Geschlechtergerechte internationale Zusammenarbeit für Horizon Europe
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Policy Brief No. 6, Juli 2018 Geschlechtergerechte internationale Zusammenarbeit für Horizon Europe Horizon Europe ist der von der Europäischen Kommission unterbreitete Vorschlag für das nächste EU Forschungs- & Innovationsprogramm (2021-2027). Vor dem Hintergrund der Frauen- und Menschenrechte und der Ziele der nachhaltigen Entwicklung der Vereinten Nationen (SDGs) ist dieser Policy Brief ein Beitrag zur Neudefinierung des vorgeschlagenen Modells der internationalen Zusammenarbeit von Wissenschaft, Technologie und Innovation, bekannt als Openness to the World. Da sowohl Gleichstellung als auch internationale Zusammenarbeit Prioritäten des Europäischen Forschungsraumes (ERA) sind, sollten Vorkehrungen für die Berücksichtigung der Genderdimension in internationaler Zusammenarbeit getroffen werden. Ausgangspunkt tive einzubeziehen. Gleichzeitig wurden das Strategische Forum für die internationale Die Gleichstellung der Geschlechter sowie wissenschaftlich-technische Zusammenar- die internationale Zusammenarbeit sind beit (SFIC) und die frühere Helsinki Gruppe Querschnittsthemen innerhalb von Horizon (heute Ständige Arbeitsgruppe „Gleichstel- 2020. Sie sind auch in den sechs ERA-Priori- lung in Forschung und Innovation“, SWG täten der ERA Roadmap 2015-2020, welche GRI) aufgefordert, die Entwicklung gemein- im Mai 2015 vom Rat verabschiedet wurde, samer Richtlinien der Genderperspektive verankert. Der Rat merkte bei diesen bei- für die internationale Zusammenarbeit im den Prioritäten klare Querverbindungen Bereich WTI zu überlegen. Als Ergebnis zu allen anderen ERA Prioritäten an. Mit etablierten das SFIC und die SWG GRI eine den Schlussfolgerungen des Rates vom 1. ad-hoc-Arbeitsgruppe, um die derzeitige Dezember 2015 Gleichstellung im Europä- Lage von Gender Mainstreaming in der ischen Forschungsraum wurden sowohl die internationalen Zusammenarbeit von WTI Kommission als auch die Mitgliedsstaaten zu bewerten. Zu diesem Zweck wurde eine (MS) eingeladen, in Dialogen mit Drittstaa- Umfrage durchgeführt, die sich an nationale ten im Bereich Wissenschaft, Technologie Regierungen und Forschungsförderungsor- und Innovation (WTI) eine Genderperspek- ganisationen sowie das Programmmanage- 1
ment der MS und assoziierten Länder (AL) wandte. Im Januar 2018 veröffentlichten die Beratungsgremien des Ausschusses für Genderaspekte in der den Europäischen Raum für Forschung und internationalen WTI- Innovation (ERAC) einen gemeinsamen Be- Zusammenarbeit müssen richt mit Empfehlungen für die Kommission, möglicherweise spezifische MS und AL, in dem Folgendes hervorgeho- Themen berücksichtigen, wie ben wurde: z.B. die Unterrepräsentation • Die Einbeziehung der Genderdimension von Frauen in bestimmten in formale Vereinbarungen für WTI-Ko- Wissenschaftsfeldern und operationen (bi-/multilateral) ist eher Forschungsbereichen, gering (auf Regierungs- und Finanzie- kulturelle Unterschiede. rungs-/Programmebene), obwohl einige Gleichzeitig ist die Länder bereit sind, dies zu verbessern. Genderdimension für • Ein Kompetenzaufbau durch Best eine Reihe aktueller Practice Austausch, Erfahrungsaus- gesellschaftlicher tausch, Fachausbildungen und erhöhte Herausforderungen (Klima, politische Unterstützung ist notwendig. Armut, Gesundheit) wichtig. Aktivitäten der internationalen Das SFIC und die SWG GRI betonen, dass Zusammenarbeit (sowohl in es mehr Bemühungen erfordert, um den bi- als auch multilateralen Mehrwert und potenziellen Nutzen der Aktivitäten) haben das Einbeziehung der Genderdimension in Potenzial sich als positives Vereinbarungen, Arbeitsprogrammen und Beispiel für die Integration von gemeinsame Aktivitäten der internatio- Genderaspekten zu beweisen. nalen WTI-Zusammenarbeit aufzuzeigen. Die Kommission wurde aufgefordert, die ERAC SFIC und ERA SWG GRI, Gleichstellung der Geschlechter und die 2018 geschlechterspezifische Forschung in Pro- jekten als Themen zu betrachten, die im Rahmen ihrer künftigen internationalen Zusammenarbeitsinitiativen und der Dia- Mittel dienen soll, um weitere Leitlinien zur loge zur Umsetzung der Politik zur Gleich- Integration der Genderdimension in die stellung der Geschlechter im Europäischen internationale Zusammenarbeit im Bereich Forschungsraum, sowie im Zusammenhang WTI zu formulieren. mit ihrer Internationalisierungsstrategie und den Aktivitäten innerhalb des nächsten Internationale Zusammenarbeit in EU-Rahmenprogramms, aufgegriffen wer- Horizon Europe den sollten. Die Einbeziehung von „Gen- deraspekten“ in die Evaluierung von Pro- Die internationale WTI-Zusammenarbeit jektpartnerschaften mit Nicht-EU-Partnern soll im nächsten Rahmenprogramm als einzubeziehen, wurde ebenfalls angeregt. Querschnittsthema gestärkt und durch Ak- ls weiteren Schritt hat GENDERACTI- tivitäten zur Stärkung des Europäischen ON, nach Rücksprache mit den Autorinnen Forschungsraums unterstützt und ausge- und Autoren des gemeinsamen SFIC-SWG baut werden. Durch die Abstimmung von GRI-Berichts, eine Checkliste für die Poli- Maßnahmen mit anderen Nationen und tikgestaltung erstellt, welche als effizientes Regionen der Welt sowie durch internati- 2
onale Zusammenarbeitsbemühungen wird auf die Beiträge von Frauen zur gesell- eine größere Wirkung der EU-Förderung in schaftlichen Transformation. F&I erwartet. Zum beiderseitigen Nutzen, werden Partnerinnen und Partner aus der Empfehlungen für eine verstärkte ganzen Welt eingeladen, sich den EU-Be- Genderperspektive mühungen für Nachhaltigkeit, verstärkte F&I-Exzellenz und Wettbewerbsfähigkeit, Das Modell der internationalen Zusammen- anzuschließen. Die internationale Zusam- arbeit im Rahmen von Horizon Europe muss menarbeit soll die effektive Bewältigung insofern neu definiert werden, als auch die globaler gesellschaftlicher Herausforderun- Menschenrechte und die Ziele für nachhal- gen, den Zugang zu den weltbesten Talen- tige Entwicklung (einschließlich SDG 5) in ten, Fachkenntnissen und Ressourcen sowie das Querschnittsthema zu integrieren sind. die Steigerung von Angebot und Nachfra- Darüber hinaus müssen die Vorteile der Zu- ge nach innovativen Lösungen sicherstellen. sammenarbeit und des EU Wettbewerbs Horizon Europe wird die Zusammenarbeit optimiert werden. So muss etwa der Zugang mit Drittländern im WTI Bereich fördern. zu den weltbesten Talenten die Gleichstel- Jedoch fehlt in diesem Vorschlag ein gut lungspolitik (einschließlich der Bestimmun- strukturierter und klarer Abschnitt für Maß- gen in Mobilitätsprogrammen zum Schutz nahmen der internationalen Zusammenar- vor sexueller Belästigung und anderen beit und Regulierungen. Insbesondere zwei Formen geschlechtsspezifischer Gewalt) im problematische Aspekte, welche die Be- Sinne der Gerechtigkeit und einer qualitativ rücksichtigung der Genderdimension im in- hochwertigen Human-Resources-Strategie ternationalen Zusammenarbeitsmodell be- einschließen, um einen gegenseitigen Nut- einträchtigen, sollten überarbeitet werden: zen zu gewährleisten. Da Horizon Europe, 1) Der Fokus liegt darauf, die weltbesten je nach WTI-Kapazität, auch für Drittstaaten Forscherinnen und Forscher zu erreichen, zugänglich sein wird, können die Horizon den Zugang zu Einrichtungen und Märk- Europe-Anforderungen an die Geschlechter- ten weltweit zu sichern und mehr Einfluss gleichstellung als Anreiz genutzt werden, um auf die Gestaltung der globalen F&I-Syste- echtes Engagement für eine aktive Verbes- me zu nehmen. Die Herausforderung, die serung der Gleichstellungspolitik, einschließ- globalen Verpflichtungen der EU zu den lich besserer Rechenschaftspflichtmechanis- Menschenrechten und den SDGs umzuset- men in WTI, weltweit sicherzustellen. zen, scheint jedoch nicht im Mittelpunkt zu Mehr Unterstützung für die Durchfüh- stehen. rung konkreter Forschungen zu Frauen und 2) Gender sollte in all diesen Aspek- Gender in der internationalen Zusammen- ten eine Rolle spielen, allerdings sind die arbeit zu WTI ist notwendig, um das Wis- Gleichstellungsziele kein Teil der internati- sen über die spezifischen Verbindungen onalen WTI Zusammenarbeit. Das ist eine zwischen den beiden Prioritäten und Quer- verpasste Gelegenheit, da die internationa- schnittsthemen zu vertiefen. Es können le Zusammenarbeit, welche SDG 5 Gleich- aber bereits einige weitere konkrete Emp- stellung der Geschlechter und die Stärkung fehlungen auf Grundlage der oben erwähn- der Selbstbestimmung von Frauen und ten GENDERACTION-Checkliste gegeben Mädchen nicht integriert, scheitern wird. werden: Viele weitere SDGs (Bildung, Frieden, Ge- • Gleichstellung als einen der Werte von sundheit, Arbeit, Armutsbekämpfung, …) Horizon Europe in internationalen Ver- unterstützen die Gleichstellung der Ge- einbarungen, Programmen, und Aus- schlechter in der Gesellschaft und setzen schreibungen verankern. 3
• Ein ausgewogenes Geschlechterverhält- nis in Entscheidungsprozessen in inter- nationalen Vereinbarungen, Program- Schlussfolgerungen: (Kreis) men und Ausschreibungen von Horizon Europe gewährleisten. Um die nachhaltigen • Gegebenenfalls die Integration einer Entwicklungsziele (inklusive SDG 5) Genderanalyse in internationalen Verein- zu erreichen, ist es unabdingbar barungen, Programmen und Ausschrei- die Genderdimension in dem bungen von Horizon Europe einfordern Modell der WTI internationalen insbesondere in allen Forschungsvorha- Zusammenarbeit von Horizon ben, die Individuen einbeziehen. Europe zu etablieren. Dies wird • Die Integration von Genderkriterien in sowohl die Weiterentwicklung der Programmankündigungen, Ausschrei- EU-Kapazitäten im Bereich F&I als bungen und Leitfäden für Bewerbungen, auch das Erreichen von politischen, welche Frauen zur Teilnahme ermutigen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen fördern. Dazu zählen z.B. Regelungen und humanitären Verpflichtungen bezüglich Betreuungsaufgaben, Mutter-/ unterstützen. Vaterschaftsurlaub, Schwangerschaft. • Gender in den Prozess der Antragsevalu- ierung und Förderungsentscheidungen einbeziehen: Ausgewogene Geschlech- terverhältnisse sowie Genderexpertise in Evaluierungsgremien, Schulungen zur blick auf die Verwirklichung der Frauen- und Gleichstellung der Geschlechter, geeig- Menschenrechte und der Ziele für nachhal- nete Vorlagen zur Bewertung der Gen- tige Entwicklung durch die internationale derdimension, Gender als Kriterium für Zusammenarbeit der EU im Bereich WTI zu die Punktevergabe, u.a.m. gestalten. • Schulungen zur Gleichstellung der Ge- schlechter, Beratung durch Genderex- Bezugsdokumente pertinnen und -experten, Mentoring aus der Genderperspektive und Maßnah- Council Conclusions on Advancing gender equality men zur Unterstützung von Familien als in the European Research Area. Adopted on 1 De- gerechtfertigte Kosten von Horizon Eu- cember 2015. rope ansehen. • Geschlechterspezifischen Daten zu Er- European Commission (2018) Proposal for a Regula- folgsquoten von Antragstellenden, Prin- tion of the European Parliament and of the Council cipal Investigators, Forschungspersonal establishing Horizon Europe – the Framework Pro- und horizontaler Segregation in For- gramme for Research and Innovation, laying down schungsteams erheben. its rules for participation and dissemination. • Bewertung der Wirkungen von Gleich- stellungsmaßnahmen als Teil der Pro- European Commission (2018) Horizon Europe grammevaluation festlegen. (Framework Programme for Research and Innova- tion) – Proposal for a Decision. Schlussfolgerung European Commission (2018) Horizon Europe „Openness to the World“ sollte auch eine (Framework Programme for Research and Innova- Verpflichtung bedeuten, die Welt im Hin- tion) – Impact Assessment. 4
ERAC SFIC and ERAC SWG GRI Opinion on devel- oping joint guidelines on a gender perspective for international cooperation in Science, Technology and Innovation. Adopted on 23 January 2018. GENDERACTION Horizon 2020 Project 741466 (2018) Methodological framework to assess gender in international cooperation in Science, Technology and Innovation. Kontakt: www.genderaction.eu info@genderaction.eu @GENDERACTION_EU Dieses Projekt wird aus Mitteln des Forschungs- und Innovationsprogramms „Horizont 2020“ der Europäischen Union im Rahmen der Finanzhilfevereinbarung Nr. 741466 finanziert. Haftungsausschluss: Die in diesem Dokument geäußerten Ansichten und Meinungen beziehen sich ausschließlich auf das Projekt und entsprechen nicht zwangsläufig denen der Europäischen Kommission. 5
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