Michael Schönhuber 12 - IM INTERVIEW Pionierleistung aus Österreich 6 Spurensuche am Mars 18 Waldbeobachtung aus dem All 24 - Joanneum Research
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Das Magazin für technologische Innovationen Ausgabe 01 / 2022 Schwerpunkt Space T DECKEN EN S IE UNSER FO UM S ER R V I SC HUNGSUN IM INTERVIEW Michael Schönhuber 12 IM FOKUS Pionierleistung aus Österreich 6 Spurensuche am Mars 18 Waldbeobachtung aus dem All 24
WIR SUCHEN DIE KLÜGSTEN KÖPFE Starten Sie Ihre Karriere in der Forschung! Foto: JOANNEUM RESEARCH / Bergmann Alle offenen Stellen auf www.joanneum.at/jobs
EDITORIAL Foto: JOANNEUM RESEARCH / Bergmann Ich freue mich über diese spezielle Ausgabe unseres JOANNOVUM zum Thema „Space“. Der Weltraum ist ein bedeutendes und überaus spannendes Forschungsfeld, das mit dem Standort Steiermark untrennbar verbunden ist. Die JOANNEUM RESEARCH kann auf langjährige Kompetenzen Heinz Mayer in der Weltraum- und Satellitentechnik, die bis ins Jahr 1968 Geschäftsführer JOANNEUM RESEARCH zurückgehen, blicken. Der Beitritt Österreichs zur ESA im Jahr 1987 hat auch uns zu einem Schub in der Weltraumtechnologie verholfen. Ein besonderes Highlight dabei war sicher die Beteiligung der JOANNEUM RESEARCH an der „Austromir“- Mission im Jahr 1991. Das heutige Institut DIGITAL, das ich viele Jahre leiten durfte, erbringt seit Jahrzehnten Spitzenleistungen in der Satellitenkommunikation und -navigation, der Wellenaus- breitung, der Erdbeobachtung und bei Raumfahrtexperi- menten. Unsere Aktivitäten in der Weltraumtechnik werden dabei mit der Entwicklung und Prototypenfertigung von raumfahrttauglichen Experimenten ergänzt. Zu unseren Kunden zählen insbesondere ESA und NASA sowie zahlreiche Mit Forschung andere renommierte Institutionen und Unternehmen. Heute leisten wir unseren sind in der JOANNEUM RESEARCH rund 40 Expert*innen in diesem Bereich tätig, die Projektumsätze in Höhe von rund Beitrag zur EUR 3,2 Mio. erwirtschaften. Bewältigung der großen Jüngstes und medial Aufsehen erregendstes Beispiel war Herausforderungen die Landung des Mars-Rovers „Perseverance“. Das Team von DIGITAL hat gemeinsam mit VRVis die 3D-Verarbeitungs- und unserer Zeit. Visualisierungsmechanismen entwickelt, mit denen von 2021 bis 2022 die 3D-Modelle für eine geologische Interpretation der Marsoberfläche erzeugt werden. Auch die Überführung von Technologieentwicklungen in Produkte wie dies gemeinsam mit CPI Vertex mit dem Tracking-Receiver in Serie umgesetzt wurde, zeugt von der hohen Innovationskraft des Teams. Besonders freut mich, dass Andreas Geisler, Leiter der FFG-Agentur für Luft- und Raumfahrt und Margit Mischkulnig, Abteilungsleiterin für Weltraumangelegenheiten im BMK, hochkarätige Gastkommentare zur Verfügung gestellt haben. Tauchen Sie mit uns in die Tiefen der Weltraumforschung ein! 3
12 INHALT Schwerpunkt Space „Die Stärke liegt 06 Pionierleistung aus Österreich Erstmals werden in Graz Satellitensignale im W-Band empfangen und erforscht. in der fachlichen Kompetenz.“ — Michael Schönhuber 10 Der weltweit einzigartige Regenvermesser Das 2D-Video-Distrometer wird in Kleinserie produziert und weltweit exportiert. 23 Weltraum: mehr Staat, mehr privat 12 Weltraumtechnik für den Alltag Kommentar von Andreas Geisler, Leiter der Agentur für Luft- und Raumfahrt der FFG Forschungsgruppenleiter Michael Schönhuber erzählt, wie Weltraumtechnologien Einzug in unseren Alltag halten. 24 Den Borkenkäfern auf der Spur Mit Satellitenbildern können Waldschäden rasch geortet werden. 14 Erfolgsstories Was internationale Projektpartner über österreichische Weltraumforschung sagen 26 Das Weltall und wir Publikationen und Veranstaltungen 18 Spurensuche am Mars Seit Februar 2021 kommen Bilder vom Mars an. Ausgewertet werden sie in Graz. 29 Weltraum trifft Wirtschaft Eine Nachschau der Space Tech 2021 4
10 14 18 06 29 31 30 Österreichs Weltraumstrategie 2030+ 37 Von A bis Z Finden Sie Ihr Thema auf einen Blick Kommentar von Margit Mischkulnig, Abteilungsleiterin für Weltraumangelegenheiten im österreichischen BMK 38 Forschung gegen illegale Waldrodung 31l Blind GNSS: Signale von allen Satelliten Technologien für eine sichere Lokalisierung Auswertungen von Satellitenbildern tragen zur Eindämmung illegaler Rodungen bei. und Navigation 38 Kontakt 32 News Kurznachrichten aus der JOANNEUM RESEARCH 21 – Alle Ausgaben auch als Download 26 www.joanneum.at Holen Sie sich das Magazin für technologische Innovationen aus unserem Mediencenter direkt auf Ihr Smartphone oder Tablet. 5
IM F OKU S Einem Team von Spezialist*innen der JOANNEUM RESEARCH ist im Bereich S atellitenkommunikation eine Pionierleistung gelungen: Erstmals können Satellitensignale im W-Band empfangen werden. Funkfrequenzen und Bandbreiten sind Technisches Neuland betreten eine global heiß umkämpfte Ressource. Während die sogenannten Ka-und-Ku- Es geht vor allem um terrestrische Band-Frequenzen (20/30 und 12/14 Anwendungen, insbesondere um die GHz) bereits genutzt werden, gibt es Kommunikation zwischen Geräten einige Forschungsaktivitäten und (Internet-of-Things). Der d araus und aus experimentelle Satellitenpayloads im der Vielzahl der CubeSats und Mega- Q/V-Band-Bereich (40/50 GHz). Das konstellationen, die im Orbit unter- W-Band (71-76 GHz für Satellitenkom- wegs sind, folgende Bandbreitenbedarf munikation) war bis vor kurzem noch ist enorm. Nun wurden zum ersten Zukunftsmusik. „Zwar gab es Versuche Mal in Graz, am Dach der JOANNEUM internationaler Player, aber noch sind RESEARCH, Satellitensignale bei 75 GHz keine Ergebnisse bekannt“, erklärt aus 500 Kilometern Höhe empfangen. Schmidt. Mit dem Empfang und dem Diese sendet der W-CubeSat, der am 30. Start der Auswertungen leisten die Juni 2021 als Teil der Nutzlast an Bord ei- Grazer Forscher*innen gemeinsam ner Falcon-9-Rakete von Cape C anaveral mit dem internationalen Projektteam in einen polaren Orbit startete. Ziel ist Pionierarbeit: „Die Messphase beginnt es, 75-GHz-(W-Band) und 37,5-GHz-(Q- jetzt mit den ersten Signalen, die Band)-Signale auszusenden und neues wir vom W- CubeSat empfangen. Wir Wissen über die atmosphärischen Ab- müssen das neue Band verstehen, um schwächungen bei der Ausbreitung es bestmöglich nutzen zu können. Mit von Funksignalen in einem so hohen den Ergebnissen wird es möglich sein, Frequenzband zu generieren. Modelle zu erstellen, um die Dimen- sionierung von Satellitenstrecken zu Neue Datenhighways ermöglichen und den Betrieb effizient Der Kapazitätsbedarf zur Datenübertra- durchzuführen“, so der Projektleiter gung steigt heute zunehmend. Weltweit Schmidt. „Wir haben technologisches wird an neuen Datenhighways für den Neuland betreten und sind damit in digitalen Konsum geforscht. Neben immer Europa ganz vorn dabei“, freut sich strikteren Regelungen weicht man auch Schmidt. Die E ntwicklung des W-Cube- zu immer höheren Frequenzen aus. Um Sat fand in Finnland statt. Der Minisa- die neuen leistungsstarken Satelliten ans tellit ist fünf- bis sechsmal pro Tag von Internet anzubinden, werden jetzt neue Graz aus sichtbar. Frequenzen getestet. Das klingt einfach, ist aber komplex, da die kurzen Wellenlängen Internationale Zusammenarbeit vom Wettergeschehen stark beeinflusst Die Empfangsantenne wurde vom werden und nicht jeder F requenzbereich Projektpartner Luis Cupido Technolo- sich für die Übertragung eignet. „So gies entwickelt, der Satellit von R eaktor ist g ewissermaßen ein Wettlauf zu Space Lab, Fraunhofer und VTT T echnical beobachten, wer sich früher die sehr hohen Research Centre of Finland, die einge- Frequenzen zunutze machen kann“, erklärt gangenen Daten werden vom Team der Foto: Novel View der Nachrichtentechniker und Experte JOANNEUM RESEARCH, das auch die für Weltraumkommunikation Michael Projektleitung innehat, und der Universi- Schmidt von DIGITAL. tät Stuttgart ausgewertet. 7
IM F OKU S Finanzierung Das Projekt wurde nach einer kompetiti- ven internationalen ESA-Ausschreibung vom Bundesministerium für Klima- schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Inno- vation und Technologie mit rund einer Million Euro gefördert. Somit ist der österreichische Beitrag auch der Größ- te im Projektkonsortium. Die Länder Finnland, Deutschland und Portugal un- terstützten das Vorhaben ebenfalls mit insgesamt zwei Millionen Euro. Foto: JOANNEUM RESEARCH / Bergmann Michael Schmidt arbeitet seit 25 Jahren im Bereich Satellitenkommunikation und war und ist an vielen ESA-Projekten beteiligt. Unter seiner Leitung gelang erstmals der Empfang von Satellitensignalen in einem neuen Band. Spotlight on Eveline Greschitz Woran forschen Sie beziehungsweise Elektronik, in Graz. Da der Weltraum mich besonderem Stolz! Aber auch in meinen ver- was ist Ihr Kompetenzbereich? Aktuell auch schon früh faszinierte, nahm ich im An- gangenen Projekten hatte ich das Glück, mich betreue ich hauptsächlich unsere beiden schluss an das Studium das Stellenangebot immer mit neuen interessanten Aufgabenstel- Alphasat-Bodenstationen in Graz auf der am damaligen Institut für Angewandte Sys- lungen auseinanderzusetzten und innovative Hilmwarte und in der Steyrergasse sowie die temtechnik der JOANNEUM RESEARCH unter Wege zu beschreiten. W-CubeSat-Bodenstation und implementiere der Leitung von „Weltraumpapst“ Willibald neue Experimente und Datenauswertungen. Riedler an. Mein erstes Projekt war die Ent- Was haben Sie in Ihrem Forschungsbereich Für die W-CubeSat-Bodenstation entwickelte wicklung der autonomen Steuerungssoftware noch vor? In den nächsten zwei Jahren werden ich die Mission-Control-Software (MC SW) so- für das ACP-(Aerosol Collector and Pyrolyzer)- wir, wenn alles gut geht, Daten vom W-CubeSat wie das GUI (Grafische User Interface) dazu. Experiment der Huygens-Sonde im Rahmen sammeln und diese zusammen mit den Daten Die Software berechnet die Sichtbarkeit des der Cassini/Huygens-Mission der NASA/ESA unserer Wetterstation und des von der ESA be- W-CubeSat über Graz, steuert den Beacon- zum Saturn. reitgestellten Radiometers auswerten, um zum Empfänger und entsprechend die Anten- Beispiel die gemessenen atmosphärischen ne, sammelt Daten und speichert diese in Was war Ihr größter Erfolg? Besonders stolz Dämpfungen im W-Band mit den prognostizier- stündlichen HDF5-Dateien. Die Zeit zwischen macht mich nach wie vor die erfolgreiche ten Werten der ITU (International Telecommuni- W-CubeSat-Überflügen wird genutzt, um Landung der Huygens-Sonde auf dem Saturn- cation Union) zu vergleichen. Beacon-Signale vom Alphasat-Satelliten oder mond Titan am 14. Jänner 2005. Insbesondere, dem W-CubeSat-Test-Sender auf der Hilm- dass unser ACP-Experiment mit meiner Steu- warte zu empfangen. Für die MC SW und zum erungssoftware an Bord beim Abstieg zum Titan Teil auch für die Datenauswertung wird das fehlerfrei funktioniert hat. Es ist schon etwas von uns entwickelte SpaceCommSIMU-Soft- Besonderes zu wissen, dass ein Teil mei- ware-Paket genutzt, bei dessen Weiterent- ner Arbeit mit der Huygens-Sonde auf dem wicklung ich auch beteiligt bin. Saturnmond Titan liegt und dass dieselbe Sonde sogar in Stephen W. Hawkings erstem Wie sind Sie zur Forscherin geworden? Kinderbuch „Der Geheime Schlüssel zum Uni- Schon im Gymnasium interessierte ich mich versum“, das er z usammen mit seiner Tochter für Informatik und maturierte auch in EDV – Lucy geschrieben hat, beschrieben wird. damals war das durchaus exotisch. Von 1986 bis 1993 absolvierte ich den Studienversuch Wie fühlt es sich an, Teil einer Pionierleis- Eveline Greschitz ist seit 28 Jahren Telematik, Zweig Nachrichtentechnik und tung zu sein? Das erfüllt mich natürlich mit Softwareentwicklerin bei JOANNEUM RESEARCH. 8
INF R AST R U KT U R Bytes, Hertz und Die Hilmwarte in Graz ist einer der Standorte der JOANNEUM RESEARCH. Hier wird unter anderem an Satelliten- kommunikation im Q-V-Band geforscht. Weltraumtechnik Rechts: Balazs Ferenczi überprüft im „Software Defined Radio“-Labor die Spezifikationen des Monopuls-Tracking- Empfängers. Was das ist und wie es funktioniert, ist auf Seite 39 zu lesen. Fotos: Novel View Oben: Am Dach der JOANNEUM RESEARCH We transmit in der Grazer Steyrergasse steht die Antenne der your bytes with W-Band-Bodenstation, mit der zum ersten our Hertz. Mal ein W-Band-Funksignal von einem Satelliten am Boden empfangen wurde. Let´s join for the future! Rechts: Über den Dächern von Graz steht auch ein Radiometer für Alphasat- und W-CubeSat- Experimente. Gemessen wird das atmosphärische Rauschen. Daraus kann man auf die Dämpfungen von Funksignalen rückschließen. Hier geht es zum Imagefilm Weltraumtechnik und Kommunikationstechnologien 9
INT E R NAT IONAL Der weltweit einzigartige Regenvermesser TEXT: ELKE ZENZ 1991 wurde das erste 2D-Video-Distrometer (2DVD) von Vermarktungsunternehmen zusammen, einem Forschungsteam der JOANNEUM RESEARCH entwi- die auch Wartungsarbeiten übernehmen. ckelt. Das 2DVD misst Auf- und Seitenriss sowie die Fall- geschwindigkeit von Niederschlagspartikeln und gilt als Das auf den ersten Blick unspektakuläre eines der erfolgreichsten Produkte aus dem Bereich der Gerät zur Messung des Niederschlags steirischen Weltraumforschung, das international ex- benötigt eine Standfläche von 90 x 90 cm portiert wird. Einer der ersten Auftraggeber in den 1990er und hat etwas mehr als Tischhöhe. Jahren war die ESA (European Space Agency). Natürlich wird nicht nur die Nieder- schlagsmenge gemessen, „dafür würde Abnehmer sind hauptsächlich internationale Forschungs- ein einfacher Kübel auch genügen“, einrichtungen in Europa, den USA, Japan, Indien und China. so DIGITAL-Forschungsgruppenleiter Vor Ort arbeitet die JOANNEUM RESEARCH mit Technologie- Michael Schönhuber. Das Hightech- Foto: JOANNEUM RESEARCH / Bergmann Günter Lammer baute mit seinen Kolleg*innen kürzlich sieben Regen- vermesser. Diese wurden von Beijing Keytech Technology bestellt und werden in Kürze nach China geliefert. 10
INT E R NAT IONAL Den Regenvermesser nutzen Forschungseinrichtungen und Universitäten auf der ganzen Welt. Gefertigt wird alles in Graz. erät kann sehr viel mehr: Es misst G Der Preis des steirischen Erfolgs- (GPM) der NASA oder das „Atmo- Auf- und Seitenriss sowie die Fall- produkts beträgt, je nach Ausfüh- spheric Radiation Measurement geschwindigkeit jedes einzelnen rung, rund 45.000 Euro. Programm“ (ARM) des US-Ener- Niederschlagspartikels, der durch gieministeriums erfolgreich mit die Messfläche (100 mm²) fällt. Die Daten, die vom „Regenver- 2D-Video-Distrometern. Die Kom- messer“ kommen, ermöglichen ponenten und Präzisionsteile des Aus diesen Messungen werden die ganz genaue Aussagen über die Regenvermessers werden von Tropfengrößenverteilung, die Re- Auswirkungen von einzelnen einem steirischen Unternehmen genrate und weitere Kenngrößen Niederschlagsarten auf Satelli- gefertigt. des Niederschlags abgeleitet. Aus- ten- und terrestrische Funkstre- sagen über die Niederschlagsparti- cken, auf Löscheinsätze aus der kel (Regen, Hagel, Schnee oder ge- Luft bei Waldbränden oder zur mischte Niederschlagsvarianten) Vermessung eines Regensimu- können auf Grund der Form und lators. Das kommt zum Beispiel Fallgeschwindigkeit getroffen wer- auch für die Simulation von den. Große Regentropfen (> 3 mm) Niederschlag auf die Pilotenkanzel neigen zu einer Abweichung von eines Jets zum Einsatz. In den der Kugelform und können linsen- Bereichen Fernerkundung und förmig sein. Das ist für die Mes- Nachrichtentechnik arbeitet bei- sung des Niederschlags durch Wet- spielsweise das „Global Precipi- terradaranlagen von Bedeutung. tation Measurement Programm“ Factbox Die Technik ist komplex: 55.000 Zeilen werden je Sekunde von 2 Zeilenkameras aufgezeichnet, die Belichtungszeit beträgt jeweils < 20 Mikrosekunden. Die Kameras – die mittlerweile doppelt so schnell sind, wie in den 90ern – arbeiten hochpräzise: Sie erfassen einen Regentropfen im Abstand von 70 cm. Man kann sich das so vorstellen, als könnte man einen Fußball mit dem Durchmesser von 30 cm aus einer Entfernung von mehr als eineinhalb Kilometern scharf ablichten. Darauf bauend haben die Techniker*innen rund um Günter Lammer eine zweite Produktlinie entwickelt: Das erste 1D-Video-Distrometer wurde an das College of Charleston in den USA geliefert. 11
INT E R VIE W Michael Schönhuber leitet am Standort Graz ein herausragendes internationales Team und ist stolz, Expert*innen aus Portugal, Serbien, Ungarn und dem Iran e ingeworben zu haben. WELTRAUMTECHNIK FÜR DEN ALLTAG Foto: JOANNEUM RESEARCH / Schwarzl 12
INT E R VIE W Michael Schönhuber leitet bei DIGITAL die Forschungsgruppe Weltraumtechnik und Kommu- nikationstechnologien. In der Branche bestens vernetzt ermöglicht er mit seinem Team neue Bandbreiten, Signalverwertungen und Naviagtionstechnologien, die aus unserem Alltag kaum mehr wegzudenken sind. INTERVIEW: ELKE ZENZ Die Steiermark gilt seit rund dreißig Weltraumthemen, wie zuletzt die men derer Anwender*innen breitban- Jahren als Hotspot österreichischer Landung des Mars-Rovers oder Welt- dige, schnelle Signalverarbeitung testen Weltraumforschung. Wie sieht denn raumtourismus, erfreuten sich in können. Unser zweites Steckenpferd ist die internationale Sichtbarkeit aus? jüngster Vergangenheit eines breiten die Navigation. Auch in dem Bereich sind Die internationale Sichtbarkeit ist in medialen Echos. Was macht Welt- wir dran, neue Kleinserien zu produzie- der fachlichen Szene sehr gut. Vor allem raumthemen so attraktiv? ren. Das ist für uns für den Selbstfinan- in Europa, wenn wir an die ESA den- Das liegt an der Exzellenz und Einzig- zierungsgrad und den k ommerziellen ken, haben Graz und die JOANNEUM artigkeit der Forschung. Vor allem aber Erfolg sehr wichtig. RESEARCH einen sehr guten Namen. strahlt Weltraum in unserer von Infor- Unser Ruf geht natürlich über die ESA mationen überfluteten Gesellschaft im- Sie leiten eine erfolgreiche, inter- hinaus. Sei es das Rutherford Appleton mer noch eine enorme Faszination aus. nationale Forschungsgruppe. Was Laboratory (UK), das Deutsche Zentrum Wir versuchen sozusagen über den Tel- macht ihr Team so stark? für Luft- und Raumfahrt (DLR) oder pro- lerrand hinauszusehen und der Frage Die Stärke liegt in der fachlichen Kom- minente Europäische Universitäten ‒ nachzugehen, was denn da draußen ist. petenz, das ist die Grundvoraussetzung. man kennt uns sowohl als Mitbewerber Und wir sind sehr gut im Orten aktuel- als auch als Partner. Natürlich tragen Sie haben mit ihrem Team herausra- ler Bedarfe. Wir stellen uns laufend die die anderen heimischen Forschungs- gende Innovationen hervorgebracht, Frage, wo wir etwas bewirken können, institutionen wie das IWF der Österrei- Stichworte sind W-CubeSat, 2D-Vi- in welchem Bereich können wir Klein- chischen Akademie der Wissenschaf- deo-Distrometer oder die Infrastruk- serien bauen und welche Nischen ten, die TU Graz oder die Universität tur der Hilmwarte. Was kommt als können wir nutzen. Was mich sehr stolz Graz zur internationalen Sichtbarkeit nächstes, was ist ihre Vision? macht, ist der Teamgeist. Wir sind ein bei. Über Europa hinaus wird es schon Wir verfolgen seit Jahrzehnten einen wirklich gutes ‚Wir‘. etwas differenzierter. Unsere 2D- roten Faden. Auch wenn wir immer ver- Video-Distrometer, die wir in Kleinserie suchen mit Nischenprodukten Erfolge Großes Thema Nachhaltigkeit: Wie bauen, sind etwa bei der NASA im Ein- zu erzielen, geht es doch um Signalver- passen Weltraumtechnologien und satz. Wir haben aber auch Aufträge aus arbeitung, die man immer schneller und Nachhaltigkeit zusammen? Asien. Für die breite Öffentlichkeit sind breitbandiger macht. In dem Bereich In unserer Gruppe geht es hauptsächlich wir eher anlassbezogen wahrnehmbar, starten wir gerade zwei themenver- um Satelliten- und Navigationsdienste, wie zum Beispiel vor kurzem mit dem wandte Projekte mit einem Gesamtpro- also Weltraumtechnik für den Alltag. Launch des W-CubeSat oder mit der jektvolumen von 900.000 Euro. Daraus Und damit sind wir schon bei der Nach- Bildauswertung vom Mars-Rover. soll eine Plattform hervorgehen, im Rah- haltigkeit, denn mit diesen Technologien werden zum Beispiel internationale On- line-Meetings einfach ermöglicht, ohne Schönhuber ist Autor zahlreicher Publikationen und wissenschaftlicher Begleiter und Ausbildner von vielen Reiseverkehr. Mit Satellitenkommuni- Diplomand*innen, Praktikant*innen und Lehrlingen. kation kommt man an jeden Punkt der Erde. Und mit Navigationstechniken las- sen sich Strecken verkürzen. Nehmen wir an, Weltraumreisen wä- ren möglich und einfach zu machen. Was würden Sie gerne sehen und erleben? Foto: JOANNEUM RESEARCH / Schwarzl Ich würde meinen, der Blick auf u nsere Erde aus dem All ist sicher etwas sehr Besonderes und verändert buchstäb- lich den Horizont. Und ich würde gerne erleben, wie sich Schwerelosigkeit anfühlt. 13
P E R SPE KT IVE NW E C HSE L Erfolgstories Gegenseitiges Vertrauen und Beständigkeit prägen die zum Teil langjährigen Erfolgs- projekte im Bereich Space. Wir haben unsere Alberto Ginesi Partner*innen über gemeinsame Projekte Head of the Telecommunication Telemetry, Tracking and Command, T&C Systems & Techniques Section of the Tech- befragt. Wie wir über den Globus v erteilt nical and Quality Management Directorate, ESA gesehen werden, lesen Sie hier: The collaboration with JOANNEUM RESEARCH has always been successful and I have appreciated the commitment and the technical competence of the team. In the course of recent projects JOANNEUM RESEARCH built a system demonstrator for multibeam satellite systems allowing to examine poten- tial techniques that aim to boost the system capacity. The pro- ject results contributed very well for the next generation of satellites which keeps Europe in the leading role of satellite communication. Within ESA the team of DIGITAL is known for their excellent cross layer knowledge and we look forward to future projects together. Foto: CPI Vertex Antennentechnik Gerbert Lagerweij Direktor Marketing & Sales bei CPI Vertex Antennentechnik Die langjährige Zusammenarbeit zwischen CPI Vertex Antennentechnik und JOANNEUM RESEARCH ist eine wahre Erfolgsgeschichte. Das Team um Michael Schmidt konnte uns immer in kürzester Zeit kundengerechte Lösungen liefern, die wir weltweit in Anwendung bringen konnten. So sind die Mono- pulse Tracking Receiver von JOANNEUM RESEARCH auf allen Kontinenten im Einsatz und arbeiten zur vollsten Zufrieden- heit bei den Kunden. Wir wünschen uns, auch weiterhin mit JOANNEUM RESEARCH zusammenzuarbeiten und freuen uns auf zukünftige gemeinsame Projekte. 14 Foto: ESA
P E R SPE KT IVE NW E C HSE L Foto: Arizona State University Seit mehr als 10 Jahren kooperiert JOANNEUM RESEARCH Foto: VRVis mit VRVis. Christoph Traxler Area Coordinator - Smart Worlds VRVis Zentrum für Virtual Reality und Visualisierung Forschungs-GmbH Seit mehr als 10 Jahren kooperiert Jim Bell JOANNEUM RESEARCH mit VRVis. Principal Investigator, Der Startschuss war das Space-Projekt Mars 2020 Mastcam-Z „ExoMars PanCam“ mit der ESA. Aus dieser Investigation, Professor in ersten Kollaboration entstand über die Earth & Space Exploration, Jahre PRo3D, ein interaktiver Viewer Arizona State University zur virtuellen Erkundung und geologi- schen Analyse von 3D-rekonstruierten The contribution of the JOANNEUM RESEARCH Space Robotics & Instru- Planetenoberflächen. Dank der Zusam- ments Team to the Mars 2020 mission (e.g. leveraging the mission’s techno- menarbeit und dem weiten Netzwerk aus logy abilities in 3D vision processing, instrument data fusion and visualiza- Planetenwissenschaftern von NASA und tion, participation in Mastcam-Z instrument-wide physical meeting, giving ESA, die PRo3D regelmäßig einsetzen, er- presentations about science & technology) substantially brings forward the halten wir wertvollen Input für unsere Mars 2020 mission and helps to fulfill the requirements of the National Geospatial Visualization-Forschung. Neben Aeronautics and Space Administration as well as that of operational duties dem Weltraum gibt es auch gemeinsame in the course of European & US-funded R&D projects. Projekte zur Tunnelüberwachung, wobei sich viele der Methoden auch auf die Erde übertragen lassen. Within ESA the team of DIGITAL is known for their excellent cross layer knowledge and we Alle News finden Sie online www.joanneum.at look forward to future projects together. — Alberto Ginesi 15
P E R SPE KT IVE NW E C HSE L Marco Barrera Program Manager of the ExoMars Rover Operations Control Center, ALTEC S.p.A. Italy The JOANNEUM RESEARCH Space Robotics & Instruments Team is an ongoing valuable partner of ALTEC. Our long-last- ing successful cooperation includes the preparation for the ExoMars 2022 Rover mission, where JOANNEUM RESEARCH is setting up the 3D vision ground processing chain for the Rover stereo cameras PanCam, NavCam and LocCam that will run in the ALTEC data processing environment of the Rover Opera- tions Control Centre (ROCC) located in our premises in Turin, Foto: Köberl Italy. Based on their experience, JR is also providing support to the ROCC Mars Terrain Simulator (MTS) – an indoor analogue Christian Köberl facility needed to validate the ExoMars Rover operations in a Leiter des Departments für representative environment – with the development of the SW Lithosphärenforschung an der generating the MTS arena digital elevation model (DEM) and Universität Wien with the periodic MTS cameras calibration. Seit gut sechs Jahren kooperiere ich mit The JOANNEUM-RESEARCH-Team is a well-known player in JOANNEUM RESEARCH. Am Beginn stand European space robotics, having insight into state-of-the-art 3D die Frage, wie mit wissenschaftlichen vision, visualization, data fusion and camera calibration techno- Fragestellungen das Programm PRo3D im logy, and provide us with a profound set of tools and flexible Rahmen der Beteiligung Österreichs an der maintenance and support to make us well-prepared for Exo- MASTCAM-Z Kamera der NASA Mission Mars mission operations in 2023, and activities beyond. Mars-2020 zu verwenden wäre. Das ist natürlich ein großes und breites Thema, und da meine Forschungsexpertise an der Uni- versität Wien sich vor allem mit Einschlags- kratern, deren Erkennung, den Impaktpro- zessen und Produkten befasst, war rasch ein The JOANNEUM- spannendes Thema gefunden. Dabei haben RESEARCH-Team is wir auch terrestrische Analoguntersuch- ungen an sogenannten Strahlenkegel (shat- a well-known player ter cones) sowohl im Labor wie im Gelände Foto: Barrera in Äthiopien gemacht, um das Programm im in European space Vergleich mit Marsfotos testen zu können. robotics. 51 40 3,2 Mio. PROJEKTE EXPERT*INNEN EURO laufen aktuell bei JOANNEUM RESEARCH im bringen ihr Know-how im Projektumsatz sind 2020 im Forschungs- Bereich Space. Das Spektrum ist breit: von Forschungsbereich Space ein, sind bereich Space lukriert worden. Projektpartner Softwareentwicklung über Bildauswertung bis international bestens vernetzt sind nationale und internationale Player hin zu Fernerkundung und Signalverarbeitung. und gefragt. wie die NASA oder die ESA sowie kleinere Technologieprovider am Standort. 16
IM F OKU S HERA – eine göttliche Mission Foto: ESA - ScienceOffice.org TEXT: RENATE BUCHGRABER Ein beliebtes Thema in Hollywoods Katastrophen-Blockbuster sind Asteroideneinschläge mit einhergehender Vernichtung der Menschheit. In der Steiermark arbeiten Expert*innen daran, dass genau das nicht passiert. Erstmals wird in einer gemeinsamen Mond des Didymos-Doppelsystems, wel- blenkmanöver darzustellen: „Es gibt A Mission von der US-Raumfahrtagentur che rund 15 Prozent aller Asteroiden die Annahme, dass zum Beispiel auf dem NASA und der europäischen Welt- ausmachen. Mit einem Durchmesser Haupthimmelskörper Gesteinsbrocken raumbehörde ESA unter Mithilfe der von 160 M etern hat er eine Größe, die des Mondes landen werden, die man JOANNEUM RESEARCH versucht, für Erdbewohner*innen bei einem dann zusätzlich vermessen kann. Man Asteroiden in der typischen Gefahren- Einschlag gefährlich werden kann. erhofft sich daraus weitere Rückschlüsse größe abzulenken. Auch Gerhard Paar, über die Dynamik des Einschlags.“ Experte für Mars und Simulationen, ist Im zweiten Teil der Mission wird die an der HERA M ission beteiligt. europäische Sonde der HERA- Mission Die Erwartungen an den Erfolg dieses mit einer Kamera in die Umlaufbahn Probe-Ablenkungsmanövers sind hoch. Der Name der griechischen Götter- des Asteroiden gebracht. Ein Ziel ist So würde ein Einschlag eines Asteroiden mutter Hera wurde von der ESA für es, wenn alles wie geplant läuft, den mit 160 Metern Durchmesser eine den zweiten Teil der Mission gewählt. durch „Dart“ hervorgerufenen Krater Stadt in der Größe Wiens zerstören. Im ersten Teil der Mission auch „Dart“ zu visualisieren. Dann kommt das Team 130 Millionen Euro investiert die ESA genannt, wird von der NASA eine um Gerhard Paar und Piluca Caballo in d iese Mission ‒ mit einem kleinen Raumsonde mit Schwung auf einen Perucha ins Spiel. Die Aufgabe ist Teil auch aus Österreich, der vom BMK Asteroiden gelenkt, um ihn aus seiner dabei, Dimorphos und den größeren über FFG/ALR an ESA zur Verfügung Umlaufbahn zu b ringen. Der Asteroid, Didymain während der Annäherung in gestellt wird. genannt Dimorphos, ist eigentlich ein 3D zu vermessen, um auf Didymain das 17
IM F OKU S SPURENSUCHE AM MARS TEXT: RENATE BUCHGRABER Sie träumen von einer Reise zum Mars? Mit unserer Technologie und Expertise reisen Sie v irtuell in diese unbekannte Welt, noch dazu völlig kostenfrei. Denn seit der Landung im Februar 2021 liefert der Mars Rover, genannt Perseverance, beinahe täglich Bilder von der Marsoberfläche in einer nie dagewesenen Qualität. Die Bildverarbeitungsexpert*innen des „Space Robotics and Instruments“-Teams von DIGITAL bereiten diese Bilder für die NASA und damit auch für die Öffentlichkeit in 3D auf. Foto: PEXELS 18
IM F OKU S Es sind Abbilder einer unbekannten Auch bei der Konzeption und Kalibra- press-Mission der Europäischen Weltraum- Welt, die unsere Forscher*innen Piluca tion der Kamera haben sie das NASA- organisation ESA im Jahr 2003. Es folgten Caballo Perucha und Gerhard Paar zum Team im kalifornischen „Malin Space einige EU-Projekte im Bereich „Space Ex- ersten Mal sehen. Sie werten mit einer Science Systems“ (MSSS) Headquarter ploration Robotic Vision“, wo unser For- Software namens ProViP die Aufnah- unterstützt. „Der Unterschied zu den scher bereits Jim Bell von der Arizona men der Panorama-Kamera Mastcam-Z, Kameras, die es bisher auf Rovern und State University kennenlernte, der nun die am Mars Rover befestigt ist, aus. Die auch Satelliten oder Landern gege- als Principal Investigator das Mastcam-Z- Software für die Visualisierung, PRo3D ben hat, ist das Zoom-Objektiv. Damit Team koordiniert. Bei der aktuellen Mars- genannt, entwickelten sie gemeinsam kann man die beste Auflösung, je nach Mission hat Gerhard Paar den Status eines mit dem Wiener COMET-Zentrum VRVis, Aufgabenstellung, wählen. Der Zoom- Mastcam-Z Co-Investigators. und auch weiterhin wird eng zusammen- Mechanismus in Kombination mit der gearbeitet. Aus den Stereobildpaaren Fokussierung zum Scharfstellen auf eine Ein kurzer Blick in die Zukunft zeigt, erstellt unser Team dreidimensiona- bestimmte Entfernung ist eine Meister- dass noch weitere Weltraummissionen le Modelle und Visualisierungen der leistung der MSSS-Ingenieur*innen. Die warten und „Perseverance“ ein erfolg- Oberfläche zur Navigation des Rovers Weltraumtauglichkeit an sich benötigt reicher Meilenstein am Weg der Er- und für Geolog*innen, um den roten spezielle Lösungen – z. B. eine Heizung, kenntnis ist. Das Team wird maßgeblich Planeten, Felsen und Gesteinsschichten da es am Mars ja sehr kalt ist, eigene an der Auswertung von Bilddaten bei millimetergenau in 3D erkunden und Schutzvorrichtungen gegen Staub und kommenden Weltraummissionen wie interpretieren zu können. eindringendes Sonnenlicht, wichtig ist dem europäisch-russischen Projekt Exo- auch ein sogenanntes Kalibrationstarget Mars 2022/2023 und der HERA-Mission „Es sind deswegen Bildpaare, also am Rover, das man zur Korrektur von zu zwei Asteroiden etwa 2027 beteiligt Stereoaufnahmen, damit man, wie das Lichteinflüssen der Atmosphäre täglich sein. Bei der ExoMars-Mission steckt menschliche Auge auch, räumlich s ehen mehrmals aufnimmt“, erläutert Paar. das Forscher*innenteam bereits mitten kann. Wir können Pixel für Pixel die in der Vorbereitung mit der Panorama- Oberfläche abscannen und damit ein Von Anfang an Kamera für den europäischen Rover Ro- dreidimensionales Modell erzeugen und salind Franklin. „Dieser Rover soll nicht erstellen damit für jedes Stereobildpaar Gerhard Paar beschäftigt sich schon seit nur zwei Meter tief bohren können, eine eigene dreidimensionale Ober- mehr als 30 Jahren mit Bildverarbeitungs- sondern auch die Kombination mit fläche. Mehrere solcher Stereomodelle software im Weltraumbereich: Erst war Bodenmessungen mittels Radar ist be- werden nahtlos zusammengefügt. Zu das die Auswertung von Satellitenbildern, sonders spannend“, findet Gerhard Paar. jedem Bildpunkt ist auch eine Entfer- dann Landesimulationen unbemannter nungsinformation gespeichert“, erklärt Raumsonden. Das erste „echte“ Projekt Lesen Sie mehr zur Mission im Logbuch Team-Leader Gerhard Paar. war „Beagle 2“, eine Sonde der Mars-Ex- auf den kommenden beiden Seiten. 19
IM F OKU S Wo ist der Mars-Rover jetzt? Extremfall Aktivitäten abschalten, Perseverance ist mit Sol 298 (Mars-Tag sei es in einer Komponente oder nach der Landung) fast drei Kilometer auch über das gesamte System. Das gefahren und hat soeben ihr sechs- reicht von Temperatur-Anomalien, tes Sample eingesammelt und nähert mechanischen Überbelastungen, Soft- sich weiter dem westlichen Rand des ware-Fehlern bis hin zu Konflikten Jezero Deltas. zwischen Sensoren (wenn z. B. der Laserstrahl eines aktiven Analyse- Welche besonderen Herausforde- Instruments den Roboterarm treffen rungen oder sogar Gefahren müs- würde). Mehrere solcher Anomalien sen gemeistert werden? sind bereits aufgetreten, wurden an Die größte Herausforderung der letz- Bord korrekt automatisch erkannt und ten Wochen war ein grundlegendes mittels vorprogrammierter Reaktions- Update der Rover-Software. Hier gilt mechanismen war bisher kein einziger es, größtmögliche Sorgfalt walten zu Schadensfall zu beklagen. Die übermit- lassen, um vor allem die Kommunika- telten Daten und Simulationsmecha- tion stabil zu halten, während sich der nismen im Kontrollzentrum bei JPL Rover praktisch einer „Gehirntrans- (Jet Propulsion Laboratory) erlaubten plantation“ unterzieht. es, in allen Fällen die Probleme nach- zuvollziehen, zu beheben, und den no- Das Mastcam-Z-Team war von diesem minellen Zustand wiederherzustellen. Vorgang allerdings nicht betroffen. An- Mastcam-Z war in keinem der mir be- sonsten liefert die durchfahrene Land- kannten Fälle direkt in eine Anomalie schaft aktuell keinen Grund zum Risi- verwickelt. ko, allein die Probennahme sorgt hin und wieder für „spannende“ Momente. Das erste Sample hat sich beim Bohr- Wenn man Hinweise prozess vollständig in Staub aufgelöst, was wir durch Volumsmessung des auf früheres Leben entstandenen Hohltrichters untermau- ern konnten. Und ein Schürfprozess am Mars finden an einem Felsen führte vor einiger Zeit würde, und wenn wir durch die Bewegung des Steins zum vorzeitigen Abbruch der Operation. dazu mit unseren Funktioniert die Kamera planmäßig? Mechanismen Mastcam-Z funktioniert problemlos beitragen könnten, und liefert nahezu an jedem Sol Auf- nahmen für unterschiedlichste Auf- wäre das für uns gabenstellungen. Sämtliche Mechanis- men (Zoom, Autofocus, Filterauswahl) das Größte. arbeiten nominell. Kürzlich wurde — Gerhard Paar begonnen, mittels unserer 3D-Auswer- tungen und dem 3D-Viewer PRo3D von VRVis die Raumrichtungen der umlie- Ist es gelungen, eure Idee umzuset- genden Felsformationen zu vermessen zen, Bilddaten auch übergreifend Erkunden Sie die („Fallen und Streichen“ im Jargon der über verschiedene Kameras und Route und den Geolog*innen). Damit soll dargestellt Satellitenbilder zu verknüpfen? aktuellen Standort des Rovers: werden, wie getrennt liegende Auf- Erst kürzlich ist es uns gelungen, schlüsse in ihrer geologischen Struk- unsere Mastcam-Z 3D-Modelle erfolg- tur zusammenhängen. reich und hochgenau über die Satel- liten-Geländemodelle zu überlagern Hat man bei suboptimalen Funktio- – täglich und automatisiert. Mittels nen die Möglichkeit einzugreifen? PRo3D von VRVis ist die Visualisierung Der Rover hat unzählige Mechanis- dieser Daten in allen Auflösungsstufen, men verfügbar, die Unregelmäßig- vom „sub-mm“-Sandkorn vor dem Ro- keiten erkennen können und im ver bis zum Horizont in 10 Kilometer 20 Foto: PEXELS
IM F OKU S Entfernung ohne Verlust in Echtzeit darzustellen und zu analysieren. Mit dieser Fähigkeit gelingt uns ein weltweites Alleinstellungsmerkmal. Die geologische Analyse über größere Bereiche wird wesentlich er- leichtert oder sogar erst ermöglicht. Die österrei- chischen Aktivitäten bleiben mindestens bis Ende 2022 mit 3D-Auswertungen der Bilddaten bis hin zu Visualisierungen in Gang. Die wissenschaft- liche Betreuung erfolgt durch Christian Koeberl von der Universität Wien und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, einem Impakt-Spe- zialisten, sowie Partnern aus Großbritannien (Im- Foto: NASA/JPL-Caltech perial College London), die die 3D-Daten geologisch interpretieren und im Rahmen von P ublikationen gemeinsam mit JOANNEUM R ESEARCH und VRVis akademisch verwerten. Die Forschungsleistungen zur Teilnahme an den Die Mastcam-Z befindet sich zusammen mit anderen Instrumenten auf Mars-2020- und ExoMars-Missionen werden von einem zwei Meter hohen Mast, der 360 Grad drehbar ist. Das System ist eine sogenannte Stereokamera: Zwei Kameras sind im Abstand von 24 der ESA und dem BMK in den Projekten des „Aus- Zentimetern montiert. Das ermöglicht es, ein Bild aus zwei leicht versetzten trian Space Applications Programme“ 885326 Blickwinkeln einzufangen. „WIBSTAC“ beziehungsweise 882828 „PanCam- 3D-2021“ gefördert. Links: Ausschnitt aus dem Mars 2020 Mastcam-Z Sol 112 Sequent 8088 Panorama. Aus dem Bild selbst ist es unklar, ob die rauen und glatten Strukturen von jeweils der gleichen Felsformation stammen. Rechts: Das aus Stereoskopie errechnete Distanzbild zeigt eindeutig, dass auf einem zusammenhängen- den Felsen (orange, rechts der Mitte) sowohl raue als auch glatte Strukturen vorliegen. Foto: NASA/JPL/CalTech/MSSS/ASU/JR Spotlight on Piluca Caballo Perucha Gab es ein Erlebnis, das Ihre Begeisterung Was waren Ihre persönlichen Erfolgsmo- acht Stunden am Tag ist Nichts im Vergleich zu für Fernerkundung geweckt hat? Die Karto- mente in dieser Mars-Mission? Ohne Zwei- der notwendigen Ausrüstung, um den Mars zu graphie hat mich in meiner Kindheit schon fas- fel der Start im Juli 2020 und die Landung der bewohnen. Ich finde es außerdem unschlagbar, ziniert. Als Kind habe ich mir gerne ein Buch Perseverance im Februar 2021. Die während auf der Erde zu leben. meiner Eltern über die Hauptstädte Spaniens der Landung aufgenommenen Fotos habe ich angeschaut. Ich war beeindruckt, so viele benutzt um die letzten Kilometer der Flugbahn Foto: JOANNEUM RESEARCH / Schwarzl Informationen über eine Stadt auf einem Blatt und das Gebiet um den Jezero-Krater zu re- gesammelt zu haben. Richtig begeistert hat konstruieren. Natürlich ist es jedes Mal, wenn mich während meines Bachelorstudiums in ich das Team mit meinen Photogrammetrie- Topographie (1996 in Madrid), als wir „Rec- Kenntnissen unterstütze, ein Moment des per- copolis“ im großen Maßstab kartierten. Rec- sönlichen Erfolgs. copolis ist eine der größten und wichtigsten westgotischen archäologischen Stätten Zentral- Frauen in der Weltraumforschung sind in spaniens, die 2005 zum archäologischen Park der Minderheit. Wie geht es Ihnen damit? erklärt w urde. Die Vermessung fand gleich- In meinem beruflichen Umfeld zählt zum Glück zeitig mit den archäologischen Ausgrabungen eher Leistung als Geschlecht oder Herkunft. Piluca Caballo Perucha greift nach den S ternen. statt. Es war unglaublich spannend für mich. Sie forscht seit über 20 Jahren in den B ereichen Diese Erfahrung weckte in mir das Interesse Möchten Sie als erster Mensch und erste Industrielle Messtechnik, Sensorik und Robotik an anderen Zivilisationen, am Kartographieren Frau zum Mars fliegen? Ich fliege nicht ger- am Institut DIGITAL. Die ausgebildete Geodätin kommt aus Spanien und hat das Masterstudium von Orten, von denen niemand vorher wusste, ne und tue es nur aus sehr wichtigen Gründen. „Space Sciences“ mit Schwerpunkt Remote dass dort Leben vorkam. Die Begeisterung für Wenn ich die Risiken, die Flugzeit und die atmo- Sensing (Fernerkundung) absolviert. Aktuell ist sie Extrapolation auf anderen Planeten kam hinzu, sphärischen Bedingungen bedenke, in denen an der Mars2020-Mission der NASA beteiligt. Ihre als ich meine Geodäsie-Masterarbeit bei der ich dort leben müsste, entschädigt mich das nächsten Projektbeteiligungen sind die europäi- sche Weltraummission ExoMars 2022/23 und die JOANNEUM RESEARCH schrieb. nicht. Das Tragen eines Mund-Nasen-Schutz HERA-Mission. 21
Zukunfts z FÜR MORGEN konferen 2 20. 9. 202 Alles zur kommenden #zuko 2022 unter zukunftskonferenz.joanneum.at E DATE SAVE TH 22
KOMME NTAR Weltraum: mehr Staat, mehr Privat KOMMENTAR VON ANDREAS GEISLER Nahezu täglich erfahren wir von neuen ponenten, Produktionsmethoden aus Errungenschaften im Weltraum. Von Automobil- und Luftfahrtindustrie sowie 370 auf über 1.000 Mrd. Dollar pro hoher vertikaler Integration und Testver- Jahr soll die weltraumbezogene Wirt- fahren, die Fehlschläge inkludieren, wer- schaft in den nächsten 10 bis 15 Jahren den in rasantem Tempo (Klein)Satelliten wachsen. Ein wesentlicher Teil dieses gebaut und als Folge der private Raketen- Wachstums soll von privaten Akteuren bau angeregt. Bereits 7 Milliarden D ollar mit neuen Geschäftsmodellen ausgelöst pro Jahr, aber doch weniger als 10 Pro- werden: New Space. zent der ö ffentlichen Mittel, wurden 2020 von P rivaten, auch in Europa und Öster- Circa 90 Mrd. Dollar pro Jahr an öffent- reich, in überwiegend Upstream-Welt- lichen Mitteln investieren die derzeit raumunternehmen investiert; der Groß- 95 Weltraum-Staaten, angeführt von teil (4 Mrd.) in die „Big Four“ Space X, den USA, „Weltraumeuropa“ (ESA, EU, Blue Origin, Virgin Galactic und Oneweb. Einzelstaaten), China, Russland, Japan und Indien. 1958 waren es noch 18 Sind die Unternehmen etabliert, spielt Staaten. Finanziert werden überwie- der Staat wieder eine starke Rolle: als Be- gend „ Upstream“-Aktivitäten, das sind schaffer für Produkte und Dienstleistun- Satelliten, Raketen und Bodeninfra- gen und als Regulator für die begrenzte struktur für Wissenschaft, Exploration Ressource Weltraum. 4.500 operative und Astronaut*innen sowie Satelliten- und mehr als 3.000 inaktive Satelliten systeme für Meteorologie, Erdbeobach- müssen vor Kollisionen geschützt wer- tung, Navigation und Kommunikation. den, und täglich werden es mehr. Die öffentlichen Investitionen sind die Österreichische Akteure sind an den Grundlage für den größten Anteil am meisten Weltraum-Wertschöpfungsketten „Weltraumkuchen“, dem sogenannten beteiligt. Daher gilt auch für die neue „Downstream“-Sektor, welcher mit Em- österreichische Weltraumstrategie 2030 pfangsgeräten und einer Vielzahl von „Mensch, Klima, Wirtschaft“ und deren Anwendungen 75 Prozent der Wert- Umsetzung durch die FFG-Agentur für schöpfung ausmacht. Dieser Wachs- Luft- und Raumfahrt: mehr Staat, mehr tumsmarkt zieht private Investoren Privat für eine nachhaltige Entwicklung und Unternehmer an, die nach „Daten- auf der Erde und im All. gold“ für innovative Anwendungen „ schürfen“. Mit kostengünstigen Kom- Andreas Geisler leitet die Agentur für Luft- und Raumfahrt der FFG und ist Vorsitzender der Generalversammlung des European Space Policy Institute. 23
INNOVAT ION Den Borkenkäfern auf der Spur TEXT: ELKE ZENZ Der Klimawandel ist unter anderem Schuld an ihrem rasanten Wachstum. Borkenkäfer sind eine ernstzunehmende Plage, die heimische Forstwirtschaft gerät unter Druck. Das Team um Janik Deutscher spürt Borkenkäferbefall mit Satellitenbildern auf. Durch den Klimawandel leiden die Wälder Mitteleuropas zu- erklärt Janik Deutscher, Projektleiter von „BEAT IT!“. nehmend unter Sturm- und Dürreereignissen, was in Folge Der Projektname steht für „Bark Beetle Detection from ihre Widerstandsfähigkeit gegen Insektenbefall schwächt. Space“. Im Vorläuferprojekt „AlpMon“ konnten die For- Das liegt daran, dass Bäume ihre „Wunden“ mit kostbarem scher*innen nachweisen, dass man aus Satellitendaten Harz verschließen. Zur Bildung von Harz wird Wasser benö- Waldveränderungen auslesen und interpretieren kann. „Nun tigt. Fehlt dieses aufgrund langanhaltender Dürreperioden, können wir zukünftig anhand der satellitenbasierten Erdbeo- können sich die Bäume nicht mehr selbst heilen und Schäd- bachtung einen flächigen Ansatz im Borkenkäfer-Monitoring linge wie Borkenkäfer finden Tür und Tor in den heimischen einführen und damit die Schädlingsausbreitung zeitlich gut Fichtenwäldern geöffnet. verfolgen“, so Deutscher. In den letzten Jahren wurden daher Rekordzahlen an Schad- Wie ist der Projektablauf? „Im Rahmen von BEAT IT! ent- holz durch Borkenkäfer gemeldet. Die Folgen sind zum einen wickeln und testen wir auf Basis von Satellitenbildern der wirtschaftliche Schäden für die österreichische und europäi- Sentinel-Missionen neue Analysemethoden zur flächennahen sche Forstwirtschaft in Höhe von mehreren hundert Millionen Früherkennung von Borkenkäferbefall. Unser Ziel ist es, den Euro, aber auch eine Beeinträchtigung der gesellschaftlichen räumlichen Befall rasch zu detektieren und die Planung von und ökologischen Funktionen unserer Wälder. Für gewöhnlich gezielten Gegenmaßnahmen somit optimal zu unterstützen“, werden die ungeliebten Borkenkäfer mit Pheromonfallen oder erläutert der Geowissenschafter. Zusammen mit dem IT-Unter- schlicht Begehungen aufgespürt. Diese terrestrischen Metho- nehmen Cloudflight und der Umweltdata GmbH werden im den haben den Nachteil, dass sie nur Punktinformationen und Projekt neue Fernerkundungsmethoden und Waldservices ge- keine flächigen Informationen zum aktuellen Schädlingsbefall testet. Das Projekt BEAT IT! wird vom BMK im Rahmen des Aus- liefern können. Ein schnelles Erkennen von neuen Befalls- trian Space Applications Programme (ASAP 16) der FFG gefördert. flächen und eine Erfassung der räumlichen Verteilung ist somit nicht möglich. Die methodischen Entwicklungen konzentrieren sich auf drei Themenbereiche: eine verbesserte Klassifikation und Tren- Satellitenbilder liefern Informartion über Schädlinge nung von Schadursachen im Wald, eine rasche Detektion von neuen Borkenkäfer-Befallsflächen, die einer „Echtzeit“-Anwen- „Der europäische Erdbeobachtungssatellit ‚Sentinel 2‘ liefert die dung sehr nahe kommt, sowie eine Risikomodellierung mit- Daten, die wir für das Aufspüren der Borkenkäfer benötigen“, tels Verfahren der Künstlichen Intelligenz (AI) und aktueller Satellitenbilder. „Wir testen dabei auch neue Methoden der Zeitreihenanalyse. Damit lassen sich Schäden zukünftig noch Janik Deutscher einfacher zuordnen“, erklärt der Projektleiter. Validiert w erden ist Geograph und Forscher in der DIGITAL-Forschungs- gruppe Fernerkundung und Geoinformation mit Fokus auf satellitenba- siertes Waldmonitoring. 24
INNOVAT ION Foto: Waldstolz Links: Visuelle Aufbereitung eines per Satellitenbild- zeitreihe detektierten Borkenkäferbefalls im Sommer 2021 (In Zusammenarbeit mit Waldstolz UG) Rechts: Die geschädigten Bäume in einer Drohnenaufnahme die Methoden in kürzlich befallenen Revieren, unter anderem in jenen der I nfrarot-Bereich. Die Auflösung beträgt Österreichischen Bundesforste AG und 10 x 10 Meter“, erklärt Janik Deutscher. des Forstbetriebs Seilern-Aspang. Der Satellit liefert alle sechs Tage Bilder Ziel ist es, mit In Deutschland wird zusammen mit vom selben Ort. Diese Bilder werden dann bearbeitet und abgespeichert. Das Team Hilfe Künstlicher dem Start-up-Unternehmen Waldstolz von DIGITAL analysiert anschließend Intelligenz eine an Services speziell für private Waldbe- die zeitliche Abfolge. Anhand der Farb- sitzer gearbeitet, die ihre Forstbestände änderung der Pixel, die mit der Jahres- Vorhersage treffen nur unregelmäßig vor Ort kontrollieren zeit einher geht, lässt sich erkennen, zu können. können. Die per Satellit detektierten um welche Baumarten es sich handelt. Änderungen im Wald werden für die „Dasselbe System lässt sich auf die Su- — Janik Deutscher Kunden als Warnung samt Koordinaten, che nach einem Borkenkäfer-Befall an- Verdachtsbeschreibung und Karte auf- wenden. Denn Bäume, die befallen sind, deutet das, dass Sichtungen vor Ort nicht bereitet. Eine Pilotphase fand im Som- ändern ihre Farbe und so sind Unregel- ausbleiben können, wenn man größere mer im bayerischen Allgäu statt. „Eine mäßigkeiten erkennbar. Man kann also Schäden vermeiden möchte. Der Vorteil erste Frühwarnung mit Verdacht auf geschädgte Bäume erkennen, nicht aber der Satellitenbildauswertungen ist, dass Borkenkäferbefall erwies sich direkt als den Schädling“, erklärt Deutscher. die Suche im Wald nun viel gezielter korrekt. Die Parzelle hatte ich nicht auf stattfinden kann und man weniger Zeit dem Radar, ich komme dort im Schnitt Gebremst wird dieses Unterfangen zum und Ressourcen braucht, um betroffene nur alle drei Jahre vorbei. Sofort habe Beispiel durch Schlechtwetter, denn Bestände zu finden“, so Deutscher. Mit ich den Holzeinschlag beauftragt und ist es bewölkt, gibt es keine brauch- dem Monitoren des Ist-Stands ist es aber durch Eindämmung größeren Schaden baren Satellitenfotos. Die Forscher*innen noch nicht getan, denn: Mit Methoden abgewendet“, erzählt Albert Müller, pri- lassen sich jedoch nicht beirren: „Es ist der Künstlichen Intelligenz sollen künftig vater Waldbesitzer im Oberallgäu. besonders wichtig, den Schädlingsbefall Vorhersagen möglich sein. Wo werden so früh wie möglich zu erkennen, um also die nächsten Schäden auftreten? „Lesen“ aus Satellitenbildern Maßnahmen des Waldschutzes rechtzei- tig einleiten zu können. In der Realität be- „Die Sentinel-2-Daten umfassen m ehrere Frequenzen im sichtbaren und im 25
NE W S Das Weltall und wir In Graz setzen sich vor allem drei große Forschungseinrichtungen mit dem Thema Weltraum auseinander: das IWF der Akademie der Wissenschaften (ÖAW), die TU Graz sowie die JOANNEUM RESEARCH. Diese Kooperationen, die ihre Wurzeln im vorigen J ahrhundert haben, erweisen sich auch heute als Garant für den Erfolg heimischer Weltraum-Forschung. BioPlat-EU: Ungenutzte Flächen nachhaltiger Energiegewinnung widmen Erst kürzlich ist das Projekt BioPlat-EU zum Abschluss ge- bracht worden, im Rahmen dessen bisher ungenutzte Flächen Bild: JOANNEUM RESEARCH/Schwarzl Europas zur nachhaltigen Energiegewinnung herangezogen werden sollen. Marginale, ungenutzte und kontaminierte (MUC) Flächen, die nicht für Nahrungs- oder Futtermittel- erzeugung verwendet werden (können), und die auch keine Funktion als Erholungsgebiet oder Biodiversitätsspeicher besitzen, sollen für die Erzeugung von Bioenergie verwen- det werden. Für die Identifizierung dieser Flächen wurden Otto Koudelka agiert seit Jahren als Gastgeber der verschiedene Satellitendaten wie z. B. die hochaufgelösten internationalen Weltraum-Veranstaltung (UN/A-Symposium) COPERNICUS-Sentinel-Zeitreihendaten und Ergebnisse vor- und folgte Willibald Riedler nach. angegangener Projekte wie die High Resolution Layers ver- wendet. Die kontaminierten Flächen wurden aus bestehen- den Karten der Schwermetallbelastung der Europäischen Weltraumanwendungen für Ernährungssysteme Böden abgeleitet. Im nutzerfreundlichen Webportal (https:// webgis.bioplat.eu) sind die identifizierten MUC-Flächen für Das 27. UN/A-Symposium Stakeholder der Energiewirtschaft aufbereitet und können Das jährlich abgehaltene Symposium der Vereinten Nationen nach definierten Nachhaltigkeitskriterien bewertet werden. und Österreich fand von 7. bis 9. September 2021 zum 27. Mal Damit ist es nun möglich, auf diesen Flächen Szenarien des statt. Das internationale Symposium des Büros für Weltraum- Anbaus von verschiedenen Energiepflanzen zu testen, die angelegenheiten unter dem Titel „Space applications for food Auswirkungen zu modellieren und zu vergleichen. systems“ wurde im Rahmen des Programms der Vereinten Nationen für Weltraumanwendungen abgehalten und von der Dieses Projekt wurde aus Mitteln des Forschungs- und JOANNEUM RESEARCH sowie der TU Graz organisiert. Die Innovationsprogramms H2020 der Europäischen Union im hochkarätigen Vorträge und Diskussionen widmeten sich dem Rahmen der Finanzhilfevereinbarung Nr. 818083 finanziert. Thema Weltraumanwendungen für Ernährungssysteme. Der www.bioplat.eu Begriff bezieht sich auf die Aktivitäten, die mit der Erzeugung, der Verarbeitung, dem Transport und dem Verzehr von Lebens- mitteln verbunden sind. Präsentiert und besprochen wurden die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten von Weltraumlösungen im Hinblick auf Lebensmittelsysteme. Den Teilnehmer*innen, insbesondere Vertreter*innen von Entwicklungsländern, bot sich dabei die Möglichkeit, Neues über Instrumente, Strategien und Ansätze zu erfahren, die an den regionalen, n ationalen oder Foto: www.bioplat.eu/about lokalen Kontext angepasst werden können. Aufgrund der Pan- demie wurde die Veranstaltung virtuell abgehalten. Unterstützt wurde die Veranstaltung vom Bundesministerium für Klima- schutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK), der Stadt Graz sowie der Austrospace. 26
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