Gentechnik manipuliertes Leben - Umweltinstitut München

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Gentechnik manipuliertes Leben - Umweltinstitut München
Gentechnik
manipuliertes Leben
Gentechnik manipuliertes Leben - Umweltinstitut München
Manipuliertes Leben
  Schon seit jeher wird mit Nahrungsmitteln Politik gemacht. Heute jedoch
  droht die gesamte landwirtschaftliche Erzeugung in die Hände weniger
  Großkonzerne zu geraten. Kontrolle beginnt beim ersten und wichtigsten
  Teil: dem Saatgut. Hier beherrscht der weltgrößte Gentechnikkonzern, das
  Unternehmen Monsanto, 27 Prozent des gesamten Weltmarktes. Ernäh-
  rungssouveränität und demokratische Selbstbestimmung sind zunehmend
  gefährdet angesichts der aggressiven Einführung genmanipulierter Pflan-
  zen und der Macht, die Patente auf transgene Pflanzen verleihen.

  Gentechnik ist ein weiterer Schritt der agroindustriellen Landwirtschaft. Sie
  breitet sich in einigen Gebieten der Welt stark aus und hat zum Beispiel in
  Nord- und Südamerika einige Pflanzenarten soweit verdrängt, dass es dort
  de facto keinen konventionellen Anbau mehr gibt.

  Pollen oder Samen, vom Wind verweht, lassen sich nicht in einer „Rück-
  holaktion“ wieder einsammeln, wenn sich schädliche Auswirkungen der
  Agro-Gentechnik zeigen. Gentechnische Verschmutzung ist bereits heu-
  te ein globales Problem, das gentechnikfrei wirtschaftende Bauern in ihrer
  Existenz bedroht. Bedroht ist auch die Wahlfreiheit der Verbraucher. Dabei
  lehnen 70 Prozent der europäischen Bauern und Verbraucher Gentechnik
  in Lebensmitteln ab. Sie wollen keine Landwirtschaft, die gegen statt mit
  der Natur arbeitet und Bauern in die Abhängigkeit der Agrarkonzerne bringt.
2 Umweltinstitut München e.V.
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INHALT

Was ist Gentechnik?							04
                      ...............................................
Gentechnik bei Pflanzen						. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 06
Vier Pflanzen, zwei Eigenschaften 					      . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 08
Gentechnik bei Tieren .							10
                         .............................................
Gesetze und Verordnungen 					   . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
		       Zulassung in der EU 						. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
		       Gentechnik in Deutschland					12      ..................................
   	Bienen und Gentechnik			             . . . . . . . . . . . . . . . . .
                                                                           . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
Gentechnik in Lebensmitteln 						   . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
		       Kennzeichnung mit großen Lücken				                   . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
Risiken und Nebenwirkungen					      . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
		       Unkontrollierte Verbreitung.					15     .................................
		Resistente Schädlinge .						16        .....................................
		Resistente Unkräuter .						17       ......................................
		Artenwüsten statt Biodiversität .					                 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
		       Gesundheitsrisiken .					 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
		       Monsanto, Syngenta und Co.					           . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
		Patente								19
                 ...................................................
		       Wirtschaftliche Konsequenzen .				            . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
		Risiko Terminator-Technologie .					20               ..............................
Gentechnik im Tank . .
                        . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
Gentechnik		auf der Haut							22
                             ...........................................
Global zum Scheitern verurteilt						23  .....................................
Impressum								24
             .......................................................

                                                                               Umweltinstitut München e.V. 3
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Was ist Gentechnik?                        Zeitleiste
Zwanzig Jahre nach der Entdeckung          1983 Erster Gentransfer bei
der DNA-Struktur durch James Wat-                Pflanzen (mit Agro-
son und Francis Crick gelang es Wis-             bacterium)
senschaftlern in den USA im Jahr 1973      1987 Erste Freisetzungen in
erstmals, fremde Erbsubstanz in Bak-             den USA (Tabak, Tomate)
terien einzuschleusen.                     1987 Gentransfer mit Gen-
                                                 Kanone
   Diese Entdeckung erschien führen-       1991 Erste Freisetzung in
den Forschern als so gravierend, dass            Deutschland (Petunien)
sie eine Konferenz in Asilomar/Kali-       1994 Transgene Anti-Matsch-
fornien einberiefen. Dort wurde über             Tomate auf dem Markt
ein freiwilliges Moratorium für die An-    1996/ Erster Anbau von Gen-
wendung der Gentechnik beraten. Es         1997 Soja, -Mais, -Raps und
sollte gelten, bis die möglichen Folgen          -Baumwolle in Nord-
erforscht wären. Doch die skeptischen            amerika
Forscher konnten sich nicht durchset-      1998 EU: Moratorium für Gen-
zen.                                             Pflanzen
                                           2004 EU: Wiederaufnahme
   Gentechnische    Methoden     um-             von Zulassungen
fassen die Analyse von Erbanlagen,         2008 Gentechnikanbau in
besonders aber deren Übertragung                 Europa fast ausschließ-
und Veränderung über Artgrenzen                  lich in Spanien
hinweg. Drastische Beispiele für die-      2009 Erstmaliger Rückgang
sen Eingriff sind Kartoffeln mit dem             des Gentechnikanbaus
Giftgen von Skorpionen, Erdbeeren                in Europa durch Anbau-
mit Frostschutzgenen von arktischen              verbot von MON810 in
Fischen oder Salat mit Rattengenen               Deutschland
zur Erhöhung des Vitamin C-Gehalts.        2010 Neuzulassung der
                                                 BASF-Kartoffel Amflora
   Die Artgrenzen, die sich im Laufe der   2012 BASF gibt auf und ver-
Evolution zwischen Mikroorganismen,              lagert seine Gentech-
Pflanzen, Tieren und Menschen gebil-             niksparte in die USA
det haben, werden durch die Gentech-       2012/ Erstmals wachsen in der
nologie bewusst durchbrochen.              2013 Anbausaison keine gen-
                                                 manipulierten Pflanzen
                                                 auf deutschen Feldern

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Ein gentechnischer Eingriff hat daher
nichts mit herkömmlicher Züchtung zu
tun, wie oft behauptet wird: Bei tradi-
tionellen Methoden werden Pflanzen
oder Tiere, die zu gleichen oder nah
verwandten Arten gehören, nach den
natürlichen Vererbungsregeln gekreuzt.
Das Gentechnikgesetz unterscheidet
daher klar zwischen Gentechnik und
Züchtung.

   Ein gentechnisch veränderter Or-
ganismus (GVO) wird dort definiert als
„ein Organismus, dessen genetisches
Material in einer Weise verändert wor-
den ist, wie sie unter natürlichen Bedin-
gungen durch Kreuzen oder natürliche
Rekombination nicht vorkommt“.

   Bei der Manipulation am Erbgut wer-
den fundamentale Steuerprozesse des
Lebens verändert. Doch das wissen-
schaftliche Modell, auf dem die Gen-
technik basiert, ist inzwischen überholt.
Der Ansatz, nach dem das Genom eine
Art Legobaukasten ist, in das man nach
Belieben neue Gene einfügen kann,
weicht der Gewissheit, dass die DNA als
hochkomplexes Netzwerk funktioniert.

   Gene werden von einem zellspezi-
fischen Informationssystem gesteuert,
das ihnen sagt, wann und wie sie aktiv
werden sollen. Selbst Wissenschaftler
geben zu: Wir verstehen dieses System
nicht gut. Gentechnische Eingriffe an
Pflanzen sind daher ein Lotteriespiel
mit unvorhersehbarem Ausgang.

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Gentechnik bei Pflanzen                     Oft müssen tausende von Versuchen
                                            unternommen werden, bis eine trans-
Trotz des großen finanziellen und tech-     gene Pflanze entsteht, welche die ge-
nischen Aufwands beruhen die Ergeb-         wünschte Eigenschaft enthält und kei-
nisse der Gentechnik vor allem auf Zu-      ne äußeren Schäden aufweist.
fall. Im Wesentlichen werden Pflanzen
mit zwei Methoden manipuliert.                 Einzelne Gene können nicht isoliert
                                            übertragen werden. Neben dem Gen
   Bei der Übertragung mit Agrobacte-       mit der gewünschten Eigenschaft wird
rium tumefaciens wird ein Bakterium         dabei auch eine Vielzahl von weite-
als „Gen-Taxi“ genutzt. Bei der Infek-      ren DNA-Abschnitten eingeschleust.
tion der Pflanzenzelle durch das Bak-       So hat Monsanto in seinen Bt-Mais
terium überträgt dieses das Fremd-          MON810 nicht nur das synthetische Bt-
Gen in das Genom der Pflanzenzelle.         Gen cry1Ab aus dem Bodenbakterium
Häufiger wird jedoch die Gen-Kanone         Bacillus thuringiensis (Bt) eingebaut.
benutzt: Tausende Kopien des Fremd-         Das Genkonstrukt enthält zusätzlich
Gens werden auf Metallpartikel aufge-       einen sogenannten Promotor aus dem
tragen und im Schrotschussverfahren         Blumenkohlmosaikvirus. Dieser zwingt
auf das Pflanzengewebe geschossen.          die Pflanze, das artfremde Bt-Gen zu
Erfolgreich ist diese Methode, wenn ein     „lesen“. Und schließlich wurde noch
Metallpartikel zufällig in einen Zellkern   eine Erbinformation aus einem weite-
eindringt und das fremde Genkonstrukt       ren Bakterium sowie Mais-DNA hinzu-
in die DNA der Pflanzenzelle eingebaut      gefügt. In vielen Fällen wurden zudem,
wird.                                       zur Selektion im Labor, Antibiotikare-
                                            sistenzgene in die Pflanzen eingebaut.
   Bei beiden Verfahren besteht nur         Eine Praxis, die für Neuzulassungen
eine äußerst geringe Erfolgsquote.          eingeschränkt erlaubt ist.

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Zusätzlich bedient sich die Gentech-      auch Bruchstücke des Herbizidre-
nik unpräziser Methoden, die zu unbe-     sistenzgens, die sich offensichtlich
herrschbaren Effekten in der Pflanze      selbstständig dupliziert hatten.
führen können. So ist nicht beeinfluss-
bar, an welcher Stelle im Erbgut das          Die Liste ist lang. Fast 20 Jahre sind
artfremde Genkonstrukt eingebaut          vergangen seit der Zulassung des ers-
wird. Dabei ist es von großer Bedeu-      ten genmanipulierten Lebensmittels,
tung, wo im Erbgut Gene angeordnet        der so genannten Anti-Matsch-Tomate.
sind. Durch den Einbau kann es da-        Einen Triumphzug hat die Agro-Gen-
her zu Auswirkungen auf benachbarte       technik jedoch nicht hinter sich. Die
Gene kommen oder zu deren Stillle-        in Freisetzungen getesteten manipu-
gung, vielfach auch zu Mutationen. Es     lierten Pflanzen konnten die Verspre-
ist wahrscheinlich, dass nicht nur das    chen der Gen-Industrie nicht erfüllen.
gewünschte neue Merkmal ausgeprägt
wird. Eine unüberschaubare Anzahl            In den letzten Jahren entwickelten
von Eigenschaften wird ebenfalls be-      die Konzerne neue gentechnik-ähn-
einflusst oder verändert.                 liche Pflanzenzuchtverfahren. Diese
                                          sollen angeblich zielsicherer sein als
   Nach Übertragung der artfrem-          die klassische Gentechnik, weshalb die
den Gene treten überdies regelmä-         Firmen fordern, dass sie vom Gesetz-
ßig Veränderungen des Fremd-Gens          geber nicht als Gentechnik reguliert
selbst auf. So auch bei Monsantos         werden.
MON810-Mais: Studien zeigen, dass            Doch diese Methoden bringen
Teile des eingebauten Genkonstrukts       ähnliche Probleme mit sich wie die
verlorengingen. Monsantos Roundup-        klassische Gentechnik, wie etwa un-
resistente Soja enthält gar völlig neue   beabsichtigte Mutationen und die Ver-
Gensequenzen. Beobachtet wurden           letzung der Integrität der Zelle.

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Vier Pflanzen,                              Wenige Jahre wurde Bt-Mais von Mon-
                                            santo auch in Deutschland kommerziell
Zwei Eigenschaften
                                            angebaut – fast ausschließlich in den
                                            ostdeutschen Bundesländern. Wegen
Genmanipulierte Pflanzen wurden im          der großen Widerstände wurde stets
Jahr 2013 laut Industrieangaben in 27       ein hoher Prozentsatz der ursprünglich
Ländern und auf rund 175 Millionen          gemeldeten Flächen zurückgezogen, in
Hektar angebaut. Mehr als 95 Prozent        Bayern bis zu 90 Prozent.
des Gentechnikanbaus finden in nur             Der Mais MON810 ist derzeit die
acht Ländern statt, 40 Prozent der Flä-     einzige genmanipulierte Pflanze, die in
che liegen in den USA. Großflächig an-      der EU, vorrangig in Spanien, angebaut
gebaut werden nur Soja, Mais, Baum-         wird. In Deutschland gilt seit Frühjahr
wolle und Raps.                             2009 ein Anbauverbot. Eine zweite
    Seit der Einführung transgener          Gen-Pflanze, die Kartoffel Amflora der
Pflanzen gibt es nur zwei „neue“ Ei-        Firma BASF, wurde mittlerweile vom
genschaften: Insektengiftigkeit und         Europäischen Gerichtshof wieder aus
Herbizidresistenz. Mit einem Gen des        dem Verkehr gezogen. Aktuell droht
Bodenbakteriums Bacillus thuringiensis      mit der Zulassung von Mais 1507 der
(Bt) ausgerüstet, produzieren manipu-       Anbau einer weiteren Gen-Pflanze in
lierte Pflanzen permanent ein bakteriel-    Europa.
les Gift, das bestimmte Schadinsekten          Zusätzlich zum kommerziellen An-
abtöten soll. Andere Gen-Pflanzen wer-      bau wurden ab 1991 allein in Deutsch-
den unempfindlich gegen Pflanzenver-        land 192 Freisetzungsversuche mit
nichtungsmittel wie Roundup gemacht.        transgenen     Pflanzen    genehmigt.
Beim Spritzen zerstören diese Total-        Im Frühjahr 2013 wurden erstmals
herbizide alles pflanzliche Leben. Nur      in Deutschland keine Versuche mit
genmanipulierte Pflanzen überleben.         Gen-Pflanzen mehr durchgeführt.

         Gen-Pflanzen der Zukunft?
          Transgene Bäume, z.B. für Agro-Kraftstoffe oder die Papierindustrie
          Terminator-Pflanzen, deren Fortpflanzungsfähigkeit gentechnisch
    		     gestört wird und die Bauern zu jährlichem Saatgutkauf zwingen
          Pharma-Pflanzen, die Impfstoffe, Antikörper oder Hormone
    		     produzieren
          Gen-Pflanzen mit veränderter Zusammensetzung der Inhaltsstoffe
          Gen-Pflanzen mit besonderen Eigenschaften für Agro-Kraftstoffe

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Weltweiter Genpflanzenanbau 2013

                   1,31 Mrd. Hektar                                   167 Mio.
                  GENTECHNIKFREIE                                      Hektar
                  NUTZFLÄCHE WELTWEIT                                 USA
                                                                  BRASILIEN
                                                                 ARGENTINIEN
                                 175 Mio. Hektar                    INDIEN
                                 GENTECHNIKANBAU                   KANADA
                                                                    CHINA
                                                                  PARAGUAY
                                                                  SÜDAFRIKA

                                                                 8 Mio. Hektar
                                                                      SONSTIGE

Grafik: Umweltinstitut München
(Industrieangaben)

KANADA
6%

 USA
 40%                                                          CHINA
                                                               2%

                                                     INDIEN
                                                       6%

              BRASILIEN
                 23%

                      PARAGUAY
                      2%
                                        SÜDAFRIKA
                                        2%
                  ARGENTINIEN
                  14%

Grafik: Umweltinstitut München
(Industrieangaben)

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Gentechnik bei Tieren                     Fischen. Eine US-Firma wartet seit
                                          über zehn Jahren auf die Zulassung
Angetrieben durch die umstrittene Pa-     schnell wachsender Gen-Lachse. Auf-
tentierbarkeit transgener Tiere geraten   grund der abzusehenden massiven
heute auch Nutztiere in den Fokus der     Umweltschäden – die Fische können
Gentechnikindustrie. Doch diese Form      leicht aus Zuchtanlagen entkommen
der Gentechnik ist aus Gründen des        und sich gegen natürliche Artgenossen
Tierschutzes nicht zu verantworten.       durchsetzen – zögert sogar die sonst
   Bereits 1980 wurde zum ersten Mal      zulassungsfreudige Behörde.
ein neuer DNA-Abschnitt in das Genom
eines Säugetiers, einer Maus, einge-
fügt. Schon bei diesen ersten Mäusen            Forschung an
mit menschlichen Wachstumsgenen                 Gen-Tieren
wurde deutlich, dass die massiven Ein-          Anpassung an die Massen-
griffe in den komplexen Tierorganismus     		    tierhaltung (z.B. BSE-resis-
negative Folgen haben: Krankhafte          		    tente Kühe, Schweine mit
                                           		    weniger Phosphat im Kot)
Veränderungen der inneren Organe
                                                Tiere mit „optimierten Eigen-
verkürzten das Leben der Versuchs-
                                           		    schaften“ (z.B. Milch mit ver-
tiere. Schlimmer noch erging es trans-     		    änderter Zusammensetzung)
genen Schweinen: Sie litten an Ma-              Weitere Steigerung der Pro-
gengeschwüren, Arthritis, Nieren- und      		    duktivität (z.B. Schafe mit mehr
Hautkrankheiten. Bei genmanipulierten      		    Wolle)
Fischen fand man entstellte Köpfe und           Tiere als pharmazeutische
Körper, verkümmerte Schwänze und           		    Fabriken (Medikamente aus
Tumore. Gentechnik verursacht hier         		    der Milch von Ziegen)
massenhaftes Tierleid. Am weitesten             Schweine als Ersatzteillager
fortgeschritten ist die Entwicklung bei    		    für die Organverpflanzung

10   Umweltinstitut München e.V.
Gesetze und Verordnungen                Zwar versuchen viele Länder Vorsorge
                                        gegen die Risiken der Gentechnik zu
Gen-Pflanzen wachsen weltweit nur       ergreifen, doch nicht immer ist diese
in wenigen Ländern. Doch durch ihre     auch ausreichend.
unkontrollierte Verbreitung und den
internationalen Warenverkehr sind         Zulassung in der EU
alle Staaten gezwungen, sich mit der    Über die Marktzulassung von genma-
Agro-Gentechnik auseinanderzusetzen.    nipulierten Produkten wird in einem
                                        europaweiten Genehmigungsverfahren
  In den Anbauländern ist die Verwen-   entschieden, geregelt durch die Ver-
dung genmanipulierter Pflanzen zum      ordnung (EG) Nr. 1829/2003. Die Eu-
Nutzen der Agrarkonzerne meist kaum     ropäische Behörde für Lebensmittelsi-
gesetzlich beschränkt und Gen-Le-       cherheit (EFSA) ist federführend bei der
bensmittel müssen zum Teil nicht ein-   Risikobewertung.
mal gekennzeichnet werden. So wächst       Das Zulassungsverfahren wird häufig
auch der Druck auf andere Staaten.      kritisch beurteilt, da zur positiven Be-

  Gen-Pflanzen in den USA: freie Fahrt
  „Auf der Grundlage der Sicherheits- und Ernährungsbewertung, die Sie
  vorgenommen haben, ist es unsere Auffassung, dass Monsanto zur
  Schlussfolgerung gekommen ist, dass der Mais und das Futter [...] aus
  der neuen Sorte [...] keine Fragen aufwerfen, die eine Zulassung für die
  Inverkehrbringung fragwürdig machen.“
  (Zulassungsbescheid für Monsantos Gen-Mais MON810, Food and Drug
  Administration, 25.9.1996)

                                                Umweltinstitut München e.V. 11
wertung neuer Gen-Pflanzen Untersu-       Laut einer EU-Studie tritt noch in 300
chungen der Industrie herangezogen        bis 400 Metern Entfernung gentech-
werden. Unabhängige Beurteilungen         nische Verschmutzung in einem Um-
fehlen. Auch der Personaltausch zwi-      fang auf, der Produkte unverkäuflich
schen EFSA und Saatgutindustrie lässt     macht. Maispollen werden selbst noch
an deren Unabhängigkeit zweifeln.         in einem Abstand von 800 Metern ge-

   Wesentliche Grundlage der Zulas-
                                           Deutsches
sungen ist die Voraussetzung, dass die
                                                 Gentechnikrecht
stoffliche Zusammensetzung genmani-
pulierter Organismen als gleichwertig             Mindestabstände zwischen
mit herkömmlichen oder substanziell         		     genmanipuliertem und kon-
                                            		     ventionellem (150 Meter)
äquivalent angesehen werden.
                                            		     bzw. ökologischem Mais
   Gen-Mais wird hier mit traditio-
                                            		     (300 Meter)
nellem Mais gleichgesetzt. Damit wird
                                                  Kein ausreichender An-
eine aussagekräftige Risikobewertung        		     spruch auf Entschädigung
unmöglich.                                  		     bei Schadensfällen
                                                  Bekanntmachung von Gen-
     Gentechnik in Deutschland              		     Feldern und Freisetzungen
EU-Länder wie Österreich, Frankreich,       		     im öffentlichen Standortre-
Ungarn, Luxemburg oder Italien enga-        		     gister
gieren sich besonders für den Schutz              Vereinfachte Genehmi-
der gentechnikfreien Landwirtschaft.        		     gungsverfahren für Frei-
Deutschland hingegen fördert bis heute      		     setzungsversuche
                                                  Abstandsregelungen kön-
die Ziele der Gentechnikindustrie. We-
                                            		     nen durch Privatabsprachen
der Pollen- noch Bienenflug machen
                                            		     aufgehoben werden
an politisch festgelegten Grenzen halt.

12    Umweltinstitut München e.V.
funden. Eine schleichende Verschmut-     Gentechnik in
zung des gentechnikfreien Maisanbaus
                                         Lebensmitteln
ist damit vorprogrammiert.

  Bienen und Gentechnik                  Gentechnik gelangt vor allem über den
Auch Schutzmaßnahmen für Imker,          Import in die europäische Lebens-
Bienen und Honig vor gentechnischen      mittelkette. Fast 50 transgene Soja-,
Verunreinigungen werden bisher nicht     Mais-, Kartoffel-, Zuckerrüben- und
umgesetzt. So sind die Vorausset-        Rapslinien sind bislang für den Import
zungen zur Gewinnung eines natur-        zugelassen.
belassenen und völlig rückstandsfreien
Honigs bisher nicht gegeben, wie            Lebensmittel sind nach einer seit
Funde von genmanipulierten Mais-         2004 gültigen EU-Verordnung kenn-
pollen in Honig gezeigt haben.           zeichnungspflichtig, wenn sie pro In-
                                         haltsstoff „zufällige oder technisch un-
   Betroffene Imker haben bis zum        vermeidbare“ GVO-Spuren von mehr
Europäischen Gerichtshof (EuGH) ge-      als 0,9 Prozent enthalten.
klagt. Und sie haben Recht bekom-
men: Für Honig gelten keine Ausnah-        Werden GVO bewusst eingesetzt,
men, die Imkerei muss beim Anbau         muss dies grundsätzlich auf der Ver-
von Gen-Pflanzen berücksichtigt wer-     packung gekennzeichnet werden. Die
den. Damit hatten weder die Politik      Zutatenliste muss dann folgende Hin-
noch die Gentech-Konzerne gerech-        weise enthalten:
net. Seit dem Urteil wird nun massiv            „Enthält genetisch veränderte
versucht, die Umsetzung zu verhin-               ...“ oder
dern – das Urteil des EuGH soll aus-            „Hergestellt aus genetisch ver-
gehebelt werden.                                 ändertem ...“

                                                 Umweltinstitut München e.V. 13
Bei Lebensmitteln mit soja- oder mais-     stoffe wie Aromen, Geschmacksverstär-
haltigen Zutaten besteht theoretisch       ker, Vitamine und Enzyme, die „mithilfe“
die Möglichkeit, auf gekennzeichnete       transgener Mikroorganismen hergestellt
Produkte wie etwa Öle, Granulate oder      wurden. Außerdem müssen Fleisch,
Lecithin zu stoßen.                        Milch und Eier von Tieren, die genma-
   Weil europäische Verbraucher aber       nipulierte Futtermittel erhalten haben, in
keine Gentechnik in Lebensmitteln          der EU nicht als „gentechnisch verän-
wollen, sind solche Produkte im Han-       dert” gekennzeichnet werden.
del de facto auch nicht zu finden. Auch
transgene Obst-, Gemüse- oder Ge-            Diese bewusste Gesetzeslücke si-
treidesorten kommen in Europa daher        chert der Gentechnikindustrie derzeit
nicht auf den Markt.                       den jährlichen Import von rund 37 Milli-
                                           onen Tonnen zumeist genmanipulierter
     Kennzeichnung mit großen Lücken       Sojabohnen oder Sojaschrot in die
Nicht gekennzeichnet werden Zusatz-        EU. Über 90 Prozent der importierten

      Hier muss gekennzeichnet werden
         Lebensmittel ist selbst ein GVO (Mais, Tomaten, Soja,
 		       Schweinefleisch)
         Lebensmittel ist aus GVO hergestellt – auch wenn das im Endprodukt
 		       nicht nachweisbar ist (Öl aus Gen-Soja oder -Raps, Stärke aus
 		       transgenem Mais)
         Lebensmittel enthält GVO (Joghurt mit genmanipulierten Bakterien,
 		       Weizenbier mit genmanipulierten Hefen)

14    Umweltinstitut München e.V.
Soja landen im Futtertrog. Denn der       Risiken und
Konsum von Fleisch, Milch und Eiern
ist bei uns so hoch, dass die Tiere mit   Nebenwirkungen
den eigenen Flächen nicht mehr er-
nährt werden können. Abholzung, Ver-      Unabhängige Forscher stellen der Gen-
treibungen, Pestizid-Vergiftungen und     technik-Landwirtschaft ein vernichten-
eine Konzentration des Landbesitzes in    des Zeugnis aus: Die Agro-Gentechnik
den südamerikanischen Erzeugerlän-        verursacht massive Probleme ökolo-
dern sind die Folge.                      gischer, sozialer und ökonomischer Art.

   Tierische Produkte können zwar frei-      Gen-Pflanzen in der freien Natur sind
willig als gentechnikfrei gekennzeich-    ein nicht zu kontrollierendes Risiko. Ob
net werden, wenn die Tiere den größ-      durch kontaminiertes Saatgut, Pollen-
ten Teil ihres Lebens kein Gen-Futter     flug, Insekten und Bienen, Vögel, durch
bekommen haben und auf transgene          Erntemaschinen oder beim Transport:
Zusatzstoffe verzichtet wird. Doch erst   In den letzten zehn Jahren sind hun-
eine verpflichtende Kennzeichnung         derte Fälle von Verunreinigung von
dieser tierischen Produkte würde den      Feldern, Saatgut, Lebens- oder Fut-
Kunden ermöglichen, genmanipulierte       termitteln aufgetreten – und das auch
Lebensmittel zu erkennen – Verbrau-       in Ländern, in denen genmanipulierte
cher haben keine Wahlfreiheit.            Pflanzen gar nicht angebaut werden.
   Eine Alternative bietet der Ökoland-
bau, denn hier dürfen keine gentech-        Unkontrollierte Verbreitung
nisch manipulierten Organismen ein-       Eine Auskreuzung genmanipulierter
gesetzt werden. Bio-Siegel garantieren    Pflanzen in wilde Verwandte ist beson-
neben der Gentechnikfreiheit auch eine    ders kritisch. In Kanada ist dies be-
artgerechte Tierhaltung.                  reits Realität: Genmanipulierter Raps

                                                  Umweltinstitut München e.V. 15
kreuzte dort in die Wildart Rübsen aus,    dien wurden negative Auswirkungen
die sich nun in der Natur etabliert hat    auf verschiedene Schmetterlingsarten,
und die Eigenschaft Herbizidresistenz      Regenwürmer und zahlreiche weitere
weiter verbreitet.                         Insekten festgestellt.
   Doch auch die Kulturpflanze selbst
wird zum Problem: In Kanada kann              Bt-Pflanzen begünstigen zudem die
auf keinem einzigen Hektar mehr gen-       Bildung resistenter Schädlinge: Andau-
technikfreier Raps angebaut werden,        ernd dem Gift ausgesetzt, das in den
da sämtliches Saatgut verunreinigt ist.    Gen-Pflanzen in jeder Zelle gebildet
Auch in den USA ist der überwiegende       wird, werden die Schadinsekten nach
Teil des Saatguts von Mais, Raps und       einiger Zeit widerstandsfähig gegen
Soja gentechnisch kontaminiert.            das Toxin. So ist der Baumwollkapsel-
                                           bohrer inzwischen resistent gegen das
     Resistente Schädlinge                 Gift der Gentechnik-Baumwolle.
Bt-Pflanzen stellen ein erhebliches Ri-
siko für die Umwelt dar, denn ihr Gift        In China, Indien und den USA traten
wirkt nicht nur auf Schädlinge, son-       nach der Dezimierung des Hauptschäd-
dern auch auf Nutzinsekten. In Stu-        lings durch Bt-Pflanzen andere Schad-

          Ökologische Risiken transgener Pflanzen
           Auskreuzung in Kultur- bzw. Wildpflanzen
           Ausbreitung in der Umwelt und Verdrängung ursprünglicher Arten
           Direkte Schädigung von Flora und Fauna durch Insektengift
           Veränderungen der Landnutzung und des Landmanagements: z.B.
     		     erhöhter Pestizidverbrauch, Monokulturen, Resistenzbildung von
     		     Schädlingen und Unkräutern

16     Umweltinstitut München e.V.
insekten vermehrt auf und führten zu      klimatische oder geografische Bedin-
dramatischen Ernteverlusten.              gungen angepasst sind oder Resisten-
                                          zen gegen bestimmte Schädlinge und
  Resistente Unkräuter                    Krankheiten besitzen.
Der Anbau von herbizidresistenten            Transgene Pflanzen und Tiere ge-
Gen-Pflanzen erweist sich zunehmend       fährden diese ohnehin schon stark be-
als Katastrophe und der damit ver-        drohte Arten- und Sortenvielfalt. Durch
bundene großflächige Pestizideinsatz      die Konzentration auf wenige Gen-
schädigt Mensch und Umwelt.               techniksorten schrumpft der Genpool
    In einer britischen Langzeitstudie    der landwirtschaftlichen Nutzpflanzen
wurde zudem eine deutliche Beein-         immer schneller, standortangepasste
trächtigung der biologischen Vielfalt     Lokalsorten werden verdrängt. Inzwi-
von Pflanzen und Insekten festgestellt,   schen sind sogar Saatgutbanken mit
selbst im Vergleich zum konventio-        transgenem Material kontaminiert.
nellen pestizidbasierten Anbau. Nach
wenigen Jahren steigt die nötige Pes-         Gen-Pflanzen sind für die indus-
tizidmenge bei Gen-Pflanzen steil         trialisierte Landwirtschaft gemacht.
an, weil immer mehr Unkräuter resis-      Insbesondere in Südamerika werden
tent gegen die Totalherbizide werden.     Regenwälder und Savannen dem Mo-
Die Umwelt wird dadurch zusätzlich        nokultur-Anbau von Gen-Soja geop-
geschädigt.                               fert. Neben ökologischen Schäden, wie
                                          der Beschleunigung von Artensterben
  Artenwüsten statt Biodiversität         und Klimawandel, sind auch die sozia-
Vor etwa 10.000 Jahren begannen die       len Folgen enorm. Allein in Argentinien
Menschen, systematisch Pflanzen an-       mussten mehr als 60.000 Familien ihre
zubauen. Sie züchteten eine Vielzahl an   Felder aufgeben, um Platz für Gen-So-
Kulturpflanzen, die an unterschiedliche   ja-Monokulturen zu machen.

                                                  Umweltinstitut München e.V. 17
Gen-Pflanzen eingebaut sind, zukünf-
     Gesundheitsrisiken
                                          tig Antibiotika noch schneller wirkungs-
Gentechnikkonzerne und industrienahe      los werden lassen.
Forscher behaupten, dass transgene
Pflanzen gesundheitlich unbedenklich         Kein Wunder also, dass immer mehr
und streng getestet seien. Weltweit       kritische Forscher fragwürdige Effekte
gibt es jedoch kaum belastbare Stu-       von transgenen Pflanzen entdecken.
dien über die Auswirkungen genma-         Im Tierversuch fanden Wissenschaftler
nipulierter Pflanzen auf Mensch und       Bruchstücke des Erbguts von Bt-Mais
Tier. Langzeituntersuchungen fehlen       im Blut und in verschiedenen Organen
fast völlig. Die Regel sind Kurzstudien   (Leber, Milz, Niere) von Schweinen.
von 21 bis 90 Tagen, bei denen zu-           Veränderungen in Zellkernen von
dem meist die Futterverwertung, nicht     Leberzellen waren festzustellen, bei
jedoch die Toxizität der Gen-Pflanzen     Versuchstieren wurden starke aller-
untersucht wird. Es gibt keine Daten,     gische Reaktionen ausgelöst. Ge-
die beweisen, dass GVO harmlos für        webeschäden, Veränderungen bei
die Gesundheit sind.                      Wachstum, Nieren und Leberfunktion
                                          sowie des Blutbildes von Ratten sind
   Entwarnung kann also nicht gege-       Folgen der Fütterung mit genmanipu-
ben werden, im Gegenteil: Der ziellose    lierten Kartoffeln.
Einbau der fremden Gene kann sowohl
Veränderungen am Gen als auch Muta-          Im Hinblick auf unser geringes Wis-
tionen im Erbgut der Pflanze auslösen.    sen über das Erbgut der Pflanze und
Auch können die eingefügten Gene          die Effekte gentechnischer Eingriffe
selbst gesundheitliche Risiken ber-       stellt sich die Frage, ob die Risiken
gen. Zudem besteht die Gefahr, dass       überhaupt sinnvoll abgeschätzt wer-
Antibiotikaresistenzgene, die in vielen   den können.

18    Umweltinstitut München e.V.
zent aller genmanipulierten Pflanzen
  Monsanto, Syngenta und Co.
                                          enthalten Patente von Monsanto.
Weniger als zehn Konzerne aus den
Industrieländern dominieren den Welt-       Patente
markt für Saatgut und Pestizide. Die      Transgene Pflanzen werden grundsätz-
Unternehmen planen, mithilfe der pa-      lich patentiert. Damit wird die gemein-
tentierbaren Gen-Pflanzen die Kontrolle   same Grundlage des Lebens, das nie-
über die weltweite Nahrungsmitteler-      mand erfinden oder technisch herstellen
zeugung zu erlangen.                      kann, zu privatem „geistigen“ Eigentum.
                                          Bauern und Züchter dürfen Gen-Pflan-
   Auch die deutsche Saatgutindustrie     zen nur als Lizenznehmer nutzen. In der
versucht, sich einen Markt zu erobern,    EU wurden bereits mehr als 1000 Pa-
so entwickeln BASF, KWS SAAT AG           tente auf genmanipulierte Pflanzen er-
und Bayer CropScience bereits eigene      teilt, weltweit ist es ein Vielfaches.
Gen-Konstrukte. Laut der Arthur An-           Seit Jahrtausenden säen Bauern ei-
derson Consulting Group, die 1999 die     nen Teil ihrer Ernte wieder aus oder tau-
Unternehmensziele von Monsanto prä-       schen Saatgut mit anderen. 2,6 Milliar-
sentierte, soll spätestens 2020 sämt-     den Menschen leben überwiegend von
liches Saatgut auf der Welt gentech-      der Landwirtschaft und sind auf dieses
nisch verändert und patentiert sein.      Grundrecht angewiesen. Patente auf
   Schon heute beherrschen Mon-           Pflanzen machen diese bäuerliche Tra-
santo, Syngenta und DuPont über die       dition zu einer kriminellen Tat. Sie zwin-
Hälfte des kommerziellen Weltmarkts       gen die Bauern, ihr Saatgut jedes Jahr
für Saatgut, auch durch Aufkäufe ande-    neu zu kaufen. Speziell in Nordamerika
rer Unternehmen. Dafür gab allein Mon-    nutzt Monsanto das Patentrecht, um
santo zwischen 1995 und 2005 rund 15      Bauern mithilfe von Knebelverträgen
Milliarden US-Dollar aus. Etwa 90 Pro-    elementarer Rechte zu berauben.

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Wirtschaftliche Konsequenzen
                                          in großen Teilen der US-Reisernte auf-
Das Konzept der sogenannten Ko-           tauchte. Erst nach langen juristischen
existenz zwischen Gentechnikanbau,        Auseinandersetzungen wurde Bayer
konventioneller und ökologischer Land-    dazu gezwungen, Entschädigungen in
wirtschaft erweist sich immer mehr als    Höhe von rund 750 Millionen Dollar zu
inszenierte Lüge. Gentechnische Ver-      leisten. Das tatsächliche Ausmaß der
schmutzung bringt konventionelle und      Schäden war deutlich höher.
ökologische Landwirtschaft in existen-
zielle Bedrängnis. Ökologischer und          Die wirtschaftlichen Auswirkungen
konventioneller Rapsanbau ist in Kana-    eines anderen Lebensmittelskandals
da mittlerweile unmöglich geworden. In    sind noch gar nicht abzuschätzen. In
den Genmais-Gebieten Spaniens haben       Brot und Müsli wurde im Herbst 2009
Bauern den Anbau von ökologischem         in der gesamten EU illegale Gen-Lein-
Mais fast gänzlich aufgegeben.            saat entdeckt, die nur in einer einzigen
                                          Saison in Kanada angebaut wurde,
   Auf alle Landwirte und Lebensmittel-   knapp zehn Jahre zuvor.
hersteller kommen erhebliche Zusatz-
                                            Risiko Terminator-Technologie
kosten für Tests, Kontrollen und Vorun-
tersuchungen zu und auch die Preise       Bei der Terminator-Technologie sollen
für Lebensmittel erhöhen sich. So ver-    Pflanzen so manipuliert werden, dass
drängt Agro-Gentechnik alle anderen       sie keine keimfähigen Samen mehr her-
Formen der Landbewirtschaftung. Wie       vorbringen. Den Pflanzen wird dazu ein
drastisch die wirtschaftlichen Folgen     Programm eingebaut, das den Embryo
sein können, zeigte sich, als genmani-    im ausgereiften Kern abtötet oder stark
pulierter Reis des Bayer-Konzerns, der    schädigt. Hier geht es nicht mehr um
nur auf wenigen Feldern zu Versuchs-      angeblich „verbesserte“ Eigenschaf-
zwecken getestet worden war, 2006         ten, sondern ausschließlich darum,

20    Umweltinstitut München e.V.
dass das Saatgut nicht mehr für den      nisch manipulierten Pflanzen: Im Jahr
Nachbau, sprich die Aussaat im nächs-    2011 stammten rund 45 Prozent von im
ten Jahr, geeignet ist. Der jährliche    deutschen Agrarethanol verwendeten
Neukauf von Saatgut bedeutet das fi-     Mais aus den USA, wo wiederum fast
nanzielle Ende für kleinbäuerliche Be-   90 Prozent des angebauten Maises
triebe, insbesondere in Entwicklungs-    gentechnisch manipuliert ist.
und Schwellenländern.
                                            Auch in Europa laufen Anträge auf
   Derzeit gibt es ein weltweites Ter-   Zulassung von Gen-Pflanzen, die aus-
minator-Moratorium für Anbau und         schließlich Rohstoffe zur Agrosprit-Pro-
Freilandversuche. Daher versuchen        duktion liefern sollen. So entwickelte
die Gentechnik-Konzerne und Länder       Syngenta bereits eine Maissorte mit
wie Kanada und die USA, Termina-         einem Enzym, das die Maisstärke
tor-Technologie als Mittel zum Schutz    im Prozess der Ethanolherstellung
vor gentechnischer Verunreinigung sa-    schneller in Zucker umwandelt. Auch
lonfähig zu machen.                      die Gen-Zuckerrübe von KWS SAAT
                                         AG und Monsanto, die jahrelang auch
Gentechnik im Tank                       auf deutschen Versuchsfeldern ge-
                                         testet wurde, könnte als Lieferant von
Was Autofahrer nicht wissen: Schon       Agrarenergie eingesetzt werden.
heute wird deutschen Kraftstoffen
Sprit aus Gen-Pflanzen beigemischt.         Weitere Pflanzen sind in der Pipeline:
So gelangen auch transgener Raps         Mais mit einer höheren Produktion an
aus Kanada und Mais aus den USA          Pflanzenmasse soll die Biogasproduk-
als „Bio“-Sprit in deutsche PKW. Un-     tion erhöhen, cellulosereichere Hölzer
ser Sprithunger schafft damit eine       für eine hohe Ausbeute an Kraftstoffen
zusätzliche Nachfrage nach gentech-      aus Zellulose (BtL) sorgen.

                                                  Umweltinstitut München e.V. 21
Gentechnik auf der Haut

                                   Über 80 Prozent der weltweit erzeugten
                                   Baumwolle stammt von genmanipu-
                                   lierten Pflanzen. Die Bt-Baumwolle
                                   produziert etwa ein Gift gegen den
                                   Baumwollkapselbohrer, einen Baum-
                                   wollschädling. Doch seit einigen Jahren
                                   werden vermehrt Resistenzen gegen
                                   das Bt-Gift festgestellt, daher müssen
                                   die Bauern zusätzlich Gift spritzen.
                                       Hauptanbauländer für Gen-Baum-
                                   wolle waren 2012 Indien, USA, China
                                   und Pakistan. In der EU ist die Aussaat
                                   von Gen-Baumwolle noch nicht gestat-
                                   tet. Die Gentechnikkonzerne Monsanto
                                   und Bayer haben jedoch bereits ent-
                                   sprechende Anträge gestellt.

                                      Für Bauern bieten die Gen-Pflanzen
                                   keine Vorteile. Das manipulierte Saatgut
                                   kostet fast viermal soviel wie herkömm-
                                   liches und muss jedes Jahr neu gekauft
                                   werden. Zusätzlich werden teure Pesti-
                                   zide und Düngemittel benötigt. Für die-
                                   se Investitionen müssen viele Bauern
                                   einen Kredit aufnehmen. Fällt die Baum-
                                   woll-Ernte dann geringer aus, bedeutet
                                   das für viele Bauern den Ruin.

                                      Besonders in Indien ist der Einsatz von
                                   Gen-Baumwolle höchst umstritten. Das
                                   UN-Hochkommissariat für Menschen-
                                   rechte zeigte sich sehr besorgt über die
                                   steigende Selbstmordrate unter Bau-
                                   ern. Seit 1997 haben 200.000 indische
                                   Kleinbauern Selbstmord begangen,
                                   besonders in Regionen, in denen Mon-
                                   santos Gen-Saatgut angebaut wird. Die
                                   Verwendung von Gen-Baumwolle ist
22   Umweltinstitut München e.V.
nicht kennzeichnungspflichtig. Nur Tex-    außer einigen Großkonzernen nieman-
tilien aus zertifizierter Bio-Baumwolle    dem nutzt. Auf der ganzen Welt wehren
sind garantiert frei von Gentechnik. De-   sich daher Menschen gegen die Ein-
ren Marktanteil beträgt aber bisher nur    führung der Agro-Gentechnik. Mit Er-
etwa ein Prozent. Doch die manipulierte    folg: Immer noch wachsen Gen-Pflan-
Baumwolle findet sich nicht nur in Jeans   zen nur in wenigen Ländern, in Europa
und T-Shirts. Bestimmte Teile werden       erklären sich immer mehr Regionen zu
für die Herstellung von Lebensmitteln,     gentechnikfreien Zonen und Monsanto
Kosmetika und Papier verwendet oder        musste selbst in den USA die Kommer-
sie landen in den Futtertrögen von Kü-     zialisierung von genmanipuliertem Wei-
hen und Schweinen.                         zen aufgeben.
                                              Statt agroindustriellem Anbau und
Global zum Scheitern                       Gentechnik fordern Gentechnik-Geg-
                                           ner eine vielfältige Landwirtschaft,
Verurteilt
                                           die Ressourcen schont, keine gesell-
                                           schaftlichen Folgekosten verursacht
Vor fast zwanzig Jahren sind transgene     und in regionale Wirtschaftskreisläufe
Pflanzen in der Landwirtschaft einge-      eingebunden ist. Herkömmliche Züch-
führt worden – und bis heute hat die       tungsmethoden sind in der Lage, wider-
Gentechnikindustrie kein einziges Ver-     standsfähige und lokal angepasste Sor-
sprechen eingelöst. Im Gegenteil: Die      ten und Rassen hervorzubringen. Doch
Agro-Gentechnik ist ein erhebliches        vor allem braucht es zur Bekämpfung
Risiko für die Gesundheit von Mensch       des Welthungers einen strukturellen An-
und Tier, für die Umwelt und die Ernäh-    satz. Nachhaltige Ernährungssicherheit
rungssicherheit.                           für die wachsende Weltbevölkerung
   Besonders katastrophal sind die         kann nur kleinbäuerlicher und ökolo-
Konsequenzen für die Landwirtschaft.       gischer Landbau gewährleisten. Nur
Die Agro-Gentechnik ist ein völlig über-   so können Klima und Böden geschützt
flüssiger Eingriff in das Ökosystem, der   und Arbeitsplätze geschaffen werden.

         Das Umweltinstitut München e.V. fordert:
          Ein generelles Verbot genmanipulierter Pflanzen und Tiere
          Ein Verbot der Patentierung von Leben
          Eine ökologisch sinnvolle, sozial gerechte und nachhaltige
   		      Landwirtschaft
          Bis zur Umsetzung des Gentechnikverbots: Kennzeichnung von
    		     tierischen Produkten, wenn die Tiere mit genmanipuliertem Futter
   		      gefüttert wurden

                                                   Umweltinstitut München e.V. 23
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