Gesunde Umwelt für gesündere Menschen - WHO/Europe
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KURZDARSTELLUNG In den letzten 20 Jahren hat sich das Europäische Zentrum für Umwelt und Gesundheit (ECEH) zu einem globalen Exzellenz- zentrum im Bereich Umwelt und Gesundheit entwickelt. Die Arbeit des Zentrums zur Evidenzgewinnung und seine normative Orientierungshilfe in Umwelt- und Gesundheitsfragen genügen in puncto wissenschaftlicher und ethischer Integrität auf Dauer höchsten Ansprüchen. In dem Maß, in dem der Zusammenhang von Umwelt und Gesundheit sowohl global als auch in Europa stärker ins Blickfeld gerückt ist, hat diese Arbeit im Lauf der Zeit zunehmende Relevanz und Anerkennung gewonnen. Ein neuer Impuls für die Arbeit des Zentrums kommt von der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung, in der Gesundheit und Wohlbefinden, verknüpft mit Umwelt- und arbeitsbezogenen Faktoren, Ergebnisse, Determinanten und befähigende Fak- toren von nachhaltiger Entwicklung sind. Diese Veröffentlichung beschreibt die Rolle des Zentrums als wichtigste treibende Kraft des WHO-Regionalbüros für Europa bei der Entwicklung solider konzeptioneller und fachlicher Orientierungshilfe zum Themenkomplex Umwelt und Gesundheit © Weltgesundheitsorganisation 2018 Alle Rechte vorbehalten. Das Regionalbüro für Europa der Weltgesundheits- organisation begrüßt Anfragen bezüglich einer Genehmigung zur partiellen oder vollständigen Reproduktion oder Übersetzung seiner Publikationen. Die in dieser Publikation verwendeten Bezeichnungen und die Darstellung des Stoffes beinhalten keine Stellungnahme seitens der Weltgesundheitsor- ganisation bezüglich des rechtlichen Status eines Landes, eines Territori- Anfragen zu Veröffentlichungen des WHO-Regionalbüros für ums, einer Stadt oder eines Gebiets bzw. ihrer Regierungs-/Verwaltungs- Europa richten Sie bitte an: instanzen oder bezüglich des Verlaufs ihrer Staats- oder Gebietsgrenzen. Gestrichelte Linien auf Karten bezeichnen einen ungefähren Grenzverlauf, Publications über den möglicherweise noch keine vollständige Einigkeit besteht. WHO Regional Office for Europe UN City, Marmorvej 51 Die Erwähnung bestimmter Firmen oder Erzeugnisse bedeutet nicht, dass DK-2100 Kopenhagen Ø, Dänemark diese von der Weltgesundheitsorganisation unterstützt, empfohlen oder gegenüber ähnlichen, nicht erwähnten bevorzugt werden. Soweit nicht Oder füllen Sie auf der Website des Regionalbüros für Europa ein Fehler oder Versehen vorliegt, sind die Namen von Markenartikeln als ein Online-Formular für Dokumentation/Information bzw. die solche kenntlich gemacht. Genehmigung zum Zitieren/Übersetzen aus (http://www.euro. who.int/PubRequest?language=German). Die Weltgesundheitsorganisation hat alle angemessenen Vorkehrungen getroffen, um die in dieser Publikation enthaltenen Informationen zu über- Bildnachweis: Titelblatt: © Arnt Diener/WHO; S. 1: © WHO; S. prüfen. Dennoch wird das veröffentlichte Material ohne irgendeine explizite 19 & 30: © Arnt Diener/WHO; S. 27: © Adobe Stock; S. 39: © oder implizite Gewähr herausgegeben. Die Verantwortung für die Deutung Julia Nowacki/WHO; S. 46: Safo Kalandarov/WHO. und Verwendung des Materials liegt bei der Leserschaft. Die Weltgesund- heitsorganisation schließt jegliche Haftung für Schäden aus, die sich aus der Inhaltserstellung: Lucas Scherdel Verwendung des Materials ergeben. Die von den Autoren, Redakteuren oder Design und Layout: 4PLUS4.dk Expertengruppen geäußerten Ansichten sind nicht unbedingt Ausdruck der Beschlüsse oder der erklärten Politik der Weltgesundheitsorganisation.
Inhalt Danksagung............................................................................................................................................. v Vorwort..................................................................................................................................................... 1 Politik als Mittel, um Exzellenz zu erreichen......................................................................................... 2 Verwirklichung von fachlicher Exzellenz in Europa............................................................................... 8 Programmbereiche......................................................................................................................... 12 Lebens- und Arbeitsbedingungen.................................................................................................... 14 Luftqualität...................................................................................................................................... 14 Chemikaliensicherheit.................................................................................................................... 16 Umgebungslärm.............................................................................................................................. 20 Umweltverträgliche Gesundheitssysteme...................................................................................... 22 Arbeitnehmergesundheit................................................................................................................ 25 Wasser und Klima ........................................................................................................................... 28 Klimawandel und Gesundheit......................................................................................................... 28 Wasser- und Sanitärversorgung und Hygiene............................................................................... 31 Umweltverträglichkeitsprüfungen und Gesundheitsfolgenabschätzungen ................................ 34 Umwelt und Gesundheit aus wirtschaftlicher Sicht...................................................................... 34 Umweltverträglichkeitsprüfungen und Gesundheitsfolgenabschätzungen................................. 36 Städtische Umfelder und bebaute Umwelt.................................................................................... 38 Abfallentsorgung und Gesundheit.................................................................................................. 40 Kontaminierte Industriestandorte.................................................................................................. 42 Umweltbedingte Ungleichheiten.................................................................................................... 44 Abkürzungen........................................................................................................................................... 47 Quellenangaben...................................................................................................................................... 48
Danksagung Diese Veröffentlichung wurde mit dauerhafter Unterstüt- zung der deutschen Bundesregierung produziert, ohne die ein Großteil der Arbeit des Europäischen WHO-Zentrums für Umwelt und Gesundheit nicht möglich wäre. Wir danken auch den vielen Bediensteten, Beratern und Praktikanten, die so sorgfältig arbeiten, um die Ziele des Zentrums zu verwirklichen und die die Leidenschaft für die Verbesserung des Lebens anderer teilen. v
” Unsere Vision sind sichere und stützende Lebens- und Arbeitsbedingungen, die Gesundheit und Wohlbefinden sowohl schützen als auch fördern. Dr Elizabet Paunovic Leiterin des Europäischen WHO-Zentrums für Umwelt und Gesundheit vi
Vorwort Das Europäische Zentrum für Umwelt und Gesundheit der Trotz dieser vielen Veränderungen bleibt die Notwendigkeit Weltgesundheitsorganisation wurde 1991 eingerichtet, um koordinierter Maßnahmen zur Thematik von Umwelt und den drängendsten umweltbedingten Problemen entgegen- Gesundheit klar. Jedes Jahr sterben infolge der Umwelt- zuwirken, mit denen unsere Region und die Welt konfrontiert verschmutzung in der Europäischen Region immer noch sind. In den mehr als 20 Jahren seit seiner Gründung hat mindestens 1,4 Mio. Menschen vorzeitig. Die Last aufgrund sich viel verändert: Entscheidungsträger messen Umwelt umweltbedingter Gesundheitsprobleme beträgt immer noch und Gesundheit heute eine höhere Priorität bei, und der mindestens 15% der Todesfälle in Europa insgesamt, wor- Bestand an Erkenntnissen, der die Notwendigkeit der Förde- aus folgt, dass das Mandat des Zentrums so relevant und rung sichererer und widerstandsfähigerer Gemeinschaften wichtig wie eh und je ist. unterstützt, ist gewachsen. In dieser Zeit wurde das Europä- ische Zentrum für Umwelt und Gesundheit auch auf einen Das Spektrum der Akteure und Interessengruppen in der einzigen Standort in Bonn (Deutschland) konzentriert: eine Europäischen Region der WHO, die in Position gebracht wertvolle Ressource, die in vielfältiger Weise ihren Wert für wurden, um die notwendigen Veränderungen herbeizufüh- die Europäische Region und global nachgewiesen hat. Das ren, ist breit und dynamisch. Die Herausforderungen, die Zentrum ist ein integraler Teil des WHO-Regionalbüros für wir bewältigen müssen, um diese Probleme zu lösen, sind Europa, der Abteilung Politikgestaltung und -steuerung für komplex und mehrdimensional und erfordern Fachwissen Gesundheit und Wohlbefinden. und Entscheidungskompetenzen, die häufig jenseits des traditionellen Gesundheitsbereichs angesiedelt sind. In den letzten Jahren hat das Europäische WHO-Zentrum für Umwelt und Gesundheit aktiv zur Stärkung der Zusammen- arbeit und von Synergien zwischen Institutionen, Regierun- gen und Gesellschaften einschließlich der weiter gefass- ten gesundheitspolitischen Landschaft beigetragen. Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um aktiv all denjenigen zu danken, die seit der Einrichtung des Zentrums zu dieser Errungenschaft beigetragen haben, und um die Anstrengun- gen unserer Mitgliedstaaten zu würdigen, die sich engagiert haben, um große Zugewinne in diesem Bereich zu verwirk- lichen. Dr. Elizabet Paunovic Leiterin des Europäischen WHO-Zentrums für Umwelt und Gesundheit Bonn (Deutschland) 1
Politik als Mittel, um Exzellenz zu erreichen GESUNDHEIT 2020 Das Europäische WHO-Zentrum für Umwelt und Gesundheit Als Reaktion auf diese Notwendigkeit leistet das WHO ECEH fungiert als Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Politik fachliche Arbeit, damit widerstandsfähige Gemeinschaften für ihre Mitgliedstaaten, leistet Unterstützung und zielt auf und stützende Umfelder entstehen, und setzt auf diese die Umsetzung von Wissenschaft in grundsatzpolitische Weise das Arbeitsprogramm der WHO im Bereich Gesund- Beratung. Das von der gesamten Europäischen Region heit und Umwelt um.2 Auf der Hochrangigen Halbzeitbilanz- angenommene Rahmenkonzept Gesundheit 2020 bietet eine tagung des Prozesses Umwelt und Gesundheit in Europa Grundlage für die Verbesserung der Gesundheit und die Ver- in Haifa (Israel) im April 2015 und der 6. Ministerkonferenz ringerung von Ungleichheiten auf dem gesamten Kontinent Umwelt und Gesundheit in Ostrava (Tschechische Republik) (Abb. 1).1 In der jüngeren Zeit war die Arbeit der WHO auch im Juni 2017 wurden die jüngsten Ergebnisse der Arbeit des auf die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung und die Zentrums in diesem Bereich gut bewertet. Verwirklichung ihrer Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDG) in der gesamten Europäischen Region ausgerichtet. Dies ist keine geringe Herausforderung, weil die SDG nicht isoliert verfolgt werden können: Es bedarf weiterhin eines sekto- rübergreifenden Ansatzes, der Forschungseinrichtungen, politische Entscheidungsträger und Interessengruppen (ein- schließlich der Bürger und ihrer Organisationen) einschließt, die unmittelbar betroffen sein können. Abb. 1: Die vier vorrangigen Handlungsfelder von Gesundheit 2020, dem gesundheitspolitischen Rahmenkonzept der Europäischen Region der WHO Investitionen in Gesundheit durch einen Lebensverlaufansatz und Stärkung der Handlungsfähigkeit der Menschen Bekämpfung der großen Krankheitslast aufgrund nichtübertragbarer und übertragbarer Krankheiten in der Europäischen Region Stärkung von bürgernahen Gesundheitssystemen, von Kapazitäten in den öffentlichen Gesundheitsdiensten und von Vorsorge-, Surveillance- und Gegenmaßnahmen für Notlagen Schaffung stützender Umfelder und widerstandsfähiger Gemeinschaften 2
DIE ZIELE FÜR NACHHALTIGE ENT- WICKLUNG AUS DER AGENDA 2030 Die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung, in der Auch wenn das explizite Gesundheitsziel Gute Gesundheit Gesundheit und Wohlbefinden, verknüpft mit Umwelt- und und Wohlbefinden (SDG 3) zentral ist und mehrere umwelt- arbeitsbezogenen Faktoren, Ergebnisse, Determinanten und bezogene Gesundheitsdeterminanten abdeckt, sind die befähigende Faktoren von nachhaltiger Entwicklung sind, Verbesserung der Gesundheit und die Überwindung der bedeutet einen neuen Impuls für die Arbeit des Europä- Gerechtigkeitslücke im Gesundheitsbereich ein eigenstän- ischen WHO-Zentrums für Umwelt und Gesundheit. Das diges Entwicklungsziel und eine Zielvorgabe vieler anderer Zentrum unterstützt die Mitgliedstaaten der Europäischen Ziele. Die umweltbedingten Gesundheitsdeterminanten sind Region der WHO bei der Bewältigung der gesundheits- und de facto für alle SDG direkt oder indirekt relevant (siehe Abb. umweltbezogenen Dimensionen der Ziele für nachhaltige 3). Zu den Beispielen für Verknüpfungen zählen das SDG 4: Entwicklung (SDG) (Abb. 2).3 Die SDG werden als integriert Hochwertige Bildung (z. B. durch Verringerung der Exposition und unteilbar verstanden; sie decken die wirtschaftliche, die von Kindern gegenüber Toxinen, die Entwicklungsstörungen ökologische und die soziale Säule nachhaltiger Entwicklung des Nervensystems auslösen können, oder Gewährleis- ab, wobei ein deutlicher Schwerpunkt auf den Aspekt der tung von sauberem Trinkwasser, Sanitärversorgung und Chancengleichheit gelegt wird, was durch die Formulierung hygienischen Bedingungen in Schulen); das SDG 5: Gleich- „Niemanden zurücklassen“ zum Ausdruck gebracht wird.4 stellung der Geschlechter (z. B. durch Verringerung der unverhältnismäßig starken Exposition von Frauen gegen- über verschmutzter Innenluft); das SDG 6: Sauberes Wasser und Sanitärversorgung (z. B. durch die Gewährleistung des sicheren, nachhaltigen und chancengleichen Zugangs zu Wasser- und Sanitärversorgung, die die Gesundheit und die Umwelt schützen); und das SDG 14: Leben unter Wasser (z. B. durch die Verringerung der chemischen Kontamina- tion mariner Arten und Nahrungsketten). Das WHO ECEH engagiert sich weiterhin, um durch seine Arbeit in allen Bereichen Fortschritte bei der Verwirklichung der globalen SDG sicherzustellen. Das SDG 13: Klimaschutz hat ebenfalls übergreifende Relevanz, und das Gleiche gilt für das SDG 11: Nachhaltige Städte und Siedlungen. Letzteres ist ein vorran- giges Handlungsfeld des Rahmenkonzepts Gesundheit 2020 der WHO. 3
Abb. 3: Verknüpfungen zwischen Umwelt und Gesundheit und den SDG aus der Agenda 2030 5 KEINE ARMUT KEIN NER- HUNG PART AFTEN HUNG E R SCH ERREIC ZUR ZIELE DER H BIL OCHW UT KE IT TIT AR GKE DU ER INS ND ST CHTI , U ERE EN G RIED NG TI EN G E ION F Zugang zu Trinkwasser, eit Sanitärversorgung Nac enarbansfer und sauberen Nah und rehhaltig mm rung e Zusa issenstr ichen Brennstoffen; smit siliente W telp und den Berechaft, Widerstandsfähigkeit Z Nah gang rodukti u in issens gie gegenüber rung zu on; W hnolo on Katastrophen E smit Tec novati Unte nde de teln; Sch W ärv ilisi g au e tsc rti es tio u er In n rern r ule ass erso eru f und ugunste er En Pa nd R rma ng z eich ähru Sa Sen n Be hhal lun n m er- rg ng z haltig ng u nfo uga gl nit sib zu tig g Ins eidu ipat ourc nen I Z cen g nach icklun it S und ung Ka ituti gsp risch n; GESCICHHEIT t n o e an GLE ; tro pa on roz e ät e se Entw i ac ick Ch zit ell es m- ND h z s n tw HLEC , AN LA N En LEBE ; HTER biolo utz der rung; - Sch abilitie d Ange ng zu nreh tz un Zuga wasser Trinksauberenn und nnstoffe Vielf chen mess Bodeodenschu Bre alt gis ener B LEBEN UNTER GESUNDHEIT UND WOHLERGEHEN SAUBERES WASSER WASSER UND SANITÄR- Zugang zu Wasser- Abwasserbewirtschaftung; und Sanitärversorgung; EINRICHTUNGEN Nachhaltige Nutzung Abwasserbehandlung; mariner Ressourcen Integrierte Wasserbewirtschaftung Höh versorgderner Klim silienz, erne erer Ante ung; Energang zu meiner Re assung Anp d il asch o verrinstung; g Energrbarer Zug Allgem Bela arnun Früh u utz; M ie n EN ZU BEZ gert w ue ie NAHM Z SAUBAHLBARE MASS ASCHUT e ERE E UND NERG KLIM IE We Ver eiset offen t A Woh ngemess nig rin zun in ; res eld er ger g nve en Fr n St Luf Sic rhält e he mf Ab te vo die chan here un nisse; Sic itsu nde tige fäl Verringerte le; Verk cengle d b e su stä ehrs ich Ungleichheiten Ar Ge erb Sa syste e in Bezug auf iente Trinkubere Lu me; Umweltbelastungen; Resil truktur; Erw s w as Abfa angeme ser und ft, Infra aubere n; /R Gleicher Zugang S logie IGE llbew ssen zu Umweltdiensten no e Tech novativ ung ALT ND irtsc e haft und Infrastruktur ME RBEIT SCHA M C HH UM U ION ung In stalt e NS UN FTS Umg A IRT STU NA ONS UKT CH D - W ACH K ROD ENW P W ÜR DIG E M INDUOVATION KTUR GEMEDTE UND E INN ASTRU U STÄ HHALTIG XT INFR W E STRIE UND N WENIGER INDE T UNGLEICHHEITEN NAC , EL N TU K O ND T S G ESU N D H EI 5
PROZESS UMWELT UND GESUNDHEIT IN EUROPA Das Europäische WHO-Zentrum für Umwelt und Gesundheit ∙∙ Minimierung der schädlichen Folgen von Chemikalien wurde auf Beschluss der Ersten Ministerkonferenz Umwelt für die menschliche Gesundheit; und Gesundheit gemeinsam mit der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (UNECE) und anderen ∙∙ Prävention und Eliminierung von schädlichen umwelt- Partnern gegründet, die 1989 den Prozess Umwelt und und gesundheitsbezogenen Folgen, Kosten und Gesundheit in Europa (EHP) initiierten.6 Ungleichheiten in Bezug auf Abfallentsorgung und Altlasten; Durch den EHP bietet das WHO EHEC übergeordnete stra- tegische Orientierung und legt Durchführungsprioritäten für ∙∙ Stärkung der Anpassungsfähigkeit und Widerstandskraft die Verringerung umweltbedingter Gesundheitsrisiken in der gegenüber durch den Klimawandel bedingten Gesund- Europäischen Region fest. heitsrisiken und Unterstützung von Klimaschutzmaß- nahmen; ∙∙ Unterstützung der Bemühungen europäischer Städte ERKLÄRUNG VON OSTRAVA und Regionen, gesünder und inklusiver zu werden; und Seit der Gründung des EHP sind Minister aus der Europäi- ∙∙ Stärkung der ökologischen Nachhaltigkeit von Gesund- schen Region der WHO regelmäßig zusammengekommen, heitssystemen. um ihre diesbezüglichen Verpflichtungen zu überprüfen und zu erneuern. Die jüngste Ministerkonferenz fand im Juni Das WHO ECEH trägt gerne der Notwendigkeit Rech- 2017 in Ostrava (Tschechische Republik) statt. Sie resultierte nung, Evidenz im Bereich der öffentlichen Gesundheit und in der Erklärung von Ostrava über Umwelt und Gesundheit, Argumente zu entwickeln, die die systematische Politikent- die das Ergebnis einer seit langem bestehenden ressor- wicklung und Interventionen unterstützen, die zur Lösung tübergreifenden Zusammenarbeit unter der Führung der der drängendsten und häufig komplexen umweltbedingten Europäischen Sonderarbeitsgruppe Umwelt und Gesundheit Probleme beitragen, mit denen das Gesundheitswesen war (Abb. 4).7 In der Erklärung wurden die folgenden Berei- konfrontiert ist. che priorisiert: ∙∙ Verbesserung der Qualität der Innen- und Außenluft; ∙∙ Gewährleistung eines allgemeinen, chancengleichen und nachhaltigen Zugangs zu einer sicheren Trinkwasserver- sorgung; 6
Abb. 4: Die aufeinanderfolgenden Ministerkonferenzen, die in die Erklärung von Ostrava von 2017 mündeten 1989 1999 2010 2017 Frankfurt London Parma Ostrava 1994 2004 2015 Helsinki Budapest Haifa Halbzeitbilanztagung 7
Verwirklichung von fachlicher Exzellenz in Europa Das Europäische WHO-Zentrum für Umwelt und Gesund- ∙∙ Überarbeitung und Entwicklung von Leitlinien für Lärm- heit ist ein ausgelagertes Fachzentrum und integraler Teil belastung für die Europäische Region (die ersten ihrer des WHO-Regionalbüros für Europa sowie der Abteilung Art weltweit); Politikgestaltung und -steuerung für Gesundheit und Wohlbefinden. Das WHO ECEH verfolgt voll Stolz eine Kultur ∙∙ Durchführung von Pionierarbeit zur Thematik Klimawan- fachlicher Exzellenz in seiner Arbeit. Seine Aufgabe besteht del und Gesundheit. darin, Evidenz zu gewinnen und normative Orientierungshil- fe zu geben, die in puncto wissenschaftlicher und ethischer Das WHO ECEH trägt weiterhin seinem Mandat hinsichtlich Integrität höchsten Ansprüchen genügen. Es arbeitet auch der Mitgliedstaaten der Europäischen Region der WHO mit einer Reihe von Partnern zusammen, die über das größ- Rechnung; seine normative Arbeit in Bezug auf Politik und te Fachwissen in ihrem jeweiligen Feld verfügen, und strebt Orientierung hat jedoch globale Relevanz und Reichweite. dabei eine Kooperationskultur an, um ein gemeinsames Ziel Der wachsende Einfluss des Zentrums spiegelt sich in von fachlicher Exzellenz in Europa und darüber hinaus zu der von Jahr zu Jahr steigenden Zahl der Zitierungen in verwirklichen. Online-Veröffentlichungen wider (Abb. 5); ihre Gesamtzahl seit 2011 beläuft sich auf 3 087. Die globale Reichweite des Das Zentrum ist eine wichtige Quelle von Wissen und ins- Zentrums lässt sich an den Ländern ablesen, in denen es titutioneller Kapazität für die WHO weltweit. Es stellt 35% am häufigsten erwähnt wird (Abb. 6). der Bediensteten, die im WHO-Hauptbüro und allen sechs Regionalbüros zur Thematik von Umwelt und Gesundheit arbeiten. Global spielt das WHO ECEH eine führende Rolle bei verschiedenen Aktivitäten im Namen der WHO. Zu den Bereichen, in denen das Zentrum tätig war, zählen die folgenden: ∙∙ Überarbeitung globaler Luftgüteleitlinien der WHO;8 ∙∙ Entwicklung von harmonisiertem globalem Biomonito- ring von Quecksilberbelastungen;9 ∙∙ Entwicklung elektronischer Instrumente zur Quantifizie- rung der gesundheitlichen Auswirkungen der Luftquali- tät;10 8
Abb. 5: Zitierungen des WHO ECEH in Online-Veröffentlichungen seit 2011 2016 2015 2014 2013 2012 2011 0 100 200 300 400 500 600 700 800 9
Abb. 6: Die führenden acht Länder, in denen das WHO ECEH erwähnt wird 10
AUSTRALIEN BRASILIEN DÄNEMARK DEUTSCHLAND ITALIEN TÜRKEI USA VEREINIGTES KÖNIGREICH 11
PROGRAMMBEREICHE Das WHO ECEH erfüllt seinen Auftrag durch das Verständ- nis des Einflusses von Umweltbelastungen auf Gesund- heit und Wohlbefinden, die Bewertung und Beschränkung umweltbedingter Risikofaktoren für die Gesundheit und die Gewinnung von Evidenz als Grundlage für solide Politikent- wicklung in zentralen Fachbereichen. Dies verteilt sich auf drei Programmbereiche (Abb. 7). Im Zentrum dieser drei Programmbereiche steht das Leitungsteam, dessen Aufgabe darin besteht, die Arbeit des Zentrums zu erleichtern. Profile der einzelnen Fachbereiche des Programms finden sich auf den folgenden Seiten. Abb. 7: Programmbereichsstruktur des WHO ECEH Lebens- und Arbeitsdedingeungen Team der Büroleitung Umwelt- verträglichkeits- prüfungen und Wasser und Gesundheitsfolgen- Klima abschätzungen 12
Lebens- und Arbeitsbedingungen Luftqualität Chemikaliensicherheit Umgebungslärm Umweltverträgliche Gesundheitssysteme Arbeitnehmergesundheit Wasser und Klima Klimawandel und Gesundheit Wasser- und Sanitärversorgung und Hygiene Umweltverträglichkeitsprü- fungen und Gesundheitsfol- Umwelt und Gesundheit aus wirtschaftlicher Sicht genabschätzungen Umweltverträglichkeitsprüfungen und Gesundheitsfolgenabschätzungen Städtische Umfelder und bebaute Umwelt Abfallentsorgung und Gesundheit Kontaminierte Industriestandorte Umweltbedingte gesundheitliche Ungleichheiten und Gesundheit und Benachteiligungen 13
Lebens- und Arbeitsbedingungen LUFTQUALITÄT Die wichtigsten Fakten11 GESUNDHEIT UND BEZAHLBARE UND NACHHALTIGE MASSNAHMEN ZUM ∙∙ Luftverschmutzung ist das größte umweltbedingte WOHLERGEHEN SAUBERE ENERGIE STÄDTE UND KLIMASCHUTZ GEMEINDEN Gesundheitsrisiko in Europa. Die Verschmutzung der Umgebungsluft (Außenluft) verursacht jedes Jahr nahezu 500 000 vorzeitige Todesfälle; die Verschmutzung der Innenraumluft (Innenluft) infolge der Nutzung fester Brennstoffe zum Kochen oder Heizen ist verantwortlich In den letzten Jahren hat die Verschmutzung der Außen- für den vorzeitigen Tod von fast 120 000 Menschen. und Innenluft auf der globalen Gesundheitsagenda an Bedeutung gewonnen. Sie gilt heute als das größte ∙∙ In der Europäischen Region der WHO waren 2012 fast umweltbedingte Gesundheitsrisiko und ist in jedem Jahr 290 000 Todesfälle in Ländern mit hohem Einkommen verantwortlich für den vorzeitigen Tod von 6,5 Mio. Men- und 190 000 Todesfälle in Ländern mit mittlerem und schen weltweit und 620 000 in der Europäischen Region der niedrigem Einkommen auf verschmutzte Umgebungsluft WHO. Die Verbesserung der Luftqualität kann deshalb in zurückzuführen. nachhaltigem Gesundheitsnutzen resultieren: Die Luftver- schmutzung zu verringern, bedeutet, die Zahl der vorzei- ∙∙ Weltweit sind ischämische Herzkrankheit und Schlagan- tigen Todesfälle und Erkrankungen infolge Schlaganfall, fall die gängigsten Ursachen vorzeitiger Todesfälle auf- Herzkrankheit, Lungenkrebs und sowohl chronischen als grund von Verschmutzung der Umgebungsluft (Außen- auch akuten Atemwegserkrankungen einschließlich Asthma luft), gefolgt von obstruktiven Lungenerkrankungen und zu verringern. Maßnahmen zur Verringerung von Luft- und Lungenkrebs (auf der Grundlage von Daten von 2012). Klimaschadstoffen können mehrere positive gesundheitliche Nebeneffekte wie weniger verkehrsbedingte Verletzungen, ∙∙ Das Internationale Krebsforschungszentrum hat die die Förderung körperlicher Betätigung und die Verringerung Luftverschmutzung allgemein und Feinstaub (PM) als der Lärmbelastung mit sich bringen. eine separate Komponente von Luftschadstoffkombinati- onen als karzinogen eingestuft. ∙∙ In den Städten der Europäischen Region, die die Luft- verschmutzung überwachen (mehr als 1790 Städte in 42 Ländern), überschreiten die Jahresdurchschnitte für PM10 generell den Wert der WHO-Leitlinien. 14
Unsere Rolle ∙∙ Damit eine Luftqualitätspolitik Wirkung zeitigen kann, ∙∙ Initiativen wie der von der Achten Ministerkonferenz erfordert ihre Umsetzung Kohärenz sowohl auf der „Umwelt für Europa“ angenommene Aktionsplan von globalen Ebene, der Ebene der Europäischen Region der Batumi zur Reinhaltung der Luft13 bieten einen Rahmen, WHO sowie der nationalen und lokalen Ebene als auch in dem sich die Mitgliedstaaten freiwillig zu ehrgeizigen die meisten Wirtschaftssektoren übergreifend und die Maßnahmen zur Bekämpfung der Luftverschmutzung in Mitwirkung von Akteuren. folgenden Bereichen verpflichten können: Überwachung, nationale Aktionsprogramme, Sensibilisierung der ∙∙ Zu den Aktivitäten des WHO ECEH, die auf die Ver- Öffentlichkeit, Kapazitätsaufbau und Politikgestaltung. wirklichung dieses Ziels ausgerichtet sind, zählen die Entwicklung von Methoden zur Quantifizierung von ∙∙ Das WHO ECEH bietet auch Orientierungshilfe und Gesundheitsrisiken, die Unterstützung der Anwendung Fachunterstützung für die regelmäßige Aktualisierung internationaler Rechtsinstrumente wie des Überein- der WHO-Luftgüteleitlinien,8 die als ein Bezugsinstru- kommens über weiträumige grenzüberschreitende ment genutzt werden, um Entscheidungsträgern auf der Luftverunreinigung (CLRTAP)12 und die Koordinierung ganzen Welt zu helfen, Normen und Ziele für das Luftgü- wichtiger internationaler Projekte zu Luftverschmutzung temanagement zugunsten des Gesundheitsschutzes der und Gesundheit. 51 Mitgliedstaaten der Wirtschafts- Bevölkerung festzulegen. kommission der Vereinten Nationen für Europa sind Vertragsparteien der CLRTAP, und im Lauf der Jahre haben die Parteien acht schadstoffspezifische Protokolle angenommen. Die Sonderarbeitsgruppe zu den Gesund- heitsaspekten der Luftverschmutzung unter dem Vorsitz des WHO ECEH hat zu diesem Prozess beigetragen. 15
CHEMIKALIENSICHERHEIT Fallstudie: Entwicklung und Nutzung von Inst- rumenten zur Quantifizierung der gesundheit- GESUNDHEIT UND SAUBERES WASSER NACHHALTIGE/R WOHLERGEHEN UND SANITÄR- KONSUM UND lichen Auswirkungen von Luftverschmutzung10 EINRICHTUNGEN PRODUKTION Im Mai 2016 führte das WHO ECEH AirQ+ ein, eine neue Software zur Messung der gesundheitlichen Auswirkungen von Luftverschmutzung auf der Grundlage einer Vorgängerversion (AirQ), die seit Das Spektrum von Chemikalien mit einem Einfluss auf die 14 Jahren verfügbar war. AirQ+ ermöglicht Berech- menschliche Gesundheit ist groß und wird immer größer. nungen der Langzeitauswirkungen im Zusammen- Die Produktion und der Verbrauch von Chemikalien in der hang mit klassischen Luftschadstoffen wie Feinstaub, Europäischen Region der WHO sind die höchsten auf der Ozon, Stickstoffdioxid und auch Russpartikeln. AirQ+ Welt: Elf der führenden 30 Chemikalien produzierenden wurde mit den folgenden Zielen entwickelt: (1) ein in Länder sind europäisch und erzielen Chemieumsätze in Bezug auf Methodologien und Algorithmen transpa- Höhe von 533 Mia. Euro.14 rentes Werkzeug zu bieten; (2) eine benutzerfreund- liche Schnittstelle zu bieten; (3) dem Nutzer bei der Weltweit gingen 2012 1,3 Mio. Menschenleben und 43 Mio. Gesundheitsfolgenabschätzung (HIA) der wichtigsten behinderungsbereinigte Lebensjahre (DALY) infolge der und am besten anerkannten Auswirkungen von Exposition gegenüber ausgewählten Chemikalien verloren, Luftverschmutzung Orientierungshilfe zu geben; (4) deren gesundheitliche Auswirkungen gut abgeschätzt sind. Standardwerte für Parameter einschließlich Konzen- Die auf Chemikalien zurückzuführende Krankheitslast wur- trations-Wirkungsfunktionen vorzugeben – Gren- de nur für einige Arten der Exposition gegenüber Chemika- zwerte, die vom Nutzer auf Wunsch geändert werden lien geschätzt; fehlende wissenschaftliche Erkenntnisse und können; und (5) eine kontextsensitive Hilfefunktion zu Daten bedeuten, dass die Last wahrscheinlich unterschätzt bieten. Im ersten Jahr wurde die Software von mehr wird. als 1000 Personen und Institutionen heruntergeladen und in mehreren Ländern und Städten eingesetzt. Das WHO ECEH hat AirQ+ in Skopje und in Serbien erprobt; die Ergebnisse sollen Anfang 2018 veröffent- licht werden. Die Anwendung von AirQ+ ermöglicht die Bestimmung wichtiger Probleme und Strategien für die Verbesserung der Luftgüte und des Gesund- heitsrisikomanagements auf der nationalen und der städtischen Ebene. 16
In Europa belaufen sich die Kosten der Quecksilberbelas- ∙∙ Die tiefgreifenden und lange währenden Folgen der tung auf 5,1 Mia. Euro pro Jahr, während eine allgemeine- Exposition gegenüber toxischen Umweltschadstoffen re Schätzung der Kosten der durch chemische Gefahren in jungen Jahren, die zu Krankheiten später im Leben verursachten Erkrankungen und physiologischen Störungen führen können und – im Fall der Exposition gegenüber im Kindesalter eine Größenordnung von 71 Mia. Euro pro bestimmten Chemikalien in entscheidenden Lebenspha- Jahr erreicht. In einer neueren Analyse wurden die Kosten sen – Folgen haben können, die über mehrere Generati- der auf endokrine Disruptoren (ED) zurückzuführenden onen zutage treten, werden zunehmend anerkannt. Krankheitslast auf 163 Mia. Euro geschätzt. Trotz beträcht- licher Fortschritte bei der Chemikalienregulierung müssen ∙∙ In immer mehr Humanstudien wurden die Auswirkungen dringend Maßnahmen zum Schutz von Kindern in frühen von Chemikalien auf die Gehirnentwicklung, die Atem- Entwicklungsphasen ergriffen werden, um die Gesundheits- wegsgesundheit in späteren Lebensphasen, Hormons- chancen über den Lebensverlauf zu verbessern. törungen, Adipositas, Diabetes und andere metabolische Störungen bestätigt. Die wichtigsten Fakten Unsere Rolle ∙∙ Kinder sind anfälliger für die Folgen der Exposition gegenüber Chemikalien und können ihre Rechte darauf, ∙∙ Das WHO ECEH leistet Fachunterstützung, um den in einem sicheren Umfeld zu leben, nicht schützen. 54% Mitgliedstaaten beim Aufbau nationaler Kapazität für der auf Umweltbelastungen zurückzuführenden globa- die Prävention von Gesundheitsrisiken aufgrund unzu- len Krankheitslast, in behinderungsfreien Lebensjahren reichenden Chemikalienmanagements zu helfen und ausgedrückt, entfällt auf Kinder unter 15 Jahren. sicherzustellen, dass Gesundheitssysteme für chemi- kalienbedingte Notsituationen vorsorgen und darauf ∙∙ Kinder sind jeden Tag und während ihres gesamten reagieren können. Lebens Chemikalien ausgesetzt. Chemikalien können Nahrungsketten und Konsumgüter belasten, was das ∙∙ Ein Fahrplan der WHO zur Verstärkung des Engage- Expositionsrisiko und die gesundheitlichen Auswirkun- ments des Gesundheitswesens im Strategischen Kon- gen vergrößert. Im Fall von Mehrfachbelastungen kön- zept für ein internationales Chemikalienmanagement nen bei Chemikalien komplexe Interaktionen auftreten, (SAICM) im Hinblick auf die Ziele für 2020 und danach wie für ED nachgewiesen wurde. wurde von allen WHO-Mitgliedstaaten unterstützt. ∙∙ Weltweit verursachen unbeabsichtigte Vergiftungen ∙∙ In der Erklärung von Minsk über den Lebensverlaufan- schätzungsweise 193 000 Todesfälle jährlich, wovon satz im Kontext von Gesundheit 2020 werden die Mit- überwiegend Kinder betroffen sind. gliedstaaten der Europäischen Region der WHO ermun- 17
tert, dem Schutz von Kleinkindern vor gefährlichen Chemikalien besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Fallstudie: Bestandsaufnahme gefährlicher Chemikalien in Georgien ∙∙ Die Umsetzung des globalen Rechtsinstruments für Quecksilber, des Übereinkommens von Minamata, zielt 2015 schloss sich das WHO ECEH mit dem Nationa- auf die Verminderung der wirtschaftlichen Verluste len Zentrum für Krankheitsbekämpfung und öffent- aufgrund von durch Quecksilber verursachten neurologi- liche Gesundheit von Georgien und dem Ministerium schen Defiziten. Die aus früher durchgeführten inter- für Umwelt und Schutz der natürlichen Ressourcen nationalen Projekten gewonnenen Erfahrungen werden von Georgien zur Umsetzung eines zwei Jahre zur Entwicklung einer einheitlichen HBM-Methodologie währenden Projekts zusammen, das vom Beratungs- zur Bewertung der Zeitverläufe von Expositionen und zur programm des deutschen Bundesministeriums für Beurteilung der Wirksamkeit des Übereinkommens von Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit Minamata genutzt werden. finanziert wurde. Es sollte dazu dienen, einen rechtli- chen und operativen Rahmen für die Sammlung und ∙∙ In international rechtlich bindenden und freiwilligen die Weitergabe von Informationen über gefährliche Vereinbarungen wie dem Stockholmer Übereinkommen, Chemikalien in Georgien sowie ein Musterregister/ dem Rotterdamer Übereinkommen, dem Minama- Bestandsverzeichnis für gefährliche Chemikalien zu ta-Übereinkommen über Quecksilber, dem SAICM und entwickeln. Das Projekt zielte darauf ab, die Zusam- Gesundheit 2020 wird die wichtige Rolle aller beteiligten menarbeit zwischen den Behörden zu stärken und Akteure auf der lokalen, nationalen, regionalen und das Bewusstsein für die Sammlung und die Weiter- globalen Ebene hervorgehoben. Das WHO ECEH bemüht gabe von Informationen und deren Bedeutung für sich konkret, diese internationalen Vereinbarungen zu die Umsetzung eines soliden Chemikalienmanage- vermitteln sowie ihre Annahme und Umsetzung auf der ments zu schärfen. Es erbrachte auch vielfältigen Landesebene zu unterstützen. Langzeitnutzen für die Umsetzung des Weltweiten harmonisierten Systems zur Einstufung und Kenn- zeichnung von Chemikalien (GHS) und die Entwick- lung eines Registrierungssystems, vergleichbar mit der Chemikalienpolitik der EU (REACH). Die aus der Projektdurchführung gewonnenen Erkenntnisse und die Errungenschaften beim Aufbau eines nationalen Registers in Georgien wurden an andere Mitglied- staaten weitergegeben, von denen mehrere Interesse bekundet haben, Anstrengungen zu bündeln und auf den Erfahrungen Georgiens aufzubauen. 18
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UMGEBUNGSLÄRM Die wichtigsten Fakten GESUNDHEIT UND BEZAHLBARE UND INDUSTRIE, NACHHALTIGE ∙∙ Die Umgebungslärmbelastung gehört zu den führenden WOHLERGEHEN SAUBERE ENERGIE INNOVATION UND STÄDTE UND INFRASTRUKTUR GEMEINDEN umweltbedingten Gesundheitsgefahren in Europa. ∙∙ Zu den auditiven Gesundheitsergebnissen im Zusam- menhang mit übermäßiger Lärmbelastung zählen Schwerhörigkeit und Tinnitus, während sich nicht audi- In der Europäischen Region der WHO zählt die Belastung tive Folgen in der Form von Verstimmungen, Schlafstö- durch Umgebungslärm zu den führenden umweltbedingten rungen, Herz-Kreislauf-Ereignissen, kognitiven Störun- Gefahren für die körperliche und geistige Gesundheit sowie gen, metabolischen Effekten, Beeinträchtigungen der das physische und psychische Wohlbefinden. Übermäßiger psychischen Gesundheit und des Wohlbefindens sowie Lärm schädigt die menschliche Gesundheit ernsthaft und Fehlgeburten niederschlagen können. beeinträchtigt die täglichen Aktivitäten der Menschen in Schule, bei der Arbeit, zu Hause und in der Freizeit. Wis- ∙∙ Für Westeuropa belaufen sich die durch Krankheit, senschaftliche Studien zeigen nun einen noch stärkeren Behinderung oder vorzeitigen Tod verlorenen Lebens- Zusammenhang zwischen Lärmbelastung – insbesondere jahre auf schätzungsweise: 903 000 aufgrund von durch Straßen-, Schienen- und Flugzeuglärm – und negati- Schlafstörungen; 654 000 aufgrund von lärmbedingten ven auditiven und nicht auditiven Gesundheitsergebnissen. Verstimmungen; 45 000 aufgrund von kognitiven Ent- Infolgedessen gehen in Westeuropa jedes Jahr schätzungs- wicklungsstörungen bei Kindern von 7 - 19 Jahren; und weise etwa 1,6 Mio. gesunde Lebensjahre durch Krankheit, 22 000 aufgrund von lärmbedingtem Tinnitus. Behinderung oder vorzeitigen Tod aufgrund der Belastung durch Umgebungslärm verloren. 20
Unsere Rolle ∙∙ Das WHO ECEH überprüft die wissenschaftlichen Das WHO ECEH koordinierte die Entwicklung der Erkenntnisse zu den wichtigsten gesundheitlichen Leitlinien der Europäischen Region der WHO für Auswirkungen von Lärm, bestimmt in Zusammenarbeit Umgebungslärm. Die Leitlinien umfassen eine Über- mit internationalen Experten die Bedürfnisse anfälliger prüfung der wissenschaftlichen Erkenntnisse zu den Gruppen und unterstützt Mitgliedstaaten der Euro- gesundheitlichen Auswirkungen von Umgebungslärm päischen Region der WHO bei der Prävention und der unter Berücksichtigung wichtiger Forschungsarbei- Bekämpfung übermäßiger Lärmbelastung. ten, die in den letzten Jahren durchgeführt wurden. Zu den Gesundheitsergebnissen, für die die Erkenntnisse ∙∙ Das Zentrum nutzt diese Erkenntnisse, um fachliche systematisch überprüft wurden, zählen: Schlafstörun- und grundsatzpolitische Orientierung zum Gesundheits- gen, Verstimmungen, kognitive Störungen, psychische schutz auf allen Ebenen anzubieten und ermuntert die Gesundheit und Wohlbefinden, Herz-Kreislauf-Erkran- Mitgliedstaaten, Daten zu messen und zu melden, um kungen, Schwerhörigkeit und Tinnitus sowie Fehlge- zur Erstellung von Lärmkarten beizutragen. burten. Darüber hinaus wurde die Wirksamkeit von Interventionen zur Verringerung der Belastung und zur Verbesserung der öffentlichen Gesundheit systematisch überprüft. 21
UMWELTVERTRÄGLICHE Die wichtigsten Fakten GESUNDHEITSSYSTEME ∙∙ Die Gesundheitsdienste in manchen entwickelten Län- GESUNDHEIT UND SAUBERES WASSER BEZAHLBARE UND NACHHALTIGE dern sind für 5% bis 15% der CO2-Emissionen verant- WOHLERGEHEN UND SANITÄR- SAUBERE ENERGIE STÄDTE UND EINRICHTUNGEN GEMEINDEN wortlich. ∙∙ Gesundheitssysteme stellen einen großen Wirtschafts- sektor dar, auf den in der EU-27 8% aller Arbeitsplätze NACHHALTIGE/R MASSNAHMEN ZUM KONSUM UND KLIMASCHUTZ entfallen und der in der Europäischen Region der WHO PRODUKTION zwischen 8% und 10% des BIP erwirtschaftet.15 ∙∙ Die verfügbare Evidenz lässt auf ein breites Spekt- rum potenzieller Vorteile der Förderung ökologischer Nachhaltigkeit in Gesundheitssystemen schließen, die Gesundheitssysteme sind eine grundlegende Vorausset- Vorteile in Bezug auf Finanzen, Gesundheit, Zugang zur zung für die Verwirklichung und Erhaltung von Gesundheit Versorgung und Versorgungsqualität sowie für Personal, und Wohlbefinden in der Gesellschaft und sind wesentliche Umwelt und Klimaresilienz umfassen. Einflussfaktoren für Entwicklung und Wirtschaftswachstum. Weltweit und in den meisten Mitgliedstaaten der Europäi- ∙∙ Aus den vorliegenden Erkenntnissen lassen sich drei schen Region der WHO machen sie einen wesentlichen Teil wichtige Kategorien von Umweltbelastungen durch der Volkswirtschaft aus und sind ein wichtiger Arbeitgeber, Gesundheitssysteme (neben anderen) ableiten: (1) vor allem in der Gesundheitsversorgung. Das Gesundheits- Abfälle der Gesundheitsversorgung, (2) Abwasser und (3) wesen als Ganzes verbraucht erhebliche Mengen an Energie Treibhausgasemissionen. und Ressourcen und ist für beträchtliche Emissions- und Abfallströme verantwortlich, entweder direkt oder durch ∙∙ Zu den befähigenden Faktoren für ökologische Nachhal- die Waren und Dienstleistungen, die es einkauft, nutzt oder tigkeit in Gesundheitssystemen zählen Kapazitätsaufbau, entsorgt. robuste Regulierungsrahmen, Anreizsysteme, Führungs- kompetenz des obersten Managements und Einbezie- hung von Personal, Patienten und Interessengruppen. 22
Unsere Rolle Fallstudie: Übergang zu umweltverträglichen Das WHO-Regionalbüro für Europa verfügt über ein klares Gesundheitssystemen im Vereinigten König- Mandat in diesem Bereich. Gesundheit 2020, die Charta von reich Tallinn: „Gesundheitssysteme für Gesundheit und Wohl- stand“ und der Begleittext zur Erklärung von Parma über Der Nationale Gesundheitsdienst (NHS) ist das Umwelt und Gesundheit („Entschlossenheit zum Handeln“) staatlich finanzierte Gesundheitsversorgungssystem bieten eine solide Basis, die der fachlichen Tätigkeit, der des Vereinigten Königreichs. Er beschäftigt mehr als Überzeugungsarbeit und der Unterstützung für die Mit- 1,7 Mio. Menschen und versorgt eine Bevölkerung gliedstaaten hinsichtlich Politikgestaltung, -annahme und von 65,1 Mio. Innerhalb seiner dezentralisierten -umsetzung zugrunde gelegt werden kann. Struktur hatten sich mehrere Anbieter und Stiftun- gen an einer Reihe kleiner, unabhängiger und lokal Das WHO ECEH bietet Führungskompetenz und sammelt koordinierter Nachhaltigkeitsinitiativen beteiligt. Die Erkenntnisse, die die Aktivitäten in Bezug auf umweltver- NHS-Abteilung für nachhaltige Entwicklung wurde trägliche Gesundheitssysteme auf der Landesebene verbes- 2008 eingerichtet, um mit dem NHS zu arbeiten und sern können. Als eine Kernfunktion seiner Arbeit bietet das ihn dabei zu unterstützen, umweltverträglicher und Zentrum sowohl formelle als auch informelle Mechanismen sozial nachhaltiger zu werden und auf diese Weise zu für die Weitergabe bewährter Beispiele für gute Praxis und seiner finanziellen Gesamtnachhaltigkeit beizutra- zielt auf die Anregung von Diskussionen und Forschung, gen. In der Zeit danach wurden Strategien entwickelt, die zu nachhaltigeren und widerstandsfähigeren Gesund- Steuerungsstrukturen und -mechanismen zugunsten heitssystemen beitragen können. Konkret entwickelte und von Nachhaltigkeit etabliert, Mechanismen für die veröffentlichte das WHO ECEH eine strategische Vision, die Einbeziehung von Akteuren eingeführt und Unter- darauf abzielt, Impulse für Diskussionen und Führerschaft stützungsmechanismen entwickelt. Diese Initiative im Zusammenhang mit nachhaltigen Gesundheitssystemen wurde in Zusammenarbeit mit dem WHO ECEH zu geben. evaluiert, um die Übertragbarkeit zu überprüfen und die Akzeptanz sowohl innerhalb des NHS als auch allgemeiner die Übernahme durch andere Gesund- heitsdienste zu fördern. 23
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ARBEITNEHMERGESUNDHEIT GESUNDHEIT UND NACHHALTIGE/R Weltgesundheitsversammlung über Krebsprävention und WOHLERGEHEN KONSUM UND PRODUKTION -bekämpfung wurden die Mitgliedstaaten aufgefordert, Krebsarten, bei denen vermeidbare Exposition ein Faktor ist – insbesondere die Exposition gegenüber Chemikalien am Arbeitsplatz und in der Umwelt – besondere Auf- merksamkeit zu widmen. Jedes Jahr sterben weltweit mehr als 2,3 Mio. Menschen infolge Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten, und mehr als 4% des jährlichen BIP gehen als ein Resultat von Unsere Rolle Berufskrankheiten und Arbeitsunfällen verloren.16 Schlechte Arbeitsbedingungen führen jährlich zu insgesamt 300 000 Das WHO ECEH leistet für Länder in der Europäischen arbeitsbedingten Todesfällen und wirtschaftlichen Verlus- Region fachliche und grundsatzpolitische Unterstützung ten in Höhe von 5% des BIP der Europäischen Region der zugunsten einer wirksamen und effizienten Umsetzung des WHO. In vielen Ländern der Region haben weniger als 10% Globalen Aktionsplans der WHO zum Gesundheitsschutz der der Erwerbsbevölkerung Zugang zu arbeitsmedizinischen Arbeitnehmer 2008–201719 in Zusammenarbeit mit Regie- Diensten.17 rungen, Gewerkschaften, Arbeitgebern, Berufsverbänden und anderen Akteuren. Der Globale Aktionsplan zielt auf die Stärkung der Kapazität nationaler Gesundheitssysteme Die wichtigsten Fakten für die Bewertung und Beseitigung von Risikofaktoren im Arbeitsumfeld. Zu seinen allgemeinen Zielsetzungen zählen ∙∙ Etwa 70 % der Arbeitnehmer haben keine Versicherung, die folgenden: die bei Berufskrankheiten und Arbeitsunfällen Entschä- digungszahlungen leisten würde. ∙∙ Entwicklung nationaler Politikinstrumente zur Arbeit- nehmergesundheit; ∙∙ Die wichtigsten berufsbedingten Gefahren in der Euro- päischen Region der WHO sind Arbeitsunfälle (32% der ∙∙ Gesundheitsschutz und Gesundheitsförderung am berufsbedingten Krankheitslast), Lärm (21%), Karzinoge- Arbeitsplatz; ne (16%), Schwebstaub (27%) und ergonomische Risiken (4%).18 ∙∙ Verbesserung der Leistung arbeitsmedizinischer Dienste und des Zugangs zu ihnen; ∙∙ Weltweit werden jedes Jahr 304 000 Todesfälle der berufsbedingten Exposition gegenüber Karzinogenen ∙∙ Bereitstellung und Verbreitung von Erkenntnissen zugeschrieben. Asbest ist einer der wichtigsten kreb- zugunsten von Präventivmaßnahmen; und serregenden Stoffe am Arbeitsplatz, der mindestens die Hälfte der Todesfälle infolge berufsbedingter Krebser- ∙∙ Integration der Arbeitnehmergesundheit in andere Poli- krankungen verursacht. In Resolution 58.22 (2005) der tikkonzepte. 25
Fallstudie: Gesundheitsschutz für Arbeitneh- Im Rahmen des Projekts zeigte eine in dem Land mer in der Ehemaligen Jugoslawischen Repu- durchgeführte WHO-Studie, dass die Kosten der blik Mazedonien wirtschaftlichen Schäden, die durch den Anstieg nicht abgewendeter Krankheits- und Todesfälle ver- Die Ehemalige jugoslawische Republik Mazedo- ursacht werden, mit den Klimaschutzkosten vergli- nien nahm an einem über zwei Jahre (2009–2011) chen werden können und eine teilweise Verringerung laufenden WHO-Projekt „Schutz der Gesundheit der der gesundheitlichen Auswirkungen ein erwarteter Bevölkerung vor den Folgen des Klimawandels“ teil, Nutzen der durchgeführten Anpassungsmaßnahmen einer Sieben-Länder-Initiative (Albanien, Ehemalige ist. Das Projekt resultierte in „Empfehlungen für jugoslawische Republik Mazedonien, Kasachstan, den Gesundheitsschutz von Arbeitnehmern während Kirgisistan, Russische Föderation, Tadschikistan Hitzewellen“20 und überprüfte die wirtschaftlichen und Usbekistan), die von der Internationalen Klima- Folgen der Anpassung. Die jährlichen Kosten für die schutzinitiative des damaligen deutschen Bundesmi- Anpassung des Gesundheitssystems für Hitzeperi- nisteriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsi- oden wurden auf 12 Mio. lokale Währungseinheiten cherheit finanziert wurde. Übergeordnete Ziele des geschätzt, gegenüber Kosten der gesundheitlichen Projekts waren die Stärkung der Kapazität für das Schäden in Höhe von 170 Mio. lokalen Währungsein- Verständnis der Gesundheitsrisiken des Klimawan- heiten (Climate change and health: a tool to estimate dels und für Reaktionen darauf sowie die Entwick- health and adaptation costs. Kopenhagen, WHO-Re- lung des Gesundheitsaktionsplans für Hitzeperioden. gionalbüro für Europa, 2013).21 26
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Wasser und Klima KLIMAWANDEL UND GESUNDHEIT Die wichtigsten Fakten GESUNDHEIT UND SAUBERES WASSER NACHHALTIGE MASSNAHMEN ZUM ∙∙ Hitzewellen waren die folgenschwersten Extremwettere- WOHLERGEHEN UND SANITÄR- STÄDTE UND KLIMASCHUTZ EINRICHTUNGEN GEMEINDEN reignisse in der Europäischen Region der WHO zwischen 1991 und 2015: Sie verursachten mehrere zehntausend vorzeitige Todesfälle. Die Länge, Häufigkeit und Intensi- tät von Hitzewellen dürften zukünftig zunehmen. Der Klimawandel betrifft die Gesundheit der Menschen in ∙∙ Überschwemmungen waren zwischen 1991 und 2011 für der Europäischen Region der WHO in der Form höherer den Tod von mehr als 2000 Menschen verantwortlich und Temperaturen und sich verändernder Wetterbedingungen. betrafen ungefähr 9 Mio. Menschen. Starkregen wird in Er wird sich zu einer der größten Bedrohungen entwickeln, vielen Teilen der Europäischen Region der WHO wahr- mit denen Bevölkerungen in den kommenden Jahrzehnten scheinlich häufiger werden. konfrontiert sein werden, und ihm muss dringend entge- gengewirkt werden. Nach Einschätzung der WHO wird der ∙∙ Der Klimawandel wird voraussichtlich zur Ausbreitung Klimawandel zwischen 2030 und 2050 weltweit jährlich über und Zunahme von Krankheitsvektoren führen, darunter: 250 000 zusätzliche Todesfälle verursachen.22,23 Zecken wie der Gemeine Holzbock (Ixodes ricinus), die virale und bakterielle Krankheitserreger übertragen; die Das Klima hat gravierende negative Auswirkungen auf die asiatische Tigermücke (Aedes albopictus), die mehrere Gesundheit, sodass Anpassungs- und Klimaschutzmaß- Krankheiten wie Dengue, Chikungunya und Zika übertra- nahmen erforderlich sind, um sowohl die gegenwärtige gen kann; und Phlebotomus-Arten von Sandmücken, die Krankheitslast als auch die zusätzliche durch den Klima- die Leishmaniose übertragen. wandel verursachte Last zu bewältigen. Damit klimaresi- liente Gemeinschaften entstehen, müssen das öffentliche ∙∙ Der Klimawandel kann Bedrohungen der Lebensmittel- Gesundheitswesen und die Gesundheitsdienste für die breite sicherheit durch die Nahrungskette vergrößern. Öffentlichkeit allgemein gestärkt werden. ∙∙ Bis Mitte des 21. Jahrhunderts könnten in Zentralasien und in südlichen Teilen der Europäischen Region der WHO Ernteerträge um 25–30% zurückgehen.24 28
Unsere Rolle war der Schutz der Gesundheit vor den Folgen des ∙∙ Das WHO ECEH unterstützt Mitgliedstaaten bei der Klimawandels durch die Fokussierung auf Anpas- Bewertung von Anfälligkeiten und von Auswirkungen sungsmethoden, die Stärkung von Gesundheitssys- des Klimawandels, bei der Verbesserung der Krank- temen und den Aufbau institutioneller Kapazität für heitsüberwachung in Bezug auf durch den Klimawandel Schwachstellen-, Wirkungs- und Anpassungskapa- begünstigte Vektorkrankheiten sowie bei der Verbesse- zitätsanalysen in jedem Land. Dies sollte wiederum rung von Vorsorge und Planung für Extremereignisse die Grundlage für die Entwicklung einer nationalen und der Reaktion darauf. Strategie oder eines Aktionsplans zur Anpassung des Gesundheitssystems, die Durchführung von Aktivitä- ten zur Bewusstseinsbildung und die Unterstützung der Weitergabe von Wissen und Erfahrungen bilden. Fallstudie: Entwicklung neuer Methoden zu Die Initiative machte deutlich, wie Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel Anpassung an den Klimawandel und Klimaschutz- maßnahmen auf den Gesundheitssektor angewendet 2008 startete das WHO ECEH ein über zwei Jahre werden können, und ebnete damit den Weg für die (2009–2011) laufendes WHO-Projekt „Schutz der weitere Entwicklung und Investitionen in diesem Gesundheit der Bevölkerung vor den Folgen des Bereich. Ein solcher Nachweis der konzeptionellen Klimawandels“, eine Sieben-Länder-Initiative, an Übertragbarkeit lässt darauf schließen, dass die der Albanien, die Ehemalige jugoslawische Republik gewonnenen Erfahrungen genutzt werden können, Mazedonien, Kasachstan, Kirgisistan, die Russische um Impulse für den Anpassungsprozess des Gesund- Föderation, Tadschikistan und Usbekistan teilnah- heitssektors in anderen Ländern zu geben. Der durch men und die von der Internationalen Klimaschutzin- diese Europäische Pilotinitiative erbrachte Wirkungs- itiative des damaligen deutschen Bundesministeri- nachweis führte zu einer Übernahme der in ihrem ums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Rahmen entwickelten Methoden durch Institutionen finanziert wurde. Übergeordnetes Ziel des Projekts und Regierungen weltweit. 29
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