Gentechfrei - RNA-Sprays - eine Revolution auf dem Acker? - Kritische Informationen der Schweizer Allianz Gentechfrei

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Gentechfrei - RNA-Sprays - eine Revolution auf dem Acker? - Kritische Informationen der Schweizer Allianz Gentechfrei
Kritische Informationen der Schweizer Allianz Gentechfrei      Nr. 109 April 2020

                      gentechfrei

  Neuer Ansatz bei der Entwicklung von Pflanzenschutzmitteln

  RNA-Sprays —
  eine Revolution auf dem Acker?
Gentechfrei - RNA-Sprays - eine Revolution auf dem Acker? - Kritische Informationen der Schweizer Allianz Gentechfrei
Dankeschön                                           Inhalt

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Ihre wertvolle Unterstützung schätzen                International                12
wir sehr. Sie ermöglicht uns das erfolg-             In Kürze                     14
                                                     Wissen                       15
reiche Weiterführen unserer Arbeit.                  Über uns                     16
Wir setzen uns dafür ein, dass auch                  Empfehlungen                 16
künftige Generationen in einer Schweiz               Impressum
mit einer gentechnikfreien Land- und
                                                     Herausgeberin
Ernährungswirtschaft aufwachsen                      SAG Schweizer Allianz Gentechfrei
                                                     Hottingerstrasse 32
können. Denn nur eine natürliche Land-               8032 Zürich
wirtschaft kann gerecht, vielfältig                  044 262 25 63
                                                     info@gentechfrei.ch
und ökologisch sein.                                 www.gentechfrei.ch
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                                                     7 000 Ex.
                                                     erscheint 4- bis 6-mal jährlich,
                                                     im SAG-Mitgliederbeitrag enthalten
                                                     Papier
                                                     Cocoon, FSC®, 100 % Recycling
                                                     Verpackung
                                                     l'm green-Folienverpackungen sind
                                                     recyclingfähige, nicht biologisch
                                                     abbaubare Kunststoffverpackungen,
                                                     die zu mindestens 50 – 85 Prozent
                                                     aus dem nachwachsenden Rohstoff
                                                     Zuckerrohr hergestellt werden.
                                                                                          Titelbild: Shutterstock. Pestizidausbringung
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Editorial                                      3

            Die Agrobiodiversität leidet
            Das Institut für Pflanzen- und Mikrobiologie
            der Universität Zürich hat grünes Licht
            für einen weiteren Freisetzungsversuch bei
            Agroscope erhalten. Der Schweizer Land-
            wirtschaft und den Konsumierenden bringt
            der Versuch wenig. Denn weder die für
            den Versuch gewählte Maissorte noch die zu
            testenden Pilzkrankheiten sind relevant für
            die Schweiz.
               GV-Mais trägt hauptsächlich zum intensi-
            ven, grossflächigen Maisanbau bei, der aus
            Nachhaltigkeitsgründen äusserst fragwür-
            dig ist. Von den Ergebnissen solcher Versu-
            che profitieren hauptsächlich die Forschen-
            den und die Industrie, die meist Patente auf
            die technisch veränderten Gene besitzt.
               Leidtragende ist die landwirtschaftliche
            Biodiversität, auch als Agrobiodiversität
            bezeichnet. Sie gerät noch stärker unter
            Druck. Dabei wäre es die Agrobiodiversität
            als Fundament für die Ernährungssicher-
            heit, die gefördert werden müsste. Nur eine
            Vielfalt an Arten und Sorten von Pflanzen
            kann die zunehmenden Risiken durch Klima-
            extreme, Schädlingsbefall und Krankheiten
            mindern. Ausführlich wird dies in einem
            neuen Faktenblatt von SCNAT beschrieben.

            Zsofia Hock
            SAG-Geschäftstelle
Bild: SAG
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Aktuell                                                                      4

Europaparlament fordert:

Weltweites Moratorium
auf die Freisetzung von Gene Drives
Das Europaparlament fordert die EU dazu

                                                                                 Bild: Shutterstock
auf, sich bei den kommenden Verhand-
lungen der UN-Biodiversitätskonvention
(CBD) für ein globales Gene-Drive-Mora-
torium einzusetzen. Dies hatte vorgängig
ein EU-weites Bündnis von über 50 NGOs
gefordert.
    Die nächste Vertragsstaatenkonferenz
der CBD in China könnte eine der letzten
Gelegenheiten sein, um geplante Freisetzun-
gen von Gene-Drive-Mücken durch das
Projekt Target Malaria zu unterbinden.
Eine Freisetzung der auf neuartige Wei-
se gentechnisch veränderten Organismen
könnte zu einer unkontrollierbaren Aus-
breitung führen – mit unwiderruflichen Fol-
gen für ganze Ökosysteme. Da es bis dato
keine Möglichkeit gibt, einmal freigesetzte
Gene-Drive-Organismen (GDO) wieder
aus der Natur zu entfernen oder die durch
sie verursachten Schäden rückgängig           Einmal in die freie Wildbahn
zu machen, widerspricht eine solche Frei-     freigesetzt sind Gene Drives
setzung der Grundlage des europäischen        nicht mehr rückholbar und
Naturschutzrechts, dem Vorsorgeprinzip.       respektieren keine Grenzen.
    An der 14. Konferenz der Biodiversi-      Die SAG fordert, dass die
tätskonvention lehnten die Vertragsstaaten
ein Moratorium für Gene Drives ab. Statt-     Schweiz dem Beispiel der EU
dessen beschlossen sie eine strikte Anwen-    folgt und sich bei der COP15
dung des Vorsorgeprinzips, d.h. eine          für ein globales Moratorium
strenge Risikobewertung und die Zustim-       auf Gene Drives einsetzt.
mung der lokalen Bevölkerung vor jeder
Freisetzung. Es ist jedoch schwer kontrol-
lierbar, inwiefern die Regierungen und
Vertragsparteien diesen Beschluss befol-
gen. Deshalb ist ein weltweites Morato-
rium die einzige wirksame Massnahme,
um die Biodiversität als unsere Lebens-
grundlage vor den potenziell schwerwie-
genden Folgen einer Freisetzung von
Gene-Drive-Organismen zu schützen.
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                             Freisetzungsversuch mit Gentechmais

                             Teuer, problematisch und nutzlos

                             Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) hat
Bild: Wikipedia. Roland zh

                             einen Freisetzungsversuch mit transgenem
                             Mais bewilligt. Im Mai 2020 soll das Gen-
                             techsaatgut auf den gesicherten Versuchs-
                             feldern der Forschungsanstalt Agroscope
                             im zürcherischen Reckenholz ausgesät wer-
                             den. Dem transgenen Mais wurde das
                             Gen Lr 34 aus Weizen eingefügt. Dieses Gen
                             soll den Pflanzen eine partielle Resistenz
                             gegen Pilzkrankheiten verleihen und sie so
                             langanhaltend gegen mehrere Pilzarten
                             schützen. Mit den Freisetzungsversuchen
                             soll überprüft werden, ob diese Resisten-
                             zen auch unter Feldbedingungen wirken.
                                 Das vom Institut für Pflanzen- und Mik-
                             robiologie der Universität Zürich gestellte
                             Gesuch wurde schon im Januar 2019 einge-
                             reicht. Der Entscheid verzögerte sich je-
                             doch über ein Jahr aufgrund einer Einspra-
                             che benachbarter Imker. Sie befürchteten
                             eine Kontamination ihres Honigs mit gen-       Der durch Bundesgelder mit-
                             technisch veränderten Pollen. Auch die         finanzierte, teure Versuch ist
                             SAG hatte das eingereichte Gesuch von An-      für eine nachhaltige Schweizer
                             fang an als problematisch angesehen.           Landwirtschaft nicht von
                             Sie beurteilte die vorgeschlagenen Mass-       Nutzen. Die Kosten von jähr-
                             nahmen, die den Pollenflug verhindern
                             sollten, als ungenügend. Bei einer Verunrei-   lich 750 000 Franken für
                             nigung mit nicht bewilligten GVO gilt          den Betrieb der Protected Site
                             hierzulande bei allen Arten von Produk-        übernimmt der Bund. Dieses
                             ten eine Nulltoleranz. Verunreinigte           Geld könnte sinnvoller in-
                             Produkte, ob Saatgut oder Honig, müssten       vestiert werden: in die Förde-
                             vernichtet werden.
                                 Diese Kritikpunkte wurden nun berück-      rung nachhaltiger agraröko-
                             sichtigt. Damit Honigbienen nicht gen-         logischer Ansätze.
                             technisch veränderte Pollen sammeln kön-
                             nen, müssen die männlichen Blüten der
                             gentechnisch veränderten Maispflanzen
                             über die ganze Versuchsdauer entfernt
                             werden.
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Fokus: Neuer Ansatz bei der Entwicklung von Pflanzenschutzmitteln                       6

RNA-Sprays —
eine Revolution
auf dem Acker?
Chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel belasten Gesundheit
und Umwelt und werden von der Bevölkerung daher zunehmend
abgelehnt. Doch was sind die Alternativen für die Landwirtschaft?
Molekularbiologen arbeiten an einer Technologie, welche natürli-
che Abwehrmechanismen imitiert und bei Schädlingen gezielt
lebenswichtige Gene abschaltet. Eine Technik mehr, bei der sich
die Frage stellt, wie Chancen und Risiken gegeneinander abgewo-
gen werden können und wie sie von den Behörden international
reguliert werden soll.

Text: Benno Vogel
«Faszinierend», «bahnbrechend», «revolutio-   barkeit, weil dsRNA in Pilzen, Pflanzen
när» – glaubt man den Worten von For-         und Tieren die RNA-Interferenz auslöst –
schenden, bricht im Pflanzenschutz eine       einen natürlichen Mechanismus, der zur
neue Ära an. Auslöser sind spraybare          Stilllegung der Gene führt, deren Basenab-
Präparate, die dank eines neuartigen Wirk-    folge mit der dsRNA übereinstimmt.
stoffs eine umweltfreundliche Bekämp-         Anders ausgedrückt: Da Forschende dsRNA
fung von Schädlingen und Krankheitserre-      so aufbauen können, dass sie mit Genen
gern möglich machen sollen. Der Name          übereinstimmt, die für Schadorganismen
des Wirkstoffs ist doppelsträngige Ribo-      lebenswichtig sind, steht im Pflanzen-
nukleinsäure oder kurz dsRNA. Schäd-          schutz heute ein Wirkstoff bereit, der – so
linge nehmen ihn durch Fressen der Pflan-     das Versprechen der Forschenden – die Her-
zenteile oder durch Saugen auf.               stellung Arten-spezifischer und somit
    Was diese dsRNA besonders macht,          nebenwirkungsarmer Präparate ermögli-
ist ihre Programmierbarkeit. RNA ist wie      chen soll. Mehr noch: Da sich mit dsRNA
DNA aus vier verschiedenen Basen auf-         selbst virale Gene abstellen lassen, könnte
                                                                                             Bild: Shutterstock

gebaut und die genaue Abfolge dieser Bau-     es erstmals möglich werden, auch Pflan-
steine lässt sich bei der Herstellung be-     zenviren direkt zu bekämpfen. Bis jetzt gibt
stimmen. Nutzbar ist die Programmier-         es nur indirekte Wege – entweder via Züch-
• Verweis Glossar auf S. 15
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Könnten RNA-Sprays
hochgiftige Pestizide ersetzen?
Gentechfrei - RNA-Sprays - eine Revolution auf dem Acker? - Kritische Informationen der Schweizer Allianz Gentechfrei
Fokus: Neuer Ansatz bei der Entwicklung von Pflanzenschutzmitteln                          8

tung resistenter Pflanzensorten oder           Millionen Euro die belgische Firma Devgen
via Abtöten der Insekten, die die Viren        gekauft und entwickelt seither mit deren
übertragen.                                    Know-how RNA-Sprays – unter anderem
    Noch sind keine dsRNA-Sprays auf dem       gegen Floh- und Kartoffelkäfer. Die glei-
Markt. Doch das dürfte sich bald ändern.       chen Käferarten im Visier hat auch Bayer
Nicht nur, weil erste Feldversuche erfolg-     CropScience, die seit der Übernahme
reich abgeschlossen sind, sondern auch,        von Monsanto über das RNA-Spraysystem
weil Firmen Wege gefunden haben, grosse        Biodirect verfügt. Und während BASF
Mengen dsRNA billig herzustellen. Lagen        Forschung zur Bekämpfung von Fusarien-
die Herstellungskosten für ein Gramm           pilzen finanziert, unterstützt Nufarm die
dsRNA vor zehn Jahren noch bei 12 000          Entwicklung von dsRNA-Präparaten gegen
Franken, soll die gleiche Menge heute für      Pflanzenviren.
weniger als 50 Rappen produzierbar sein.           Auch wenn dsRNA-Präparate erst in der
    Eines der ersten Produkte, die auf den     Entwicklung sind, arbeiten Forschung
Markt kommen dürften, ist ein Spray            und Industrie bereits daran, für deren Lan-
gegen den Kartoffelkäfer. GreenLight Bio-      cierung ein günstiges gesellschaftliches
sciences will dieses Jahr in den USA die       und regulatorisches Umfeld zu schaffen.
Zulassung beantragen und plant die Markt-      Das Zielpublikum der Lobby- und Öffent-
lancierung für 2022. Bis dahin dürfte eine     lichkeitsarbeit sind Politik, Behörden und
Reihe weiterer Präparate marktreif sein.       Bevölkerung. Dort beginnen jetzt die De-
Denn neben GreenLight Biosciences treiben      batten über die Fragen, deren Beantwortung
noch andere kleinere und mittlere Unter-       das Umfeld wesentlich bestimmen werden:
nehmen die Lancierung von dsRNA-Pro-           Sind Umwelt und Gesundheit in Gefahr,
dukten voran. Die US-Firma Agro-Spheres        wenn dsRNA grossflächig auf die Felder
zum Beispiel hat gleich mehrere Sprays in      versprüht wird? Und wie stellt der Staat
der Pipeline: gegen Blütenthripse,             sicher, dass nur unbedenkliche Produkte
winzige Insekten, die bei Zierblumen ihr       zugelassen werden?
Unwesen treiben, gegen den Herbst-
Heerwurm, der Mais befällt, und gegen den          Industrie betreibt Imagepflege
Botrytis-Pilz, der bei verschiedenen Pflan-    Um die Antworten in ihrem Sinne zu
zenarten Grauschimmel verursacht. Die bra-     beeinflussen, haben die Firmen eine klare
silianische Firma Lotan will dsRNA auf         Botschaft parat: Da RNA eine natürliche
den Markt bringen, die Weisse Fliegen ab-      und gesundheitlich unbedenkliche Substanz
tötet, und in Deutschland arbeitet RLP Agro-   ist, die wir täglich mit unserer Nahrung
Science an einem Spray gegen die Kirsch-       aufnehmen, sind die spezifisch wirkenden
essigfliege.                                   dsRNA-Sprays ein innovatives Mittel für
                                               den biologischen Pflanzenschutz.
   Wie wird die Zulassung geregelt?                Wenn die Firmen das Image der dsRNA
Und die grossen Agrochemie-Konzerne?           als Biopestizid fördern, dürften sie damit
Die haben das Potenzial der dsRNA längst       vor allem zwei Ziele verfolgen. Das erste ist,
erkannt und sich mit Kooperationen und         Akzeptanz bei Politik und Bevölkerung
Firmenübernahmen in Stellung gebracht.         schaffen. Denn dort steht die Branche mit
Der israelische Multi Adama zum Bei-           ihrem gängigen Geschäftsmodell – dem Ver-
spiel arbeitet mit AgroSpheres zusammen.       kauf chemisch-synthetischer Pestizide –
Syngenta, wie Adama ein Tochterunter-          heftig in der Kritik. Vor allem in Europa: In
nehmen von Chemchina, hat 2012 für 403         der EU startete Ende 2019 die Bürgerinitia-
• Verweis Glossar auf S. 15
Gentechfrei - RNA-Sprays - eine Revolution auf dem Acker? - Kritische Informationen der Schweizer Allianz Gentechfrei
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                     tive Bienen und Bauern retten, die che-       Eines der ersten Produkte,
                     misch-synthetische Pestizide bis 2035 ver-    die auf den Markt kommen
                     bieten will. In der Schweiz sind mit der
                     Trinkwasser- und der Pestizidverbots-Initi-
                                                                   dürften, ist ein Spray gegen
                     ative gleich zwei Volksbegehren hängig,       den Kartoffelkäfer. GreenLight
                     die in der Landwirtschaft synthetische        Biosciences will dieses Jahr
                     Mittel stark verringern oder ganz verbie-     in den USA die Zulassung be-
                     ten wollen. Selbst der Bundesrat hat 2017     antragen und plant die Markt-
                     einen Aktionsplan verabschiedet, mit dem
                     er Alternativen zum chemischen Pflanzen-
                                                                   lancierung für 2022.
                     schutz fördern will.
                         Das zweite Ziel ist, mögliche Gefahren
                     von dsRNA-Sprays als irrelevant erschei-
                     nen zu lassen und dadurch nicht nur hohe
                     Anforderungen an die Sicherheitstests zu
                     verhindern, sondern auch die Kosten für die
                     Zulassung tief zu halten. Im Visier der
                     Lobbyarbeit sind hier die Bewilligungsbe-
                     hörden. Die müssen jetzt nämlich klären,
                     welche Gefahren sie für bedeutsam halten,
                     und entscheiden, welche Daten sie von
Gentechfrei - RNA-Sprays - eine Revolution auf dem Acker? - Kritische Informationen der Schweizer Allianz Gentechfrei
Fokus: Neuer Ansatz bei der Entwicklung von Pflanzenschutzmitteln                  10

                                        den Firmen verlangen, um die Risiken der

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                                        einzelnen Produkte zu bewerten.
                                            Dass die Botschaft der Industrie gewisse
                                        Aspekte unbetont oder unerwähnt lässt,
                                        liegt in der Logik des Marketings. Einer
                                        dieser Aspekte ist die Herstellungsweise.
                                        Auch wenn RNA ein natürlicher Stoff ist,
                                        stammt die dsRNA in den Sprays aus un-
                                        natürlichen Quellen. Hergestellt wird sie
                                        nämlich entweder chemisch-synthetisch
                                        in der Maschine, mit In-vitro-Systemen der
                                        Synthetischen Biologie oder mittels gen-
                                        technisch veränderter Bakterien. Letzteres
                                        geschieht zwar in geschlossenen Fermen-
                                        tern, und die dsRNA wird anschliessend von
                                        den Bakterien gereinigt. Trotzdem können
                                        Fehler nicht vollständig ausgeschlossen wer-
                                        den, und es besteht die Gefahr, dass mit
                                        den dsRNA-Sprays unbeabsichtigt auch gen-
                                        technisch veränderte Bakterien auf die
                                        Felder kommen.
                                            Ein weiterer Aspekt ist die unsichere
                                        Datenlage. So taucht in den Botschaften
                                        der Industrie kaum auf, dass Forschende
                                        hoch kontrovers darüber diskutieren, ob
DsRNA-Sprays könnten nicht              mit der Nahrung aufgenommene RNA im
nur in der Landwirtschaft               menschlichen Körper nicht doch uner-
zur Anwendung kommen. Er-               wünschte Wirkungen haben kann.
forscht werden auch Anwen-
                                           Unabhängige Studien fehlen noch
dungen in der Tiermedizin oder          Aussen vor bleibt auch, wie wenig unabhän-
im Naturschutz. Auch im                 gige Daten zum Umweltverhalten von dsRNA
Haushalt sind Anwendungen               existieren. Wer in der Literatur danach sucht,
denkbar, beispielsweise im              wie rasch RNA in Böden und Gewässern ab-
Kampf gegen Kakerlaken.                 gebaut wird, findet derzeit fünf Studien –
                                        vier davon stammen von der Industrie.
                                           Auch was Nebenwirkungen für Nütz-
                                        linge betrifft, sind kaum Daten vorhanden.
                                        Klar ist hier nur, dass die Sprays nicht
                                        per se so unbedenklich sind, wie die Firmen
                                        betonen. Zwar lässt sich dsRNA so pro-
                                        grammieren, dass sie gezielt ein lebens-
                                        wichtiges Gen lahmlegt. Aber gerade
                                        bei diesen Genen ist es oft so, dass ihre
                                        Sequenz über die Artengrenzen hinweg
                                        konserviert ist.
• Verweis Glossar auf S. 15
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   Noch ein Aspekt, der das Image der      wie es bei gewissen Sprayanwendungen
dsRNA-Sprays als Biopestizid schmälern     der Fall ist, rechtlich ein gentechnisches
und die Risikobewertung beeinflussen       Verfahren ist.
könnte: Um die neuartigen Sprühmittel          Laut BLW fanden in der Schweiz noch
wirksamer zu machen, kreieren die Fir-     keine Feldversuche mit dsRNA-Präparaten
men Formulierungen, in denen die dsRNA     statt. Wann Gesuche für solche Tests oder
chemisch modifiziert, eingepackt in        für die Zulassung der neuartigen Spritzmit-
  Nanopartikel oder in chromosomenlosen    tel eingehen werden, ist unklar. Klar ist
  Minizellen auf die Felder kommt.         jedoch, dass jetzt darüber zu diskutieren ist,
   Ein Ort, an dem Forschung und Industrie wie die RNA-Ära sorgfältig und verantwor-
auf Behörden treffen, um über die Re-      tungsbewusst gestaltet werden kann. Umso
gulierung von dsRNA-Präparaten zu dis-     mehr noch, als dsRNA nicht nur im Pflan-
kutieren, ist die Organisation für wirt-   zenschutz Einzug hält. Für zu Hause könnte
schaftliche Zusammenarbeit und Entwick-    es künftig dsRNA-Biozide gegen Bettwan-
lung (OECD). Dort hat sich unlängst eine   zen und Kakerlaken geben. In der Tierme-
Arbeitsgruppe formiert, um Richtlinien für dizin kommen Präparate gegen die Varroa-
die Tests zu erarbeiten, mit denen in Zu-  Milbe der Honigbiene ins Angebot. Zum
kunft die Sicherheit der dsRNA-Sprays ge-  Schutz der öffentlichen Gesundheit sind
prüft werden soll. Neben Behörden der      Sprays gegen Krankheitsüberträger wie die
OECD-Mitgliedsländer sind auch Bayer und   Gelbfiebermücke geplant. Und für den
Syngenta mit dabei. Als Start führte die   Naturschutz arbeiten Forschende an Mit-
Arbeitsgruppe im April 2019 eine Konfe-    teln gegen invasive Arten wie den Eschen-
renz durch. Stimmen aus der unabhängi-     prachtkäfer. In Vorbereitung ist zudem auch
gen Forschung waren dort unter den Refe-   die Trait-on-demand-Landwirtschaft.
rentInnen nicht zu hören.                  Sie beruht auf der Idee, Eigenschaften
                                           von Pflanzen künftig nicht mehr mit
   Noch keine Zulassungsanträge            Züchtung zu generieren, sondern während
   in der Schweiz                          des Anbaus je nach Bedarf mit dsRNA
Die Prüfrichtlinien der OECD spielen auch zu erzeugen.
in der Schweiz eine wichtige Rolle bei         Dass eine Diskussion geboten ist, zeigt
der Pestizidzulassung. Wenn die federfüh- auch ein Blick in die Pflanzenzucht.
renden Bundesämter für Umwelt (BAFU)       Firmen entwickeln Gentechsorten, die
und Landwirtschaft (BLW) das hiesige Zu- dsRNA selber bilden und sich damit gegen
lassungsverfahren an dsRNA anpassen        Schädlinge wehren können. Mit dem
werden, dürften die zukünftigen OECD-        Smartstax-Pro-Mais von Bayer soll 2020
Richtlinien wegweisend sein.               in Nord- und Südamerika eine erste derar-
   Neben der Anpassung des Zulassungs- tige Sorte auf die Felder kommen. In der
verfahrens dürften hierzulande auch        EU ist der Hightech-Mais 2019 als Lebens-
rechtliche Aspekte zu klären sein. Da das  und Futtermittel bewilligt worden – ohne
Schweizer Recht biologisch aktive dsRNA    dass im Zulassungsverfahren die not-
einem Mikroorganismus gleichsetzt, stellt wendigen Anpassungen an die dsRNA
sich die Frage, ob dsRNA-Wirkstoffe        erfolgt wären.
rechtlich auch als gentechnisch veränderte
Organismen eingestuft werden könnten.
Zu klären dürfte zudem sein, ob das Ein-
bringen von dsRNA in Zellen von Pflanzen,
International                                                                                  12

Frankreich                                         EU/USA

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Strenge Regulierung                                Agrosprit aus genomeditier-
der neuen gentechnischen                           tem Leindotter
Verfahren
Der französische Staatsrat bekräftigt, dass        Biotechnologieunternehmen in den USA und
sowohl die Genomeditierung (gerichtete             der EU interessieren sich für den Leindotter
Mutagenese) als auch die ungerichtete Muta-        als Rohstoff für Agrosprit. In den USA wurde
genese als gentechnische Verfahren geregelt        eine genomeditierte Variante bereits zum
werden sollen. Damit bekräftigt Frankreich das     Anbau freigegeben. Mit der Genschere CRISPR/
Urteil des Europäischen Gerichtshofes, dass        Cas wurden bei der Pflanze aus der Familie
durch Mutagenese gewonnene Organismen              der Kreuzblütler 18 Genorte und damit die
GVO sind und somit den Vorschriften der GVO-       Ölqualität so verändert, wie sie mit konven-
Richtlinien unterliegen: Risikobewertung,          tioneller Züchtung nicht oder allenfalls nur
Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit. Künf-        sehr schwer erreichbar wäre.
tig soll dies in Frankreich auch für Mutagenese-       Leindotter gehört zu den ältesten Kultur-
Verfahren mit einer history of safe use gelten,    pflanzen in Europa. Eine unkontrollierte
die bisher vom Gesetz ausgenommen waren.           Ausbreitung der gentechnisch veränderten
    Frankreichs Entscheidung, die Gesund-          Pflanzen könnte das Wachstum und die
heit und die Umwelt vor die wirtschaftlichen       Fortpflanzungsrate von Wildtieren verändern,
Interessen einiger weniger Saatgut- und            die solche Pflanzen fressen. Probleme
Pestizidkonzerne zu stellen, sollte auch der       könnten sich auch ergeben, wenn die Ölsaa-
Schweiz als ein Vorbild dienen. Im Jahr 2020       ten ungewollt in Lebens- und Futtermittel
stehen auch hierzulande wichtige Entschei-         geraten würden.
dungen zur Regulierung der neuen gentech-              Die Leindottersamen sind mit einem Tau-
nischen Verfahren an. Da die Mutagenese            sendkorngewicht von 1 bis 1,5 Gramm
in der Schweiz nicht als Gentechnik einge-         sehr klein. Sie enthalten ein Öl, das reich an
stuft ist, lobbyieren Agrarindustrie und die       Linolsäure ist und für technische Zwecke
mit ihr verbandelte Wissenschaft dafür, dass       verwendet werden kann (Farbstoffe, Kosme-
auch die neuen gentechnischen Verfahren in         tik). Das Öl kann als Treibstoff dem Diesel
diese Kategorie eingeteilt werden. Ohne ge-        zugemischt werden. Auch in der Luftfahrt wer-
setzliche Verpflichtung zur Risikoprüfung und      den Gemische aus herkömmlichem Kerosin
Kennzeichnung soll die Vermarktung be-             und aus Leindotter gewonnenem Kraftstoff
schleunigt werden. Es wird in Kauf genom-          getestet. Bereits 2013 realisierte die chileni-
men, dass die Risiken für Mensch und Um-           sche Fluggesellschaft LATAM Airlines den ers-
welt dabei vernachlässigt werden und auch          ten kommerziellen Flug mit einem Gemisch
die Wahlfreiheit der Konsumierenden einge-         von 33 Prozent Treibstoff aus Leindotteröl und
schränkt wird.                                     67 Prozent herkömmlichem Kerosin.
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USA                                               Bangladesch

Leitender Bayer-Biotechnolo- Bewilligung für Golden Rice
ge bestätigt: Genomeditierung vertagt
ist Gentechnik
Die Agrarindustrie sträubt sich stets gegen       Seit zwei Jahren ist das behördliche Zulas-
eine strenge Regulierung der neuen gentech-       sungsverfahren für Golden Reis beim bangla-
nischen Verfahren (NGV). Um diese vom             deschischen Ministerium für Umwelt,
Gentechnikgesetz auszunehmen, verbreitet          Wald und Klimawandel in Bearbeitung. Eine
sie ein irrführendes Argument: Produkte           Weile sah es so aus, dass Bangladesch
dieser Techniken seien natürlich, da die im       als erstes Land den Anbau des umstrittenen
Labor zugefügten Mutationen nicht von             gentechnisch veränderten Reises, der einen
solchen zu unterscheiden seien, die in der        erhöhten Vitamin-A-Gehalt enthalten soll, für
Natur vorkommen. Sie seien deswegen               den kommerziellen Anbau zulassen könnte.
auch nicht rückverfolgbar.                            Am internationalen Reisforschungsinsti-
    Die Gegenargumente von Gentechnikkri-         tut (IRRI) auf den Philippinen war für Bangla-
tikern werden als unwissenschaftlich und          desch eine Sorte entwickelt worden, die auf
innovationsfeindlich abgetan. Zu Unrecht!         einer dort weitverbreiteten Reissorte basiert.
Dies bestätigt gar der leitende Biotechno-        Die Genehmigung war für den 15. November
loge bei Bayer Crop Science, Dr. Larry Gilbert-   erwartet worden. Doch nun wurde der Ent-
son. Für ihn sind die NGV ebenso gentechni-       scheid vertagt. Zu den Gründen machen un-
sche Eingriffe wie die klassische Gentechnik.     terschiedliche Spekulationen die Runde.
Dementsprechend sind die Risiken und die          Wurde der Entscheid durch den Tod eines
Nachweisbarkeit beider Technologien ver-          Ausschussmitglieds verzögert oder sind
gleichbar. Der politische Entscheid, wie          einige der Ausschussmitglieder weiterhin
die gesetzliche Regulierung ausfalle, schaffe     nicht überzeugt, dass der Wunderreis be-
wichtige Antriebe für die Entwicklung von         denkenlos angebaut werden kann? So bleibt
Methoden zur Risikoabschätzung und zur            der vor fast zwei Jahrzehnten von Ingo
Nachverfolgung.                                   Potrykus, Professor am Institut für Pflanzen-
    Dass industrienahe Biotechnologen die         wissenschaften der ETHZ, lancierte Reis
Risiken der NGV anerkennen, ist ein Mei-          weiterhin von den Feldern verbannt. Trotz
lenstein und spricht für eine strenge Risiko-     Millionen von Forschungsgeldern verschie-
evaluation und die Notwendigkeit der              dener internationaler Stiftungen und Unter-
Rückverfolgung solcher Produkte im Rahmen         nehmen sowie Propagandakampagnen der
der gesetzlichen Regulierung.                     Gentechnikindustrie.
In Kürze                                                                                                 14

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Grossbritannien                        China                               Weltweit
Gesundheitsrisiko                      Wenn Ruhm wichtiger Gentech oder doch
durch Brexit                           ist als alles andere lieber Biolandbau?
Mit dem Austritt aus der EU muss       Der chinesische Forscher He
Grossbritannien den in der EU          Jiankui, der im November 2018
herrschenden Regeln – inklusive        gentechnisch veränderte Babys
GVO-Gesetzen – nicht mehr Fol-         auf die Welt brachte, setzte sich
ge leisten. Boris Johnson liebäugelt   nicht nur über das chinesische
nun mit einer Lockerung der            Recht hinweg, er mutete den Babys
Gentechnikvorschriften und somit       auch ein nicht abschätzbares
einer Genehmigung von GVO-             Gesundheitsrisiko zu. Sein For-
Importen aus den USA. Dadurch          scherteam ignorierte praktisch      Der Zitrusblattfloh verbreitet auf
würden in der EU nicht zugelas-        alle Regeln, die in der Wissen-     Zitrusbäumen seit Jahren eine
sene GV-Produkte undeklariert in       schaft und für klinische Studien    unbehandelbare bakterielle Krank-
das Königreich eingeführt wer-         zum Schutz der Patienten gelten.    heit namens Huanglongbing
den dürfen. Laut Wissenschaftlern      Nun wurde He Jiankui zu drei        (HLB). In den USA setzt man auf
gefährdet diese Gesetzeslocke-         Jahren Gefängnis und einer Geld-    Gentechnik: Ein GV-Virus soll
rung die Gesundheit der Briten,        strafe von 430 000 Dollar verur-    das HLB im Bauminneren antibio-
denn gentechnisch manipulier-          teilt. Zudem wurde ihm das wei-     tisch bekämpfen. Das FiBL in
tes Essen kann allergieauslösend       tere Ausüben seines Berufes         Frick zeigt aber, dass Biolandbau
oder gar giftig sein.                  untersagt.                          dem Zitrusblattfloh natürlich
                                                                           vorbeugen kann: Dank Verzicht auf
                                                                           Pestizide sind auf Bioflächen so-
                                                                           wohl die Anzahl wie die Arten der
Ghana                                  USA                                 Insekten grösser, die den Blatt-
GVO ist überflüssig                    Genomeditierung bei                 floh in Schach halten.
                                       Tieren muss reguliert
                                       werden
                                                                           Schweiz
                                       Die US Food and Drug Admi-
                                       nistration (FDA) betont die Not-    Wie die Schweiz mit
                                       wendigkeit einer ausführli-         Freihandelsabkommen
                                       chen Risikobewertung von geno-      den Hunger fördert
                                       meditierten Tieren und deren
                                       Produkten vor der Vermarktung.      In ihren Freihandelsabkommen
Die ghanaische Regierung verkün-       Die FDA untermauert diese
dete, dass Ghana auf die Ein-                                              mit Ländern des Globalen Südens
                                       Forderung mit einer eigenen Stu-    verlangt die Schweiz die Einfüh-
führung von GVO verzichtet. Tra-       die, welche Fehler im Erbgut
ditionelle Züchtungsverfahren                                              rung strenger Sortenschutzgeset-
                                       von genomeditierten, hornlosen      ze. Als eine Art Patentschutz auf
seien genug fortgeschritten, um        Rindern aufdeckte. Würden
ertragsreiche und krankheits-                                              Saatgut gewähren solche Gesetze
                                       GE-Tiere weniger streng kontrol-    Züchtern und Agrarkonzernen
resistente Pflanzen hervorzubrin-      liert, wäre die Gesundheit der
gen. Damit werde Gentechnik                                                Monopolrechte auf Saatgut. Lokale
                                       Bevölkerung gefährdet. Der Ent-     bäuerliche Saatgutsysteme, die
überflüssig, so der ghanaische         scheid der FDA kam überra-
Minister für Ernährung und                                                 seit Jahrtausenden Ernährungs-
                                       schend, denn die Biotechindust-     sicherheit ermöglichen und Saat-
Landwirtschaft. Zahlreiche Orga-       rie betrieb bei der US-ameri-
nisationen begrüssen diesen                                                gutvielfalt entwickeln, werden
                                       kanischen Regierung intensives      damit zerstört. Die Schweizer Koa-
Entscheid und wünschen die Stär-       Lobbying für einen Verzicht
kung der lokalen Saatbetriebe                                              lition Recht auf Saatgut will dem
                                       auf Kontrollen.                     entgegenwirken.
an Stelle von Monsanto. Damit
würden gleichzeitig auch Klein-
bauern unterstützt und die
landwirtschaftliche Wertschöp-
fungskette attraktiver für
junge Menschen.
Wissen                                                                                                     15

Im nachfolgenden Glossar               Biopestizid                         Partikel nicht besitzen. Manche
                                                                            Nanopartikel sind in der Lage,
werden einige Begriffe               Biopestizid ist ein Begriff für        biologische Barrieren zu überwin-
aus Artikeln des aktuellen           Pflanzenschutzmittel, die einen        den und in Zellen zu gelangen.
                                     natürlichen Ursprung haben.
Magazins genauer aus-                Dabei sind zwei Kategorien zu
geführt und erklärt. In den          unterscheiden:
Erläuterungen finden Sie             1. Biopestizide, deren Wirkstoff         Minizellen
                                     aus Bakterien, Pilzen, Pflanzen        Minizellen sind kleine Zellen bak-
weitere nützliche Informa-           oder Tieren stammt. Hierzu gehö-       teriellen Ursprungs. Sie besitzen
tionen zum Thema.                    ren beispielsweise Extrakte            kein Chromosom und können sich
                                     aus dem tropischen Niembaum,           nicht vermehren. In der Medizin
                                     die gegen Blattläuse wirken.           und im Pflanzenschutz gelten sie
   oppelsträngige
  D                                  2. Biopestizide, die aus lebenden      als vielversprechende Behälter,
  Ribonukleinsäure                   Organismen wie Bakterien, Pilzen,      um Wirkstoffe unversehrt an den
                                     Insekten oder Fadenwürmern             gewünschten Ort zu bringen.
Doppelsträngige Ribonuklein-         bestehen. Ein Beispiel sind Schlupf-   Minizellen lassen sich aus gen-
säure (dsRNA) ist ein aus zwei       wespen, die sich gegen den             technisch veränderten Bakter-
komplementären Einzelsträn-          Maiszünsler einsetzen lassen. Der      ien gewinnen, entstehen bei gewis-
gen aufgebautes Molekül. Ihre        Anteil der Biopestizide am             sen Mikroben aber auch auf
vier Grundbausteine sind die         Pestizidweltmarkt beträgt der-         natürliche Weise. Bei Escherichia
Basen Adenin, Guanin, Cytosin        zeit rund 6 Prozent.                   coli beispielsweise existieren
und Uracil. DsRNA ist eine
                                                                            Stämme, die sich bei der Vermeh-
Form der natürlich vorkommen-
                                                                            rung ungleich teilen: in normale
den Ribonukleinsäuren. Bei
                                                                            Zellen mit Chromosom und in
gewissen Virenarten bildet sie         I n-vitro-Systeme                   eine kleine chromosomenlose
das Erbgut. Bei Tieren, Pilzen,
Pflanzen und Menschen gehört
                                        der Synthetischen                   Minizellen.
dsRNA zu den Ribonuklein-               Biologie
säuren, die bei der Regulierung      Biomoleküle wie dsRNA oder
von Genen eine Rolle spielen.        Proteine werden heutzutage meist         SmartStax-Pro-Mais
                                     in gentechnisch veränderten            SmartStax-Pro-Mais ist die erste
                                     Bakterien produziert. Als Alterna-     zugelassene gentechnisch verän-
  RNA-Interferenz                    tive zur dieser In-vivo-Produk-        derte Pflanze weltweit, die ein In-
                                     tion nutzen Forschende der Syn-        sektengift auf RNA-Basis produ-
Die RNA-Interferenz (RNAi) ist ein
                                     thetischen Biologie zunehmend          ziert. Der von Bayer/Monsanto
natürlicher Mechanismus, der
                                     In-vitro-Systeme. Sie gewinnen         entwickelte Mais bildet eine
in den Zellen von Tieren, Pilzen,
                                     dazu die Komponenten, die              dsRNA, die zum Snf7-Gen im Erbgut
Pflanzen und Menschen vor-
                                     für die Produktion der Moleküle        des Maiswurzelbohrers passt.
kommt. Die Lebewesen nutzen
                                     notwendig sind, aus dem Zell-          Fressen die Larven des Schädlings
ihn, um die Aktivität von Ge-
                                     saft von Organismen, fügen sie in      am Mais, sterben sie ab, weil die
nen zu regulieren oder sich vor
                                     ein Reagenzglas und geben ein          dsRNA das für sie lebenswichtige
Viren zu schützen. Auslöser
                                     ringförmiges DNA-Stück dazu, das       Snf7-Gen blockiert. Neben der
der RNAi ist doppelsträngige
                                     die Anleitung für die Herstellung      Anleitung für die Snf7-dsRNA ent-
RNA. Zellen zerlegen diese
                                     der Moleküle enthält. Diese zell-      hält der SmartStax-Pro-Mais
Moleküle als Erstes in kleine
                                     freien Systeme verkürzen die           auch Fremdgene für Bt-Insekten-
Schnipsel. Die Schnipsel bin-
                                     Produktionszeit und vereinfachen       gifte und Herbizidresistenzen.
den dann an die Boten-RNA eines
                                     die zu treffenden Sicherheits-         Gegenwärtig ist er in Kanada, Bra-
Gens mit identischer Sequenz.
                                     massnahmen.                            silien, Argentinien und den USA
Da die Boten-RNA dadurch zerstört
wird, kann aus dem Gen kein                                                 für den Anbau zugelassen.
Protein mehr gebildet werden.
                                       Nanopartikel
                                     Als Nanopartikel werden Teilchen
                                     definiert, die in wenigstens einer
                                     Dimension einen Durchmesser von
                                     weniger als 100 Nanometern
                                     haben. Nanopartikel können wegen
                                     ihrer Grösse Eigenschaften auf-
                                     weisen, die vergleichbare grössere
Über uns                                             Empfehlungen

Die Schweizer Allianz Gentechfrei SAG                Veranstaltung
versteht sich als kritisches Forum zu                SAG-Mitgliederver-
                                                     sammlung 2020 und
Fragen der Gentechnologie. Sie ist eine              30 Jahre SAG
Plattform der Diskussion, Information
                                                     Die jährliche Mitgliederversamm-
und Aktion für Organisationen und                    lung der SAG steht unter dem
Einzelmitglieder, die der Gentechnologie             Motto 30 Jahre SAG. Sie war für
                                                     Dienstag, 23. Juni 2020, 16 Uhr
kritisch gegenüberstehen. Heute wirkt                geplant. Ob und in welcher Form
                                                     sie stattfinden kann, ist derzeit
die SAG als Dachorganisation von 25                  aber unklar. Wir werden alle Ver-
                                                     einsmitglieder auf dem Laufen-
Schweizer Verbänden aus den Bereichen                den halten. Für aktuelle Informa-
Umwelt, Naturschutz, Tierschutz,                     tionen können Sie uns per Mail
                                                     kontaktieren (info@gentechfrei.ch)
Medizin, Entwicklungszusammenarbeit,                 oder unsere Internetseite besu-
                                                     chen: gentechfrei.ch.
biologischer Landbau und Konsumen­
tenschutz.                                           Die SAG-Trägerorganisationen
                                                     stellen sich vor:
                                                     Public Eye —
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                                                     tion Menschenrechtsverletzungen
Neu: Spenden per SMS                                 auf, die von Schweizer Unter-
SMS an Nr. 488 mit «sag Betrag», Beispiel: «sag35»   nehmen im Ausland verursacht
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                                                     ren 26 000 Mitgliedern setzen
                                                     wir uns für eine solidarische und
                                                     verantwortungsvolle Schweiz ein.
                                                     Die Schweiz dient vielen multina-
                                                     tionalen Konzernen als Sitz, die
                                                     in sensiblen Wirtschaftsbereichen
                                                     tätig sind. Public Eye schaut
                                                     dort genau hin, wo Konzerne oft
                                                     lieber im Verborgenen agieren
                                                     und die Politik dies zulässt.
                                                     Mit Recherchen und Kampagnen
                                                     kämpfen wir gegen Ungerech-
                                                     tigkeiten, die ihren Ursprung in der
                                                     Schweiz haben. Denn globale
                                                     Gerechtigkeit beginnt bei uns.

                                                     www.publiceye.ch
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