Golden Rice Entwicklung und Bedeutung der bekanntesten Reispflanze

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Dezember 2001
Nr. 61

Der Verein «Forschung für Leben» informiert:

Golden Rice
Entwicklung und Bedeutung der
bekanntesten Reispflanze

Dr. Petra Frey

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    Der Verein «Forschung für Leben», gegründet
    1990, bezweckt die Information der
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    der biologisch-medizinischen Forschung.
    Er bringt den Nutzen, aber auch die Gefahren,
    die sich aus der Forschung ergeben, einfach
    und klar zur Sprache und baut durch Aufklärung
    Ängste und Misstrauen ab.

    «Forschung für Leben» besteht aus gegen
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    die Gönnermitgliedschaft Fr. 500.–.

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Golden Rice
Entwicklung und Bedeutung der bekanntesten Reispflanze

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          ogende Reisfelder im warmen Sonnen-          spaltenbereich) und Xerophthalmie (Trockenheit
          licht, hübsche asiatische Kinder, die mit    des äusseren Auges). Im fortgeschrittenen Stadium
          grossen Augen in die Kamera blicken, da-     kommt es zur Erblindung. Vitamin A verhindert
zu säuselnde Musik und eine Stimme, die von den        nicht nur solche Sehstörungen, sondern spielt auch
grossen Chancen des neuen Vitamin A Reises er-         eine wichtige Rolle bei der Zelldifferenzierung und
zählt… So preist die Agro-Industrie in den USA das     Morphogenese und hat wahrscheinlich auch einen
Paradebeispiel unter den Gentechpflanzen, den          Einfluss auf die Blutbildung, da bei Vitamin A Man-
«Golden Rice», am Fernsehen an. Auf der Gegen-         gel oft auch eine Anämie beobachtet wird. Eine
seite droht Greenpeace damit, Freisetzungsversu-       frühzeitige Diagnose liesse sich durch die Beobach-
che mit diesem Reis zu sabotieren, spricht von         tung der Essgewohnheiten stellen, doch ist diese
«fool’s gold» oder einem «Technologiepfläster-         Methode meist weniger genau als eine Blutanalyse.
chen» für ein Problem, welches erst durch die Tech-    Eine Erkennung des Vitamin A Mangels über Blut-
nologie selbst oder ganz pauschal durch die Grüne      wertanalysen ist jedoch erst im fortgeschrittenen
Revolution entstanden sei.                             Stadium möglich, da Vitamin A in der Leber gespei-
                                                       chert wird und die Blutwerte erst sinken, wenn die-
Welche Bedeutung kommt dem Golden Rice in              ser Vorrat erschöpft ist.
Wirklichkeit zu? Ist es die grosse Entwicklung, dank
der Millionen von Kindern das Augenlicht erhalten      Vitamin A ist in tierischen Produkten enthalten und
bleibt und die beispielhaft zeigt, wie Gentechnik in   wird primär in Form von Milch, Eiern und Fleisch
den Entwicklungsländern sinnvoll eingesetzt wer-       aufgenommen. Daneben gibt es eine grosse Grup-
den kann? Oder ist der Provitamin A Reis, wie die      pe von verwandten Stoffen in Pflanzen, den Caroti-
Gegner sagen, nichts als ein gelungener PR-Gag der     noiden, welche in unserem Körper zum Teil in Vita-
Industrie, um von den unabschätzbaren Risiken der      min A umgewandelt werden können. Diese spielen
Gentechnologie abzulenken? Wäre es nicht viel ein-     eine Rolle bei der Photosynthese der Pflanzen und
facher, den Leuten beizubringen, mehr Gemüse zu        sind verantwortlich für die bunte Färbung vieler
essen? Weshalb und wie wurde Golden Rice eigent-       Früchte und Gemüse. Insgesamt bis zu 70% des
lich entwickelt?                                       Vitamin A Bedarfes werden in Entwicklungsländern
                                                       mit Hilfe von pflanzlichen Produkten gedeckt. In
                                                       den Industrienationen werden trotz reichlicher Ver-
___Vitamin A Mangel                                    sorgung mit tierischen und pflanzlichen Produkten
                                                       rund 20-50% des Vitamins A in Form von Nahrungs-
Als Folge einer einseitigen Ernährung leiden in vie-   mittelzusätzen konsumiert.
len Entwicklungsländern vor allem Kinder und
Frauen an Vitamin A Mangel. Unbehandelt kann           Bei der Berechnung der Vitamin A Bilanz werden
dies zu Blindheit und wegen der allgemein ge-          die Carotinoide mit einem Umrechnungsfaktor ver-
schwächten Infektionsabwehr auch zum Tod               sehen (siehe Tabelle 1), der die Aufnahme und die
führen. So schätzt die WHO (World Health Orga-         Umwandlung in Vitamin A berücksichtigt. Die Auf-
nization), dass weltweit zwischen 100 und 140 Mil-     nahme des β-Carotins, eines der häufigsten Caroti-
lionen Kinder an Vitamin A Mangel leiden, wovon        noide in Pflanzen, wird unter anderem durch die
bis zu 500’000 pro Jahr erblinden. Die FAO (Food       biologische Verfügbarkeit, den Fettgehalt der Nah-
and Agriculture Organization) spricht zudem von        rung und den Gesundheitszustand beeinflusst. So
1 bis 2 Millionen Kindern im Alter von ein bis vier    kann zum Beispiel ein Befall mit Parasiten wie
Jahren, die jährlich an den Folgen des Vitamin A       Rundwürmern die Aufnahme behindern. Der
Mangels sterben. Die ersten Symptome des Vitamin       tatsächliche Effekt eines bestimmten Gemüses oder
A Mangels sind Nachtblindheit, Bitot Flecken (weiß-    einer Frucht auf den Vitamin A Mangel lässt sich
liche, eingetrocknet erscheinende Flecken im Lid-      deshalb fast nur mit Hilfe von praktischen Versu-

                                                                                                        3
chen zeigen. Die empfohlenen Tagesmengen an              Weltbevölkerung ernährt sich hauptsächlich von
β-Carotin liegen gemäss FAO zwischen 400 und             Reis. Er wird in über 100 Ländern auf total etwa 150
800 RE (siehe Tabelle 1). Ernährungsspezialisten         Millionen Hektaren angebaut. Mehr als 90% davon
glauben jedoch, dass schon 30-40% der empfohle-          befinden sich in Asien und werden dort konsumiert.
nen Mindestmenge Vitamin A Mangelerscheinun-             Obwohl während der grünen Revolution der Ertrag
gen verhindern könnten.                                  und die Krankheitsresistenzen des Reises mit Hilfe
                                                         der klassischen Züchtung verbessert werden konn-
    Carotinoide sind sekundäre Pflanzenstoffe,           ten, fällt noch heute etwa die Hälfte der möglichen
    welche sich in die Carotine und Xanthophylle         Ernte wegen Schädlingen, Krankheiten und kon-
    gliedern und zur Gruppe der Isoprenoide              kurrierenden Unkräutern aus. Es besteht also wei-
    gehören. Da sie im Dünndarm in Vitamin A um-         terhin ein grosser Bedarf an der züchterischen Ver-
    gewandelt werden, müssen sie mit Hilfe eines         besserung dieser Pflanze. Dabei kommen immer
    Umrechnungsfaktores in die Vitamin A Bilanz          mehr auch die Methoden der Gentechnik zum Ein-
    einbezogen werden. Dazu wurden verschiede-           satz.
    ne Systeme und Einheiten entwickelt.
                                                         1990 gelang es Swapan Datta, als erstem Forscher
    1 IU (International Unit) = 0.3 µg Vitamin A         mit einer direkten Gentransfer-Methode transge-
                                       (= Retinol)
                                                         nen Zucht-Reis herzustellen. Er benutzte dazu soge-
                              = 0.6 µg β-Carotin
                              = 1.2 µg Carotinoid
                                                         nannte Protoplasten, einzelne Pflanzenzellen, de-
                                                         ren starre Zellwände entfernt wurden, und die so
    1 RE (Retinol Equivalent)         = 1 µg Vitamin A   die fremden Gene leichter aufnehmen konnten.
                             = 6 µg β-Carotin            Protoplasten können mit geeigneten Nährmedien
                             = 12 µg Carotinoid
                                                         wieder zu ganzen Reispflanzen herangezogen wer-
    1 RAE (Retinol Activity Equivalent, neu seit 2001)
                                                         den. Hingegen waren jeweils nur wenige der so
                             = 1 µg Vitamin A            entstandenen Pflanzen fertil. Sanford und seine
                             = 12 µg β-Carotin           Mitarbeiter entwickelten unterdessen eine neue,
                             = 24 µg Carotinoide         sogenannt ballistische Transformationsmethode:
                                                         Mit der «Genkanone» lässt sich die an Goldstaub
    Tabelle 1: Carotinoide – Vitamin A Umrechnung
                                                         gebundene DNA direkt in die Pflanzenzellen hin-
                                                         einschiessen, ohne dass man ihre Zellwand entfer-
In den vielen weniger entwickelten Ländern Asiens,       nen muss. So können ganze Pflanzenteile wie Blät-
wo häufig polierter (= geschälter) Reis das Haupt-       ter oder, im Falle von Reis, Embryonen zur Transfor-
nahrungsmittel ist, werden pro Tag lediglich rund        mation benutzt werden. Einige wenige der
120 RE konsumiert. Ungeschälter Reis enthält zwar        getroffenen Pflanzenzellen bauen die DNA stabil in
geringe Mengen an β-Carotin in der Schale, diese         ihr Genom ein und können zu Pflanzen regeneriert
fetthaltige Hülle wird jedoch entfernt, damit die        werden.
Körner bei der Lagerung nicht ranzig werden. Der
geschälte Reis, d.h. das zurückbleibende Endo-           Da bei allen Transformationsmethoden immer nur
sperm, enthält keine Vitamine mehr. Die Entwick-         ein kleiner Bruchteil der Zellen erfolgreich transfor-
lung einer Reissorte mit β-Carotin-haltigem Endo-        miert wird, müssen zu deren Kennzeichnung Mar-
sperm ist also zweifellos eine sinnvolle Strategie,      kergene verwendet werden. Diese erlauben es,
um diesen Menschen eine ausreichende Vitamin A           transformierte Zellen selektiv zu vermehren und zu
Versorgung über die tägliche, gewohnte Nahrung           regenerieren, während untransformierte Zellen ab-
zu garantieren.                                          sterben. Oft wird als Marker eine Herbizid- oder
                                                         Antibiotikaresistenz eingesetzt; folglich werden
                                                         transformierte Gewebe auf Antibiotika- oder Herbi-
___Entwicklung des Golden Rice                           zidhaltigen Nährmedien kultiviert.

Reis ist neben Mais und Weizen eine der wichtig-         Vor diesem Hintergrund wurde anfangs der 90er
sten Kulturpflanzen der Welt: Rund die Hälfte der        Jahre im Labor von Ingo Potrykus an der ETH Zürich

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neben Projekten zur Verbesserung der Insekten-               Der relativ niedrige Gehalt an β-Carotin ist ein
und Virusresistenz auch ein Projekt zur Erhöhung             wichtiges Argument gegen den Golden Rice.
des Vitamin A Gehaltes in Reis begonnen. In einer            Ihn zu erhöhen ist deshalb eines der Hauptziele
Voruntersuchung stellte die Gruppe fest, dass die            der zukünftigen Forschung.
vier letzten Enzyme des β-Carotin Syntheseweges
(siehe Abbildung 1) im Endosperm des Reises fehl-            ●     Der konstitutive 35S CaMV Promotor vor
ten. Damit schien das Projekt bereits beendet zu                   dem Phytoen Desaturase-Gen wird durch
sein, denn zu jenem Zeitpunkt schien es völlig un-                 einen Endosperm-spezifischen Promotor
möglich, vier einzelne Gene, deren Enzyme ansch-                   aus Reis ersetzt werden.
liessend zusammen eine biochemische Synthese                 ●     Der Codon-Gebrauch des bakteriellen
ausführen sollten, zu transformieren. Trotzdem wa-                 Gens soll für die Expression im Reis opti-
ren die ETH, die Rockefeller Foundation, die EU und                miert werden.
der Schweizer Nationalfonds bereit, dieses Projekt           ●     Die Produktion des Isopentenyl Diphos-
finanziell weiter zu unterstützen. Die Arbeitsgrup-                phats (IPP), das Ausgangsprodukt der Ca-
pe entschied sich, die Transformationen mit dem                    rotinoide, welches in den Plastiden über
Gen für das erste der fehlenden Enzyme, der                        einen alternativen Weg produziert wird,
Phytoen Synthese, zu beginnen. Zusammen mit den                    soll mit Hilfe der Gentechnik gesteigert
drei weiteren Genen des Carotensynthese-Stoff-                     werden.
wechsels war dieses Gen von Peter Beyer an der
Universität Freiburg aus der Osterglocke (Narcissus          Tabelle 2: Erhöhung des β-Carotin Gehaltes
pseudonarcissus) isoliert worden. Schon diese er-
sten transgenen Reispflanzen erfüllten die Hoff-
nungen der Forscher, denn im Endosperm syntheti-           In einem nächsten Schritt sollten die weiteren drei
sierten sie eine Vorstufe des β-Carotins, das              Gene einzeln transformiert werden, um die trans-
Phytoen. Dies war ein grosser Erfolg, denn mit die-        genen Pflanzen anschliessend miteinander zu kreu-
sen Pflanzen liess sich zeigen, dass es möglich ist, ei-   zen und so den gesamten Syntheseweg in einer
nen vorhanden Syntheseweg umzuleiten, ohne da-             Reispflanze zu vereinen. Doch der Versuch, eine
durch andere, lebenswichtige Funktionen der                transgene Pflanze zu regenerieren, die ein weiteres
Pflanze zu beeinflussen.                                   Enzym des β-Carotin Syntheseweges, eine Phytoen
                                                                       Desaturase, exprimiert, blieb während
                                                                       mehr als einem Jahr erfolglos.

                                                                       Der Durchbruch gelang erst, als Xu-
                                                                       dong Ye das Projekt 1998 übernahm
                                                                       und sich für einen völlig neuen Ansatz
                                                                       entschied: Statt wie bisher auf Embryo-
                                                                       nen zu schiessen, wollte er Agrobakte-
                                                                       rien für die Transformation einsetzen
                                                                       (siehe Abb. 2). Das Bodenbakterium
                                                                       Agrobacterium tumefaciens besitzt ein
                                                                       sogenanntes «Tumor-induzierendes-»,
                                                                       oder kurz Ti-Plasmid mit Genen zur
                                                                       Mobilisierung und Übertragung eines
                                                                       DNA-Fragments, der Transfer- oder
                                                                       kurz T-DNA. Die Fähigkeit von A. tume-
                                                                       faciens, DNA in Pflanzen zu übertra-
                                                                       gen, macht sich die moderne Gentech-
                                                                       nik zu Nutze, indem Ti-Plasmide und
                                                                       die T-DNA so modifiziert werden, dass
Abbildung 1      Biosyntheseweg des β-Carotin                          keine Bakteriengene mehr übertragen

                                                                                                                5
tin/g Endosperm, ein Gehalt der bereits
                                                                nah an die ursprünglich von den Forschen-
                                                                den angestrebten 2 µg/g herankam. Dane-
                                                                ben wurden je nach Linie noch kleine
                                                                Mengen an anderen wichtigen Carotinen,
                                                                wie Lutein und Zeaxanthin, gefunden. Mit
                                                                300 g dieses Reises (entsprechen 80 RE)
                                                                liessen sich etwa 10 bis 20% des täglichen
                                                                Vitamin A Bedarfs decken. Dieser wissen-
                                                                schaftliche Durchbruch wurde im Januar
                                                                2000 in Science veröffentlicht (Ye et al.
                                                                2000. Science 287, 303-305).

                                                                ___Patente – Schwierigkeiten nach
                                                                   der Entwicklung im Labor

                                                                Das Projekt sah von Anfang an vor, dass
                                                                der Provitamin A Reis den Bauern in den
                                                                Entwicklungsländern unentgeltlich zur
                                                                Verfügung gestellt werden soll. Da aussch-
                                                                liesslich öffentliche Gelder in die Entwick-
                                                                lung geflossen waren, nahmen die Erfin-
                                                                der, Ingo Potrykus und Peter Beyer, an,
                                                                dass sie den Reis patentieren könnten und
                                                                dann frei darüber verfügen dürften. Die-
                                                                ses Vorhaben wurde auch von der ETH und
Abbildung 2    Transformation mit Agrobacterium tumefaciens.    der Rockefeller Foundation unterstützt.

werden, sondern die gewünschten Nutzgene. Mit          Dass dies jedoch nicht einfach sein würde, zeigte
dieser Methode erschien es einfacher, gleich alle      bald eine Studie von ISAAA (International Service
vier Gene für die Carotinsynthese zusammen in ei-      for the Acquisition of Agribiotech Applications): Bei
ner einzigen «Co-Transformation» in die Pflanze zu     der Entwicklung des Golden Rice waren 70 verschie-
übertragen. Zudem entschied sich Xudong Ye, zwei       dene intellektuelle und technische Schutzrechte
Glockenblumenenzyme durch ein einziges «Dop-           von 32 verschiedenen Firmen und Universitäten in-
pel-Enzym» aus dem Bakterium Erwinia uredovora         volviert. Um diese komplizierte Situation zu berei-
zu ersetzen. Die Gene wurden, zusammen mit einer       nigen, suchten die Erfinder in der Industrie nach ei-
Hygromycin-Phosphotransferase als Markergen, in        nem starken Partner. Die Firma Zeneca, die in der
zwei Ti-Plasmide eingefügt.                            Zwischenzeit im Agrokonzern Syngenta aufgegan-
                                                       gen ist, war mit verschiedenen Patenten involviert,
Tatsächlich konnten mit diesem Ansatz in kurzer        und bot die besten Voraussetzungen für eine Zu-
Zeit 500 unabhängige transgene Reislinien produ-       sammenarbeit. Die Firma war bereit, bei der weite-
ziert werden. Von den 60 getesteten Linien enthiel-    ren Entwicklung und dem Bereinigen der Patent-
ten 12 alle vier Gene. Diesmal waren alles gesunde,    schwierigkeiten des Reises mitzuhelfen. Im Gegen-
fertile Pflanzen gewachsen, mit je ein bis drei Ko-    zug wurde vereinbart, Zeneca das Recht zur
pien der neuen Gene. Schon die polierten Samen         Vermarktung von Golden Rice in der entwickelten
zeigten klar, dass dieser Reis im Endosperm β-Caro-    Welt zuzugestehen. Bauern in Entwicklungslän-
tin produziert: Die goldgelbe Farbe der Körner war     dern, welche nicht mehr als US$ 10’000 pro Jahr
deutlich zu erkennen. Biochemische Analysen zeig-      damit verdienen, sollen den Reis jedoch kostenlos
ten einen β-Carotin Gehalt von bis zu 1.6 µg Caro-     bekommen.

6
Zu diesem Zeitpunkt war Golden Rice über die Me-        culture) die Weiterentwicklung und Verbreitung
dien als positives Beispiel einer gentechnisch verän-   des Goldenen Reis unterstützen, sind viele kleine
derten Pflanze bekannt geworden. Nach und nach          und grössere NGOs (non-governmental organiza-
zeigten sich auch die anderen beteiligten Firmen        tions) vehement gegen die Anwendung vom Pro-
bereit, auf ihre technischen und geistigen Urheber-     vitamin A Reis. Greenpeace hat sogar angekündigt,
rechte zu verzichten, um eine kostenlose Verteilung     dass sie zukünftige Feldversuche mit Golden Rice
des Saatguts in Entwicklungsländern zu ermögli-         möglichst verhindern werden. Sie befürchten, dass
chen. Nach fast einjährigen Verhandlungen haben         der Reis als «Trojanisches Pferd» die Akzeptanz für
die Erfinder jetzt das Recht, den Reis an die For-      gentechnisch veränderte Pflanzen erhöhe und dies
schungsinstitute der Entwicklungsländer abzuge-         zu weiteren Anwendungen der Gentechnik im Be-
ben, den Reis weiter zu entwickeln und ihn in loka-     reich der Landwirtschaft in den Entwicklungslän-
le Sorten einzukreuzen. Um diese Einführung in die      dern führen werde.
Entwicklungsländer weiter zu unterstützen wurde
ein «Humanitarian Board», bestehend aus den bei-        Eines der Hauptargumente gegen Golden Rice ist
den Erfindern, Ingo Potrykus und Peter Beyer, und       der relativ niedrige β-Carotin Gehalt. Greenpeace
aus Ronnie Coffman (Cornell University), Adrian Du-     hat berechnet, dass ein Erwachsener zwischen vier
bock (Syngenta), William Padolina (International Ri-    und neun Kilogramm Reis pro Tag essen müsste, um
ce Research Institute, IRRI), Ashok Seth (World         auf die von der WHO empfohlene Tagesmenge an
Bank) und Gary Toenniessen (Rockefeller Founda-         Vitamin A zu kommen. Andere Rechnungen, bei
tion), gegründet. Zusätzlich wird das Humanitarian      welchen von einem tieferen Vitamin A Bedarf (400-
Board von Katharina Jenny von der Indo-Swiss            500 RE für Kinder gemäss FAO) ausgegangen wird,
Collaboration in Biotechnology (ETH Zürich) unter-      zeigen, dass mit einer Tagesration des derzeitigen
stützt.                                                 Provitamin A Reises etwa 10 – 20% des täglichen
                                                        Bedarfs von Kindern gedeckt werden könnte. Sol-
                                                        che Abschätzungen sind jedoch noch verfrüht: Der
___Öffentliche Kritik                                   heutige Golden Rice ist ein Prototyp, dessen Vita-
                                                        min A Gehalt erhöht werden muss und der in dieser
Da der Goldene Reis ausdrücklich für die Dritte Welt    Form nie an die Bauern verteilt werden wird. Eine
entwickelt wurde, wird an diesem Beispiel der Sinn      Verteilung wird frühestens nach einer Einkreuzung
und Nutzen von gentechnisch veränderten Pflanzen        in lokale Sorten, oder sogar erst nach einer Neu-
für die Entwicklungsländer diskutiert. Der Provita-     transformation zur Diskussion stehen. Moderne
min A Reis erfüllt viele Anforderungen, die heute       Vitamin A Forschung hat zudem gezeigt, dass unser
an eine «ideale» transgene Pflanze gestellt wer-        Körper β-Carotin aus verschiedenen Pflanzen unter-
den:                                                    schiedlich gut aufnehmen kann. So wird es zum Bei-
                                                        spiel aus Mango oder Papaya viel besser aufgenom-
●   Er wurde nicht von der Industrie entwickelt         men als aus den grünen Blättern eines Maniok-
●   Es ergeben sich keine hohe Kosten für die           strauches. Wie hoch die Verfügbarkeit des
    Bauern, die ihr Saatgut selber weiterentwickeln     β-Carotin aus Golden Rice sein wird, ist Gegenstand
    können                                              weiterer Untersuchungen. Bis jetzt hatte man dafür
●   Die Bauern geraten nicht in neue Abhängig-          noch nicht genügend Golden Rice.
    keiten
●   Der Reis braucht keine speziellen Pflanzen-         Oft wird der Provitamin A Reis von den Gegnern als
    schutzmittel oder Dünger                            blosse Werbeaktion der Agroindustrie dargestellt.
●   Bis heute sind keine negativen Auswirkungen         Unter dem Deckmantel der Humanität werde die-
    für Mensch und Umwelt bekannt oder vorstell-        ser Reis verteilt, um so gentechnisch veränderte
    bar                                                 Pflanzen in ein besseres Licht zu rücken und in die
                                                        Entwicklungsländer einzuführen. Die zum Teil
Obwohl die FAO (Food and Agricultural Organiza-         übertriebenen Versprechungen der Industrie, wel-
tion), die WHO (World Health Organization) und          che während der Euphorie kurz nach der Bekannt-
die CGIAR (Consultive Group on International Agri-      gabe des Golden Rice gemacht wurden, werden

                                                                                                         7
von vielen NGOs immer wieder zitiert, um so die         nehmen. Andererseits ist diese Variante keineswegs
Glaubwürdigkeit der Industrie in Frage zu stellen.      nachhaltig und von einer permanenten Fremdfi-
An dieser Stelle muss noch einmal betont werden,        nanzierung abhängig. Oft erreichen solche Pro-
dass Golden Rice ausschliesslich mit öffentlichen       gramme auch nur einen kleinen Teil der Bevölke-
Geldern entwickelt wurde. Die heutige Zusammen-         rung. So zeigt beispielsweise eine Studie von Helen
arbeit der Erfinder mit der Industrie zur Weiterent-    Keller International, dass mit einer Vitaminabgabe
wicklung des Golden Rice ist sinnvoll, weil dadurch     in den Slums von Jakarta nur 40% der Kinder zwi-
die Hochschule und schlussendlich die Betroffenen       schen 12 Monaten und 5 Jahren erreicht wurden
in den Entwicklungsländern von den praktischen Er-      und nur 20% der indonesischen Frauen kurz nach
fahrungen der Industrie im Umgang mit legalen           einer Geburt Vitamin A bekamen. Da mit der Aus-
und politischen Schwierigkeiten bei der Marktein-       rottung verschiedener Infektionskrankheiten viele
führung einer transgenen Pflanze profitieren wer-       Impfprogramme abgeschafft werden, sollte in Zu-
den. Zur Kehrseite der Medaille gehört allerdings,      kunft eine neue kostengünstige und flächen-
dass die Industrie den «Golden Rice» in den USA zu      deckende Verteilstrategie für Vitamin A entwickelt
Werbezwecken für gentechnisch veränderte Pflan-         werden.
zen im allgemeinen missbraucht, dies übrigens zum
Leidwesen der Erfinder.                                 Die Zugabe von Vitamin A in Nahrungsmittel ist seit
                                                        langem eine auch in Industrieländern anerkannte
Weiter wird häufig die Befürchtung geäussert, dass      Strategie zur Bekämpfung des Vitamin A Mangels.
aufgrund des Wirbels um diesen modernen Ansatz          So wird heute zum Beispiel Margarine oft mit Vita-
zur Bekämpfung des Vitamin A Mangels andere, er-        min A angereichert. Dabei ist zu beachten, dass der
probte Methoden vernachlässigt würden. Es sei ein-      Geschmack und die Farbe des Nahrungsmittels nicht
facher, nachhaltiger und weit billiger, den Men-        verändert werden, und dass die Stabilität des Vita-
schen beizubringen genügend Gemüse und Früchte          mins A gewährleistet und keine Überdosierung
zu essen, um ihren Vitamin A Bedarf zu decken. Es       möglich ist. Zudem müssen die betroffenen Men-
ist unbestritten, dass Vitamin A Mangel mit allen       schen sich das angereicherte Lebensmittel auch lei-
verfügbaren Mitteln bekämpft werden muss: Gol-          sten können. Um die Qualitätskontrolle zu erleich-
den Rice ist ein weiterer Ansatz und soll bereits be-   tern, sollte die Verarbeitung des Nahrungsmittels
stehende Programme ergänzen.                            relativ zentralisiert geschehen. Die grössten Schwie-
                                                        rigkeiten bei solchen Programmen sind jedoch oft
                                                        nicht technischer, sondern politischer Natur, da zum
___Andere Möglichkeiten zur Vitamin A                   Teil Gesetze angepasst werden müssen und eine
   Mangel Bekämpfung                                    langfristige Finanzierung gewährleistet sein muss.
                                                        Verschiedene Begleitstudien konnten zeigen, dass
Vitamin A Mangel wurde schon früh als schwerwie-        die Anreicherung von Nahrungsmitteln mit Vitamin
gendes Problem erkannt und Projekte zu dessen           A zu einer deutlichen Verminderung der Mangel-
Entschärfung werden von vielen verschiedenen Or-        erscheinungen führen kann, so zum Beispiel in Gua-
ganisationen entwickelt und finanziert.                 temala, wo Zucker mit Vitamin A versetzt wurde.
                                                        Kaum wurde das Programm aber wegen Finanzie-
Die drei wichtigsten Strategien sind (1) eine ab-       rungsschwierigkeiten unterbrochen, stiegen die
wechslungsreichere Ernährung, (2) Nahrungsmittel-       Vitamin A Mangelerscheinungen wieder an. Eine
zusätze und (3) Abgabe von Vitamin A Tabletten.         weitere Schwierigkeit besteht darin, das vitamini-
Jeder dieser Ansätze hat verschiedene Vor- und          sierte Nahrungsmittel so zu wählen, dass es vor al-
Nachteile und konnte bisher je nach Region mit un-      lem von den vom Vitamin A Mangel betroffenen
terschiedlichem Erfolg eingesetzt werden. Die Ab-       Bevölkerungsschichten konsumiert wird. So hat
gabe von Vitamin A Tabletten, zum Beispiel im Rah-      vitaminisiertes Weizenmehl in den Philippinen rund
men eines Impfprogrammes, ist kurzfristig gesehen       30% der ärmsten Kinder nicht erreichen können.
sicher die einfachste, wirksamste und billigste         Reis scheint hierfür der bessere Kandidat zu sein,
Methode. Da Vitamin A in der Leber gespeichert          doch ohne Gentechnik ist es technisch nicht mög-
wird, reicht es, alle 4-6 Monate eine Kapsel einzu-     lich, Reis mit Vitamin A anzureichern.

8
Unter idealen Bedingungen bestünde die nachhal-         Kosten: Es ist meist billiger, Zucker, Öl oder Margari-
tigste und dauerhafteste Lösung darin, eine ausge-      ne mit Vitamin A zu versetzen, als die Betroffenen
wogene, abwechslungsreiche Ernährung sicherzu-          in die richtigen Essgewohnheiten einzuführen oder
stellen. Die Förderung von Dorfgärten und einer all-    ihnen über einen längeren Zeitraum regelmässig
gemeinen Ernährungsberatung besonders auch für          Vitamin A Kapseln abzugeben. Dieser Ansatz ist
schwangeren Frauen treibt dieses Vorhaben voran.        aber nicht überall durchführbar. Trotz all der er-
In Thailand konnte in gewissen Regionen deutlich        wähnten Bemühungen und Erfolgen ist Vitamin A
ein erhöhter Vitamin A Gehalt im Blutserum der          Mangel in Entwicklungsländern noch längst kein
Versuchspersonen gezeigt werden, nachdem                gelöstes Problem. Der Golden Rice ist ein Mosaik-
erfolgreich kleine Gärten angelegt wurden. Gleich-      stein neben vielen anderen, welche gemeinsam auf
zeitig hat sich die Einstellung zum Essen und das       die Lösung eines sehr komplexen Problems hinzie-
Essverhalten dieser Leute verändert.                    len.

Eine andere Strategie wird in Ostafrika verfolgt, wo
die Frauen mit einfachen, billigen Methoden zum         ___Weiter Beispiele für den Einsatz der
Trocknen von Mangos vertaut gemacht werden. Da-            Gentechnik in Entwicklungsländern
mit wird einerseits die Versorgung mit Früchten
ausserhalb der Saison gewährleistet, andererseits       Zu den grössten Schwierigkeiten der Landwirtschaft
wird den Frauen eine Möglichkeit zur Einkommens-        in Entwicklungsländer zählen die hohen Ertragsver-
verbesserung durch den Verkauf der Trockenfrüch-        luste durch abiotische (Klima, Boden, Wasser) und
te ermöglicht. Tatsächlich werden viele der getrock-    biotische (Krankheiten, Schädlinge, Unkräuter)
neten Mangos nicht von den Familien selbst konsu-       Stressfaktoren. Zudem geht fast die Hälfte des Er-
miert sondern als «cash-crop» verkauft. Vom Erlös       trages nach der Ernte an Lagerschädlinge und
wird polierter Reis gekauft. Eine Einkommensstei-       -krankheiten verloren. Schädlings- und pilzresisten-
gerung bedeutet somit nicht immer eine Verbesse-        te Pflanzen, oder Pflanzen, die langsamer reifen
rung der Ernährungssituation und eine daraus re-        und somit länger haltbar sind, oder solche, die auch
sultierende Verminderung des Vitamin A Mangels.         auf versalzten Böden wachsen, sind Beispiele dafür,
                                                        wie mit Hilfe der Gentechnologie die Landwirt-
Analog zur Golden Rice Strategie wird derzeit ver-      schaft in Entwicklungsländern verbessert werden
sucht, andere Grundnahrungsmittel mit einem             könnte. Dank den verminderten Verlusten könnten
höheren β-Carotin Gehalt zu züchten. In der Gen-        die Erträge ohne zusätzliche Arbeit oder Ressour-
bank des CIP (Internationales Kartoffel Zentrum in      cen erhöht werden.
Lima) wurde eine Süsskartoffel mit intensiv gelber
Farbe gefunden, die reich an β-Carotin ist. Sie soll    Ein Grossteil der Forschung wird mit Modellpflan-
nun in Afrika, wo die Süsskartoffel zu den Grund-       zen wie Tabak und Arabidopsis oder Kulturpflanzen
nahrungsmitteln zählt, weitergezüchtet werden.          wie Mais, Weizen und Baumwolle durchgeführt. Es
Diese Strategie hat den Vorteil, dass keine kostspie-   gibt aber auch in den entwickelten Ländern Labors,
lige Ausbildung der Bauern und Konsumenten              die sich mit Kulturpflanzen und den konkreten Pro-
nötig ist. Andererseits ist die Akzeptanz für gelbe     blemen der Landwirtschaft in Entwicklungsländern
anstatt weisser Süsskartoffeln in Afrika sehr gering,   beschäftigen. Um sicherzustellen, dass nach sinnvol-
und die Verteilung des Saatguts gestaltet sich          len, praktikablen Lösungen gesucht wird, geschieht
schwierig.                                              dies meist in Zusammenarbeit mit Forschungszen-
                                                        tren vor Ort, welche die lokalen Begebenheiten
Trotz Zusammenarbeit mit Experten, welche die lo-       kennen. Nicht nur am IRRI, sondern auch an den
kale Situation kennen, kann es bei den verschiede-      meisten anderen internationalen Forschungszen-
nen Projekten zu unerwarteten Problemen kom-            tren des CGIAR wird an gentechnisch veränderten
men. Dies macht es schwierig, den Erfolg eines neu-     Pflanzen geforscht. So wird zum Beispiel am
en Programms abzuschätzen oder die jeweils              CIMMYT (Internationales Mais und Weizen Zen-
effizientesten und langfristigsten Strategien zu be-    trum) in Mexiko mit gentechnisch verändertem
stimmen. Ein gewichtiger Faktor sind zweifellos die     Weizen und Mais gearbeitet, in Nigeria am IITA (In-

                                                                                                             9
ternationales Institut für tropische Landwirtschaft)     lippinen eingetroffen. Dort gibt es Tausende von
gibt es Projekte mit transgenem Maniok und in In-        Reisvarietäten, die den jeweiligen klimatischen und
dien wird an transgenen Kichererbsen und Erdnüs-         geologischen Gegebenheiten angepasst sind. Durch
sen geforscht.                                           herkömmliche Zuchtverfahren soll das Merkmal
                                                         «Provitamin-A» nun auf solche angepassten Linien
Der Transfer der Gentechnologie in Entwicklungs-         übertragen werden. Parallel zur züchterischen Wei-
länder ist jedoch meist nicht einfach und oft mit un-    terentwicklung des Golden Rice wird in Indien eine
erwarteten Schwierigkeiten verbunden. So wurde           Bedarfsanalyse durchgeführt. Dort wird untersucht,
zum Beispiel von der Firma Monsanto mit Hilfe von        wie der Reis später optimal eingesetzt werden kann
ISAAA (International Service for the Acquisition of      und welche sozialen und wirtschaftlichen Auswir-
Agri-Biotech Applications) in Zusammenarbeit mit         kungen diese Reispflanzen haben werden.
lokalen Züchtern und Forschern in Mexiko eine ein-
heimische Kartoffelsorte gentechnisch gegen Viren        Fragen zur ökologischen und gesundheitlichen Bio-
resistent gemacht. Nach erfolgreichen Feldversu-         sicherheit werden im Labor und später auf dem Feld
chen und den nötigen Abklärungen zur Biosicher-          geklärt. Hierbei wird das allergene Potential, die
heit sollte sie ohne Aufpreis an die Bauern verteilt     Toxizität, die chemische Zusammensetzung und die
werden. Dies ist aber bis jetzt nicht richtig gelun-     möglichen Auswirkungen auf die Biodiversität, auf
gen, da es in Mexiko keinen zentralisierten Markt        Schädlinge und Nützlinge untersucht. Ein weiterer
für Saatgut gibt und viele Bauern nur sehr schwer        ungeklärter Faktor ist die biologische Verfügbarkeit
erreichbar sind. Es ist deshalb wichtig, dass bei sol-   des β-Carotins: Erst damit lässt sich berechnen, wie-
chen Projekten schon zu Beginn die Verteilung des        viel β-Carotin pro Gramm Reis nötig ist, um eine
Saatgutes und die Betreuung der Züchter und Bau-         ausreichende Vitamin A Versorgung sicherzustellen.
ern sichergestellt wird.                                 Weiter sind neue Transformationen geplant, um ei-
                                                         nerseits den Antibiotika Marker, die Hygromycin-
Eine weitere Hürde sind die vielen verschiedenen         Resistenz, zu entfernen und andererseits den β-Ca-
Patente im Bereich der Gentechnologie. ISAAA             rotin Gehalt zu steigern (siehe Kasten 4). Obwohl
zeigt in verschiedenen Projekten auf, wie solche         vom Antibiotika-Resistenzgen weder für den Men-
Probleme in Entwicklungsländern überwunden               schen noch für die Umwelt eine Gefahr ausgeht,
werden könnten. Die Organisation bietet ihre Ver-        mindert sie die öffentliche Akzeptanz des transge-
mittlerdienste zwischen Patentinhabern und Ver-          nen Reises. Zudem wurde dieses Hygromycin-Resi-
tretern der Entwicklungsländer noch vor der Pro-         stenzgen noch nicht in der Umwelt getestet und
duktentwicklung an. Dies gibt den Entwicklungs-          Abklärungen dazu könnten sehr teuer und lang-
ländern die Möglichkeit mit verschiedenen Firmen         wierig sein. Die Erfinder beschlossen deshalb, erst
zu verhandeln. Auf diese Weise unterstütze ISAAA         dann mit Feldversuchen zu beginnen, wenn Pflan-
beispielsweise Malaysia bei der Entwicklung einer        zen zur Verfügung stehen, die kein Hygromycin-Re-
virusresistenten Papayasorte. Solche Papayas wer-        sistenzgen enthalten, sondern mit Hilfe von Man-
den derzeit in Hawaii, wo eine Papayaproduktion          nose selektioniert wurden. Bei diesem System han-
wegen des massiven Befalls mit Viren nicht mehr          delt es sich um eine «positive» Selektion: Das
möglich war, erfolgreich angebaut. ISAAA hilft da-       eingefügte Gen ermöglicht es den transformierten
bei nicht nur bei den Lizenzverhandlungen, son-          Pflanzenzellen eine neue Zuckerquelle (Mannose)
dern auch beim Transfer der Technologie in Ent-          zu nutzen. Untransformierte Zellen, welche norma-
wicklungsländer, vermittelt Sponsoren und regelt         lerweise mit Saccharose wachsen, können auf sol-
die Zusammenarbeiten mit der Industrie und den           chen Nährmedien nicht überleben.
Hochschulen.
                                                         Die Erfinder des Golden Rice hoffen, dass diese ver-
                                                         besserten Sorten in den nächsten 4 – 8 Jahren an die
___Die Zukunft des Golden Rice                           Bauern verteilt werden können und so einen Bei-
                                                         trag zur Bekämpfung des Vitamin A Mangels leisten
Der Golden Rice ist im Frühling 2001 beim IRRI, dem      werden. Welche Bedeutung der Golden Rice für die
Internationalen Reis Forschungsinstitut auf den Phi-     Menschen in den Entwicklungsländern haben wird

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und ob die Versprechen gehalten werden können,          ___Referenzen
wird sich erst in ein paar Jahren zeigen. Der Vitamin
A Reis ist aber jetzt schon nicht nur ein wissen-       Kryder, R. D., Kowalski, S., and Krattiger, A. (2000).
schaftlicher Durchbruch, sondern er zeigt auch, wie     The Intellectual and Technical Property Components
eine Zusammenarbeit zwischen der Industrie und          of pro-Vitamin A Rice (Golden Rice TM): A Prelimi-
der Hochschule aussehen könnte und wie Entwick-         nary Freedom-To-Operate Review (Ithaca, NY:
lungsländer trotz der zahlreichen Patente im Be-        ISAAA), pp. 56.
reich der Gentechnik von dieser modernen For-           www.isaaa.org/publications/briefs/Brief_20.htm
schung profitieren können.
                                                        McLaren, D. S. and Frigg, M. (2001). Sight and life
                                                        manual on vitamin A deficiency disorders (VADD)
                                                        2.Edition (Basel, Switzerland)
                                                        www.sightandlife.org/info/manual2ed/2edmancon-
                                                        tent.html

                                                        Potrykus, I. (2000). The «Golden Rice» Tale.
                                                        http://agbioview.listbot.com/cgibin/subscriber?Act=
                                                        view_message&list_id=agbioview&msg_num=906&s
                                                        tart_num=925

                                                        Potrykus I. (2001). Golden rice and beyond. Plant
                                                        Physiology 125, 1157-1161.

  Adresse der Autorin:
  Dr. Petra Frey
  Institut für Pflanzenwissenschaften
  ETH Zentrum, LFW E18
  Universitätsstrasse 2
  8092 Zürich

  Tel.    01 632 38 66
  E-Mail: petra.frey@ipw.biol.ethz.ch

  Redaktion dieses Beitrags:
  Prof. Dr. Vladimir Pliska, ETH Zürich

  Gestaltung:
  Hans Schwarz,
  Verein «Forschung für Leben», Zürich

  Nachdruck mit Quellenangabe gestattet.

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