Geheimnis um Struwwelpippi - Das - moien.lu

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Geheimnis um Struwwelpippi - Das - moien.lu
Das
  Geheimnis
um Struwwelpippi
   Das Struwwelpippi Audiobook

 20 Jahre Struwwelpippi Kinder- und
     Jugendbuchautorenresidenz
Geheimnis um Struwwelpippi - Das - moien.lu
Struwwelpippi Audiobook, Echternach 2021

Herausgegeben von und mit der Unterstützung vom:
Ministère de la Culture, Luxembourg
Centre national de littérature Mersch
Amicale Millemoaler Schull Eechternoach asbl
Ville d’Echternach
Trifolion Echternach asbl

Aufnahme: März 2021 | Trifolion Echternach
Postproduktion: Nils Doppelhamer | Trifolion Echternach
Eingelesen von Eugénie Anselin und Nickel Bösenberg

Layout / Illustrationen: Bakform
Geheimnis um Struwwelpippi - Das - moien.lu
20 Jahre Struwwelpippi

Der Struwwelpeter von Heinrich Hoffmann und Astrid Lindgrens Pippi Lang-
strumpf mögen den meisten bekannt sein. Doch wer oder was ist eigentlich
Struwwelpippi?

Zusammengesetzt aus den Namen dieser beiden bekannten Kinderbuchfigu-
ren, dem moralisierenden Struwwelpeter und der unkonventionellen Pippi
Langstrumpf, steht die Figur Struwwelpippi für alle AutorInnen, die sich auf die
Reise nach Echternach begeben haben, um hier während eines Monats ihr jun-
ges Lesepublikum mit ihren fabelhaften Erzählungen und ihren wilden Aben-
teuergeschichten zu begeistern.

Seit nunmehr 20 Jahren empfängt die Stadt Echternach jedes Jahr eine(n)
deutschsprachige(n) Kinder- und JugendbuchautorIn, der/die während einer
vierwöchigen Autorenresidenz in einem spätgotischen Haus mitten in Echter-
nach wohnt. Ein umfangreiches Leseprogramm, das in den Schulen und Biblio-
theken der Region angeboten wird, sowie ein vielsprachiges Umfeld, das durch
ein Neben- und Miteinander von Luxemburgisch, Deutsch und Französisch ge-
kennzeichnet ist, bestimmen während des Aufenthaltes den Alltag des Autors/
der Autorin. Ziel der Autorenresidenz ist es, Kindern die Freude am Lesen zu
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vermitteln und sie für die Welt der Literatur zu begeistern. Durch den persön-
lichen Kontakt mit dem/der AutorIn können sie in die faszinierende Welt der
Geschichten eintauchen und eine ganz eigene und individuelle Beziehung zur
Sprache, dem Lesen und der Literatur entwickeln.

Die Leseförderung von Kindern ist heutzutage, im digitalen Zeitalter mit der
damit einhergehenden Informationsflut, von besonderer Bedeutung. In diesem
Kontext bietet das Medium Buch Kindern einen sicheren Rückzugsort und eine
Auszeit aus der Welt der Streamingangebote, Bildschirme und Smartphones,
die fast schon selbstverständlich zur Freizeitgestaltung von Kindern eingesetzt
werden. Bücher sind und bleiben wichtig für die Wissensvermittlung und Bil-
dung unseres Nachwuchses. Bücher machen unsere Kinder zu reflektierten Mit-
bürgern. Wer gerne liest, langweilt sich nicht. Und ganz nebenbei werden beim
Lesen schulische Kompetenzen sowie vernetztes und kritisches Denken geför-
dert und die Fantasie angeregt. Eigenschaften, die von großem Nutzen sind,
gerade wegen der Omnipräsenz digitaler Medien und der Beeinflussung durch
jene digitale Medien, die sich stetig weiterentwickeln und das Wissen undiffe-
renziert in allen Formen und Formaten zur Verfügung stellen. Doch auch das
gedruckte Buch hat sich im Wandel der Zeit weiterentwickelt. Hörbücher sind
heutzutage sehr beliebt und bieten ein lebendiges Hörerlebnis. Deshalb wollen
die Organisatoren zum Anlass des 20. Geburtstages der Autorenresidenz mit
dem Struwwelpippi-Audiobook eine Brücke zwischen dem gedruckten Buch
und der digitalen Welt schlagen.

Die ehemaligen Struwwelpippi-LaureatInnen der Kinder- und Jugendbuchau-
torenresidenz haben sich intensiv mit der Struwwelpippi-Figur auseinanderge-
setzt und lüften jeweils in einer Kurzgeschichte das Geheimnis um „ihre/ihren“
Struwwelpippi. Die einzelnen Beiträge können über einen QR-Code eingehört
oder auf der Internetseite zum Lesen abgerufen werden.

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Ich möchte mich ganz herzlich bei den Projektpartnern der Autorenresidenz,
dem Centre national de littérature, der Gemeinde Echternach, der Amicale
Millermoaler Schull Eechternoach und dem Trifolion Echternach bedanken.
In Zusammenarbeit mit dem Kulturministerium hat jeder dieser Partner mit
viel persönlichem Einsatz die Struwwelpippi-Autorenresidenz begleitet und da-
mit einen nachhaltigen Bildungsbeitrag für unsere Kinder geleistet. Auch al-
len Struwwelpippi-AutorInnen, die über die Jahre nach Echternach gekommen
sind, möchte ich meinen tiefen Dank aussprechen. Sie alle haben auf ihre ganz
persönliche Art einen literarischen Abdruck in Echternach und einen bleiben-
den Eindruck bei ihrer jungen Leserschaft hinterlassen.

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                                 Sam TANSON
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                                   Kulturministerin
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So funktioniert das
             Struwwelpippi - Audiobook

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             Such dir einen Titel oder einen Struwwelpipi-­Autor
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                                      2
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                          eines Smart Phones ein
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                   Los geht’s, starte die Audiodatei mit der
                         ­Struwwelpippi Geschichte
                                      5
                         Viel Spaß beim Reinhören!

Auf der Struwwelpippi Internetseite http://struwwelpippi.literaturarchiv.lu
             findest du alle Kurzgeschichten auch zum Nachlesen.

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Alle Struwwelpippis
   auf einen Blick

2020    Martina Wildner         S. 8

2019   Nina Blazon              S. 10

2018   Anne C. Voorhoeve        S. 12

2017   Christina Erbertz        S. 14

2016   Kathrin Schrocke         S. 16

2015   Kilian Leypold           S. 18       2008   Dietlof Reiche

2014   Finn-Ole Heinrich        S. 20       2007   Doris Meißner-    S. 32

                                                   Johannknecht
2013   Andrea Karimé            S. 22

                                            2006   Bettina Obrecht   S. 34

2012   Frank Maria Reifenberg   S. 24

                                            2005   Karin Gündisch    S. 36

2011   Andrea Hensgen           S. 26

                                            2004   Martin Klein      S. 38

2010   Jutta Richter            S. 28

                                            2003   Regula Venske
2009    Manfred Theisen         S. 30

                                            2002   Irma Krauß

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                           Martina Wildner        2020

                      Martina Wildner, geboren 1968 im
                     Allgäu, studierte erst Islamwissenschaften
                  in Erlangen, dann Grafikdesign an der
Fachhochschule Nürnberg. 2003 gewann sie mit „Jede Menge
Sternschnuppen“ den Peter-Härtling-Preis, schrieb danach
mehrere Bücher in verschiedenen Verlagen und wurde 2012 mit
„Das schaurige Haus“ für den Deutschen Jugendliteraturpreis
nominiert, den sie 2014 für „Königin des Sprungturms“ erhielt.
„Das schaurige Haus“ wurde u.a. vom ORF verfilmt und hatte
im Herbst 2020 in Wien Premiere. Leider konnte der Film nicht
anlaufen. 2020 ist Martina Wildner die Laureatin der 19. Auflage
der Struwwelpippi Kinder- und Jugendbuchautorenresidenz in
Echternach. Da die Residenz coronabedingt verschoben wurde
ist Martina Wildner nun Struwwelpippi Autorin 2021.

Im Frühjahr 2021 erscheint ihr neuestes Buch „Der Himmel
über dem Platz“.

www.marimawi.de

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Pippilotta Struwweliana

G     egen 21.33 Uhr setzte ich mich auf mein Bett und wippte fünfmal. Das
      machte ich bei jedem neuen Bett, denn damit sagte ich ihm „Hallo!“ Das
Bett antwortete dann eventuell mit einem Quietschen, Ächzen oder Knarren.
Weniger temperamentvolle Betten antworteten vielleicht auch nur mit einem
leisen Rascheln der Decken. Dieses jedoch gab keinen einzigen dieser Laute von
sich. Das fand ich verdächtig.

Draußen regnete es. Vor etwa zwei Stunden und 47 Minuten war ein donnern-
des Gewitter über das Haus gefegt. Ich war, statt in ein Restaurant zu gehen,
im Haus geblieben und hatte meine übriggebliebene Brotzeit von der Zugfahrt
aufgegessen: ein von meinem Mann mit viel Liebe selbstgebackenes Brot mit
kaltem Braten, den er mir extra noch gekauft hatte – für meine lange Reise.

Jetzt wollte ich schlafen. Ich ging meistens früh zu Bett, denn ich stand gerne
früh auf, um dann gleich zu arbeiten. Das war hier nämlich meine Hauptauf-
gabe: Ich sollte einen Monat in diesem Haus an einem Buch schreiben. Darauf
freute ich mich...

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                                  Nina Blazon
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                       Nina Blazon wurde 1969 in Koper
                     (Slowenien) geboren. Nach dem Studium
                  der Germanistik und Slawistik arbeitete sie
als Redakteurin und Texterin, und war als Lehrbeauftragte an
den Universitäten Tübingen und Saarbrücken tätig. Seit 2003
ist sie hauptberuflich Schriftstellerin. Inzwischen hat sie mehr
als vierzig Romane in den Bereichen Kinder- und Jugendbuch,
Historie und Belletristik verfasst. Ihre Werke wurden vielfach
ausgezeichnet, unter anderem mit dem Deutschen Phantastik
Preis und dem Lesekompass der Leipziger Buchmesse.

www.ninablazon.de

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Spy Cat

I nzwischen bin ich ziemlich sicher, dass die Katze etwas im Schilde führt. Auch
  heute sitzt sie wieder in dem mit Rosen gesäumten Hof des Altstadthäuschens
und starrt in das Fenster. Auf der anderen Seite der Fensterscheibe sitze ich und
versuche mir Kaffee einzuschenken, ohne etwas zu verschütten. Denn wenn
man mit einem so durchdringenden und (ehrlich gesagt) auch leicht irren Blick
angestarrt wird, kann man schon etwas nervös werden. Anfangs hatte ich mich
deshalb mit dem Morgenkaffee ins Wohnzimmer im ersten Stock verzogen,
aber Spy Cat (wie ich sie inzwischen nenne) kletterte einfach zum Balkon des
Nebenhauses und observierte mich von dort aus. Auf dem Balkon scheint es be-
quem zu sein, denn sie legt sich dort immer gemütlich hin und packt ihre Vor-
derpfoten unter die flauschige Katzenbrust. Ich stelle mir oft vor, was sie wohl
im Fenster sieht: eine Autorin in einer hellen Strickjacke, die an dem kleinen
Tisch am Fenster sitzt. Die Brille auf der Nase und tief über ihr Laptop gebeugt
versucht sie neue Geschichten zu schreiben, aber immer wieder prüft sie mit
einem verstohlenen Blick, ob sie noch beobachtet wird. Und ja, das wird sie!

„Nein, das wirst du nicht“, sagt meine Schwester, als ich ihr am Telefon von Spy
Cat berichte...

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                                       Anne Charlotte Voorhoeve
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                       Anne Charlotte Voorhoeve, geboren
                      1963, studierte Politologie, Amerikanistik,
                   Alte Geschichte und Komparatistik in
Mainz und Maryland/USA. Sie arbeitete als Redakteurin und
Lektorin sowie in der Öffentlichkeitsarbeit. Seit 2000 ist sie
freiberuflich als Autorin tätig, lebt und arbeitet in Berlin und
schreibt am liebsten historische Romane, für die sie zahlreiche
Auszeichnungen erhielt. Hierzu zählen der Buxtehuder Bulle
2008 für „Liverpool Street“, der Batchelder Award 2013 für das
beste ins amerikanische Englisch übersetzte Jugendbuch („My
Family for the War“), sowie 2005 eine Nominierung für den
Deutschen Jugendliteraturpreis für „Lilly unter den Linden“.
Ihr Kinderbuch „Wir 7 vom Reuterkiez“ erhielt den Leipziger
Lesekompass 2017.

Anne C. Voorhoeves historische Romane sind klassische
„All-Ager“. Sie erzählen aus der Perspektive einer jugendlichen
Hauptfigur von dramatischen Kapiteln der jüngeren
deutschen Geschichte, wie dem Stauffenberg-Attentat, den
Kindertransporten nach England, dem jüdischen Exil in
Shanghai, dem Kampf um die Insel Helgoland oder der
Schneekatastrophe in Norddeutschland 1978.

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Der Geburtstag

Von einem Kind hat mir niemand etwas gesagt!

Es steht neben den Koffern im Vorraum, während der neue Struwwelpippi noch
das Auto ausräumt, und guckt mich so direkt und stirnrunzelnd an, dass meine
Füße vor Schreck auf dem Boden kleben bleiben. Was ich jetzt augenblicklich
tun sollte, ist schon klar: durch die Tür der Abstellkammer verschwinden. Aber
damit habe ich nicht gerechnet. Nicht mit dem Kind, und nicht mit der noch
böseren Überraschung.

Dieses Kind kann mich sehen!

Draußen tuckert immer noch der Traktormotor, während der Nachbar gedul-
dig darauf wartet, dass der Struwwelpippi endlich das Auto aus der Einfahrt
fährt. Der Mann scheint für die vier Wochen eine Menge Zeug dabei zu haben.
Was das betrifft, hatten wir hier schon alles: vom kleinsten Rollköfferchen der
Minimalisten bis hin zu Umzugskartons.

„Vincent, hilf mir doch mal!“...

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                       Christina Erbertz             2017

                       Christina Erbertz studierte Anglistik in
                      Bochum und Drehbuchschreiben an der
                   Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin.
  Sie konzipierte und schrieb zahlreiche Fernsehserien für Kinder
  (u.a. Löwenzahn, Beutolomäus, Hexe Lilli). Bei Beltz & Gelberg
  erschienen von ihr die Kinderbücher „Freddy und der Wurm“,
  „Der Ursuppenprinz“, „Die Helikopterbande und das Raubtier
  aus China“ sowie der Jugendroman „Drei (fast) perfekte
  Wochen“, der 2018 mit dem Hans-Im-Glück-Preis ausgezeichnet
  wurde. Christina Erbertz wohnt mit ihrer Familie in Berlin.

                                 14
Joana und ihre Geister

S    ie hatte sich für das Schlafsofa entschieden. Auf keinen Fall wollte Joana
     oben schlafen, auf der winzigen Etage mit den beiden Einzelbetten. Dazwi-
schen standen nur zwei Nachttische und das war definitiv zu wenig. Nicht, dass
sie ihre Mutter nicht mochte, sie liebte sie, aber sie war 14.

„Willst du noch einen Tee?“, rief ihre Mutter von der schmalen Küche im Erd-
geschoss zu ihr nach oben und über das laute, unruhige Blubbern des Wasser-
kochers hinweg.

„Nein, danke!“ Joana sah weiter starr auf ihr Smartphone, als könne sie so eine
Nachricht von Mattis erzwingen.

„Was?“, rief ihre Mutter.

Joana legte ihr Telefon weg und stand auf. Ihre Mutter war nervös, die erste
Lesung heute Abend war eine große Sache. Den ganzen Monat über würde sie
dann an Luxemburger Schulen lesen und Joana hier in Echternach aufs Gym-
nasium gehen. Sie musste eben mit, sie musste immer mit. Ihr Vater hatte sich
seit Jahren nicht mehr bei ihr gemeldet...

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                                    Kathrin Schrocke
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                      Kathrin Schrocke wurde 1975 in Augsburg
                    geboren. Nach ihrem Germanistik-
                  und Psychologiestudium war sie als
Pressereferentin im Verlagswesen tätig, arbeitete als Journalistin
sowie als Dozentin in der Erwachsenenbildung. Seit 2005 ist sie
als freischaffende Autorin tätig und widmet sich vor allem dem
realistischen Jugendroman. Für ihre Bücher betreibt sie oft eine
langjährige Recherche. So erlernte sie für die Arbeit an „Freak
City“ Gebärdensprache. In ihrem Buch „Immer kommt mir
das Leben dazwischen“ greift sie auf Erfahrungen ihrer Jahre in
einer Wohngemeinschaft mit 40 Bewohnern zurück. Kathrin
Schrockes Bücher wurden in verschiedene Sprachen übersetzt
und mit vielen Preisen ausgezeichnet. Zuletzt erhielt sie den
Lesekompass der Stiftung Lesen für besonders empfehlenswerte
Jugendliteratur.

www.kathrin-schrocke.de

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Microchiroptera struwwelpippilensa

Ich muss eine Warnung aussprechen, denn in dieser Geschichte kommen
 Schriftsteller zu Schaden. Nicht ihre Gesundheit, aber ihre geheiligte Nacht-
ruhe und ihre schicke Frisur. Wer außerdem Angst vor mausartigen Tieren hat,
der sollte an dieser Stelle besser nicht weiterlesen.

Was soll ich sagen? Mit der Anreise in Echternach war ich noch der größen-
wahnsinnigen Überzeugung, ich selbst könnte dieses sagenumwobene Struw-
welpippi sein. Hatte es nicht im offiziellen Brief der Jury geheißen, ich sei aus-
erwählt worden? Hatte man nicht extra für mich ein historisches Haus frei
geräumt? Hatte man mich nicht mit einem magisch anmutenden Briefumschlag
voller Geld in Empfang genommen? Ganz so, als wäre ich das Struwwelpippi
höchstpersönlich? Wahrscheinlich hätte ich spätestens beim Geld misstrauisch
werden müssen. Lebenshaltungskosten? Dass ich nicht lache! In Wahrheit ist es
Schweigegeld. Trotzdem erzähle ich euch folgende Geschichte: Ich bezog also
mein Quartier. Das Haus war das älteste der Stadt, hübsch eingerichtete und
sehr gemütlich. Aber schon in der ersten Nacht wurde ich unsanft geweckt. Et-
was flatterte zwischen meinen Augenbrauen. Es roch nach einem Gummibär-
chen-Lakritze-Gemisch und ein kleines Stimmchen durchbrach schrill meine
Träume. Ich hatte von einem Wartezimmer geträumt. Gähnend leer und nir-
gends Zeitschriften, Bilder oder Bücher…

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                           Kilian Leypold             2015
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                           Kilian wurde 1968 in Nürnberg geboren;
                         studiert in Erlangen Philosophie, Slavistik
                       und Osteuropäische Geschichte, bekommt
     1994 in St. Petersburg zum Geburtstag einen Wobla geschenkt
     und gründet 1995 mit anderen das THEATERWOBLIST;
     schreibt Minidramen und Geschichten, später Romane für
     Kinder und Hörspiele, die er oft selbst inszeniert. Erhält für
     seine Arbeit diverse Preise und Stipendien.
     Hat einen erwachsenen Sohn und eine Tochter, lebt als freier
     Autor und Hörspielregisseur seit dem Jahr 2000 in München.

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Das Geheimnis des 3. Fensters

I ch bin alle Kinder in einem Kind. Und einmal im Jahr schicken sie einen oder
  eine, die mir auf die Spur kommen soll. Die sitzen dann da drüben in der
scheißalten schmählich erbärmlichen Bruchbude mit den schmalen hohen
Fenstern und suchen nach mir.

Als ich ins Gotische Haus eingezogen bin, um da einen Monat lang zu wohnen,
Autorenresidenz, Stadtschreiber zu Echternach sozusagen, ist mir nach einiger
Zeit was aufgefallen: rechts von meinem Haus war eine Wand. Nur ganz oben
gab es eine Reihe von drei Fenstern. Der Rest war Mauer. Keine Tür, kein an-
deres, tiefer liegendes Fenster. Nichts. Wie ein Verlies. Wer oder was war da
eingesperrt?

Nachdem ich einige Tage lang immer wieder auf diese Wand gestarrt hatte,
schrieb ich irgendwann das auf ein Blatt Papier:

Es war einmal eine Mauer mit drei Fenstern.

Hinter dem ersten Fenster lebte ein Mädchen, sie war ungefähr sechs Jahre alt,
hatte ein oder zwei kleinere Geschwister und hieß Djiou...

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                                                               2014

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                                       Finn-Ole Heinrich
                       *1982, Geschichtenerzähler und
                     Performer. Schreibt Bücher, Drehbücher
                  und Stücke für Kinder und Erwachsene. Für
seine Arbeiten hat er zahlreiche Preise und Auszeichnungen
bekommen: unter anderem den LUCHS-Jahrespreis, den
Deutschen Jugendliteraturpreis und den Strittmatter-
Drehbuchpreis. Finn-Ole Heinrich tritt gerne und viel und
eigentlich überall auf. Allein, zu zweit, mit Musikern oder
einem ganzen kleinen Orchester.

www.finnoleheinrich.de

                                               20
Eine Taubenfeder

f  iel von der Bahnhofsdecke, schraubte sich tänzelnd und wie in Zeitlupe zu
   Boden. Ich freute mich über diesen kleinen Moment, ich übe das schon seit
einer ganzen Weile: die kleinen Dinge im Alltag wahrzunehmen. Sie versüßen
einem das Leben, wirklich wahr. Es ist so einfach und gleichzeitig so schwer.
Jedenfalls: ich sah mich um. Keiner außer mir hatte die Feder zu Boden se-
geln sehen, keiner hatte diesen Moment bemerkt, obwohl das Gleis für sechs
Uhr morgens erstaunlich gut gefüllt war. Die Welt hatte dieses kleine Schauspiel
tatsächlich nur für mich aufgeführt. Ich erinnere mich aus zwei Gründen so
genau an diesen Moment, erstens weil ich stolz auf mich war, diesen Moment
ganz bewusst wahrgenommen zu haben und zweitens, weil mir im nächsten
Moment sechs Bundesbeamte in dunkelblauer Montur gegenüberstanden und
sagten, ich solle ihnen folgen.

Aber ich muss eigentlich noch ein bisschen früher beginnen: Ich stand nämlich
bereits eine ganze Weile auf dem Gleis (eine dumme Angewohnheit von mir: ich
muss immer eine halbe Stunde vor Abfahrt meines Zuges am Bahnhof sein und
dann ärgere ich mich über die verschwendete halbe Stunde) und musste ziem-
lich pinkeln. Am ganzen Bahnhof gab es keine öffentliche Toilette und ich ...

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                       Andrea Karimé
                          Andrea Karimé ist in Kassel geboren
                        und mit dem Klang vieler Sprachen im
                     Ohr aufgewachsen. Als Kind reiste sie häufig
  zwischen Deutschland und Libanon hin und her, da ihr
  Vater von dort stammt. Nach dem Studium der Musik- und
  Kunsterziehung arbeitete sie 12 Jahre als Grundschullehrerin.
  Heute lebt sie als freie Kinderbuchautorin, Dichterin und
  Geschichtenerzählerin in Köln. Den Winter nutzt sie
  normalerweise für das Sammeln von Geschichten im Ausland,
  zuletzt Marokko. Für ihr Werk erhielt sie viele Stipendien und
  Auszeichnungen, unter anderem das Struwwelpippi-Stipendium
  und zuletzt den Kinderbuchpreis des Landes NRW für „King
  kommt noch“. Andrea Karimé ist Mitglied des PEN.

  www.andreakarime.de

                                 22
Struwwelpippi und
             der Wellkamm der Madamm

E   ine Schriftstellerin mit Haaren schwarz und glänzend wie Lakritz wohnt
    seit drei Tagen im Gotischen Haus. Meistens trägt sie eine rote Jacke und
eine schwarze Hose. Und meistens hat sie die Tür auf, für Besuch. Zum Beispiel
vom Hund Hond. Er gehört den Nachbarn, schaut aber jeden Tag rein. Oder
die Meise. Jeder Besuch bringt ein Wort des Landes mit. Hond Wollek Mees.
Madamm sammelt diese Wörter in ihrer Handtasche.

Gerade sitzt sie an einem Tisch mit Blick zum Berg und schreibt an einer neuen
Kindergeschichte:

„Darf ich mich vorstellen, ich bin Madamm Wollek, die letzte Wolkenkratzerin
der Welt! Ich sorge für den Regen, indem ich an den Wolken kratze, aber leider
können immer mehr Wolken heutzutage von allein regnen!“

Sie hält inne. Sie weiß nicht weiter. Das kommt jeden Tag einmal vor.

Seltsam, denkt Madamm, ich habe ihn noch nie verlegt. Ob Hond ihn mitge-
nommen hat?  ...

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                                                           2012
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                        Frank Maria Reifenberg
© Jörn

                         Frank M. Reifenberg, 1962 in Friesenhagen
                       in der Nähe von Siegen geboren, machte
                    nach dem Abitur eine Ausbildung zum
  Buchhändler, arbeitete als Presse- und Öffentlichkeitsreferent
  und als Werbetexter und Mitinhaber einer PR Agentur.
  2000-2001 absolvierte er das Ausbildungsprogramm für
  Drehbuchautoren an der Internationalen Filmschule (IFS) Köln,
  der Stadt in der er auch seit 1993 lebt. Er schreibt seit 2000
  Drehbücher und Konzepte für Film und Fernsehen. Seit 2002
  schreibt er Romane.
  Seit 2008 widme er sich der Jungenleseförderung mit
  Workshops nur für Jungen, Seminaren und Vorträgen
  für Erzieher, Eltern, Lehrer und Multiplikatoren in der
  Buchbranche. Seit 2013 ist er Initiator und künstlerischer Leiter
  von kicken&lesen Köln. Die Universität zu Köln berief ihn 2013
  zum Lehrbeauftragten für „Leseanimation für Jungen“.

  www.frankmariareifenberg.wordpress.com

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Drei sind einer zu wenig

„Ist er tot?“, fragte Marie. Der Mann lag reglos auf dem Boden. Die Chancen stan-
den gut, dass sein Lebenslicht verloschen war. „Das wäre schön“, seufzte die Magd.

„Zu schön, um wahr zu sein“, sagte Monsieur Rosenstein, der früher nur französisch
mit den anderen gesprochen hatte. Es hatte sich jedoch schnell herausgestellt,
dass weder Marie noch Frau Solalá (mit Betonung auf dem zweiten a!) auch nur
ein einziges Wort dieser Sprache verstanden.

Wenn Monsieur Rosenstein sich mit ihnen verständigen wollte, musste er wohl
oder übel dieses ungehobelte, knarzige und ganz und gar unter seiner Würde lie-
gende deutsch sprechen. Immerhin erlaubte er sich einen französischen Akzent,
und zwar einen richtig ordentlichen französischen Akzent. Jeder sollte auf der Stelle
verstehen, von welch überaus vornehmer Abstammung Monsieur war. (Was sich
übrigens als Hochstapelei herausstellen sollte, aber das ist eine andere Geschichte.)

„Man müsste seinen Puls fühlen“, sagte Frau Solalá. „Oder schauen, ob noch ein
Atemhauch aus seiner Nase strömt. Er hat eine schöne Nase“, fügte sie hinzu   ...

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                        Andrea Hensgen
 1959 Geburt in Mettlach, Kindheit in einem Dorf an der Mosel
 1978 Beginn des Studiums der Literatur- und
      Politikwissenschaften an der Universität Saarbrücken
 1987 Staatsexamen II für das Lehramt an Gymnasien
 1987 Beginn der Arbeit als Dozentin an Bildungsakademien und
      der Fernuniversität Hagen
 1994 Beginn der schriftstellerischen Arbeit
 1997 Jahresstipendium Baden-Württembergs für „Hamlet
      redet zu viel“
 2001 Erste belletristische Veröffentlichung
 2010 Stipendium des Verbands der Schriftsteller Baden-Württembergs
 2011 Kinderbuchautorenresidenz des Landes Luxemburg
 2011 Kinderbuchpreis Nordstemmer Zuckerrübe
 2011 Vilnius- Stipendium des Hessischen Literaturrats
 2011 Bad Iburger Kinderliteraturpreis Schlossgeschichten
 2012 Auswahl des Kinderbuchs Auf kleinen Pfoten kommt
      das Glück! für die SR- Kinder- und Jugendbuchliste
 2016 Stadtschreiber der Stadt Otterndorf

 www.andrea-hensgen.de

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Bleib'immer hier, bei mir, -
                 oder nimm mich mit!“

In der Frühe

„Keine Angst, ich mache Dir nichts!“

Eine Kinderstimme. Trotzdem schrecke ich auf, aus halbwachem, leichtem
Schlaf, rutsche dicht an die Wand.

„Ich habe Hunger!“

Die Stimme eines Mädchens, ich starre in das lichte Dunkel und erkenne nichts.

„Darf ich mir was aus der Küche holen?“

Ich nicke, dabei kommt kein Ton über meine Lippen.

„Ein Joghurt? Ist ein Joghurt okay?“

...

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                            Jutta Richter
                       Jutta Richter, geboren 1955, veröffentlichte
                      noch als Schülerin ihr erstes Buch.
                   Anschließend studierte sie Theologie,
Germanistik und Publizistik in Münster. Seit 1978 lebt sie als
freiberufliche Autorin im Münsterland. Neben vielen anderen
Preisen erhielt sie 2001 den Deutschen Jugendliteraturpreis
für „Der Tag, als ich lernte, die Spinnen zu zähmen“ (2000)
und 2005 den Katholischen Kinder- und Jugendbuchpreis für
„Hechtsommer“ (2004).

www.juttarichter.de

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Echternachts mit Blick zum Mond

Ich liege im fremden Bett
oben unter dem Dach
mit Blick zum Mond.
Struw, struw.
Es knarzt.
Das war die Treppe, denke ich.
Das war die Treppe.
Wel, wel, singt der Wind.
Wel, wel.
Die Wolken schieben sich vor den Mond,
es sieht aus, als trüge er eine Augenbinde.
Ein blinder Mond, denke ich.
Ein blinder Mond in Echternach.
Dort bin ich angekommen.

Denn
wie der Mond am Himmel
ziehe auch ich durchs Land,
langsamer nur, viel langsamer.
Ich liege reglos,
...
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                                                      2009
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                         Manfred Theisen
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                          Der Politologe Manfred Theisen greift in
                         seinen Büchern gerne politische Themen auf.
                      Seine Werke wurde mehrfach ausgezeichnet
    und in zahlreiche Sprachen übersetzt. Er wohnt in Köln, aber
    er hat in den verschiedensten Winkeln der Welt recherchiert:
    im Nahen Osten genauso wie in Weißrussland, Kazachstan,
    Frankreich, Estland, Äthiopien, Armenien, USA… Dabei geht
    es dem gelernten Medienredakteur um neue Perspektiven,
    um die Lust an der Mitwirkung bei politischen Prozessen, den
    Einfluss der Medien und unseren Umgang damit.

    www.manfredtheisen.de

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Spinat oder Klare Brühe

D   er Spinat ist noch gefroren und die Nudeln sind hart. Die Küche ist weiß,
    drei Hängeschränke, der Boiler, Herdplatten, Herd, Spüle, immer warmes
Wasser. Aber es ist ohnehin Sommer. Wenn du im Gotischen Haus in Echter-
nach untergebracht bist, hast du alles, was du brauchst - und mehr.

Die Koffer sind noch warm von der Anreise, unausgepackt. In diesem Haus
wohne nur ich, Schriftsteller und alleine. Irgendwie klingen die beiden Worte
verwandt. Sechs Wochen soll ich hier wohnen, sechs Wochen am Rande von
Luxemburg, direkt an der Sauer. Echternach ist so was von verträumt, Rapunzel
wohnt hier in jedem zweiten Haus und das Mittelalter kauft am Dorfplatz beim
Apotheker Aspirin.

Ich warte vor diesem Topf, in dem der Rahmspinat langsam auftaut. Morgen
muss ich was Vernünftiges zum Essen einkaufen. Das Haus ist alt, sehr alt, sehr
gotisch. Wann war die Gotik? Der Kölner Dom ist gotisch und ich bin Kölner.
Ich müsste es also wissen. Ich bin Schriftsteller, ich müsste sowieso viel mehr
wissen. Früher war gotisch ein Schimpfwort. Das weiß ich. Weil die Goten so
wild waren, so ekelig und ungepflegt...

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                                 Doris Meißner-Johannknecht
                           er

                      Nach einer spannenden Schullaufbahn
                    über Dortmund, Arnsberg, Juist und
                 wiederum Dortmund und dem gymnasialen
Abschluss studierte sie Germanistik, Publizistik, Pädagogik,
Psychologie, Theaterwissenschaft, und Sportwissenschaften an
der neugegründeten Ruhr-Universität Bochum.
Nach Magister- und Staatsexamen arbeitete sie erst einmal als
Therapeutin in der Drogenberatung und -arbeit in dem Bremer
Drogenprojekt Release.
18 Jahre lang unterrichtete sie Deutsch, Pädagogik und Literatur
(Theaterprojekte) an Dortmunder Gymnasien.

Doch dann beschloss sie, sich ausschließlich auf das Schreiben
von Texten zu konzentrieren, sich vorwiegend mit brisanten
sozialen, pädagogisch-psychologischen Phänomenen literarisch
auseinanderzusetzen.

www.meissner-johannknecht.de

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Struwwelpippi. Mit Lust am Grauen!

Ob ichs schaffe? Der Tank ist fast leer. Mist! Bloß nicht stehenbleiben.

Noch rollt mein alter VW-Bus, knallrot lackiert, mit unzähligen kleinen Mons-
tern.

In Weiß. Unübersehbar.

Ich sehe das Ortseingangsschild. „Echternach“. Mein Ziel, mein Zuhause für die
nächsten vier Wochen. Ich biege in den Kreisverkehr ein.

Aus der Ferne winken bereits die Türme der Basilika St. Willibrord.

Vor mir taucht eine riesige elektronische Anzeigetafel auf. Mit fetter Laufschrift.

Werbung? Ich lese zwei Zeilen. Eine magische Nachricht.

Doch dann muss ich abbiegen. Was stand da? Mein Herz stolpert, pocht.

Hinter mir misslauniges Gehupe. Mein Bus steht still. Bitte nicht! Ich starte neu.

...
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                           Bettina Obrecht
                      Aufgewachsen in Weil am Rhein. Studium
                    Spanisch und Englisch in Heidelberg,
                 danach Aufenthaltsstipendium der Akademie
Schloss Solitude für Literatur. Seit 1992 lebt sie als freie Autorin
und Übersetzerin. In dieser Zeit hat sie über fünfzig Kinder-
und Jugendbücher bei großen Verlagen veröffentlicht, von
denen viele in andere Sprachen übersetzt wurden. Sie übersetzt
selbst Kinder- und Jugendbücher, schreibt Lyrik, Liedtexte und
Prosa für Erwachsene in deutscher und englischer Sprache
und hat, überwiegend in Zusammenarbeit mit dem Musiker
und Hörspielmacher Werner Cee, zahlreiche Hörspiel- und
Featuretexte für den Rundfunk verfasst und bearbeitet.
Ihre Lesereisen führen sie durch ganz Deutschland und die
Nachbarländer.

www.bettinaobrecht.de

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Fliege mit Sommersprossen

I ch klingle und es dauert ziemlich lange, bis die Autorin an die Tür kommt. In
  dieser ganzen Zeit plätschert der Regen ungehindert auf meinen Kopf. Eigent-
lich möchte man nicht klatschnass vor einer berühmten Autorin stehen, die
man für die Schülerzeitung interviewen soll. Meine Mutter hat gesagt, ich soll
einen Schirm mitnehmen. Aber man kann ja nicht ein Leben lang auf seine
Mutter hören.

„Oje, du bist aber nass geworden“, sagt die berühmte Autorin, die für vier Wo-
chen im Struwwelpippi-Haus zu Gast ist, zur Begrüßung und tritt zur Seite.
„Komm rein. Leg die nassen Sachen ab, ich mach dir Kakao. Geh schon mal
hoch.“

Ich stapfe die enge Treppe hinauf. Hier oben am Fenster steht ein kleiner Tisch
mit zwei Stühlen. Ganz vorsichtig setze ich meinen durchweichten Rucksack ab
und hole mein angefeuchtetes Notizbuch heraus.

Das Laptop der Autorin steht aufgeklappt auf dem Tisch. Natürlich im Ruhe-
zustand, sodass ich nicht ausspionieren kann, woran sie gerade arbeitet...

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© Anselm R

                                                                            Karin Gündisch
                         Karin Gündisch wurde 1948 im
                       rumänischen Heltau/Cisnădie geboren.
                    Seit 1984 lebt Gündisch als freie Autorin
   in Deutschland, zunächst viele Jahre in Bad Krozingen und
   seit 2018 in Hamburg. Ihre Bücher wurden ins Englische,
   Französische, Rumänische, Japanische, Koreanische, Kroatische
   und Slowenische übersetzt. Für ihre Bücher wurde sie vielfach
   ausgezeichnet.

   www.guendisch.de/deutsch/karin_de.htm

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An einem heißen Sommertag

S   truwwelpippi hopste voran, und Tante Malwine rief ihr nach: „Nicht so
    schnell! Du, Springhansel! Warte auf mich!“

Struwwelpippi sprang aber weiter, und Malwine keuchte hinterher. Sie schlepp-
te eine Tüte mit einem tiefgefrorenen Fisch, dessen Lagerzeit im Tiefkühlfach
schon längst abgelaufen war und der aus diesem Grund entsorgt werden muss-
te. Malwine war achtlos an den Mülltonnen vorbeigegangen, weil sie Struwwel-
pippi einholen wollte, bevor der Abstand zwischen ihnen zu groß wurde und
es nicht mehr möglich war. Nach einer Weile sagte sie: „Ich schleppe den Fisch
die ganze Zeit über mit und habe es gar nicht gemerkt, weil du dauernd Faxen
machst. In ein paar Stunden beginnt er zu stinken.“

Es war ein furchtbar heißer Sommertag. Sie gingen auf den Markt, um Möhren
und Sellerie zu kaufen.

„Wir nehmen den Bus!“, sagte Malwine.

Sie gab Struwwelpippi den Fisch und ließ sich vom Busfahrer beim Einsteigen
helfen ...

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                                              2004

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                           Martin Klein
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                      Martin Klein wurde 1962 in Lübeck
                     geboren und lebt in Potsdam und
                 Berlin. Fußballkindheit in Dortmund,
Handballjugend am Niederrhein. Zivildienst, unvollendetes
Sportstudium, vollendete Ausbildung zum Landschaftsgärtner
und Landschaftsplanungs-Studium an der TU Berlin. 1990
erste Kinderbuch-Publikation: „Lene und die Pappelplatztiger“.
Seitdem ca. 60 Einzeltitel übersetzt in bislang fünfzehn
Sprachen. Zahlreiche Radio-Features und Audio-Geschichten.
Einige Auszeichnungen im Lauf der Jahre, neben der schönen
Struwwelpippi-Residenz u.a. Alfred-Döblin-Stipendium,
Umweltmedienpreis der Stadt Waiblingen und Eberhard-
Literaturpreis der Stadt Eberswalde.

www.martin-klein.net

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Struwwelpippi,
                Lëtzebuerg, Willi und ich

V   or vielen Jahren durchwanderte ich einmal die Eifel. Ich lief über Bitburg
    nach Luxemburg, überquerte im Grenzörtchen Echternacherbrück das
muntere Flüsschen mit dem interessanten Namen Sauer und fragte mich, war-
um es nicht Echter heißt. Dazu später mehr.

Die hübsche Brücke, welche die luxemburgische Stadt Echternach freund-
lich mit ihrer kleinen deutschen Schwester verbindet, ist diesseits und jenseits
des Wassers mit einem ehemaligen Grenzgebäude versehen. Das Haus auf der
deutschen Seite ist schmucklos und nüchtern, während das Häuschen auf der
anderen Seite hübsch ziseliert an seinem Platz steht. Es ist genau das richtige
Bauwerk, um Besuchern Eintritt zu einem Land mit dem verheißungsvollen
Namen Grand-Duché zu gewähren. In dem niedlichen Grenzgebäude könnte
man prima einen kleinen Eisladen aufmachen oder eine Konditorei mit feinem
portugiesischem Backwerk, oder noch besser beides zugleich.

Auf beiden Seiten fragten viele Jahre lang keine Grenzbeamten mehr danach,
ob man sich ausweisen könne oder etwas zu verzollen habe, oder was man denn
überhaupt im Land zu suchen habe    ...

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                 Dietlof Reiche             2008

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                 www.dreiche.de

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                                            2003
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                  Regula Venske
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                  www.regulavenske.de

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                                            2002
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                  Irma Krauß
                  www.irma-krauss.de

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Die Sprecher

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                     Eugénie Anselin wurde 1991 in Paris
                    geboren und wuchs in Frankfurt und
                   Luxemburg auf. Als Kind begann sie mit
                dem Geigenunterricht und besuchte später die
Schauspielklasse am Luxemburger Konservatorium.

Seit ihrem Masterabschluss vor vier Jahren an der Zürcher
Hochschule der Künste ist sie als freie Schauspielerin in
Deutschland, Frankreich und Luxemburg tätig. 2018 übernahm
sie in Montreal die Titelrolle im Stück „Nina c’est autre chose“.

Eugénie Anselin ist ebenfalls Theaterautorin und hat zwei
Solostücke geschrieben. „Attention, chantier en cours“ wurde
2009 zur Eröffnung des Festival de l'Humour pour la Paix in
Luxemburg aufgeführt. Ihr zweites Soloprogramm „WOW“
feierte 2019 am Kasemattentheater und Théâtre Ouvert
Luxembourg Premiere.

Neben ihren Bühnennauftritten steht Eugénie Anselin
regelmäßig vor der Kamera, so etwa in der Serie „Bad Banks“.
Im Sommer 2021 wird sie im Kinofilm „Lost Transport“ von
Saskia Diesing die Hauptrolle übernehmen.

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Die Sprecher

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                       Nickel Bösenberg
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                          Nickel Bösenberg, 1971 in Hamburg
                         geboren, studierte von 1995 bis 1999
                       Schauspiel in Kiel. Ersten Gastengagements
                    am Landestheater Schwaben folgte ein
  Festengagement am Theater Kiel. Seit 2005 arbeitet er
  freiberuflich. Seit 2007 lebt Nickel Bösenberg in Luxemburg.

  Gastengagements und freie Theaterproduktionen führten ihn
  an zahlreiche Bühnen in Deutschland, Österreich, Norwegen,
  Bulgarien, Rumänien, Russland und natürlich Luxemburg.

  Zuletzt auf der Bühne zu sehen war Nickel Bösenberg in den
  Produktionen „Rote Nelken für Hercule Grün“ von Roger
  Manderscheid am Kasemattentheater Luxemburg, „Versetzung“,
  von Thomas Melle am Kapuzinertheater Luxemburg, „Tod“, von
  Woody Allen am Kasemattentheater / Théâtre d’Esch.

  Im Kino hat er zuletzt in den Filmen „Eric Stoneheart“ (2020)
  und „Never Grow Old“ (2019) mitgewirkt.

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Auf der Struwwelpippi Internetseite
     http://struwwelpippi.literaturarchiv.lu
findest du alle Kurzgeschichten auch zum Nachlesen.
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