Gesundheitspress - Selbsthilfebüro ...
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
gesundheitspress Magazin für und über Selbsthilfe in Mannheim, Heidelberg und der Region Ausgabe 63 – Frühling/Sommer 2022 Vier Kliniken erneut selbsthilfefreundlich Neue Technik ermöglicht hybride Treffen Neue Sprecherinnen gewählt Schwerpunkt: Selbsthilfe trifft Forschung 1
Inhalt 5 4 16 Schwerpunkt: Selbsthilfe trifft Forschung Gesundheitstreffpunkt Mannheim aktuell Einleitung_____________________________________ 4 Plakatkampagne für die Selbsthilfe___________________16 Leichte Sprache_________________________________ 5 Neue Publikationen des Gesundheitstreffpunkts__________16 Forschung zur Wirksamkeit der Selbsthilfe______________ 6 Veranstaltungsprogramm 2022_____________________16 Patientenbeteiligung in Krebs-Selbsthilfe______________ 7 Platzhalter_____________________________________19 Forschung über Selbsthilfe, Vorbemerkung_____________ 8 Selbsthilfefreundlich _____________________________19 Studie der Münchner Angstselbsthilfe_________________ 8 Selbsthilfefreundlichkeit in der Pandemie1_____________20 Forschungen zur Krebsselbsthilfe____________________ 8 Selbsthilfe in Gesundheitseinrichtungen_______________ 9 Heidelberger Selbsthilfebüro aktuell Nakos-Umfrage_________________________________ 9 Selbsthilfefreundlichkeit am NCT_____________________21 Selbsthilfebeteiligung an der Forschung_______________10 Selbsthilfefreundlichkeit Rehaklinik __________________21 Patientenbeteiligung in der Forschung ________________11 Seminar Telefonberatung__________________________22 Wie sieht Patientenbeteiligung konkret aus?____________12 Ankündigung Newsletter___________________________22 Zur Patientenbeteiligung: Marianne Simon______________13 Neue Sprecherinnen in der RAG______________________22 Kontaktstellen als Partner in der Forschung_____________14 Zur Patientenbeteiligung: Günter Kupke________________15 Nachrichten Zur Patientenbeteiligung: Christina Reiß_______________16 Bundesverdienstkreuz für Martin Dreßler_______________23 Zur Patientenbeteiligung: Annette Hans________________17 Engagierte Stadt Heidelberg________________________24 Was ist nötig, damit es gut läuft?_____________________17 Handlungskonzept Inklusion in Mannheim______________24 Was machen die Nachbarn? Selbsthilfe aktuell Selbsthilfekontaktstelle Frankfurt____________________23 Bürgerplaketten für die Selbsthilfe___________________25 Nachruf auf Dr. Henning Gerhardt____________________26 10 Jahre Migräneselbsthilfegruppe HD_________________26 Infos Selbsthilfebörse________________________________27 A-Z der Selbsthilfegruppen in der Region _______________28 Termine ______________________________________30 Impressum____________________________________30 18 23 24 2
Vorwort Ihr Kunstwerk ist gefragt Genauso vielfältig und abwechslungs- Liebe Leserin, lieber Leser, reich wie der Inhalt einer jeden Ausgabe der gesundheitspress soll auch die seit vielen Jahren beteiligen wir uns Gestaltung der Titelseite ausfallen. Mal an Forschungsprojekten. Es freut ein Foto, mal ein gemaltes Bild, mal uns, dass wir bei wichtigen Fragen ein Kunstwerk. Oft haben wir schon der Versorgungsforschung mitwirken Künstler:innen aus der Region für die können. Unser Interesse daran ist Abbildung auf der Titelseite gewinnen es, den Aktiven aus Selbsthilfe- können. Manchmal greifen wir aber gruppen die Möglichkeit zu geben, auch auf eine Bilddatenbank zurück. So mit dabei zu sein. Daher bilden wir stammt die Grafik „Women supporting Projektbegleitend Beiräte, wir geben female scientists“ auf der Titelseite von den Aktiven Informationsmaterial Donna Grethen, gefunden in der Online- für Patient:innen zur Korrektur und Bilddatenbank IKON Images. beteiligen sie an Interviews oder lange Fragebögen durchzugehen und zu anderen Aufgaben. Für uns selbstver- beantworten? Manchmal überschätzen Wir möchten zukünftig gerne verstärkt ständlich ist, dass dafür die Aktiven Aktive aus den Gruppen die Bereitschaft Künstler:innen aus dem Kreis der Selbst- aus den Selbsthilfegruppen ebenso der Forschenden, auf ihre Erfahrungen hilfe für eine Abbildung auf unserer Ti- eine Aufwandsentschädigung erhal- einzugehen und diese zu berücksichti- telseite gewinnen. Neben der Abbildung ten wie wir als Einrichtungen eine gen. Und allzu häufig spielen die For- des eigenen Werks auf der Titelseite por- Erstattung der zur Verfügung gestell- schungsergebnisse der Studien im Alltag trätieren wir die Kunstschaffenden auf ten Ressourcen. keine Rolle mehr, sobald die Laufzeit Seite 3 der entsprechenden Ausgabe der zuende ist. Das frustriert, soll doch die gesundheitspress. Gerne nennen wir dort Das Erfahrungswissen der Menschen Arbeit nicht umsonst gewesen sein. auch Kontaktdaten wie die Internetseite in Selbsthilfegruppen ist ein Schatz, der Künstler:in, sodass sich interessier- den die Wissenschaft sich zu eigen Dennoch: Viele Anregungen von Betroffe- te Leser:innen umfassender über die machen kann und sollte. Ein weites nen sind im letzten Jahrzehnt in Studien Künstler:in informieren können. Lernfeld liegt hier vor beiden: den eingeflossen, insbesondere auch die Forschenden und den Aktiven aus Themen Barrierefreiheit oder einfach den Selbsthilfegruppen. Manchmal verständliche Sprache wurden im Sinne KONTAKT sind die Anforderungen an die Mit- aller vorwärts bewegt. Die kleinen Erfol- Interessierte Künstler:innen melden sich arbeit der Aktiven der Selbsthilfe ge sind es wert, diesen Weg gemeinsam per E-Mail beim Gesundheitstreffpunkt extrem unrealistisch. Denn wer hat weiterzugehen. Mannheim unter medien@ schon Zeit, ein ganzes Wochenende gesundheitstreffpunkt-mannheim.de. Ihre Bärbel Handlos, Geschäftsführerin Inklusion und Zusammenleben im Quartier für Menschen mit unterschiedlichem und komplexen Unterstützungsbedarf Am 5. Mai, dem Europäischen Protesttag zur Gleichstellung der Menschen mit Behinderung, veranstaltet der PARITÄTISCHE Kreisverband Mannheim einen Fachtag. Was erwartet Sie? Aktuelle Vorträge zum Thema Inklusion im Quartier und gute Beispiele PARITÄTISCHER Mitgliedsorganisationen aus den Bereichen Pflege und Alter, Menschen mit Behinderung, Teilhabe am Arbeitsplatz, Selbsthilfe und Inklusion in KITAs. Treten Sie in Austausch, entwickeln Sie neue Ideen und bilden Sie Netzwerke. Denn die große Herausforderung „Inklusion“ können wir nur gemeinsam bewältigen. Ausschreibung und Anmeldung: Homepage des Kreisverbands unter „Veranstaltungen“: www.paritaet-bw.de/mannheim Ansprechpartnerin: Sonja Lingelbach, Referentin der Kreisgeschäftsstelle, Telefon: 06 21/33 83 72-6, gs.kv-ma@paritaet-bw.de Nächster Redaktionsschluss: 1 3. Mai 2022 – Thema: Grenzerfahrungen 3
Selbsthilfe trifft Forschung Zwischen Lust und Frust: Selbsthilfe und Forschung Die Selbsthilfe ist gefragt. Auch von Seiten der Mädchen beim Roboting. Foto: i-stock Forschung. Es wird einerseits über die Selbsthilfe geforscht. Entsprechend häufig richten sich Anfragen Wie verschiedene Interessen und Gege- an die Aktiven. Wer sich in der Selbsthilfe benheiten aufeinandertreffen, zeigt sich Andererseits sind ihre engagiert, freut sich darüber und möchte besonders am Zeitrahmen einer Studie: Mitglieder aktiv in etliche sich mit seinem Engagement einbringen. Bei allem Vorantreiben eines Forschungs- Forschungsprojekte Möchte Einfluss nehmen und damit projekts dauert die Datenerhebung, eingebunden. Verbesserungen erreichen. Etwa bei der -analyse und -auswertung bis hin zur Pub- öffentlichen Wahrnehmung der Selbsthilfe likation der Studie. Dem gegenüber steht und der einzelnen Betroffenen, zum Abbau der Wunsch der Teilnehmenden nach von Vorurteilen, zu Fortschritten in der schnellen Ergebnissen, die seitens der Die Fragestellungen der Projekte sind Behandlung und in den Versorgungsstruk- Forschung so nur selten geliefert werden vielfältig. Wie wirkt sich Selbsthilfe auf turen. können. Hinzu kommt, dass die Beteilig- den Einzelnen aus? Welche Auswirkun- ten gerne über die Forschungsergebnisse gen hat sie auf die Gesundheitspolitik, Zur Lustseite gesellt sich nicht selten die informiert werden möchten, was oft sehr das Gesundheitssystem, die Versorgung Frustseite. Sowohl die Forschungsanfra- spät erfolgt oder sogar ganz unterbleibt. von Betroffenen? Aber auch: Was brau- gen als auch die Einbindung in Forschungs- chen Selbsthilfegruppen und –organi- projekte fordern die Selbsthilfe und ihre Um die Situation zu verbessern und die sationen, um ihre Ziele zu erreichen? Mitglieder zeitlich manchmal über Gebühr. Zufriedenheit aller Beteiligten zu steigern, Welche Rahmenbedingungen brauchen Auch bei der Anerkennung hakt es mit- wären hier wünschenswert: Offenheit, die Kontaktstellen? unter. Diejenigen, die an der Forschung Transparenz und eine Zusammenarbeit, teilnehmen, fühlen sich nicht immer die von gegenseitigem Respekt und ge- Vielen Forschungsaktivitäten gemeinsam gehört, einbezogen und wertgeschätzt. Sie genseitiger Anerkennung geprägt ist. ist das Interesse des Erfahrungswissens fühlen sich wie ein Feigenblatt, das an der der Betroffenen aus der Selbsthilfe. Forschung teilnehmen darf. Die Redaktion 4
Selbsthilfe trifft Forschung Zusammen∙arbeit von Selbst∙hilfe und Forschung In Selbst∙hilfe∙gruppen treffen sich Menschen. Diese Menschen haben oft etwas gemeinsam: • ein bestimmtes Problem oder eine schwierige Lebens∙situation • eine körperliche Krankheit oder Behinderung • eine seelische Krankheit oder Behinderung Menschen in Selbst∙hilfe∙gruppen haben oft viel Erfahrung mit einer bestimmten Krankheit oder Behinderung. Forschung und Wissenschaft können bei vielen Krankheiten helfen: • Krankheiten besser verstehen • Krankheiten verhindern oder heilen • Neue Medikamente und Heil∙verfahren entwickeln Selbst∙hilfe∙gruppen und Forschung können zusammen∙arbeiten. Beispiel: Forscher entwickeln ein neues Medikament gegen eine Krankheit. Die Forscher machen deswegen Studien. Studien sind wissenschaftliche Untersuchungen über eine bestimmte Sache. Für die Studien brauchen die Forscher viele Menschen mit der gleichen Krankheit. Dadurch können die Forscher die Wirkung von einem Medikament beobachten. Bei bestimmten Studien können Menschen in Selbst∙hilfe∙gruppen und Forscher gut zusammen∙arbeiten: • Probleme gemeinsam lösen • Sich gegenseitig helfen Aber: Für die Menschen in den Selbst∙hilfe∙gruppen kann die Zusammen∙arbeit mit den Verfasser: AK ZLS, Arbeitskreis Zugang durch Leichte Sprache, Mannheim. Forschern auch mühsam sein. Tel. 0172-75 06 109 Die Menschen in den Selbst∙hilfe∙gruppen brauchen nämlich viel Zeit für zugangleichtesprache@vodafonemail.de • Untersuchungen mannheim.de/de/service-bieten/ • Befragungen gesundheit/kommunale-gesundheits- • Messungen konferenz/arbeitskreis-zugang-durch- leichte-sprache-ak-zls Deswegen haben auch die Menschen in Selbst∙hilfe∙gruppen Wünsche: Zeichnungen: Reinhild Kassing Text verfasst nach den Regeln des • Die Forscher sollen den Selbst∙hilfe∙gruppen Geld für ihre Mitarbeit geben Hildesheimer Modells von Frau Prof. Maaß. • Die Forscher sollen den Menschen in den Selbst∙hilfe∙gruppen die Ergebnisse von den Studien sagen • Die Menschen in den Selbst∙hilfe∙gruppen sollen Anerkennung für die Mitarbeit bekommen 5
Selbsthilfe trifft Forschung Shild-Studie belegt: Selbsthilfe ist wirksam Schon lange wünschten sich Selbst- dass die Heilungschancen und damit die Verantwortung für die eigene Gesundheit hilfeakteure einen wissenschaftlichen Lebensqualität der Betroffenen steigen. zu übernehmen und fürsorglich mit sich Nachweis über die Wirksamkeit der 8 von 10 Teilnehmenden in Selbsthilfe- umzugehen, stärkt zudem das Selbstbe- Selbsthilfe. Sie spürten die wohltuende gruppen schätzen die Unterstützung wusstsein der Betroffenen. Sie sind es Wirkung ja selbst – sonst wären seit den durch die Gruppe positiv ein. sich selbst wert, etwas für sich zu tun. Sie 80er Jahren nicht so viele Selbsthilfe- hören auf, ihre Erkrankung zu verstecken gruppen entstanden: Deutschlandweit Durch das Kennenlernen vielfältiger Be- oder still zu leiden. Sie kommen aus der gibt es inzwischen ca. 100.000 Selbsthil- wältigungsstrategien anderer Gruppen- Isolation heraus, die sich desöfteren fegruppen. Immer noch jedoch grassierte mitglieder können Betroffene Lösungen ergibt, wenn Erkrankte mit niemandem die Vorstellung, dass Menschen in einer bzw. Verbesserungen ihres Problems mehr sprechen können, weil die eigene Selbsthilfegruppe sich im Stuhlkreis / ihrer Erkrankung finden, die zu ihrer Umgebung „es nicht mehr hören kann“. zusammenfinden und gemeinsam eigenen individuellen Situation passen. jammern. Dieser Mythos gehörte ausge- 8 von 10 Befragten schätzen dies als Die Selbstsicherheit, die durch den räumt! hilfreich ein. Rückhalt in der Gruppe und die guten Einen wertvollen Beitrag hierfür leistete die SHILD-Studie von Dr. Christopher Kofahl, Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf (UKE) im Forschungsteam mit Prof. Dr. Marie-Luise Dierks (Medizi- nische Hochschule Hannover) und Prof. Dr. Frank Schulz-Nieswandt (Universität zu Köln). Mit der 2012 bis 2018 vom Bundesministerium für Gesundheit geför- derten Studie wurde die Wirksamkeit der Selbsthilfe erstmals umfassend unter- sucht. In vier unterschiedlichen Modulen äußerten sich 5.000 Menschen rund um die gemeinschaftliche Selbsthilfe zu folgenden Fragen: • Welche Ziele hat die Selbsthilfe und welche Aufgaben stellen sich ihr? • Wie wird die Selbsthilfe unterstützt und mit wem arbeitet sie zusammen? • Und schließlich: Was bewirkt Selbst- hilfe? Die Ergebnisse zeigen die positive Wir- kung der Teilnahme an Selbsthilfegrup- pen: 9 von 10 Befragten gaben an, von der Erfahrung anderer zu profitieren. 8 Grafiken: uke.de/extern/shild/Materialien_ von 10 können ihre Erkrankung dadurch Dateien/SHILD-Fact-Sheets- besser bewältigen. 96% der Befragten Befragt wurden: beschreiben, dass sie sich durch das 1.192 Selbsthilfegruppensprecher:innen Treffen mit Gleichbetroffenen nicht allei- 243 Selbsthilfeorganisationen ne mit ihren Themen fühlten. (Dachverbände, Bundesorganisationen, Landesvertretungen), 133 Selbsthilfeunterstützungseinrichtungen Weitere wichtige Kriterien der Befragung 73 Verantwortliche aus der Selbsthilfe und der gesundheitlichen Versorgung waren Zuversicht, die Krankheit zu bewäl- 3.163 Betroffene von chronischen Erkrankungen und ihre Angehörigen, tigen und Motivation, diese Bewältigung mit und ohne Selbsthilfegruppenerfahrungen. selbst aktiv anzugehen. Deutlich wurde, 6
Selbsthilfe trifft Forschung Informationen entstehen kann, hilft auch, im Umgang mit medizinischen Fachkräf- ten gezielt nach Angeboten zu fragen, die die eigene Gesundheit positiv beeinflus- sen können. Ein weiterer Aspekt ist es, Gesundheitsangebote generell besser beurteilen zu können. 6 von 10 Befragten äußern sich dahingehend. Selbsthilfe ist laut Studie oft mehr als nur die Gruppe, nämlich auch Interessens- vertretung. Mitglieder beraten andere chronisch Erkrankte und sie tragen durch Beteiligung an Qualitätszirkeln und Leitlinien zur Qualitätssicherung im Ge- sundheitswesen bei. Sie ist zunehmend beteiligt in Gremien der Gesundheitsver- sorgung (Stichwort Patientenbeteiligung im Gesundheitswesen). Die Zunahme an Anforderungen stellt auch eine Heraus- forderung dar: 8 von 10 Ehrenamtlichen kommen an ihre Grenzen. Die Professio- nalisierung der Selbsthilfe, so beschreibt es Marie-Luise Dierks, gehe „mit dem Risiko einher, dass sie sich durchaus ein Stück von ihren Wurzeln entfernt“ und sie ihr Ziel „im Sinne einer Verantwortung nicht nur für die eigenen Mitglieder, sondern für die Gesellschaft als Ganzes“ erweitert habe. Marion Duscha Hohe Anforderungen an die Selbsthilfe Studienergebnisse zur Patientenbeteiligung und -vertretung in der Krebsselbsthilfe Die Zunahme an selbst gewählten oder Eben wahrzunehmen. 37,3% sind in als Patientenvertreter zu gewinnen. Und extern gestellten Anforderungen an einem Gremium oder Arbeitskreis eines weniger als 20% meinten, dass ihre Selbsthilfegruppen in den Gesundheits- Krankenhauses oder Onkologischen Selbsthilfegruppenarbeit so aufwändig einrichtungen stellen auch eine Heraus- Zentrums aktiv. Für mehr Beteiligung in sei, dass zu einer Patientenvertretung forderung dar. 2020 hat Christopher Krankenhäusern, Onkologischen Zentren keine Zeit bliebe. Kofahl eine Studie zum Thema Patien- und Rehakliniken plädierten gleichwohl tenbeteiligung und -vertretung durch die über 50%. Hauptergebnisse: Es gibt eine hohe Krebs-Selbsthilfe durchgeführt. An der Motivation in den Gruppen, sich dieser Umfrage beteiligten sich 204 Leiter:innen Knapp 40% nehmen gern die Möglichkeit Aufgabe anzunehmen. Typisch dafür sind von Krebs-Selbsthilfegruppen. der Patientenbeteiligung wahr. Nur etwas genauso hohe personelle wie zeitliche über 20% waren allerdings der Meinung, Anforderungen. Gefragt wurde u.a. nach ihrer Aktivität: den Akteuren aus den Gesundheitsinsti- Literatur Hierbei gaben 33,3% an, eine Patienten- tutionen auf Augenhöhe zu begegnen. Kofahl, C., Houwaart, S., Kerek-Bodden, H., Stark, M., Wiegand, N. und Ziegler, E. (2021): Patientenbeteili- vertretung (PV) in Gremien oder Arbeits- 50% der Gruppenleiter:innen betonten, gung und –vertretung durch die Krebs-Selbsthilfe. In kreisen auf kommunaler oder örtlicher dass es schwer sei, andere Mitglieder Gießen: selbsthilfegruppenjahrbuch 2021, S. 98-107. 7
Selbsthilfe trifft Forschung Forschung über Selbsthilfe Angstselbsthilfegruppen per Interview und mit Fragebögen zweimal ausgiebig Forschungsschwerpunkt Zunehmend wird über die befragt: bei ihrem Gruppeneintritt und Krebsselbsthilfe Selbsthilfe geforscht. sechs Monate später. Fragestellungen sind zum Prof. Dr. Joachim Weis ist seit 2017 der Beispiel: Wie werden Betrof- Es zeigte sich eine statistisch deutli- erste Stiftungsprofessor für Selbsthilfe- fene erreicht? Wie effektiv che Verringerung der Angststärke der forschung an der Medizinischen Fakultät sind Selbsthilfegruppen? Wie Teilnehmenden in diesem Zeitraum. der Universität Freiburg mit Förderung Auch die Erwartungen an die Selbsthilfe- der Deutschen Krebsselbsthilfe. können Erfolge gesichert wer- gruppe bei Eintritt hatten sich verringert den? Auf dieser Doppelseite – und damit der Leidensdruck. Offen Im internationalen Vergleich liegen nur stellen wir Studien dazu vor. über ihre Ängste sprechen zu können, wenige deutschsprachige Arbeiten zur half den Aussagen der Teilnehmenden Selbsthilfeforschung vor. Die Studien zufolge am meisten. zu nichtprofessionellen Angeboten der gemeinschaftlichen Krebsselbsthilfe sind einzuordnen in drei Bereiche: Im Bereich Prozessmerkmale werden Motivationen zum Besuch einer Selbst- hilfegruppe sowie die Bedeutung von Gruppenleitenden untersucht. Im Vorder- grund für die Betroffenen steht durchweg die Suche nach Information, emotionaler Unterstützung und persönlichem Aus- tausch zur Krankheitsverarbeitung. Erste Ergebnisse zeigen auch, dass Erkrankte auf Selbsthilfeangebote hingewiesen werden möchten. Medizinisches Perso- nal und psychosoziale Dienste sind also eine wichtige Schnittstelle zur Informa- tion über Selbsthilfe. Gruppenleitungen wünschen sich mehr Schulungen oder andere Unterstützung. Die Wirkung von Selbsthilfeangeboten Foto: i-stock auf Betroffene zeigt sich am stärksten Die Münchner Angstselbst- Diese positiven Ergebnisse legen weitere in den Bereichen Wissensstand, indivi- hilfe (MASH) Evaluationen nahe, beispielsweise mit duelle Lebensqualität und psychische einer Kontrollgruppe von Menschen Gesundheit. Selbsthilfeorganisationen In den Jahren 2010 bis 2018 unternahm mit Angststörungen, die keine Selbst- beschreiben als Wirkfaktoren die Qua- die seit 1989 bestehende Münchner hilfegruppe besuchen. Es müsste auch lität der Angebote, die Integration ins Angstselbsthilfe eine Wirksamkeitsstu- berücksichtigt werden, dass viele Mit- Gesundheitssystem und die Güte der die, unterstützt von ihrem wissenschaft- glieder von Selbsthilfegruppen parallel in Kooperation mit Ärzt:innen und Kliniken. lichen Beirat und der Deutschen Gesell- psychotherapeutischer Behandlung sind Erste Ergebnisse der bisher wenigen schaft für Verhaltenstherapie. und/oder Psychopharmaka einnehmen. Studien zu Onlineangeboten von Selbst- Die Autor:innen der Studie werten diese hilfeverbänden zeigen, dass sich aktiv in Fragestellung war: Stellt sich während Tatsache gleichzeitig als gutes Beispiel Foren einbringende Nutzende subjektiv der Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe für die konstruktive Vernetzung zwischen mehr von den Angeboten profitieren als für die Betroffenen eine wahrnehmbare Selbsthilfe und Gesundheitssystem. passiv Beobachtende. Verbesserung ein? Leistet die Angst- Stefanie Dupp, Christian Zottl, Angstselbsthilfe Joachim Weis, Andrea Kiemen, Rene Markovits- selbsthilfe einen Beitrag dazu? Dazu Hoopii, Forschung im Bereich Krebsselbsthilfe. DAG beleuchtet ihre Wirksamkeit wurden 180 Teilnehmende aus den 17 SHG, selbsthilfegruppenjahrbuch 2019 8
Selbsthilfe trifft Forschung Selbsthilfe im Qualitäts- management von Gesundheitseinrichtungen Die Schaffung eines selbsthilfefreundli- chen Klimas in Gesundheitseinrichtun- gen ist eine Kernaufgabe für Selbsthilfe- organisationen und -kontaktstellen. Ein Meilenstein auf diesem Weg ist das Netz- werk Selbsthilfefreundlichkeit, mit dem erstmals ein Verfahren zur Umsetzung entwickelt wurde. Den Stand der Etab- lierung verfolgt seit Jahren der Mediziner und Soziologe Prof. Dr. Alf Trojan. Studienergebnisse zeigen, dass die Verankerung der Selbsthilfe in den Qualitätsmanagementsystemen (QMS) der Einrichtungen zentral ist. In den am Foto: i-stock häufigsten verwendeten Systemen im ambulanten und stationären Bereich ist Alltag des Qualitätsmanagements und Der vertraute Halt in der Selbsthilfe- die Zusammenarbeit mit der Selbsthilfe der Zertifizierung angewendet werden, gruppe fehlte oder war erschwert. Eine festgeschrieben. Unterstützungsformen muss noch erforscht werden. Folge davon war ein großer Digitalisie- werden immer erwähnt, selten jedoch rungsschub unter den Selbsthilfeaktiven. Alf Trojan, Selbsthilfe im Qualitätsmanagement von Kontrollmechanismen und nie Kriterien Vor allem junge Menschen können sich Gesundheitseinrichtungen verankern! der Partizipation. Eine kontinuierliche leicht auf digitale Formate einlassen, für konstruktive Mitarbeit von Selbsthilfeak- Ältere stellt das oft eine größere Heraus- tiven in Einrichtungsgremien war und ist Selbsthilfe in Zeiten der forderung dar. Für die meisten Gruppen also hier noch ein Ziel. Pandemie können Video- oder Telefonkonferenzen persönliche Treffen nur teilweise erset- Die Qualitätsmanagementsysteme der Im Frühjahr 2021 befragte die Natio- zen, auch weil die Einbindung neuer Kassenärztlichen Bundesvereinigung nale Kontaktstelle zur Unterstützung Mitglieder schwieriger ist. allerdings haben im „Manual für Praxen von Selbsthilfegruppen (NAKOS) 340 und Medizinische Versorgungszentren“ Selbsthilfe-Unterstützungsstellen zu Einige Gruppen hielten nur telefonisch bis in einzelne Formulierungen hinein die deren Arbeit, insbesondere unter den Kontakt. Viele entfalteten Kreativität: Kriterien der Selbsthilfefreundlichkeit Pandemiebedingungen. Parks, Schrebergärten, Scheunen wurden übernommen. zu Treffpunkten, Kleingruppengespräche Die wichtigsten Themenfelder waren und Zweierteams bildeten sich. Diese An der Aufgabe, vor allem Krankenhäuser seelische Gesundheit, Generationen- machten sogar den Austausch intensiver. und Rehakliniken selbsthilfefreundlich zu wechsel in den Selbsthilfegruppen und gestalten, haben etwa 300 Selbsthilfezu- neue Austauschformate. Die Pandemie hat einen Transformations- sammenschlüsse mitgewirkt. In welchem prozess beschleunigt: Neue Formen der Umfang die Kriterien tatsächlich im Die Corona-Pandemie verstärkte be- Kommunikation und eine auch digitale reits bekannte Tendenzen: Anfragen zu Selbstorganisation entwickeln sich und INFOs aus Einsamkeit, Depression, Angst, Abhän- müssen gefördert werden. Deutsche Arbeitsgemeinschaft gigkeit, Existenzängsten und häuslicher Gewalt nahmen zu. Sie führten auch zu A. Goldin, J. Hundertmark-Mayser, Entwicklungen Selbsthilfegruppen e.V. (DAG SHG) und Herausforderungen der Selbsthilfeunterstützung selbsthilfegruppenjahrbuch 2019 entsprechenden Gruppengründungen. in Zeiten der Corona-Pandemie. Deutsche Arbeits- dag-shg.de Das befürchtete Gruppensterben blieb gemeinschaft Selbsthilfegruppen e.V. (DAG SHG): dagegen bisher aus. selbsthilfegruppenjahrbuch 2021. 9
Selbsthilfe trifft Forschung „Ein gemeinsamer Lernprozess steht an“ Universitäten Hamburg, Hannover und vanz medizinischer Forschung verbessern. Köln 2012 bis 2017 stellen Meilenstei- Die konkrete Umsetzung dieses im Prinzip ne diesbezüglich dar. natürlich begrüßenswerten Ansatzes stößt allerdings auf Fragen, die im Einzelfall Die Befunde waren in der Regel positiv, nicht immer leicht zu beantworten sind: Foto: privat was die ursprünglich für viele Fachleute Welche Personen können in angemes- suspekte Selbsthilfe zunehmend salon- sener Weise die Patientenvertretung fähig machte. Es folgte ihre Akzeptanz wahrnehmen? Welche „Qualifikationen“ und teilweise Integration zunächst in müssen sie mitbringen (z. B. Betroffenen- Jürgen Matzat über die Kompetenz oder gar -Expertise, aber auch das Versorgungssystem (mit der ge- Rolle der Selbsthilfe in der setzlich geregelten Förderung durch Basiswissen über Forschungsmethodik Forschung. Er war einer der die GKV), später die Mitwirkung an der und kommunikative Fähigkeiten)? Welche Gründer und langjähriges Patientenvertretung in gesundheitspoli- Hilfestellungen benötigen sie zum Ausfül- Vorstandsmitglied der tischen Entscheidungsgremien (wie z. B. len dieser Rolle? Inwieweit repräsentieren Deutschen Arbeitsgemeinschaft im „Gemeinsamen Bundesausschuss“) sie die Gesamtheit der Betroffenen – und sowie in Arbeitsgruppen zur Erstellung nicht nur ihre persönliche Geschichte? Selbsthilfegruppen und von Behandlungsleitlinien, und seit Wie kann auf der anderen, der For- Leiter der Kontaktstelle für neuestem auch in Planung und Durch- schungsseite, Bereitschaft, Toleranz, Selbsthilfegruppen in Gießen. führung von Forschungsvorhaben. vielleicht sogar Interesse an einer solchen Kooperation mit „Laien“ wachsen – über In der Verbreitung, gesellschaftlichen Die relevantesten öffentlichen For- die Verpflichtung durch die Geldgeber hin- Anerkennung und finanziellen Förderung schungsförderer, DFG und BMBF, gehen aus? „It takes two to tango“, wie man auf von Selbsthilfegruppen, Selbsthilfeorga- dazu über, die Beteiligung von Patien- Englisch so schön sagt; ein gemeinsamer nisationen und Selbsthilfe-Kontaktstellen tenvertretern als ein Bewertungskrite- Lernprozess steht an. ist Deutschland allen anderen Ländern rium bereits bei ihren Ausschreibungen Europas weit voraus. Zu dieser äußerst vorzugeben. Die antragsstellenden Eine Frage immerhin lässt sich in Deutsch- positiven Entwicklung haben Forschung Forschergruppen müssen aufzeigen, wie land vergleichsweise gut beantworten: Wie und Wissenschaft ganz wesentlich bei- sie Patientenvertretung, möglichst in sollen die Forscher denn nach geeigneten getragen. Die ersten Forschungsprojekte allen Phasen von der Formulierung der Patientenvertretern suchen? Dafür haben in den 70er Jahren an den Universitäten Fragestellung über Planung und Durch- wir hierzulande eine gut organisierte Gießen, Hamburg und Heidelberg, die Be- führung ihrer Studie bis zur Auswertung Selbsthilfe-Landschaft, die sich als „erste gleitforschung zu den Modellversuchen und Publikation umsetzen wollen. Dies Wahl“ anbietet. Ob die Selbsthilfe auch des Bundesgesundheitsministeriums zur soll Praxisnähe und Versorgungsrele- immer in der Lage ist, die angebotenen Erprobung von Selbsthilfe-Kontaktstellen KONTAKT Plätze in angemessener Weise zu beset- in den 80er und 90er Jahren und zuletzt juergen.matzat@ zen, wird sich zeigen. Dipl.-Psych. Jürgen Matzat die SHILD-Studie eines Verbundes an den psycho.med.uni-giessen.de 10
Selbsthilfe trifft Forschung Patientenbeteiligung gefordert INFOS Aktive Beteiligung Betroffener an Studien nun Förderkriterium ALLGEMEIN - Patientenbeteiligungsverordnung Patientenbeteiligung in der Forschung § 140f Sozialgesetzbuch V(2004) gab es in Deutschland lange Zeit nicht. - Behindertenrechtskonvention der Hindergungsgründe waren auf allen Vereinten Nation (2008) Seiten vorhanden: Forschende zweifeln, - Patientenrechtegesetz (2013) ob Betroffene ausreichend Wissen über Die meisten Studien werden vom Innovationsfonds ANFORDERUNGEN VON wissenschaftliches Arbeiten haben und des Gemeinsamen Bundesausschusses gefördert. einen sinnvollen Beitrag leisten kön- FORSCHUNGSFÖRDERNDEN nen. Patient:innen befürchten, mit ihrer Angehörigen sowie weiteren relevanten Bundesministerium für Bildung und Betroffenheit nicht ernst genommen oder Nutzenden eingefordert. Betroffene Forschung (BMBF) Das Rahmen- nur beteiligt zu werden, wenn sie uner- sollen bereits an der Planung und Kon- programm Gesundheitsforschung der lässlich sind für einen Antrag. Patien- zeption klinischer Forschungsprojekte Bundesregierung fordert unter tenbeteiligung ist im angelsächsischen beteiligt werden. Die Perspektive von dem Punkt „Gesundheitsforschung Raum bereits etabliert, in Deutschland Betroffenen soll in die Identifizierung gemeinsam gestalten“ die Beteiligung gibt es noch Verbesserungsbedarf bei der wichtiger Forschungsfragen, Auswahl der Gesellschaft an Forschung. Umsetzung. Wenn überhaupt, dann waren der Interventionen und Entwicklung des Patient:innen an klinischer Forschung in Forschungsdesigns einfließen. Bundesministerium für Bildung und der Regel nur passiv beteiligt. Einfluss Forschung (BMBF) In der Richtlinie zur auf die Gestaltung der Studien hatten sie Um die großen Herausforderungen und Förderung klinischer Studien mit hoher selten. die Zusammenarbeit im Gesundheits- Relevanz für die Patientenversorgung wesen weiter zu stärken, ist Forschung ist die Beteiligung von Patient:innen Forschungsförderer wie das Bundesmi- unerlässlich. Dazu müssen Bedarfe und eine besondere Zuwendungsvoraus- nisterium für Bildung und Forschung ha- Bedürfnisse der Patient:innen in den setzung. ben die Patientenbeteiligung zum Krite- Forschungsprozess mit aufgenommen Deutsche Forschungsgemeinschaft rium für die Förderung klinischer Studien und abgestimmt werden mit den Struk- (DFG) Der Leitfaden für die Antrag- gemacht. In der „Richtlinie zur Förderung turen im Gesundheitswesen und an den stellung im Programm Klinische klinischer Studien mit hoher Relevanz für Schnittstellen zwischen den Versor- Studien fragt unter Punkt 5 die die Patientenversorgung“ wird eine aktive gungsbereichen. Patient:innenbeteiligung ab. Beteiligung von Betroffenen, pflegenden Kerstin Gieser LITERATUR Jilani, H.; Rathjen, K.I.; Schilling, I.; Herbon, C.; Scharpenberg, M.; Brannath, W.; Gerhardus, A., 2020: Handreichung zur Patient:innenbeteiligung an klinischer Forschung, Version 1.0, Universität Bremen. Ausschuss „Reha-Forschung“ der Deutschen Vereinigung für Rehabilita- tion (DVfR) und der Deutschen Gesellschaft für Rehabilitationswissen- schaften (DGRW) Prof. Dr. Erik Farin-Glattacker (Univer- sitätsklinikum Freiburg), Dr. Silke Kirschning (DRV Bund), Prof. Dr. Thorsten Meyer (Medizinische Hoch- schule Hannover), Dr. Rolf Buschmann-Steinhage (DRV Bund), Partizipation an der Forschung – eine Matrix zur Orientierung (2014) Foto: istock.com 11
Selbsthilfe trifft Forschung Realität der Menschen in den Blick nehmen Patientenbeteiligung in allen Forschungs- phasen von Nutzen Patientenbeteiligung in allen Phasen der sie sind bei Gutachtersitzungen beteiligt Patient:innen haben eine gleichberech- Forschung hat einen positiven Nutzen. und wirken in einem Projektbeirat mit. Für tigte oder eine eigenständige Rolle bei Betroffene werden mit ihren Wünschen, Publikationen werden sie zur Durchsicht Projektaufgaben. Forschungsergebnisse Erfahrungen und Meinungen gehört und um Kommentierung gebeten. werden gemeinsam publiziert. und berücksichtigt. Den Forschenden ermöglicht die Beteiligung, eine andere Bei der Mitwirkung sind Betroffene Geht die Initiative von Betroffenen aus Sichtweise auf ihr Forschungsgebiet ken- mehr als nur beratend tätig, aber noch und übernehmen diese auch die Steue- nenzulernen. Eine aktive Beteiligung von nicht gleichberechtigt eingebunden. Sie rung eines Forschungsprojektes, dann Betroffenen ermöglicht diesen, Einfluss nehmen als Expert:innen an Fachgesprä- liegen Planung, Ausschreibung und nehmen zu können auf alle wichtigen chen teil, wirken an der Erstellung von Förderentscheidung bei den Betroffenen. Entscheidungen und Phasen im For- Unterlagen oder einzelnen Bestandtei- Wissenschaftler:innen arbeiten ihnen schungsprozess. len im Rahmen des Projektes mit. Sie dann zu und unterstützen. nehmen Stellung zum Antrag, haben ein Durch die unterschiedlichen Rahmen- Stimmrecht bei Förderentscheidungen Dr. rer. nat. Kristina Hoffmann aus der bedingungen von Projekten variieren und beteiligen sich an einzelnen Projekt- Abteilung für Public Health, Sozial- und Zeitpunkt und Grad der Beteiligung. aufgaben oder der Publikation. Präventivmedizin des Zentrums für Prä- Diese kann von der Beratung über die ventivmedizin und Digitale Gesundheit Mitwirkung bis hin zur Zusammenarbeit Bei einer gleichberechtigten Zusammen- Baden-Württemberg meint zum Thema und Steuerung reichen: Wenn Betroffene arbeit wird der Forschungsbedarf zwi- Patientenbeteiligung in der Forschung: beratend hinzugezogen werden, dann schen Förderer, Betroffenen und Wissen- „Das, was wir beforschen, darf einfach nehmen sie an Fachgesprächen teil, wer- schaftlern gleichberechtigt abgestimmt nicht an der Realität der Menschen den gebeten, Materialien zu sichten und und gemeinsam geplant. Notwendige vorbeigehen.“ Fragestellungen zu kommentieren. Oder Gutachterkreise sind paritätisch besetzt. Kerstin Gieser 12
Selbsthilfe trifft Forschung Über Ihre Erfahrungen mit Studien spricht: Marianne Simon DSL Selbsthilfegruppe „Schmerz lass nach“ Weinheim und Mannheim, Vizepräsidentin der Deutschen Schmerzliga e.V., Sprecherin der Regionalen Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen Mannheim Wir erhalten häufiger Anfragen zu Stu- dien. Bislang haben wir (Mitglieder der Selbsthilfegruppe „Schmerz lass nach!“ und ich) leider wenig positive Erfahrun- gen gemacht. An einer Studie des ZI Mannheim zu „Rückenschmerz“ nahm ein Mitglied meiner Selbsthilfegruppe teil. Sie war an- fangs positiv überrascht, wie viel Zeit sich die Ärzte nahmen. Ein Teil der Studie war ein MRT. Eine Woche danach rief dann - am Gründonnerstag - ein Arzt bei ihr an und teilte ihr auf dem Anrufbeantworter mit, dass beim MRT eine Geschwulst im Kopf gefunden wurde, sie möchte sich doch unbedingt dringend im ZI melden. Marianne Simon Das Mitglied kam nach 18 Uhr nach äußert sich zur Hause und erreichte niemanden mehr. So Patientenbeteiligung konkret. saß sie bis Dienstag nach Ostern auf glü- Foto: Marianne Simon henden Kohlen, bis der Arzt ihr mitteilte, dass das „in ihrem Alter häufiger der Fall ist, man solle es nur im Blick behalten“. PC. Beiläufig erfuhren wir, dass die Me- 4 Stunden zum Studienauftakt Zeit und Eine Studie, an der ich teilgenommen diziner für die Beantwortung der Fragen vereinbarte auch den Folgetermin. Kurz habe, wurde vom Uniklinikum Heidelberg ein Mehrfaches unserer Aufwandsent- vor dem 2. Termin kam ein Anruf, dass in Verbindung mit der Klinik Hamburg- schädigung bekamen. Und: Die Ärzte sie nicht weiter in die Studie einbezogen Eppendorf durchgeführt. Wir waren erhielten jeweils einen Ausdruck der wird und der Termin ausfällt. Warum, hat drei Patientenvertreterinnen bei der Auswertung für die anschließende Dis- sie nicht erfahren. MULTIqual-Studie. Bereits beim Auftakt kussion zum Verbleib. Wir bekamen ei- zeigte sich „unser Stellenwert“: Als ein nen zu dritt und mussten diesen danach Dies sind drei Beispiele, die schlecht Professor hörte, dass wir „nur“ Patien- abgeben. Die versprochene Auswertung verliefen. Wir Patienten sollen zwar Zeit tenvertreterinnen sind, meinte er, dass des ersten Teils haben wir nie erhalten. und Wissen einbringen, aber leider ohne seine Stimme „mehrfach zählen müsse, Wir haben daher an Folgestudien nicht anschließend Ergebnisse zu erhalten. da er ja vom Fach“ sei. Wir waren uns mehr teilgenommen. Inzwischen sind wir sehr kritisch, wenn einig, dass wir unter diesen Vorausset- Einladungen kommen. Schade! zungen nicht weiter mitwirken würden. Bei einer weiteren Studie der Uni HD Schnell wurde danach entschieden, dass ging es um neue „Behandlungsverfahren KONTAKT alle Stimmen gleich zählen. Wir blieben und -strategien für chronische Schmer- Tel. 06201 - 60 49 410 AB und bearbeiten einen Tag lang Fragen am zen“. Ein Mitglied nahm sich die ersten info@schmerz-lass-nach-weinheim.de 13
Selbsthilfe trifft Forschung Partner der Forschung: eine Übersicht über Projekte Gesundheitstreffpunkt Mannheim und Heidelberger Selbsthilfebüro arbeiten seit Jahren in Forschungsprojekten mit, seit 2012 sind sie Partner des Zentrums für Versorgungsforschung des Univer- sitätsklinikums Heidelberg. Ziel der Kooperation ist, den Blickwinkel von Ak- tiven aus der Selbsthilfe in die Forschung einfließen zu lassen und dort die Inter- essen der Betroffenen zu vertreten. Wo möglich, wird für Forschungsprojekte ein begleitender Beirat aus Mitgliedern der Selbsthilfegruppen gebildet, um ihr Er- fahrungswissen in Studien zu integrieren und damit für die Versorgung zugänglich zu machen. LONG-COVID Wissen teilen für gute Versorgung – das Long-COVID-Netzwerk Rhein Neckar Foto: i-stock Hausarztpraxen, Physio- und Psycho- zu entwickeln, mit dem die hausärztliche therapeuten und weitere im Gesund- LANGZEITBEATMUNG Versorgung der Betroffenen individuel- heitswesen aktive Einrichtungen wie Invasive Langzeitbeatmung vermeiden – ler gestaltet und so eine Verbesserung das Selbsthilfebüro haben sich im PRiVENT möglich werden soll. Der Gesundheits- Long-COVID-Netzwerk Rhein Neckar Viele Menschen überleben eine längere treffpunkt als Studienpartner organisiert zusammengeschlossen. Im Rahmen intensivmedizinische Behandlung, können und koordiniert einen Patientenbeirat einer Studie wurde eine Online-Erhebung dann aber oft nur schwer von der künstli- Info über den Gesundheitstreffpunkt. unter Patient:innen und Hausärzt:innen chen Beatmung entwöhnt werden. Durch in der Region durchgeführt und nach Früherkennung von Risikofaktoren für eine CHRONISCHE WUNDEN Langzeitbeatmung sollen fachübergreifend persönlichen Eindrücken und Erfahrun- Chronische Wunden richtig behandeln – Vorgehensweisen zur Vermeidung von invasi- gen Betroffener mit der Versorgung bei Ulcus Cruris Care ver Langzeitbeatmung entwickelt werden. einem Long-COVID-Syndrom gefragt. Die Das vom Innovationsfonds geförderte Das Projekt unter Leitung der Thoraxklinik in Ergebnisse sollen im Frühjahr 2022 zur Projekt Ulcus Cruris Care will die Ver- Heidelberg und mit Bundesmitteln gefördert Verfügung stehen. sorgung von Patient:innen mit venös hat eine Laufzeit von 2020 bis 2024. Longcovidnetz.de bedingten chronischen Wunden verbes- wieder-selbst-atmen.de sern. Über digitale Schulungen und mit Hilfe standardisierter Behandlungsemp- fehlungen und digitaler Wunddokumen- tationen erhalten Hausärzt:innen einen schnellen Überblick über die Wundhei- CHRONISCHE SCHMERZEN lung. Ein E-Learning-Modul und Informa- Den Alltag mit chronischen Schmerzen VERSORGUNGSKONTINUITÄT tionsschriften für Patient:innen sollen die besser bewältigen – RELIEF Persönliche Versorgungskontinuität schaf- Selbstversorgungskompetenzen fördern. Viele Menschen mit chronischen Schmer- fen und sichern – Vespeera Das Projekt wird erstmals in 20 Haus- zen sind täglich auf Schmerzmittel ange- Unter den jährlich rund 20 Millionen im arztpraxen erprobt. wiesen, die ihren Alltag sehr einschrän- Krankenhaus behandelten Menschen in shorturl.at/ikzG6 ken. Informiertheit und gute Selbst- Deutschland werden viele unnötig wieder fürsorge können helfen, Medikamente aufgenommen. Denn häufig werden Er- zu reduzieren. Ziel der auf fünf Jahre krankte aus dem Krankenhaus entlassen projektierten Studie ist es, ein Programm ohne Abstimmung über die Weiterversor- 14
Selbsthilfe trifft Forschung gung mit ihnen, ihren Angehörigen oder ELEKTRONISCHE PATIENTENAKTE ihrer Hausarztpraxis. Ziel von Vespeera Patienten-Souveränität über die war daher, zuverlässige Kommunikati- eigenen Daten schaffen und sichern – onsstrukturen zwischen Krankenhaus INFOPAT und Hausarztpraxis zu schaffen. Patient:innen standen im Zentrum vespeera.org des Projekts, das von 2012 bis 2017 in der Metropolregion Rhein-Neckar durchgeführt wurde. Es war das erste Forschungsprojekt, in das Gesund- heitstreffpunkt und Selbsthilfebüro SELBSTWIRKSAMKEIT einbezogen waren. Mittels einer per- Kraftquellen, soziale Kontakte und sönlichen, einrichtungsübergreifenden Selbstfürsorge aktivieren – HoPES3 elektronischen Patientenakte (PEPA) Zur Verbesserung der hausärztlichen sollten Patient:innen allein entschei- Betreuung von älteren Menschen wurde den, wer auf welche Daten Zugriff hat, von 2018 bis 2020 die Studie HoPES3 wer etwas lesen oder etwas einstellen durchgeführt. Gemeinsam mit chronisch darf. Diese Patientenakte konnten erkrankten Patientinnen und Patienten sie auch mit eigenen Informationen jenseits der 70, sowie mit Hausarztpra- ergänzen, z.B. Ansprechpersonen für xen in Heidelberg und Tübingen wurde den Notfall oder Patientenverfügung. nach Möglichkeiten gesucht, die Selbst- infopat.eu fürsorge zu stärken und soziale Kontakte zu (re)aktivieren. hopes3.de Foto: i-stock Die Beteiligungsplattform: Betroffene können ihre Sichtweise nun in die krebsmedizinische For- „fragdiepatienten.de“ mitgestaltet schung einbringen: Die neue Umfra- ge-Plattform des DKFZ www.fragdie- Günther Kupke, Selbsthilfegruppe Prostatakrebs Rhein-Neckar, patienten.de lädt Krebspatient:innen über Patientenbeteiligung an einer Studienplattform des DKFZ: ein, an Umfragen zu aktuellen For- schungsprojekten teilzunehmen. Sie bringt Krebspatienten und Forschen- de zu diesem Zweck zusammen. Wie funktioniert das? Wissenschaftlerinnen und Wissen- schaftler präsentieren ihr Forschungs- projekt aus der Krebsmedizin auf „Wir onkologischen Patienten haben www.fragdiepatienten.de mitzuarbeiten, fragdiepatienten.de und stellen eine uns schon immer gewünscht, beim was ich gerne übernahm. Man präsen- Meinungsumfrage dazu ein. Design von Studien eingebunden zu tierte uns einen Vorschlag für diese werden. Im Sommer 2021 kam eine Webseite, den Vertreter verschiedener Krebsbetroffene können die Umfrage Anfrage des Krebsinformationsdienstes Selbsthilfegruppen beurteilten und mit anonym und zeitlich ungebunden auch an den Bundesverband Prosta- eigenen Vorschlägen verbesserten. Im ausfüllen. Freitextfelder bieten Raum, takrebs Selbsthilfe e.V., ob wir bereit Herbst 2021 ging die Seite nun Online“. um eigene Sichtweisen darzulegen. wären, an der Gestaltung der Webseite Günter Kupke KONTAKT Grafik: fragdiepatienten.de © Krebsinformati- INFO onsdienst, Deutsches selbsthilfegruppe-prostatakrebs.de/ fragdiepatienten.de/ Krebsforschungszentrum DKFZ 15
Selbsthilfe trifft Forschung Ein Blick zurück – und nach vorn Christina Reiß, Soziologin, ist seit 2016 Kommunale Behinderten- beauftragte der Stadt Heidelberg und war lange in der Selbsthilfe- unterstützung tätig. Heute erinnert sie sich an ihr Forschungsprojekt INFOPAT, bei dem eine patientengesteuerte Patientenakte entwickelt werden sollte. Foto: Marcus Schwetasch Seit einigen Jahren ist es bei vielen des Projekts INFOPAT, bei dem eine on / Dissertation und Veröffentlichungen Forschungsprojekten verpflichtend, die patientengesteuerte Patientenakte entwi- voranbringen. Sicht der Anwendenden miteinzubezie- ckelt werden sollte, heißt das: Wenn bis- hen. So auch in der Gesundheits- und her in der Patientenversorgung niemand Häufig bleibt unberücksichtigt, dass Versorgungsforschung. Im Zuge der Zeit hat, vorhandene Befunde zu sichten, Menschen mit schweren Erkrankungen Digitalisierung gibt es hier eine Reihe an dann hat es wenig Sinn, diese digital zur keine „Kundschaft“ sind, sondern spe- Forschungsvorhaben, die versprechen, Verfügung zu stellen. Wenn die Fachdis- zifische Bedürfnisse haben. Sie können die Versorgung zu verbessern (und im ziplinen nicht zusammenarbeiten und in nicht x-beliebig die Behandlung wech- Idealfall Kosten zu sparen). Um dies zu Erwägung ziehen, dass auch ein Befund seln, sie haben keine „Marktmacht“, sind ermöglichen, arbeiten sehr unterschied- aus einem anderen Bereich wichtig sein Kostenträgern ausgeliefert. Sie brauchen liche Wissenschaftsdisziplinen zusam- könnte (was leider oft genug der Fall ist), Information und Zuwendung. Ersteres men. Allein dies ist schon nicht einfach. dann hilft es niemandem, diese Befunde kann digital unterstützt werden, letzteres Kommt noch Patientenvertretung dazu, in einer elektronischen Patientenakte nicht. Das braucht Zeit des Personals wird schnell die Hierarchie zwischen Wis- vorzuhalten. Fragen von Datenschutz und die ist Mangelware. senschaft und Anwendenden spürbar. und –sicherheit sind bei einem solchen An zwei solcher Projekte war ich seit Vorhaben ebenfalls zentral. Im Projekt Es ist begrüßenswert, dass die Patien- 2009 beteiligt. Mit mehreren Jahren wurde das gut umgesetzt, was davon in tensicht eingebracht wird. Wünschens- Abstand bin ich noch immer ziemlich der Realität landen wird, weiß niemand. wert wäre für die Zukunft, dass dies auf ernüchtert. Ein wirklicher Gewinn für die Augenhöhe geschieht. Eine finanzielle Situation von Patientinnen und Patienten Zwei Eindrücke, die ich gewonnen habe: Ausstattung von Beteiligten aus der konnte nicht erreicht werden. Meiner In vielen Forschungsprojekten geht Selbsthilfe dafür ist zwingend erforder- Ansicht nach liegt das daran, dass nur es darum, dass Institute Fördermittel lich, denn ehrenamtlich kann so etwas Prozesse, die analog funktionieren, auch erhalten und ihre Mitarbeitenden ihre nicht erfolgen. Aber auch die Haltung der digitalisiert werden sollten. Am Beispiel wissenschaftliche Karriere über Promoti- Forschenden muss passen. 16
Selbsthilfe trifft Forschung Über Ihre Erfahrungen mit Studien spricht: Ich habe auch an verschiedenen Studien Annette Hans, Selbsthilfe- zum Thema Lungenkrebs in bestimmten gruppe in der Metropolregion Stadien teilgenommen und wie man am Rhein-Neckar für Lungen- besten über Behandlungen aufklären kann. Oder beim Erstellen von Broschü- krebskranke und Angehörige ren mitgearbeitet, damit Betroffene und und Vorsitzende des Landes- Angehörigen verständlich informiert verbands Baden-Württemberg werden. Was mich motiviert? Ich beteilige mich Ich habe an so vielen Studien teilgenom- an Studien, um etwas beizutragen, dass men….. Eine Studie war die MULTIqual anderen Betroffenen vielleicht besser Studie, in der es um Morbidität ging. Die geholfen werden kann. Ich habe ja selbst Studie wurde mit Ärzten, Forschern und die Erfahrungen gemacht und weiß, was Patientenvertretern gemeinsam durch- hilfreich sein kann und was nicht. Mir ist geführt. Man musste über 300 Fragen wichtig, dass Ärzte und Forscher ver- ausfüllen und dann gab es ein Auswer- stehen, wie ein Patient sich in manchen tungstreffen. Leider wurden die Patien- Annette Hans äußert sich zur Patientenbeteiligung Situationen fühlt, was man Patienten tenvertreter nicht richtig berücksichtigt konkret. zumuten kann oder warum manche und ich habe mir auch etwas anderes von Foto: privat Behandlungen abgelehnt werden. der Studie erhofft. tienten im Krankenhaus stellen kann, KONTAKT Eine Studie hieß Intakt, da ging es um welche man dann auf einem Fragebogen Annette Hans, annette.hans@live.de Fragen, die man an betroffene Krebspa- aufgeführt hat. Beteiligung der Selbsthilfe an der Forschung: Was braucht es, damit es gut läuft?! Viele Aktive aus Selbsthilfegruppen sind titute und Forschende davon ausgehen, Aktiven aus der Selbsthilfe hilfsbereit, wenn es darum geht, die dass Aktive aus Selbsthilfegruppen ihr Information der Mitwirkenden über Versorgungsstrukturen für alle Betroffe- Engagement umsonst anbieten (sollen). Forschungsvorhaben und -ergebnisse nen zu verbessern. In den letzten Jahren eine wertschätzende Kultur für das Erfah- häufen sich die Anfragen an Selbsthilfe- Die Mitarbeit in Forschungsprojekten rungswissen, das die Aktiven mitbringen gruppen, sich bei Studien zu beteiligen. zählt nicht zur originären Selbsthilfear- eine Gleichbehandlung mit anderen Was im Sinne der Betroffenen ist: dass beit. Sie sollte daher über adäquate Beteiligten und „Augenhöhe“ während ihr Erfahrungswissen in Forschungser- Aufwandsentschädigungen erfolgen. des Projekts gebnisse einfließt. Verbindlichkeit in der Kooperation Für eine gelingende Kooperation braucht Transparenz darüber, was mit den Ergeb- Viele Gelder werden für diese Vorhaben es darüber hinaus: nissen weiter geschieht. zur Verfügung gestellt. Umso erstaunli- eine präzise Klärung der Erwartungen Bärbel Handlos cher ist es für uns, dass zahlreiche Ins- und Aufgaben vor der Rekrutierung von 17
Gesundheitstreffpunkt Mannheim aktuell „Du bist nicht allein!“ Neue Publikationen des Gesundheitstreffpunkts Plakataktion in Mannheim Um alle wichtigen Informationen über den Gesundheitstreffpunkt mit der Kon- taktstelle für Selbsthilfe und der Patien- tenberatung Rhein-Neckar zu bündeln, hat der Gesundheitstreffpunkt ein neues Faltblatt erstellt. In diesem werden kurz und knapp die Arbeitsschwerpunkte des Gesundheitstreffpunkts vorgestellt und Kontaktmöglichkeiten genannt. Das Faltblatt wird auf den Informationsstän- dern ausgelegt, es ist auch direkt beim Gesundheitstreffpunkt erhältlich. Foto oben: Wall Decaux Foto unten: Gesundheitstreffpunkt Der Gesundheitstreffpunkt startete ins Jahr 2022 mit der Plakatkampagne „Du bist nicht allein!“ Auf digitalen Displays, den Citylights, und an Straßenbahnhalte- Ebenso erhältlich ist die Ende 2021 er- stellen in Mannheim lenkten die großfor- schienene Jubiläumsbroschüre zum 40. matigen Plakate im Laufe des Januar die Geburtstag des Gesundheitstreffpunkts, Aufmerksamkeit auf die Selbsthilfe und der ältesten Selbsthilfekontaktstelle hier vor allem auf einsame Menschen. in Baden-Württemberg. Die Broschüre Die Aktion „Du bist nicht allein!“ weist bietet in aller Kürze einen Überblick über auf die gegenseitige Unterstützung hin, die Arbeit des Gesundheitstreffpunkts die sich Betroffene und deren Angehöri- und die vergangenen 40 Jahre. ge in Selbsthilfegruppen geben können, und sie will Mut machen, eine Gruppe zu finden oder sogar selbst eine zu gründen. „Besonders angesprochen werden sollen Menschen, die einsam sind. Ihnen soll Hoffnung auf Besserung vermittelt werden. Gerade nach fast zwei Jahren Pandemie sehen wir, wie wichtig es ist, mit anderen im Austausch und im Ge- spräch zu bleiben“, sagt Geschäftsführe- rin Bärbel Handlos, die die Idee zu dieser Kampagne hatte und für die Umsetzung den Außenwerbungsanbieter Wall GmbH und die BKK Pfalz gewinnen konnte, die Die Titelseiten der beiden neuen Publikationen des seit Jahren Selbsthilfeangebote in der Gesundheitstreffpunkts: Das Faltblatt (oben) und die Region verlässlich unterstützt. Jubiläumsbroschüre (unten). 18 gesundheitstreffpunkt-mannheim.de
Gesundheitstreffpunkt Mannheim aktuell Seminare und Veranstaltungen 2022: Schauen Sie rein Der Gesundheitstreffpunkt hat erneut ein Am 17. September lautet das Thema: schiedenen Themen wird mit unseren vielfältiges Seminar- und Veranstaltungs- „Telefonische Erstberatung – wie geht es Kooperationspartner:innen in bewährter programm für Mitglieder aus Selbsthilfe- richtig?“. Diskutiert wird, wie man gene- Zusammenarbeit fortgeführt. Am 13. gruppen zusammengestellt. Die Semina- rell eine Beratung am Telefon durchführt Mai geht es um das Thema „Psychische re sollen helfen, die Arbeit in der eigenen und wie man es schafft, dass Ratsuchen- Erkrankung bei Kindern und Jugendli- Selbsthilfegruppe zu erleichtern. de nach einem ersten Telefonat auch in chen“. Die Teezeit am 12. Juli beschäftigt die Selbsthilfegruppe kommen (verbun- sich mit dem Thema „Frauengesund- Beim Seminar „Entspannung in der den mit der Frage, wie man am Telefon heit“, während am 16. November das Gruppe bei Qigong“ am 7. Mai soll die seine Selbsthilfegruppe „attraktiv“ für Thema „COPD – Chronisch obstruktive Übungsmethode Qigong sowohl für die Ratsuchende machen kann). Lungenerkrankung“ behandelt wird. Alle eigene Anwendung als auch als Entspan- Teezeiten sind kostenfrei und werden bei nungselement bei der Arbeit in Selbsthil- Das Veranstaltungsjahr 2022 endet mit Bedarf simultan ins Türkische übersetzt. fegruppen vorgestellt werden. dem Onlineseminar „Erstellung eines barrierefreien PDF-Dokuments“ am 18. Bei allen Veranstaltungen werden die Das Seminar „Nach Corona: Wie bringe November. Bei diesem Seminar wird er- aktuell gültigen Hygienevorgaben umge- ich meine Selbsthilfegruppe wieder ins klärt, wie man PDF-Dokumente erstellt, setzt. Gegebenenfalls finden die Prä- Laufen“ am 16. Juli beschäftigt sich mit die mit einer Vorlese-Software für blinde senz-Veranstaltungen auch virtuell statt, den Auswirkungen der Corona-Pandemie. oder sehbehinderte Menschen vorlesbar der Gesundheitstreffpunkt informiert in Es geht um verschiedene Methoden, mit sind. diesem Fall immer rechtzeitig. Die Se- denen der eigenen Selbsthilfegruppe minare und Teezeiten werden ermöglicht nach der langen Corona-Zeit wieder neu- Die Veranstaltungsreihe Teezeiten mit durch die gesetzlichen Krankenkassen. er Schwung verliehen werden kann. Gesundheitsinformationen zu ver- Neue Technik ermöglicht hybride Treffen Zwei Gruppenräume, die seit Ende Januar hybride Mit freundlicher Unterstützung der ge- Präsenztreffen der Gruppen beliebig viele Treffen ermöglichen: Raum 3 und Raum 7. Fotos: Gesundheitstreffpunkt setzlichen Krankenkassen wurden zwei Personen von außerhalb online dazu- Gruppenräume des Gesundheitstreff- schalten können. Durch eine unter dem Notebook oder Tablet, das bei Bedarf punkts mit großen Flachbildschirmen Flachbildschirm eingebaute Kamera kön- auch beim Gesundheitstreffpunkt ausge- und Technik für virtuelle Konferenzen nen diese das Geschehen im Raum mit- liehen werden kann. Eine Anmietung der ausgestattet. In Raum 3 und Raum 7 verfolgen und sich aktiv an den Gruppen- Räume und die Nutzung der neuen Tech- können daher ab sofort hybride Treffen treffen beteiligen. Die Nutzung der neuen nik sind auch für andere externe Nutzer von Selbsthilfegruppen durchgeführt Technik ist kostenfrei. Notwendig für ein möglich. Bei Interesse melden Sie sich werden: Das bedeutet, dass sich zu den hybrides Gruppentreffen ist lediglich ein gerne beim Gesundheitstreffpunkt. gesundheitstreffpunkt-mannheim.de 19
Sie können auch lesen