GEKO AKTUELL GENETISCHE VIELFALT - "MADE IN WESTFALEN"

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GEKO AKTUELL GENETISCHE VIELFALT - "MADE IN WESTFALEN"
Geographische Kommission
für Westfalen

GeKo
                           Christiane Boll

Aktuell                    Genetische V ielfalt –
                           „made in Westfalen“
                           Gefährdete Nutztierrassen,
                           alte Obst- und Gemüsesorten,
                           gebietseigenes Saat- und Pflanzgut

2/2021
GEKO AKTUELL GENETISCHE VIELFALT - "MADE IN WESTFALEN"
Inhalt

Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
Westfälische Nutztierrassen ...ganz nach dem Motto: Retten durch Nutzen. . . . . . . . . . . . . . . . . 4
Westfälische Obstsorten ...kein Apfel gleicht dem anderen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
Westfälische Gemüsesorten ...altes Gemüse? Von wegen! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
Gebietseigenes Saatgut ...aus Westfalen, für Westfalen.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
Gebietseigenes Pflanzgut ...von Berg-Ahorn bis Zitter-Pappel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

Fotos auf dem Titelbild:
Lippegänse: Jähne, LWL-Freilichtmuseum Detmold
Äpfel: L. Bünger, NABU Kreisverband Lippe
Möhren: AdobeStock_247708020
Blumenwiese: AdobeStock_297019571
Pfaffenhütchen: Wikimedia Commons, Wilhelm Zimmerling PAR, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/deed.de

Herausgeber: Geographische Kommission für Westfalen
Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL)
Dr. Rudolf Grothues, Prof. Dr. Karl-Heinz Otto
Layout: Christiane Boll
Druck: Druck & Verlag Kettler GmbH, Bönen

ISSN 1869-4861
Schutzgebühr: 2,50 Euro

Nachdruck, Funksendung, Entnahme von Abbildungen, Wiedergabe auf fotomechanischem Weg oder Speicherung
in DV-Anlagen sind bei ausdrücklicher Quellenangabe erlaubt. Belegexemplar/Link erbeten: geko@lwl.org oder per
Post.

GeKo Aktuell ist das offizielle Mitteilungsorgan der Geographischen Kommission für Westfalen. In lockerer Folge
werden aktuelle, von der Kommission oder ihren Mitgliedern durchgeführte bzw. angeregte Forschungen und deren
Ergebnisse sowie die neuesten Veröffentlichungen der Kommission in Kurzbeschreibungen vorgestellt.
GeKo Aktuell kann unter folgender Adresse kostenlos in gedruckter Form bestellt und abonniert werden:
Geographische Kommission für Westfalen
Heisenbergstraße 2, 48149 Münster
Tel.: 0251/8339-222, Fax: 0251/8339-221
E-Mail: geko@lwl.org
Unter www.geographische-kommission.lwl.org stehen PDF-Dateien aller bisherigen GeKo Aktuell-Ausgaben zum
kostenfreien Download zur Verfügung.

2 GeKo Aktuell 2/2021
GEKO AKTUELL GENETISCHE VIELFALT - "MADE IN WESTFALEN"
Christiane Boll

Genetische Vielfalt – „made in Westfalen“
Gefährdete Nutztierrassen, alte Obst- und Gemüsesorten, gebietseigenes Saat- und Pflanzgut

Einleitung

Insektensterben, Bestandsrückgang         größere Rolle. Laut Welternährungsor-
                                                                                     Rechtlicher Hintergrund
der Wiesenvögel, kaum noch arten-         ganisation (FAO) sind weltweit 7.616
reiches Grünland: Die alarmierenden       Tierrassen gemeldet. Davon gelten          2007 wurde die Nationale Strategie zur
Entwicklungen der Flora und Fauna in      1.491 Rassen (etwa 20 %) als gefähr-       biologischen Vielfalt von der Bundesre-
Nordrhein-Westfalen sind vielen be-       det. In der deutschen Landwirtschaft       gierung beschlossen. Sie setzt das 1993
                                                                                     in Kraft getretene UN-Übereinkommen
kannt. Dass hier vor Ort, in Westfalen,   werden derzeit 11 Nutztierarten in der
                                                                                     über die biologische Vielfalt, das wich-
die „menschgemachte“ Nutztier- und        tierischen Produktion verwendet. Bei       tigste Vertragswerk für den Schutz
Nutzpflanzenvielfalt abnimmt sowie        Rindern, Schweinen, Schafen, Ziegen        der Biodiversität auf der Erde, um und
durch gebietsfremdes Saat- und            und Pferden werden mehr als 230            enthält Ziele und Maßnahmen zu allen
Pflanzgut auch die genetische Vielfalt    Rassen genutzt. Davon sind allerdings      biodiversitätsrelevanten Themen.
der typischen westfälischen Pflanzen-     nur 63 Rassen einheimisch. 52 dieser       Ebenfalls 2007 veröffentlichte das
arten gefährdet ist, wird hingegen        einheimischen Nutztierrassen gelten        Bundesministerium für Ernährung und
kaum wahrgenommen. Denn auch              inzwischen als gefährdet (BMEL 2008).      Landwirtschaft (BMEL) die Agrobio-
die über Generationen auf den west-           Rund 30.000 der etwa 250.000           diversitätsstrategie zur Erhaltung und
                                                                                     nachhaltigen Nutzung der biologischen
fälischen Höfen gezüchteten               bisher bekannten Pflanzenarten auf
                                                                                     Vielfalt in der Land-, Forst- und Fische-
Tierrassen sowie die angebauten           der Erde sind essbar und 7.000 Ar-         reiwirtschaft. Sie dient als Ergänzung zur
Obst- und Gemüsesorten sind einzig-       ten werden gegenwärtig weltweit            Nationalen Biodiversitätsstrategie.
artig und können unwiederbringlich        vom Menschen genutzt. Doch nur
verschwinden. Heimische Wildpflan-        etwa 150 Arten spielen heutzutage
zen und Gehölze können nicht nur          für die menschliche Ernährung eine           Die meisten der in Deutschland als
durch fremdländische Arten verdrängt      größere Rolle. Allein Weizen, Reis und   Pflanzgut verwendeten heimischen
werden, sondern auch deren regio-         Mais decken 50 % des weltweiten          Strauch- und Baumarten sind als Ar-
naltypisch angepasster Genpool durch      Energiebedarfs in der menschlichen       ten in ihrem Bestand keineswegs be-
das Einbringen der Arten anderer Her-     Ernährung ab. In der deutschen Land-     droht. Dennoch droht die innerartliche
künfte verändert werden.                  wirtschaft werden derzeit etwa 25        genetische Vielfalt immer weiter abzu-
     Die biologische Vielfalt ist das     Frucht- und 35 Futterpflanzenarten       nehmen. Da das Pflanzgut nur selten
Ergebnis einer langen evolutionären       genutzt; im Gartenbau werden wei-        aus gebietsheimischen Vorkommen
Entwicklung auf der Erde. Allerdings      tere 70 Gemüse-, 30 Obst- und 70         stammt, sind die eingebrachten Pflan-
nimmt sie vor allem seit Mitte des        Heil- und Gewürzpflanzen angebaut.       zen weniger anpassungsfähig und das
20. Jh.s ab, sodass zahlreiche Tier-      Angepflanzt werden überwiegend           gesamte Ökosystem somit weniger
und Pflanzenarten akut bedroht sind.      moderne Züchtungen. Hof- oder            stabil im Hinblick auf Umweltverände-
Neben der Vielfalt der Ökosysteme         Landsorten sind mit Ausnahme von         rungen, wie z. B. den Klimawandel.
und der Vielfalt der Arten ist die ge-    Obst und Gemüse kaum noch zu
netische Vielfalt innerhalb der Arten     finden (BMEL 2015).                      Doch welche Nutztierrassen, Obst-
jedoch die Voraussetzung für die                                                   und Gemüsesorten sind westfälischen
Anpassungsfähigkeit und schließlich       Wildpflanzen                             Ursprungs, wie wird ihre Erhaltung
auch das Überleben von Flora und                                                   gesichert und wie steht es um ihre
Fauna. Dennoch werden heutzutage          Im Bundesnaturschutzgesetz ist zwar      Zukunft? Welches Saat- und Pflanzgut
Ställe, Gärten, Felder, Wiesen und        vorgeschrieben, dass Saatgut und         ist in Westfalen gebietsheimisch und
Wälder häufig von nur wenigen Tier-       Gehölze ausschließlich innerhalb ihrer   weist gegenüber einer Population der
rassen und Pflanzensorten beherrscht.     Vorkommensgebiete in der freien Na-      gleichen Art in einem anderen Natur-
                                          tur ausgebracht werden dürfen, um        raum genetische Unterschiede auf?
Nutztiere und -pflanzen                   die innerartliche Diversität nicht zu    Antworten darauf liefert das vor-
                                          gefährden. Jedoch kann von Unwis-        liegende GeKo Aktuell. Fünf im
Von den rund 1,4 Millionen erfass-        senden gebietsfremdes Saatgut aus-       Rahmen des Internetprojektes WEST-
ten Tierarten auf der Welt spielen        gebracht werden – mit möglicherweise     FALEN REGIONAL veröffentlichte Ar-
für die menschliche Ernährung und         weitreichenden Konsequenzen für das      tikel geben einen Überblick über die
Landwirtschaft nur etwa 30 Arten (16      Bestehen von regional angepassten        genetischen Ressourcen Westfalens im
Säugetier- und 14 Vogelarten) eine        Wildpflanzen und z. T. auch -tieren.     Bereich der biologischen Vielfalt.

                                                                                                  GeKo Aktuell 2/2021 3
GEKO AKTUELL GENETISCHE VIELFALT - "MADE IN WESTFALEN"
Westfälische Nutztierrassen
                   ...ganz nach dem Motto: Retten durch Nutzen

                                                                    Foto: Jähne, LWL-Freilichtmuseum Detmold
                   Nicht nur Wildpflanzen, Wildtiere, alte                                                                                              Dülmenern – dank der vorübergehen-
                   Obst- und Gemüsesorten, sondern                                                                                                      den Zucht in einem Wildbahngestüt
                   auch früher weit verbreitete Nutztier-                                                                                               im südlichen Münsterland durch Her-
                   rassen sind vom Aussterben bedroht.                                                                                                  zog Engelbert von Arenberg erhalten
                   Seit Beginn der modernen Tierzucht                                                                                                   werden. Sie werden als langlebige
                   in den 1970er Jahren hat sich die                                                                                                    und nervenstarke Ponys beschrieben.
                   Nutztierhaltung stark verändert, und
                   wenige spezialisierte Hochleistungs-                                                                                                 Rinder
                   rassen haben viele der in Westfalen
                   über Generationen gezüchteten alten                                                                                                  Mit dem Namen „Rotes Höhenvieh“
                   Rassen verdrängt. Während in der                                                            Abb. 1: Sennerstute mit Fohlen           werden heute mehrere Rotviehschlä-
                   heutigen Tierhaltung oftmals allein die                                                                                              ge (Ausprägungen) der deutschen
                   Fleisch- oder Milchmenge sowie eine                                                                                                  Mittelgebirge zusammengefasst.
                   gewisse Stressresistenz der Tiere von                                                       lebende Pferde im Merfelder Bruch        Rotviehschläge aus der Ursprungsre-
                   Bedeutung sind, weisen alte Nutz­                                                           bei Dülmen ein und sicherte so ihre      gion Westfalen sind das Sauer- und
                   tierrassen individuelle und wertvolle                                                       Erhaltung, da ihr Lebensraum durch       Siegerländer Rotvieh. In der ersten
                   Eigenschaften wie Standortangepasst-                                                        die Intensivierung der Landwirtschaft    Hälfte des 20. Jh.s war die Arbeitsleis­
                   heit, Genügsamkeit, Langlebigkeit                                                           im 19. Jh. immer knapper wurde. Als      tung des Rotviehs neben der Fleisch-
                   und Widerstandsfähigkeit gegenüber                                                          letztes europäisches Wildbahngestüt      und Milchleistung ein wichtiges
                   Krankheiten auf. Um in Zukunft auf                                                          besteht es noch heute. Das halbwilde     Kriterium zur Wahl der Dreinutzungs-
                   sich ändernde Umweltverhältnisse,                                                           Kleinpferd gilt als robust, ausdauernd   Rinderrasse, da sich die Kleinbauern
                   Bewirtschaftungsmethoden und                                                                sowie ausgeglichen und weist einen       des Sauer- und Siegerlandes oft kein
                   Verbraucher­erwartungen reagieren zu                                                        für Wildpferde typischen Aalstrich von   Zugpferd leisten konnten. Durch die
                   können, ist die Erhaltung der geneti-                                                       der Mähne bis zum Schweif auf.           moderne Landwirtschaft verlor das
                   schen Vielfalt unerlässlich. Daneben                                                            Erstmals 1160 urkundlich erwähnt,    Rote Höhenvieh als Arbeitstier an Be-
                   sind alte Rassen ein zu schützendes,                                                        gelten die Wildpferde aus der Senne      deutung und wurde durch Hochleis­
                   oft regionales Kulturgut. Den vorhan-                                                       als eine der ältesten Pferderassen       tungsrassen ersetzt. Heute kehrt es
                   denen Reichtum an Nutztierrassen                                                            Deutschlands. Im LWL-Freilichtmuse-      zur Landschaftspflege auf die Wiesen
                   gilt es nicht nur in Zoos oder Genda-                                                       um in Detmold wird ihnen eine eige-      des Sauer- und Siegerlandes zurück.
                   tenbanken, sondern auch in Lebend­                                                          ne Dauerausstellung gewidmet. Die            Als Rotbunte in Doppelnutzung
                   erhaltung auf westfälischen Höfen                                                           Senner Pferde (Abb. 1) beeinflussten     wird eine Rinderrasse bezeichnet, de-
                   zu bewahren. Oft verrät allein der                                                          mit ihrer Fraß- und Trittwirkung über    ren Zucht neben weiteren Ursprungs-
                   unverkennbare Name die Herkunft                                                             Jahrhunderte die Heideentwicklung        regionen auch im Münsterland
                   einer Rasse.                                                                                in der Senne und sind somit eng mit      begann. Da sie sowohl als Milchkühe
                                                                                                               ihrer Landschaftsgeschichte verbun-      als auch als Fleischlieferant dienen
                   Pferde                                                                                      den. Nach fast einem Jahrhundert der     können, ist die Rinderrasse flexibel
                                                                                                               Abwesenheit ist die Pferderasse 1999     einsetzbar. Derzeit ist der Bestand
                   Die wohl bekanntesten Pferderassen                                                          im Rahmen eines Beweidungsprojek-        noch nicht akut gefährdet, dennoch
                   westfälischen Ursprungs sind das                                                            tes in die Senne zurückgekehrt. Na-      nehmen die Bestandszahlen seit eini-
                   Dülmener und das Senner Pferd:                                                              turschutzfachliche Landschaftspflege     gen Jahren kontinuierlich ab.
                   Vermutlich gäbe es die Dülmener                                                             wird so mit der Erhaltung einer vom
                   ohne den Einsatz Herzog Alfred von                                                          Aussterben bedrohten Art kombiniert.     Hühner
                   Croys heute nicht mehr. Er zäunte                                                               Das Arenberg-Nordkirchener
                   1847 ein Gehege für zwanzig wild-                                                           Pony konnte – ähnlich wie bei den        Die Hühnerrasse Krüper wurde be-
                                                                                                                                                        reits im 16. Jh. unter dem Namen
                                                                                                                                                        „Kriecher“ erwähnt und gilt als
                   Tab. 1: Nutztierrassen mit Ursprungsgebiet in Westfalen
                                                                                                                                                        eine der ältesten deutschen Ge-
                   Pferde                   Rinder                                             Hühner                              Gänse                flügelrassen. Die Besonderheit der
                                                                                                                                                        überwiegend in Westfalen und dem
                   Dülmener (1)             Rotes Höhenvieh (3)                                Krüper (1)                          Lippegans (1)
                                                                                                                                                        Bergischen Land gezüchteten Krüper
Quelle: GEH 2019

                                            Rotbunte in Doppel-                                Westfälische Tot­                                        ist ihre Kurzbeinigkeit. Sie verhinderte,
                   Senner Pferd (1)
                                            nutzung (V)                                        leger (2)                                                dass die Hühner bei der Futtersuche
                   Arenberg-Nord­                                                                                                                       weit ausliefen und auf den Äckern der
                                                                                               Lakenfelder (3)
                   kirchener Pony (1)                                                                                                                   umliegenden Bauern scharrten.
                   Gefährdungsgrade: (1) extrem gefährdet, (2) stark gefährdet, (3) gefährdet, (V) Vorwarnstufe

                   4 GeKo Aktuell 2/2021
GEKO AKTUELL GENETISCHE VIELFALT - "MADE IN WESTFALEN"
Stadtpark
                                                                                                                                   Emsdetten

                                                                                                                                                                       Schulbauernhof
                                                                                                                           Naturland- und                              Ummeln
                                                                                                                           Arche-Hof Büning
                                                                                                                                                                                  Freilichtmuseum
                                                                                                                                                       Naturschutz-               Detmold
                                                                                                                                                       großprojekt
                                                                                                                    Merfelder Bruch                    Senne

                                                Das Westfälische Totlegerhuhn                                                        Arche-Hof Biohof
                                                                                                                                                                                    Schäferei
                                                                                                                                     von der Aschenburg
                                                                                                                                                                                    Humpert
                                           ist eine alte Hühnerrasse mit einer
                                           bis in das 19. Jh. als vergleichsweise                                                         Tierpark Hamm
                                           hoch geltenden Legeleistung von                                                                                   Arche-Hof Böner
                                           etwa 180 bis 200 Eiern im Jahr. Um-                                                           Arche-Hof
                                                                                                                                         Fröndenberg
                                           gangssprachlich wurden sie daher

                                                                                                                                                                                                         Quelle: Eigene Darstellung nach www.g-e-h.de
                                           „Dauerleger“ oder auf Plattdeutsch           Gefährdete
                                           „Daudtleijer“ genannt, woraus sich           Nutztierrassen
                                           im Hochdeutschen schließlich „Tot-           mit Ursprungsgebiet
                                                                                        in Westfalen
                                           leger“ festigte. Die im Teutoburger
                                                                                            Dülmener
                                           Wald und Ravensberger Hügelland                  Senner Pferd
                                                                                                              Pferde

                                           gezüchtete Rasse mit gesprenkeltem               Rotes Höhenvieh
                                                                                                                                Rinder
                                           Gefieder gilt als widerstandsfähig,              Rotbunte in Doppelnutzung
                                           fleißig im Suchen von Futter und als             Krüper

                                           leicht aufziehbar.                               Westfälische Totleger      Hühner                                                           50 km

                                                                                            Lakenfelder                                                                     © Geographische Kommission
                                                Das außergewöhnlich gefärbte                                                                                                    für Westfalen 2020
                                                                                            Lippegans      Gänse
                                           Lakenfelder Huhn verdrängte in
                                           der Mitte des 19. Jh.s die Totleger
                                                                                      Abb. 3: Haltungen westfälischer Nutztierrassen (Stand 2019)
                                           fast vollständig. Es ist an Kopf, Hals
                                           und Schwanz schwarz gefärbt, der
                                           restliche Körper ist überwiegend weiß
                                                                                     Westfälische Nutztier-Archen
                                           gefiedert. Die Färbung erinnert an ein                                                               dungsprojekt in der Senne und dem
                                                                                     sichern die genetische Vielfalt
                                           weißes Laken auf einem schwarzen                                                                     Freilichtmuseum in Detmold weitere
                                           Feld und lässt auf die Herkunft der       Die beschriebenen westfälischen Ras-                       Standorte in Westfalen, an denen
                                           Rassebezeichnung schließen. Ge­           sen werden auf der Roten Liste der                         westfälische Nutztierrassen zu finden
                                           züchtet wurde es in der Umgebung          bedrohten Nutztierrassen in Deutsch-                       sind (Abb. 3). Diese gehören allerdings
                                           von Dielingen südlich des Dümmer          land geführt (Tab. 1), auf der bundes-                     nicht dem Arche-Projekt der GEH an.
                                           Sees.                                     weit über 100 Rassen gelistet sind.
                                                                                     Der bundesweite Verein „Gesellschaft                       Zur Zukunft der alten
                                           Gänse                                     zur Erhaltung alter und gefährdeter                        Nutztierrassen
                                                                                     Haustierrassen e. V.“ (GEH) aktualisiert
                                           In der Lippeniederung zwischen den        die Rote Liste jährlich, unterstützt die                   Alte Nutztierrassen können nur dann
                                           Städten Lippstadt, Soest und Pader-       Halterinnen und Halter bei der Le-                         erhalten werden, wenn die Produkte
                                           born gezüchtet, wurde die Lippegans       benderhaltung der alten Rassen und                         der Rassen auch nachgefragt werden
                                           (Abb. 2) wegen ihrer Widerstands-         betreibt Öffentlichkeitsarbeit, wie z. B.                  oder deren Landschaftspflegeleistung
                                           fähigkeit gegen Krankheiten, ihrer        das 1995 ins Leben gerufene „Arche-                        entsprechend honoriert wird. Der
                                           Wetterfestigkeit und der Möglichkeit      Projekt“: Die GEH zeichnet einen Hof                       Trend zum Kauf regionaler Produkte
                                           der Haltung als Weidegans ohne            als „Arche-Hof“ aus, wenn dieser                           nimmt stetig zu, und Regionalität ge-
                                           Zufütterung geschätzt. Trotz dieser Ei-   Mindestbestandsgrößen erreicht                             hört mittlerweile für den Verbraucher
                                           genschaften konnte sie sich nicht weit    sowie ein Austausch mit anderen                            zu den wichtigsten Kriterien beim Ein-
                                           über Westfalen hinaus verbreiten.         Züchtern stattfindet. „Arche-Parks“                        kauf. Erfreulich ist zudem, dass es für
                                                                                     werden für ihre Öffentlichkeits- und                       die Haltung des Dülmener und Senner
Foto: Jähne, LWL-Freilichtmuseum Detmold

                                                                                     Bildungsarbeit zertifiziert. Als „Arche-                   Pferdes sowie für die Schläge des
                                                                                     Dorf“ wird ein Zusammenschluss von                         Roten Höhenviehs und der Rotbun-
                                                                                     mindestens vier Arche-Betrieben aus-                       ten in Doppelnutzung in Nordrhein-
                                                                                     gezeichnet, während in einer „Arche-                       Westfalen derzeit (Stand 2019) eine
                                                                                     Region“ die Betriebe in einer größeren                     Prämie gibt, die auf Antrag bei der
                                                                                     Region angesiedelt sind.                                   Landwirtschaftskammer ausgezahlt
                                                                                         In Westfalen werden auf ins-                           wird. Dennoch sind die meisten der
                                                                                     gesamt sechs Arche-Höfen und in                            westfälischen Nutztierrassen weiterhin
                                                                                     zwei Arche-Parks (Stand 2019) alte                         extrem gefährdet. Daher sind auch in
                                                                                     westfälische Nutztierrassen gehalten.                      Zukunft Maßnahmen erforderlich, um
                                           Abb. 2: Lippegänse                        Darüber hinaus gibt es mit der Wild-                       diese Rassen als genetische Ressource
                                                                                     pferdebahn in Dülmen, dem Bewei-                           und als kulturelles Erbe zu erhalten. ■

                                                                                                                                                                      GeKo Aktuell 2/2021 5
GEKO AKTUELL GENETISCHE VIELFALT - "MADE IN WESTFALEN"
Westfälische Obstsorten
...kein Apfel gleicht dem anderen

Die unterschiedlichen Gerüche und        Erstaunliche Obstsortenvielfalt
                                                                                   Brakeler Apfel
Aromen sind beeindruckend: Allein        in Westfalen
                                                                                   Hat man das Glück, die „Liebhabersorte
vom Apfel, dem Lieblingsobst der         Weil die meisten Obstsorten westfäli-
                                                                                   im Nordkreis Höxter“ noch in Ostwest-
Deutschen, soll es schätzungsweise       schen Ursprungs selten in der Literatur
                                                                                   falen zu finden, so trifft man auf einen
30.000 Sorten auf der Welt geben,        beschrieben sind, oft nur mündlich        mittelgroßen Apfel, der leicht weinsäu-
etwa 2.000 davon in Deutschland.         überliefert wurden und einen gerin-       erlich schmeckt. Gepflückt werden kann
Im Discounter scheint die Auswahl an     gen Bekanntheitsgrad haben, ist die       er ab Ende Oktober, jedoch reift der Bra-
Obstsorten auf den ersten Blick groß     Erfassung alter Obstsorten schwierig,     keler Apfel während der Lagerung nach
zu sein, jedoch sind zumeist immer       aber natürlich außerordentlich wichtig    und entwickelt sein volles Aroma dann
                                                                                   zwischen Dezember und April – ohne
wieder die gleichen, eintönigen Kern-,   für die Sicherung genetischer Ressour-
                                                                                   seine Saftigkeit zu verlieren. Der Baum
Stein-, Beeren- und Schalenobstsorten    cen. Um die Vielfalt der westfälischen
                                                                                   ist kaum anfällig für Krankheiten, jedoch
(dazu gehört z. B. die Walnuss) zu       Obstsorten vor dem Verschwinden           kann er von Blattläusen heimgesucht
finden.                                  zu bewahren, koordinierte der Natur-      werden. Die Regionalsorte eignet sich für
                                         schutzbund Deutschland, Landesver-        den großen Hausgarten oder die Streu-
Obstwiesen – früher und heute            band NRW (NABU NRW) von 2012 bis          obstwiese.
                                         2015 die Erfassung lokaler und regio-     Laut der Broschüre „Alte Obstsorten
Früher waren Obstbaumwiesen und          naler alter Obstsorten in Westfalen im    neu entdeckt für Westfalen und Lippe“
-weiden mit vielen verschiedenen Sor-    Rahmen des Projektes „Erhalt der ge-      (Bannier 2008) wurde der Brakeler Apfel
                                                                                   bereits 1869 im Amtsblatt der König-
ten ein typisches Landschaftselement,    netischen Ressourcen im Obstbau in
                                                                                   lichen Regierung zu Minden erwähnt:
das fast an jedem westfälischen Hof      NRW“. Es wurde vom nordrhein-west-
                                                                                   „Brakel zeichnet sich durch eine seit 70
zu finden war. Obstbaumalleen und        fälischen Umweltministerium und der       bis 80 Jahren mit sehr gutem Erfolge
-reihen gliederten die offene Land-      EU gefördert. Gemeinsam mit dem           kultivierte Apfelsorte aus, die unter dem
schaft und waren nicht nur zur Blüte-    Bund für Umwelt und Naturschutz           Namen „Brakeler Apfel“ nicht allein in
zeit ein Blickfang. Über Generationen    Deutschland in NRW (BUND NRW)             der Umgegend bekannt geworden, son-
hinweg wurden Hochstamm-Sorten           und dem Pomologen-Verein wurden           dern sich auch in größerer Entfernung
                                                                                   und in den Katalogen der Obstgärtner
angebaut, die besonders gut an Bo-       84 in Westfalen regional und lokal
                                                                                   Geltung verschafft hat“. Bereits um
den und Klima einer Region angepasst     verbreitete Apfel-, Birnen-, Kirsch-
                                                                                   1770 soll Gutsbesitzer Ludovici zu Brakel
und damit weniger krankheitsanfällig     und Pflaumensorten identifiziert          den Apfel aus dem Dringenberger Burg-
waren, was wiederum den Einsatz          und vermehrt.                             garten mitgebracht und in Westfalen
von Pflanzenschutzmitteln reduzierte.         Zahlreiche Apfelsortennamen          so erfolgreich vermehrt haben, dass er
Durch den rentableren Niederstamm-       haben Bezug zu westfälischen              später im Garten von Schloss Sanssouci
Plantagenobstanbau seit Mitte des        Gemeinden (z. B. „Biesterfelder           gepflanzt wurde.
20. Jh.s nahmen die Bedeutung der        Renette“, „Bürener Zitronenap-
Obstwiesen sowie die Anzahl an alten     fel“, „Brakeler Apfel“ (s. Kasten),       Winterköttelbirne
regionalen Sorten und das Wissen         „Dülmener Rosenapfel“, „Extertaler        Die Winterköttelbirne, auch Winterkür-
darüber ab. Streuobstwiesen galten       Katzenkopf“, „Freudenberger Nüt-          telbirne genannt, war früher in Westfa-
als Auslaufmodell und abgestorbene       zerling“, „Geseker Klosterapfel“,         len weit verbreitet. Mittlerweile ist sie im
Bäume wurden oft nicht ersetzt.          „Lahder Pigeonette“, „Paderborner         Raum Hamm noch häufig auf Streuobst-
    Inzwischen wurde erkannt,            Seidenhemdchen“,„Schöner aus              wiesen zu finden, im Münsterland ist sie
welchen unschätzbaren Wert die           Wiedenbrück“ oder „Tannenkrüger/          seltener geworden. Es konnten bislang
                                                                                   keine schriftlichen Überlieferungen
sortenreichen alten Obstwiesen als Le-   Lippische Goldparmäne“; Abb. 1),
                                                                                   zur Obstsorte gefunden werden – die
bensraum für diverse Arten, wie Stein-   zu einer westfälischen Region (z. B.      Informationen gehen ausschließlich auf
kauz, Grünspecht und Fledermäuse,        „Gelber Münsterländer Borsdorfer“         mündliche Überlieferungen zurück.
aber auch als Nektarquelle für Insek-    oder „Roter Münsterländer Borsdor-        Der Baum gilt als starkwüchsig und ro-
ten sowie für die Erhaltung regionaler   fer“) oder zum Landesteil selbst (z. B.   bust gegenüber Krankheiten. Die Birnen
genetischer Ressourcen haben. Es ist     „Westfälischer Frühapfel“, „Westfä-       können bis in den Winter hinein gelagert
wieder von Interesse, welche Sorten      lische Tiefblüte“ oder „Westfälischer     werden, entwickeln ihr typisches Aroma
sich zum Saftpressen, Kuchenbacken,      Gülderling“).                             allerdings erst, nachdem sie gekocht
Dörren, Lagern oder zur Herstellung           Als lokale oder regionale Bir-       wurden. Im Münsterland stehen sie auf
                                                                                   der Speisekarte manch eines Restau-
von Obstbrand eignen. Zudem ist          nensorten sind die „Westfälische
                                                                                   rants, z. B. als Beilage zu Grünkohl –
die besondere Verträglichkeit einiger    Glockenbirne“ und die „Winterköt-         vielleicht ja sogar zur alten regionalen
alter Obstsorten für Menschen mit        telbirne“ (s. Kasten) zu nennen, als      Grünkohlsorte „Lippische Palme“ (s. Bei-
Allergien oder Diabetes von großer       Kirschsorte die „Dudenrother Knor-        trag „Westfälische Gemüsesorten“).
Bedeutung.                               pelkirsche“.

6 GeKo Aktuell 2/2021
GEKO AKTUELL GENETISCHE VIELFALT - "MADE IN WESTFALEN"
Arbeitsgemeinschaft
                                                                                                            für Naturschutz
                                                                                                            Tecklenburger Land,

                                                                                                                                                                           www.nrw.nabu.de/natur-und-landschaft/landnutzung/streuobst/lokale-obstsorten-erhalten/23861
                                                                                                            ANTL e.V.                                 Jürgen Georgi
                                                                                 Kreislehrgarten                              Obstarboretum           (Privatperson)
                                                                                 Steinfurt                       9x           Bielefeld,
                                                                                                                               Hans-Joachim Bannier    12 x
                                                                                   8x                           2x             (Privatperson)

                                                                                   1x                                           32 x
                                                                                                   NABU Stadtverband
                                                                                   1x              Münster e.V.                               BUND Ortsgruppe 13 x
                                                                                                                                              Lemgo e.V.
                                                                                                       5x
                                                                                                                                        LWL – Freilichtmuseum
                                                                                                                                        Detmold               26 x
                      Neben den 84 Regional- und
                                                                                                                         Sortengarten in
                                                                                                             16 x
                  Lokalsorten besteht für viele weitere                                                                  Paderborn-Benhausen

                  Sorten noch Forschungsbedarf hin-
                  sichtlich der Namensgebung, ob es                                                                                4x
                                                                                          40 x                Herringser Höfe
                  tatsächlich Lokal-/Regional- oder doch                                                      in Bad Sassendorf    2x
                                                                                           12 x
                  überregionale Sorten sind oder in                                                    Sortengarten Hemer,
                                                                                            1x
                  Hinblick auf pomologisch bislang un-                                                 Stiftung Märkisches Sauerland
                                                                                 6x
                  bekannte Sorten.
                                                                                 1x       Heesfelder
                      Forschungsergebnis war u. a. auch,                                  Mühle e.V.
                                                                                 1x
                  dass die Hellwegregion einen Schwer-                                                  Siegfried Geck

                                                                                                                                                                           Quelle: Eigene Darstellung nach
                                                                                                        (Privatperson)
                  punkt des Birnenanbaus darstellt und
                                                              Anzahl der Regional-/Lokalsorten           9x
                  in Hamm und im Süden von Minden-            in westfälischen Sortengärten und
                  Lübbecke zwei kleinere Kirschanbau-         -sammlungen

                  gebiete identifiziert wurden. Zudem             Apfel

                  konnten alle bekannten öffentlichen             Birne                                                                                 50 km

                  und privaten Sortengärten und                   Kirsche                                                                     © Geographische Kommission
                                                                                                                                                  für Westfalen 2021
                  -sammlungen in Westfalen zusam-                 Pflaume

                  mengestellt werden (Abb. 2).
                                                            Abb. 2: Sortengärten und -sammlungen in Westfalen (Stand 2015)
                      Die Sortenlisten des Forschungs-
                  projekts mit Hinweisen u. a. zu den
                  84 Regional- und Lokalsorten sind
                                                           Anpflanzung von Obstbäumen
                  abrufbar unter www.nrw.nabu.de/                                                                    Wussten Sie schon, dass …
                  natur-und-landschaft/landnutzung/        Zur Erhaltung alter Obstsorten kann
                                                                                                                     … der Streuobstanbau seit März 2021
                  streuobst/lokale-obstsorten-erhalten.    jede Besitzerin und jeder Besitzer                          zum Immateriellen Kulturerbe
                      Auf www.obstsortenerhalt.de/         eines Gartens oder einer Wiese beitra-                      Deutschlands zählt?
                  nrw-projekt sind die Regional- und Lo-   gen. Die Sortenauswahl erfolgt nach                       … die „Postcode Lotterie“ die Pflanzung
                  kalsorten den Kreisen und kreisfreien    Standort, gewünschtem Reifezeit-                            von Obstbäumen finanziell unterstüt-
                  Städten zugeordnet und angegeben,        punkt und geschmacklicher Vorliebe.                         zen kann?
                  wo diese Sorten bezogen werden           Eine windoffene Lage ist vorteilhaft                      … die Pflege der Obstbäume sowie Er-
                  können.                                  gegenüber Krankheiten wie Pilzinfek-                        gänzungspflanzungen im Rahmen
                                                           tionen. Gerade im ersten Jahr ist auf                       des Vertragsnaturschutzes vom Land
                                                                                                                       Nordrhein-Westfalen bezuschusst
Foto: L. Bünger

                                                           genügend Wasserzufuhr zu achten.
                                                           Ein jährlicher Erziehungsschnitt in                         werden können?
                                                           den ersten zehn Jahren sowie an-                          … derzeit die Streuobstbestände NRWs
                                                                                                                       flächendeckend durch die Biologi-
                                                           schließende Verjüngungsschnitte sind
                                                                                                                       schen Stationen kartiert werden?
                                                           wichtig, um ein Baumalter von 80 bis
                                                                                                                     … auf Apfeltagen oder Hoffesten häufig
                                                           100 Jahren zu erreichen. In der Bro-
                                                                                                                       Sortenkenner des Pomologen-Vereins
                                                           schüre „Alte Obstsorten neu entdeckt
                                                                                                                       e. V. eingeladen werden, die anhand
                                                           für Westfalen und Lippe“ (Bannier                           von mitgebrachten Früchten unbe-
                                                           2008) heißt es: „Mit neu gepflanzten                        kannte Sorten bestimmen können
                                                           Obstbäumen ist es ähnlich wie mit                           (Veranstaltungstermine unter www.
                                                           den eigenen Kindern: je mehr Liebe,                         obstsorten-westfalen-lippe.de)?
                                                           Aufmerksamkeit und Zuwendung                              … jede und jeder, die bzw. der Saft oder
                                                           wir ihnen in den ersten Lebensjahren                        Obst von alten Sorten kauft, mit der
                                                           schenken, desto mehr Freude haben                           Nachfrage zum Fortbestand bäuerli-
                                                                                                                       chen Kulturguts beitragen kann?
                                                           wir mit ihnen und desto besser kom-
                                                           men sie im fortgeschrittenen Alter                        … sich zur weiteren Vertiefung des
                                                                                                                       Themas der Beitrag „Westfälische
                                                           auch mit verminderter Zuwendung
                                                                                                                       Gemeinden namensgebend für Ap-
                                                           zurecht.“ Mit der ersten Ernte kann                         felsorten“ (Grote 2017, abrufbar
                                                           nach etwa fünf bis zehn Jahren ge-                          unter www.lwl.org/LWL/Kultur/
                                                           rechnet werden. Beim Genuss der fri-                        Westfalen_Regional/Naturraum/Ap-
                  Abb. 1: Apfelsorte „Tannenkrüger“,       schen oder verarbeiteten Früchte zeigt                      felsorten) eignet?
                  auch als „Lippische Goldparmäne“         sich, dass sich die Mühe des Pflegens
                  bekannt                                  und der Ernte lohnt! ■

                                                                                                                                        GeKo Aktuell 2/2021 7
GEKO AKTUELL GENETISCHE VIELFALT - "MADE IN WESTFALEN"
Westfälische Gemüsesorten
                                             ...altes Gemüse? Von wegen!

                                             Mairübchen, Topinambur, Petersilien-         Es gibt viele Gründe dafür, den        positive Wirkung auf Blutdruck,
                                             wurzel und Erdbeerspinat: Die Liste       Gemüseanbau nicht nur auf wenige          Cholesterinspiegel und Zucker-
                                             alter Gemüsesorten, die einst zum         (aus verschiedenen Gründen heute          stoffwechsel) zu haben.
                                             Standard in der Küche zählten, ist        nützlich erscheinende) Sorten zu be-    • genetische Ressource:
                                             lang und viele Sorten waren fast in       schränken:                                Engagierten westfälischen Gärt-
                                             Vergessenheit geraten. Doch inzwi-                                                  nerinnen und Gärtnern ist zu ver-
                                             schen sind sie wieder im Kommen –         • regionale Angepasstheit:                danken, dass überhaupt noch alte
                                             machen geradezu „Boden gut“ – und           Alte Gemüsesorten sind durch            Gemüsesorten erhalten geblieben
                                             werden heute von Hobby- und Spit-           die jahrhundertelange Züchtung          sind. In Hinblick auf eine gesi-
                                             zenköchinnen und -köchen sowie von          optimal an den Standort und das         cherte Versorgung kommender
                                             (Klein-)Gärtnerinnen und Gärtnern           Klima der westfälischen Region          Generationen ist eine große Di-
                                             hoch geschätzt. Mit seinen vielfältigen     angepasst und äußerst robust in         versität des Saatguts wichtig, um
                                             Formen, Farben und Geschmacksrich-          Hinblick auf Kälte, Trockenheit und     beispielsweise auf veränderte Um-
                                             tungen bereichert altes Gemüse wie-         Nährstoffverfügbarkeit.                 weltbedingungen wie den Klima-
                                             der die Gärten und Teller Westfalens.     • optische und geschmackliche             wandel reagieren oder pflanzliche
                                                 Die Züchtung und Vermehrung             Vielfalt:                               medizinische Wirkstoffe herstellen
                                             von Gemüsesorten erfolgte jahrhun-          Ob Tomaten oder Kartoffeln: Im          zu können.
                                             dertelang von Landwirtinnen und             Supermarktregal werden in der         • bedeutsames Kulturgut:
                                             Landwirten. So entstanden zahlreiche        Regel nur wenige, in Massenpro-         Alte Gemüsesorten sind ein wich-
                                             regionale und lokale Sorten, die nur        duktion anbaubare Sorten ange-          tiger Bestandteil der westfälischen
                                             in Westfalen angebaut wurden. Ende          boten. Je mehr alte Gemüsesorten        Kulturgeschichte, da sie über Jahr-
                                             des 19. Jh.s gab es hier die größte         bewahrt bleiben, desto mehr Far-        hunderte gezüchtet wurden und
                                             Vielfalt. Durch die Industrialisierung      ben, Düfte und Aromen können in         Traditionen sowie regionale Beson-
                                             des Gemüseanbaus wurden etliche             der Küche verwendet werden. Lila        derheiten abbilden.
                                             Sorten allmählich von ertragreicheren,      Karotten, gelbe Beete, gestreifte     • Samenfestigkeit:
                                             transport- und lagerfähigen sowie           Tomaten, Kartoffeln mit nussigem        Gängige Gemüsesorten bilden
                                             makellos aussehenden Züchtungen             Geschmack oder runde Zucchini           zwar Samen, allerdings ist das
                                             verdrängt oder verschwanden vom             lassen ein Gericht zu einem opti-       Wuchs­ergebnis der Folgegenera-
                                             Speiseplan, da sie schlichtweg nicht        schen und geschmacklichen Erleb-        tion nicht vorhersehbar, da sich die
                                             mehr nachgefragt wurden. So gelten          nis werden.                             Eigenschaften der Elternpflanze
                                             mittlerweile weltweit etwa 75 % aller     • hoher Nährstoffgehalt:                  aufspalten. Dieses Saatgut trägt
                                             Kulturpflanzen, die es vor 100 Jahren       Weil alte Gemüsesorten häufig           die Bezeichnung „F1-Hybride“.
                                             noch gab, laut Welternährungsorga-          langsamer wachsen als auf Ertrag        Saatgut alter Sorten hingegen
                                             nisation als verschollen. 1.800 Nutz-       gezüchtete Sorten, können sie           kann problemlos zur Weiterver-
                                             pflanzen stehen allein in Deutschland       mehr Nährstoffe und sekundäre           mehrung genutzt werden. Die
                                             auf der Roten Liste der Bundesanstalt       Pflanzenstoffe bilden. Ihnen wird       Samen können also im Folgejahr
                                             für Landwirtschaft und Ernährung            nachgesagt, vielfältige gesund-         ausgesät werden – man spart auch
                                             (BLE) und gelten als bedroht.               heitsfördernde Wirkungen (z. B.         noch Geld.
Fotos: Blümel, LWL-Freilichtmuseum Detmold

                                             Abb. 1: Meldenvielfalt (eng ver-          Abb. 2: Die Lippische Palme im          Abb. 3: Lemgoer Johannislauch
                                             wandt mit Spinat, aber milder)            Herbst                                  kurz vor der Ernte

                                             8 GeKo Aktuell 2/2021
GEKO AKTUELL GENETISCHE VIELFALT - "MADE IN WESTFALEN"
Gemüsesorten aus Westfalen                 tersucht und großflächige Befragun-          Lippische Palme
Der Anbau von überwiegend einjäh-          gen von Gärtnerinnen und Gärtnern            (Brassica oleracea var. sabellica)
rigem Gemüse kann – anders als die         durchgeführt. Etwa 80 Zwiebel-, Jo-
                                                                                        Die hochstämmige Grünkohlsorte „Lip-
Zucht alter Nutztierrassen oder die        hannislauch-, Melden-, Grünkohl-,            pische Palme“ ist die wohl bekannteste
Anpflanzung alter Obstsorten – jähr-       Pflücksalat-, Malven-, Pfefferminz-,         und zugleich imposanteste alte Sorte
lich verändert werden und oftmals          Busch- und Stangenbohnen-, Erb-              Westfalens. Einst war das besonders
sind die unterschiedlichen Sorten für      sen- sowie Rhabarber-Akzessionen             kräftige, bis zu 160 cm hoch wachsende
Laien nicht klar voneinander unter-        (Saatgut einer Kulturpflanzensorte an        Gemüse hier in tausenden Gärten ver-
scheidbar. Allein schon diese Schwie-      einem bestimmten Standort), die z. T.        treten. Dank einiger Kohlliebhaberinnen
                                                                                        und -liebhaber, welche die Kohlsorte in
rigkeiten in der Dokumentation von         seit Mitte des 19. Jh.s in Westfalen
                                                                                        Privatgärten vermehrten, kann die Palme
Gemüsesorten sind mit dafür verant-        gezüchtet und angebaut werden, sind          ihr Comeback seit 2018 auf einem Na-
wortlich, dass keine flächendeckenden      die Ausbeute der aufwändigen Erhe-           turlandhof in Kalletal feiern: Hier wird sie
Daten zu den in Westfalen gezüchte-        bungen – u. a. elf Akzessionen des           auf etwa zwei Hektar Fläche angebaut
ten alten Gemüsesorten existieren und      Grünkohls „Lippische Palme“ (s. Kas­         und die Ernte an die regionale Gastro-
vermutlich auch nie vollständig rekon-     ten). Die wiederentdeckten alten,            nomie geliefert sowie in Gläser für den
struiert werden kann, welche Sorten        lokalen Kulturpflanzensorten wurden          Einzelhandel abgefüllt.
westfälischen Ursprungs sind.              im LWL-Freilichtmuseum Detmold               Die bereits vor 400 Jahren in Lippe an-
     Bei der BLE als zentrale Stelle für   vermehrt und anschließend an Privat-         gebaute Grün- bzw. Braunkohlsorte (ein
                                                                                        Kupferstich aus dem Jahr 1626 zeigt
die Erhaltung und nachhaltige Nut-         leute zum Anbau im eigenen Garten
                                                                                        „Den Braunen“) hat einen violetten
zung pflanzengenetischer Ressourcen        verteilt, um sie wieder in Westfalens        Stamm mit grün-violetten, gekräuselten
für Ernährung und Landwirtschaft und       Gärten zu verbreiten.                        Blättern, die sich palmenartig auffä-
als Verantwortliche für die Erstellung         Die Datenbank-Recherche der              chern. Die ungleichmäßig wachsenden
der „Roten Liste der gefährdeten ein-      Autorin und die Ergebnisse des Mo-           Blätter müssen von Hand geerntet
heimischen Nutzpflanzen in Deutsch-        dellvorhabens liefern erste Hinweise         werden, weshalb sich die Lippische
land“ gibt es keine Zusammenstellung       zu „typisch westfälischen“ Gemüse-           Palme nicht für die konventionelle Land-
                                                                                        wirtschaft eignet. Praktisch ist, dass die
von Gemüsesorten westfälischen             sorten. Die Liste sollte durch möglichst
                                                                                        Blattrippen zum Verzehr nicht entfernt
Ursprungs. Als Recherchetipp wird          flächendeckende Untersuchungen               werden müssen und der Grünkohl mild
seitens der BLE die Suche nach „west-      von noch existierenden Bauerngärten          im Geschmack ist. Die unteren Blätter
fälischen“ Begriffen in der Datenbank      und weiteren Befragungen ergänzt             sind hart und können als Viehfutter ver-
„Pflanzengenetische Ressourcen in          werden.                                      wendet werden, weshalb die Kohlsorte
Deutschland“ empfohlen, da z. T. Sor-                                                   auch „Ziegenkohl“ genannt wird.
tennamen direkt auf das Ursprungsge-       Bezug von alten Gemüsesorten                 Das LWL-Freilichtmuseum Detmold ver-
biet hinweisen. Zumindest ein kleiner                                                   mehrt die verschiedenen „Hofsorten“
Erfolg: Die lokalen Sorten „Großsa-        Während im Supermarkt nur verein-            der Lippischen Palme und gibt die Samen
                                                                                        an Interessierte weiter.
miger Dill aus Westfalen“, „Grüne          zelt alte Gemüsesorten zum Kauf
Melde Münsterland“ (Abb. 1),               angeboten werden, sind auf dem
„Lippische Palme“ (Abb. 2) und             regionalen Wochenmarkt die Chancen         der Nutzpflanzenvielfalt e. V. und die
„Lemgoer Johannislauch“ (Abb. 3)           höher, fündig zu werden. Die Samen         Gesellschaft für die Erhaltung der
konnten identifiziert werden.              des Einkaufs können natürlich später       Kulturpflanzenvielfalt & ihre Entwick-
     Neben diesen (Zufalls-)Ergebnis-      für die Anzucht im eigenen Garten          lung „Arche Noah“. Auch das LWL-
sen aus der Datenbank wurde bereits        genutzt werden. So trägt jeder selbst      Freilichtmuseum in Detmold vermehrt
von 2011 bis 2014 das Projekt mit          zum Erhalt der Gemüsevielfalt bei.         als regionales Informationszentrum für
dem Kurztitel „Vielfalt ländlicher         Aber auch durch den bewussten Kauf         die biologische Vielfalt im ländlichen
Gärten“, durchgeführt vom LWL-             alter Gemüsesorten wird mitbestimmt,       Garten viele Lokal- und Regionalsor-
Freilichtmuseum Detmold, seitens der       wie vielfältig das Sortiment ist.          ten. Oder man hat das Glück, dass die
BLE gefördert. In diesem Modell- und           Mittlerweile verkaufen immer           Nachbarschaft über Generationen ver-
Demonstrationsvorhaben zur biologi-        mehr Gartencenter Saatgut alter Sor-       erbte Gartenschätze weitergibt.
schen Vielfalt wurde erforscht, welche     ten. Auch über das Internet können             Die Erhaltung von pflanzengene-
alten, lokalen Kulturpflanzensorten        Samen bezogen werden. Zahlreiche           tischen Ressourcen bleibt eine Her-
aus Westfalen stammen und wie diese        Vereine setzen sich für den Erhalt viel-   ausforderung, lohnt sich aber neben
nachhaltig gesichert werden können.        fältigen Saatguts ein und organisieren     den wissenschaftlichen Gründen auch
In sieben westfälischen Regionen           Saatguttauschbörsen, wie z. B. der         vor allem deshalb, weil der Anbau von
wurden insgesamt über 2.000 Gärten         Dachverband Kulturpflanzen Nutztiere       alten Gemüsesorten Spaß macht und
in Hinblick auf alte Sortenschätze un-     Vielfalt e. V., der Verein zur Erhaltung   die Ernte einfach schmeckt! ■

                                                                                                     GeKo Aktuell 2/2021 9
GEKO AKTUELL GENETISCHE VIELFALT - "MADE IN WESTFALEN"
Gebietseigenes Saatgut
...aus Westfalen, für Westfalen
Bunte Verkehrsinseln, Wildblumen-         Bodenbeschaffenheit, das Klima und             § 40 Gesetz über Naturschutz und
wiesen und blütenreiche Ackerränder:      die Bestäuber angepasst und weisen             Landschaftspflege (Bundesnatur-
Häufig werden sie öffentlichkeitswirk-    untereinander eine hohe genetische             schutzgesetz – BNatSchG) in der
sam angelegt und sollen neben ihrer       Vielfalt auf. In der Regel ist eine Pflan-     Fassung vom 1. März 2010
ästhetischen Qualität auch als Para-      ze dort am besten angepasst, wo sich           Ausbringen von Pflanzen und Tieren
dies für Insekten dienen. Doch woher      ihre Vorfahren entwickelt haben – hier
                                                                                         (1) Das Ausbringen von Pflanzen in der
stammt das Saatgut, aus welchen           hat sie sich im Laufe der Evolution
                                                                                         freien Natur, deren Art in dem betref-
Arten setzt es sich zusammen und          einen „Heimvorteil“ angeeignet. Die-           fenden Gebiet in freier Natur nicht oder
summt es dort tatsächlich?                se regionaltypischen Anpassungen               seit mehr als 100 Jahren nicht mehr
    Saatgutmischungen des Einzelhan-      und die innerartliche Vielfalt führen          vorkommt, sowie von Tieren bedarf
dels werden mit „Hummelmagnet“,           dazu, dass sich die gebietsheimischen          der Genehmigung der zuständigen
„Augenweide“ oder „Bienen-                Pflanzen bei veränderten Standort-             Behörde. […] Die Genehmigung ist zu
schmaus“ beworben. Über die ein-          bedingungen, beispielsweise bedingt            versagen, wenn eine Gefährdung von
                                                                                         Ökosystemen, Biotopen oder Arten der
zelnen Bestandteile der Mischungen        durch den Klimawandel, vorteilhaft
                                                                                         Mitgliedstaaten nicht auszuschließen ist.
informieren sich jedoch nur die wenigs-   anpassen können.                               Von dem Erfordernis einer Genehmigung
ten. Was vom Naturfreund sicherlich           Gebietsfremdes Saatgut enthält             sind ausgenommen
gut gemeint war, kann sich aber bei-      einen für die Region untypischen Gen-          1. der Anbau von Pflanzen in der Land-
spielsweise als Saatgut aus Nordameri-    pool und kann zu Florenverfälschung,              und Forstwirtschaft,
ka mit beigemischten invasiven Arten      Beeinflussung des Genpools heimi-              2. […]
entpuppen, die das Potenzial haben,       scher Populationen durch Hybridisie-
                                                                                         3. […]
Arten der heimischen Vegetation zu        rung, der Verbreitung von Neophyten
                                                                                         4. das Ausbringen von Gehölzen und
verdrängen. Aus ökologischer, recht-      und schließlich auch zu einem aus-
                                                                                            Saatgut außerhalb ihrer Vorkommens-
licher und auch ökonomischer Sicht        bleibenden Begrünungserfolg führen,               gebiete bis einschließlich 1. März
sprechen daher zahlreiche Argumente       da die Pflanzen nicht an den Standort             2020; bis zu diesem Zeitpunkt sollen
für die Verwendung gebietseigener         angepasst sind. Zudem ist gebiets-                in der freien Natur Gehölze und Saat-
Wildpflanzen. Ihre Verwendung ist in      fremdes, oft artenarmes Saatgut für               gut vorzugsweise nur innerhalb ihrer
der freien Landschaft seit März 2020      heimische Tierarten wie insbesondere              Vorkommensgebiete ausgebracht
deutschlandweit verpflichtend.            Insekten häufig nur eingeschränkt                 werden. [...]
                                          nutzbar, da evolutionär entwickelte
Was ist gebietseigenes Saatgut?           Beziehungen zwischen Pflanzen und
                                          Tieren bestehen.                             lung geschaffen, die besagt, dass bis
Eine Pflanze wird dann als gebietsei-         Auch aus ökonomischer Sicht              zum 1. März 2020 in der freien Natur
gen oder gebietsheimisch bezeichnet,      ist die Verwendung gebietseigener            vorzugsweise gebiets­eigenes Saatgut
wenn sie aus einer einheimischen          Wildpflanzen zu bevorzugen. Zwar ist         verwendet werden soll. Mittlerweile
Population stammt, die sich in einem      das Saatgut oft etwas teurer als z. B.       ist die Geltungszeit der Soll-Vorschrift
bestimmten Naturraum über einen           international gewonnene Mischungen           abgelaufen und somit das Ausbringen
langen Zeitraum hinweg über mehrere       aus Baumärkten, jedoch sind schon            von gebietsfremdem Saatgut nur noch
Generationen vermehrt hat und die         Saatgutmengen von wenigen Gramm              mit Ausnahmegenehmigung der unte-
gegenüber einer Population der glei-      je Quadratmeter im Normalfall aus-           ren Naturschutzbehörde möglich. Von
chen Art in einem anderen Naturraum       reichend für eine flächendeckende            der Regelung ausgenommen sind der
genetische Unterschiede aufweist.         Begrünung. Der Anwuchserfolg ist in          Anbau von Pflanzen in der Land- und
Somit sind die Kriterien Raum, Zeit       der Regel hoch und eine aufwändige           Forstwirtschaft. Zudem bezieht sich
und Population entscheidend für           Pflege in den nächsten Jahren oftmals        das Gesetz auf die freie Natur, unter
die Definition einer gebietseigenen       nicht notwendig.                             welcher der unbesiedelte Bereich zu
Pflanze. Die Begriffe gebietseigen /                                                   verstehen ist. Dennoch ist zu emp-
gebietsheimisch werden in der Praxis      Rechtliche Situation seit                    fehlen, auch innerhalb des Siedlungs-
im Zusammenhang mit Saatgut auch          März 2020                                    bereiches gebietsheimisches Saatgut
synonym zu „regionales Saatgut“ und                                                    zu verwenden, da eine Abgrenzung
„Regiosaatgut“ verwendet.                 Dass die Verwendung gebietsheimi-            zur freien Landschaft nicht gegeben
                                          schen Saatguts zahlreiche Vorteile mit       ist und gerade besiedelte Bereiche an
Vorteile in der Verwendung                sich bringt, hat der Gesetzgeber schon       Bedeutung für Insekten gewinnen, die
                                          vor Jahren bemerkt. Mit der Novelle          in der heutigen Agrarlandschaft nicht
Wildpflanzen sind an die individuellen    des Naturschutzgesetzes in 2010 wur-         ausreichend Nahrung und Lebens-
Faktoren ihres Wuchsgebietes wie die      de eine zehnjährige Übergangsrege-           raum finden.

10 GeKo Aktuell 2/2021
Quelle: Feldsaaten Freudenberger GmbH & Co. KG, in Anlehnung an „Empfehlungen für
                                                                                                                                                     Begrünungen mit gebietseigenem Saatgut“ des FLL e. V. Ausg. 2014, S. 24
                         Herkunftsregionen für gebiets-
                         eigenes Saatgut in Westfalen
                         Um die Vorgaben des Bundesna-
                         turschutzgesetzes kontrollieren zu
                         können, mussten bundeseinheitliche
                         Grundlagen für die Produktion und
                         den Einsatz von gebietsheimischem
                         Saatgut geschaffen werden. Im Rah-
                         men eines von der Universität Han-
                         nover umgesetzten Projektes wurden
                         gemeinsam mit Vertretern der Na-
                         turschutzbehörden der Bundesländer
                         bundeseinheitliche Abgrenzungen
                         von Gebieten getroffen, in denen
                         Wildpflanzensaatgut als gebietseigen      Abb. 2: Die 22 Herkunftsregionen in Deutschland für gebietseigenes
                         angesehen wird. 22 Herkunftsregio-        Saatgut (für Westfalen relevante Herkunftsregionen sind fett gedruckt)
                         nen wurden unter Berücksichtigung
                         von klimatischen und standörtlichen
                         Kriterien für Regiosaatgut festgelegt.
                         Dieses Saatgut soll innerhalb der Her-   Wiesen-Rispe (Poa pratensis), Hülsen-    auch den Vogelfraß minimieren.
                         kunftsregion gewonnen, vermehrt          früchtler wie Sumpf-Hornklee (Lotus      Acht bis zehn Wochen nach der Saat
                         und ausgebracht werden, ohne es          pedunculatus) oder Vogel-Wicke (Vicia    sollte ein erster Schnitt erfolgen, um
                         dabei züchterisch zu verändern. Saat-    cracca) und Kräuter wie Klatsch-Mohn     Unkräuter zu bekämpfen. Zudem ist
                         gut soll nur dann vermarktet werden,     (Papaver rhoeas) oder Gamander-          die Wiese ein- bis zweimal im Jahr zu
                         wenn es von einem anerkannten            Ehrenpreis (Veronica chamaedrys) ver-    mähen und das Mahdgut abzufahren,
                         Zertifizierungsunternehmen geprüft       mehrt und ausgebracht. Das Kataster      um weiterhin nährstoffarme Verhält-
                         wurde (derzeit „VWW-Regiosaaten“         der westfälischen Spenderflächen ist     nisse zu erhalten.
                         vom Verband Deutscher Wildsamen-         im „Fachinformationssys­tem Mahd-
                         und Wildpflanzenproduzenten oder         gutübertragung in NRW“ für untere        Aktuelle Herausforderungen
                         „RegioZert“ vom Bundesverband            Naturschutzbehörden und Biologische
                         Deutscher Pflanzenzüchter).              Stationen online abrufbar.               Das Bundesnaturschutzgesetz in
                             Westfalen hat Anteil an fünf                                                  Verbindung mit dem Regiosaatgut-
                         Herkunftsregionen (Abb. 2), wobei        Anlage einer Wildblumenwiese             Konzept wird dazu beitragen, dass
                         sich der Großteil des westfälischen                                               weniger gebietsfremde Arten in der
                         Gebietes innerhalb der Regionen 2        Ist das passende zertifizierte Saatgut   freien Natur ausgebracht werden und
                         (Westdeutsches Tiefland mit Unterem      für die eigene Ausbringungsregion        einer Florenverfälschung entgegen-
                         Weserbergland) und 7 (Rheinisches        gefunden, so sollte der Boden zu-        gewirkt wird. Jedoch gelten für alle
                         Bergland) befindet. In der Region        nächst durch Pflügen oder Fräsen         Arten die gleichen Abgrenzungen der
                         2 werden z. B. Gräser wie Haar-          vorbereitet werden, um den Erfolg        Herkunftsregionen, sodass diese für
                         Schwingel (Festuca filiformis) oder      der Ansaat zu erhöhen. Zudem sollten     manche Arten zu eng und für andere
                                                                  nährstoffarme Verhältnisse vorliegen     zu weit gefasst sind. Deshalb kann es
                                                                  und wuchsstarke Ackerunkräuter           für spezielle Naturschutzmaßnahmen
Foto: Christian Chmela

                                                                  entfernt werden. Als Saatgutmenge        erforderlich sein, Wildpflanzen in sehr
                                                                  werden zwischen 1g und 5g pro m2         geringerer Distanz zum Ausbringungs-
                                                                  empfohlen. Die Samen können mit          ort zu gewinnen (lokales Saatgut)
                                                                  Sand gestreckt werden, um sie leich-     oder Flächen mit Hilfe von direkter
                                                                  ter gleichmäßig verteilen zu können.     Mahdgutübertragung zu begrünen.
                                                                  Das Saatgut darf nicht eingearbeitet,    Zudem ist Regiosaatgut aufgrund der
                                                                  sollte aber angewalzt oder angedrückt    aufwändigen Gewinnung derzeit ggf.
                                                                  werden. Die Aussaat vor einer feuch-     noch nicht flächendeckend in ausrei-
                                                                  ten Witterung ist günstig. Ansonsten     chenden Mengen und unmittelbar
                                                                  kann eine dünne Mulchschicht das         verfügbar, sodass bei einer geplanten
                         Abb. 1: Artenreiche Wiese u. a. mit      zu schnelle Austrocknen des Bodens       Maßnahme frühzeitig regionales Saat-
                                                                                                           gut bestellt werden sollte. ■
                         Klatsch-Mohn (Papaver rhoeas)
                                                                  sowie gleichzeitig in gewissem Maße

                                                                                                                      GeKo Aktuell 2/2021 11
Gebietseigenes Pflanzgut
                   ...von Berg-Ahorn bis Zitter-Pappel

                   Eiche, Buche, Weide… Das sind doch               Was sind gebietseigene Gehölze?                     Vorteile in der Verwendung
                   Allerweltsgehölze! Die meisten der in            Eine Pflanze wird dann als gebietsei-               Aus ökologischer und auch ökono-
                   Westfalen heimischen Strauch- und                gen bezeichnet, wenn sie aus einer                  mischer Sicht sprechen zahlreiche
                   Baumarten sind als Arten in ihrem Be-            einheimischen Population stammt,                    Argumente für die Verwendung
                   stand keineswegs bedroht. Dennoch                die sich in einem bestimmten Natur-                 gebietseigenen Pflanzguts: Gebiets-
                   droht die innerartliche genetische               raum über einen langen Zeitraum                     eigene Gehölze sind am besten an
                   Vielfalt immer weiter abzunehmen.                hinweg über mehrere Generationen                    die jeweiligen Standortbedingungen
                   Diese Vielfalt ist jedoch von großer Be-         vermehrt hat und die gegenüber einer                angepasst und sind dort konkur-
                   deutung für die Stabilität von Ökosys-           Population der gleichen Art in einem                renz- und widerstandsfähiger. Eine
                   temen. Deshalb dürfen in der freien              anderen Naturraum genetische Un-                    hohe innerartliche Vielfalt führt dazu,
                   Landschaft z. B. bei Renaturierungen             terschiede aufweist. Somit sind die                 dass sich die Arten bei veränderten
                   oder der Randbepflanzung von Stra-               Kriterien Raum, Zeit und Population                 Standortbedingungen, beispielswei-
                   ßen nur Pflanzen verwendet werden,               entscheidend für die Definition einer               se bedingt durch den Klimawandel,
                   die aus Saatgut hervorgegangen sind,             gebietseigenen Pflanze. Die Begriffe                vorteilhaft anpassen können. Gebiets-
                   das in einem entsprechenden Vorkom-              gebietseigen/gebietsheimisch werden                 fremdes Pflanzgut kann hingegen zu
                   mensgebiet gewonnen wurde.                       in der Praxis synonym verwendet.                    Florenverfälschung, Beeinflussung

                    Tab. 1: Liste natürlich vorkommender Gehölzsippen für Pflanzungen in der freien Landschaft in Westfalen, mit differenzierten
                    Angaben zur Eignung in den jeweiligen Vorkommensgebieten (s. Abb. 2)

                                                                    Vorkommensgebiet                                                         Vorkommensgebiet
                    Botanischer / Deutscher Name                                            Botanischer / Deutscher Name
                                                                       1            4                                                           1            4
                    Acer campestre / Feld-Ahorn                        –            –       Prunus spinosa / Schlehe                            –            –
                    Acer platanoides / Spitz-Ahorn                     –                    Quercus petraea / Trauben-Eiche                     –            –
                    Acer pseudoplatanus / Berg-Ahorn                   –            –       Quercus robur / Stiel-Eiche                         –            –
                    Alnus glutinosa / Schwarz-Erle                     –            –       Rhamnus cathartica / Kreuzdorn                      –            –
                    Beberis vulgaris / Gewöhnliche Berberitze                       –       Rosa canina / Hunds-Rose                            V            V
                    Betula pendula / Sand-Birke                        –                    Salix alba / Silber-Weide                           –            –
                    Betula pubescens / Moor-Birke                      –                    Saliy caprea / Sal-Weide                            –            –
                    Carpinus betulus / Hainbuche                       –                    Salix cinerea / Grau-Weide                          –            –
                    Castanea sativa / Ess-Kastanie                                  –       Salix fragilis / Bruch-Weide                        –V           V
                    Cornus sanguinea / Blutroter Hartriegel            –            –       Salix pentandra / Lorbeer-Weide                     –
                    Corylus avellana / Gewöhnliche Hasel               –            –       Salix purpurea / Purpur-Weide                       –            –
                    Crataegus laevigata / Zweigriffliger Weißdorn      –            –       Salix triandra / Mandel-Weide                        !           !
                    Crataegus monogyna / Eingriffliger Weißdorn        –            –       Salix viminalis / Korb-Weide                        –            –
                    Cytisus scoparius / Besen-Ginster                   !           –       Salix x rubens / Hohe Weide                         V            V
                    Euonymus europaea / Pfaffenhütchen                 –            –       Sambucus nigra / Schwarzer Holunder                 –            –
                    Fagus sylvatica / Rot-Buche                        –            –       Sambucus racemosa / Trauben-Holunder                             –
                    Frangula alnus / Faulbaum                          –            –       Sorbus aucuparia / Eberesche                        –            –
                    Fraxinus excelsior / Gewöhnliche Esche             –            –       Tilia cordata / Winter-Linde                        –            –
                    Ligustrum vulgare / Liguster                                    –       Ulmus glabra / Berg-Ulme                            –            –
                    Lonicera xylosterum / Rote Heckenkirsche                        –       Ulmus laevis / Flatter-Ulme                         –
Quelle: BMU 2012

                    Populus tremula / Zitter-Pappel                    –                    Ulmus minor / Feld-Ulme                                          –
                    Prunus avium / Vogel-Kirsche                       –                    Viburnum lantana / Wolliger Schneeball                           –
                    Prunus padus / Trauben-Kirsche                     –            –       Viburnum opulus / Gemeiner Schneeball               –            –

                   Symbole: –    in diesem Vorkommensgebiet uneingeschränkt verwendbar
                            !     Vorkommen von seltenen Unterarten mit abweichenden ökologischen Ansprüchen (z. B. Gebirgs- oder Küstensippen), deren Verbreitung
                                 teilweise ungenügend geklärt ist. Verwechslung bei Ernte und Ausbringung ausschließen, keine seltene Unterart pflanzen!
                             V    Verwechslungsgefahr mit verwandter, ähnlicher Sippe; Verwechslung bei Ernte und Ausbringung ausschließen!

                   12 GeKo Aktuell 2/2021
des Genpools heimischer Populatio-
                                                     nen durch Hybridisierung und der
                                                     Verbreitung von Neophyten führen.
                                                     Der Anwuchserfolg gebietseigener

                                                                                                                                                                                   Quelle: Eigene Darstellung nach BMU 2012
                                                     Gehölze ist in der Regel hoch und
                                                     eine aufwändige Pflege oftmals nicht
                                                     notwendig. Die Verwendung gebiets-
                                                     eigenen Pflanzguts ist in der freien
                                                     Landschaft seit März 2020 deutsch-
                                                     landweit verpflichtend (§ 40 Bundes-
                                                     naturschutzgesetz).

                                                     Vorkommensgebiete für gebiets-
                                                     eigenes Pflanzgut in Westfalen
                                                                                               Abb. 2: Die sechs Vorkommensgebiete in Deutschland für gebietseigene
                                                     Um die Vorgaben des Bundesnatur-          Gehölze (für Westfalen relevante Herkunftsregionen sind fett gedruckt)
                                                     schutzgesetzes kontrollieren zu
                                                     können, mussten bundeseinheitliche
                                                     Grundlagen für die Produktion und
                                                     den Einsatz von gebietsheimischem        In Tabelle 1 sind die dort am häufigs-    Besonderheit: Obstgehölze
                                                     Pflanzgut in der freien Landschaft ge-   ten für Pflanzungen in der freien         Neu zu pflanzende Obstbäume in der
                                                     schaffen werden. Die „Arbeitsgruppe      Landschaft genutzten gebietseigenen       freien Landschaft, die der Erhaltung
                                                     gebietseigene Gehölze“ (bestehend        Gehölze aufgelistet. Zudem sind           alter Sorten dienen, stellen in Hinblick
                                                     aus Interessensvertretungen von Na-      Angaben zur Eignung im jeweiligen         auf die Verwendung gebietseigener
                                                     turschutz, Forst, Gartenbau, Verkehr,    Vorkommensgebiet enthalten. Die Ar-       Gehölze einen Sonderfall dar. Kultur-
                                                     Baumschulen und Forschung) grenzte       tenliste stellt eine Auswahl der regel-   obstbäume werden seit Jahrhunder-
                                                     sechs Vorkommensgebiete auf Grund-       mäßig verwendeten Gehölze dar.            ten von Gemeinden, Vereinen oder
                                                     lage bestehender naturräumlicher                                                   Privatpersonen als Allee, Einzelbaum
                                                     Gliederungen in Deutschland ab           Besonderheit: Forstbaumarten              oder Streuobstwiese angepflanzt und
                                                     (Abb. 2). „In diesen Vorkommens-                                                   sind Bestandteil der traditionellen
                                                     gebieten gelten Gehölze als gebiets-     Die beschriebenen Vorkommensgebie-        westfälischen Kulturlandschaft. Eine
                                                     eigen, wenn ihr genetischer Ursprung     te beziehen sich ausdrücklich nur auf     Gefährdung von Ökosystemen und
                                                     in Vorkommen liegt, die mit hoher        die in Tabelle 1 gelisteten Gehölze für   Arten durch Apfel, Birne, Pflaume und
                                                     Wahrscheinlichkeit natürlich entstan-    Pflanzungen in der freien Landschaft.     Co. kann weitgehend ausgeschlossen
                                                     den sind“ (BMU 2012).                        Für Pflanzen, die für forstliche      werden. Im Gegenteil: Häufig sind
                                                         Für Westfalen sind die Vorkom-       Zwecke verwendet werden (s. Anlage        diese Strukturen wertvolle Biotope
                                                     mensgebiete 1 (Norddeutsches             des Forstvermehrungsgutgesetzes           und außerordentlich wichtig für den
                                                     Tiefland) und 4 (Westdeutsches           (FoVG), z. B. Fichte, Douglasie und       Erhalt der genetischen Vielfalt (s.
                                                     Bergland und Oberrheingraben)            Stieleiche), werden laut Forstvermeh-     Beitrag „Westfälische Obstsorten“).
                                                     von Bedeutung (Abb. 2).                  rungsgut-Herkunftsgebietsverordnung       Der Genehmigungsvorbehalt des
                                                                                              (FoVHgV) eigene verbindliche Her-         Bundesnaturschutzgesetzes (§ 40 (1)),
                                                                                              kunftsgebiete zur Sicherung der ge-       der sich auf das Ausbringen gebiets-
www.creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/deed.de
Foto: Wikimedia Commons, Wilhelm Zimmerling PAR,

                                                                                              netischen Vielfalt festgelegt. Sollen     fremder Arten bezieht, besteht für
                                                                                              also Gehölze zu forstlichen Zwecken       Kulturobstgehölze nicht.
                                                                                              angepflanzt werden, so sind nicht die         Für die Verwendung gebietseige-
                                                                                              beschriebenen Vorkommensgebiete,          nen Saatguts, z. B. zur Anlage einer
                                                                                              sondern die Herkunftsgebiete des          Wildblumenwiese unter den Obst-
                                                                                              Forstbereichs anzuwenden. Diese Her-      bäumen, existieren 22 abgegrenzte
                                                                                              kunftsgebiete gelten für Forstbäume       Herkunftsregionen in Deutschland (s.
                                                                                              auch dann bei Pflanzungen außerhalb       Beitrag „Gebietseigenes Saatgut“).
                                                                                              von Wäldern, wenn für die bestimmte           Es bleibt zu hoffen, dass die Viel-
                                                                                              Baumart deutschlandweit sechs oder        falt an bürokratischen Regularien für
                                                     Abb. 1: Pfaffenhütchen (Euonymus         weniger Herkunftsgebiete definiert        Saat- und Pflanzgut die genetische
                                                                                                                                        Vielfalt nicht übersteigt. ■
                                                     europaea)
                                                                                              sind.

                                                                                                                                                    GeKo Aktuell 2/2021 13
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