GESCHICHTE KUNST BEGEGNUNG - Neues aus dem Museum Villa Stahmer

Die Seite wird erstellt Heinrich Wetzel
 
WEITER LESEN
GESCHICHTE KUNST BEGEGNUNG - Neues aus dem Museum Villa Stahmer
GESCHICHTE · KUNST · BEGEGNUNG
Neues aus dem Museum Villa Stahmer

                                                                                     Treppengeländer in der Villa Stahmer
                                                                                             © Stadt Georgsmarienhütte

Ausgabe 1/2021

  Neues                                            Video                         Heute im Blick
  aus dem Museum Villa Stahmer                     Impressionen aus dem Museum   Die »Alte Wanne«

Seite 1   Seite 2   Seite 3   Seite 4   Seite 5   Seite 6   Seite 7					                                        Januar 2021
GESCHICHTE KUNST BEGEGNUNG - Neues aus dem Museum Villa Stahmer
GESCHICHTE · KUNST · BEGEGNUNG
Neues aus dem Museum Villa Stahmer

  Aufgrund der gesetzlichen            Liebe Museumsfreundinnen und -freunde, liebe Interessierte,
  Bestimmungen ist das
  Museum Villa Stahmer                 auch das Jahr 2021 wird ganz im Zeichen von Corona stehen. Das Museum Villa Stahmer
  zunächst bis zum 15. Februar
                                       ist immer noch geschlossen und ein Ende des Lockdowns ist nicht absehbar. Darüber hi-
  2021 geschlossen. Danach
  geht es weiter mit der               naus sind wir alle aufgefordert, Kontakte zu unterbinden. Trotz zahlreicher Anfragen kön-
  aktuellen Ausstellung des            nen wir daher auch keine Führungen für Kleinstgruppen oder Schulklassen anbieten.
  Fotografen Slominski und             Bitte haben Sie Verständnis. Einzig die Handwerker dürfen in und an der Villa Stahmer
  der Zeitreise durch 60 Jahre         ihren Dienst tun, ebenso wie der Hausmeister, der regelmäßig nach dem Rechten sieht.
  Bundesrepublik.
                                       Noch vor Weihnachten hat eine Gartenbaufirma das Außen­gelände um die Villa von Laub
                                       befreit und einige Büsche zurückgeschnitten.

                                       Trotz des Lockdowns müssen wir dennoch nicht auf Kunstgenuss verzichten. Auf Initiative
                                       des Freundeskreises des Museums Villa Stahmer hat der Regisseur Roman Partikewitsch
                                       einen kurzen Film gedreht, der uns nicht nur sehr eindrucksvoll den Klang des neuen
                                       Flügels vermittelt, sondern auch einen Einblick in die aktuelle Ausstellung vermittelt. Sie
Impressionen aus dem                   können den Film hier kostenlos abrufen.
Museum, Film ab.

                                       Wann wir das Museum wieder für Publikumsverkehr öffnen dürfen, ist noch unklar. So-
                                       bald der Museumsbetrieb wieder beginnt, wird die aktuelle Ausstellung des Fotografen
                                       Josef A. Slominski noch einige Wochen zu sehen sein. Wir mussten das Museum ja un-
                                       mittelbar nach der Eröffnung schließen. Es soll aber jede/r Gelegenheit haben, diese
                                       Porträts zu sehen. Tagespresse und dieser Newsletter informieren Sie rechtzeitig.

                                       Bleiben Sie gesund
                                       Ihre Inge Becher
      © Stadt Georgsmarienhütte
Der Museumsgarten ist vom
Laub befreit, der Frühling kann
kommen.

Seite 1   Seite 2   Seite 3      Seite 4   Seite 5   Seite 6   Seite 7                                                   Januar 2021
GESCHICHTE KUNST BEGEGNUNG - Neues aus dem Museum Villa Stahmer
GESCHICHTE · KUNST · BEGEGNUNG
Heute im Blick: die »Alte Wanne«

                                    Startkapital von 328,21 Mark für die Turnhalle
                                    am Abhang des Rehlberges
                                    Inge Becher

                                    1924 plante der Rat der Gemeinde Georgsmarienhütte den Bau einer neuen Turnhalle
                                    am Abhang des Rehlberges. Erst kurze Zeit zuvor war die gesamte Wirtschaft eingebro-
                                    chen und Geld auf der hohen Kante hatte seinen Wert verloren. Auch die Kasse der Ge-
                                    meinde Georgsmarienhütte war leer. Dennoch nahmen die Ratsleute mit unerschütterli-
                                    chem Optimismus ein Bauprojekt im Gesamtvolumen von 50.000 Mark in Angriff und
                                    zwar mit einem Startkapital von weniger als 330 Mark.

Die »Turnhalle« als Modell
                                                                                                      © Stadt Georgsmarienhütte
1924.

                                    Im Laufe des Jahres 1924 erwirtschaftete die Badeanstalt (heute Waldbad) einen Über-
                                    schuss von 656,43 Mark. Laut Pachtvertrag mit den Klöcknerwerken (heute Georgsmarien-
                                    hütte GmbH) standen dem Werk und der Gemeinde jeweils die Hälfte des Überschusses
                                    zu. In einer Sitzung des Gemeinderates im Gesellschaftshaus (heute Kasino) am 25. März
                                    1925, wurde beschlossen, den Gemeindeanteil von 328,21 Mark in den neugegründeten
                                    Fond für den Turnhallenneubau zu überweisen. Mit dieser nicht besonders hohen Summe
                                    war zumindest ein Anfang gemacht.

                                    Im Verlauf des Jahres 1925 wurde das Vorhaben weiter konkretisiert. Vor allem das Aus-
                                    schussmitglied Oberingenieur Hubel trieb das Projekt voran. Die Turnhalle müsse unbedingt
                                    zur Förderung der Jugendpflege und Kultur gebaut werden, ließ er in einer Gemeinderats-

Seite 1   Seite 2   Seite 3   Seite 4   Seite 5   Seite 6   Seite 7                                                   Januar 2021
GESCHICHTE KUNST BEGEGNUNG - Neues aus dem Museum Villa Stahmer
GESCHICHTE · KUNST · BEGEGNUNG
Heute im Blick: die »Alte Wanne«

                                    sitzung verlauten. Allerdings verursachten die Kosten den Ratsmitgliedern großes Kopf-
                                    zerbrechen. Auf ca. 50.000 Mark wurden die Baukosten geschätzt, die ohne Bezuschus-
                                    sung durch die öffentliche Hand nicht aufzubringen seien. Bei einem Haushaltsvolumen
                                    von insgesamt 87.000 Mark war ein solches Bauprojekt keine Kleinigkeit. Immerhin legte
                                    sich die Gemeinde für den Turnhallenneubau sehr ins Zeug. Jedes Jahr sollten 5.000 Mark
                                    bereitgestellt werden, um die laufenden Arbeiten zu finanzieren. Ratsherr Hubel forderte
                                    in jeder Sitzung erneut, Überschüsse »sobald als greifbar für den Turnhallenneubau zur
                                    Verfügung zu stellen.« Schließlich kam der Gemeinde ein Glücksfall in Sachen Finanzie-
                                    rung entgegen. Das Schloss Monbrillant sollte wegen der anstehenden Werkserweite-
                                    rung abgerissen werden. Übernehme die Gemeinde den Abbruch, so soll der Gewinn, der
                                    durch die verwertbaren Teile wie Steine, Fenster und Türen erzielt wird, der Gemeinde
                                    zufließen. Die wiederum wollte das Geld zu gleichen Teilen für den Turnhallenneubau und
                                    Neubau der katholischen Kirche (heutige Herz-Jesu-Kirche) verwenden. Die Organisation
                                    des Abbruchs und die Aufsicht über die Ehrenamtlichen übernahmen Bauführer Krauss
                                    und Vorarbeiter Spreckelmeyer. Die Feuerwehr, Mitglieder der katholischen Kirchenge-
                                    meinde, des Arbeitervereins, des Turnvereins TVG, des Fußballvereins Victoria 08 und des
                                    Lehrer-Schwimmvereins beteiligten sich an der Arbeit. Diese Aktion brachte noch einmal
                                    ca. 3.300 Mark in die Kasse.

                                                                                                     © Stadt Georgsmarienhütte
Der noch unbebaute
Bauplatz 1924.                      Am 4. Dezember 1925 befand sich im Fond für den Turnhallenneubau die stolze Summe
                                    von 16.245 Mark. Inzwischen war mit dem Bau begonnen worden. Im Dezember 1925
                                    stand bereits der Rohbau für das Wohnhaus, im April 1926 trat der neue Hausmeister sein
                                    Amt an und bezog die neue Hausmeisterwohnung. Leider war die Turnhalle noch nicht
                                    ganz fertig, weil der Gemeinde im Sommer 1926 finanziell die Puste ausging. Es mussten
                                    noch einmal 15.000 Mark über die Landeskreissparkasse aufgenommen werden, um den

Seite 1   Seite 2   Seite 3   Seite 4   Seite 5   Seite 6   Seite 7                                                  Januar 2021
GESCHICHTE · KUNST · BEGEGNUNG
Heute im Blick: die »Alte Wanne«

                                    Bau bis zum Herbst fertigstellen zu können. Im September war es dann soweit. Der Be-
                                    trieb konnte aufgenommen werden. Die Halle und die einzelnen Räume wurden an Ver-
                                    eine vermietet. Die Nutzung der Turnhalle sollte pro Turnabend jährlich 60 Mark kosten
                                    und die Nutzung des kleinen Saales pro Abend 1 Mark. Die Turnhalle wurde aber nicht
                                    nur zum Turnen genutzt, sondern sollte auch dem Badevergnügen dienen. Am Freitag und
                                    am Samstag stellten Arbeitslose gegen ein Entgelt Bade­wannen auf, in denen dann für
                                    die Gebühr von 30 Pfennig für die Dauer von maximal 20 Minuten gebadet werden konn-
                                    te. Selbstverständlich badeten Männer und Frauen getrennt zu unterschiedlichen Zeiten.
                                    Da viele Georgs­marienhütter Häuser und Wohnungen nur über einfache Waschvorrich-
                                    tungen verfügten, wurde die Bademöglichkeit in der Turnhalle gern angenommen. Schon
                                    bald reichte das warme Wasser für die vielen Badegäste nicht mehr aus und die Frau des
                                    Hausmeisters konnte die viele Arbeit kaum bewältigen, so dass ein weiterer Badetag an-
                                    gesetzt werden musste. Die Badeeinrichtungen wurden noch bis in die 1950er Jahre ge-
                                    nutzt, nach Zeitzeugenberichten aber nicht mehr in der Turnhalle, sondern im Keller des
                                    Gebäudes.

                                           © Stadt Georgsmarienhütte                                  © Stadt Georgsmarienhütte

Das multifunktional ausgerich-
tete Gebäude hatte keinen           Der Gemeinderat ist am Ende des ersten Jahres außerordentlich zufrieden mit der positi-
Namen, es hieß schlicht             ven Resonanz. Die Feuerwehr, die evangelische Kirchengemeinde und viele Vereine nutz-
»Turnhalle«. Links ein Bild
unmittelbar nach der Fertig-        ten das Gebäude. Doch die Ausschussmitglieder bemerkten bald, dass das Haus noch
stellung 1925/6.                    mehr Möglichkeiten bot. Nicht lange nach der Eröffnung dachte Ratsherr Hubel öffentlich
Rechts ein Blick in die             über eine Erweiterung des Angebots nach. Er regte an, einen Kinoapparat anzuschaffen,
Eingangshalle des Gebäudes
1926.                               damit »besondere Filme über Wanderungen, Sport u.s.w.« vorgeführt werden könnten.
                                    Diese Anschaffung schlug mit 1.900 Mark zu Buche. Die Vorführung von Filmen schien
                                    eine heikle Sache zu sein. Denn als im Frühjahr 1925 in der Gaststätte Gibmeyer (später
                                    Gaststätte Rothe) ein Kino eingerichtet werden sollte, waren einzelne Ausschussmitglie-
                                    der sehr darum besorgt, dass »die Filme vor der Aufführung geprüft werden [...], da nicht

Seite 1   Seite 2   Seite 3   Seite 4   Seite 5   Seite 6   Seite 7                                                   Januar 2021
GESCHICHTE · KUNST · BEGEGNUNG
Heute im Blick: die »Alte Wanne«

                                    alle Filme für unsere Jugend« geeignet seien. Mit einem eigenen Kinoapparat hatte man
                                    natürlich weitaus mehr Einfluss auf das Programm als wenn ein Gaststättenwirt die Auswahl
                                    traf. Am 11. und 12. Dezember 1926 führte der Kreisjugendpfleger zusammen mit Herrn
                                    Suhre, einem Werksfahrer, als ersten Film »Ben Hur« in der Turnhalle vor. Das Kino sollte ein
                                    attraktiver Anziehungspunkt für die Umgebung sein, daher investierte der Rat 1928 erneut.
                                    Die Stummfilme wurden fortan mit Klaviermusik unterlegt. Ein Pianist wurde mit 20 Mark
                                    pro Abend entlohnt. Im gleichen Jahr wurde sogar ein zweites Klavier angeschafft, für das
                                    die Gemeinde 1.000 Mark bereitstellte. Die Rechnung des Gemeinderats ging auf, mag
                                    auch das Programm recht konventionell und bieder gewesen sein, 1929 verzeichnete die
                                    Gemeindekasse immerhin einen Überschuss aus Badeanstalt, Kino und Turnhallenmiete
                                    von ca. 5.300 Mark.

                                    In den 1930er Jahren war im ersten Obergeschoss ein Kindergarten untergebracht, der
                                    bis 1942 existierte und von 1945 bis 1956 erneut in Betrieb war. Die Nationalsozialisten
                                    nutzten das Gebäude für Übungs- und Schulungsabende und den Platz davor für Auf-
                                    märsche. In der unmittelbaren Nachkriegszeit wurde der Bau hauptsächlich wieder für
                                    sportliche Aktivitäten genutzt. Als das Haus in den 1970er Jahren als Standort eines Ju-
                                    gendzentrums ins Gespräch kam, war das Gebäude in einem schlechten Zustand. Erst

In dem Gebäude war mit
Unterbrechungen bis 1956 ein                                                                    © Stadt Georgsmarienhütte/Käding
Kindergarten untergebracht.

Seite 1   Seite 2   Seite 3   Seite 4   Seite 5   Seite 6   Seite 7                                                       Januar 2021
GESCHICHTE · KUNST · BEGEGNUNG
Heute im Blick: die »Alte Wanne«

  Literatur und Quellen                 nach einer umfassenden Renovierung, an der sich junge Leute aktiv beteiligten, konnte
                                        1976 das Jugendzentrum eingeweiht werden. Bis 1978 wurde es von Jugendlichen
  Der Text beruht auf einem
  überarbeiteten und                    selbstverwaltet, ab 1980 übernahm die Stadt wieder die Regie. Im Jahr 2000 stellte die
  ergänzten Beitrag von                 Stadt Georgs­marienhütte das Haus unter die Trägerschaft der Arbeiterwohlfahrt, 2016
  Inge Becher in der NOZ                unter die der Caritas. Seit 2005 steht es unter Denkmalschutz und in den nächsten Jahren
  vom 21. April 2001.
                                        ist eine erneute Sanierung geplant.
  Protokollbuch der Gemeinde
  Georgsmarienhütte
  1924-1929, NLAOS Dep                  Übrigens erst seit 1988 heißt das Gebäude »Alte Wanne«, nach der Nutzung in den
  81b Akz 2008/030 Nr. 8.               1920er Jahren als »Badeanstalt«. Ratsherr Hubel, der sich so vehement für den Bau ein-
  Jugendzentrum Gmhütte                 gesetzt hat, würde es freuen.
  1976/77 – Kritik am
  selbstverwalteten Jugend-
  zentrum, NOZ vom 16.
  Oktober 1976.
  Ab Dienstag wieder ein
  Zentrum für die Jugend,
  NOZ vom 20. April 1980.
  Für ein Zeitzeugen- und
  Expertengespräch danke ich
  Herrn Burkhard Hahn,
  Georgsmarienhütte.
  Herausgeber:
  Stadt Georgsmarienhütte
  Dr. Inge Becher
  Oeseder Str. 85
  49124 Georgsmarienhütte
  Tel. 05401/850 124
  Titelbild: Treppengeländer in
  der Villa Stahmer,
  © Stadt Georgsmarienhütte
  Texte und Bilder sind
  urheberrechtlich geschützt.
  Layout: Rothe Grafik
  Georgsmarienhütte
  Wenn Sie keine weiteren
  Newsletter erhalten wollen,
  können Sie sich hier
  problemlos abmelden.
  Wir löschen unverzüglich
  Ihre Daten.

Seite 1   Seite 2   Seite 3       Seite 4   Seite 5   Seite 6   Seite 7                                                Januar 2021
Sie können auch lesen