WIRTSCHAFTSKRIMINALITÄT 2018 MEHRWERT VON COMPLIANCE - FORENSISCHE ERFAHRUNGEN - PWC
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In unserer Studie erfahren sie, wie deutsche Unternehmen mit Wirtschaftskriminalität in der analogen und digitalen Welt umgehen und wie Compliance-Programme sich haftungsrechtlich auswirken. Wirtschaftskriminalität 2018 Mehrwert von Compliance – forensische Erfahrungen www.pwc.de/wirtschaftskriminalitaet_2018
Das digitale Zeitalter geht mit neuen Formen der Kriminalität einher: 47 % der Unternehmen sind bereits Opfer einer Cyber- Attacke geworden – oder haben den konkreten Verdacht. IT-Sicherheit wird zum existenziellen Thema. Wie können sich Unternehmen gegen digitale Angriffe wappnen? Cyberrisiken dürfen nicht zum Hemmschuh für die Industrie 4.0 werden.
Mehrwert von Compliance – forensische Erfahrungen Unsere neunte Studie zur Risiko CEO-Fraud In unseren vertieften Interviews Entwicklung der Wirtschafts Hohe Schäden entstanden auch berichteten Unternehmen über kriminalität setzt ihre durch CEO-Fraud. 40 % der befragten noch bestehende Schwächen in der Schwerpunkte auf die weitere Unternehmen berichteten zwar nur Umsetzung ihres CMS, denen sie sich Entwicklung von Compliance- über einen Versuch, aber bei 5 % verstärkt widmen wollen. Genannt Programmen und der der Unternehmen war der CEO- wurden Kommunikationsprobleme, forensischen Praxis der von Fraud erfolgreich und verursachte mangelnde Awareness und eine zu Wirtschaftskriminalität in den schweren Fällen einen durch formale Ausgestaltung des CMS, eine betroffenen Unternehmen. schnittlichen Schaden in Höhe von mangelnde Konsistenz der Regelungen 4,4 Millionen Euro. Alarmierend sind sowie eine unzureichende Integration in Rasanter Anstieg der Fälle von auch Berichte über Angriffe in Form den Geschäftsprozessen, insbesondere Cybercrime von Distributed Denial of Service bei global agierenden Unternehmen. Im Unterschied zur rückläufigen (DDoS) und Verschlüsselungs- bzw. Entwicklung der analogen Wirtschafts Erpressungstrojanern. 8 % der Klarer Trend: Aufstockung der kriminalität (Abnahme um sechs Prozent Unternehmen berichteten über leichte Budgets für Personal- und Sach punkte) stellen wir einen rasanten bis schwere DDoS-Fälle und 18 % mittel des CMS Anstieg im Bereich Cybercrime fest. über Trojaner. Einige Unternehmen In den vergangenen fünf Jahren Fast jedes zweite Unternehmen (46 %) berichteten sogar, das geforderte Löse beobachteten nahezu alle Unternehmen berichtete über mindestens einen Fall. geld gezahlt zu haben. eine leichte (34 %) oder starke Zunahme Dies bedeutet gegenüber 2015 einen (59 %) der Anforderungen an ihr CMS, Anstieg um zwölf Prozentpunkte. Der Compliance-Programme weiterhin sodass jedes zweite die Personal- und Abstand zwischen analoger (49 %) und im Aufwind Sachmittelausstattung hierfür leicht digitaler Kriminalität (46 %) ist somit Drei Viertel der mittelständischen (33 %) oder deutlich (22 %) aufgestockt weitgehend verschwunden. Unternehmen und Großunternehmen hat. Über eine allenfalls leichte verfügen über ein Compliance- Reduzierung berichteten nur 2 % der Allerdings verursachten analoge Management-System (CMS) und bei Unternehmen, bei 43 % der Unternehmen Formen der Wirtschaftsk riminalität im weiteren 10 % befindet es sich in der blieb das Budget unverändert. Durchschnitt gesehen weiterhin deutlich Planung. Auch bei kleineren Mittel höhere Schäden als Cybercrime. Die ständlern mit 500 bis 999 Mitarbeitern Konkret zeigt sich dieser klare Trend durchschnittlichen Kosten infolge eines ist heute ein CMS überwiegend bei der personellen Aufstockung schweren Wirtschaftsdelikts bezifferten selbstverständlich (60 %). Der des Compliance-Managements. Im die betroffenen Unternehmen auf Trend, Compliance-Programme auf Durchschnitt kommen heute rund 7,23 Millionen Euro, während Fälle von zusätzliche Deliktsfelder auszuweiten, 1.500 Mitarbeiter auf eine Compliance- Cybercrime durchschnittlich Schäden in hält unvermindert an, wobei der Officer-Stelle, während es vor Höhe von 183.000 Euro verursachten. Fokus auf der Prävention gegen vier Jahren noch rund 2.400 waren. Korruption (CMS 83 %), Kartellrechts Die Relation ist bei fast zwei Dritteln verletzungen (CMS 62 %) und Geld der Unternehmen sogar deutlich besser. wäsche (CMS 65 %) liegt. Bei einem Drittel (33 %) kommen sogar auf 500 Mitarbeiter bzw. bei 29 % der Unternehmen auf 500 bis 1.000 Mitarbeiter eine Compliance- Officer-Stelle. Wirtschaftskriminalität 2018 3
Hinweisgebersysteme waren lange Zeit umstritten, mittlerweile entwickelten sie sich zum CMS-Standard. Compliance-Vertragsklauseln Compliance beats corruption Hinweisgebersysteme waren lange Zeit werden in der Lieferkette immer Das Eis scheint gebrochen, alle von umstritten, mittlerweile entwickelten üblicher uns erhobenen Kennwerte deuten auf sie sich zum CMS-Standard. Die Aufgrund der wachsenden Erwartung eine sinkende Korruptionsbelastung Mehrheit der Unternehmen bietet nicht im Markt und der Reputations- und der deutschen Wirtschaft hin. Durch nur einen internen Ansprechpartner an, Haftungsrisiken versuchen die meisten Korruption wurden nur 6 % der sondern auch eine telefonische Hotline Unternehmen den Compliance- Unternehmen betroffen und gegenüber (57 %), ein webbasiertes System (35 %) Risiken auch in ihrem geschäftlichen 2015 nahmen die Verdachtsfälle von oder eine Ombudsperson (29 %). Umfeld konsequent zu begegnen. 19 % auf 11 % ab. Auch der Anteil 86 % der Unternehmen sehen mindestens Einer deutlichen Mehrheit der der Unternehmen, denen Geschäfte einen dieser Kommunikationskanäle vor. Unternehmen (82 %) ist mittlerweile vermutlich infolge von Korruption eines In unseren vertieften Interviews zeigten wichtig bzw. sehr wichtig, dass ihre Wettbewerbers entgangen sind, sinkt sich die Unternehmen ganz überwiegend Lieferanten und Dienstleister über ein von 21 % auf 9 %. Diese Entwicklung vom Nutzen ihres Hinweisgebersystems CMS verfügen oder eines einführen. dürfte vor allem auf die wachsende überzeugt und wollen hierauf nicht mehr Viele Unternehmen berichteten, Zahl von Anti-Korruptionsprogrammen verzichten. Fälle von Missbrauch werden dass es inzwischen zur Routine zurückzuführen sein, die zunehmend als Ausnahmen angesehen. gehöre, Compliance-Standards von auch in mittelständischen Unternehmen ihren Lieferanten und Dienstleistern implementiert wurden.1 Über Hinweisgebersysteme sollten nicht einzufordern. Dieser Erwartungs drei Viertel (77 %) der Unternehmen mit auf unternehmensinterne Personen druck in Richtung Geschäftspartner 1.000 bis 4.999 Mitarbeitern und fast beschränkt sein, wie unsere Studien zur geht immer häufiger auch von mittel zwei Drittel (60 %) der Unternehmen Bedeutung externer Hinweise zeigen. ständischen Unternehmen aus. mit 500 bis 999 Mitarbeitern verfügen Zudem fordern die Richtlinien des über ein entsprechendes CMS. Foreign Corrupt Practices Art (FCPA), Auch sie nutzen zunehmend ihren Rechtlich wurde diese Entwicklung dass solche Systeme außenstehenden vertraglichen Gestaltungsspielraum. vermutlich auch durch die Erweiterung Dritten zugänglich sind. Jedoch zeigen Verbreitet sind Compliance- der strafrechtlichen Haftung nach unsere Ergebnisse, dass nur knapp Verpflichtungserklärungen, die § 299 StGB unterstützt, da nunmehr jedes dritte Hinweisgebersystem Zusicherung eines Rechts auf anlass Bestechung und Bestechlichkeit auch auch Geschäftspartnern und Sub bezogene Prüfung und Compliance- außerhalb einer Wettbewerbssituation unternehmen (31 %) und jedes vierte Haftungsk lauseln. Allerdings nehmen strafbar sind. allgemein der Öffentlichkeit (23 %) hierdurch auch Konflikte zwischen zugänglich ist. In dieser Hinsicht verschiedenen Compliance-Standards zu, Schulungen und Hinweisgeber besteht bei vielen Unternehmen noch die sich jedoch weitgehend vermeiden systeme werden zur Norm Handlungsbedarf. ließen, wenn Zertifizierungen selbst Für die meisten Unternehmen sind im verständlicher werden würden. Rahmen ihres korruptionsrechtlichen Nur knapp die Hälfte der befragten CMS Classroom-Schulungsmaßnahmen Unternehmen hat eine unabhängige (70 %) ein wesentlicher Bestandteil. Prüfung nach dem IDW PS 980 oder Zunehmend werden jedoch auch digitale eine Zertifizierung gemäß ISO 19600 Trainingsformate eingesetzt, fast durchführen lassen (Abschnitt D6, 47%), zwei Drittel der Schulungsmaßnahmen sodass in der Praxis eine Vielfalt an erfolgen durch webbasierte Lern CMS herrscht, die eine gegenseitige programme und Schulungsfilme (61 %). Anerkennung erschwert. 1 Bei Großunternehmen sind Anti-Korruptionsprogramme selbstverständlich (97 %). 4 Wirtschaftskriminalität 2018
Erste Erfolge im Kampf gegen Überdies können wir mit unserer Interne Untersuchungen sind Kartellrechtsverstöße Studie als Erste in Deutschland die Regel Nicht nur in der Bekämpfung der aufzeigen, dass sich ein CMS nicht In dieser Studie haben wir einen Korruption zeigt sich eine präventive nur in wirtschaftlicher Hinsicht als Schwerpunkt auf die forensische Praxis Wirkung der Compliance-Programme, vorteilhaft erweist, sondern auch in betroffener Unternehmen gelegt. Die sondern auch bei den Kartellrechts haftungsrechtlicher. 21 Unternehmen Aufklärung bzw. Aufdeckung etwaiger verstößen gibt es Anzeichen für berichteten über ihre Erfahrungen Straftaten durch interne oder hiermit einen Rückgang. Der Anteil der mit den Strafverfolgungsbehörden bei beauftragte externe Spezialisten ist für Unternehmen, die über einen Verdacht Verfahren nach § 130 Abs. 1 OWiG. eine große Mehrheit der Unternehmen auf einen kartellrechtlichen Verstoß Über ein Drittel (37 %) der betroffenen selbstverständlich (85 %). Die Leitung berichteten, sinkt auf 8 %. Gleichzeitig Unternehmen gab an, dass die Tatsache, oblag zumeist entweder der Internen halten es Unternehmen seltener für dass sie über ein CMS verfügten, die Revision (38 %) oder der Rechts wahrscheinlich, ein Angebot zu einer Höhe der Geldbuße positiv beeinflusst abteilung (31 %) und aufgrund des wettbewerbswidrigen Absprache habe. Bei 43 % der Unternehmen, die ein häufig anderen Aufgabenprofils seltener zu erhalten (4 %). Allerdings sank CMS implementiert hatten, beförderte der Compliance-Abteilung (24 %). nach den Angaben der befragten dies die Einstellung des Verfahrens. Bei Unternehmen der Marktanteil (8 %), der jedem dritten Unternehmen hat sich Interne Untersuchungen haben auf wettbewerbswidrigen Absprachen zudem die nachträgliche Zusage, ein vielfältige Gründe. Sie erfolgten, beruht, nur leicht. Wir führen diese CMS einzuführen bzw. Verbesserungen um arbeitsrechtliche (54 %) und Entwicklung auf die wachsende vorzunehmen, auf die Höhe der Geld strafrechtliche (64 %) Maßnahmen Verbreitung von Compliance- buße positiv ausgewirkt; bei fast jedem vorzubereiten sowie Schadensersatz Programmen zurück (62 %), und zwar zweiten Unternehmen beförderte dies forderungen durchzusetzen (63 %) und auch im Mittelstand. die Einstellung des Verfahrens. gesellschaftsrechtliche Verpflichtungen zu erfüllen (61 %). Oft wollen die Marktwirtschaftlicher und Hoher Anteil statushoher interner betroffenen Unternehmen aus den rechtlicher Mehrwert von Täter sowie der organisierten Fällen lernen und nutzen interne Compliance Kriminalität (OK) Untersuchungen zur Verbesserung des Unsere Studie zeigt, dass sich aus Sicht Rund die Hälfte der gegen Unternehmen internen Kontrollsystems (IKS 69 %) der allermeisten Unternehmen ein gerichteten Wirtschaftsstraftaten und zur Optimierung des CMS (55 %). CMS sowohl auf inländischen als auch wird von Personen aus dem eigenen Immerhin sehen fast zwei Drittel der ausländischen Märkten vorteilhaft Unternehmen begangen. Dabei handelte Compliance-Programme spezielle auswirkt. Über ein Drittel (36 %) es sich in jedem vierten Fall (25 %) um Case Reports zur Evaluation des CMS beurteilt das eigene Compliance- eine Person aus der obersten Führungs vor (61 %). Programm im Wettbewerb überwiegend ebene. Empirisch gesehen sind folglich als vorteilhaft und ein Viertel (24 %) besondere Vorsicht und Sorgfalt bei erkennt hierin sogar einen klaren der Auswahl und Überwachung von Vorteil. Nur 9 % berichteten über Personen in Führungs- und Vertrauens Wettbewerbsnachteile im deutschen positionen geboten. Betrachtet man die Markt, davon nur 1 % über klare Gruppe der externen Täter, beunruhigt Wettbewerbsnachteile. der relativ hohe Anteil derjenigen, die vermutlich aus dem Kreis der OK stammen (19 %). Wirtschaftskriminalität 2018 5
Bedeutung externer Ermittler Sanktionspraxis bei Compliance- In der Praxis wurden in über der Hälfte Verstößen der Fälle zusätzlich externe Ermittler Die Sanktionspraxis vieler Unternehmen mit den Untersuchungen beauftragt ist in den vergangenen Jahren (57 %). Ein Grund ist sicherlich, dass konsequenter geworden. In aller Regel im Vergleich zur Ermittlungstätigkeit erfolgt bei gravierenden Compliance- der Strafverfolgungsbehörden (sehr Verstößen eine Kündigung (87 %) und zufrieden: 24 %) die Unternehmen deutlich häufiger als vor sechs Jahren mit der hauseigenen Aufklärungs wurden zivilrechtliche Schritte arbeit (51 %) und auch der Arbeit der eingeleitet (65 %) und eine Strafanzeige hinzugezogenen externen Ermittler erstattet (65 %). (46 %) häufig sehr zufrieden waren. Die Strafanzeige erfolgte in jedem Die Beauftragung externer Ermittler zweiten Fall nicht beim ersten Verdacht, dürfte auf die sachliche und sondern erst im Laufe (23 %) oder nach rechtliche Komplexität vieler Fälle Abschluss des Verfahrens (23 %). Die zurückzuführen sein, sodass sie bereits Unternehmen begründeten dies mit der beim ersten Verdacht (41 %) oder schnelleren Aufklärung durch interne im Laufe der internen Ermittlungen Untersuchungen (64 %), aber nur selten (43 %) hinzugezogen werden. Aus mit einer mangelnden fachlichen diesem Grund gaben die betroffenen Kompetenz der staatlichen Ermittler Unternehmen am häufigsten (8 %). Kritik an Polizei und Staats das Erfordernis entsprechender anwaltschaft äußerten jedoch mehr als Qualifikation an (84 %). ein Viertel der Unternehmen aufgrund deren zu geringer Kenntnis über Als weitere Gründe nannten die betriebswirtschaftliche Abläufe (29 %). betroffenen Unternehmen die höhere Objektivität externer Ermittler (56 %) An dieser Stelle möchten wir uns und Kapazitätsgründe (35 %). Die bei den befragten Unternehmen für Beauftragung externer Ermittler wurde ihre Bereitschaft zur Teilnahme an seltener mit dem Druck von Stake der vorliegenden Studie bedanken. holdern (20 %) oder der Presse (5 %) Auch diesmal haben wir uns neuen begründet. Vermutlich wurden die Themen gewidmet, um über die Sicht wenigsten Fälle öffentlich bekannt. der Wirtschaft auf zentrale Fragen der Anders wird die Lage im Falle einer Compliance- und Haftungsentwicklung skandalisierenden Pressebericht zu berichten und diese zu kommentieren. erstattung zu beurteilen sein, hier dürfte sich die Beauftragung externer Frankfurt am Main und Halle an der Ermittler empfehlen. Saale im Februar 2018 Claudia Nestler Steffen Salvenmoser Compliance-Verstöße werden zunehmend konsequenter von den Unternehmen Prof. Dr. jur. Kai-D. Bussmann sanktioniert. In 87 % aller Fälle erfolgte bei schwerwiegenden Verstößen eine Kündigung. In zwei Drittel der schwer wiegenden Verstöße wurde eine Straf anzeige gestellt. 6 Wirtschaftskriminalität 2018
Inhaltsverzeichnis 9 Abbildungsverzeichnis 12 Methodisches Vorgehen 14 Wachsende Risiken in der digitalen Wirtschaft 16 Leichter Rückgang in der analogen Wirtschaft 17 Rückgang der Verdachtsfälle 18 Wachsende Bedrohung der Wirtschaft durch Cybercrime 19 Spezial: CEO-Fraud und Erpressungsfälle keine Seltenheit 21 Hohe Einzelschäden durch Wirtschaftskriminalität 22 Compliance-Programme weiterhin im Aufwind 24 Ausweitung des Anwendungsbereichs von CMS 26 Wahrgenommene Schwächen im Compliance-Management 28 Gestiegene Anforderungen an Compliance-Programme 28 Compliance-Budgets 29 Erhöhung der Budgets für Personal- und Sachmittel 31 Personelle Aufstockung des CMS 32 Trend: Compliance in der Lieferkette 34 Compliance aus Sicht der Auftraggeber 35 Compliance-Vertragskonditionen 38 Compliance beats Corruption 40 Entwicklung der Korruptionsrisiken 41 Der Mittelstand holt auf 42 Verbreitung von Anti-Korruptionsmaßnahmen 42 Schulungen zunehmend auch digital 44 Trend: Hinweisgebersysteme 46 Evaluation des Compliance-Managements 48 Erste Erfolge im Kampf gegen Kartellrechtsverstöße 50 Abnahme der Kartellrechtsverstöße 51 Kartellrechtliche Compliance zunehmend im Mittelstand Wirtschaftskriminalität 2018 7
52 Mehrwert von Compliance 54 Compliance als Wettbewerbsvorteil 56 Bonus für CMS in Verfahren nach § 130 OWiG 58 Forensische Praxis betroffener Unternehmen 60 Tätermerkmale – Risiko OK 61 Praxis interner Untersuchungen 62 Gründe interner Untersuchungen 63 Bedeutung externer Ermittler in der Praxis 64 Phase der Beauftragung externer Ermittler 64 Gründe für die Beauftragung externer Ermittler 65 Zufriedenheit mit der Arbeit externer und staatlicher Ermittler 66 Sanktionspraxis bei Compliance-Verstößen 68 Folgen für interne Täter 68 Praxis der Strafanzeige 69 Pro und Kontra einer Strafanzeige 70 Ihre Ansprechpartner 72 Impressum 8 Wirtschaftskriminalität 2018
Abbildungsverzeichnis Abb. 1 Funktion der Interviewperson im Unternehmen.....................................12 Abb. 2 Unternehmensgröße...............................................................................13 Abb. 3 Entwicklung der Wirtschaftskriminalität 2009–2017............................. 16 Abb. 4 Entwicklung der Verdachtsfälle 2011–2017............................................. 17 Abb. 5 Von Cybercrime betroffene Unternehmen – eindeutige Fälle 2015–2017......................................................................................18 Abb. 6 Verdachtsfälle auf Cybercrime 2015–2017..............................................19 Abb. 7 Von CEO-Fraud und Erpressungsfällen betroffene Unternehmen in den letzten zwei Jahren.......................................................................20 Abb. 8 Hohe Schäden durch Wirtschaftskriminalität.........................................21 Abb. 9 Status des CMS nach Deliktsgruppen......................................................25 Abb. 10 Entwicklung der Anforderungen an CMS................................................28 Abb. 11 Compliance-Budget nach Anzahl der Mitarbeiter....................................28 Abb. 12 Entwicklung der Personal- und Sachmittel für Compliance in den letzten zwei Jahren...........................................................................29 Abb. 13 Entwicklung der Personal- und Sachmittel für Compliance nach Größe der Unternehmen.................................................................29 Abb. 14 Good Practice: Personelle Ausstattung der Compliance-Abteilung..........31 Abb. 15 Bedeutung eines CMS aus Sicht der Auftraggeber...................................34 Abb. 16 Bedeutung eines CMS aus Sicht der Auftraggeber, nach Unternehmensgröße.......................................................................35 Abb. 17 Verbreitung von Compliance-Vertragskonditionen..................................36 Wirtschaftskriminalität 2018 9
Abb. 18 Regelmäßige Compliance-Vertragskonditionen, nach Unternehmensgröße...............................................................................37 Abb. 19 Entwicklung der Korruptionsrisiken 2005–2017.....................................40 Abb. 20 Verbreitung von Anti-Korruptionsprogrammen 2013–2017, nach Unternehmensgröße....................................................................... 41 Abb. 21 Verbreitung der Anti-Korruptionsmaßnahmen 2013–2017.....................42 Abb. 22 Praxis der Schulungen 2013–2017..........................................................43 Abb. 23 Bewertung der Schulungen 2013–2017...................................................43 Abb. 24 Hinweisgebersysteme 2013–2017...........................................................44 Abb. 25 Art der Evaluation des CMS.....................................................................46 Abb. 26 Entwicklung des Risikos wettbewerbswidriger Absprachen 2011–2017...........................................................................50 Abb. 27 Durch wettbewerbswidrige Absprachen erzielter Umsatzanteil in der eigenen Branche 2013–2017..........................................................51 Abb. 28 Verbreitung kartellrechtlicher Compliance-Maßnahmen, nach Unternehmensgröße.......................................................................51 Abb. 29 Compliance im Wettbewerb....................................................................54 Abb. 30 Compliance im Wettbewerb, nach Unternehmensgrößen........................55 Abb. 31 Auswirkungen von CMS auf das Ergebnis in Verfahren nach § 130 OWiG.....................................................................................57 Abb. 32 Beziehung der Täter zum geschädigten Unternehmen.............................60 Abb. 33 Position des internen/externen Haupttäters............................................60 Abb. 34 Leitung der internen Untersuchungen..................................................... 61 Abb. 35 Gründe interner Ermittlungen................................................................62 10 Wirtschaftskriminalität 2018
Abb. 36 Gründe interner Ermittlungen – Vergleich interne versus externe Täter...........................................................................................63 Abb. 37 Tatsächliche oder hypothetische Beauftragung externer Ermittler.........63 Abb. 38 Phase der Beauftragung externer Ermittler.............................................64 Abb. 39 Gründe für die Beauftragung externer Ermittler.....................................64 Abb. 40 Zufriedenheit mit der Arbeit der Ermittler..............................................65 Abb. 41 Konsequenzen gegenüber internen Haupttätern 2011–2017....................68 Abb. 42 Strafanzeige in welcher Phase der internen Ermittlungen.......................68 Abb. 43 Pro und Contra Strafanzeige...................................................................69 Wirtschaftskriminalität 2018 11
Methodisches Vorgehen Die vorliegende, neunte Studie zur zuständig erklärt hatten. Des Weiteren Wirtschaftsk riminalität wurde im wurden mit 32 Unternehmen ergänzende Auftrag von PwC und der Martin- vertiefte Interviews zu ausgewählten Luther-Universität Halle-Wittenberg Fragen durchgeführt, um detailreichere von Kantar EMNID durchgeführt. Von Berichte und Einschätzungen zu Anfang Juli bis Ende September 2017 erhalten. wurden in Deutschland mithilfe eines standardisierten Fragebogens Die Befragten stammten zu etwa Verantwortliche aus 500 Unternehmen einem Drittel (31 %) aus dem Bereich telefonisch interviewt, die sich in ihrem Compliance, 27 % der Befragten gehörten Unternehmen für den Themenbereich der Finanzabteilung an und 21 % der Kriminalitätsprävention und -aufklärung Rechtsabteilung. Abb. 1 Funktion der Interviewperson im Unternehmen Mehrfachnennungen waren möglich. Finanzabteilung 27 % Revision 15 % Rechtsabteilung 21 % Personal 5% Unternehmenssicherheit 4% Risikomanagement 5% Compliance 31 % anderer Bereich 3% 12 Wirtschaftskriminalität 2018
Die Antwortbereitschaft war auch nach US-Recht gegründet wurden, Ein Teil der Fragen ermöglicht einen dieses Mal hoch. Aufgrund der Art ihren Geschäftssitz in den USA haben, direkten Vergleich mit unseren von 2005 und des Umfangs der Stichproben an einer US-Börse notiert sind oder auf bis 2017 zweijährlich durchgeführten ziehung handelt es sich um eine andere Weise in den USA geschäftlich Studien. Auch dieser Report enthält repräsentative Studie zur Sicherheits tätig sind. eine Fallstudie (siehe Seite 66 ff.). Diese lage von Unternehmen mit mehr als ermöglicht insbesondere die Erhebung 500 Mitarbeitern in Deutschland Fast jedes zweite Unternehmen (46 %) von Tätermerkmalen sowie des bzw. weltweit. Rund die Hälfte der verfügt über Auslandsvertretungen, Umgangs mit konkreten Verdachtsfällen Unternehmen verfügt über 1.000 mehr als jedes fünfte (19 %) ist weltweit der betroffenen Unternehmen. 2017 bis 4.999 Mitarbeiter (48 %). Jedes vertreten. Die folgende Abbildung zeigt berichteten die befragten Unternehmen fünfte Unternehmen (21 %) ist die Größe der befragten Unternehmen von 212 gravierenden Schadens börsennotiert und 28 % unterliegen nach Anzahl der weltweit beschäftigten fällen, dabei handelte es sich bei jedem dem US-amerikanischen FCPA, da sie Mitarbeiter. zweiten Fall (49 %) um ein Vermögens delikt, bei 16 % um wettbewerbswidrige Abb. 2 Unternehmensgröße Absprachen und bei 9 % um Korruption. > 10.000 16 % Beschäftigte weltweit 5.000–10.000 6% 1.000–4.999 48 % 500–999 30 % In unseren zweijährigen Studien berichten wir seit 2001 kontinuierlich über die Erfahrungen von mittelständischen und Großunternehmen rund um das Risikofeld Wirtschaftskriminalität. Wirtschaftskriminalität 2018 13
Wachsende Risiken in der digitalen Wirtschaft
Während die Belastung der Unternehmen durch die Risiken klassischer Wirtschaftskriminalität abnimmt, ist ein dramatischer Anstieg von Cybercrime-Fällen zu verzeichnen. Wirtschaftskriminalität 2018 15
Leichter Rückgang in der analogen Wirtschaft Im langfristigen Vergleich zeichnet sich Abb. 3 Entwicklung der Wirtschaftskriminalität 2009–2017 in der deutschen Wirtschaft ein Rückgang in der Entwicklung der Mehrfachnennungen waren möglich. (analogen) Wirtschaftsk riminalität ab. Gegenüber 2015 beobachten wir eine 61 % weitere Abnahme der Kriminalitäts 52 % belastung um sechs Prozentpunkte auf alle Deliktsarten 45 % das Niveau von 2013. Der Höchststand 51 % lag 2009 bei 61 % (alle Deliktsarten). 45 % Wir sehen daher unsere These bestätigt, dass sich die optimierten Compliance- 42 % Programme zunehmend präventiv 32 % auswirken.2 Allerdings bleibt das Vermögensdelikt 34 % 37 % Dunkelfeld groß, wie an den weiterhin 32 % berichteten Verdachtsfällen deutlich wird (siehe Seite 17). 4% 3% Unsere Studie zeigt gegenüber 2015 und Falschbilanzierung 2% auch im langjährigen Vergleich, dass die 2% Zahl der von Vermögensdelikten 2% betroffenen Unternehmen zurückgeht. Gegenüber 2015 ist die Zahl der 3% berichteten Verstöße gegen Patent- und 5% Markenrechte zwar unverändert (13 %), Geldwäsche 4% 5% aber seit 2009 (23 %) stark rückläufig. 4% Dies dürfte auch auf das veränderte Marktumfeld zurückzuführen sein. 23 % Auch die Emerging Markets und 17 % insbesondere China zeigen ein eigenes Verstoß gegen Patent- 10 % und Markenrechte Interesse am Schutz geistigen 13 % Eigentums. Vergleichsweise selten 13 % waren die befragten Unternehmen durch Industrie- und Wirtschafts 7% spionage betroffen (3 %). Allerdings 5% Industrie- und wissen wir aus vorangegangenen 2% Wirtschaftsspionage 3% Studien, dass forschungsintensive 3% Unternehmen weiterhin sehr viel höheren Risiken ausgesetzt sind.3 21 % Diebstahl vertraulicher 12 % Beim Diebstahl vertraulicher Kunden- Kunden- und 5% und Unternehmensdaten beobachten Unternehmensdaten 5% wir langfristig ebenfalls eine positive 7% Entwicklung (2009: 21 %); der geringe Anstieg auf 7 % gegenüber 2015 (5 %) 2009 2011 2013 2015 2017 sollte dabei nicht überinterpretiert werden. 2 gl. PwC, Wirtschaftskriminalität in der analogen und digitalen Wirtschaft, 2016, S. 16 f. V 3 Vgl. ebenda, S. 34 f. 16 Wirtschaftskriminalität 2018
Rückgang der Verdachtsfälle Gegenüber 2015 sinkt die Zahl insgesamt (2011: 59 %) als auch bei Im Vergleich zu den eindeutigen der Unternehmen, die mindestens den meisten Deliktsarten. Lediglich Fällen berichteten die Unternehmen einen konkreten Verdacht auf eine über einen Verdacht auf Patent- und mit Ausnahme der Falschbilanzierung Wirtschaftsstraftat berichtet haben, um Markenrechtsverletzungen berichteten häufiger über einen Verdacht auf Geld sieben Prozentpunkte auf 49 %. Auch Unternehmen häufiger als im Jahr 2013, wäsche (8 %), Verstöße gegen Patent- im langf ristigen Vergleich zeigt sich ein jedoch seltener als 2011 (20 %). und Markenrechte (16 %), Wirtschafts- Rückgang der Verdachtsfälle4 – sowohl und Industriespionage (7 %) und Diebstahl vertraulicher Kunden- und Abb. 4 Entwicklung der Verdachtsfälle 2011–2017 Unternehmensdaten (12 %). Das Dunkelfeld der Wirtschaftsk riminalität Mehrfachnennungen waren möglich. bleibt somit groß. 59 % 51 % alle Deliktsarten 56 % 49 % 26 % 27 % Vermögensdelikt 32 % 25 % 6% 3% Falschbilanzierung 4% 2% 10 % 9% Geldwäsche 12 % 8% 20 % Verstoß gegen 11 % Patent- und 14 % Markenrechte 16 % 13 % Industrie- und 10 % Wirtschaftsspionage 9% 7% 23 % Diebstahl vertraulicher 15 % Kunden- und 14 % Unternehmensdaten 12 % 2011 2013 2015 2017 4 Durch den Begriff „konkreter Verdacht“ sollen vage Vermutungen ausgeschlossen werden. Eine Strafanzeige war jedoch nicht Voraussetzung. Wirtschaftskriminalität 2018 17
Wachsende Bedrohung der Wirtschaft durch Cybercrime Deutliche Zunahme der Cyber zugenommen haben vor allem Computer Stagnation bei Cybercrime- crime-Attacken betrug (21 %), Computersabotage und Verdachtsfällen Auch diesmal haben wir untersucht, Datenveränderung (13 %) sowie das Bei den berichteten konkreten inwieweit die Unternehmen von Cyber Ausspähen und Abfangen von Daten Verdachtsfällen (38 %; 2015: 39 %) crime betroffen waren.5 Deutlich (14 %). ist keine vergleichbare Entwicklung zu beobachten. Hier stagniert die Abb. 5 Von Cybercrime betroffene Unternehmen – eindeutige Fälle 2015–2017 Betroffenheit der Unternehmen. Auch bei den einzelnen Formen von Cybercrime Mehrfachnennungen waren möglich. zeigt sich keine signifikante Entwicklung. 34 % Der starke Anstieg bei den eindeutigen alle Deliktsarten Cybercrime-Fällen kann daher auch 46 % auf einer erhöhten Awareness und verbesserten IT-Sicherheitstechnik 13 % Computerbetrug beruhen, sodass immer mehr Cyber 21 % crime-Attacken entdeckt werden. Die Manipulation von Cybercrime-Fälle aus dem Dunkelfeld 11 % gelangen möglicherweise verstärkt Konto- und 14 % in das Hellfeld der Unternehmen. Finanzdaten Dies beruhigt nur bedingt, denn die Ausspähen und 9% Cybercrime-Bedrohungslage ist somit Abfangen von Daten 14 % erwiesenermaßen sehr viel ernster, als (z. B. Passwörter) in Unternehmen angenommen wird.6 Fälschung beweis 6% erheblicher Daten 6% Computersabotage 6% und Datenveränderung 13 % Verstoß gegen Patent- 6% und Markenrechte 6% Industrie- und 2% Wirtschaftsspionage 2% 40 % Diebstahl vertraulicher 6% Kunden- und 6% Unternehmensdaten der Unternehmen 2015 2017 waren vom sogenannten CEO-Fraud betroffen. Bei 5 % der Unternehmen war der Angriff erfolgreich. 5 ei Cybercrime handelt es sich um Delikte, die nicht nur durch bloße Nutzung, sondern durch gezielte Ausnutzung elektronischer Systeme und B Kommunikationsmittel begangen wurden (auch: cyber-dependent crimes). Ausgeschlossen wurden Delikte, bei denen der Computer oder das Internet nur gewählt wurden, um beispielsweise einen Betrug einfacher begehen zu können. 6 Ausführlich zu Risiken des Daten- und Wissensverlusts: PwC, Wirtschaftskriminalität in der analogen und digitalen Wirtschaft, 2016, S. 32 ff. 18 Wirtschaftskriminalität 2018
Abb. 6 Verdachtsfälle auf Cybercrime 2015–2017 Spezial: CEO-Fraud und Erpressungsfälle keine Mehrfachnennungen waren möglich. Seltenheit 39 % In unserer Studie fragten wir nach alle Deliktsarten 38 % Versuchen von CEO-Fraud, auch als „Fake President“-Fraud bezeichnet. 17 % Hierbei handelt es sich um eine Variante Computerbetrug des Social Engineering, bei dem 15 % Mitarbeiter vorrangig aus dem Finanz- Manipulation von und Rechnungswesen vermeintlich 8% Konto- und im Auftrag des Topmanagements 10 % Finanzdaten zur Überweisung eines größeren Ausspähen und Geldbetrags auf ein ausländisches 18 % Konto veranlasst werden – meist durch Abfangen von Daten 17 % einen Anruf oder eine E-Mail.7 Dabei (z. B. Passwörter) werden die Mitarbeiter unter Druck Fälschung beweis 5% gesetzt, den Transfer schnellstmöglich erheblicher Daten 4% durchzuführen und Verschwiegenheit zu bewahren, da es sich um ein Computersabotage 7% geheimes und vertrauliches Projekt und Datenveränderung 8% handle.8 Die Täter, die überwiegend der OK Verstoß gegen Patent- 7% zuzurechnen sind,9 sammeln zunächst und Markenrechte 6% Informationen aus Wirtschaftsberichten der Unternehmen, aus dem Handels Industrie- und 7% register, von der Website und aus Wirtschaftsspionage 5% Werbebroschüren der Unternehmen oder durch direkte Anrufe, um die sich Diebstahl vertraulicher 15 % anschließende Kommunikation mit dem Kunden- und 11 % Mitarbeiter aus der Finanzabteilung Unternehmensdaten glaubwürdig zu gestalten.10 2015 2017 BSI: „Social Engineering ist weiterhin eine vielfach genutzte Methode, um Cyber-Angriffe erfolgreich auszuführen oder zu unterstützen. Für Angreifer ist es einfacher, die Schwachstelle Mensch als oftmals schwächstes Glied der IT-Sicherheitskette zu überwinden, anstatt komplexe technische Sicherheitsmaßnahmen mit viel Aufwand zu umgehen.“ 11 7 gl. BSI, Die Lage der IT-Sicherheit in Deutschland 2016, S. 23; BKA, Bundeslagebild Wirtschaftskriminalität 2016, S. 8. V 8 Vgl. BSI, Pressemitteilung vom 10.07.2017. 9 Vgl. BKA, Bundeslagebild Wirtschaftskriminalität 2016, S. 8. 10 Vgl. BSI, Die Lage der IT-Sicherheit in Deutschland 2016, S. 23; BKA, Bundeslagebild Wirtschaftskriminalität 2016, S. 9. 11 Vgl. BSI, Die Lage der IT-Sicherheit in Deutschland 2016, S. 22. Wirtschaftskriminalität 2018 19
Die Zahl der Fälle hat dem Bundes Alarmierend sind auch Berichte über Fälle Als schwerer Fall mit erheblichen kriminalamt (BKA) zufolge seit 2013 von DDoS und Verschlüsselungs- bzw. Schäden wird dagegen ein länger kontinuierlich zugenommen. Im Erpressungstrojanern, auch unter dem fristiger Systemausfall verstanden, Jahr 2013 wurden zwei versuchte und Oberbegriff „Ransomware“ zusammen der das Tagesgeschäft beeinträchtigt zwei vollendete Fälle von CEO-Fraud gefasst.13 In unserer Studie haben wir und mehrere Rechner oder sogar das erfasst. Drei Jahre später registrierte zwischen leichten und schweren Fällen gesamte Netzwerk betrifft. Ein schwerer das BKA dagegen bereits 51 vollendete unterschieden, um die Bedrohungslage Fall liegt auch dann vor, wenn Lösegeld und 291 versuchte Fälle und gelangte besser evaluieren zu können. Ein leichter gezahlt wird. zu folgender Einschätzung der Fall mit geringen Schäden wird bei kurz Sicherheitslage: zeitigen Systemausfällen ohne nennens In unserer Studie berichteten insgesamt werte Beeinträchtigungen angenommen, 8 % der Unternehmen über leichte und bei denen nur einzelne Rechner betroffen schwere DDoS-Fälle und 18 % über BKA: „Bei der Schadensentwicklung sind und ein Back-up ohne großen Trojaner. Zwar waren die Schäden im Bereich des CEO-Fraud sind Aufwand möglich ist. Das Bundesamt zumeist eher geringer, aber jeweils 2 % starke Anstiege zu verzeichnen. für Sicherheit in der Informations wurden schwer geschädigt. In unserer Seit 2014 verdreifachte sich der technik (BSI) warnt allerdings auch vor Stichprobe von 500 Unternehmen Schaden durch das betrügerische Trittbrettfahrern, die ohne tatsächliche berichteten sogar vier, sie hätten das Handeln der Täter und lag im DDoS-Angriffe darauf hoffen, dass der geforderte Lösegeld gezahlt. Berichtsjahr bei 75,2 Mio. Euro Empfänger zahlt.14 (2015: 46,7 Mio. Euro: +61 %).“ 12 Abb. 7 Von CEO-Fraud und Erpressungsfällen betroffene Unternehmen in den letzten zwei Jahren Unsere Studie zeigt das Bedrohungs potenzial des CEO-Fraud: 40 % der Mehrfachnennungen waren möglich. befragten Unternehmen berichteten über einen derartigen Versuch, davon waren 5 % sogar erfolgreich. Der mindestens einmal schwere 2% Schäden durch Trojaner hohe Verbreitungsgrad, aber auch die Schadensrisiken sind beunruhigend. Als gravierendstes Wirtschaftsdelikt mindestens einmal leichte 16 % Schäden durch Trojaner in den letzten Jahren nannten sieben Unternehmen einen CEO-Fraud, der im Durchschnitt einen Schaden in Höhe mindestens einmal schwere 2% Schäden aufgrund DDoS von 4,4 Millionen Euro verursachte. Im Bereich Cybercrime sind Fälle von CEO- mindestens einmal leichte 6% Fraud daher die schadensträchtigsten Schäden aufgrund DDoS Delikte. erfolgreiche Fälle von 5% CEO-Fraud Versuche von CEO-Fraud 40 % 12 gl. BKA, Bundeslagebild Wirtschaftskriminalität 2016, S. 10. V 13 Vgl. BSI, Die Lage der IT-Sicherheit in Deutschland 2016, S. 20 und 29. 14 Vgl. ebenda, S. 29. 20 Wirtschaftskriminalität 2018
Einzelschäden können unkalkulierbare Ausmaße annehmen, in einem unserer berichteten Fälle über 10 Millionen Euro. Hohe Einzelschäden durch Wirtschaftskriminalität Die finanziellen Folgen von Wirtschafts Abb. 8 Hohe Schäden durch Wirtschaftskriminalität1 kriminalität lassen sich nur bedingt beziffern, insbesondere wenn man durchschnittliche Schäden je Delikt in Mio. € auch die zahlreichen indirekten Konsequenzen wie Schadensersatz forderungen, straf- bzw. bußgeld > 10.000 24,38 rechtliche Haftungsrisiken, Kosten 11,08 Mitarbeiter weltweit für Rechtsverfahren, Stakeholder 5.000–10.000 management und Reputations schäden zu berücksichtigen hat. Der durchschnittliche Schaden sinkt von 1.000–4.999 2,60 1,55 Millionen Euro im Jahr 2015 auf 723.000 Euro je Unternehmen, wobei größere Unternehmen wiederum über 500–999 1,58 deutlich höhere Schäden berichteten. Die geringeren Schadensfolgen könnten auf verbesserte Compliance- Durchschnitt für alle 7,23 Unternehmensgrößen Programme zurückzuf ühren sein. Die weitere Entwicklung wird jedoch 1 ifferenzierung: betrifft nur die 212 Unternehmen, die Aussagen bzgl. schwerer D abzuwarten sein. Wirtschaftsdelikte getroffen haben. Einzelne gravierende Wirtschaftsdelikte führten allerdings zu deutlich höheren Die von den Unternehmen bezifferten Allerdings waren sie auch hier in Einzel finanziellen Verlusten. In unserer Schäden aufgrund von Cybercrime fällen deutlich höher. 6 % berichteten Studie bezifferten 212 Unternehmen15 fallen im Vergleich zu denen aufgrund über Schadensfolgen in Höhe von die durchschnittlichen Kosten analoger Kriminalität auch 2017 500.000 bis 2 Millionen Euro. In einem aufgrund eines schweren Wirtschafts deutlich geringer aus. Die betroffenen Fall stieg die Schadensbilanz auf delikts auf 7,23 Millionen Euro, Unternehmen schätzten die durch beachtliche 10 bis 50 Millionen Euro. wobei die Höhe des Schadens stark Cybercrime verursachten Schäden Auch kann es durch CEO-Fraud zu von der Größe der Unternehmen auf durchschnittlich 183.000 Euro. erheblichen Verlusten kommen, wie wir abhängt. Unternehmen mit mehr bereits berichtet haben (siehe Seite 19 f.). als 10.000 Mitarbeitern schätzten den Gesamtschaden des schwersten Wirtschaftsdelikts durchschnittlich auf 24,38 Millionen Euro. 15 Bei 49 % der schwersten Fälle handelte es sich um ein Vermögensdelikt, bei 16 % um wettbewerbswidrige Absprachen und bei 9 % um Korruption. Wirtschaftskriminalität 2018 21
Compliance-Programme weiterhin im Aufwind
Compliance und Compliance-Management-Systeme sind zur Selbstverständlichkeit geworden. Compliance wird als klarer Wettbewerbsvorteil empfunden und nicht mehr als „Geschäfts verhinderung“. Wirtschaftskriminalität 2018 23
Ausweitung des Anwendungsbereichs von CMS Compliance-Programme haben sich Ferner setzt sich der Trend zu in der deutschen Wirtschaft etabliert. einer Ausweitung der Compliance- Drei Viertel der Unternehmen (75 %) Programme auf zusätzliche Delikts mit mehr als 500 Mitarbeitern verfügen felder fort. Unternehmen richten ihren über ein CMS und bei weiteren 10 % Compliance-Fokus verstärkt auf die befindet sich eines in der Planung. Zurückdrängung von Korruption (83 %) Nahezu alle Großunternehmen mit und Kartellrechtsverletzungen (62 %). mehr als 10.000 Mitarbeitern verfügen Auch den Risiken der Geldwäsche über ein CMS (97 %), während widmet sich eine wachsende Zahl von von den Unternehmen mit 500 bis Compliance-Programmen, zwei Drittel 999 Mitarbeitern nur knapp zwei (65 %) erstrecken sich hierauf. Dies Drittel (60 %) Compliance-Programme könnte insbesondere auf die Ausweitung implementiert haben. Wir beobachten des Geltungsbereichs des Geldwäsche weiterhin eine Top-down-Entwicklung, gesetzes (GwG) im Zuge der Umsetzung die insbesondere auf den höheren der 4. EU-Geldwäscherichtlinie zurück rechtlichen und öffentlichen Druck auf zuführen sein. Bei börsennotierten größere Unternehmen zurückzuführen Unternehmen19 erhält die Prävention ist.16 Größere Unternehmen operieren gegen Insidertransaktionen (§ 38 häufiger international, unterliegen WpHG) einen höheren Stellenwert, daher vermehrt der Aufsicht der US- drei Viertel verfügen über ein derart amerikanischen Behörden und dem ausgerichtetes CMS (76 %). strikten Reglement des FCPA.17 Diesen Druck geben die Unternehmen an wirtschaftlich mit ihnen verbundene kleinere Unternehmen weiter.18 Nahezu alle Großunternehmen mit mehr als 10.000 Mitarbeitern verfügen über ein CMS (97 %). 16 Vgl. PwC, Wirtschaftskriminalität in der analogen und digitalen Wirtschaft, 2016, S. 52 ff. 17 8 % der befragten Unternehmen unterliegen dem US-amerikanischen FCPA. 2 18 Vgl. Bussmann/Salvenmoser/Jeker, Compliance ist im Markt, aber noch nicht im Recht – Ergebnisse aus einer Unternehmensbefragung, in: CCZ 5/2016, S. 236–240. 19 Die entsprechende Frage wurde nach der Börsennotierung gefiltert. In der Stichprobe sind 21 % der Unternehmen börsennotiert. 24 Wirtschaftskriminalität 2018
65 % der CMS widmen sich den Risiken der Geld wäsche. Die Ausweitung des Geltungsbereichs des GWG dürfte die Erklärung für den deutlichen Anstieg (7 Prozentpunkte) sein. In die diesjährige Studie haben wir Auch zur Vermeidung von Verstößen auch die Prävention gegen Betrug und gegen internationale Finanz- und andere Vermögensdelikte sowie gegen Wirtschaftssanktionen besteht Cybercrime aufgenommen. Gegen weiterhin Handlungsbedarf bei der Vermögensk riminalität wappnen sich Compliance-Entwicklung, 49 % der drei Viertel der Unternehmen durch befragten Unternehmen verfügen über ein entsprechendes CMS (74 %). Dem ein entsprechendes CMS, obwohl von gegenüber ist der Schutz vor Cybercrime diesen internationalen Sanktionen nicht weiterhin eher unterentwickelt (58 %), nur Unternehmen des Finanzsektors wie auch unsere vorangegangene Studie tangiert sind, sondern Unternehmen fast ergab.20 aller Branchen. Abb. 9 Status des CMS nach Deliktsgruppen 79 % Korruption 83 % 55 % Kartellrechtsverletzungen 62 % 58 % Geldwäsche 65 % strafbarer Insiderhandel 67 % (börsennotierte Unternehmen) 76 % 89 % Datenschutzverletzungen 87 % Verstöße gegen internationale 54 % Finanz- und Wirtschaftssanktionen 49 % Vermögensdelikte1 74 % Cybercrime1 58 % 2015 2017 Basis: Unternehmen mit CMS 1 Keine Daten für 2015. 20 Vgl. PwC, Wirtschaftskriminalität in der analogen und digitalen Wirtschaft, 2016, S. 32 ff. Wirtschaftskriminalität 2018 25
Wahrgenommene Schwächen im Compliance-Management Viele Unternehmen dehnen ihr CMS Schwachpunkten, wie wir anhand nicht nur auf weitere Rechtsgebiete einiger Statements aus unseren aus, sondern arbeiten auch an ihren vertieften Interviews zeigen können: Kommunikationsprobleme „Kommunikation ist definitiv der in welchem Arbeitsumfeld wichtig ist zu Strategie: „Wir sind dabei, in unserem Schwachpunkt – dass nicht immer alles wissen.“ (Pharma und Gesundheits eigenen hausinternen Netzwerk da ankommt, wo es ankommen soll, wesen, mehr als 10.000 Mitarbeiter ein internes Informationss ystem und vielleicht auch nicht in der Form weltweit) aufzubauen, um dort mit gängigen ankommt, wie es ankommen soll.“ Suchmaschinen die Begrifflichkeiten „Informationsdurchlässigkeit. Das finden zu können. Also im Prinzip Strategie: „An der Art der Vermittlung heißt, wir sind ein stark diversifiziertes eine Holschuld für die Organisations müssen wir ganz stark arbeiten, Unternehmen und haben das Problem, einheiten, indem sie sich darüber also daran, wie wir es besser in den dass Informationen, die in einem informieren müssen, welche Arbeitsalltag integriert bekommen, Unternehmensteil gut verbreitet sind, in Neuigkeiten existieren.“ (Pharma ohne immer Tausende von Check einem anderen Unternehmensteil eher und Gesundheitswesen, mehr als listen ausfüllen zu müssen, sondern noch nicht verankert sind. Also es ist im 10.000 Mitarbeiter weltweit) dass wir auch wirklich sichergehen Prinzip ein Kommunikationsproblem.“ können, dass verstanden wurde, was Mangelnde Konsistenz der Regelungen Mangelnde Integration in Geschäftsprozesse „Eine Schwäche besteht in der zu einem gesamten konsistenten, vor Integration der verschiedenen allen Dingen in ihren Bezügen stets „Also ich glaube, das Problem bei Compliance-relevanten Instrumente. aktuellen Gesamts ystem werden.“ Compliance-Systemen insgesamt Wenn Sie das innerbetriebliche ist immer, sie am Ende in die letzte Kontrolls ystem nehmen, wie es mit Strategie: „Wir sind dabei, eine Verästelung des Konzerns zu tragen. dem Richtlinien-Management-System integrierte Software einzuführen, Und das kann man nicht dadurch verbunden ist und wie diese beiden die ebendiese Querbezüge zwischen machen, dass man irgendwelche wiederum verbunden sind mit unserem den Teilinstrumenten überwacht Themen wiederholt.“ Geschäftsprozess-Management-System bzw. erlaubt zu überwachen und uns und mit unserem IT-Fachverfahren- aktiv auf Inkonsistenzen hinweist.“ Strategie: „Schulungen sind Management-System: An dieser (Versicherungswirtschaft, mehr als natürlich auch Mittel, aber im Integration [...] müssen wir noch 10.000 Mitarbeiter weltweit) Grunde funktioniert das am Ende arbeiten, dass diese ganzen Teils ysteme nur, wenn man in die Geschäfts prozesse geht. Je besser die Prozesse sind und je besser die Prozesse selbst Kontrollen beinhalten, umso besser wird man auch Compliance in den Alltag integrieren können. Wenn man es immer nur auf der ,Ich-denke-mal-dran-da-war-doch- noch-Compliance‘-Ebene belässt, Die qualitativen Interviews dann wird das immer dazu führen, zeigen, dass die Umsetzung dass im Zweifel jemand nicht daran des CMS im Alltag häufig noch denkt.“ (Handel und Konsum, mehr als 10.000 Mitarbeiter auf Hindernisse stößt. weltweit) 26 Wirtschaftskriminalität 2018
Umsetzung in einem global agierenden Unternehmen Zu formales CMS „Wenn Sie im Dax oder MDax Produktions- und Vertriebsstandorten „Das Problem ist vielleicht anders gelistet sind und global operieren, in so ziemlich jedem Land der Erde – als bei Rechnungslegungss ystemen – ist es schwierig, in jeder letzten ich glaube, in über 170 Ländern. da hat man Zahlen –, weil es Einheit in Timbuktu ein Compliance- Weil die Compliance-Organisation eben qualitativer Art ist. Und die Management-System zu haben, in dieser jetzigen Form noch nicht Frage ist natürlich: Wie kriege ich insbesondere was das Berichtswesen sehr alt ist und auch noch keine qualitative Dinge in Daten? Das angeht, das genauso gut funktioniert absolute Homogenität im Wissens ist schon ein bisschen ein Problem. wie in Deutschland – weil die Wege stand der Kollegen, die Compliance in Und ich sehe da auch die riesen einfach weiter sind.“ den Ländern oder an den Standorten große Gefahr des Compliance- betreiben, vorhanden ist, fehlt es noch Management-Systems, dass man Strategie: „Ich glaube, alles, was ein bisschen an dem einheitlichen Guss, sich dann auf Zahlen stützt und global ist, lässt sich nur IT-basiert an der gemeinsamen Schlagkraft.“ weniger die Inhalte hinterfragt. Das beheben, indem man sagt, man ist ein Spannungsfeld, das noch zu braucht IT-basierte Lösungen für Strategie: „Es soll jetzt nicht lösen ist.“ das Berichtswesen beispielsweise bedeuten, dass die Kollegen deswegen und IT-basierte Lösungen für die nicht motiviert oder nicht kompetent Strategie: „Es bleibt nichts anderes Information von Mitarbeitern, und sind, aber es fehlt so ein bisschen dieser übrig, als noch intensiver die das personenunabhängig gestaltet.“ einheitliche Auftritt und auch die Zahlen zu hinterfragen, vielleicht (Automobilindustrie, mehr als einheitliche Sprache, weil doch für viele auch mit Revisionsarbeit – und 10.000 Mitarbeiter weltweit) Themen, die wir lokal lösen, da nicht das ist natürlich auch aufwendig, immer eine Einheitlichkeit gewährt zu hinterf ragen und die Dinge „Ich glaube, das Wichtigste, was ist [...].“ (Technologiewirtschaft, abzufragen. Das ist ein großes uns noch ein bisschen fehlt, ist die 5.000 bis 10.000 Mitarbeiter Problem.“ (Industrielle Produktion, Compliance aus einem Guss, also als weltweit) mehr als 10.000 Mitarbeiter ein multinationales Unternehmen mit weltweit) Mangelnde Awareness „[...] und überhaupt ein Gefühl dafür „[...] und manche Situationen sind zu bekommen, dass Handlungs noch nicht hundertprozentig in den bedarf vorhanden ist und dass man Köpfen.“ da was tun muss und dass es, wie es in mancher Beziehung bisher gelaufen ist, Strategie: „Wir machen im Gegensatz so nicht weitergehen kann.“ zu früher in dem Bereich wesentlich mehr webbasierte Schulungen, Strategie: „Wir haben jetzt ein webbasierte Anwendungen, web Vormittagsseminar in Planung, das basierte Geschichten, zum Teil wir gemeinsam mit einem Juristen, mit Verpflichtungscharakter.“ also hausintern, organisieren, an (Technologiewirtschaft, 1.000 bis dem sich Führungskräfte beteiligen 4.999 Mitarbeiter weltweit) können, aber auch Mitarbeiter, und wir werden Kurzschulungen anbieten und das Ganze noch mal ein bisschen auf die Agenda packen.“ (Industrielle Produktion, 1.000 bis 4.999 Mitarbeiter weltweit) Wirtschaftskriminalität 2018 27
Gestiegene Anforderungen Abb. 10 Entwicklung der Anforderungen an CMS an Compliance-Programme Auch im deutschen (Neben-)Strafrecht stark abgenommen 0% sind die Anforderungen an ein CMS höher geworden. So hat die Recht sprechung entschieden, dass Aufsichts leicht abgenommen 1% maßnahmen im Sinne des § 130 Abs. 1 OWiG nicht nur innerhalb eines Unternehmens sicherzustellen sind, unverändert 6% sondern sogar im Einzelfall konzern weite Aufsichtspflichten bestehen.21 leicht zugenommen 34 % Für viele Muttergesellschaften dürfte die konzernweite Sicherstellung der Einhaltung strafrechtlicher Vorschriften stark zugenommen 59 % eine große Herausforderung darstellen. Des Weiteren können nach der Basis: alle befragten Unternehmen höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) Compliance-Maßnahmen im Rahmen der Strafzumessung bei einer Verbandssanktionierung im Compliance-Budgets Sinne des § 30 OWiG berücksichtigt werden.22 Nach einem Rechtsverstoß Viele Unternehmen statten mittlerweile allerdings hängt der Durchschnitts kommt es für die Strafzumessung ihre Compliance-Programme mit einem wert wesentlich von der Größe des trotz eines bereits implementierten beachtlichen Budget aus. Unternehmens ab. Die Spannbreite Compliance-Programms auch darauf der durchschnittlichen Budgets reicht an, entsprechende Compliance- Das durchschnittliche Budget für von 380.000 Euro bei Unternehmen Maßnahmen so zu optimieren, „dass die Personal- und Sachmittel einer mit 500 bis 999 Mitarbeitern bis vergleichbare Normverletzungen Compliance-Abteilung beläuft sich zu 7,41 Millionen Euro bei Groß zukünftig jedenfalls deutlich erschwert unabhängig von der organisatorischen unternehmen mit mehr als werden“23. Dies bedeutet, es besteht Zuordnung auf 1,9 Millionen Euro, 10.000 Mitarbeitern. auch eine Rechtspflicht zur stetigen Evaluierung und Anpassung der bereits Abb. 11 Compliance-Budget nach Anzahl der Mitarbeiter vorhandenen Compliance-Maßnahmen. Budget in Mio. Euro (Mittelwert) Das rechtliche Umfeld hat sich vor allem durch die höchstrichterliche Rechtsprechung mittlerweile stark > 10.000 7,41 verändert. Ein Drittel der befragten 1,50 Mitarbeiter weltweit Unternehmen (34 %) stellt daher zu 5.000–10.000 Recht eine Zunahme der Anforderungen in den vergangenen fünf Jahren fest, 59 % gehen sogar von einer starken 1.000–4.999 1,34 Zunahme aus. Nur 6 % können keine Veränderungen erkennen. 500–999 0,38 21 gl. OLG München, Beschluss vom 23.09.2014 – 3 Ws 599, 600/14, BB 2015, 2004. V 22 Vgl. BGH, Urteil vom 09.05.2017 – 1 StR 265/16. 23 BGH, Urteil vom 09.05.2017 – 1 StR 265/16. 28 Wirtschaftskriminalität 2018
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