GPA-Forum: "Ambulante Notfallversorgung" - CSU.de

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GPA-Forum: "Ambulante Notfallversorgung" - CSU.de
Artikel vom 05.02.2020

GPA KV Amberg-Sulzbach

GPA-Forum: "Ambulante Notfallversorgung"

Am 05. Februar 2020 fand auf Einladung des GPA im CSU Kreisverband Amberg-Sulzbach in
Ammerthal-Fichtenhof eine Informationsveranstaltung mit Podiumsdiskussion zum Thema
AMBULANTE NOTFALLVERSORGUNG statt.

Moderiert von Rainer M. Weis, GPA Kreisvorsitzender CSU Amberg-Sulzbach und stellvertretender
GPA Bezirksvorsitzender CSU Oberpfalz, Oberarzt für Anästhesiologie, Leitender Notarzt und
Poolarzt im Ärztlichen Bereitschaftsdienst der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) aus
Rieden,
wurden nach einem Grußwort und der Einleitung durch Landrat Richard Reisinger die Teilnehmer

Manfred Wendl (Vorstand des Klinikum St. Marien Amberg),

Klaus Emmerich (Vorstand des St. Anna Krankenhaus Sulzbach-Rosenberg),

Dr. Martin Pöllath (Vorstandsvorsitzender des Ärztlichen Kreisverbandes Amberg-Sulzbach),

Stefan Neppl (Geschäftsführer des Zweckverbandes für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung
Amberg),

Jan Quak und Gökhan Altincik (Geschäftsführer RKT Rettungsdienst oHG),

Sebastian Schaller (Kreisgeschäftsführer BRK Kreisverband Amberg-Sulzbach),

Erwin Gräml (Leiter Rettungsdienst BRK Kreisverband Amberg-Sulzbach) vorgestellt.

Im Publikum waren zudem die Chefärzte für Kardiologie ( Privatdozent Dr. Christoph Birner ) und
Unfallchirurgie (Dr. Robert Bauer ) vom Klinikum St. Marien Amberg, einige Kassenärzte (u.a. Dr.
Karl Schellenberger) und Notärzte der Region (u.a. Johannes Büttner ) sowie Bürgermeister und
Kreisräte (Erwin Geitner aus Rieden, Josef Reindl aus Schnaittenbach), weitere Stadtrats- und
Kreistagskandidaten (Eva Fröhlich aus Sulzbach-Rosenberg, Monika Breunig und Andreas Otterbein
aus Kastl, Barbara Birner aus Hirschau) aus dem Landkreis Amberg-Sulzbach und den
Nachbarlandkreisen (Bürgermeister Martin Birner und Stadtrat Dr. Christoph von Wenz aus
Neunburg vorm Wald) anwesend.

Die Kassenärztliche Vereinigung Bayern hatte bereits am 20.11.2019 durch die Regionalleiterin
Notdienste Ostbayern mitgeteilt, „()seitens der KVB kann leider keine Teilnahme an der von Ihnen
geplanten Veranstaltung erfolgen.“

Von der Presse waren die Amberger Zeitung und die Mittelbayerische Zeitung vertreten.

Es wurden die Entwicklungen und aktuelle Situation der Notfallversorgung in Bayern (durch den
KVB-Bereitschaftsdienst „Stichwort 116 117“ mit Bereitschaftspraxen und Hausbesuchsdienst / den
Rettungs- und Notarztdienst „Stichwort 112“ / und die Notfallaufnahmen unserer Krankenhäuser)
und

einen Referentenentwurf des Bundesgesundheitsministers zur REFORM DER
NOTFALLVERSORGUNG vom 08. Januar 2020 vorgestellt und diskutiert.

Zusammenfassend wurden für den Ärztlichen Bereitschaftsdienst in Bayern die Rolle der 116 117
und deren Behandlungs- und Versorgungsmöglichkeiten vorgestellt. In der Diskussion wurden
Vorteile fester Bereitschaftspraxen (leider nur an ausgewählten Kliniken) den Nachteilen großer
Bereitschaftsdienstbereiche mit anhaltend weiten Fahrtstrecken, besonders bei nur einem
Fahrdienst in der Nacht, und die Kosten für die verpflichtende Nutzung des organisierten
Fahrdienstes (wegen der Honorarabschläge für die beteiligten Ärzte wie auch wegen der
Zusatzkosten für das Gesundheitssystem) gegenübergestellt.

Auch die Notrufnummer 116 117 selbst sei durch zunehmende Aufgaben (Hinweis auf Fachärztliche
Notdienste nicht im Internet, sondern nur telefonisch etc.) offenbar stark belastet und schlecht
erreichbar.

Auch der Faktor „Ärztemangel“, laut Vorsitzenden des ÄKV Amberg-Sulzbach eher ein Rückgang der
verfügbaren „Arztzeit“ als der Zahl berufstätiger Ärzte, wurde angesprochen (Vorgaben des
Arbeitszeitgesetzes, Zunahme weiblicher Ärzte, Qualifikation).

Im Rettungsdienst komme es aus verschiedenen Gründen zu einer Zunahme der Aufträge und
Auslastung, im Jahr 2019 offenbar nur im Notarztdienst mit einem Plus von ca. 10 % gegenüber dem
Vorjahr.

Eine systematische Auswertung aller Rettungsmittel (Krankentransport, Rettungswagen und
Notarzteinsätze) insbesondere ein Vergleich ab 2019 mit den Einsatzzahlen von 2014 und 2015, d.h.
vor Beginn der Änderungen im Ärztlichen Bereitschaftsdienst (Erste Pilotregionen ab 2016), ist
unabdingbar: Zahlen aus einzelnen Rettungsleitstellen über die Zunahme von Kranken- und
Rettungswagentransporten oder gar subjektive Eindrückesind letztlich schwer zu bewerten, denn
die Rettungsdienstbereiche und Bereitschaftsdienstbereiche der KVB sind nicht deckungsgleich !

Auch die Gründe und mögliche Lösungsansätze für zeitweise Besetzungslücken im Notarztdienst,
seit einigen Jahren ebenfalls durch die KVB geplant, wurden angesprochen und diskutiert, so eine
mögliche Beauftragung von Krankenhäusern mit der Bereitstellung von Notärzten (seit 01.
Dezember 2019 kommt der Notarzt in Hirschau tagsüber aus den Kliniken Amberg und Sulzbach-
Rosenberg), eine verbesserte Grundvergütung besonders an Standorten mit geringen
Einsatzzahlen, eine teilweise Rückkehr zur „vereinfachten“ Qualifikation („Fachkundenachweis
Rettungsdienst“ anstelle der Zusatzbezeichnung “Notfallmedizin“ als Zulassungsvoraussetzung zum
Notarztdienst - befristet auf die Zeit der Facharztweiterbildung an einem Krankenhaus) und
möglicherweise die Übertragung von Dienstplanung und Beauftragung der Notärzte an die
Rettungszweckverbände.

Eine Abkehr vom „Notarzt“ in unserem Rettungswesen, trotz zunehmender Qualifikation der
Notfallsanitäter und Rettungsassistenten, wird von den ärztlichen Fachgesellschaften nicht
unterstützt. Optimierungen des Systems wie der „Telenotarzt“ werden aktuell erprobt.

Die Notfallversorgung unserer Bevölkerung ist auch bei seltenen Besetzungslücken einzelner
Standorte über Nachbar- und Hubschrauberstandorte sichergestellt; die Integrierte Leitstelle
Amberg disponiert alleine 8 Notarztstandorte.

Besonders heftig diskutiert wurden drohende Änderungen der klinischen Notfallversorgung und die
Auswirkungen auf die gesamte Krankenhauslandschaft infolge eines Referentenentwurf zur
Reform der Notfallversorgung, der am 08. Januar 2020 vom Bundesministerium für Gesundheit
vorgelegt wurde und der noch im Jahr 2020 vom Bundestag verabschiedet werden soll.

Grundlage dafür sind u.a. ein Sachverständigengutachten 2018 zur Entwicklung im
Gesundheitswesen (mit Gesundheitskosten von insgesamt 374 Milliarden EURO im Jahr 2017, davon
231 Milliarden zulasten der Gesetzlichen Krankenversicherung) und die Vereinbarungen im
Koalitionsvertrag zur 19. Legislaturperiode (Zeilen 4643-4646):

 „() Zur Verbesserung der Notfallversorgung wird eine gemeinsame Sicherstellung der Notfallversorgung
von Landeskrankenhausgesellschaften und Kassenärztlichen Vereinigungen in gemeinsamer
Finanzierungsverantwortung geschaffen. Dazu sind Notfallleitstellen und integrierte Notfallzentren
aufzubauen.()“

Kernaussagen und Inhalt des Reformgesetzes

Ziel / Problem: Notaufnahmen sind überlaufen, Patienten wählen oft die falsche Anlaufstelle, in
Notfallaufnahmen entstehen dadurch lange Wartezeiten; dem soll begegnet werden durch

Ein gemeinsames Notfalleitsystem (GNL) durch Zusammenlegung (technisch / räumlich) von 116
117 und 112 mit den Optionen:

• Notfallversorgung vor Ort
• Notarzt- oder Rettungsfahrt
• Telemedizinische Behandlung
• Hausbesuch durch den Ärztlichen Bereitschaftsdienst

und einer

• Vergütung der Leitstellen (einschl. Telematik/Software) durch Krankenkassen

Schaffung integrierter Notfallzentren (INZ) an ausgewählten Kliniken, mit einer Verzahnung von
Notfallaufnahme und Bereitschaftsdienst und 24-Stunden-Dienst

• mit Zuschlägen bzw. extrabudgetärer Vergütung ( aber: 50 % Abschläge für „Nicht-INZ“) für die
  Versorgung plus eine Grundpauschale je INZ
• Ausstattung, Verfahren der Triage, Umfang der Versorgung etc. ist durch den Gemeinsamen
  Bundesausschuss (GBA) festzulegen
• Standorte sollen unter Beachtung der Planungsvorgaben des GBA von den erweiterten
  Landesausschüssen entschieden werden (Krankenkassen, KV und Krankenhausgesellschaften)
• „Fachliche Leitung“ der INZ durch die Kassenärztlichen Vereinigungen

Der Rettungsdienst wird eigener Leistungsbereich der Gesetzlichen Krankenversicherung, bleibt
aber weiter in hoheitlicher Verantwortung der Länder.

Schon die Zentralisierung der Notfallversorgung durch Einrichtung des Bereitschaftspraxen
ausschließlich an bestimmten Krankenhäusern zusammen mit der Einführung einer „abgestuften
Notfallversorgung“ (3 Stufen seit 01.07.2018) habe für finanzielle Nachteile für Krankenhäuser
niedrigerer Versorgungsstufe gesorgt, die als Anlaufstelle für die Bevölkerung dennoch ihre
Berechtigung und eine wohl zunehmende Bedeutung haben.

Schon jetzt werden kleinere Krankenhäuser zur Zahlung von Umlagen an größere Kliniken
verpflichtet, ein zusätzlicher Abschlag von 50 % auf die Vergütung von ambulanten
Notfallversorgungen durch kleinere Einrichtungen bei gleichzeitiger Ausdünnung und
Konzentration auf wenige „Integrierte Notfallzentren“ (ein Wegfall von bis zu ¾ aller bisherigen
Notfallaufnahmen wäre denkbar, wenn man - aus Ländervergleichen - von 250.000 Einwohnern
ausgeht, die von einer einzigen leistungsfähigen Notfallaufnahme versorgt werden können - bei
aktuell 1455 Plankrankenhäusern in Deutschland, die fast alle eine Rettungsstelle betreiben, und
einer Bevölkerung von ca. 81.500.000 in Deutschland).

Die bisherige, informelle und kollegiale Zusammenarbeit zwischen Notfallaufnahmen und den dort
angegliederten allgemeinmedizinisch ausgerichteten Bereitschaftspraxen wird als überwiegend gut
bewertet. Eine Ausweitung auf ein 24-Stunden-Angebot der neuen „Integrierten Notfallzentren“
überrascht, zumal gerade die Überlastung der Notfallaufnahmen als Grund für die Reform der
Notfallversorgung angeführt wurde.

Den Kliniken die fachliche Leitung der Integrierten Notfallzentren zu entziehen und ausgerechnet
auf die Kassenärztlichen Vereinigungen zu übertragen, wird nicht nur im Podium und Publikum,
sondern auch von Krankenhausgesellschaften und allen wichtigen medizinischen
Fachgesellschaften im Vorfeld gleichermaßen heftig kritisiert.
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