Das TAB im Jahr 2020 - Karlsruher Institut für Technologie

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Das TAB im Jahr 2020 - Karlsruher Institut für Technologie
Das TAB im Jahr 2020

                           Tätigkeitsbericht

August 2021
Arbeitsbericht Nr. 202
Das TAB im Jahr 2020 - Karlsruher Institut für Technologie
Büro für Technikfolgen-Abschätzung
beim Deutschen Bundestag (TAB)
Neue Schönhauser Straße 10
10178 Berlin

2021

Umschlagbild
»Spandauer Vorstadt in Berlin-Mitte – Ein Kunst- und Denkmalführer«,
Michael Imhof Verlag, Petersberg, mit freundlicher Genehmigung von Herrn Michael Imhof

S. 2, 3, 4, 5, 6, 9, 10, 24: TAB
S. 6: PeopleImages/iStock
S. 7: ipopba/AdobeStock; Bits and Splits/AdobeStock
S. 8: elgol/iStock; Kalyakan/AdobeStock
S. 11: Vadym Malyshevskyi/123RF
S. 12: Andrii Yalanskyi/123RF
S. 13: Porter/Heppelmann 2014, S. 12 f., nach BMEL 2016, S. 9
S. 14: elenabsl/123RF
S. 15: serezniy/123RF; Richard Martin Lee/123RF
S. 16: Weerapat Kiatdumrong/123RF
S. 17: Pop Nukoonrat/123RF
S. 18: Aleksandr Belugin/123RF
S. 19: cjmacer/Shutterstock.com
S. 20: jvdwolf/123RF
S. 21: Maikhail Grachikov/123RF
S. 22: Chansom Pantip/123RF
S. 23: FredFroese/iStock
S. 25: Gruppenbild TAB-Konsortium und Berichterstattergruppe TA DBT/Haar
S. 26: IZT – Institut für Zukunftsstudien und Technologiebewertung gemeinnützige GmbH;
        VDI/VDE Innovation + Technik GmbH

ISSN-Internet 2364-2602
Das TAB im Jahr 2020 - Karlsruher Institut für Technologie
Inhalt

Editorial                                                                          2

Das Arbeitsprogramm 2020                                                           3

Horizon-Scanning als Instrument zur Technologievorausschau
und Themenfindung                                                                  6

Diskursanalyse und Dialog mit gesellschaftlichen Akteuren                          9

Abgeschlossene Projekte

     Petitionen an den Deutschen Bundestag – Bekanntheit und Nutzung               11

     Digitalisierung der Landwirtschaft                                            12

     Mögliche gesundheitliche Auswirkungen verschiedener Frequenzbereiche
     elektromagnetischer Felder (HF-EMF)                                           14

Laufende Projekte

     Herausforderungen für die Pflanzenzüchtung                                    15

                                                                                        Inhalt
     Energieverbrauch der IKT-Infrastruktur                                        16

     Innovative Technologien, Prozesse und Produkte in der Bauwirtschaft           17

     Welt ohne Bargeld – Veränderungen der klassischen Banken- und Bezahlsysteme   18

     Chancen der digitalen Verwaltung                                              19

     Chancen und Risiken der Digitalisierung kritischer kommunaler
     Infrastrukturen an den Beispielen der Wasser- und Abfallwirtschaft            20

Neue Projekte

     Energiespareffekte im Gebäudesektor                                           21

     Gene Drives – Technologien zur Verbreitung genetischer Veränderungen
     in Populationen                                                               22

     Urbaner Holzbau                                                               23

Publikationen im Berichtszeitraum                                                  24

Das TAB, sein Auftraggeber und seine Partnerinstitutionen                          25

                                                                                          1
Das TAB im Jahr 2020 - Karlsruher Institut für Technologie
Editorial

    Die Dynamik, die Reichweite und die fatalen Konsequen­          führt und weiter etabliert hätten und nun realistischerweise
    zen der Coronaviruspandemie haben das gesellschaftliche         erst im neuen Bundestag im Jahr 2022 wiederaufleben las-
    und politische Leben im Berichtsjahr 2020 in einem Maße         sen können. Im Jahr 2020 hätte auch das 30-jährige Beste-
    geprägt, das in vielerlei Hinsicht nicht vorhersehbar war.      hen des TAB begangen werden können. Anders als bei den
                              Naturgemäß waren auch alle Mit-       Jubiläen nach 20 und 25 Jahren kam eine (Präsenz-)Veran-
                              arbeiter/innen des TAB durch die      staltung nicht infrage. Stattdessen wurde zum Jahresende
                              Herausforderungen von Home-           eine besonders umfangreiche Ausgabe des TAB-Briefs mit
                              office sowie Homeschooling und        dem Schwerpunktthema »30 Jahre TAB – 30 Jahre Beiträge
                              sonstiger Kinderbetreuung, Sor-       zu einer vorausschauenden und vorsorgenden Politikge-
                              gen um ältere Angehörige sowie        staltung« vorgelegt. Darin wurden wichtige Diskussionsli-
                              psychischen Stress durch Kon-         nien sowie die zugehörigen Ergebnisse und Einschätzungen
                              taktsperren und die vielfältigen      aus unseren Projekten nachgezeichnet und reflektiert, um
                              Lockdownmaßnahmen belastet.           zu fragen, wie umsichtig und vorausschauend die Analysen
    Prof. Dr. Armin
    Grunwald                  Weil aber kurzfristige oder so-       waren und was daraus für die Zukunft gelernt werden kann.
    Leiter des TAB            gar tagesaktuelle Themenstel-
                              lungen in den Auftragsmodali-         Der folgende Überblick über das Arbeitsprogramm 2020
                              täten des TAB nicht vorgesehen        des TAB und die Aufgabenbereiche Technologievoraus-
                              sind, hat das Coronageschehen         schau sowie Diskursanalyse und Dialog ebenso wie die
                              unsere Arbeit insgesamt nicht so      Projektsteckbriefe dokumentieren unser breites Aktivi-
                              stark verändert wie die von ande-     tätsspektrum. Was in dieser Ausgabe fehlt, ist ein Blick auf
                              ren Institutionen. So war auch        die Aktivitäten des TAB im Netzwerk europäischer parla-
                              das Jahr 2020 geprägt von der         mentarischer TA-Einrichtungen, weil die für Herbst 2020
                              Durchführung und Bearbeitung          in Großbritannien geplante EPTA-Konferenz zum Thema
                              der vom Bundestag beauftrag-          »Technikfolgenabschätzung in Krisenzeiten« letztlich
    Dr. Christoph
    Revermann                 ten und längerfristig laufenden       doch komplett abgesagt werden musste.
    stv. Leiter               Projekte sowie der kontinuier-
                              lichen proaktiven Beobachtung         Wie immer bedanken wir uns stellvertretend für alle Mit-
                              gesellschaftlich relevanter wissen-   arbeiter/innen des TAB-Konsortiums bei den Mitglie-
                              schaftlich-technischer Entwick-       dern der Berichterstattergruppe für TA – Stephan Albani
                              lungen mittels der Horizon-Scan-      (CDU/CSU), René Röspel (SPD), Dr. Michael Espendiller
                              ning-Aktivitäten.                     (AfD), Prof. Dr. Andrew Ullmann (FDP), Ralph Lenkert
                                                                    (DIE LINKE), Dr. Anna Christmann (BÜNDNIS 90/DIE
                            Deutlich begrenzt waren die Mög-        GRÜNEN), unter umsichtiger Leitung des Ausschussvor-
                            lichkeiten von Präsenzveranstal-        sitzenden Dr. Ernst Dieter Rossmann (SPD) – für ihr Inte-
                            tungen, wodurch unsere Bemü-            resse und ihre Unterstützung. Außerdem geht unser Dank
    Dr. Arnold Sauter
                            hungen um eine weitere Stärkung         an alle mit der Arbeit des TAB befassten Mitarbeiter/innen
    stv. Leiter
                            der Diskurs- und Dialogaktivi-          der Fraktionen, der Abgeordneten und der Bundestagsver-
    täten durch Vorort- und Hands-on-Formate leider ausge-          waltung, insbesondere im Sekretariat des Forschungsaus-
    bremst wurden. Dies betraf insbesondere die 2019 erstmalig      schusses den für die TA zuständigen Mitarbeitern Jacob
    durchgeführte Veranstaltung »TAB im Foyer – Zukunfts-           Prehn und Kai Steffen sowie dessen Leiter Andreas Meyer.
    technologien im Blick«, die wir angesichts der positiven
    Resonanz äußerst gerne im Jahr 2020 als Reihe fortge-               Armin Grunwald, Christoph Revermann, Arnold Sauter

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Das TAB im Jahr 2020 - Karlsruher Institut für Technologie
Das Arbeitsprogramm 2020

Den Auftakt des Jahres 2020 bildeten die Vorstellung und    jekt »Welt ohne Bargeld – Veränderungen der klassischen
intensive Diskussion des TAB-Arbeitsberichts Nr. 183        Banken- und Bezahlsysteme« in Teilpräsenz durchge-
»Arzneimittelrückstände in Trinkwasser und Gewässern«       führt, allerdings mit sehr begrenzter Teilnehmendenzahl
in einer Sitzung des Umweltausschusses am 15. Januar,       vor Ort im Ausschusssitzungssaal. Einige der Fachleute
den Abschluss die Veröffentlichung des TAB-Briefs           waren daher per Video zugeschaltet, die Öffentlichkeit
Nr. 51 sowie der Einstieg in die neue Themenfindungs-       konnte den Diskussionen live im Parlamentsfernsehen
runde. Dazwischen gab es eine Vielzahl von Aktivitäten,     folgen.
darunter auch drei größere Präsenzveranstaltungen.
                                                            In einem ähnlichen Zuschnitt, erweitert um ein Onlinebe-
Gerade noch vor dem weitgehenden Shutdown des öffentli-     teiligungstool, fand schließlich im November ein Fachge-
chen Lebens konnte Armin Grunwald gemeinsam mit den         spräch mit Expert/innen sowie Bundestagsabgeordneten

                                                                                                                       Das Arbeitsprogramm 2020
Kolleginnen der Konsortialpartner VDI/VDE-IT und IZT,       zu den Ergebnissen des TAB-Arbeitsberichts Nr. 187
Sonja Kind und Michaela Evers-Wölk, am 4. März im voll-     »Autonome Waffensysteme« (AWS) statt (Kasten).
besetzten Auschusssitzungssaal auf Anregung der Bericht-
erstattergruppe TA einen Zwischenbericht über die Arbeit
des TAB in der laufenden 19. Wahlperiode geben.             Projektabschlüsse und Berichtsvorlagen

Nachdem ab Mai die zwischenzeitlich ausgesetzten            Mit der Vorlage der Berichtsentwürfe an die Berichter-
Berichterstattertreffen wieder stattfinden konnten, wurde   stattergruppe TA seitens des TAB vorerst abgeschlossen
am 18. Juni auch ein öffentliches Fachgespräch im Pro-      wurden die folgenden Projekte:

  Öffentliches Fachgespräch »Autonome Waffensysteme« im Bundestag

 Anlässlich des großen Interesses an der TAB-Studie sowohl innerhalb des Bundestages als auch in der (Fach-)Öffent-
 lichkeit wurde am 4. November 2020 im Bundestag ein öffentliches Fachgespräch mit Expert/innen sowie Bundes-
 tagsabgeordneten durchgeführt. Nach der Begrüßung durch den Vorsitzenden des Ausschusses für Bildung, For-
 schung und Technikfolgenabschätzung (ABFTA), Dr. Ernst Dieter Rossmann, und einer kurzen inhaltlichen Einfüh-
 rung durch den Projektleiter des TAB, Dr. Reinhard Grünwald, präsentierten und diskutierten Prof. Dr.-Ing. Frank
 Flemisch (Fraunhofer FKIE), Dr. Jürgen Altmann (TU Dortmund), Johanna Polle und Dr. Christian Alwardt (IFSH),
 Dr. Bernhard Koch (ITHF), Anja Dahlmann (SWP) sowie Dr. Frank Sauer (UniBw M) eine breite Palette von The-
 men: Technologische Aspekte zu existierenden und in der Entwicklung befindlichen Waffensystemen, die mögliche
 Transformation der Kriegsführung durch neue technologische Möglichkeiten, ethische Fragen rund um die Anwen-
 dung potenziell tödlicher Gewalt durch AWS und nicht zuletzt der Stand der internationalen Debatte um völkerrecht-
 liche Regulierung bzw. Rüstungskontrolle von AWS.

 Ein öffentliches Fachgespräch unter Pandemiebedingungen stellt eine organisatorische Herausforderung dar. So war
 die Mehrzahl der Abgeordneten bzw. Expert/innen online zugeschaltet. Die Öffentlichkeit wurde über eine Live­
 übertragung im Parlamentsfernsehen hergestellt. Zeitgleich bestand über die Plattform »adhocracy+« die Möglich-
 keit, Fragen an die Sachverständigen und Abgeordneten zu richten. Die öffentlichen Reaktionen und die Medienreso-
 nanz bestätigten das TAB in der Einschätzung, dass dieses Format durchaus spannende und lebendige Diskussionen
 ermöglicht. Die Veranstaltung wurde dokumentiert und steht in der Mediathek des Deutschen Bundestages zur
 Verfügung.

                                                                                                                                3
Das TAB im Jahr 2020 - Karlsruher Institut für Technologie
››   Mögliche Diskriminierung durch algorithmische Ent-     Gestartet wurde darüber hinaus die Kurzstudie »Urbaner
         scheidungssysteme und maschinelles Lernen              Holzbau«, die auf Basis von vorangegangenen Themen-
    ››   Petitionen an den Deutschen Bundestag – Bekanntheit    kurzprofilen aus dem Horizon-Scanning von der Bericht-
         und Nutzung                                            erstattergruppe TA ausgewählt und vom Forschungs-
    ››   Digitalisierung der Landwirtschaft                     ausschuss in Auftrag gegeben worden war. Wie geplant,
    ››   Mögliche gesundheitliche Auswirkungen verschie-        erscheinen die Ergebnisse der Kurzstudien seit 2020 in
         dener Frequenzbereiche elektromagnetischer Felder      einer neu gestalteten Publikationsreihe mit eigener Zäh-
         (HF-EMF)                                               lung (Abb. 1). Näheres zu den Themenkurzprofilen des
                                                                Jahres 2020 findet sich im folgenden Beitrag zum Hori-
    Neben den beiden erstgenannten Analysen, deren Ergeb-       zon-Scaninng (S. 6 ff.).
    nisse in Form von Hintergrundpapieren veröffentlicht
    wurden, konnten die Projekte zu drei Themenstellungen
    mit der parlamentarischen Abnahme und Publikation der       Abb. 1   Die neu gestaltete Publikationsreihe
                                                                         »TAB-Kurzstudien«
    Endberichte endgültig abgeschlossen werden:

    ››   Lichtverschmutzung – Ausmaß, gesellschaftliche und
         ökologische Auswirkungen sowie Handlungsansätze
    ››   Autonome Waffensysteme
    ››
                                                                                   BÜRO FÜR TECHNIKFOLGEN-ABSCHÄTZUNG

         New Space – neue Dynamik in der Raumfahrt                                 BEIM DEUTSCHEN BUNDESTAG

                                                                            New Space –
    Weiterführung und Start neuer Projekte                                  neue Dynamik in der Raumfahrt

    Im Projekt »Chancen und Risiken der Digitalisierung kri-
    tischer kommunaler Infrastrukturen an den Beispielen
    der Wasser- und Abfallwirtschaft« wurde 2020 durch die
    Vergabe weiterer Gutachten die zweite Projektphase ein-
    geleitet. Auch das Projekt »Chancen der digitalen Verwal-
    tung« ging in die Vertiefungsphase. Weit vorangetrieben
    wurden die folgenden Projekte, deren Abschlussberichte
    Anfang 2021 vorgelegt wurden:

    ››   Energieverbrauch der IKT-Infrastruktur                             Sonja Kind
                                                                            Tobias Jetzke

    ››
                                                                            Lukas Nögel
         Herausforderungen für die Pflanzenzüchtung                         Marc Bovenschulte
                                                                            Jan-Peter Ferdinand

    ››   Innovative Technologien, Prozesse und Produkte in
         der Bauwirtschaft
    ››   Welt ohne Bargeld – Veränderungen der klassischen                  Oktober 2020 | TAB-Kurzstudie Nr. 1

         Banken- und Bezahlsysteme

    Neu begonnen wurden im Lauf des Jahres 2020 drei wei-
    tere Projekte aus der ersten Themenfindungsrunde 2019:      Zweite Themenfindungsrunde im
                                                                19. Deutschen Bundestag –
    ››   Energiespareffekte im Gebäudesektor                    Ausblick auf das Arbeitsprogramm
    ››   Gene Drives – Technologien zur Verbreitung gene-       2021/2022
         tischer Veränderungen in Populationen
    ››   Kernreaktorkonzepte der IV. Generation                 Die zweite große Themenfindungsrunde im 19. Deut-
                                                                schen Bundestag wurde im Sommer 2020 gestartet. Auf
    Allerdings wurde das Projekt »Kernreaktorkonzepte der       die Anfrage des Vorsitzenden des ABFTA, Dr. Ernst
    IV. Generation« nicht weitergeführt, weil in der Bericht-   Dieter Rossmann, bei den Fraktionen und Ausschüssen
    erstattergruppe über die Gutachtenvergabe kein Konsens      gingen bis zum Herbst 2020 knapp 30 Untersuchungs-
    erzielt werden konnte.                                      anträge ein.

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Das TAB im Jahr 2020 - Karlsruher Institut für Technologie
Wie üblich wurden alle Themenvorschläge vom TAB              bon Capture and Storage als Klimatechnologie sowie
dahingehend kommentiert, ob und wie eine mögliche            die Digitalisierung der politischen Öffentlichkeit), als
Bearbeitung erfolgen könnte. Auf dieser Grundlage            auch die Erweiterungen der Beratungsleistung in den
stimmten sich dann die Abgeordneten der Berichterstat-       Aktivitätsbereichen Diskurs und Dialog sowie Voraus-
tergruppe TA mit ihren Fraktionen und untereinander ab,      schau bzw. Horizon-Scanning reflektiert. Explizit in die
um sich auf ein Arbeitsprogramm von insgesamt 7 Pro-         (nähere!) Zukunft gerichtet ist darüber hinaus ein Blick
jekten für das TAB für 2021/2022 zu einigen.                 auf derzeit in Entwicklung befindliche KI-basierte Tech-
                                                             nologien zur Erfassung von wissenschaftlicher Evidenz
Die neuen Projekte sind zwar erst im März und Mai 2021       und gesellschaftlichen Meinungen, die für die wissen-
vom ABFTA beschlossen worden, ihre Titel sollen aber         schaftliche Politikberatung und damit für das TAB selbst
hier bereits dokumentiert werden. Sie lauten:                zukünftig eine ernsthafte Rolle spielen könnten. Allen,
                                                             die an TA im Allgemeinen und an den Arbeiten des TAB
››   Strategien und Instrumente zur Verbesserung des         im Speziellen interessiert sind, aber für die Lektüre noch
     Rezyklateinsatzes                                       keine Zeit gefunden haben, sei der TAB-Brief Nr. 51 an
››   Bakteriophagen in Medizin, Land- und Lebensmittel-      dieser Stelle ans Herz gelegt.
     wirtschaft – Anwendungsperspektiven, Innovations-
     und Regulierungsfragen
››   Chancen und Risiken von Wasserstoffpartnerschaften      Abb. 2        Der TAB-Brief zum 30-jährigen Jubiläum
     und -technologien in Entwicklungsländern
››   Naturgemäßer Waldumbau in Zeiten des Klimawan-

                                                                                                                                                                         Das Arbeitsprogramm 2020
     dels
››   Anwendungspotenziale und Herausforderungen von
     künstlicher Intelligenz in der Bildung
››   E-Voting – alternative Wahlformen und ihre Absiche-                                                     BRIEF NR. 51
     rung
››   Krisenradar – Resilienz von Gesellschaft, Politik und                 Editorial                                                                                 3

                                                                                                         ›
     Wirtschaft durch Krisenvorhersage stärken
                                                                           Schwerpunkt:                      Einführung in den Schwerpunkt                           7
                                                                           30 Jahre TAB –
                                                                                                         ›   Den Menschen »weiser und geschickter« machen?
                                                                           30 Jahre Beiträge zu einer
                                                                                                             Human Enhancement als Dauerthema der TA                 9
                                                                           vorausschauenden und vor-
                                                                           sorgenden Politikgestaltung   ›   CCS: über enttäuschte Hoffnungen,
                                                                                                             ungedeckte Schecks und dringende Notwendigkeiten       14

Wie erwartet, hat sich somit im neuen Arbeitsprogramm                                                    ›   Technologischer Wandel in einem Kernbereich
                                                                                                             demokratischer Politik: zur Digitalisierung der
                                                                                                             politischen Öffentlichkeit                             21
2021/2022 die Auseinandersetzung mit der Frage, was aus                                                  ›   Sichtweisen und Wertvorstellungen zu wissenschaft-
                                                                                                             lich-technischen Entwicklungen – Diskurs und Dialog

der Coronakrise gelernt werden kann, in einem großen                                                     ›
                                                                                                             in der Arbeit des TAB
                                                                                                             Horizon-Scanning oder wie eine Foresightmethode
                                                                                                                                                                    27

Projekt niedergeschlagen.
                                                                                                             zur Technikfolgenabschätzung kam                       30
                                                                                                         ›   Zukünftige Technologien zur Untersuchung
                                                                                                             technologischer Zukünfte                               33

                                                                           Projekte                      ›   Wenn der Algorithmus weiße Männer bevorzugt            40
                                                                                                         ›   Petitionen an den Deutschen Bundestag –
                                                                                                             Bekanntheit und Nutzung                                42
                                                                                                         ›
Ein Blick zurück – und andere Anstöße
                                                                                                             Beobachtungstechnologien im zivilen Sicherheitsbe-
                                                                                                             reich – Praktiken, Wirkungen und Gestaltungsoptionen   45
                                                                                                         ›   Gentherapien mit Genome Editing –

für die Zukunft anlässlich von 30 Jahren                                                                 ›
                                                                                                             neue Möglichkeiten, neue Herausforderungen
                                                                                                             Zum Nutzen partizipativer Verfahren für
                                                                                                                                                                    50

TAB beim Deutschen Bundestag
                                                                                                             die parlamentarische TA                                55
                                                                                                         ›   Digitalisierung der Landwirtschaft:
                                                                                                             Stand und Perspektiven                                 60
                                                                                                         ›   New Space – neue Dynamik in der Raumfahrt              64

Dass es immer wieder notwendig ist zu prüfen, welche                       Horizon-Scanning              ›   Themenvielfalt: elf neue Kurzprofile aus
                                                                                                             dem Horizon-Scanning                                   68

Auswirkungen das frühere Handeln – und ebenso das                          TA International              ›   EPTA-Aktivitäten vor und in der Coronakrise            74

                                                                           Veröffentlichungen            ›                                                          75

Nichthandeln – gehabt haben und was daraus für das
zukünftige Vorgehen abgeleitet werden kann, dürfte eine        Dezember 2020
                                                               Brief Nr. 51

der zentralen Einsichten des Pandemiejahres 2020 sein.
Dazu passte der Schwerpunkt des TAB-Briefs Nr. 51
(Abb. 2), der zum Jahresende 2020 erschien, in beson-
derem Maße. Unter dem Titel »30 Jahre TAB – 30 Jahre
Beiträge zu einer vorausschauenden und vorsorgenden
Politikgestaltung« werden darin sowohl die inhalt-
lichen Arbeiten des TAB in drei für die TA besonders
prägnanten Themenfeldern, die als Kernthemen der TA
bezeichnet werden können (Human Enhancement, Car-

                                                                                                                                                                                  5
Das TAB im Jahr 2020 - Karlsruher Institut für Technologie
Horizon-Scanning als Instrument
    zur Technologievorausschau
    und Themenfindung

    Im Jahr 2020 wurden im Rahmen des Horizon-Scan-             tanten Folgen des Klimawandels helfen könnten. Die
    nings in zwei Suchzyklen zunächst 14 und dann 22 The-       Möglichkeiten nachhaltiger Rohstoffnutzung werden in
    men identifiziert. Aus diesen insgesamt 36 Themenvor-       den Themenkurzprofilen Nr. 35 und 39 behandelt.
    schlägen wurden 10 aus der Perspektive der Technikfol-
    genabschätzung besonders relevante Themen in Form           An der Schnittstelle zwischen Globalisierung, Nachhaltig-
    von Themenkurzprofilen (Nr. 35 bis 44) ausgearbeitet        keit und Digitalisierung ist das Themenkurzprofil Nr. 37
    und der Berichterstattergruppe TA vorgelegt.                angesiedelt.

    Ein ausführlicher Überblick über die Methodik des           Coronapandemie
    Horizon-Scannings, auf deren Grundlage die im Fol-
    genden vorgestellten zehn Themenkurzprofile des Jahres
    2020 identifiziert worden sind, findet sich im TAB-Brief
    Nr. 51, S. 30 ff.

    Themenüberblick 2020

    Kein Thema war im Jahr 2020 prägender für den wissen-
    schaftlichen und gesellschaftlichen Diskurs als die Coro-
    napandemie. Zahlreiche Einrichtungen der parlamenta-        Nr. 41: Perspektiven eines hybriden Arbeitens im Home­
    rischen Technikfolgenabschätzung setzten sich deshalb       office und im Büro
    mit Fragestellungen zu den Auswirkungen dieser globalen
    Katastrophe auseinander und natürlich geriet das Thema      Die Coronapandemie hat zu einem starken Anstieg des
    auch in das Radar des Horizon-Scannings. Mit den The-       Arbeitens von zu Hause aus, das sogenannte Homeoffice,
    menkurzprofilen Nr. 41 und 44 fokussieren zwei Ausar-       geführt. Dabei hat sich gezeigt, dass die Produktivität
    beitungen auf Bereiche, in denen die Herausforderungen      und die Arbeitszufriedenheit der Arbeitnehmer/innen im
    der Pandemie mit am stärksten zu spüren waren bzw. sind     Homeoffice offenbar höher sind, als zuvor von Fachleuten
    und die durch sie vermutlich nachhaltend verändert wer-     erwartet worden war. Mitarbeiter/innen wünschen sich
    den: die Arbeitswelt und die Kulturwirtschaft.              vielfach weiterhin mehr Flexibilität und die grundsätzliche
                                                                (Wahl-)Möglichkeit, von zu Hause aus und/oder im Büro
    Dass sich die Arbeitswelt und das Bildungssystem nicht      arbeiten zu können. Es ist davon auszugehen, dass sich das
    nur unter dem Eindruck der Pandemie transformieren,         hybride Arbeiten, also der kontinuierliche und flexible
    sondern auch durch die zunehmende Verbreitung von           Wechsel zwischen Präsenzarbeit im Büro und der Arbeit
    digitalen Technologien und künstlicher Intelligenz im       im Homeoffice, vermehrt durchsetzen wird.
    Wandel begriffen sind, spiegeln die Themenkurzprofile
    Nr. 38, 40 und 42 wider.                                    Nr. 44: Beschränkung von Liveveranstaltungen während
                                                                der Coronapandemie – ökonomische Auswirkungen und
    Auch die Megatrends Klimawandel und Nachhaltigkeit          digitale Lösungen im Kulturbetrieb
    haben das Potpourri der Themenkurzprofile geprägt. In
    den Ausarbeitungen zu den Themenkurzprofilen Nr. 36         Die Coronapandemie stellt alle Bereiche der Gesell-
    und 43 wird der Frage nachgegangen, welche Innovati-        schaft vor große Herausforderungen. Besonders hart trifft
    onen und Technologien beim Umgang mit zwei ekla-            sie Kulturschaffende und Kultureinrichtungen aus der

6
Das TAB im Jahr 2020 - Karlsruher Institut für Technologie
Musik- und Filmwirtschaft sowie den darstellenden Kün-        net dabei neue Möglichkeiten: Mithilfe algorithmischer
sten, weil öffentliche Veranstaltungen bzw. Liveevents, die   Systeme können Teile des Recruitingprozesses automa-
eine maßgebliche Umsatzquelle darstellen, in Phasen des       tisiert werden. Im besten Fall können Recruitingprozesse
Lockdowns nicht durchgeführt werden können und sonst,         dadurch nicht nur effizienter, sondern Auswahlentschei-
wenn überhaupt, nur unter hohen Hygieneauflagen mög-          dungen objektiver sowie zeitlich und räumlich flexibel
lich sind. Digitale Technologien können eine Chance bie-      gestaltet werden. Im schlechtesten Fall werden Prozesse
ten, alternative Einnahmequellen zu generieren, um die        für Unternehmen zwar effizienter, bisherige Einstellungs-
aktuellen Umsatzeinbußen auszugleichen.                       muster werden jedoch lediglich reproduziert und beste-
                                                              hende Diskriminierungsmuster verstärkt.
KI in der Arbeitswelt und im Bildungssystem
                                                              Nr. 42: Learning Analytics – Potenzial von KI-Systemen für
                                                              Lehrende und Lernende

                                                              Learning Analytics (LA) beschreibt den Einsatz algorith-
                                                              mischer Systeme zur Verbesserung von Lernprozessen.
                                                              Auf Basis von Daten treffen LA-Systeme Vorhersagen
                                                              zum Lernfortschritt und -verhalten, geben Empfehlungen
                                                              für die inhaltliche und methodische Gestaltung des Lehr-
                                                              und Lernprozesses, ermöglichen neue, dynamische und
                                                              personalisierte Lernformen. Dabei kann der Einsatz sol-
Nr. 38: Kognitive Assistenzsysteme                            cher Systeme sowohl in formellen (Aus-)Bildungsgängen
                                                              (z. B. in Schulen, Hochschulen, betrieblichen Ausbildungs-

                                                                                                                           Horizon-Scanning
Kognitive Assistenzsysteme dienen der Unterstützung           stätten, Weiterbildungseinrichtungen) als auch in Form
von Beschäftigten, indem sie diesen, abhängig von den         informeller und nonformaler Lernarrangements (z. B. über
auszuführenden Tätigkeiten und den individuellen Fähig-       Lern-Apps für den privaten Gebrauch oder zur Unterstüt-
keiten, passgenaue Informationen zur Verfügung stel-          zung arbeitsplatznahen Lernens) erfolgen. Bislang sind
len, ihnen Hinweise auf korrekte Arbeitsabläufe geben         LA-Anwendungen vor allem in den USA verbreitet. Doch
und die Überprüfung der ausgeführten Arbeitsschritte          auch in Deutschland entsteht zunehmend ein entspre-
ermöglichen. Sie sind Teil der fortschreitenden Digitali-     chender Markt.
sierung der Arbeitswelt und bieten Potenzial für die Stei-
gerung von Produktivität, Qualität und Kosteneffizienz,       Technologien und Innovationen zum
das sich aus dem engen Zusammenspiel von Mensch und           Umgang mit dem Klimawandel und für die
technischem System ergibt. Je spezifischer die Systeme        nachhaltigere Nutzung von Rohstoffen
dabei auf den einzelnen Beschäftigten und seine Fähig-
keiten, Vorlieben etc. eingehen können, desto besser und
angemessener ist ihre Unterstützungsleistung. Aufgrund
des technischen Fortschritts werden kognitive Assistenz-
systeme immer leistungsfähiger, sodass die Einsatzmög-
lichkeiten zunehmen: Sie beschränken sich nicht mehr
nur auf das produzierende Gewerbe, sondern verbreiten
sich auch im Dienstleistungssektor und in der Medizin.

Nr. 40: Robo-Recruiting – Einsatz künstlicher Intelligenz
bei der Personalauswahl                                       Nr. 35: Hochwertiges Recycling für eine Kunststoffkreis­
                                                              laufwirtschaft
Im Personalwesen ist seit einigen Jahren ein Paradig-
menwechsel zu beobachten. Die Personalabteilungen             Der weltweite Konsum von Plastik steigt seit den 1950er
von Unternehmen bemühen sich im Wettbewerb um die             Jahren stetig an. Eine große Menge an Produkten wird
besten Köpfe zunehmend darum, Kandidat/innen nied-            aus verschiedenen Kunststoffen hergestellt. Für die Erzeu-
rigschwellige und einfache Zugangspunkte im Recrui-           gung werden vor allem Primärrohstoffe wie Erdöl und Erd-
tingprozess anzubieten. Künstliche Intelligenz (KI) eröff-    gas genutzt. Nur etwa 9 % der in Deutschland hergestell-

                                                                                                                                 7
Das TAB im Jahr 2020 - Karlsruher Institut für Technologie
ten Kunststoffprodukte bestehen aus Rezyklaten, die durch     aus Klärschlämmen, werden deshalb immer bedeutender.
    werk- oder rohstoffliche Verwertung gewonnen wurden.          Deutschland ist neben der Schweiz eines der ersten Län-
    Um rohstoffliches Recycling wirtschaftlich durchzuführen      der, das die Rückgewinnung von Phosphor aus Klär-
    und bereits genutzte Kunststoffe in hochwertiger Form zu-     schlämmen gesetzlich verankert hat.
    rückzugewinnen, stehen verschiedene Verfahren zur Ver-
    fügung, die jedoch bislang aufgrund der hohen Komplexi-       Nr. 43: Sustainable Cooling – nachhaltige Kühle bei Hitze
    tät und der vergleichsweise geringeren Wirtschaftlichkeit,
    insbesondere gegenüber der energetischen und werkstoff-       Am Ende dieses Jahrhunderts könnte die globale Erder-
    lichen Verwertung, noch nicht breit angewendet werden.        wärmung 3 °C gegenüber dem Niveau vor der Industria­
                                                                  lisierung betragen. Bereits heute verursachen konventio­
                                                                  nelle Kühlgeräte, wie Kühlschränke, Raumklimageräte
                                                                  und Kältemaschinen für die Industrie, 10 % der globalen
                                                                  Treibhausgasemissionen. Wenn weiterhin auf konven-
                                                                  tionelle Weise gekühlt werden sollte, entstünde ein Teu-
                                                                  felskreis, denn die klimabedingte erhöhte Nachfrage nach
                                                                  Kühlung würde zu höheren Treibhausgasemissionen füh-
                                                                  ren. Innovationen in den Bereichen Technologie, Stadt-
                                                                  und Raumplanung sowie Dienstleistung fokussieren auf
                                                                  die Entwicklung effizienter und emissionsarmer Küh-
    Nr. 36: Innovationen zum Umgang mit dem Meeresspiegel­        lungstechnologien und -konzepte, die Ermöglichung des
    anstieg                                                       Zugangs zu diesen Technologien für breite Bevölkerungs-
                                                                  schichten sowie die Vermeidung übermäßiger Erhitzung
    Der globale mittlere Meeresspiegel steigt deutlich stärker,   einzelner Gebäude oder ganzer Städte.
    als dies noch vor einem halben Jahrzehnt erwartet wurde.
    Für 2100 wird mit einem maximalen Anstieg von 110 cm          Globalisierung
    gegenüber dem Stand von 2000 gerechnet, abhängig von
    den zugrundegelegten Annahmen über die zukünftigen
    Treibhausgasemissionen und die dadurch ausgelöste Tem-
    peraturerhöhung. Angesichts der Gefahrenlage reagieren
    Länder, Städte und Gemeinden mit zahlreichen Gegen-
    maßnahmen, die jedoch unterschiedlich ausgereift sind
    und teils lediglich als Prototypen und Konzeptideen vorlie-
    gen, etwa schwimmende Städte und Bauernhöfe. Lösungs-
    ansätze wie das niederländische Projekt Sandmotor befin-
    den sich noch in der Erprobungsphase. Superdeiche sind
    aufgrund ihrer enormen Kosten und langen Bauzeiten            Nr. 37: Technologien zur Nachverfolgbarkeit von Wert­
    nicht überall realisierbar, Innovationen wie der Bau auf      schöpfungs- und Lieferketten
    Warften, z. B. in der Hamburger Hafencity, funktionieren
    nur bei der Neuentwicklung von Stadtteilen.                   Durch die Globalisierung und die damit verbundenen
                                                                  grenzüberschreitenden Warenströme wirkt die Geschäfts-
    Nr. 39: Nachhaltige Phosphorversorgung                        tätigkeit von Unternehmen immer stärker auch über
                                                                  natio­nale Grenzen hinaus. Unternehmerisches Handeln
    Phosphor ist ein natürlicher Rohstoff, der als Nährstoff      in Deutschland kann so die Lebens- und Arbeitsbedin-
    essenziell für alles Leben auf der Erde ist. Phosphor wird    gungen sowie den Zustand der Umwelt auf globaler Ebene
    zu 95 % in der Düngemittelproduktion für die Land-            positiv oder negativ beeinflussen. Die Frage ist, inwieweit
    wirtschaft verwendet und ist damit entscheidend für           (digitale) Technologien die Umsetzung und Einhaltung
    die Welternährung. Die auf der Erde natürlich vorkom-         unternehmerischer Sorgfaltspflichten unterstützen und
    menden Phosphorreserven sind jedoch begrenzt. Phos-           befördern könnten. Im Fokus steht dabei die lückenlose
    phor lässt sich weder synthetisch herstellen noch ersetzen.   Abbildung der Wertschöpfungs- bzw. Lieferkette ein-
    Methoden zur Rückgewinnung und Wiederverwendung               schließlich aller Akteure von der Rohstoffgewinnung bis
    von Phosphor entlang des Stoffkreislaufs, insbesondere        zum Endkunden.

8
Wissen-
                         schaft

       Bürger
                                           Medien
                                                     Diskursanalyse und Dialog mit
                                                     gesellschaftlichen Akteuren
  Politik
                                            Umwelt

            Wirtschaft         Zivil-
                            gesellschaft

Im Fokus des Arbeitsbereichs »Diskursanalyse und                 Deutschland, die quotiert nach Geschlecht, Alter, Bundes-
Dialog mit gesellschaftlichen Akteuren« stand 2020               land und Bildung angeschrieben wurden. Der Feldzugang
das Thema »Petitionen an den Deutschen Bundestag –               erfolgte über den Adresspool eines Online-Access-Panels.
Bekanntheit und Nutzung«. Diese Untersuchung war                 1.206 Personen beteiligten sich an der Untersuchung. Die
vom Petitionsausschuss im Jahr 2019 angeregt worden.             Ergebnisse sind aussagekräftig für die deutsche Wohnbe-
Im Rahmen des Projekts (Steckbrief S. 11) wurden drei            völkerung. Die Teilnehmer/innen beantworteten einen
Befragungen durchgeführt, die unterschiedliche Per-              standardisierten Onlinefragebogen, der fast ausschließlich
sonengruppen adressierten und in der methodischen                geschlossene Fragen mit vorgegebenen Antwortoptionen
Herangehensweise jeweils spezifisch auf diese Zielgrup-          enthielt und dessen Beantwortung etwa 5 Minuten Zeit
pen ausgerichtet wurden.                                         in Anspruch nahm. Der Fragebogen basierte zum großen
                                                                 Teil auf einer Bevölkerungsumfrage zur Bekanntheit und

                                                                                                                              Diskursanalyse und Dialog
                                                                 Nutzung des Petitionsrechts in Deutschland des TAB aus
Methodische Herangehensweise                                     dem Jahr 2008. So konnten Vergleiche zu den früheren
                                                                 Befragungsergebnissen gezogen und mögliche Verände-
Auf der zentralen Plattform Stakeholder Panel TA des             rungen im Zeitverlauf erkannt werden.
TAB für Onlinebefragungen wurden zwei Erhebungen
durchgeführt. Die erste repräsentative Befragung richtete        Die zweite Erhebung richtete sich an Personen, die das
sich an Internetnutzer/innen ab 16 Jahren mit Wohnsitz in        E-Petitionsportal des Deutschen Bundestages zum Ein-

 Dritte Ausgabe der Kurzbroschüre TAB-Sensor

 Die Reihe TAB-Sensor stellt gesellschaftliche Wahrnehmungen, Bewertungen und Sichtweisen zu Fragen des wis-
 senschaftlich-technischen Wandels vor. Grundlage sind empirische Erhebungen bei gesellschaftlichen Stakeholdern,
 die nach wissenschaftlichen Standards entwickelt und ausgewertet werden. Die handliche und reich illustrierte Publi-
 kationsreihe, die sich auch an die interessierte Öffentlichkeit richtet, ergänzt seit August 2018 die Veröffentlichungs-
 formate des TAB.

 Petitionen an den Bundestag sind Thema des dritten TAB-Sensors mit dem Titel »Wer kennt und nutzt Petitionen an
 den Deutschen Bundestag«.

                                                                                                                                        9
reichen, Mitzeichnen oder Diskutieren von Petitionen                               und wie die Petent/innen vom Petitionswesen Kenntnis
     nutzen. Ziel war es, mehr über diese Gruppe anhand von                             erlangten. Dazu wurde Petent/innen, die sich im Zeit-
     soziodemografischen Merkmalen zu erfahren sowie Nut-                               raum von Dezember 2019 bis April 2020 mit einer Bitte
     zungsmuster und die Zufriedenheit mit dem Petitions-                               oder Beschwerde an den Petitionsausschuss wandten,
     verfahren zu erheben. Den Zugang zu den registrierten                              mit der Eingangsbestätigung ihrer Petition ein Fragebo-
     Nutzer/innen ermöglichte das Sekretariat des Petitions-                            gen zugesandt. Von 1.200 Fragebögen wurden 492 gut
     ausschusses beim Deutschen Bundestag. Eine Zufallsaus-                             ausgefüllt an das TAB zurückgesandt.
     wahl, die aus allen E-Mail-Adressen, die am 1. September
     2019 im System des Deutschen Bundestages verzeichnet                               Die Fragebögen wurden gemeinsam mit dem Sekreta-
     waren, gezogen wurde, wurde durch den Petitionsaus-                                riat des Petitionsausschusses entwickelt. Das Sekretariat
     schuss per E-Mail zur Teilnahme an der Umfrage einge-                              unterstützte auch die Adressierung der Teilnehmenden
     laden. Durch einen in der E-Mail enthaltenen Zugangs­                              der beiden letztgenannten Erhebungen. Bei allen Befra-
     code wurde gewährleistet, dass jeder angeschriebene                                gungen wurde darauf geachtet, Daten anonym zu erhe-
     E-Mail-Empfänger nur einmal an der Befragung teil-                                 ben, sodass sie nicht den teilnehmenden Personen zuge-
     nehmen konnte. Insgesamt wurden 7.000 Einladungen                                  ordnet werden können.
     im Zeitraum vom 26. Februar bis 4. März 2020 einma-
     lig mit der Bitte um Beteiligung versandt. Die Teilnahme
     an der Befragung war bis zum 25. April 2020 möglich;                               Ergebnisberichte und Präsentationen
     es nahmen 453 Personen an der Umfrage teil. Das Aus-
     füllen des Onlinefragebogens dauerte etwa 10 Minuten.                              Die Ergebnisse der Befragungen werden im TAB-Hin-
     Das Verfahren zur Gewinnung der Teilnehmer/innen an                                tergrundpapier Nr. 25 ausführlich dargestellt (und ganz
     der Befragung sowie die Befragung selbst erfolgten unter                           kurz im folgenden Steckbrief auf S. 11). Die Ergebnisse
     strenger Wahrung des Datenschutzes und der Privat-                                 der Repräsentativbefragung sind zudem in der drit-
     sphäre des Adressatenkreises.                                                      ten Ausgabe des TAB-Sensors anschaulich zusammen-
                                                                                        gefasst. Beide Berichte stehen auf der Website des TAB
     Die dritte Befragung wurde klassisch mithilfe eines                                zum Download bereit.
     Papierfragebogens durchgeführt, da diese sich an Per-
     sonen richtete, die ihr Anliegen postalisch beim Peti­                           Die Ergebnisse wurden schließlich in einer Sitzung des
     tionsausschuss des Deutschen Bundestages einreichen.                             Petitionsausschusses am 18. November 2020 präsen-
     Sie sollte Aufschluss darüber geben, wer sich auf diesem                         tiert sowie auf der Tagung der Vorsitzenden und stell-
     klassischen Weg an den Deutschen Bundestag wendet                                vertretenden Vorsitzenden der Petitionsausschüsse des
                                                                                                                   Bundes und der Länder
                                                                                                                   am 21. und 22. September
      Abb.                       Haben Sie den Begriff Petition bereits gehört und könnten Sie seine               2020 in Dresden Abge-
                                 Bedeutung inhaltlich beschreiben?
                                                                                                                   ordneten des Bundes-
                                                                                                                   tags und der Länderpar-
                                16–25            27,7                           60,0                    12,3       lamente vorgestellt und
                                26–35           30,5                            61,0                      8,8      mit ihnen hinsichtlich
      Altersgruppen in Jahren

                                                                                                                   möglicher Handlungsop-
                                36–45                44,5                              50,0                5,5
                                                                                                                   tionen für die jeweiligen
                                46–55            34,4                            59,7                      5,8     Petitionsausschüsse dis-
                                                                                                                   kutiert.
                                56–65               44,4                                 53,5               2,1

                                66–75             38,7                                  57,5                3,8

                                  75+            38,1                                   56,0                6,0

                                        0          20            40                60           80          100
                                                                   Angaben in %
                                            Ich habe den Begriff bereits gehört.
                                            Ich habe den Begriff gehört und könnte ihn inhaltlich beschreiben.
                                            Ich habe den Begriff noch nicht gehört.

10
Petitionen an den Deutschen
                                     Bundestag – Bekanntheit und Nutzung

                                     Projektbearbeitung: Britta Oertel und Carolin Kahlisch

Gegenstand und Ziel der Untersuchung                            Projektdaten

Jede Person unabhängig von Alter oder Staatsangehörig-          Themeninitiative: Petitionsausschuss
keit kann sich mit einer Bitte zur Gesetzgebung oder einer      Laufzeit:         2019 bis 2020
Beschwerde zu Entscheidungen von Bundesbehörden                 Publikationen:    Hintergrundpapier Nr. 25
an den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages                               TAB-Sensor 3
wenden. Damit verbunden ist die verfassungsrechtliche           Veröffentlichung: 2020
Garantie, dass das Anliegen sorgfältig geprüft und beschie-
den wird. Allein 2019 wurden ca. 13.500 Petitionen an den
Bundestag gerichtet und betrafen sowohl grundsätzliche         Zentrale Ergebnisse
als auch persönliche Anliegen. Petitionen erreichen den
Ausschuss per Post, Fax oder über das E-Petitionsportal        Die Ergebnisse der Bevölkerungsbefragung zeigen: Der
des Bundestages.                                               Bekanntheitswert des Begriffs Petition ist mit 90 % sehr
                                                               hoch (Abb. auf S. 10). Männer haben häufiger Kennt-

                                                                                                                            Projekte
Über seine Tätigkeit legt der Ausschuss jährlich ausführ-      nis über das Petitionsrecht als Frauen. Auch erhöht sich
lich Bericht ab und wertet dazu die verfügbaren Prozess­       der Anteil derjenigen, die das Petitionsrecht kennen, mit
daten aus. Zu den Petent/innen und den Nutzer/innen            zunehmendem Alter. Befragte mit (Fach-)Abitur kennen
des E-Petitionsportals werden Daten jedoch nur spar-           das Petitionsrecht eher. Klassische Medien wie Fernse-
sam erhoben, um deren Persönlichkeitsrecht und Privat-         hen, Radio und Presse sind am häufigsten die Informa-
sphäre zu schützen. Daher liegen dem Petitionsausschuss        tionswege, über die Menschen vom Petitionsrecht beim
nur wenige sozio­demografische Informationen über die          Deutschen Bundestag gehört haben. Daneben erfahren
Petent/innen vor, die im TAB-Projekt anhand von drei           viele Menschen über soziale Medien, durch Familie und
Kernfragen erhoben werden sollten:                             Bekannte oder während ihrer Schulzeit von Petitionen.

››   Wem ist das Recht, sich mit Bitten und Beschwerden        Die Nutzerschaft des E-Petitionsportals spiegelt nicht den
     an den Bundestag zu wenden, bekannt bzw. unbekannt?       Durchschnitt der Bevölkerung wider. Die Nutzenden sind
››   Falls bekannt, wie haben die Befragten von diesem         häufiger männlich und eher im mittleren Alter. Sie verfü-
     Recht erfahren?                                           gen mehrheitlich über einen höheren Bildungsabschluss.
››   Wer nutzt das Recht, Petitionen beim Deutschen Bun-
     destag einzureichen, zu veröffentlichen, zu diskutieren   Das Recht, Petitionen in eigener Sache postalisch beim
     oder zu unterstützen?                                     Deutschen Bundestag einzureichen, nutzen vor allem
                                                               ältere, nicht mehr erwerbstätige Menschen. Bei einem
Zur Beantwortung wurden drei Befragungen durchge-              guten Drittel lag eine Behinderung vor.
führt, die folgende Personengruppen adressierten:
                                                               Die Bereitschaft zum Mitzeichnen von Petitionen ist in
››   Internetnutzer/innen mit Wohnsitz in Deutschland          der Bevölkerung hoch. Jede vierte Person hat bereits eine
     (repräsentative Onlinebefragung),                         Petition beim Deutschen Bundestag unterstützt, meist
››   Personen, die das E-Petitionsportal des Bundestages       über eine handschriftliche Unterschriftenliste.
     nutzen, um Petitionen einzureichen, mitzuzeichnen
     bzw. zu diskutieren, sowie                                Aus den Ergebnissen ergeben sich Optionen für die Wei-
››   Personen, die auf postalischem Weg eine Petition an       terentwicklung der Informations- und Öffentlichkeitsar-
     das Parlament richten.                                    beit zu Petitionen.

                                                                                                                            11
Digitalisierung der Landwirtschaft

     Projektbearbeitung: Christoph Kehl, Rolf Meyer und Saskia Steiger

     Gegenstand und Ziel der Untersuchung                           Projektdaten

     Wie in vielen Wirtschaftsbereichen eröffnet die Digitali-      Themeninitiative: Ausschuss für Bildung, Forschung
     sierung in Zusammenhang mit neuen Lern- und Daten-                               und Technikfolgenabschätzung
     analyseverfahren auch in der Landwirtschaft neue Mög-          Laufzeit:         2017 bis 2020
     lichkeiten, Produktionsprozesse datenbasiert zu steuern        Publikationen:    TAB-Arbeitsbericht Nr. 193 u. 194
     und zu optimieren. Angesichts der grundlegenden, teils                           TAB-Fokus Nr. 31 u. 32
     unvereinbar erscheinenden Anforderungen, denen die             Veröffentlichung: im Abnahmeprozess
     Landwirtschaft aktuell gegenübersteht – Ernährungs-
     sicherung bei steigender Weltbevölkerung einerseits,
     umweltschonendere Produktion andererseits –, werden           Zentrale Ergebnisse
     die Entwicklungen und Perspektiven innovativer Agrar-
     technologien intensiv diskutiert. Ziel ist es, mithilfe der   In der ersten Projektphase wurde ein systematischer Über-
     Digitalisierung die komplexen, von vielen unwägbaren          blick über Stand und Tendenzen bei digitalen Agrartech-
     Faktoren (Wetter- und Umwelteinflüsse etc.) beein-            nologien erarbeitet. Im resultierenden Endbericht (TAB-
     flussten landwirtschaftlichen Betriebsabläufe effizienter     Arbeitsbericht Nr. 193) werden vier Technikfelder betrach-
     und gleichzeitig nachhaltiger auszurichten. Dies betrifft     tet: Sensoren, Landmaschinen, Drohnen und Roboter. Im
     sowohl aus ökologischer als auch aus wirtschaftlicher         Ergebnis zeigt sich, dass digitale Technologien in der land-
     Sicht wünschenswerte Betriebsmitteleinsparungen,              wirtschaftlichen Praxis immer mehr an Bedeutung gewin-
     aber auch die Erleichterung von Nachweispflichten und         nen und inzwischen alle Bereiche der Landtechnik durch-
     Dokumentationsaufgaben.                                       dringen. Melk- und Fütterungsroboter werden in der
                                                                   Tierhaltung bereits verbreitet eingesetzt, im Pflanzenbau
     Angesichts der großen Erwartungen, die mit dieser Ent-        sind bestimmte Sensorsysteme zur teilflächenspezifischen
     wicklung verknüpft sind, wurde das TAB vom Ausschuss          Bewirtschaftung sowie automatische Spurführungssysteme
     für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung           schon heute Stand der Technik. Sowohl im Pflanzenbau als
     beauftragt, Stand und Perspektiven der Digitalisierung        auch in der Tierproduktion ist eine zunehmende Automa-
     der Landwirtschaft zu untersuchen. Für die Bearbeitung        tisierung bis hin zur autonomen Arbeitserledigung mit-
     dieses Themenfelds sind sinnvollerweise zwei Ebenen           hilfe digitaler Systeme festzustellen (Abb.), wobei die Ziel-
     zu unterscheiden: die Digitalisierung spezifischer land-      setzung vorrangig die Erhöhung der Arbeitsproduktivität
     wirtschaftlicher Produktionsschritte mithilfe von digi-       (Einsparung von Arbeitszeit bzw. Arbeitskräften) sowie die
     talen Einzelanwendungen sowie die Vernetzung dieser           Steigerung der Produktionseffizienz ist. Die weiteren Ent-
     Einzelanwendungen zu umfassenden, digital gesteuerten         wicklungen könnten zu grundlegenden Veränderungen
     Produktionssystemen (Landwirtschaft 4.0). Das dazuge-         der landwirtschaftlichen Prozesse führen, wie es beispiels-
     hörige TA-Projekt gliederte sich entsprechend in zwei         weise im Bereich des Ackerbaus mit bestimmten Robotik-
     Untersuchungsphasen, deren Ergebnisse in je einem             konzepten perspektivisch zu erwarten ist.
     Endbericht zusammengefasst wurden:
                                                                   Das größte Potenzial zur Optimierung landwirtschaft-
     ››   Digitalisierung der Landwirtschaft: technologischer      licher Prozesse wird in der umfassenden Vernetzung digi-
          Stand und Perspektiven                                   taler Einzelanwendungen auf Betriebsebene gesehen. Die
     ››   Digitalisierung der Landwirtschaft: gesellschaft-        Realisierbarkeit dieser Vision und ihre möglichen Aus-
          liche Voraussetzungen, Rahmenbedingungen und             wirkungen waren Untersuchungsgegenstand der zweiten
          Effekte                                                  Projektphase, die mit dem TAB-Arbeitsbericht Nr. 194

12
abgeschlossen wurde. Darin werden eingangs Stand, Per-                     werden für wichtige digitale Agrartechnologien (auto-
spektiven und Herausforderungen einer digital vernetzten                   matische Melksysteme, automatische Fütterungsanlagen,
Landwirtschaft dargestellt, wobei der Fokus hier vor allem                 Parallelfahr- und automatische Lenksysteme, teilflächen-
auf neuen datenbasierten Geschäftsmodellen liegt. Den                      spezifische Stickstoffdüngung [N-Sensor], Agrarrobo-
sogenannten Farmmanagementsystemen, die der Verar-                         ter sowie Drohnen) der Wissensstand zu Wirtschaftlich-
beitung der Hof- und Maschinendaten landwirtschaft-                        keitsaspekten wie Investitionsvolumen, Einsparpotenzia­
licher Betriebe dienen, kommt dabei eine Schlüsselrolle zu.                len und Wirtschaftlichkeitsschwellen zusammengefasst.
Anhand ausgewählter, in Deutschland erhältlicher Dien-
ste wird die Frage diskutiert, wer über die auf den Platt-                 Wie die Analyse zu ökonomischen Effekten zeigt, hängt
formen gespeicherten Daten verfügen darf und von ihrer                     die betriebswirtschaftliche Rentabilität digitaler Agrar-
wirtschaftlichen Verwertung profitiert. Umfragen zufolge                   technologien u. a. maßgeblich von der Betriebsgröße ab.
ist die Sorge der landwirtschaftlichen Betriebe um einen                   Bei größeren Betrieben ist mit einer höheren Maschinen-
Verlust der Datenhoheit deutlich ausgeprägt.                               auslastung zu rechnen, sodass sie die anfallenden Kosten
                                                                           eher amortisieren können. Hingegen erreichen vor allem
Ein weiterer Schwerpunkt der Analyse liegt auf den öko-                    Familienbetriebe die für einen wirtschaftlichen Einsatz
logischen sowie wirtschaftlichen Implikationen der                         erforderliche Mindestbetriebsgröße oft nicht. Vor diesem
zunehmenden Nutzung digitaler Anwendungen in der                           Hintergrund wird vermutet, dass sich im Zuge der Auto-
Landwirtschaft. Sowohl in der Pflanzen- als auch in der                    matisierung und Digitalisierung der wirtschaftliche Druck
Tierproduktion sind inzwischen etliche innovative Agrar-                   auf kleinere und mittlere Betriebe verstärken und sich so
technologien etabliert, die eine praktische Anwendung                      der kontinuierliche Strukturwandel verschärfen könnte,
von ressourcenschonenden Maßnahmen der Präzisions-                         dem die Landwirtschaft seit Jahrzehnten unterworfen ist.
landwirtschaft ermöglichen. Aufgrund der vielfältigen
Anwendungsbereiche und Verfahren, der sehr hetero-                         Aufbauend auf diesen Ergebnissen werden abschließend

                                                                                                                                       Projekte
genen Einsatzbedingungen und komplexen Wirkzusam-                          Handlungsoptionen vorgestellt. Es wird Handlungsbe-
menhänge bestehen hinsichtlich der Größenordnung der                       darf in verschiedenen Bereichen identifiziert, darunter
in der Praxis erzielbaren Entlastungseffekte allerdings                    infrastrukturelle Rahmenbedingungen, Datenhoheit der
noch große Unsicherheiten. Im Bericht wird zum einen                       Landwirt/innen, Sicherstellung des Zugangs zu digitalen
die aktuelle Studienlage zu den Tiergesundheits- und Tier-                 Technologien, Förderung von Innovation und Technik­
wohlwirkungen sowie den Umweltwirkungen der Präzi­                         entwicklung sowie Schließen von Wissens- und For-
sionslandwirtschaft differenziert dargelegt. Zum anderen                   schungslücken.

 Abb.     Entwicklungsstufen der Digitalisierung in der Landwirtschaft

                                                                                          5.    System von Systemen

                                                                   4.     Produkt-
                                                                          system               Agrarmanagementsystem

                                                                        Pflanzmaschinen
                                                                                                Bewässerungssystem
                                                                           Mähdrescher
                                              3.   intelligentes
                                                   vernetztes                  Pflüge      Saatgutoptimierungssystem
                                                   Produkt

                              intelligentes                                                      Wetterdatensystem
                         2.                                                Land-
                              Produkt
                                                                         maschinen-
                                                                          system                Landmaschinensystem
          1.   Produkt
                                                                                                           Sensoren für
                                                                                                           Feuchtigkeit,
                                                                                                           Temperatur etc.
                                                                                                           Wetterkarten
                                                                                                           Wettervorhersagen
                                                                                                           Wetterapplikationen

                                                                                                           Leistungsdaten-
                                                                                                           bank für den
                                                                                                           Agrarbetrieb
                                                                                                           Saatdatenbanken
                                                                                                           Saatoptimierungs-
                                                                                                           anwendung

                                                                                                           Bodensensoren
                                                                                                           Bewässerungsknoten
                                                                                                           Bewässerungsanwendungen

                                                                                                                                       13
Mögliche gesundheitliche Auswirkungen
     verschiedener Frequenzbereiche
     elektromagnetischer Felder (HF-EMF)

     Projektbearbeitung: Reinhard Grünwald, Christoph Revermann und
     Pauline Riousset

     Gegenstand und Ziel der Untersuchung                           Projektdaten

     Seit geraumer Zeit ist eine Zunahme von elektromagne-          Themeninitiative: Ausschuss für Bildung, Forschung
     tischen Feldern (EMF) bzw. von EMF-Quellen zu ver-                               und Technikfolgenabschätzung
     zeichnen. Ursache hierfür ist vor allem die rasante Digita-    Laufzeit:         2017 bis 2020
     lisierung nahezu aller Lebensbereiche im gesamten öffent-      Publikationen:    TAB-Arbeitsbericht Nr. 196
     lichen Raum und in praktisch allen privaten Haushalten,                          TAB-Fokus Nr. 33
     die gleichzeitig mit einer starken Nutzung mobil einzuset-     Veröffentlichung: im Abnahmeprozess
     zender Technologien verbunden ist.

     Die Untersuchung des TAB hatte zum Ziel, die Ergebnisse       lungsbedarf konstatiert wird, sollte nicht unterschätzt wer-
     aus den aktuellen nationalen und internationalen For-         den, dass die politische Perspektive sich durchaus von der
     schungsprojekten insbesondere darauf hin zu analysieren,      wissenschaftlichen unterscheiden kann. Relevant erschei-
     ob relevante neue Erkenntnisse vorliegen, die substanziell    nen solche Aspekte, die in der öffentlichen Debatte prä-
     die Diskussionen zu möglichen gesundheitlichen Aus-           sent sind und bei denen noch kein abschließendes wissen-
     wirkungen bzw. Risiken hochfrequenter EMF (HF-EMF)            schaftliches Urteil gefällt werden kann. Dabei handelt es
     verändern könnten. Der Projektkonzeption entsprechend         sich hauptsächlich um Krebserkrankungen, Einflüsse auf
     wurden Mitte 2017 zwei Gutachten zu den Themenfeldern         Kognition und Schlaf (mit speziellem Fokus auf Kinder)
     »Aktuelle Forschungen zu möglichen gesundheitlichen           sowie einen möglichen Zusammenhang mit neurodege-
     Auswirkungen bzw. Risiken der HF-EMF« und »Syste-             nerativen Erkrankungen. Hier zeigen insbesondere neu-
     matische Beschreibung der EMF-Emissionen elektrischer         ere Tierstudien erhöhte Inzidenzen, die vor allem Hirn-
     Geräte und Anlagen« sowie 2019 ein weiteres Gutach-           tumorrisiken betreffend sowohl die Fachdiskussionen als
     ten zum Themenfeld »Aktuelle Forschungen und Ergeb-           auch die öffentliche Debatte neu befeuert haben.
     nisse zu EMF-Risiken für Kinder und ggf. ältere Men-
     schen« durch den Deutschen Bundestag in Auftrag gege-         Eine wesentliche Aufgabe besteht (grundsätzlich und
     ben. Auf Basis der Gutachten wurde bis Oktober 2020 der       zukünftig) darin, Hürden für eine offene wechselseitige
     TAB-Arbeitsbericht erstellt, der seitdem den Prozess der      Kommunikation von Akteursgruppen insbesondere zwi-
     Abnahme durch die Berichterstattergruppe TA der Frak­         schen Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Politik abzu-
     tionen durchläuft.                                            bauen, um somit Glaubwürdigkeit, Relevanz und Legi-
                                                                   timität des Informationsflusses und damit letztlich auch
                                                                   der Entscheidungen zu ermöglichen. Vor diesem Hinter-
     Zentrale Ergebnisse                                           grund erscheint es sinnvoll, den Prozess der Risikobewer-
                                                                   tung und des Risikomanagements einer Evaluation dahin-
     Ausgehend vom gegenwärtigen Wissensstand zu mög-              gehend zu unterziehen, ob in Deutschland (und interna-
     lichen gesundheitlichen Auswirkungen bzw. Risiken von         tional) relevante Stakeholder rechtzeitig und umfassend
     HF-EMF wurden Wissenslücken bzw. Forschungsbedarfe            genug einbezogen (wurden bzw.) werden und ob die
     identifiziert. Neben explizit wissenschaftlichen wurden       Kommunikation der einzelnen Schritte offen und trans-
     auch übergreifende Aspekte analysiert, wie etwa die poten-    parent ist. Gegebenenfalls wäre vor diesem Hintergrund
     zielle gesundheitspolitische Relevanz eines Themas oder       die Risikogovernance entsprechend zu reformieren.
     gesellschaftliche Kontroversen. Auch wenn seitens der
     wissenschaftlichen Publikationen (und deren Interpreta­
     tionen) überwiegend kein unmittelbarer politischer Hand-

14
Herausforderungen für die
                                     Pflanzenzüchtung

                                     Projektbearbeitung: Arnold Sauter und Monika Zulawski

Gegenstand und Ziel der Untersuchung                             Projektdaten
                                                                 Themeninitiative: Ausschuss für Ernährung und
Die Pflanzenzüchtung trägt erheblich zum Erhalt und
                                                                                   Landwirtschaft
zur Steigerung der landwirtschaftlichen Produktivität bei.
                                                                 Laufzeit          2016 bis 2020
Außerdem spielt sie eine wichtige Rolle bei der Anpassung
                                                                 Publikationen:    TAB-Arbeitsbericht Nr. 197
an den Klimawandel. Pflanzenzüchtung ist forschungsin­
                                                                                   TAB-Fokus Nr. 34
tensiv und auf das Zusammenspiel von öffentlicher und
                                                                 Veröffentlichung: im Abnahmeprozess
privater Forschung angewiesen.

International hat in der Pflanzenzüchtung ein erheblicher       keit auf den unterschiedlichen Systemebenen. Dabei zeigt
Strukturwandel stattgefunden. Viele Züchtungsunterneh-          sich eine diverse private und öffentliche Akteurslandschaft,
men sind von multinationalen Agrochemieunternehmen              deren Engagement auf verschiedene Zielsetzungen, d. h.
übernommen worden. Der weltweite Strukturwandel in              unterschiedliche Pflanzenarten, Sortentypen und -eigen-
der Züchtungsbranche ist auch in Deutschland spürbar,           schaften, ausgerichtet ist. Viele private Unternehmen und

                                                                                                                               Projekte
aber die deutsche Pflanzenzüchtung ist nach wie vor mit-        öffentliche Forschungseinrichtungen sind international
telständisch geprägt und umfasst etwa 60 Unternehmen            konkurrenzfähig, sowohl im konventionellen als auch – in
mit eigenen Zuchtprogrammen.                                    kleinerem Umfang – im ökologischen Sektor. Gleichzeitig
                                                                wird deutlich, dass der Saatgutmarkt und damit auch die
Die genetische Vielfalt vieler Kulturpflanzenarten ist in den   Züchtung in hohem Grad international bzw. europäisch
letzten Jahrzehnten zurückgegangen; etliche Arten wurden        geprägt sind. Eine Reihe internationaler Verträge sowie
aus dem Anbau verdrängt. Grundsätzlich kann die Pflan-          europäischer Verordnungen und Richtlinien bildet den
zenzüchtung sowohl zum Verlust als auch zur Förderung           Rahmen, in dem sich die Züchtung in Deutschland abspielt.
und Erweiterung von Biodiversität in der Landwirtschaft
beitragen. In jedem Fall ist die Züchtung auf das Vorhan-       Beschrieben werden wichtige Einflussfaktoren und daraus
densein und den Zugang zu vielfältigen pflanzengene-            resultierende Herausforderungen für die (deutsche) Pflan-
tischen Ressourcen als Ausgangsmaterial angewiesen.             zenzüchtung, die sich aus aktuellen wissenschaftlich-tech-
                                                                nologischen Entwicklungen, Einflüssen von Nachfrage-
Ziel der Untersuchung war es, einen Überblick über Poten-       veränderungen, verbundenen Betriebsmittelmärkten, der
ziale und Aufgaben, Stärken und Schwächen der deut-             Umwelt- und Energiepolitik sowie durch den Rechtsrah-
schen (konventionellen und ökologischen) Pflanzenzüch-          men für die Nutzung und den Schutz von genetischen Res-
tung gegenüber den Herausforderungen einer nachhaltigen         sourcen und Pflanzensorten ergeben. Für die Politik stellt
Landwirtschaft angesichts von Klimawandel, Bedürfnissen         sich die Aufgabe, den Erhalt und die Steigerung der vorhan-
einer weiter wachsenden Weltbevölkerung sowie dem Bio-          denen Vielfalt angesichts zukünftiger Herausforderungen
massebedarf einer zukünftigen Bioökonomie zu erarbeiten.        zu ermöglichen und gesellschaftlich besonders wünschens-
                                                                werte Ausrichtungen und Schwerpunktsetzungen im
                                                                Bereich der Pflanzenzüchtung zu unterstützen. Vorgestellt
Zentrale Ergebnisse                                             werden drei zentrale Handlungsfelder: die allgemeine Wei-
                                                                terentwicklung der Ausrichtung und der Kooperations-
Der Endbericht bietet einen Überblick zum Stand der             formen der Pflanzenzüchtung(sforschung), Maßnahmen
Pflanzenzüchtung in Deutschland, ihren Akteuren, Zielset-       zur Erhaltung, Entwicklung und Steigerung der Agrobio-
zungen, Schwerpunkten und Rahmenbedingungen unter               diversität sowie die weitere Ausgestaltung der rechtlichen
besonderer Berücksichtigung von Vielfalt und Vielfältig-        Rahmenbedingungen.

                                                                                                                               15
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