Wir halten an der Krankenhausplanung durch DKG-Vizepräsident Dr. Burghard Rocke die Länder fest. Weder kann ganz auf eine Kran- kenhausplanung verzichtet werden, noch sind an- „Die Grundlohnanbindung muss weg, es müssen dere Institutionen als die Länder in der Lage, eine vernünftige Systeme wie auch im niedergelassenen ausgewogene Krankenhausplanung und Kranken- Bereich eingeführt werden.“ hausversorgung zu gewährleisten.“ „Ich bin nicht bereit, eine weitere Stärkung zen- Dr. Hans Georg Faust, MdB (CDU/CSU) tralistischer Elemente in der Gesundheitsversor- gung in Kauf zu nehmen. Das ist mit dem Freistaat „Wer Krankenhäuser behandeln will wie Autohäu- Bayern nicht mehr zu machen.“ ser, liegt schief.“ Christa Stewens, bayerische Staatsministerin für Sozia- Frank Spieth, MdB (Die Linke) les und stellvertretende Ministerpräsidentin „Wenn wir kaufmännisch kalkulieren, dann haben „Der DRG-Preis als Leistungspreis mit starken sozialen die deutschen Krankenhäuser einen Gesamtumsatz und sozialpolitischen Implikationen lässt keinen Spiel- von 50 Mrd. f und einen investiven Bedarf von 7 raum für Preisverhandlungen und Sanierungsbeiträge bis 8 Mrd. f. Ich habe nicht gehört, wer bereit ist, und ebenso wenig Spielraum für Preismanipulationen diese Summen ins System einzuspeisen.“ durch die Grundlohnanbindung.“ „Die DKG fordert von der Politik angesichts der be- Wolfgang Gagzow, Geschäftsführer der Krankenhausge- vorstehenden Tarifsteigerungen gleiches Recht bei der sellschaft Mecklenburg-Vorpommern Anpassung der Preise wie in anderen Branchen.“ DKG-Präsident Dr. Rudolf Kösters 106
das Politik Krankenhaus 2.2008 Von links: Oberbürgermeister Franz Stumpf, Vorsitzender der Bayerischen Krankenhausgesellschaft; DKG-Hauptgeschäftsführer Georg Baum; Staats- ministerin Christa Stewens; DKG-Präsident Dr. Rudolf Kösters; BKG-Geschäftsführer Siegfried Hasenbein. Auf dem rechten Foto: Ministerialrat Dr. Gerhard Knorr und Prof. Dr. Eberhard Wille im Gespräch mit Staatsministerin Stewens. tensouveränität. Erst kürzlich habe der Bundesgerichtshof in geben und Kräfte freimachen. In der Qualitätssicherung müss- seiner Entscheidung zum Kartellrecht darauf hingewiesen, ten bundes- und landesweite Strukturvorgaben kompatibel ge- dass der Wettbewerb in der stationären Versorgung sich im macht werden. „Individuelle Gesundheitsleistungen“ („Igel- Verhältnis zwischen Krankenhäusern und Patienten anspiele Leistungen“) sollten in geeigneten Fällen auch von den Kran- und nicht zwischen Krankenhäusern und Krankenkassen. kenhäusern angeboten werden können. Bei der Debatte um Manchen Krankenkassen gehe es ohnehin nur um Preisdrü- Landes-/Bundesbasisfallwerte plädiere die DKG zunächst für ckerei in einem zum Teil erheblich vermachteten Markt. weitere Analysen der Entwicklung und der vorliegenden Die DKG sage ja zu einzelvertraglichen Regelungen im Be- Gründe; im Zweifelsfall werde von der DKG der Landesbasis- reich der Integrierten Versorgung mit innovativen, sektoren- fallwert bevorzugt. Der zentrale Punkt einer jeden Gesund- übergreifenden Leistungspaketen. Hier gehe es nicht um Ra- heitsreform müsse eigentlich die Auflösung des Investitions- battieren und Abkassieren, sondern um neue, komplementäre staus bei den Krankenhausinvestitionen sein. Hierfür sei ein Versorgungsformen zum Wohle der Patienten. Zunehmend Kraftakt aller unter Einschluss des Bundes erforderlich. wichtig werde unter DRG-Bedingungen die weitere Öffnung der Krankenhäuser für ambulante Behandlungen, auch unter Wissenschaft im Fokus bestimmten Voraussetzungen im Bereich der IV. Bei von nie- dergelassenen Ärzten eingewiesenen Patienten müsse für das Die Darstellungen der Wissenschaftler anlässlich der DKG-Ver- Krankenhaus Behandlungsfreiheit bestehen zwischen voll- anstaltung machten einmal mehr deutlich, dass methodische und teilstationärer oder ambulanter Behandlung. In diesem Untersuchungen der Thematiken Wettbewerb – durch Prof. Dr. Bereich bräuchten Krankenkassen und Krankenhäuser Ver- Eberhard Wille, Vorsitzender des Sachverständigenrates für die tragsfreiheit, einschließlich einer Preisvereinbarung. „Das Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen – und würde das stumpfe Rabattieren kappen und kreative Lösungen monistische Krankenhausfinanzierung – durch Prof. Dr. Jürgen zulassen“, so Dr. Kösters. Wasem – den konkreten Entscheidungs- und Umsetzungspro- zess nicht ohne Weiteres zu erleichtern vermögen. Dies zeigten Krankenhausplanung die Reaktionen der mitdiskutierenden Politiker und der übrigen Veranstaltungsteilnehmer. Die von Prof. Wille vorgetragenen 10 Der DKG-Präsident begrüßte zum wiederholten Male die Be- knappen Thesen zur Einbettung des Wettbewerbs in die Struk- reitschaft der Bundesländer, die Krankenhausplanung auf turen des Gesundheitswesens setzten an den einschlägigen Ver- eine Rahmenplanung zurückzuführen, welche sich auf die Pla- öffentlichungen im letzten Sachverständigengutachten an und nung von Standorten, medizinischen Fachgebieten und Not- bejahten sowohl den Qualitätswettbewerb als auch einen „mode- fallversorgung beschränke. Eine Detailplanung widerspreche raten Einstieg“ in einen partiellen Preiswettbewerb unter Be- der bereits heute bestehenden intensiven wettbewerblichen rücksichtigung von Qualitätsaspekten. Ausrichtung der Kliniken. Er sei froh, dass die Bundesländer Preiswettbewerb zwischen den Krankenhäusern diene als die vorhandenen DRG-Daten nicht zu einer differenzierten „Anreiz zur Hebung von Wirtschaftlichkeitsreserven“, trage je- Leistungsplanung nutzen wollten. Eine zurückgenommene doch nur dann zur Zielrealisierung bei, wenn die Qualität der Planung bedeute aber auch, dass plötzlich selbst kleinere Kran- Gesundheitsleistungen nicht darunter leide. Wettbewerb sei nie kenhäuser Schwerpunkte herausbilden könnten, die bisher Selbstzweck und dürfe nicht zu einem „Wettbewerbsfetischis- nur bei größeren Häuern angesiedelt waren. Mehr Freiheit in mus“ ausarten, sondern verfolge immer das Ziel der Verbesse- der Krankenhausplanung werde dem Wettbewerb der Kran- rung der gewünschten Ergebnisse. Sinkende Preise könnten kenhäuser untereinander noch einmal einen enormen Schub Qualitätsseinbußen bei Krankenhausleistungen nicht kompen- 108
das 2.2008 Krankenhaus Politik sieren. Umfragen belegten, dass Versicherte bei Gesundheits- die sich anschließende Podiumsdiskussion der Gesundheits- leistungen Qualitätseffekten eine höhere Bedeutung beimessen politiker. Er hoffe, dass sich die Länder in der Frage der Monis- als preislichen Komponenten. Deshalb komme im Gesundheits- tik mehr bewegen würden als zurzeit abzusehen sei. Den Kran- wesen dem Qualitätswettbewerb eine noch größere Bedeutung kenhäusern riet er, sich im eigenen Interesse vehement für die zu als dem Preiswettbewerb. Neben vielen weiteren wichtigen Monistik einzusetzen. Das „Totschlagargument“ verzerrter Aspekten des Wettbewerbs sei die Vermeidung von „monopolis- Startchancen aufgrund ungleich verteilter Fördergelder in frü- tischem Machtmissbrauch“ auf Seiten der Leistungserbringer heren Jahren könne durch intelligente Übergangslösungen sowie auf Seiten der Krankenkassen zu beachten. Zur Errei- entkräftet werden. An dieser Stelle würde es nach Wasems Dar- chung der gewünschten qualitäts- und leistungsfördernden Ef- stellung verschiedene mögliche Lösungsmodelle und eine wei- fekte reiche es aus, wenn 10 Prozent der Patienten von den gebo- tere „Konvergenz“ geben. Auch das 2. zentrale einschränkende tenen Wettbewerbselementen Gebrauch machten. Argument der DKG bei grundsätzlicher Zustimmung zum Prof. Willes Thesen gipfelten in der Propagierung sektoren- Thema Monistik – die Auflösung des Investitionsstaus – könne übergreifender „umfassender Versorgungseinheiten“ im Sinne nicht aufrechterhalten werden, schließlich existiere der Investi- vertraglich konstruierter regionaler Leistungsbündelungen. tionsstau bereits jetzt, und seine Beseitigung werde durch ein Dazu gehören nach seiner Darstellung unter anderem eine um- monistisches Finanzierungsmodell nicht weniger wahrschein- fassende Transparenz, qualitätsorientierte und sektorenübergrei- lich oder unwahrscheinlich als heute. fend ausgestaltete Vergütungssysteme, ein sukzessiver Übergang Grundsätzlich sieht Wasem die Monistik im DRG-System als zur monistischen Finanzierung im Krankenhausbereich und der Zuschlagsmodell zur Fallpauschale realisierbar – als einfachste partielle Rückzug des Staates aus der Planung im Sinne einer Not- Variante. Anspruchsvollere Varianten könnten die durchschnitt- fall-Rahmenplanung. Überregional operierende Versorgungsein- lichen Abschreibungskosten in die DRGs einkalkulieren. Mittels heiten unter einem bestimmten „Label“ seien vorstellbar. bundeslandspezifischer Investitionsbasisfallwerte sei es mög- lich, regionale Unterschiede in der Investitionsfinanzierung an- Monistik: Theorie klar – Umsetzung kompliziert zupassen, auch hier wieder gekoppelt mit einem weiteren, noch zu bestimmenden Konvergenzprozess. Hier sieht Wasem einen Prof. Wasem lieferte mit seinem Plädoyer für die Monistik in „praktikablen Weg“, um die Interessen der Länder mit einer bis- der Krankenhausfinanzierung eine differenzierte Vorlage für her unterschiedlich hohen Investitionstätigkeit auszubalancie- 109
das Politik Krankenhaus 2.2008 ren. Auf jeden Fall werde die Einführung der Monistik die Rolle der Krankenhausplanung und der Sicherstellungsfrage verän- dern. Ansonsten könne jedoch ein monistisches Finanzierungs- system mit verschiedenen ordnungspolitischen Vorstellungen der Krankenhaus-Systemsteuerung verbunden werden. Über- gangsprobleme sollten nicht dazu führen, den „Zug in die rich- tige Richtung“ zu stoppen. Monistik: „Ja, aber. . .“ Nicht zufällig wurde in der politischen Runde zu dieser The- matik durchgängig mit einem „Ja, aber. . .“ geantwortet. „Theo- rie ja, Praxis nein“ – so der kurz und bündig ausfallende Kom- mentar von Dr. Hans Georg Faust, MdB (CDU/CSU) zum Von links: DKG-Präsident Dr. Rudolf Kösters, BMG-Staatssekretär Dr. Klaus Übergang auf die monistische Finanzierung. Nach seinen eige- Theo Schröder, DKG-Hauptgeschäftsführer Georg Baum nen Erfahrungen als Krankenhausarzt werde er seiner Fraktion weder den Übergang auf die Monistik noch die Einführung se- sehe nichts Verwerfliches darin, für die Häuser, die man zur Ver- lektiver Vertragsmöglichkeiten im Kernbereich der Kranken- sorgung braucht, die realen Kostensteigerungen in Ansatz zu hausleistungen empfehlen können. Mit den Einnahmen aus bringen.“ Vom Prinzip her habe die Grundlohnsummensteige- elektiven Leistungen würden in vielen Krankenhäusern auch rung nichts mit dem zu tun, was die Krankenhäuser für die Fi- Notfallvorhaltungen und wichtige Leistungen in anderen Be- nanzierung ihres Betriebs brauchen. reichen des Krankenhauses mitfinanziert. Wenn diese Dinge Daniel Bahr, MdB (FDP), gesundheitspolitischer Sprecher getrennt würden, führe dies zu unerwünschten Veränderun- seiner Fraktion, antwortete auf die Fragen des Moderators, Pe- gen in der Versorgungslandschaft, insbesondere in ländlichen ter Thelen, zumindest hinsichtlich eines der beiden zentralen Regionen. Diese Einschätzung wurde in der späteren Diskus- Themen der Diskussionsrunde eher skeptisch. Dass unter den sion unter Einbeziehung des Auditoriums von verschiedenen Bedingungen des Gesundheitsfonds den Krankenkassen die Veranstaltungsteilnehmern bekräftigt. Die Einbeziehung des Möglichkeit gegeben werden solle, ihre Monopol- und Macht- „Normalfalls“ der Versorgungslandschaft in Deutschland, des stellung durch Einzelverträge gegenüber den Leistungserbrin- ländlichen, eher dünn besiedelten Raumes, führe die ausgefeil- gern durchzusetzen, sei nicht als positiver, funktionsfähiger ten Diskussionen über Wettbewerbsmodelle und Monistik im Wettbewerb zu bezeichnen. Eine Ausrichtung des Gesund- normalen Versorgungsalltag ad absurdum. Beherrscht von der heitswesens insgesamt, auch des Krankenkassensystems, eher Vorstellung der Situation in Großstädten und in Ballungsräu- in Richtung Marktwirtschaft als in Richtung Planwirtschaft sei men, droht offenbar der Blick und das Verständnis für die reale dennoch wünschenswert, auch mit Einzelverträgen, aber nur, Welt der stationären Strukturen verloren zu gehen. „wenn die Rahmenbedingungen stimmen“, ebenso die Monis- tik „aus einer Hand“. Der Krankenhausmarkt sei jedoch „kein Konvergenz, Konsolidierung, Stabilisierung Markt wie jeder andere“. Die Kopplung der Krankenhausaus- gaben an die Grundlohnsumme sieht er als überholt an, über Nach Dr. Fausts Überzeugung zeigt die Haltung der Arbeitgeber andere Lösungen müsse nachgedacht werden. im aktuellen Tarifkonflikt die erheblichen Zielkonflikte und In- Birgit Bender, MdB (Bündnis 90/Die Grünen), gesundheits- teressengegensätze, die den Krankenhausbereich seit Jahren be- politische Sprecherin ihrer Fraktion, befürwortete sowohl die herrschen. Die Krankenhäuser hätten in der bald zu Ende gehen- Monistik als auch den Vertragswettbewerb. Wettbewerb benö- den Phase der Konvergenz des DRG-Systems schwierige und oft tige jedoch einen deutlich ausgestalteten Ordnungsrahmen schmerzliche Anpassungsprozesse meistern müssen. Insge- und eine Wettbewerbsaufsicht, damit er nicht zu Lasten der samt sei jahrelang ein erheblicher ökonomischer Druck auf die Qualität gehe. Niemand habe ihr bisher die Abgrenzung zwi- gesamte Krankenhauslandschaft ausgeübt worden mit überwie- schen elektiven Leistungen und Notfallversorgung erklären gend positiven Reaktionen im Sinne der Ausnutzung von Syner- können. Das Thema Wettbewerb passe im Übrigen nicht zum gieeffekten, Kooperationen, Fusionen und Effizienzsteigerun- Einheitsbeitragssatz des Gesundheitsfonds. In dieser Frage sah gen. Diesen Prozess könne man nicht endlos fortsetzen, denn sich Bender in einer Front mit Daniel Bahr. Auch in der Frage am Ende sei die „Zitrone ausgequetscht“. Die Politik müsse über- der Monistik – wie von Prof. Wasem vorgetragen – sah Bender legen, wann dieser Zeitpunkt erreicht sei und wann die Phase einen Gegensatz zwischen der technischen Machbarkeit und der Konsolidierung in eine Phase der Stabilisierung übergehen der politischen Umsetzbarkeit. Anstatt theoretische Modelle müsse, um die vorhandenen versorgungsnotwendigen Kran- durchzudiskutieren, sei es sinnvoller, die nächsten konkreten kenhäuser zu erhalten. Seiner Einschätzung nach ist die „Umfor- Schritte unter der Beteiligung der Länder zu eruieren. Hierfür mungsphase“ noch nicht ganz abgeschlossen. In der aktuellen müsse die „Einpreisung“ der Investitionskosten in die DRGs Situation seien 0,64 Prozent Grundlohnsummensteigerung als beginnen und den Kassen ein Einsteigen in die Planungs- Marge für finanzielle Spielräume nicht ausreichend. Faust: „Ich und Finanzierungsverantwortung ermöglicht werden. Auch 110
das Politik Krankenhaus 2.2008 für Bender bildet die Grundlohnanbindung kein Dogma, es zwiespältig. „Die Länder fordern die Beibehaltung der Kompe- müssten jedoch andere Steuerungsmöglichkeiten gefunden tenzen in der Krankenhausplanung – es wäre schön, wenn sie werden, eine Auffassung, die auch Frank Spieth, MdB, gesund- sie auch ausfüllen würden.“ Dies sei offensichtlich nicht im- heitspolitischer Sprecher der Fraktion der Linkspartei, teilte. mer der Fall. Eine Gießkannenförderung mit immer weiter schrumpfenden Investitionsmitteln beantworte nicht die Qualität und Flächenversorgung Frage, wie viele Krankenhäuser gebraucht würden, wie groß sie sein sollten, wie ausgestattet und in welcher Weise interdis- Spieth formulierte ein „klares Nein“ zur Monistik. Sein ebenso ziplinär verflochten. Wenn in den Krankenhäusern mehr Geld klares Nein zu selektiven Verträgen begründete er mit dem Ver- gebraucht werde, müsse die Frage geklärt werden, woher die weis auf das Grundgesetz und die dort festgelegten Grundlagen zusätzlichen Mittel kommen sollen – eine Frage, die angesichts der Daseinsvorsorge des Staates. Betriebswirtschaft dürfe nicht des bevorstehenden Gesundheitsfonds noch wesentlich kom- zum Grundsatz in einem solidarischen Versorgungsbereich er- plizierter werde. klärt werden. Nach seiner Auffassung werde der Gesundheits- Theo Riegel (VdAK) plädierte überzeugt und aus grundsätz- fonds bei den Krankenkassen den Reflex auslösen, dass sie alles lichen Erwägungen heraus für die Monistik, angesichts der zu tun, um den Zusatzbeitrag zu vermeiden. Deshalb würden die erwartenden Umsetzung mit einem von ihm prognostizierten Krankenkassen versuchen, mit Einzelverträgen Preisdrückerei Rückzug der Länder aus der Finanzierung lehnte er sie aber zu betreiben. Nach seiner Meinung müsste nach der Einführung dennoch ab. Im Bereich der Einzelverträge wünschte er sich des DRG-Systems zunächst ein Stopp gemacht werden und das die qualitative Herauslösung von „Kreativbereichen“ aus den erfolgen, was im Gesetz auch vorgesehen sei: die Auswirkungen „Standardbereichen“ des Leistungsspektrums, um die innova- durch eine entsprechende Begleitforschung hinsichtlich der tiven Krankenhäuser besser zu stellen als andere. Dies solle als Qualität und der Flächenversorgung genauer zu untersuchen. „Einstieg“ über den IV-Bereich hinausgehen im Sinne eines Hier werde seiner Auffassung nach „schon wieder das Kind mit „Zwei-Säulen-Modells“. Es dürfe aus Krankenkassensicht nicht dem Bade ausgeschüttet“ und über Monistik sowie über selektive immer nur um Preisdrückerei gehen oder um die Einweisung Verträge diskutiert, ohne zu wissen, welche Folgen das Fallpau- von Patienten in das „billigste“ Krankenhaus. Die nötigen qua- schalensystem für die Gesundheitsversorgung bis jetzt gehabt litativen Daten lägen inzwischen vor, um Vergütungen in Ein- habe. In seiner Replik auf Spieths Äußerung bekräftigte Dr. Kös- zelverträgen nach der Höhe der Qualität zu bemessen. Riegel ters die Notwendigkeit einer qualifizierten Begleitforschung, um sprach sich als einziger Podiumsteilnehmer strikt gegen eine die Auswirkungen des DRG-Systems auf das gesamte Versor- Änderung der Grundlohnanbindung aus, weil dies einen Sig- gungssystem zu erfahren. Hierbei sollten sich die Krankenkas- nalcharakter auch für andere Leistungsbereiche hätte und sen nicht auf eine Eigenanalyse des internen Datenbestandes be- nicht vertretbare Ausgabensteigerungen der Krankenkassen schränken, sondern das Thema sollte einer neutralen wissen- nach sich ziehe. schaftlichen Institution als Aufgabe übertragen werden. Für Eike Hovermann, MdB (SPD), klangen die Bekennt- Bericht: Diplom-Volkswirt Peter Ossen, Chefredakteur nisse zur Länderverantwortung in der Krankenhausversorgung Alle Fotos: Klaus Mihatsch „Die demographische Entwicklung stellt uns auch Die Krankenhäuser sind in im Krankenhausbereich vor große Herausforderun- vielerlei Hinsicht belastet. Im gen. Wir werden sie im Freistaat Sachsen früher zu Rahmen des nun anstehenden spüren bekommen als andere Regionen. Die Be- Gesetzgebungsverfahrens handlung von alten Menschen ist erheblich auf- werden wir deshalb auch prü- wändiger – auch im Hinblick auf die Kosten – als fen, ob wir Initiativen zum die von jüngeren Menschen. Der Bedarf an statio- Sanierungsbeitrag, zur Ver- närer Gesundheitsversorgung wird wachsen, damit längerung des § 71 Absatz 3a auch die Verantwortung, die wir alle tragen. Wir Satz 2 SGB V für das Jahr 2008 wollen uns dieser Verantwortung stellen. und zu einer Ausgleichsrege- lung für die über die Veränderungsrate hinausgehenden Bei der Frage der künftigen Krankenhausversor- tariflichen Mehrkosten einbringen.“ gung werden wir auch weiterhin für die Beibehal- tung der dualen Finanzierung eintreten. Kranken- Helma Orosz, Staatsministerin für Gesundheit und So- hausplanung und -finanzierung müssen bei den ziales des Freistaates Sachsen, in einem Grußwort zur Ländern bleiben; nur so können die Länder ihren Jahresmitgliederversammlung der Krankenhausgesell- Sicherstellungsauftrag erfüllen. schaft Sachsen im Dezember 2007 112
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