WIRTSCHAFTSKRIMINALITÄT 2018 MEHRWERT VON COMPLIANCE - FORENSISCHE ERFAHRUNGEN - PWC

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WIRTSCHAFTSKRIMINALITÄT 2018 MEHRWERT VON COMPLIANCE - FORENSISCHE ERFAHRUNGEN - PWC
In unserer Studie erfahren sie, wie deutsche
               Unter­nehmen mit Wirtschaftskriminalität in der
               analogen und digitalen Welt umgehen und wie
               Compliance-Programme sich haftungsrechtlich
               auswirken.

Wirtschaftskriminalität 2018
Mehrwert von Compliance –
forensische Erfahrungen

                  www.pwc.de/wirtschaftskriminalitaet_2018
WIRTSCHAFTSKRIMINALITÄT 2018 MEHRWERT VON COMPLIANCE - FORENSISCHE ERFAHRUNGEN - PWC
Das digitale Zeitalter geht mit
neuen Formen der Kriminalität
einher: 47 % der Unternehmen
sind bereits Opfer einer Cyber-
Attacke geworden – oder haben
den konkreten Verdacht.

          IT-Sicherheit wird zum
          existenziellen Thema. Wie
          können sich Unternehmen
          gegen digitale Angriffe
          wappnen? Cyberrisiken
          dürfen nicht zum Hemmschuh
          für die Industrie 4.0 werden.
WIRTSCHAFTSKRIMINALITÄT 2018 MEHRWERT VON COMPLIANCE - FORENSISCHE ERFAHRUNGEN - PWC
Mehrwert von Compliance – forensische
Erfahrungen

Unsere neunte Studie zur                  Risiko CEO-Fraud                          In unseren vertieften Interviews
Entwicklung der Wirtschafts­              Hohe Schäden entstanden auch              berichteten Unternehmen über
kriminalität setzt ihre                   durch CEO-Fraud. 40 % der befragten       noch bestehende Schwächen in der
Schwer­punkte auf die weitere             Unternehmen berichteten zwar nur          Umsetzung ihres CMS, denen sie sich
Entwicklung von Compliance-               über einen Versuch, aber bei 5 %          verstärkt widmen wollen. Genannt
Programmen und der                        der Unternehmen war der CEO-              wurden Kommunikations­probleme,
forensischen Praxis der von               Fraud erfolgreich und verursachte         mangelnde Awareness und eine zu
Wirtschafts­kriminalität                  in den schweren Fällen einen durch­       formale Ausgestaltung des CMS, eine
betroffenen Unternehmen.                  schnittlichen Schaden in Höhe von         mangelnde Konsistenz der Regelungen
                                          4,4 Millionen Euro. Alarmierend sind      sowie eine unzureichende Integration in
Rasanter Anstieg der Fälle von            auch Berichte über Angriffe in Form       den Geschäfts­prozessen, insbesondere
Cybercrime                                von Distributed Denial of Service         bei global agierenden Unternehmen.
Im Unterschied zur rückläufigen           (DDoS) und Verschlüsselungs- bzw.
Entwicklung der analogen Wirtschafts­     Erpressungs­trojanern. 8 % der            Klarer Trend: Aufstockung der
kriminalität (Abnahme um sechs Prozent­   Unternehmen berichteten über leichte      Budgets für Personal- und Sach­
punkte) stellen wir einen rasanten        bis schwere DDoS-Fälle und 18 %           mittel des CMS
Anstieg im Bereich Cyber­crime fest.      über Trojaner. Einige Unternehmen         In den vergangenen fünf Jahren
Fast jedes zweite Unternehmen (46 %)      berichteten sogar, das geforderte Löse­   beobachteten nahezu alle Unternehmen
berichtete über mindestens einen Fall.    geld gezahlt zu haben.                    eine leichte (34 %) oder starke Zunahme
Dies bedeutet gegenüber 2015 einen                                                  (59 %) der Anforderungen an ihr CMS,
Anstieg um zwölf Prozent­punkte. Der      Compliance-Programme weiterhin            sodass jedes zweite die Personal- und
Abstand zwischen analoger (49 %) und      im Aufwind                                Sachmittel­ausstattung hierfür leicht
digitaler Kriminalität (46 %) ist somit   Drei Viertel der mittelständischen        (33 %) oder deutlich (22 %) aufgestockt
weitgehend verschwunden.                  Unternehmen und Groß­unternehmen          hat. Über eine allenfalls leichte
                                          verfügen über ein Compliance-             Reduzierung berichteten nur 2 % der
Allerdings verursachten analoge           Management-System (CMS) und bei           Unternehmen, bei 43 % der Unternehmen
Formen der Wirtschafts­k riminalität im   weiteren 10 % befindet es sich in der     blieb das Budget unverändert.
Durchschnitt gesehen weiterhin deutlich   Planung. Auch bei kleineren Mittel­
höhere Schäden als Cyber­crime. Die       ständlern mit 500 bis 999 Mitarbeitern    Konkret zeigt sich dieser klare Trend
durchschnittlichen Kosten infolge eines   ist heute ein CMS überwiegend             bei der personellen Aufstockung
schweren Wirtschaftsdelikts bezifferten   selbst­verständlich (60 %). Der           des Compliance-Managements. Im
die betroffenen Unternehmen auf           Trend, Compliance-Programme auf           Durchschnitt kommen heute rund
7,23 Millionen Euro, während Fälle von    zusätzliche Delikts­felder auszuweiten,   1.500 Mitarbeiter auf eine Compliance-
Cyber­crime durchschnittlich Schäden in   hält unvermindert an, wobei der           Officer-Stelle, während es vor
Höhe von 183.000 Euro verursachten.       Fokus auf der Prävention gegen            vier Jahren noch rund 2.400 waren.
                                          Korruption (CMS 83 %), Kartellrechts­     Die Relation ist bei fast zwei Dritteln
                                          verletzungen (CMS 62 %) und Geld­         der Unternehmen sogar deutlich besser.
                                          wäsche (CMS 65 %) liegt.                  Bei einem Drittel (33 %) kommen
                                                                                    sogar auf 500 Mitarbeiter bzw. bei
                                                                                    29 % der Unternehmen auf 500 bis
                                                                                    1.000 Mitarbeiter eine Compliance-
                                                                                    Officer-Stelle.

                                                                                                   Wirtschaftskriminalität 2018 3
WIRTSCHAFTSKRIMINALITÄT 2018 MEHRWERT VON COMPLIANCE - FORENSISCHE ERFAHRUNGEN - PWC
Hinweisgebersysteme waren lange Zeit
   umstritten, mittlerweile entwickelten
   sie sich zum CMS-Standard.

   Compliance-Vertragsklauseln                        Compliance beats corruption               Hinweisgebersysteme waren lange Zeit
   werden in der Lieferkette immer                    Das Eis scheint gebrochen, alle von       umstritten, mittlerweile entwickelten
   üblicher                                           uns erhobenen Kennwerte deuten auf        sie sich zum CMS-Standard. Die
   Aufgrund der wachsenden Erwartung                  eine sinkende Korruptions­belastung       Mehrheit der Unternehmen bietet nicht
   im Markt und der Reputations- und                  der deutschen Wirtschaft hin. Durch       nur einen internen Ansprech­partner an,
   Haftungs­risiken versuchen die meisten             Korruption wurden nur 6 % der             sondern auch eine telefonische Hotline
   Unternehmen den Compliance-                        Unternehmen betroffen und gegenüber       (57 %), ein webbasiertes System (35 %)
   Risiken auch in ihrem geschäftlichen               2015 nahmen die Verdachts­fälle von       oder eine Ombuds­person (29 %).
   Umfeld konsequent zu begegnen.                     19 % auf 11 % ab. Auch der Anteil         86 % der Unternehmen sehen mindestens
   Einer deutlichen Mehrheit der                      der Unternehmen, denen Geschäfte          einen dieser Kommunikations­kanäle vor.
   Unternehmen (82 %) ist mittlerweile                vermutlich infolge von Korruption eines   In unseren vertieften Interviews zeigten
   wichtig bzw. sehr wichtig, dass ihre               Wettbewerbers entgangen sind, sinkt       sich die Unternehmen ganz überwiegend
   Lieferanten und Dienstleister über ein             von 21 % auf 9 %. Diese Entwicklung       vom Nutzen ihres Hinweis­gebersystems
   CMS verfügen oder eines einführen.                 dürfte vor allem auf die wachsende        überzeugt und wollen hierauf nicht mehr
   Viele Unternehmen berichteten,                     Zahl von Anti-Korruptions­programmen      verzichten. Fälle von Missbrauch werden
   dass es inzwischen zur Routine                     zurückzuführen sein, die zunehmend        als Ausnahmen angesehen.
   gehöre, Compliance-Standards von                   auch in mittelständischen Unternehmen
   ihren Lieferanten und Dienstleistern               implementiert wurden.1 Über               Hinweisgebersysteme sollten nicht
   einzufordern. Dieser Erwartungs­                   drei Viertel (77 %) der Unternehmen mit   auf unternehmensinterne Personen
   druck in Richtung Geschäfts­partner                1.000 bis 4.999 Mitarbeitern und fast     beschränkt sein, wie unsere Studien zur
   geht immer häufiger auch von mittel­               zwei Drittel (60 %) der Unternehmen       Bedeutung externer Hinweise zeigen.
   ständischen Unternehmen aus.                       mit 500 bis 999 Mitarbeitern verfügen     Zudem fordern die Richtlinien des
                                                      über ein entsprechendes CMS.              Foreign Corrupt Practices Art (FCPA),
   Auch sie nutzen zunehmend ihren                    Rechtlich wurde diese Entwicklung         dass solche Systeme außenstehenden
   vertraglichen Gestaltungs­spielraum.               vermutlich auch durch die Erweiterung     Dritten zugänglich sind. Jedoch zeigen
   Verbreitet sind Compliance-                        der strafrechtlichen Haftung nach         unsere Ergebnisse, dass nur knapp
   Verpflichtungs­erklärungen, die                    § 299 StGB unterstützt, da nunmehr        jedes dritte Hinweis­geber­system
   Zusicherung eines Rechts auf anlass­               Bestechung und Bestechlichkeit auch       auch Geschäfts­partnern und Sub­
   bezogene Prüfung und Compliance-                   außerhalb einer Wettbewerbs­situation     unternehmen (31 %) und jedes vierte
   Haftungs­k lauseln. Allerdings nehmen              strafbar sind.                            allgemein der Öffentlichkeit (23 %)
   hierdurch auch Konflikte zwischen                                                            zugänglich ist. In dieser Hinsicht
   verschiedenen Compliance-Standards zu,             Schulungen und Hinweisgeber­              besteht bei vielen Unternehmen noch
   die sich jedoch weitgehend vermeiden               systeme werden zur Norm                   Handlungsbedarf.
   ließen, wenn Zertifizierungen selbst­              Für die meisten Unternehmen sind im
   verständlicher werden würden.                      Rahmen ihres korruptionsrechtlichen
   Nur knapp die Hälfte der befragten                 CMS Classroom-Schulungs­maßnahmen
   Unternehmen hat eine unabhängige                   (70 %) ein wesentlicher Bestand­teil.
   Prüfung nach dem IDW PS 980 oder                   Zunehmend werden jedoch auch digitale
   eine Zertifizierung gemäß ISO 19600                Trainings­formate eingesetzt, fast
   durchführen lassen (Abschnitt D6, 47%),            zwei Drittel der Schulungs­maßnahmen
   sodass in der Praxis eine Vielfalt an              erfolgen durch webbasierte Lern­
   CMS herrscht, die eine gegenseitige                programme und Schulungs­filme (61 %).
   Anerkennung erschwert.

   1
       Bei Großunternehmen sind Anti-Korruptionsprogramme selbstverständlich (97 %).

4 Wirtschaftskriminalität 2018
WIRTSCHAFTSKRIMINALITÄT 2018 MEHRWERT VON COMPLIANCE - FORENSISCHE ERFAHRUNGEN - PWC
Erste Erfolge im Kampf gegen               Überdies können wir mit unserer            Interne Untersuchungen sind
Kartellrechtsverstöße                      Studie als Erste in Deutschland            die Regel
Nicht nur in der Bekämpfung der            aufzeigen, dass sich ein CMS nicht         In dieser Studie haben wir einen
Korruption zeigt sich eine präventive      nur in wirtschaftlicher Hinsicht als       Schwer­­punkt auf die forensische Praxis
Wirkung der Compliance-Programme,          vorteilhaft erweist, sondern auch in       betroffener Unternehmen gelegt. Die
sondern auch bei den Kartell­rechts­       haftungsrechtlicher. 21 Unternehmen        Aufklärung bzw. Aufdeckung etwaiger
verstößen gibt es Anzeichen für            berichteten über ihre Erfahrungen          Straftaten durch interne oder hiermit
einen Rückgang. Der Anteil der             mit den Strafverfolgungs­behörden bei      beauftragte externe Spezialisten ist für
Unternehmen, die über einen Verdacht       Verfahren nach § 130 Abs. 1 OWiG.          eine große Mehrheit der Unternehmen
auf einen kartellrechtlichen Verstoß       Über ein Drittel (37 %) der betroffenen    selbstverständlich (85 %). Die Leitung
berichteten, sinkt auf 8 %. Gleichzeitig   Unternehmen gab an, dass die Tatsache,     oblag zumeist entweder der Internen
halten es Unternehmen seltener für         dass sie über ein CMS verfügten, die       Revision (38 %) oder der Rechts­
wahrscheinlich, ein Angebot zu einer       Höhe der Geld­buße positiv beeinflusst     abteilung (31 %) und aufgrund des
wettbewerbswidrigen Absprache              habe. Bei 43 % der Unternehmen, die ein    häufig anderen Aufgaben­profils seltener
zu erhalten (4 %). Allerdings sank         CMS implementiert hatten, beförderte       der Compliance-Abteilung (24 %).
nach den Angaben der befragten             dies die Einstellung des Verfahrens. Bei
Unternehmen der Markt­anteil (8 %), der    jedem dritten Unternehmen hat sich         Interne Untersuchungen haben
auf wettbewerbswidrigen Absprachen         zudem die nachträgliche Zusage, ein        vielfältige Gründe. Sie erfolgten,
beruht, nur leicht. Wir führen diese       CMS einzuführen bzw. Verbesserungen        um arbeitsrechtliche (54 %) und
Entwicklung auf die wachsende              vorzunehmen, auf die Höhe der Geld­        strafrechtliche (64 %) Maßnahmen
Verbreitung von Compliance-                buße positiv ausgewirkt; bei fast jedem    vorzubereiten sowie Schadens­ersatz­
Programmen zurück (62 %), und zwar         zweiten Unternehmen beförderte dies        forderungen durchzusetzen (63 %) und
auch im Mittelstand.                       die Einstellung des Verfahrens.            gesellschaftsrechtliche Verpflichtungen
                                                                                      zu erfüllen (61 %). Oft wollen die
Marktwirtschaftlicher und                  Hoher Anteil statushoher interner          betroffenen Unternehmen aus den
rechtlicher Mehrwert von                   Täter sowie der organisierten              Fällen lernen und nutzen interne
Compliance                                 Kriminalität (OK)                          Untersuchungen zur Verbesserung des
Unsere Studie zeigt, dass sich aus Sicht   Rund die Hälfte der gegen Unternehmen      internen Kontroll­systems (IKS 69 %)
der allermeisten Unternehmen ein           gerichteten Wirtschafts­straftaten         und zur Optimierung des CMS (55 %).
CMS sowohl auf inländischen als auch       wird von Personen aus dem eigenen          Immerhin sehen fast zwei Drittel der
ausländischen Märkten vorteilhaft          Unternehmen begangen. Dabei handelte       Compliance-Programme spezielle
auswirkt. Über ein Drittel (36 %)          es sich in jedem vierten Fall (25 %) um    Case Reports zur Evaluation des CMS
beurteilt das eigene Compliance-           eine Person aus der obersten Führungs­     vor (61 %).
Programm im Wettbewerb überwiegend         ebene. Empirisch gesehen sind folglich
als vorteilhaft und ein Viertel (24 %)     besondere Vorsicht und Sorgfalt bei
erkennt hierin sogar einen klaren          der Auswahl und Überwachung von
Vorteil. Nur 9 % berichteten über          Personen in Führungs- und Vertrauens­
Wettbewerbs­nachteile im deutschen         positionen geboten. Betrachtet man die
Markt, davon nur 1 % über klare            Gruppe der externen Täter, beunruhigt
Wettbewerbs­nachteile.                     der relativ hohe Anteil derjenigen,
                                           die vermutlich aus dem Kreis der OK
                                           stammen (19 %).

                                                                                                     Wirtschaftskriminalität 2018 5
WIRTSCHAFTSKRIMINALITÄT 2018 MEHRWERT VON COMPLIANCE - FORENSISCHE ERFAHRUNGEN - PWC
Bedeutung externer Ermittler              Sanktionspraxis bei Compliance-
                                      In der Praxis wurden in über der Hälfte   Verstößen
                                      der Fälle zusätzlich externe Ermittler    Die Sanktions­praxis vieler Unternehmen
                                      mit den Untersuchungen beauftragt         ist in den vergangenen Jahren
                                      (57 %). Ein Grund ist sicherlich, dass    konsequenter geworden. In aller Regel
                                      im Vergleich zur Ermittlungs­tätigkeit    erfolgt bei gravierenden Compliance-
                                      der Straf­verfolgungs­behörden (sehr      Verstößen eine Kündigung (87 %) und
                                      zufrieden: 24 %) die Unternehmen          deutlich häufiger als vor sechs Jahren
                                      mit der hauseigenen Aufklärungs­          wurden zivilrechtliche Schritte
                                      arbeit (51 %) und auch der Arbeit der     eingeleitet (65 %) und eine Straf­anzeige
                                      hinzugezogenen externen Ermittler         erstattet (65 %).
                                      (46 %) häufig sehr zufrieden waren.
                                                                                Die Strafanzeige erfolgte in jedem
                                      Die Beauftragung externer Ermittler       zweiten Fall nicht beim ersten Verdacht,
                                      dürfte auf die sachliche und              sondern erst im Laufe (23 %) oder nach
                                      rechtliche Komplexität vieler Fälle       Abschluss des Verfahrens (23 %). Die
                                      zurückzuführen sein, sodass sie bereits   Unternehmen begründeten dies mit der
                                      beim ersten Verdacht (41 %) oder          schnelleren Aufklärung durch interne
                                      im Laufe der internen Ermittlungen        Untersuchungen (64 %), aber nur selten
                                      (43 %) hinzugezogen werden. Aus           mit einer mangelnden fachlichen
                                      diesem Grund gaben die betroffenen        Kompetenz der staatlichen Ermittler
                                      Unternehmen am häufigsten                 (8 %). Kritik an Polizei und Staats­
                                      das Erfordernis entsprechender            anwaltschaft äußerten jedoch mehr als
                                      Qualifikation an (84 %).                  ein Viertel der Unternehmen aufgrund
                                                                                deren zu geringer Kenntnis über
                                      Als weitere Gründe nannten die            betriebswirtschaftliche Abläufe (29 %).
                                      betroffenen Unternehmen die höhere
                                      Objektivität externer Ermittler (56 %)    An dieser Stelle möchten wir uns
                                      und Kapazitäts­gründe (35 %). Die         bei den befragten Unternehmen für
                                      Beauftragung externer Ermittler wurde     ihre Bereitschaft zur Teilnahme an
                                      seltener mit dem Druck von Stake­         der vorliegenden Studie bedanken.
                                      holdern (20 %) oder der Presse (5 %)      Auch diesmal haben wir uns neuen
                                      begründet. Vermutlich wurden die          Themen gewidmet, um über die Sicht
                                      wenigsten Fälle öffentlich bekannt.       der Wirtschaft auf zentrale Fragen der
                                      Anders wird die Lage im Falle einer       Compliance- und Haftungsentwicklung
                                      skandalisierenden Pressebericht­          zu berichten und diese zu kommentieren.
                                      erstattung zu beurteilen sein, hier
                                      dürfte sich die Beauftragung externer     Frankfurt am Main und Halle an der
                                      Ermittler empfehlen.                      Saale im Februar 2018

                                                                                Claudia Nestler

                                                                                Steffen Salvenmoser
                   Compliance-Verstöße werden zunehmend
                   konsequenter von den Unternehmen                             Prof. Dr. jur. Kai-D. Bussmann
                   sanktioniert. In 87 % aller Fälle erfolgte
                   bei schwerwiegenden Verstößen eine
                   Kündigung. In zwei Drittel der schwer­
                   wiegenden Verstöße wurde eine Straf­
                   anzeige gestellt.

6 Wirtschaftskriminalität 2018
WIRTSCHAFTSKRIMINALITÄT 2018 MEHRWERT VON COMPLIANCE - FORENSISCHE ERFAHRUNGEN - PWC
Inhaltsverzeichnis

 9    Abbildungsverzeichnis

12    Methodisches Vorgehen

14    Wachsende Risiken in der digitalen Wirtschaft
 16   Leichter Rückgang in der analogen Wirtschaft
 17   Rückgang der Verdachtsfälle
 18   Wachsende Bedrohung der Wirtschaft durch Cybercrime
 19   Spezial: CEO-Fraud und Erpressungs­fälle keine Seltenheit
 21   Hohe Einzelschäden durch Wirtschaftskriminalität

22    Compliance-Programme weiterhin im Aufwind
 24   Ausweitung des Anwendungsbereichs von CMS
 26   Wahrgenommene Schwächen im Compliance-Management
 28   Gestiegene Anforderungen an Compliance-Programme
 28   Compliance-Budgets
 29   Erhöhung der Budgets für Personal- und Sachmittel
 31   Personelle Aufstockung des CMS

32    Trend: Compliance in der Lieferkette
 34   Compliance aus Sicht der Auftraggeber
 35   Compliance-Vertragskonditionen

38    Compliance beats Corruption
 40   Entwicklung der Korruptionsrisiken
 41   Der Mittelstand holt auf
 42   Verbreitung von Anti-Korruptionsmaßnahmen
 42   Schulungen zunehmend auch digital
 44   Trend: Hinweisgebersysteme
 46   Evaluation des Compliance-Managements

48    Erste Erfolge im Kampf gegen Kartellrechtsverstöße
 50   Abnahme der Kartellrechtsverstöße
 51   Kartellrechtliche Compliance zunehmend im Mittelstand

                                                                  Wirtschaftskriminalität 2018 7
WIRTSCHAFTSKRIMINALITÄT 2018 MEHRWERT VON COMPLIANCE - FORENSISCHE ERFAHRUNGEN - PWC
52    Mehrwert von Compliance
                                  54   Compliance als Wettbewerbsvorteil
                                  56   Bonus für CMS in Verfahren nach § 130 OWiG

                                 58    Forensische Praxis betroffener Unternehmen
                                  60   Tätermerkmale – Risiko OK
                                  61   Praxis interner Untersuchungen
                                  62   Gründe interner Untersuchungen
                                  63   Bedeutung externer Ermittler in der Praxis
                                  64   Phase der Beauftragung externer Ermittler
                                  64   Gründe für die Beauftragung externer Ermittler
                                  65   Zufriedenheit mit der Arbeit externer und staatlicher Ermittler

                                 66    Sanktionspraxis bei Compliance-Verstößen
                                  68   Folgen für interne Täter
                                  68   Praxis der Strafanzeige
                                  69   Pro und Kontra einer Strafanzeige

                                 70    Ihre Ansprechpartner

                                 72    Impressum

8 Wirtschaftskriminalität 2018
WIRTSCHAFTSKRIMINALITÄT 2018 MEHRWERT VON COMPLIANCE - FORENSISCHE ERFAHRUNGEN - PWC
Abbildungsverzeichnis

Abb. 1	Funktion der Interviewperson im Unternehmen.....................................12

Abb. 2	Unternehmensgröße...............................................................................13

Abb. 3	Entwicklung der Wirtschaftskriminalität 2009–2017............................. 16

Abb. 4	Entwicklung der Verdachtsfälle 2011–2017............................................. 17

Abb. 5	Von Cybercrime betroffene Unternehmen – eindeutige
        Fälle 2015–2017......................................................................................18

Abb. 6       Verdachtsfälle auf Cybercrime 2015–2017..............................................19

Abb. 7	Von CEO-Fraud und Erpressungsfällen betroffene Unternehmen
        in den letzten zwei Jahren.......................................................................20

Abb. 8	Hohe Schäden durch Wirtschaftskriminalität.........................................21

Abb. 9       Status des CMS nach Deliktsgruppen......................................................25

Abb. 10      Entwicklung der Anforderungen an CMS................................................28

Abb. 11      Compliance-Budget nach Anzahl der Mitarbeiter....................................28

Abb. 12	Entwicklung der Personal- und Sachmittel für Compliance in
         den letzten zwei Jahren...........................................................................29

Abb. 13	Entwicklung der Personal- und Sachmittel für Compliance
         nach Größe der Unternehmen.................................................................29

Abb. 14	Good Practice: Personelle Ausstattung der Compliance-Abteilung..........31

Abb. 15      Bedeutung eines CMS aus Sicht der Auftraggeber...................................34

Abb. 16	Bedeutung eines CMS aus Sicht der Auftraggeber,
         nach Unternehmensgröße.......................................................................35

Abb. 17	Verbreitung von Compliance-Vertragskonditionen..................................36

                                                                                                                  Wirtschaftskriminalität 2018 9
WIRTSCHAFTSKRIMINALITÄT 2018 MEHRWERT VON COMPLIANCE - FORENSISCHE ERFAHRUNGEN - PWC
Abb. 18	Regelmäßige Compliance-Vertragskonditionen, nach
                                           Unternehmensgröße...............................................................................37

                                  Abb. 19	Entwicklung der Korruptionsrisiken 2005–2017.....................................40

                                  Abb. 20	Verbreitung von Anti-Korruptionsprogrammen 2013–2017,
                                           nach Unternehmensgröße....................................................................... 41

                                  Abb. 21      Verbreitung der Anti-Korruptionsmaßnahmen 2013–2017.....................42

                                  Abb. 22	Praxis der Schulungen 2013–2017..........................................................43

                                  Abb. 23      Bewertung der Schulungen 2013–2017...................................................43

                                  Abb. 24	Hinweisgebersysteme 2013–2017...........................................................44

                                  Abb. 25      Art der Evaluation des CMS.....................................................................46

                                  Abb. 26	Entwicklung des Risikos wettbewerbswidriger
                                           Absprachen 2011–2017...........................................................................50

                                  Abb. 27	Durch wettbewerbswidrige Absprachen erzielter Umsatzanteil
                                           in der eigenen Branche 2013–2017..........................................................51

                                  Abb. 28	Verbreitung kartellrechtlicher Compliance-Maßnahmen,
                                           nach Unternehmensgröße.......................................................................51

                                  Abb. 29	Compliance im Wettbewerb....................................................................54

                                  Abb. 30	Compliance im Wettbewerb, nach Unternehmensgrößen........................55

                                  Abb. 31	Auswirkungen von CMS auf das Ergebnis in Verfahren
                                           nach § 130 OWiG.....................................................................................57

                                  Abb. 32      Beziehung der Täter zum geschädigten Unternehmen.............................60

                                  Abb. 33      Position des internen/externen Haupttäters............................................60

                                  Abb. 34      Leitung der internen Untersuchungen..................................................... 61

                                  Abb. 35      Gründe interner Ermittlungen................................................................62

10 Wirtschaftskriminalität 2018
Abb. 36	Gründe interner Ermittlungen – Vergleich interne versus
         externe Täter...........................................................................................63

Abb. 37	Tatsächliche oder hypothetische Beauftragung externer Ermittler.........63

Abb. 38      Phase der Beauftragung externer Ermittler.............................................64

Abb. 39      Gründe für die Beauftragung externer Ermittler.....................................64

Abb. 40	Zufriedenheit mit der Arbeit der Ermittler..............................................65

Abb. 41      Konsequenzen gegenüber internen Haupttätern 2011–2017....................68

Abb. 42      Strafanzeige in welcher Phase der internen Ermittlungen.......................68

Abb. 43      Pro und Contra Strafanzeige...................................................................69

                                                                                                                      Wirtschaftskriminalität 2018 11
Methodisches Vorgehen

                                  Die vorliegende, neunte Studie zur          zuständig erklärt hatten. Des Weiteren
                                  Wirtschafts­k riminalität wurde im          wurden mit 32 Unternehmen ergänzende
                                  Auftrag von PwC und der Martin-             vertiefte Interviews zu ausgewählten
                                  Luther-Universität Halle-Wittenberg         Fragen durchgeführt, um detailreichere
                                  von Kantar EMNID durchgeführt. Von          Berichte und Einschätzungen zu
                                  Anfang Juli bis Ende September 2017         erhalten.
                                  wurden in Deutschland mithilfe
                                  eines standardisierten Fragebogens          Die Befragten stammten zu etwa
                                  Verantwortliche aus 500 Unternehmen         einem Drittel (31 %) aus dem Bereich
                                  telefonisch interviewt, die sich in ihrem   Compliance, 27 % der Befragten gehörten
                                  Unternehmen für den Themen­bereich          der Finanz­abteilung an und 21 % der
                                  Kriminalitäts­prävention und -aufklärung    Rechts­abteilung.

                                  Abb. 1	Funktion der Interviewperson im Unternehmen

                                  Mehrfachnennungen waren möglich.

                                          Finanzabteilung
                                                                                                     27 %
                                                 Revision
                                                                                   15 %
                                          Rechtsabteilung
                                                                                            21 %
                                                 Personal
                                                                    5%
                                  Unternehmenssicherheit
                                                                  4%
                                       Risikomanagement
                                                                    5%
                                              Compliance
                                                                                                           31 %
                                          anderer Bereich
                                                                 3%

12 Wirtschaftskriminalität 2018
Die Antwortbereitschaft war auch               nach US-Recht gegründet wurden,             Ein Teil der Fragen ermöglicht einen
  dieses Mal hoch. Aufgrund der Art              ihren Geschäfts­sitz in den USA haben,      direkten Vergleich mit unseren von 2005
  und des Umfangs der Stich­proben­              an einer US-Börse notiert sind oder auf     bis 2017 zweijährlich durchgeführten
  ziehung handelt es sich um eine                andere Weise in den USA geschäftlich        Studien. Auch dieser Report enthält
  repräsentative Studie zur Sicherheits­         tätig sind.                                 eine Fallstudie (siehe Seite 66 ff.). Diese
  lage von Unternehmen mit mehr als                                                          ermöglicht insbesondere die Erhebung
  500 Mitarbeitern in Deutschland                Fast jedes zweite Unternehmen (46 %)        von Täter­merkmalen sowie des
  bzw. weltweit. Rund die Hälfte der             verfügt über Auslands­vertretungen,         Umgangs mit konkreten Verdachts­fällen
  Unternehmen verfügt über 1.000                 mehr als jedes fünfte (19 %) ist weltweit   der betroffenen Unternehmen. 2017
  bis 4.999 Mitarbeiter (48 %). Jedes            vertreten. Die folgende Abbildung zeigt     berichteten die befragten Unternehmen
  fünfte Unternehmen (21 %) ist                  die Größe der befragten Unternehmen         von 212 gravierenden Schadens­
  börsennotiert und 28 % unterliegen             nach Anzahl der weltweit beschäftigten      fällen, dabei handelte es sich bei jedem
  dem US-amerikanischen FCPA, da sie             Mitarbeiter.                                zweiten Fall (49 %) um ein Vermögens­
                                                                                             delikt, bei 16 % um wettbewerbswidrige
  Abb. 2	Unternehmensgröße                                                                  Absprachen und bei 9 % um Korruption.

                            > 10.000
                                             16 %
Beschäftigte weltweit

                        5.000–10.000
                                       6%
                        1.000–4.999
                                                                                48 %
                            500–999
                                                           30 %

                                 In unseren zweijährigen Studien berichten wir
                                 seit 2001 kontinuierlich über die Erfahrungen
                                 von mittelständischen und Großunternehmen
                                 rund um das Risikofeld Wirtschaftskriminalität.

                                                                                                            Wirtschaftskriminalität 2018 13
Wachsende Risiken in der digitalen Wirtschaft
Während die Belastung der Unternehmen durch
die Risiken klassischer Wirtschaftskriminalität
abnimmt, ist ein dramatischer Anstieg von
Cybercrime-Fällen zu verzeichnen.

                                  Wirtschaftskriminalität 2018 15
Leichter Rückgang in der analogen Wirtschaft
   Im langfristigen Vergleich zeichnet sich                Abb. 3	Entwicklung der Wirtschaftskriminalität 2009–2017
   in der deutschen Wirtschaft ein
   Rückgang in der Entwicklung der                         Mehrfachnennungen waren möglich.
   (analogen) Wirtschafts­k riminalität ab.
   Gegenüber 2015 beobachten wir eine                                                    61 %
   weitere Abnahme der Kriminalitäts­                                                    52 %
   belastung um sechs Prozentpunkte auf                            alle Deliktsarten     45 %
   das Niveau von 2013. Der Höchststand                                                  51 %
   lag 2009 bei 61 % (alle Delikts­arten).                                               45 %
   Wir sehen daher unsere These bestätigt,
   dass sich die optimierten Compliance-                                                 42 %
   Programme zunehmend präventiv                                                         32 %
   auswirken.2 Allerdings bleibt das                              Vermögensdelikt        34 %
                                                                                         37 %
   Dunkel­feld groß, wie an den weiterhin
                                                                                         32 %
   berichteten Verdachtsfällen deutlich
   wird (siehe Seite 17).                                                                    4%
                                                                                            3%
   Unsere Studie zeigt gegenüber 2015 und                       Falschbilanzierung         2%
   auch im langjährigen Vergleich, dass die                                                2%
   Zahl der von Vermögens­delikten                                                         2%
   betroffenen Unternehmen zurückgeht.
   Gegenüber 2015 ist die Zahl der                                                           3%
   berichteten Verstöße gegen Patent- und                                                      5%
   Marken­rechte zwar unverändert (13 %),                              Geldwäsche             4%
                                                                                               5%
   aber seit 2009 (23 %) stark rückläufig.
                                                                                              4%
   Dies dürfte auch auf das veränderte
   Markt­umfeld zurückzuführen sein.                                                     23 %
   Auch die Emerging Markets und                                                         17 %
   insbesondere China zeigen ein eigenes                   Verstoß gegen Patent-
                                                                                         10 %
                                                               und Markenrechte
   Interesse am Schutz geistigen                                                         13 %
   Eigentums. Vergleichsweise selten                                                     13 %
   waren die befragten Unternehmen
   durch Industrie- und Wirtschafts­                                                     7%
   spionage betroffen (3 %). Allerdings                                                      5%
                                                                   Industrie- und
   wissen wir aus vorangegangenen                                                          2%
                                                             Wirtschaftsspionage
                                                                                            3%
   Studien, dass forschungsintensive
                                                                                            3%
   Unternehmen weiterhin sehr viel
   höheren Risiken ausgesetzt sind.3                                                     21 %
                                                           Diebstahl vertraulicher       12 %
   Beim Diebstahl vertraulicher Kunden-                             Kunden- und              5%
   und Unternehmens­daten beobachten                         Unternehmensdaten               5%
   wir langfristig ebenfalls eine positive                                               7%
   Entwicklung (2009: 21 %); der geringe
   Anstieg auf 7 % gegenüber 2015 (5 %)                                                     2009     2011   2013       2015   2017
   sollte dabei nicht überinterpretiert
   werden.

   2
        gl. PwC, Wirtschaftskriminalität in der analogen und digitalen Wirtschaft, 2016, S. 16 f.
       V
   3
       Vgl. ebenda, S. 34 f.

16 Wirtschaftskriminalität 2018
Rückgang der Verdachtsfälle
Gegenüber 2015 sinkt die Zahl                       insgesamt (2011: 59 %) als auch bei               Im Vergleich zu den eindeutigen
der Unternehmen, die mindestens                     den meisten Delikts­arten. Lediglich              Fällen berichteten die Unternehmen
einen konkreten Verdacht auf eine                   über einen Verdacht auf Patent- und               mit Ausnahme der Falsch­bilanzierung
Wirtschafts­straftat berichtet haben, um            Marken­rechts­verletzungen berichteten            häufiger über einen Verdacht auf Geld­
sieben Prozent­punkte auf 49 %. Auch                Unternehmen häufiger als im Jahr 2013,            wäsche (8 %), Verstöße gegen Patent-
im lang­f ristigen Vergleich zeigt sich ein         jedoch seltener als 2011 (20 %).                  und Marken­rechte (16 %), Wirtschafts-
Rück­gang der Verdachts­fälle4 – sowohl                                                               und Industrie­spionage (7 %) und
                                                                                                      Diebstahl vertraulicher Kunden- und
Abb. 4	Entwicklung der Verdachtsfälle 2011–2017                                                      Unternehmens­daten (12 %). Das
                                                                                                      Dunkel­feld der Wirtschafts­k riminalität
Mehrfachnennungen waren möglich.                                                                      bleibt somit groß.

                             59 %
                             51 %
         alle Deliktsarten
                             56 %
                             49 %

                             26 %
                             27 %
        Vermögensdelikt
                             32 %
                             25 %

                                   6%
                                 3%
      Falschbilanzierung
                                  4%
                                2%

                             10 %
                             9%
             Geldwäsche
                             12 %
                             8%

                             20 %
          Verstoß gegen
                             11 %
            Patent- und
                             14 %
           Markenrechte
                             16 %

                             13 %
          Industrie- und     10 %
    Wirtschaftsspionage      9%
                             7%

                             23 %
Diebstahl vertraulicher
                             15 %
         Kunden- und
                             14 %
  Unternehmensdaten
                             12 %

                                2011         2013          2015          2017

4
    Durch den Begriff „konkreter Verdacht“ sollen vage Vermutungen ausgeschlossen werden. Eine Strafanzeige war jedoch nicht Voraussetzung.

                                                                                                                       Wirtschaftskriminalität 2018 17
Wachsende Bedrohung der Wirtschaft durch Cybercrime
   Deutliche Zunahme der Cyber­                        zugenommen haben vor allem Computer­             Stagnation bei Cybercrime-
   crime-Attacken                                      betrug (21 %), Computer­sabotage und             Verdachtsfällen
   Auch diesmal haben wir untersucht,                  Daten­veränderung (13 %) sowie das               Bei den berichteten konkreten
   inwieweit die Unternehmen von Cyber­                Ausspähen und Abfangen von Daten                 Verdachts­fällen (38 %; 2015: 39 %)
   crime betroffen waren.5 Deutlich                    (14 %).                                          ist keine vergleichbare Entwicklung
                                                                                                        zu beobachten. Hier stagniert die
   Abb. 5      Von Cybercrime betroffene Unternehmen – eindeutige Fälle 2015–2017                       Betroffenheit der Unternehmen. Auch bei
                                                                                                        den einzelnen Formen von Cyber­crime
   Mehrfachnennungen waren möglich.                                                                     zeigt sich keine signifikante Entwicklung.

                                  34 %                                                                  Der starke Anstieg bei den eindeutigen
            alle Deliktsarten                                                                           Cybercrime-Fällen kann daher auch
                                  46 %
                                                                                                        auf einer erhöhten Awareness und
                                                                                                        verbesserten IT-Sicherheits­technik
                                  13 %
           Computerbetrug                                                                               beruhen, sodass immer mehr Cyber­
                                  21 %
                                                                                                        crime-Attacken entdeckt werden. Die
           Manipulation von                                                                             Cybercrime-Fälle aus dem Dunkel­feld
                                  11 %                                                                  gelangen möglicherweise verstärkt
                Konto- und
                                  14 %                                                                  in das Hellfeld der Unternehmen.
               Finanzdaten
                                                                                                        Dies beruhigt nur bedingt, denn die
            Ausspähen und
                                  9%                                                                    Cyber­crime-Bedrohungs­lage ist somit
       Abfangen von Daten
                                  14 %                                                                  erwiesener­maßen sehr viel ernster, als
          (z. B. Passwörter)
                                                                                                        in Unternehmen angenommen wird.6
         Fälschung beweis­        6%
          erheblicher Daten       6%

      Computersabotage            6%
   und Datenveränderung           13 %

   Verstoß gegen Patent-          6%
       und Marken­rechte          6%

             Industrie- und        2%
       Wirtschaftsspionage         2%

                                                                       40 %
   Diebstahl vertraulicher
                                  6%
            Kunden- und
                                  6%
     Unternehmensdaten
                                                                                         der Unternehmen
                                   2015         2017
                                                                       waren vom sogenannten CEO-Fraud
                                                                       betroffen. Bei 5 % der Unternehmen
                                                                       war der Angriff erfolgreich.

   5
        ei Cybercrime handelt es sich um Delikte, die nicht nur durch bloße Nutzung, sondern durch gezielte Ausnutzung elektronischer Systeme und
       B
       Kommunikations­mittel begangen wurden (auch: cyber-dependent crimes). Ausgeschlossen wurden Delikte, bei denen der Computer oder das Internet
       nur gewählt wurden, um beispielsweise einen Betrug einfacher begehen zu können.
   6
       Ausführlich zu Risiken des Daten- und Wissensverlusts: PwC, Wirtschaftskriminalität in der analogen und digitalen Wirtschaft, 2016, S. 32 ff.

18 Wirtschaftskriminalität 2018
Abb. 6     Verdachtsfälle auf Cybercrime 2015–2017                                                           Spezial: CEO-Fraud und
                                                                                                             Erpressungs­fälle keine
Mehrfachnennungen waren möglich.
                                                                                                             Seltenheit
                              39 %                                                                           In unserer Studie fragten wir nach
        alle Deliktsarten
                              38 %                                                                           Versuchen von CEO-Fraud, auch als
                                                                                                             „Fake President“-Fraud bezeichnet.
                              17 %                                                                           Hierbei handelt es sich um eine Variante
       Computerbetrug                                                                                        des Social Engineering, bei dem
                              15 %
                                                                                                             Mitarbeiter vorrangig aus dem Finanz-
       Manipulation von                                                                                      und Rechnungs­wesen vermeintlich
                              8%
            Konto- und                                                                                       im Auftrag des Top­managements
                              10 %
           Finanzdaten                                                                                       zur Überweisung eines größeren
         Ausspähen und                                                                                       Geldbetrags auf ein ausländisches
                              18 %                                                                           Konto veranlasst werden – meist durch
    Abfangen von Daten
                              17 %                                                                           einen Anruf oder eine E-Mail.7 Dabei
       (z. B. Passwörter)
                                                                                                             werden die Mitarbeiter unter Druck
     Fälschung beweis­        5%                                                                             gesetzt, den Transfer schnellst­möglich
      erheblicher Daten       4%                                                                             durchzuführen und Verschwiegenheit
                                                                                                             zu bewahren, da es sich um ein
   Computersabotage           7%                                                                             geheimes und vertrauliches Projekt
und Daten­veränderung         8%                                                                             handle.8

                                                                                                             Die Täter, die überwiegend der OK
Verstoß gegen Patent-         7%
                                                                                                             zuzurechnen sind,9 sammeln zunächst
    und Marken­rechte         6%
                                                                                                             Informationen aus Wirtschafts­berichten
                                                                                                             der Unternehmen, aus dem Handels­
          Industrie- und      7%                                                                             register, von der Website und aus
    Wirtschaftsspionage       5%                                                                             Werbebroschüren der Unternehmen
                                                                                                             oder durch direkte Anrufe, um die sich
Diebstahl vertraulicher
                              15 %                                                                           anschließende Kommunikation mit dem
         Kunden- und
                              11 %                                                                           Mitarbeiter aus der Finanz­abteilung
  Unternehmensdaten
                                                                                                             glaubwürdig zu gestalten.10
                                2015           2017
                                                                                                                BSI: „Social Engineering ist
                                                                                                                weiterhin eine vielfach genutzte
                                                                                                                Methode, um Cyber-Angriffe
                                                                                                                erfolgreich auszuführen oder zu
                                                                                                                unterstützen. Für Angreifer ist es
                                                                                                                einfacher, die Schwach­stelle Mensch
                                                                                                                als oftmals schwächstes Glied der
                                                                                                                IT-Sicherheits­kette zu überwinden,
                                                                                                                anstatt komplexe technische
                                                                                                                Sicherheits­maßnahmen mit viel
                                                                                                                Aufwand zu umgehen.“ 11

7
    gl. BSI, Die Lage der IT-Sicherheit in Deutschland 2016, S. 23; BKA, Bundeslagebild Wirtschaftskriminalität 2016, S. 8.
   V
8
   Vgl. BSI, Pressemitteilung vom 10.07.2017.
9
    Vgl. BKA, Bundeslagebild Wirtschaftskriminalität 2016, S. 8.
10
      Vgl. BSI, Die Lage der IT-Sicherheit in Deutschland 2016, S. 23; BKA, Bundeslagebild Wirtschaftskriminalität 2016, S. 9.
11
     Vgl. BSI, Die Lage der IT-Sicherheit in Deutschland 2016, S. 22.

                                                                                                                                  Wirtschaftskriminalität 2018 19
Die Zahl der Fälle hat dem Bundes­                      Alarmierend sind auch Berichte über Fälle   Als schwerer Fall mit erheblichen
   kriminalamt (BKA) zufolge seit 2013                     von DDoS und Verschlüsselungs- bzw.         Schäden wird dagegen ein länger­
   kontinuierlich zugenommen. Im                           Erpressungs­trojanern, auch unter dem       fristiger System­ausfall verstanden,
   Jahr 2013 wurden zwei versuchte und                     Ober­begriff „Ransomware“ zusammen­         der das Tages­geschäft beeinträchtigt
   zwei vollendete Fälle von CEO-Fraud                     gefasst.13 In unserer Studie haben wir      und mehrere Rechner oder sogar das
   erfasst. Drei Jahre später registrierte                 zwischen leichten und schweren Fällen       gesamte Netzwerk betrifft. Ein schwerer
   das BKA dagegen bereits 51 vollendete                   unterschieden, um die Bedrohungs­lage       Fall liegt auch dann vor, wenn Löse­geld
   und 291 versuchte Fälle und gelangte                    besser evaluieren zu können. Ein leichter   gezahlt wird.
   zu folgender Einschätzung der                           Fall mit geringen Schäden wird bei kurz­
   Sicherheitslage:                                        zeitigen System­ausfällen ohne nennens­     In unserer Studie berichteten insgesamt
                                                           werte Beeinträchtigungen angenommen,        8 % der Unternehmen über leichte und
                                                           bei denen nur einzelne Rechner betroffen    schwere DDoS-Fälle und 18 % über
        BKA: „Bei der Schadens­entwicklung                 sind und ein Back-up ohne großen            Trojaner. Zwar waren die Schäden
        im Bereich des CEO-Fraud sind                      Aufwand möglich ist. Das Bundesamt          zumeist eher geringer, aber jeweils 2 %
        starke Anstiege zu verzeichnen.                    für Sicherheit in der Informations­         wurden schwer geschädigt. In unserer
        Seit 2014 verdreifachte sich der                   technik (BSI) warnt allerdings auch vor     Stich­probe von 500 Unternehmen
        Schaden durch das betrügerische                    Trittbrett­fahrern, die ohne tatsächliche   berichteten sogar vier, sie hätten das
        Handeln der Täter und lag im                       DDoS-Angriffe darauf hoffen, dass der       geforderte Löse­geld gezahlt.
        Berichts­jahr bei 75,2 Mio. Euro                   Empfänger zahlt.14
        (2015: 46,7 Mio. Euro: +61 %).“ 12
                                                           Abb. 7	Von CEO-Fraud und Erpressungsfällen betroffene Unternehmen in den
                                                                   letzten zwei Jahren
   Unsere Studie zeigt das Bedrohungs­
   potenzial des CEO-Fraud: 40 % der
                                                           Mehrfachnennungen waren möglich.
   befragten Unternehmen berichteten
   über einen derartigen Versuch, davon
   waren 5 % sogar erfolgreich. Der                        mindestens einmal schwere       2%
                                                              Schäden durch Trojaner
   hohe Verbreitungs­grad, aber auch die
   Schadens­risiken sind beunruhigend.
   Als gravierendstes Wirtschafts­delikt
                                                             mindestens einmal leichte                    16 %
                                                              Schäden durch Trojaner
   in den letzten Jahren nannten sieben
   Unternehmen einen CEO-Fraud, der im
   Durchschnitt einen Schaden in Höhe
                                                           mindestens einmal schwere       2%
                                                             Schäden aufgrund DDoS
   von 4,4 Millionen Euro verursachte. Im
   Bereich Cybercrime sind Fälle von CEO-                    mindestens einmal leichte        6%
   Fraud daher die schadensträchtigsten                       Schäden aufgrund DDoS
   Delikte.
                                                                  erfolgreiche Fälle von      5%
                                                                            CEO-Fraud

                                                              Versuche von CEO-Fraud
                                                                                                                                     40 %

   12
          gl. BKA, Bundeslagebild Wirtschaftskriminalität 2016, S. 10.
         V
   13
         Vgl. BSI, Die Lage der IT-Sicherheit in Deutschland 2016, S. 20 und 29.
   14
        Vgl. ebenda, S. 29.

20 Wirtschaftskriminalität 2018
Einzelschäden können unkalkulierbare Ausmaße
                                                                                             annehmen, in einem unserer berichteten Fälle
                                                                                             über 10 Millionen Euro.

Hohe Einzelschäden durch Wirtschaftskriminalität
Die finanziellen Folgen von Wirtschafts­              Abb. 8	Hohe Schäden durch Wirtschaftskriminalität1
kriminalität lassen sich nur bedingt
beziffern, insbesondere wenn man                       durchschnittliche Schäden je Delikt in Mio. €
auch die zahlreichen indirekten
Konsequenzen wie Schadens­ersatz­
forderungen, straf- bzw. bußgeld­                                                       > 10.000
                                                                                                                                             24,38
rechtliche Haftungs­risiken, Kosten
                                                                                                                    11,08
                                                    Mitarbeiter weltweit

für Rechts­verfahren, Stakeholder­
                                                                                   5.000–10.000
management und Reputations­
schäden zu berücksichtigen hat. Der
durchschnittliche Schaden sinkt von                                                 1.000–4.999
                                                                                                    2,60
1,55 Millionen Euro im Jahr 2015 auf
723.000 Euro je Unternehmen, wobei
größere Unternehmen wiederum über                                                       500–999
                                                                                                    1,58
deutlich höhere Schäden berichteten.
Die geringeren Schadens­folgen
könnten auf verbesserte Compliance-
                                                                            Durchschnitt für alle           7,23
                                                                           Unternehmensgrößen
Programme zurück­zu­f ühren sein.
Die weitere Entwicklung wird jedoch                   1
                                                                      ifferenzierung: betrifft nur die 212 Unternehmen, die Aussagen bzgl. schwerer
                                                                     D
abzuwarten sein.
                                                                     Wirtschaftsdelikte getroffen haben.

Einzelne gravierende Wirtschafts­delikte
führten allerdings zu deutlich höheren
                                                      Die von den Unternehmen bezifferten                        Allerdings waren sie auch hier in Einzel­
finanziellen Verlusten. In unserer
                                                      Schäden aufgrund von Cyber­crime                           fällen deutlich höher. 6 % berichteten
Studie bezifferten 212 Unternehmen15
                                                      fallen im Vergleich zu denen aufgrund                      über Schadens­folgen in Höhe von
die durchschnittlichen Kosten
                                                      analoger Kriminalität auch 2017                            500.000 bis 2 Millionen Euro. In einem
aufgrund eines schweren Wirtschafts­
                                                      deutlich geringer aus. Die betroffenen                     Fall stieg die Schadens­bilanz auf
delikts auf 7,23 Millionen Euro,
                                                      Unternehmen schätzten die durch                            beachtliche 10 bis 50 Millionen Euro.
wobei die Höhe des Schadens stark
                                                      Cyber­crime verursachten Schäden                           Auch kann es durch CEO-Fraud zu
von der Größe der Unternehmen
                                                      auf durchschnittlich 183.000 Euro.                         erheblichen Verlusten kommen, wie wir
abhängt. Unternehmen mit mehr
                                                                                                                 bereits berichtet haben (siehe Seite 19 f.).
als 10.000 Mitarbeitern schätzten
den Gesamt­schaden des schwersten
Wirtschafts­delikts durchschnittlich auf
24,38 Millionen Euro.

15
     Bei 49 % der schwersten Fälle handelte es sich um ein Vermögensdelikt, bei 16 % um wettbewerbswidrige Absprachen und bei 9 % um Korruption.

                                                                                                                                Wirtschaftskriminalität 2018 21
Compliance-Programme weiterhin im Aufwind
Compliance und Compliance-Management-Systeme
sind zur Selbstverständlichkeit geworden.
Compliance wird als klarer Wettbewerbsvorteil
empfunden und nicht mehr als „Geschäfts­
verhinderung“.

                               Wirtschaftskriminalität 2018 23
Ausweitung des Anwendungsbereichs von CMS
                                                       Compliance-Programme haben sich                   Ferner setzt sich der Trend zu
                                                       in der deutschen Wirtschaft etabliert.            einer Ausweitung der Compliance-
                                                       Drei Viertel der Unternehmen (75 %)               Programme auf zusätzliche Delikts­
                                                       mit mehr als 500 Mitarbeitern verfügen            felder fort. Unternehmen richten ihren
                                                       über ein CMS und bei weiteren 10 %                Compliance-Fokus verstärkt auf die
                                                       befindet sich eines in der Planung.               Zurück­drängung von Korruption (83 %)
                                                       Nahezu alle Groß­unternehmen mit                  und Kartell­rechts­verletzungen (62 %).
                                                       mehr als 10.000 Mitarbeitern verfügen             Auch den Risiken der Geld­wäsche
                                                       über ein CMS (97 %), während                      widmet sich eine wachsende Zahl von
                                                       von den Unternehmen mit 500 bis                   Compliance-Programmen, zwei Drittel
                                                       999 Mitarbeitern nur knapp zwei                   (65 %) erstrecken sich hierauf. Dies
                                                       Drittel (60 %) Compliance-Programme               könnte insbesondere auf die Ausweitung
                                                       implementiert haben. Wir beobachten               des Geltungs­bereichs des Geld­wäsche­
                                                       weiterhin eine Top-down-Entwicklung,              gesetzes (GwG) im Zuge der Umsetzung
                                                       die insbesondere auf den höheren                  der 4. EU-Geld­wäsche­richtlinie zurück­
                                                       rechtlichen und öffentlichen Druck auf            zuführen sein. Bei börsen­notierten
                                                       größere Unternehmen zurückzuführen                Unternehmen19 erhält die Prävention
                                                       ist.16 Größere Unternehmen operieren              gegen Insider­transaktionen (§ 38
                                                       häufiger international, unterliegen               WpHG) einen höheren Stellen­wert,
                                                       daher vermehrt der Aufsicht der US-               drei Viertel verfügen über ein derart
                                                       amerikanischen Behörden und dem                   ausgerichtetes CMS (76 %).
                                                       strikten Reglement des FCPA.17 Diesen
                                                       Druck geben die Unternehmen an
                                                       wirtschaftlich mit ihnen verbundene
                                                       kleinere Unternehmen weiter.18

                 Nahezu alle Großunternehmen mit mehr
                 als 10.000 Mitarbeitern verfügen über
                 ein CMS (97 %).

   16
          Vgl. PwC, Wirtschaftskriminalität in der analogen und digitalen Wirtschaft, 2016, S. 52 ff.
   17
         8 % der befragten Unternehmen unterliegen dem US-amerikanischen FCPA.
        2
   18
        Vgl. Bussmann/Salvenmoser/Jeker, Compliance ist im Markt, aber noch nicht im Recht – Ergebnisse aus einer Unternehmensbefragung, in: CCZ
         5/2016, S. 236–240.
   19
         Die entsprechende Frage wurde nach der Börsennotierung gefiltert. In der Stichprobe sind 21 % der Unternehmen börsennotiert.

24 Wirtschaftskriminalität 2018
65 % der CMS widmen sich den Risiken der Geld­
                                                                                  wäsche. Die Ausweitung des Geltungsbereichs
                                                                                  des GWG dürfte die Erklärung für den deutlichen
                                                                                  Anstieg (7 Prozentpunkte) sein.

In die diesjährige Studie haben wir                     Auch zur Vermeidung von Verstößen
auch die Prävention gegen Betrug und                    gegen internationale Finanz- und
andere Vermögens­delikte sowie gegen                    Wirtschafts­sanktionen besteht
Cyber­crime aufgenommen. Gegen                          weiterhin Handlungs­bedarf bei der
Vermögens­k riminalität wappnen sich                    Compliance-Entwicklung, 49 % der
drei Viertel der Unternehmen durch                      befragten Unternehmen verfügen über
ein entsprechendes CMS (74 %). Dem­                     ein entsprechendes CMS, obwohl von
gegenüber ist der Schutz vor Cyber­crime                diesen internationalen Sanktionen nicht
weiterhin eher unter­entwickelt (58 %),                 nur Unternehmen des Finanz­sektors
wie auch unsere vorangegangene Studie                   tangiert sind, sondern Unternehmen fast
ergab.20                                                aller Branchen.

Abb. 9       Status des CMS nach Deliktsgruppen

                                              79 %
                              Korruption
                                              83 %

                                              55 %
             Kartellrechtsverletzungen
                                              62 %

                                              58 %
                            Geldwäsche
                                              65 %

             strafbarer Insiderhandel         67 %
       (börsennotierte Unternehmen)           76 %

                                              89 %
             Datenschutzverletzungen
                                              87 %

     Verstöße gegen internationale            54 %
Finanz- und Wirtschaftssanktionen             49 %

                     Vermögensdelikte1
                                              74 %

                            Cybercrime1
                                              58 %

                                                 2015           2017

Basis: Unternehmen mit CMS
1
     Keine Daten für 2015.

20
     Vgl. PwC, Wirtschaftskriminalität in der analogen und digitalen Wirtschaft, 2016, S. 32 ff.

                                                                                                             Wirtschaftskriminalität 2018 25
Wahrgenommene Schwächen im Compliance-Management
   Viele Unternehmen dehnen ihr CMS               Schwach­punkten, wie wir anhand
   nicht nur auf weitere Rechts­gebiete           einiger Statements aus unseren
   aus, sondern arbeiten auch an ihren            vertieften Interviews zeigen können:

      Kommunikationsprobleme

      „Kommunikation ist definitiv der            in welchem Arbeits­umfeld wichtig ist zu     Strategie: „Wir sind dabei, in unserem
      Schwach­punkt – dass nicht immer alles      wissen.“ (Pharma und Gesundheits­            eigenen haus­internen Netz­werk
      da ankommt, wo es ankommen soll,            wesen, mehr als 10.000 Mitarbeiter           ein internes Informations­s ystem
      und vielleicht auch nicht in der Form       weltweit)                                    aufzubauen, um dort mit gängigen
      ankommt, wie es ankommen soll.“                                                          Such­maschinen die Begrifflichkeiten
                                                  „Informationsdurchlässigkeit. Das            finden zu können. Also im Prinzip
      Strategie: „An der Art der Vermittlung      heißt, wir sind ein stark diversifiziertes   eine Holschuld für die Organisations­
      müssen wir ganz stark arbeiten,             Unternehmen und haben das Problem,           einheiten, indem sie sich darüber
      also daran, wie wir es besser in den        dass Informationen, die in einem             informieren müssen, welche
      Arbeits­alltag integriert bekommen,         Unternehmens­teil gut verbreitet sind, in    Neuigkeiten existieren.“ (Pharma
      ohne immer Tausende von Check­              einem anderen Unternehmens­teil eher         und Gesundheits­wesen, mehr als
      listen ausfüllen zu müssen, sondern         noch nicht verankert sind. Also es ist im    10.000 Mitarbeiter weltweit)
      dass wir auch wirklich sicher­gehen         Prinzip ein Kommunikations­problem.“
      können, dass verstanden wurde, was

      Mangelnde Konsistenz der Regelungen                                                        Mangelnde Integration in
                                                                                                 Geschäftsprozesse
      „Eine Schwäche besteht in der               zu einem gesamten konsistenten, vor
      Integration der verschiedenen               allen Dingen in ihren Bezügen stets            „Also ich glaube, das Problem bei
      Compliance-relevanten Instrumente.          aktuellen Gesamt­s ystem werden.“              Compliance-Systemen insgesamt
      Wenn Sie das inner­betriebliche                                                            ist immer, sie am Ende in die letzte
      Kontroll­s ystem nehmen, wie es mit         Strategie: „Wir sind dabei, eine               Verästelung des Konzerns zu tragen.
      dem Richt­linien-Management-System          integrierte Software einzuführen,              Und das kann man nicht dadurch
      verbunden ist und wie diese beiden          die ebendiese Quer­bezüge zwischen             machen, dass man irgendwelche
      wiederum verbunden sind mit unserem         den Teil­instrumenten überwacht                Themen wiederholt.“
      Geschäfts­prozess-Management-System         bzw. erlaubt zu überwachen und uns
      und mit unserem IT-Fach­verfahren-          aktiv auf Inkonsistenzen hinweist.“            Strategie: „Schulungen sind
      Management-System: An dieser                (Versicherungs­wirtschaft, mehr als            natürlich auch Mittel, aber im
      Integration [...] müssen wir noch           10.000 Mitarbeiter weltweit)                   Grunde funktioniert das am Ende
      arbeiten, dass diese ganzen Teil­s ysteme                                                  nur, wenn man in die Geschäfts­
                                                                                                 prozesse geht. Je besser die Prozesse
                                                                                                 sind und je besser die Prozesse
                                                                                                 selbst Kontrollen beinhalten, umso
                                                                                                 besser wird man auch Compliance
                                                                                                 in den Alltag integrieren können.
                                                                                                 Wenn man es immer nur auf der
                                                                                                 ,Ich-denke-mal-dran-da-war-doch-
                                                                                                 noch-Compliance‘-Ebene belässt,
             Die qualitativen Interviews                                                         dann wird das immer dazu führen,
             zeigen, dass die Umsetzung                                                          dass im Zweifel jemand nicht daran
             des CMS im Alltag häufig noch                                                       denkt.“ (Handel und Konsum,
                                                                                                 mehr als 10.000 Mitarbeiter
             auf Hindernisse stößt.                                                              weltweit)

26 Wirtschaftskriminalität 2018
Umsetzung in einem global agierenden Unternehmen                                      Zu formales CMS

„Wenn Sie im Dax oder MDax               Produktions- und Vertriebs­standorten        „Das Problem ist vielleicht anders
gelistet sind und global operieren,      in so ziemlich jedem Land der Erde –         als bei Rechnungs­legungs­s ystemen –
ist es schwierig, in jeder letzten       ich glaube, in über 170 Ländern.             da hat man Zahlen –, weil es
Einheit in Timbuktu ein Compliance-      Weil die Compliance-Organisation             eben qualitativer Art ist. Und die
Management-System zu haben,              in dieser jetzigen Form noch nicht           Frage ist natürlich: Wie kriege ich
insbesondere was das Berichts­wesen      sehr alt ist und auch noch keine             qualitative Dinge in Daten? Das
angeht, das genauso gut funktioniert     absolute Homogenität im Wissens­             ist schon ein bisschen ein Problem.
wie in Deutschland – weil die Wege       stand der Kollegen, die Compliance in        Und ich sehe da auch die riesen­
einfach weiter sind.“                    den Ländern oder an den Stand­orten          große Gefahr des Compliance-
                                         betreiben, vorhanden ist, fehlt es noch      Management-Systems, dass man
Strategie: „Ich glaube, alles, was       ein bisschen an dem einheitlichen Guss,      sich dann auf Zahlen stützt und
global ist, lässt sich nur IT-basiert    an der gemeinsamen Schlagkraft.“             weniger die Inhalte hinterfragt. Das
beheben, indem man sagt, man                                                          ist ein Spannungs­feld, das noch zu
braucht IT-basierte Lösungen für         Strategie: „Es soll jetzt nicht              lösen ist.“
das Berichts­wesen beispielsweise        bedeuten, dass die Kollegen deswegen
und IT-basierte Lösungen für die         nicht motiviert oder nicht kompetent         Strategie: „Es bleibt nichts anderes
Information von Mitarbeitern, und        sind, aber es fehlt so ein bisschen dieser   übrig, als noch intensiver die
das personen­unabhängig gestaltet.“      einheitliche Auftritt und auch die           Zahlen zu hinterfragen, vielleicht
(Automobil­industrie, mehr als           einheitliche Sprache, weil doch für viele    auch mit Revisions­arbeit – und
10.000 Mitarbeiter weltweit)             Themen, die wir lokal lösen, da nicht        das ist natürlich auch aufwendig,
                                         immer eine Einheitlichkeit gewährt           zu hinter­f ragen und die Dinge
„Ich glaube, das Wichtigste, was         ist [...].“ (Technologie­wirtschaft,         abzufragen. Das ist ein großes
uns noch ein bisschen fehlt, ist die     5.000 bis 10.000 Mitarbeiter                 Problem.“ (Industrielle Produktion,
Compliance aus einem Guss, also als      weltweit)                                    mehr als 10.000 Mitarbeiter
ein multinationales Unternehmen mit                                                   weltweit)

Mangelnde Awareness

„[...] und überhaupt ein Gefühl dafür    „[...] und manche Situationen sind
zu bekommen, dass Handlungs­             noch nicht hundert­prozentig in den
bedarf vorhanden ist und dass man        Köpfen.“
da was tun muss und dass es, wie es in
mancher Beziehung bisher gelaufen ist,   Strategie: „Wir machen im Gegensatz
so nicht weiter­gehen kann.“             zu früher in dem Bereich wesentlich
                                         mehr web­basierte Schulungen,
Strategie: „Wir haben jetzt ein          web­basierte Anwendungen, web­
Vormittags­seminar in Planung, das       basierte Geschichten, zum Teil
wir gemeinsam mit einem Juristen,        mit Verpflichtungs­charakter.“
also haus­intern, organisieren, an       (Technologie­wirtschaft, 1.000 bis
dem sich Führungs­kräfte beteiligen      4.999 Mitarbeiter weltweit)
können, aber auch Mitarbeiter,
und wir werden Kurz­schulungen
anbieten und das Ganze noch mal
ein bisschen auf die Agenda packen.“
(Industrielle Produktion, 1.000 bis
4.999 Mitarbeiter weltweit)

                                                                                                  Wirtschaftskriminalität 2018 27
Gestiegene Anforderungen                             Abb. 10 Entwicklung der Anforderungen an CMS
   an Compliance-Programme
   Auch im deutschen (Neben-)Straf­recht                    stark abgenommen
                                                                                               0%
   sind die Anforderungen an ein CMS
   höher geworden. So hat die Recht­
   sprechung entschieden, dass Aufsichts­               leicht abgenommen
                                                                                               1%
   maßnahmen im Sinne des § 130
   Abs. 1 OWiG nicht nur innerhalb eines
   Unternehmens sicherzustellen sind,                                            unverändert
                                                                                                6%
   sondern sogar im Einzel­fall konzern­
   weite Aufsichts­pflichten bestehen.21                  leicht zugenommen
                                                                                                                   34 %
   Für viele Mutter­gesellschaften dürfte
   die konzern­weite Sicher­stellung der
   Einhaltung straf­rechtlicher Vorschriften                 stark zugenommen
                                                                                                                                          59 %
   eine große Herausforderung darstellen.

   Des Weiteren können nach der                         Basis: alle befragten Unternehmen
   höchstrichterlichen Rechtsprechung
   des Bundesgerichtshofs (BGH)
   Compliance-Maßnahmen im
   Rahmen der Strafzumessung bei
   einer Verbandssanktionierung im                      Compliance-Budgets
   Sinne des § 30 OWiG berücksichtigt
   werden.22 Nach einem Rechts­verstoß                  Viele Unternehmen statten mittlerweile             allerdings hängt der Durchschnitts­
   kommt es für die Strafzumessung                      ihre Compliance-Programme mit einem                wert wesentlich von der Größe des
   trotz eines bereits implementierten                  beachtlichen Budget aus.                           Unternehmens ab. Die Spann­breite
   Compliance-Programms auch darauf                                                                        der durch­schnittlichen Budgets reicht
   an, entsprechende Compliance-                        Das durchschnittliche Budget für                   von 380.000 Euro bei Unternehmen
   Maßnahmen so zu optimieren, „dass                    die Personal- und Sach­mittel einer                mit 500 bis 999 Mitarbeitern bis
   vergleichbare Norm­verletzungen                      Compliance-Abteilung beläuft sich                  zu 7,41 Millionen Euro bei Groß­
   zukünftig jedenfalls deutlich erschwert              unabhängig von der organisatorischen               unternehmen mit mehr als
   werden“23. Dies bedeutet, es besteht                 Zuordnung auf 1,9 Millionen Euro,                  10.000 Mitarbeitern.
   auch eine Rechtspflicht zur stetigen
   Evaluierung und Anpassung der bereits                Abb. 11 Compliance-Budget nach Anzahl der Mitarbeiter
   vorhandenen Compliance-Maßnahmen.
                                                        Budget in Mio. Euro (Mittelwert)
   Das rechtliche Umfeld hat sich vor
   allem durch die höchst­richterliche
   Recht­sprechung mittlerweile stark                                            > 10.000
                                                                                                                                         7,41
   verändert. Ein Drittel der befragten
                                                                                                    1,50
                                                      Mitarbeiter weltweit

   Unternehmen (34 %) stellt daher zu
                                                                             5.000–10.000
   Recht eine Zunahme der Anforderungen
   in den vergangenen fünf Jahren fest,
   59 % gehen sogar von einer starken                                        1.000–4.999
                                                                                                    1,34
   Zunahme aus. Nur 6 % können keine
   Veränderungen erkennen.
                                                                                 500–999
                                                                                               0,38

   21
         gl. OLG München, Beschluss vom 23.09.2014 – 3 Ws 599, 600/14, BB 2015, 2004.
        V
   22
         Vgl. BGH, Urteil vom 09.05.2017 – 1 StR 265/16.
   23
        BGH, Urteil vom 09.05.2017 – 1 StR 265/16.

28 Wirtschaftskriminalität 2018
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