Kapitalmarktbericht USA Nr. 2: Keine Frühjahrsmüdigkeit in Sicht n - Wüstenrot direct
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08. März 2019 Kapitalmarktbericht USA Nr. 2: Keine Frühjahrsmüdigkeit in Sicht n KONJUNKTUR UND GELDPOLITIK: Ein Teil der Konjunkturindikatoren und das Ver- brauchervertrauen haben sich von ihren Rückgängen Ende 2018 erholt. Die Marktteilnehmer blicken deshalb wieder etwas zuversichtlicher nach vorne. Wir rechnen für 2019 mit stabilem, aber etwas niedrigerem Wachstum als im Vorjahr. Unabhängig hiervon hält die US-Notenbank an ihrer geldpolitischen Wende fest. Sie bekräftigte „geduldig“ sein zu wollen, was als die Ankündigung eines Verzichts auf weitere Zinserhöhungen interpretiert wird. Dennoch sollte ein Zinsschritt im zweiten Halbjahr 2019 nicht vollkommen ausgeschlossen werden. Er könnte ins- besondere dann wahrscheinlich werden, wenn der aktuell eher niedrige Inflations- druck wieder stärker wird. RENTENMARKT: Die Staatsanleiherenditen haben sich nach ihrem Rückgang im 4. Quartal 2018 in den vergangenen zwei Monaten kaum verändert. Dies ist allein schon deshalb bemerkenswert, da die Aktienkurse auf der anderen Seite deutlich zulegten. Zu der Seitwärtsbewegung der Anleihen trug möglicherweise die Aus- sicht bei, dass die US-Notenbank den Abbau ihrer Bilanz 2019 stoppen und den Kauf von Treasuries wieder aufnehmen könnte. AKTIENMARKT: Die US-Aktienmärkte erlebten die höchsten Zugewinne in den ers- ■ Dr. Torsten Gruber ten zwei Monaten eines Jahres seit 1991. Gemessen an der Börsenhistorie deutet ■ Thorsten Proettel dies auch auf eine positive Entwicklung in den kommenden Monaten hin. Hierfür ■ Bernhard Spitz fehlen aktuell jedoch wichtige Zutaten, nämlich spürbar steigende Gewinne und Zuversicht bei den Unternehmen. Insofern und angesichts des fulminanten Jah- resauftaktes ist zunächst eine Konsolidierung der Märkte nicht unwahrscheinlich.
KAPITALMARKTBERICHT | Nr. 2 / 2019 2 ……………………………………………………………………………………………………………………………………………….................................... Konjunktur und Geldpolitik Der Politikbetrieb in Washington sorgte zu Jahresbeginn für nicht unerhebliche konjunkturelle Friktionen. Die am 22. Dezember 2018 in Kraft getretene Stilllegung eines großen Teils der Bundesbehörden zog sich bis zum 25. Januar hin und wurde damit zu dem längsten „Government Shutdown“ in der Geschichte der USA. Für Donald Trump endete der Streit um die Finanzierung einer Grenzmauer zu Mexiko im Volumen von 5,7 Mrd. US-Dollar mit einer Niederlage. Die oppositionellen Demokraten, welche im Repräsentantenhaus seit Januar in der Mehrheit sind, gaben dieser Forderung nicht nach. Letztlich einigte man sich auf eine Übergangsfinanzierung bis zum 15. Februar, der dann ein regulärer Staatshaushalt folgte. In dem Kompromiss wurden immerhin 1,375 Mrd. US-Dollar für die Erneuerung von Grenzbefestigungen vorgesehen. Trump bleibt sein Wahlversprechen somit weiterhin schuldig und brachte durch den Regierungsstillstand auch viele eigene Anhänger gegen sich auf. Das zumindest Government Shut- vorübergehende Ausbleiben der Lohnzahlungen für rund 800.000 Beschäftigte down kostet circa 0,4 der Bundesbehörden wirkte sich unter anderem für den Einzelhandel dämpfend Prozentpunkte aus, und auch der Tourismus litt aufgrund geschlossener Museen und Wachstum im 1. Nationalparks. Angesichts der Größe des Landes und einer Bevölkerung in Höhe Quartal. von 328 Mio. Menschen brachte der Shutdown zwar keinen Einbruch der Wirtschaftsleistung. Aber der Zuwachs des Bruttoinlandsproduktes, der üblicherweise durch Produktivitätsfortschritte in Form von technischen Neuerungen und einer verbesserten Organisation mühsam errungen werden muss, dürfte zumindest teilweise aufgezehrt worden sein. Schätzungen zufolge könnte das annualisierte Wachstum im 1. Quartal 2019 um etwa 0,4 Prozentpunkte unterhalb des Wertes ohne einen Shutdown liegen. Der Regierungsstillstand bewirkte auch eine Verzögerung der Bekanntgabe von Leicht rückläufiges, wichtigen Konjunkturdaten. So wurden die Zahlen für das Wirtschaftswachstum im aber dennoch hohes 4. Quartal 2018 erst kürzlich gemeldet. Demnach stieg das Bruttoinlandsprodukt Wachstum im 4. um annualisiert 2,6 %, nachdem im 3. Quartal noch ein Wert von annualisiert Quartal 2018. 3,4 % erreicht wurde. In der europäischen Lesart eines Vergleichs zum Vorjahresquartal ergibt sich allerdings ein leichter Anstieg der Wachstumsrate von 3,0 % im 3. Quartal auf 3,1 % im 4. Quartal. Im Gesamtjahr 2018 dürfte der Anstieg der Wirtschaftsleistung gegenüber 2017 bei etwa 2,9 % gelegen haben. Getragen wurde das Wachstum im 4. Quartal wie üblich durch den privaten Konsum, der 1,9 Prozentpunkte zu der annualisierten Gesamtrate beitrug. Allerdings wurden in den beiden Vorquartalen mit 2,6 % und mit 2,4 % erheblich höhere Werte gemessen. Ebenfalls rückläufig war der Beitrag der Privathaushalte und Staatsausgaben. Er betrug nur noch annualisiert 0,1 Prozentpunkte nach 0,4 der Staat leisteten Prozentpunkten im Vorquartal. Ein Grund hierfür dürfte der Government geringere Wachs- Shutdown gewesen sein. Vermutlich wurden Zahlungen, insbesondere tumsbeiträge. Arbeitsentgelte, im Dezember nicht mehr geleistet. Für diese Sichtweise spricht, dass ein Minus im Posten der zivilen nicht-investiven Konsumausgaben auf der Bundesebene für den verringerten Anstieg der Staatsausgaben ursächlich war. Da diese Zahlungen zwischenzeitlich zum größten Teil nachgeholt worden sein dürften, ist mit einem erhöhten Anstieg der Staatsausgaben im 1. Quartal 2019 zu rechnen. Ein dritter Grund für das zuletzt niedrigere Wachstum liegt in der Entwicklung der Lagerbestände. Im 3. Quartal führte deren Aufbau zu einem Wachstumsbeitrag von annulisiert 2,3 %, doch am Jahresende brach der Wert auf
KAPITALMARKTBERICHT | Nr. 2 / 2019 3 ……………………………………………………………………………………………………………………………………………….................................... nur noch 0,1 % ein. Dies ist jedoch nicht als negativ zu werten. Da die Lager früher oder später wieder geleert werden und dann auf die Wachstumsrate drücken, stellt ein Lageraufbau ohnehin nur ein zeitliches Vorziehen von Wirtschaftswachstum dar. Die zwei positiven Aspekte der jüngsten Wachstumszahlen sind in den Investitionen nah- Entwicklungen der Bereiche Investitionen und Außenbeitrag zu suchen. Die men zu. Investitionstätigkeit verbesserte sich von annualisiert 0,2 % auf 0,7 %. Und außerdem sanken die das inländische Wachstum schmälernden Güterimporte erheblich, während gleichzeitig die Exporte anstiegen. In der Summe verringerte sich deshalb der traditionell negative Wachstumsbeitrag des Saldos „Nettoexporte“ von 2,0 % auf nur noch 0,2 %. Einen vollkommen anderen Eindruck über die Außenhandelsaktivitäten vermitteln Handelsbilanzdefizit übrigens die zuletzt gemeldeten Zahlen des Statistikamtes zur Handelsbilanz. stieg 2018 auf ein Demnach wurde im Dezember ein Defizit von annähernd 60 Mrd. US-Dollar Mehrjahreshoch. gemessen. Dies ist nicht nur der bislang schlechteste Wert während der Präsidentschaft von Donald Trump, sondern auch das höchste Defizit seit 2008. Möglicherweise ist diese Zahl noch nicht ausreichend in der ersten Schätzung für das Wirtschaftswachstum im 4. Quartal berücksichtigt, so dass eine leichte Abwärtsrevision der BIP-Daten nicht unwahrscheinlich ist. Für das Gesamtjahr 2018 ergibt sich eine Zunahme des Handelsdefizits um 12 % gegenüber 2017 auf 621 Mrd. US-Dollar. Dieser Umstand brachte Donald Trump in der Presse viel Spott und Häme ein, da er mit dem Ziel angetreten war, das Defizit zu reduzieren. Es sollte jedoch berücksichtigt werden, dass dessen Verringerung nur eine Art Zwischenziel für Trump darstellt, während die Zunahme von Arbeitsstellen und Einkommen seiner Wähler das Hauptziel ist. Dies kann zwar über höhere Exporte erreicht werden, was 2018 bislang nicht der Fall war. Doch wenn man bedenkt, dass das Handelsdefizit eine Folge der sehr guten Konjunktur in den USA mit einer rekordtiefen Arbeitslosigkeit und einer entsprechend hohen Ausgabenneigung ist sowie von Hamsterkäufen aus Sorge vor dem Handelsstreit, sollte das Urteil über Trump zumindest in diesem Punkt nicht zu streng ausfallen.
KAPITALMARKTBERICHT | Nr. 2 / 2019 4 ……………………………………………………………………………………………………………………………………………….................................... Die konjunkturelle Entwicklung gehörte am Jahresende 2018 zu den größten Sorgen an den Kapitalmärkten. Gut zwei Monate später lässt sich die Lage folgendermaßen zusammenfassen: Das Bild einer zumindest temporären Wachstumsabschwächung hat sich zwar weiter gefestigt, doch für Panik besteht kein Anlass. Vielmehr erscheint sogar eine leichte Erholung im zweiten Halbjahr 2019 im Bereich des Möglichen. Der vielbeachtete Einkaufsmanagerindex des Institute for Supply Management Die Einkaufsmana- (ISM) für das verarbeitende Gewerbe erholte sich nach seinem Einbruch im gerindizes befinden Dezember um 4,5 Punkte im Januar um 2,3 Punkte. Der Februar brachte zwar sich noch deutlich einen erneuten Rückgang, der 2,4 Punkte betrug. Per Saldo war damit aber keine oberhalb der Expan- weitere Verschlechterung zu konstatieren. Mit zuletzt 54,2 Punkten befindet sich sionsschwelle. der Index somit fast exakt auf dem Dezember-Niveau und weiterhin deutlich oberhalb der Expansionsschwelle. Einen noch etwas besseren Eindruck vermittelt der Index für den Dienstleistungsbereich. Hier setzte sich die Abwärtsbewegung vom Dezember (-2,4 Punkte) im Januar fort (-1,3 Punkte). Dies dürfte aber zumindest teilweise auf den Regierungsstillstand zurückzuführen sein. Nach dessen Ende war ein Wiederanstieg im Februar kein Wunder. Er fiel mit einem Plus von 3,0 Punkten sogar deutlicher aus, als von Analysten erwartet worden war. Mit einem Indexstand von 59,7 Punkten befindet sich das Konjunkturbarometer aktuell nicht nur deutlich über der Expansionsschwelle von 50,0 Punkten, sondern auch wieder im Bereich der Mehrjahreshöchststände. In der Summe signalisieren die beiden Indizes und auch einige andere Indikatoren BIP-Wachstum von wie das zuletzt wieder gestiegene Verbrauchervertrauen somit durchaus 2,5 % erwartet. Wirtschaftswachstum, wenn auch auf einem teilweise etwas tieferen Niveau. Die Prognosen von Volkswirten decken sich mit diesem Bild. Durchschnittlich wird nach den besagten 2,9 % im vergangenen Jahr für 2019 ein reales BIP- Wachstum in Höhe von 2,5 % erwartet. Für 2020 deuten die Vorhersagen auf einen abermaligen Rückgang der Wachstumsrate auf 1,9 % hin.
KAPITALMARKTBERICHT | Nr. 2 / 2019 5 ……………………………………………………………………………………………………………………………………………….................................... Ein Risiko für dieses grundsätzlich positive Szenario bildet unverändert der Der Handelsstreit mit Handelsstreit der USA mit China und in geringerem Ausmaß mit der China bleibt proble- Europäischen Union. Eine Einigung in den Verhandlungen zwischen Washington matisch,… und Peking über den Schutz geistigen Eigentums, den Abbau von Einfuhrhemnissen und fairen Zugangschancen für US-Unternehmen auf dem chinesischen Markt war zwar von vielen Beobachtern schon für das Jahresende 2018 erwartet worden. Doch der Durchbruch blieb auch in den vergangenen Wochen aus. Zuletzt mehrten sich jedoch die positiven Zeichnen. So stoppte Präsident Trump Ende Februar die ursprünglich selbst angestoßenen automatischen Zollerhöhungen für Importe im Jahresumfang von rund 200 Mrd. US-Dollar von 10 % auf 25 %. per 1. März. Außerdem machten jüngst Meldungen die Runde, wonach am 27. März ein umfassendes Abkommen zwischen den USA und China unterzeichnet werden soll. Auch wenn sich diese Nachricht später als verfrühter Zweckoptimismus …aber der Druck für herausstellen sollte, stimmt die eingeschlagene Richtung hoffnungsfroh. Die eine Einigung nimmt ersten Monate des Handelsstreits von Februar 2018 bis etwa Sommer 2018 zu. standen noch unter dem Eindruck einer schrittweisen Konfliktverschärfung. Donald Trump brauchte offenbar eine gewisse Zeit, um seine Druckmittel in Stellung zu bringen und um seine Hartnäckigkeit unter Beweis zu stellen. Seitdem ergibt sich ein etwas anderes Bild. Man bemüht sich um einen „Deal“, nicht zuletzt deshalb, da sich auf beiden Seiten durch den Handelsstreit gewisse Bremsspuren bemerkbar machen. So reduzierte sich das Wirtschaftswachstum in China zuletzt deutlich. Die Jahresrate für das Bruttoinlandsprodukt sank von 6,8 % im 1. Quartal auf 6,7 % im 2. Quartal. Im 3. Quartal wurde eine Rate von nur noch 6,5 % ausgewiesen und im 4. Quartal 2018 von 6,4 %. Umgekehrt führen die Vergeltungsmaßnahmen Pekings zu Schwierigkeiten für einen Teil der Trump- Wähler. Ein zwar schon häufig bemühtes aber unverändert aussagekräftiges Beispiel ist der Rückgang des Preises für Sojabohnen, die bislang in großem Stil von den USA nach China exportiert wurden. An der Rohwarenbörse in Chicago brach die Notierung von etwa 1.025 US-Cent je Bushel (27 Kilogramm) im Mai 2018 auf etwa 825 US-Cent im Sommer ein. Sie erholte sich im Schlussquartal 2018 etwas, aber zuletzt war die Tendenz wieder südwärts gerichtet. Momentan wird Soja für knapp 900 US-Cent gehandelt, was die Verdienstchancen der Farmer beeinträchtigt. Da in den USA 2020 wieder Präsidentschaftswahlen anstehen und sich die Für Trump schließt Kandidaten für die Vorwahlen in diesem Herbst in Stellung bringen dürften, hat sich das Zeitfenster Donald Trump zudem nicht ewig Zeit für weitere Verhandlungen. Insofern spricht allmählich. tatsächlich einiges für ein Handelsabkommen mit China spätestens in diesem Sommer. Fraglich ist dann jedoch, inwieweit sich Trump mit seinen ursprünglichen Vorstellungen von einem gerechteren Handel durchgesetzt haben wird. Die Chinesen zeigen bislang wenig Bereitschaft, die einseitige Bevorzugung ihrer Unternehmen aufzugeben. Die teilweise schlechte Verhandlungsführung auf Seiten der Amerikaner, indem Präsident Trump seine Unterhändler mit Zusagen an Peking überging, spielte den Chinesen mehrmals in die Hände. Außerdem ist die Position des Ein-Parteien-Staats in diesem Punkt etwas besser, da er keine Rücksicht auf Umfragewerte, missliebige Medien oder eine Opposition nehmen muss. Insofern wäre es denkbar, dass Donald Trump in nicht allzu langer Zeit auf einer Pressekonferenz im Weißen Haus einen Abbau der Zölle auf das Niveau von Ende 2017 sowie ein paar kosmetische Korrekturen als großen Erfolg verkünden wird.
KAPITALMARKTBERICHT | Nr. 2 / 2019 6 ……………………………………………………………………………………………………………………………………………….................................... Die US-Wirtschaft dürfte in den kommenden Monaten weiter wachsen, wenn auch mit einem etwas langsameren Tempo als im vergangenen Jahr. Zu den Risiken für dieses Szenario gehören weiterhin die Handelsstreitigkeiten. Im Konflikt mit China erwarten wir jedoch früher oder später eine Lösung. Damit muss das Thema aber noch nicht endgültig ausgestanden sein. Den in den letzten Wochen ausgesprochenen Drohungen von Präsident Trump in Richtung Europa könnten entsprechende Taten folgen. Die Erhöhung von Zöllen auf Autoimporte aus der EU und entsprechende Gegenmaßnahmen dürften die US-Wirtschaft jedoch kaum belasten. Wir rechnen in diesem Fall ohnehin eher mit einem baldigen Einlenken der EU. Geldpolitische Rückendeckung für die Wirtschaft kam seit dem Jahreswechsel Fed nahm geldpoliti- von der US-Notenbank. Vor dem Hintergrund der Aktienmarktschwäche drehte sie schen Richtungs- ihre Haltung erheblich, indem sie statt weiteren Zinsanhebungen ein zukünftiges wechsel vor,... Stillhalten ankündigte. Zwar stelle Fed-Chairman Jerome Powell noch auf der Sitzung des Offenmarktausschusses im Dezember weitere Zinsschritte für 2019 in Aussicht. Doch vermutlich dienten diese Aussagen eher zur Demonstration der eigenen Unabhängigkeit, nachdem Präsident Trump zuvor eine weniger strenge Geldpolitik gefordert hatte. Im Dezember hatte sich ohnehin schon abgezeichnet, dass die Notenbank ihren Leitzins 2019 nicht wie zuvor automatisch in jedem Quartal um 25 Basispunkte erhöhen, sondern eher auf Sicht fahren würde. Die offizielle Bestätigung kam dann mit der nächsten Sitzung des Offenmarktausschusses am 30. Januar. Die Pressemitteilung hielt klar und deutlich fest, „Im Licht der weltweiten Entwicklungen in der Wirtschaft und an den Finanzmärkten sowie angesichts des gedämpften Inflationsdrucks wird der Ausschuss geduldig sein, wenn er festsetzt, welche zukünftigen Änderungen der Zielrate für die Federal Funds angemessen sein werden, um diese Zielgrößen zu unterstützen.“ Offenbar war den Währungshütern der Schreck über die Kursstürze an den …doch Zinserhö- Aktienmärkten sowie über die Rückgänge des Konsumentenvertrauens und des hungen bleiben im Geschäftsklimas tief in die Knochen gefahren. Sie verabreichten deshalb die Bereich des Mögli- erhoffte Beruhigungspille der lockeren beziehungsweise nicht mehr restriktiven chen. Geldpolitik. Die Aussicht auf einen Verzicht auf weitere Zinsanhebungen beziehungsweise ein Verharren auf dem aktuellen Stand bei 2,25 % bis 2,5 %. beflügelte die Aktienkurse, worauf noch im übernächsten Kapitel einzugehen sein wird. Das zwischenzeitlich veröffentlichte Sitzungsprotokoll vom Januar verdeutlicht allerdings, dass Zinserhöhungen für 2019 keineswegs ausgeschlossen sind. Die sogenannten Falken in dem Gremium, also die Befürworter einer restriktiven Vorgehensweise, sprachen sich für Anhebungen im weiteren Jahresverlauf aus, sofern sich die Wirtschaft wie erwartet solide entwickeln wird. Ihre als Tauben bezeichneten Gegner gaben dagegen zu verstehen, Zinserhöhungen seien nur nötig, falls die Inflation die derzeitigen Erwartungen überträfe. Hinsichtlich des Preisdrucks besteht für die Fed zumindest aktuell kein Inflation bereitet ak- Handlungsdruck. Die Kernrate der Inflation und des Deflators für den persönlichen tuell keine Sorgen. Verbrauch blieben zuletzt stabil. Und die allgemeine Inflationsrate sank in den vergangenen Monaten sogar spürbar (siehe Chart nächste Seite). Hieran dürfte sich zunächst auch kaum etwas ändern, obwohl sich der Ölpreis von etwa 50 US- Dollar je Fass Ende Dezember auf aktuell 65 US-Dollar verteuerte. Der Rückgang
KAPITALMARKTBERICHT | Nr. 2 / 2019 7 ……………………………………………………………………………………………………………………………………………….................................... der Inflationsrate geht nämlich auf das Konto des statistischen Basiseffektes. Da Öl vor einem Jahr bei steigender Tendenz ungefähr so teuer war wie heute, resultiert ein Absinken der Veränderungsrate für die Energiekomponenten der Inflation auf null. Vor dem Hintergrund der zuletzt wieder etwas besseren Konjunkturindikatoren Terminmarktteilneh- mehrten sich die Stimmen im Umfeld der Fed, welche ab Sommer einen mer erwarten keine Zinsschritt nach oben um 25 Basispunkten für angemessen halten. Am Markt hat Leitzinserhöhung. sich diese Sichtweise bislang aber noch nicht durchgesetzt. Gemessen an den Kursen der Fed Fund Futures an der Terminbörse werden aktuell keine weiteren Zinserhöhungen für das laufende Jahr eingepreist. Die Notenbank bekam für ihren geldpolitischen Schwenk zur Beruhigung der Bestätigung für as- Anleger und Wirtschaftsakteure übrigens nicht nur Lob, sondern auch heftige symetrische Geldpo- Kritik. Chairman Powell wurde als geldpolitischer Wendehals bezeichnet, der litik. vorschnell vor den Finanzmärkten eingeknickt sei. Der Vorwurf der asymmetrischen Vorgehensweise habe sich erneut bestätigt. Demnach reagieren die Notenbanken bei kleinen Anzeichen von Schwächen sofort, aber sie halten selbst in Phasen mit ausgeprägtem Wirtschaftswachstum die Zügel für längere Zeit eher locker. Unter den Marktakteuren ist deshalb schon vom „Powell-Put“ die Rede. Der Name des amtierenden Notenbankpräsidenten dient somit wie auch der seiner Vorgänger als Metapher für eine freilich nur fiktive Absicherung gegen fallende Aktienkurse. Während üblicherweise die Leitzinsen im Fokus der Märkte stehen, könnte in den Kauft die Fed dem- kommenden Monaten eine andere geldpolitische Entscheidung für nächst wieder Kursbewegungen sorgen. Fed-Offizielle hatten in den letzten Monaten mehrmals Staatsanleihen? angedeutet, dass der Abbau der Notenbankbilanz gestoppt werden müsse. Seit rund einem Jahr werden fällige Wertpapiere, die im Zuge der diversen Anleihekaufprogramme in der Vergangenheit erworben wurden, nicht mehr durch Neuanlagen ersetzt. Der Fed-Bestand an Treasuries und Hypothekenpfandbriefen fiel deshalb von Ende 2017 um 431 Mrd. US-Dollar auf aktuell 3.792 Mrd. US-
KAPITALMARKTBERICHT | Nr. 2 / 2019 8 ……………………………………………………………………………………………………………………………………………….................................... Dollar. Ein unerwünschtes Folgeproblem ist, dass die Überschussreserven der Geschäftsbanken bei der Notenbank ebenfalls zurückgehen (siehe Chart). Fed: Wertpapierbestand & Überschussreserven in Mrd. US-Dollar 4.500 4.500 4.000 Wertpapierbestand 4.000 3.500 Überschussreserven 3.500 3.000 3.000 2.500 2.500 2.000 2.000 1.500 1.500 1.000 1.000 500 500 0 0 2008 2010 2012 2014 2016 2018 Quellen: Federal Reserve, Bloomberg, eigene Darstellung Die Zusammenhänge zwischen beiden Größen und die sich hieraus ergebende Problematik erschließen sich erst durch einen detaillierten Blick auf die Feinheiten der amerikanischen Geldpolitik: Die Geschäftsbanken sind dazu verpflichtet, Überschussreserven Mindestreserven bei der Notenbank zu unterhalten. Darüber hinaus können sie sind unter anderem weiteres Geld, die sogenannten Überschussreserven, auf Konten der Federal eine Folge der An- Reserve parken. Vor der Finanzkrise von 2008 war dies jedoch unattraktiv, da die leihekäufe. Überschüsse nicht verzinst wurden. Die Fed änderte dann diese Praxis und schuf so für Kreditinstitute eine risikolose und gleichzeitig lukrative Möglichkeit zur Errichtung von Liquiditätspolstern, zumal der Interbankenmarkt aufgrund der Vertrauenskrise austrocknete. Auf diesem Wege war es der Fed quasi nebenbei möglich, zur Aufbesserung der Liquiditätskennzahlen von US-Banken beizutragen. Im Zuge der Anleihekaufprogramme der Fed stieg der Bestand der Banken an flüssigen Mitteln an. Die privaten und institutionellen Verkäufer der Wertpapiere erhielten entsprechende Gutschriften auf ihren Konten, die dann von den Banken in der Überschussreserve geparkt wurden. Kritiker befürchteten damals, dass bei einer wirtschaftlichen Besserung die Kreditvergabe aus diesen Mitteln sprunghaft ansteigen und so die Inflation befeuern könnte. Zumindest der zweite Teil dieser Prognose hat sich bislang nicht materialisiert. Allerdings greifen die Banken spätestens seit Beginn des laufenden Die Reserven wer- Zinserhöhungszyklus verstärkt auf ihre Liquiditätsreserven zurück, wie unschwer den aktuell für die am sinkenden Trend in der Fed-Bilanz zu erkennen ist. Dies wäre an sich wenig Kreditvergabe abge- dramatisch. Die eigentliche Krux ergibt sich jedoch aus einem anderen schmolzen. Zusammenhang: Die gute Wirtschaftslage in den USA führt zu einer erhöhten Kreditnachfrage und somit auch zu einem tendenziellen Anstieg des kurzfristigen Marktzinses. Im Gegensatz zum Euroraum, wo die Zentralbank über ihre Offenmarktgeschäft bei Vollzuteilung der Liquiditätswünsche an die Banken den Kurzfristzins sehr direkt beeinflusst, greift die US-Zentralbank grundsätzlich eher moderierend in das Geschehen ein. Das Wechselspiel zwischen höherer Kreditnachfrage und höherem Kreditangebot treibt die Federal Funds Rate, den
KAPITALMARKTBERICHT | Nr. 2 / 2019 9 ……………………………………………………………………………………………………………………………………………….................................... vielbeachteten Referenzzinssatz für kurzfristige Geldmarktpapiere, nach oben oder unten. Der „Leitzins“ besteht nur aus einem Zielband für diesen Marktzins, bei dessen Überschreiten oder Unterschreiten die Notenbank eingreift. Aufgrund der erhöhten Kreditnachfrage tendierte der Marktzins in den Die Federal Funds vergangenen Monaten aber allmählich nach oben und damit in Richtung des Rate tendierte zu- oberen Endes des Zielbandes. Die eigentliche Begrenzung des Zinsniveaus nach letzt an den oberen oben bei steigender Kreditnachfrage ergab sich in letzter Zeit aber weniger aus Rand. diesem Wert, sondern faktisch aus dem bereits vorgestellten Zinssatz für die Überschussreserven (IOER). Er entsprach von Sommer 2008 bis Sommer 2018 exakt der Höhe des oberen Endes des Zielbandes. Der Wirkungsmechanismus ist so zu verstehen, dass die Banken zur Bedienung der Kreditnachfrage zunächst ihre Überschussreserven bei der Zentralbank auflösen, wodurch der IOER zum eigentlichen Leitzins der USA wurde. Die unten stehende Grafik veranschaulicht diesen Prozess. Dargestellt ist nicht das absolute Zinsniveau, sondern die Abweichung des effektiven Geldmarktsatzes für die Federal Funds (rot) und des Zielbandes (grau) in Relation zum IOER (Nulllinie). Deutlich sichtbar ist der Gleichlauf des Geldmarktsatzes zum IOER ab Ende 2018. Die periodischen Ausbrüche der Federal Funds Rate nach unten stellen übrigens kurzfristige Rückgänge dieses Geldmarktsatzes zu Ultimo dar, wenn die Banken vorübergehend über viel Liquidität verfügen. Abweichungen vom Zinssatz für Überschussreserven in Prozentpunkten 0,15 0,15 Abweichung Federal Funds Rate vom IOER 0,10 0,10 Abweichung Leitzinsband oben vom IOER 0,05 Abweichung Leitzinsband unten vom IOER 0,05 0,00 0,00 2014 2015 2016 2017 2018 2019 -0,05 -0,05 -0,10 -0,10 -0,15 -0,15 -0,20 -0,20 -0,25 -0,25 -0,30 -0,30 -0,35 -0,35 Quellen: Federal Reserve, Bloomberg, eigene Darstellung Für die Fed ergibt sich aus dieser Gemengelage das folgende Problem: Wenn der IOER der neue eigentliche Leitzins ist, dann werden die traditionellen Steuerungsmöglichkeiten wirkungslos. Die Fed braucht einen potenziellen Die Überschussre- Spielraum zwischen dem Marktzins und ihrer Zielgröße, um eine Feinjustierung serven unterminieren ihrer Eingriffe vornehmen zu können. Verharrt die Federal Funds Rate aber das konventionelle schwankungslos auf dem Niveau des IOER, dann verliert diese auch ihre Instrumentarium. Informationsfunktion über den kurzfristigen Zustand des Marktes. Stattdessen müsste die Fed im Zweifel ein heftiges Auf und Ab der Überschussreserven in ihrer Bilanz hinnehmen. Geldpolitik wäre zwar auch auf diesem Wege möglich, doch man klammert sich an die bisherige Funktionsweise. Um sich einen Puffer zu verschaffen, erhöhte die Notenbank im Juni und Dezember 2018 den IOER nur
KAPITALMARKTBERICHT | Nr. 2 / 2019 10 ……………………………………………………………………………………………………………………………………………….................................... um 20 Basispunkte und damit um 5 Basispunkte weniger als das Leitzinszielband. Hierdurch wurde ein Abstand von insgesamt 10 Basispunkten geschaffen (siehe Zinssätze für Über- rechte Bildhälfte der Grafik). Einige Vertreter der Notenbank wollen das Problem schussreserven aber auf andere Weise beheben. Sie sprechen sich für einen Stopp des wurden weniger Bilanzabbaus beziehungsweise für eine Wiederaufnahme von Anleihekäufen aus. stark angehoben als Da die Fed ihren Bestand an Hypothekenpfandbriefen auf jeden Fall abbauen Leitzinszielband. möchte, käme ein umso stärkerer Aufbau des Treasury-Portfolios in Frage. Auf diesem Weg würden die Überschussreserven ansteigen. Die erhöhte Liquidität der Geschäftsbanken würde dann nach dieser Überlegung den effektiven Marktzins wieder in die Mitte des Zielbandes rücken, wo er nötigenfalls mit den konventionellen Offenmarktgeschäften beeinflusst werden kann. Die Federal Reserve vollzog um die Jahreswende 2018/19 eine markante geldpolitische Wende. Die Kapitalmärkte bekamen eine Bestätigung für ihren Eindruck, wonach die Notenbank zur Schonung von Konjunktur und Märkten bereitstehe. Allerdings darf nicht vergessen werden, dass sich schon im Jahresverlauf 2018 eine Abkehr von strikten Zinserhöhungen abzeichnete, da das Zielband für den Zins allmählich das als neutral erachtete Niveau ansteuerte. Außerdem sind ein oder zwei Zinsschritte im zweiten Halbjahr 2019 oder Anfang 2020 keineswegs ausgeschlossen, beispielsweise wenn sich eine Überhitzung der Wirtschaft abzeichnet. Absolut gesehen ist die Zinshöhe nämlich immer noch stark akkommodierend. Denkbar ist jedoch die Wiederaufnahme der Käufe von Staatsanleihen zur Erhöhung der Überschussreserven und letztlich zur Erhaltung der Wirksamkeit des bisherigen geldpolitischen Instrumentariums. Es ist bemerkenswert, dass hierüber noch keine breite Diskussion eingesetzt hat. Möglicherweise ist dies der Komplexität des Themas geschuldet. Ungeachtet hiervon würden neue Treasury-Käufen am Markt vermutlich als Signal einer abermaligen Lockerung der Geldpolitik angesehen werden. Rentenmarkt Am Rentenmarkt waren in den vergangenen zwei Monaten kaum größere Bewe- gungen zu beobachten. Die Rendite für 10-jährige Treasuries bewegte sich unter geringen Abweichungen auf einem Niveau von etwa 2,65 % seitwärts, und die Die Bewegungen an Papiere mit zwei Jahren Restlaufzeit verharrten um die Marke von 2,50 % (siehe den Rentenmärkten Chart nächste Seite). Letztlich hatten die Märkte den im Vergleich zu 2018 etwas blieben zuletzt über- verhaltenen Konjunkturausblick auf 2019 sowie den geldpolitischen Richtungs- schaubar. wechsel bereits im 4. Quartal des letzten Jahres vorweggenommen. Insofern be- stand zuletzt offenbar kaum noch Anpassungsbedarf. Nichtsdestotrotz bleibt die Regungslosigkeit der Anleihemärkte im Vergleich zu den deutlich gestiegenen Aktienkursen bemerkenswert. Es sieht so aus, als ob sich die für höhere Renditen sprechenden Argumente wie die absehbar steigende Staatsverschuldung und die renditedämpfenden Perspektiven wie die Möglichkeit neuer Anleihekäufe durch die Fed die Waage hielten. Die Seitwärtsbewegung der Kerninflationsrate fügt sich nahtlos in diesem Bild ein.
KAPITALMARKTBERICHT | Nr. 2 / 2019 11 ……………………………………………………………………………………………………………………………………………….................................... In den kommenden Monaten könnten jedoch die Anleihe-Bären wieder die Ober- hand gewinnen und die Renditen etwas anziehen lassen. Hierfür spricht das im Leichter Renditean- Vergleich zum Jahreswechsel wieder etwas freundlichere Konjunkturumfeld. Ins- stieg erwartet. besondere eine baldige Beilegung der internationalen Handelsstreitigkeiten dürfte ihre Wirkung kaum verfehlen. Von Seiten des Terminmarktes sind die Vorausset- zungen hierfür jedenfalls wieder gegeben. Der massive Bestand an spekulativen Short-Positionen auf Treasuries wurde bis Anfang dieses Jahres abgebaut (siehe Chart). Aktuell hat sich der Markt zwar wieder ein Stück vom neutralen Niveau entfernt, doch besteht kein vergleichbarer Druck auf die Renditen wie noch im Sommer 2018. Terminmarktpositionierung und Rendite 10-jähriger Treasuries -900 3,50 Netto-Long-Position (in 1.000 Kontrakte, linke Skala, invertiert) -700 Treasury-Rendite in % (rechte Skala) 3,00 -500 -300 2,50 -100 2,00 100 1,50 300 500 1,00 05.01.2016 2016 05.01.2017 I 2017 05.01.2018 I 2018 05.01.2019 I Quellen: U.S. Commodity Futures Trading Commission, LBMA, eigene Darstellung
KAPITALMARKTBERICHT | Nr. 2 / 2019 12 ……………………………………………………………………………………………………………………………………………….................................... Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der allgemein etwas verbes- serte Konjunkturblick auf die kommenden Monate die Rentenmärkte unbe- rührt lies. Ein leichter Anstieg der Renditen vor dem Hintergrund des immer noch hohen Wirtschaftswachstums, des zunehmenden Verschuldungsprob- lems unter der Regierung von Donald Trump und des leergefegten Arbeits- marktes mit entsprechendem Inflationspotenzial ist mittelfristig dennoch das wahrscheinlichste Szenario. Ein Risiko für diesen Ausblick stellt die Geldpolitik mit den oben beschriebenen neuen Anleihekäufen dar. Aktienmarkt Nach dem beschleunigten Rückgang der Aktienkurse im 4. Quartal des vergan- Manche Aktienindi- genen Jahres setzte bereits kurz nach Weihnachten eine Erholungsphase ein, die zes glichen Verluste sich in den ersten zwei Monaten des Jahres 2019 fortsetzte. Der marktbreite S&P vom 4. Quartal fast 500-Index und auch der Dow Jones-Index erreichten bis Ende Februar fast wieder wieder aus. die Höchststände von September beziehungsweise Oktober 2018. Dagegen blie- ben die Technologiebörse NASDAQ sowie der Russell 2000 als Index für kleine und mittelgroße Aktiengesellschaften trotz Erholung ein deutliches Stück unter ihren erreichten Ständen (siehe Chart). Gemessen am S&P 500 belief sich der Anstieg vom 31. Dezember 2018 bis Ende Stärkster Anstieg im Februar 2019 auf stolze 11,08 %. Es handelt sich damit um den zweitbesten Jah- Januar und Februar resstart in den vergangenen 30 Jahren, der nur von den ersten zwei Monaten des seit 1991. Jahres 1991 übertroffen wurde. Damals wurden die Kurse stark vom Golfkrieg beeinflusst. Ende 1990 drückte der irakischen Besetzung Kuwaits den Markt, doch der von den USA geführte Angriff ab Januar 1991 führte zu einem Stim- mungsumschwung und stark steigenden Märkten. Der äußere Impuls war somit sehr ausgeprägt, doch mit einem Plus von 11,16 % war das Resultat vom Januar und Februar 1991 kaum stärker als die jüngste Entwicklung. Die besondere Stel- lung der letzten beiden Monate zeigen auch die langjährigen Durchschnittswerte. Von 1989 bis 2018 belief sich die Entwicklung des S&P 500 im Januar und Feb-
KAPITALMARKTBERICHT | Nr. 2 / 2019 13 ……………………………………………………………………………………………………………………………………………….................................... ruar im Mittel nur auf 0,48 %. Selbst wenn ausschließlich Jahre mit Kursstei- gerungen berücksichtigt werden, betrug das durchschnittliche Plus nur 4,37 %. Die ausgeprägte Aufwärtsbewegung seit Jahresanfang 2019 lässt sich mit ver- Technische Fakto- schiedenen Argumenten erklären. Zum einen führen markante Rückgänge der ren... Aktienkurse nicht selten zu technischen Gegenbewegungen, die zumindest einen Teil der anfänglichen Verluste wieder ausgleichen. Dies war auch zuletzt zu be- obachten. Die Besonderheit lag darin, dass die Phase mit fallenden Kursen und die anschließende Erholung durch den Jahreswechsel 2018/19 mehr oder minder zufällig auf zwei verschiedene Kalenderjahre verteilt wurden. Des Weiteren dürfte ein zweiter Faktor unterstützend gewesen sein, der ebenfalls auf den Beginn des neuen Kalenderjahres zurückzuführen ist: Die Entwicklung von gemischten Wert- papierfonds und damit der Erfolg der Fondsmanager wird üblicherweise im Rhythmus des Kalenderjahres gemessen. Das bedeutet, dass die Zähler mit dem 1. Januar wieder auf null stehen. Somit existieren auch noch keine Gewinnpolster, mit denen skeptisch eingestellte Fondsmanager etwaige aus ihrer Sicht nur tem- porären Entwicklungen aussitzen können. Steigen die Aktienkurse am Jahresan- fang, dann müssen auch sie investieren, um nicht den Anschluss zu verlieren. Neben diesen eher technischen Argumenten trug vor allem die US-amerikanische …und Geldpolitik Notenbank zu der Börseneuphorie bei. Die letztendlich eindeutige Reaktion auf ließen Aktienmärkte die gefallenen Aktienkurse in Verbindung mit schlecht ausgefallenen Konjunktur- steigen. indikatoren führte wie geschildert zu der neuen geldpolitischen Einschätzung. Wenn sich die Fed in Geduld üben möchte und 2019 keine weiteren Zinserhö- hungen vornimmt, oder nur im Fall einer sehr guten Konjunkturentwicklung, dann ist dies für die Aktienkurse aus zwei Gründen hervorragend. Erstens wird die Re- alwirtschaft von steigenden Zinslasten verschont und zweitens verschlechtert sich die relative Attraktivität von Aktien gegenüber festverzinslichen Anlageformen nicht zusätzlich. Für aktuelle Anlageentscheidungen ist natürlich der Blick nach vorne wichtiger als Gemäß Historie ist derjenige in den Rückspiegel. Deshalb stellt sich die Frage, wie es nach dem ful- ein positives Rest- minanten Jahresstart weitergeht. Eine Einigung im Handelsstreit mit China wäre jahr das wahrschein- für die Unternehmen zwar grundsätzlich positiv, doch er scheint nach entspre- lichste Szenario chenden Meldungen im Januar und Februar schon weitgehend eingepreist zu sein. Zumindest die Börsenhistorie deutet allerdings auf eine Fortsetzung der Aufwärtsbewegung hin. In 17 der vergangenen 30 Jahren verzeichnete der S&P 500-Index einen Zuwachs während der ersten zwei Monate. Nur in vier von die- sen 17 Jahren musste dann in der Periode von März bis Dezember ein Verlust hingenommen werden. Dagegen setzte sich in 13 von 17 Jahren die Gewinnstre- cke fort. Betrachtet man die eigenen Gewinnprognosen der bedeutenden Aktiengesell- Unternehmen bli- schaften und die entsprechenden Schätzungen der Analysten, dann ergibt sich cken überwiegend allerdings nur ein verhaltenes Bild. In vielen Branchen werden für 2019 lediglich nur verhalten opti- leicht ansteigende Profite vorhergesagt. Dies liegt zum einen daran, dass bereits mistisch in die Zu- im letzten Jahr die anfänglich höheren Schätzungen für 2019 nach unten revidiert kunft. wurden. Zum anderen fehlen aber auch Argumente für ein Übertreffen der guten Resultate von 2018. Viele Gewinnschätzungen sehen deshalb bei näherer Be- trachtung eher wie naive Verlaufsprognosen aus: Die Werte des Vorjahres wer- den um einen mittleren einstelligen Prozentbetrag erhöht und in die Zukunft fort- geschrieben. Besonders deutlich wird dies in den Branchen Genuss- und Kon- sumgütern und teilweise auch in der Herstellung von Investitionsgütern. Selbst die
KAPITALMARKTBERICHT | Nr. 2 / 2019 14 ……………………………………………………………………………………………………………………………………………….................................... Pharmaunternehmen, die früher durch hohe Margen und stark steigende Gewinne auffielen, sehen nur verhalten optimistisch in die Zukunft. Spürbar nach oben ge- richtete Gewinntrends werden lediglich von einigen Internetfirmen erwartet, und auch in der Herstellung von Halbleitern besteht offenbar noch Luft nach oben. Darüber hinaus erhofft man sich in manchen Branchen zumindest vereinzelt eine deutliche Besserung gegenüber 2018, so zum Beispiel im Markt für Sportbeklei- dungen und in der Flugzeugherstellung. Mit negativen Einschätzungen wagen sich naturgemäß nur wenige Unternehmen aus der Deckung. Zu ihnen gehören aktuell Firmen aus dem Sektor Rohstoffe und Rohwaren. Die Aktienmärkte verzeichneten nach dem schwachen Jahresausklang 2018 einen fulminanten Start in das Jahr 2019. Neben technischen Aspekten wirk- te die Aussicht auf ein Stillhalten der Geldpolitik als wichtiger Kurstreiber. Von der Seite der Unternehmen kamen dagegen wenige Impulse, zumal bei dem prognostizierten Anstieg der Gewinne vielfach zurückgerudert wurde. Sollte eine Einigung im Handelsstreit mit China unterzeichnet werden, dann sind zumindest kurzfristig weitere Anstiege der Aktienkurse zu erwarten. Angesichts des überdurchschnittlichen Jahresbeginns und der zwischen- zeitlich schon überkauft wirkenden Niveaus würde jedoch eine etwas schwächere Tendenz im Frühjahr nicht überraschen.
KAPITALMARKTBERICHT | Nr. 2 / 2019 15 ……………………………………………………………………………………………………………………………………………….................................... Prognoseübersicht G3 (+UK) Konjunkturindikatoren und Wechselkurse Reales BIP Wachstum (%) Inflation (CPI) 1 Arbeitslosenquote (%) 1 2015 2016 2017 2018 2019e 2015 2016 2017 2018 2019e 2015 2016 2017 2018 2019e EWU 2,0 1,9 2,5 1,8 1,0 0,0 0,2 1,5 1,5 1,50 10,9 10,0 9,5 8,4 7,9 - Deutschland 1,5 2,2 2,5 1,5 0,8 0,2 0,5 1,7 1,5 1,5 6,4 6,1 5,8 5,2 4,9 UK 2,3 1,8 1,8 1,4 1,1 0,1 0,6 2,7 2,6 2,25 5,4 4,9 4,7 4,2 4,0 USA 2,9 1,5 2,3 2,9 2,5 0,1 1,3 2,1 2,4 2,5 5,3 4,9 4,6 3,9 3,5 Japan 1,4 1,0 1,7 0,8 1,25 0,8 -0,1 0,5 0,8 1,2 3,4 3,1 2,8 2,4 2,3 Leistungsbilanz Budgetsaldo (% des BIP) Wechselkurs (US$) 2 (% des BIP) 2015 2016 2017 2018 2019e 2015 2016 2017 2018 2019e 2015 2016 2017 2018 2019e EWU 3,2 3,6 3,5 3,0 2,9 -2,0 -1,5 -0,9 -0,6 -0,6 1,09 1,06 1,20 1,15 1,28 - Deutschland 8,9 8,5 7,9 8,1 7,9 0,8 0,9 1,0 1,5 1,5 - - - - - UK -4,9 -5,2 -3,8 -3,5 -3,2 -4,2 -2,9 -1,8 -2,0 -1,7 1,47 1,23 1,35 1,28 1,41 USA -2,2 -2,3 -2,3 -2,5 -3,0 -3,2 -3,9 -3,8 -4,7 -5,0 1,00 1,00 1,00 1,00 1,00 Japan 3,1 3,9 4,0 3,6 3,8 -3,8 -3,7 -4,3 -3,7 -2,8 120 117 113 110 115 1 Jahresdurchschnitt 2 US$ gg. Währung, Japan: JP¥ gegen US$, jeweils zum Jahresende Quelle: Daten für Leistungsbilanz und Budgetsaldo vom IWF (einschließlich der Prognosewerte), bezogen über Haver. Sonstige Prognosen von W&W Asset Ma- nagement GmbH, historische Daten werden über Haver bezogen. G3 (+UK) Zinsen Leitzinsen 1 10 Y (Government) 2015 2016 2017 2018 2019e 2015 2016 2017 2018 2019e EWU 0,05 0 0 0 0 0,6 0,2 0,4 0,24 0,40 UK 0,5 0,25 0,5 0,75 1 2 1,2 1,2 1,28 1,50 USA 0,25-0,5 0,5-0,75 1,25-1,5 2,25-2,50 2,75-3,00 2,3 2,4 2,4 2,68 3,00 Japan 0-0,1 -0,1 -0,1 -0,1 -0,1 0,3 0 0 0,03 0,20 Angaben jeweils zum Jahresende 1 EWU: Main Refinancing Operation; UK: Official Bank Rate; USA: Fed Funds Target Rate; Japan: Policy Rate. Quelle: Für historische Daten Haver und Bloomberg. Prognosen von W&W Asset Management GmbH. Rohstoffe Q3 16 Q4 16 Q1 17 Q2 17 Q3 17 Q4 17 Q1 18 Q2 18 Q3 18 Q4 18 08.03. CRB-Index 186,3 192,5 185,9 174,8 183,1 193,9 195,4 200,4 195,2 169,8 179,5 Ölpreis (Brent)* 49,1 56,8 52,8 47,9 57,5 66,9 70,27 79,4 82,7 53,8 64,8 Angaben jeweils zum Periodenende 1 Oil Brent Physical Del, US$/Barrel Quelle: Bloomberg, Haver Diese Publikation dient ausschließlich Ihrer Information und stellt keine Anlageempfehlung dar. Sie soll Ihnen lediglich Ihre selbstständige Anlageentscheidung erleichtern. Auch kann sie ein individuelles Beratungsgespräch nicht ersetzen. Die in dieser Veröffentlichung enthaltenen Informationen beruhen auf öffentlich zugänglichen Quellen, die der Herausgeber für vertrauenswürdig erachtet. Die hierin enthaltenen Einschätzungen entsprechen der bestmöglichen Beurteilung zum jeweiligen Zeitpunkt. Auch können sie sich – ohne Mitteilung hierüber – ändern. Für die Richtigkeit, Aktualität und Vollständigkeit der zur Verfügung gestellten Daten/Informationen übernehmen wir keine Haftung oder Garantie. Die W&W Asset Management behält sich auch das Recht vor, Änderungen oder Ergänzungen der bereitgestellten Informationen vorzunehmen.
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