Grazer Straßennamen Herkunft und Bedeutung - Karl A. Kubinzky - Astrid M. Wentner

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Karl A. Kubinzky – Astrid M. Wentner

                   Grazer Straßennamen
                                  Herkunft und Bedeutung

                                        4., überarbeitete Neuauflage 2019

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Zum Geleit

         Die „Grazer Straßennamen“ sind nicht        Professor Dr. Karl A. Kubinzky ist seit
         nur ein oft und gerne nachgefragtes         Jahrzehnten ein verlässlicher, wissen-
         Buch – die nun schon vierte Auflage         schaftlich qualifizierter und in seinem
         zeigt dies deutlich –, sie sind auch eine   Forscherdrang unbeirrter Garant für se-
         verlässliche Informationsquelle für un-     riöses Informieren in einer allgemein an-
         sere steirische Landeshauptstadt. Hier      sprechenden Weise. Dieses Buch, das er
         wird die Geschichte der Stadt mit all       bereits in vierter Auflage neuerlich ge-
         ihren Höhepunkten und Brüchen im            meinsam mit der engagierten Kunst-
         wahrsten Sinn des Wortes erfahr- und        historikerin und Mitarbeiterin der Stadt-
         begehbar. Gerade weil diese Bezeich-        baudirektion, Dr. Astrid M. Wentner,
         nungen im öffentlichen Raum für alle        verfasst hat, ist nicht nur ein „Fremden-
         sichtbar sind, muss dieser allgemeinen      führer“ – mehr noch sollte es ein „Ver-
         Aufmerksamkeit auch mit kompetenter         führer“ für alle Grazerinnen und Grazer
         Information begegnet werden.                sowie alle an der Stadt Interessierten
         Straßennamen verweisen auf sich stets       sein, sich mit ihr zu beschäftigen.
         verändernde Realitäten – sowohl in ge-      Dafür danke ich sehr herzlich!
         sellschaftlichem als auch in politischem
         Sinn. Sie zeigen, welche Persönlichkei-
         ten hoch im Kurs gestanden sind und
         meist noch immer stehen, sie werfen                             Mag. Siegfried Nagl
         Fragen nach unserem Umgang mit der                                      Bürgermeister
         Geschichte auf und stiften vielen Men-                       der Landeshauptstadt Graz
         schen oft lebenslang Heimat.

                                                                                             5

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Vorwort

         1996 erschienen die „Grazer Straßen­         kaum allgemeines Interesse fand, wuchs
         namen – Herkunft und Bedeutung“              aktuell das kritische Bewusstsein um
         erstmals und füllten damit eine Lücke        die gesellschaftliche Bedeutung dieser
         in der Graz-Literatur. Zwischen 1912         Benennungen. Aber auch die bisher
         (Straßenverzeichnis von Arbeiter und         mangelhafte Berücksichtigung von
         Gadolla) und 1996 gab es mehrfach nur        Frauen als Namensgeberinnen wurde
         unzulängliche Versuche, die Grazer           und wird zu Recht thematisiert.
         Straßennamen zu erläutern. So erschie-
         nen Kurzerklärungen, die mit Hilfe           2018 erschien die vierte Auflage der
         ­einer Kartei des Magistrats Graz erstellt   „Straßennamen“, die 2019 über­arbeitet
          wurden, und im Jahr 1988 wurde eine         wurde. Wie bisher werden alle von der
          höchst fehlerhafte Publikation veröf-       Stadt Graz vergebenen topo­graphischen
          fentlicht. Nachträglich wunderten sich      Bezeichnungen für Verkehrsflächen
          die beiden Autoren des vorliegen-           und auch einige populäre, aber inoffizi-
          den Buches über ihren Mut, 1996 ein         elle Namen wie das „Kälberne Viertel“
          neues Straßennamen-Gesamtverzeich-          besprochen; so auch die Bewertungen
          nis schaffen zu wollen. Die damals mehr     der „ExpertInnenkommission für Stra-
          als 1500 offiziellen topo­graphischen Be-   ßennamen Graz“ (EKSN). Und viele in-
          zeichnungen der Stadt Graz zu erklären,     teressante, auch neue Abbildungen be-
          war eine große Herausforderung. Umso        reichern diese vierte Auflage.
          dankbarer waren wir über die freund­
          liche Aufnahme durch Rezensenten, die       Unser Dank gilt der Stadt Graz, be­
          Käuferinnen und Käufer und die Leser-       sonders der Stadtbaudirektion und
          schaft unseres Buches. 1998 folgte eine     dem Stadtvermessungsamt; weiters den
          zweite, verbesserte Ausgabe, und 2009       unterstützenden Fachkolleginnen und
          erschien die dritte Auflage, die wieder-    -kollegen von Stadtarchiv sowie Lan-
          um durch die neu hinzu­gekommenen           desarchiv und auch der kritischen Le-
          Straßennamen ergänzt wurde. Zu unse-        serschaft vergangener Auflagen. Ohne
          rer Freude ent­wickelte sich das Buch zu    den Leykam-Verlag und seine Mit­
          einem Bestseller zwischen Oberandritz       arbeiterinnen hätte es diese Neuauflage
          und Thondorf!                               nicht gegeben.
          In den letzten beiden Jahrzehnten wur-
          de über eine allgemein interessierte                        Karl Albrecht Kubinzky
          Aufnahme hinaus das Thema Straßen-                               Astrid M. Wentner
          namen zu einer viel diskutierten Kon-
          fliktbühne. Während bisher das „Kom-
          men und Gehen“ von Straßennamen

                                                                                            7

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Einleitung

         Am Beginn einer topographischen Be-           die Verwaltung und Lokalpolitik, die
         zeichnung stehen immer die Zuord-             Namen verleihen. In Graz sind es ak­
         nung und der Wunsch nach einer spe­           tuell ein vorbereitender Ausschuss des
         ziellen Orientierung. Sehr alt sind           Gemeinderats und schließlich der Ge-
         Erläuterungen, die den Zielpunkt einer        meinderat selbst in seiner jeweiligen
         Straße definieren oder aber auch die          politischen Zusammensetzung, der offi-
         ­Benennung eines Quartiers, also einer        zielle Namen vergeben darf. Es ist auch
          Wohn- oder Lebenseinheit wie bei-            Aufgabe der Stadtgemeinde, Bezeich-
          spielsweise „Burg“ oder eine Viertel­        nungen zu löschen oder zu ändern.
          bezeichnung. Manche Nennungen de-            Auch das Kulturreferat des Magistrats
          monstrieren einen Besitzanspruch oder        Graz und in der Ausführung besonders
          heben lokale Besonderheiten oder Er-         das Stadtvermessungsamt sind für die
          eignisse hervor. Etliche Namen haben         Namensvergaben zuständig. Die vom
          durch Abnutzung oder Missverständnis         Gemeinderat beschlossenen „Grund-
          eine Änderung erfahren. So wurde aus         sätzlichen Richtlinien für Straßen­
          dem Ödberg im Westen von Graz der            benennungen“ sollen Ordnung und
          Ölberg oder in Andritz der Einöd­            Rechtlichkeit garantieren. Die histori-
          graben zum Annagraben. Auch aus der          sche Tradition entspricht nicht immer
          Natur entlehnte Besonderheiten, also         den gegenwärtigen Richtlinien. Aber
          der Tier- und Pflanzenwelt, wurden           auch in der Gegenwart gibt es mitunter
          und werden gerne verwendet. Dies             Differenzen zwischen den Richtlinien
          ­einerseits wegen eines realen Bezugs,       und der Namensvergabe. Die Frage, ob
           andererseits um einen Naturbezug zu         Vornamen und Titel zu einem Straßen-
           demonstrieren, auch wenn dieser weder       namen gehören, wurde im Laufe der
           in der Vergangenheit noch in der            Zeit recht unterschiedlich beurteilt.
           Gegenwart den topographischen Tat­
           ­                                           Namenskonstrukte wie Prof.-Franz-
                                                       ­
           sachen entspricht. Stadtplaner, Archi-      Spath-Ring, eingeführt 1986, lassen
           tekten, Baugenossenschaften und auch        zwar ­keinen Zweifel an der Identität der
           Bewohner lieben „schöne Namen“. Der         ­betroffenen Person offen, dürften aber
           Wunsch, traditionelle Flurnamen zu           für die Bewohnerinnen und Bewohner
           ­erhalten, ist ein weiteres Motiv bei der    eine Last sein.
            Namensvergabe.
                                                       Mehr als die Hälfte der rund 1700
         Neben dem starken Einzelwillen mäch-          Grazer Straßenamen, also auch der
                                                       ­
         tiger Personen, Lagebezeichnungen zu          Brücken, Plätze, Stege, Kais, Alleen und
         vergeben, und dem Volksmund, der              ­anderem, sind Personen, mitunter auch
         Namen prägt und etabliert, sind es             Familien gewidmet. In Ehrung und/

                                                                                              9

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oder Dankbarkeit ergab sich so die        beschreibung, etwa durch einen Stra-
       Möglichkeit, Hunderte Namensdenk-         ßennamen, wichtig.
       mäler zu errichten. Was in der Ver­       So ist auch das Patent der Herrscherin
       gangenheit die Namen von Heiligen         Maria Theresia aus dem Jahr 1770 zu
       und Herrschern betraf, ist im späten      verstehen, in dem sie die Durchführung
       19. Jahrhundert mehrheitlich zu einem     einer Seelenbeschreibung (Volkszäh-
       männlichen Spiegelbild des neuen          lung) anordnete. Im Laufe der Zeit
       ­Bürgertums geworden. So wurden die       mussten in einer an Einwohnern und
        großen Klassiker der deutschen Litera-   Häusern wachsenden Stadt wie Graz
        tur, aber ebenso die politischen Idole   immer wieder das Straßennetz er­     -
        jener Zeit auch in Graz zu Namens­       weitert und zwischen 1830, 1852 und
        paten für Straßen. Besonders die neuen   1870 auch die Nummerierung dem
        bürgerlichen Wohnviertel in den Bezir-   ­Bestand an Bauobjekten angepasst wer-
        ken St. Leonhard und Geidorf zeigen       den. 1870 wurde das auch in Wien
        dies. Eine andere Namensgeberfamilie      angewandte Winklersche Hausnum-
                                                  ­
        waren die bedeutenden Adelsgeschlech-     mern- und Straßenbeschriftungssystem
        ter der Steiermark. Insgesamt passen      für Graz übernommen.
        Namensträger und die Benennungs­
        generation meist gut zueinander.         Das gründerzeitliche Stadtwachstum
                                                 des 19. Jahrhunderts in Graz führte zu
       Zum Wunsch, durch den Ortsnamen           vielen neuen Straßennamen. 1918 und
       und eine Nummer ein Haus exakt zu         in den ersten Folgejahren wurden­
       definieren, passte eine chronologische    einige für die Monarchie typische Na-
       Reihung nach Erbauungsjahr, wie sie       men geändert. Der Ständestaat von
       zumindest in der jüngeren Vergangen-      1934 bis 1938 schuf sich eine eigene
       heit noch im ländlichen Raum zu fin-      Namens­  kultur. 1938 bis 1945 gab es
       den war. Diese Ordnungskonstruktion       rund 50 Neubenennungen im Zeit-
       mit ihrem verwirrenden Nebeneinan-        geist des Nationalsozialismus.
       der unterschiedlicher Nummern gab
       es auch noch teilweise im 19. Jahrhun-    Auch bedingt durch die Stadterwei­
       dert in Graz. Nachbarn kannten die        terung von 1938 entstanden Mehr­
       Objekte nach Familiennamen, Nut­
       ­                                         fachbezeichnungen. So gab es z. B.
       zungsfunk­tion und Lageeigenheit. Be-     sechs Quergassen und acht Verkehrs­
       sonders für Fremde war aber eine­         flächen, die Ottokar Kernstock gewid-
       exakte Standortdefinition wichtig. Eine   met waren. Auffallend war, dass den
       solche Syste­matik brauchte das Grund-    inner­städtischen Namen der Vorzug
       buch und ähnliche bürokratische Ein-      gegeben wurde. Während in Wirklich-
       richtungen. Auch für die Personen-        keit die typischen Namen des National-
       standsführung, die Steuer und das         sozialismus mit dem Systemwechsel
       Militär war eine Zuordnung mit Num-       1945 verschwanden, wurden diese de
       mer und meist auch mit kurzer Lage­       jure ab 1946 um- oder rückbenannt.

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In diesen Jahren wurden etwas über         derts. Dem absoluten Änderungsbe-
         500 Namen geändert oder neu ver­           darf wurde 1945 nachgekommen, wie
         geben. Mehrfach wurden Listen mit          bereits erwähnt. Wieweit sich durch
         Namensvorschlägen ohne Diskussion
         ­                                          Namensänderungen das Unrecht des
         vom Gemeinderat pauschal angenom-          Zeitgeists der Vergangenheit löschen
         men.                                       lässt, ist eine andere Frage. Beispiele
                                                    dafür wären Martin Luther oder­
                                                    ­
         Erst in den 1990er-Jahren war es           Ludwig Freiherr von Welden, die in
         mög­
         ­     lich, Personen, die nicht zum        Wien und in Graz unterschiedlich
         deutsch-ethnozentrischen Umfeld ge-        ­beurteilt werden. Namens­änderungen
         hörten, durch Straßennamen zu ehren.        sind, so ist zu vermuten, bei der
         Bis auf wenige Ausnahmen wie Henri          Mehrheit der Bewohnerinnen und
                                                     ­
         Dunant oder Fridtjof Nansen ist die         Bewohner nicht sonderlich beliebt
                                                     ­
         ­internationale Prominenz noch immer        und in ihrer Durchführung erstaunlich
          sehr selten im Grazer Straßenverzeich-     teuer.
          nis zu finden. Dies gilt umso mehr für
          Frauen; erst am Beginn des 21. Jahr-      Wichtig ist festzustellen, dass Straßen-
          hunderts wurde das fast vollständige      namen in erster Linie der Orientierung
          Fehlen von weiblichen Namensgebe­         dienen. Sie sind aber auch Namens-
          rinnen kritisch wahrgenommen. Da-         denkmal und können durch ihren
          her kam es ­besonders in den letzten      täg­
                                                    ­  lichen Gebrauch sowohl zur loka-
          20 Jahren zu einigen Neubenennungen       len Identifikation der Bewohnerinnen
          nach Frauen. Allerdings waren Straßen-    und Bewohner beitragen als auch einen
          züge mit bevorzugten Lagebedingun-        Teil der öffentlichen Erinnerung wider-
          gen fast immer schon vergeben. Parallel   spiegeln.
          zur Diskussion um mehr Frauennamen
          lief auch verstärkt die Kritik, dass­
          etliche Namensgeber aufgrund eines
          negativen Teils ihrer Biographie nicht
          mehr eines Straßen­    namens würdig
          wären. Dieser Proble­
          ­                       matik widmete
          sich jene Kommission, die unter dem
          Kürzel EKSN firmiert und im nach­
          folgenden Kapitel dargestellt wird.
          Namensänderungen, also das Löschen
          bestehender Bezeichnungen, werden
          gegenwärtig oft divergierend erörtert.
          Änderungen gab es immer, beson-
          ders bedingt durch den mehrfachen
          Wechsel des politischen Systems in
          der ersten Hälfte des 20. Jahrhun-

                                                                                         11

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EKSN – Die ExpertInnenkommission für Straßennamen Graz, 2017

         In den letzten 20 Jahren kam es ver-         Stefan Karner (Vorsitzender),
         stärkt zu kritischen Diskussionen über       Karin Schmidlechner-Lienhart
         Straßennamen, vor allem über deren               (Stv. Vorsitzende) sowie
         Sinnfälligkeit und besonders über die        Brigitte Bailer-Galander,
         gesellschaftliche Würdigkeit der geehr-      Petra Ernst-Kühr,
         ten Namensgeber. Neuverleihungen             Heimo Halbrainer,
         werden nun nicht mehr einfach nur            Otto Hochreiter,
         durchgewunken, auch die politische           Renate Kicker,
         ­Integrität von Namensträgern wird zu-       Harald Knoll,
          nehmend hinterfragt. Ursache dafür          Karl A. Kubinzky,
          kann auch ein verstärkt sozialkritisches    Martin Moll,
          Bewusstsein der heutigen Zivilgesell-       Gernot Peter Obersteiner,
          schaft sein. Besonders die politische       Alois Ruhri,
          Einstellung der so geehrten Namens­         Erwin A. Schmidl und
          träger in autoritären Staatssystemen (z.    Heinz Schubert.
          B. Nationalsozialismus) wurde zum Ar-       Mitarbeit:
          gument einer kritischen Beurteilung.        Wolfram Dornik,
          In Wien wurde eine Kommission, be-          Lisbeth Matzer,
          stehend aus Historikerinnen und Histo-      Alexandra Kofler,
          rikern (Oliver Rathkolb, Birgit Nemec,      Robert ­Moretti.
          Peter Autengruber, Florian Wennin-
          ger), zur Beurteilung von Straßenna-        Die EKSN hatte den Leumund und die
          men installiert. Dieser Bericht (2013)      Würdigkeit von rund 700 personen­
          diente der Stadt Graz als Vorbild. Einem    bezogenen Grazer Straßennamen zu
          Gemeinderatsbeschluss von 2014 fol-         untersuchen. Die Präsentation des
          gend beauftragte Bürgermeister Sieg-        „Endberichtes der ExpertInnenkom-
          fried Nagl die Einsetzung einer Kom-        mission für Straßennamen Graz“ er-
          mission zur Evaluierung proble­     mati-   folgte im März 2018 im Gemeinde-
          scher Straßennamen (EKSN).                  rat. Der viel­seitige Bericht der EKSN
          Univ.-Prof. Dr. Stefan Karner über-         wurde in e­inem stark verkürzten na-
          nahm 2014 die Betreuung des Grazer          menskritischen Teil (Auszug: „Straßen-
          Projekts. Der EKSN gehörten – aus           namen mit Diskussionsbedarf “) im
          ­divergenten politischen Ideologien und     März 2018 veröffentlicht:
           historischen Disziplinen fachlich weit     https://www.graz.at/cms/beitrag/
           gestreut – folgende Personen an:           10311253/8106610 (14. 8. 2018).

                                                                                         13

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Die Namensgeber der folgenden           Dr.-Hanisch-Weg,
       20 Straßennamen wurden durch die        Dr.-Hans-Spitzy-Platzl,
       EKSN als „SEHR problematisch“ be­       Dr.-Karl-Böhm-Allee,
       urteilt:                                Dr.-Lemisch-Straße,
       Alfred-Coßmann-Gasse,                   Einspinnergasse,
       Ambrosigasse,                           Ekkehard-Hauer-Straße,
       Conrad-von-Hötzendorf-Straße,           Emil-Ertl-Gasse,
       Dr.-Hans-Kloepfer-Straße,               Ernst-Haeckel-Straße,
       Dr.-Karl-Lueger-Straße,                 Felix-Dahn-Platz,
       Dr.-Muck-Anlage,                        Franz-Nabl-Weg,
       Dr.-Robert-Graf-Straße,                 Franz-Steiner-Gasse,
       Etrichgasse,                            Ginzkeygasse,
       Gustav-Hofer-Weg,                       Gleispachgasse,
       Jahngasse,                              Gorbachplatz,
       Jaritzweg,                              Hans-Dolf-Weg,
       Kernstockgasse,                         Hans-Mauracher-Straße,
       Leo-Scheu-Gasse,                        Hans-Riehl-Gasse,
       Luigi-Kasimir-Gasse,                    Herbert-Boeckl-Gasse,
       Max-Mell-Allee,                         Hermann-Löns-Gasse,
       Nernstgasse,                            Hutteggerstraße,
       Pambergergasse,                         Josef-Posch-Straße,
       Pfitznergasse,                          Karl-Frisch-Gasse,
       Rudolf-List-Gasse,                      Karl-Schönherr-Gasse,
       Walter-Semetkowski-Weg.                 Koßgasse,
                                               Lois-Steiner-Weg,
       Die folgenden 62 Namensgeber bzw.       Luthergasse,
       ihre Biographien wurden durch die       Matthias-Scheiner-Weg,
       EKSN als „problematisch“ eingestuft:    Monsbergergasse,
       Abraham-a-Santa-Clara-Gasse,            Müller-Guttenbrunn-Weg,
       Alexander-Rollett-Weg,                  Pauluzzigasse,
       Alpassy-Pastirk-Gasse,                  Pfrimerweg,
       Ampfererweg,                            Pommergasse,
       Anselm-Franz-Gasse,                     Porscheweg,
       Anzengrubergasse,                       Reinitzerweg,
       Arndtgasse,                             Richard-Strauss-Gasse,
       Baden-Powell-Allee,                     Richard-Wagner-Gasse,
       Billrothgasse,                          Rudolf-Hans-Bartsch-Straße,
       Brehmstraße,                            Schauensteingasse,
       Dolezalgasse,                           Schirrmanngasse,
       Dr.-Anton-Weg,                          Stelzhamerweg,
       Dr.-Eckener-Straße,                     Trenkgasse,

       14

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Uhlirzgasse,                               losen Ignorieren reicht die Beurteilung.
         Wagner-Jauregg-Straße,                     Da die Entscheidungen über Straßen­
         Walter-Flex-Weg,                           namen einzig dem Gemeinderat zuste-
         Wastiangasse,                              hen, war die Arbeit der EKSN Ende
         Weißweg,                                   2017 beendet.
         Widowitzgasse,                             Es gab Vorschläge, die problematischen
         Wilhelm-Gösser-Gasse,                      Namensträger durch Zusatztafeln in
         Wilhelm-Raabe-Gasse:                       ihrer Bedeutung und Würde kritisch
                                                    ­
         https://www.graz.at/cms/beitrag/           zu interpretieren; oder die Ersetzung
         10311253/8106610 (14. 8. 2018).            problematischer Straßennamen durch
                                                    „neutrale“; oder eine partizipative Bür-
         Eine objektive Sichtung der Biogra­        gerbefragung mit den Bewohnerinnen
         phien war unmöglich, daher gab es          und Bewohnern von Straßen, deren Na-
         auch innerhalb der Kommission kriti-       mensgeber durch die EKSN kritisiert
         sche Diskussionen über die Beurtei­        worden waren. Eine weitere Möglich-
         lungen. So ist auch nicht auszuschlie-     keit, die Texte der EKSN mit den be­
         ßen, dass in einzelnen Fällen die          troffenen Straßennamen im öffent­
         Evaluierungen entweder zu hart oder        lichen Raum zu verbinden, ist eine
         zu nachgiebig ausgefallen sind. Wie        entsprechende App.
         schwer wiegen die positiven und ne­        Die vorliegende vierte Auflage der
         gativen Details der Biographien? Wie       „Grazer Straßennamen“ zitiert zu allen
         sehr muss auf den jeweiligen Zeitgeist     Namen, die von der EKSN als bedenk-
         Rücksicht genommen werden? Jeden-          lich eingestuft wurden, die jeweilige
         falls war die EKSN abschließend um         Kurzfassung des Kommissionstextes.
         einheitliche, als korrekt zu bezeichnen-   Diese ist gekennzeichnet mit:
         de Beurteilungen bemüht. Über die
         Konsequenzen dieser Wertungen müs-         EKSN
         sen die Kommunalpolitiker entschei-        und mit einem Stern *
         den. Die öffentliche Meinung zu den           für bedenklich,
         Daten der EKSN ist widersprüchlich.        und mit zwei Sternen **
         Vom Umbenennen bis zum folgen-                für sehr bedenklich.

                                                                                         15

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Zum Gebrauch

       Die Grazer Stadtbezirke1

            I         Innere Stadt          PLZ 8010
           II         St. Leonhard          PLZ 8010, 8016
          III         Geidorf               PLZ 8010, 8013, 8015, 8036
         IV           Lend                  PLZ 8020, 8051
           V          Gries                 PLZ 8020, 8053, 8055
         VI           Jakomini              PLZ 8010, 8041, 8042
        VII           Liebenau              PLZ 8041, 8042, 8047
       VIII           St. Peter             PLZ 8010, 8041, 8042
          IX          Waltendorf            PLZ 8010, 8042, 8043, 8047
           X          Ries                  PLZ 8010, 8044, 8047
          XI          Mariatrost            PLZ 8043, 8044
         XII          Andritz               PLZ 8010, 8042, 8043, 8044, 8045, 8046, 8054
        XIII          Gösting               PLZ 8045, 8051, 8055
        XIV           Eggenberg             PLZ 8020, 8051, 8052, 8053
         XV           Wetzelsdorf           PLZ 8052
        XVI           Straßgang             PLZ 8020, 8053, 8054, 8055
       XVII           Puntigam              PLZ 8020, 8055, 8073

       Die Schreibung der Straßennamen                       menstradition, teilweise aus nicht ein-
       folgt dem offiziellen Straßenverzeich-                sichtigen Motiven.
       nis der Stadt Graz (Stadtvermessungs-                 Die aktuellen Richtlinien für Straßen-
       amt, Dezember 2017). Den Grundsät-                    benennungen (2017) wurden dem vor-
       zen der Wiener Nomenklaturkommis-                     liegenden Buch als Anhang beigefügt.
       sion (siehe Anhang) folgend, wurden                   In manchen Fällen war das Jahr der
       hier die Bindestriche gesetzt. Allerdings             Vergabe des Namens nicht feststellbar.
       wurde durch die Stadtverwaltung weder                 Auch bestanden viele Namen schon in-
       dieser Bindestrichregel noch der Regel                formell vor dem offiziellen Gemeinde-
       über Trennung und Zusammenschrei-                     ratsbeschluss. Beim Jahr der Namens-
       bung in jedem Fall konsequent gefolgt.                vergabe ist auch zu beachten, dass bei
       Dies teilweise aus Gründen der Na-                    Änderungen der Grundstückszuwei-

       1
           https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stadtbezirke_von_Graz (20. 8. 2018).

       16

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sungen die Namen meist neuerlich ver-         hen, werden wie einfache Einträge
         geben wurden, also das Jahr der Letzt-        behandelt (Beispiel: Am Blumenhang
         vergabe irreführend sein kann. Für die        – Ambrosigasse – Am Bründlbach).
         älteren Straßennamen der ersten sechs         Ausnahmen bilden jene Straßennamen,
         Bezirke wurden die Vergabejahre meist         die mit Dr. bzw. St. beginnen, um ein
         aus der Veröffentlichung von Arbeiter         leichteres Auffinden zu ermöglichen.
         und Gadolla (1912) übernommen.
         Die Anordnung der Straßennamen er-            Die Reihenfolge der Bezeichnungen
         folgt alphabetisch. Die Umlaute ä, ö, ü,      gibt folgende Informationen an:
         äu werden wie die nicht umgelauteten          Straßenname; Bezirk in römischen
         Vokale a, o, u, au behandelt. Der Buch-       Zahlen; Straße führt von … bis …; das
         stabe ß wird wie ss eingeordnet. Ein­         Jahr der offiziellen Namensvergabe;
         träge, die aus mehreren Wörtern beste-        Postleitzahl (PLZ).

                                                  BEISPIEL:
                   Burgring
                   I (Erzherzog-Johann-Allee – Opernring), 1870, PLZ 8010.

             Bezirk                      von … bis …                      Postleitzahl
                                                          Jahr der
                                                         offiziellen
                                                        Benennung

                                                                                         17

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A
         Abraham-a-Santa-Clara-Gasse*                   Nationalgarde. In Leoben arbeitete er
          I (Bürgergasse – Glockenspielplatz),          als Stadtmusikdirektor und trug den
          1935, PLZ 8010.                               ­Titel eines Türmermeisters. Besondere
                                                         Verdienste erwarb er sich um die Pflege
          Früher auch oberes Bürgergassel, Kirchen­
                                                         und Verbreitung der steirischen Volks-
          gassl, Glockenspielgasse, Fliegengasse ge-
                                                         musik.
          nannt. Alter Gassenzug; beim Glocken-
          spielhaus (Nr. 4) verlief die mittel­alter-
                                                        Abstallerstraße
         liche Stadtmauer. In diesem Bereich
         ­befand sich vermutlich ein Tor, durch         XV (Frühlingstraße – Peter-Rosegger-
          das man zur außerhalb der Stadt-              Straße, im Bereich Bahnstraße nur
          mauern ­gelegenen Ägydiuskirche (Dom-         Fußweg), 1930er-Jahre, PLZ 8053, 8052.
          kirche) gelangte. 1935 in Abraham-a-          Das Abstaller Feld – am rechten Mur­
          Santa-Clara-Gasse umbenannt. Abra-            ufer westlich von Radkersburg gelegen
          ham a Santa Clara, eigentlich Johann          – befindet sich seit 1919 (endgültig 1920,
          Ulrich Megerle (1644 Kreenheinstet-
          ­                                             Friede von St. Germain) im Ausland
          ten bei Meßkirch/Deutschland – 1709           (nun Apaĉe in Slowenien). Wegen seiner
          Wien), wortgewaltiger Buß- und Hof-           damals überwiegend deutschsprachigen
          prediger der Barockzeit, Kanzelreden:         Bevölkerung hoffte man vergebens, die-
          Mercks, Wienn!, Auff, auff Ihr Christen!      ses Gebiet bei der Teilung des ehema­
          Santa Clara war nach 1680 Augustiner-         ligen Kronlandes Steiermark als einen
          Bar­füßer-Mönch im Kloster St. Anna am        Teil der Steiermark erhalten zu können.
          Münzgraben in Graz und machte sich als
          Prior um die Errichtung von Kirche und        Ackergasse
          Kloster verdient.                             VI (Neufeldweg – Schwarzenberggasse),
          * EKSN: Polemisierte gegen Frauen,          1930, PLZ 8010.
            Juden und Türken.                           Bei den Vorarbeiten zu einem Hausbau
                                                        bestand 1930 die Notwendigkeit, den
         Absengerstraße                                 kurzen Weg im damals agrarischen
         XIV (Eggenberger Allee – Burgenland-           Umfeld offiziell zu benennen.
         straße, mit Unterbrechung), um 1905,
         PLZ 8020, 8052.                                Adalbert-Stifter-Gasse
         Anton Absenger (1820 Kirchbach –               V (Feldgasse – Kapellenstraße, nahe
         1899 Graz) wirkte als Musiker, Kompo-          der Kapellenstraße nur Fußweg), 1935,
         nist von Volksmusik (u. a. ’s Kohlröserl)      PLZ 8020.
         und Kapellmeister. In Graz leitete er die      Der Dichter, Maler und Pädagoge Adal-
         Streichmusik des Bürgerkorps und der           bert Stifter (1805 Oberplan – 1868 Linz)

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Abstallerstraße: Der Markt Abstall (1902).

       wirkte u. a. als Schulrat (Landesschulin-    Gries eine Adlergasse, die dann den
       spektor) in Linz. Sein literarisches Werk    ­Namen Fasangartengasse erhielt (siehe
       ist gekennzeichnet von einer das Stille       dort). Die Rückbenennung in Adler­
       und Schlichte betonenden Erzählkunst,         gasse erfolgte 1947 gleichzeitig mit
       die er einem sanften Gesetz unterstellte.     84 Neu- und Umbenennungen. Spuren,
       Er schilderte bevorzugt seine böh­            die zu einer Namenserklärung über
       mische Heimat. Besonders bekannt              Adler-Motoren, Paul Adler oder zur
                                                     ­
       wurden Der Hochwald (1842), Der               Adlermühle führen, waren letztlich
       Nachsommer (3 Bde., 1857) und Witiko          nicht überzeugend.
       (3 Bde., 1865–1867). 1857 übernachtete
       Stifter auf der Fahrt nach Triest im         Admonter Gasse
       ­Hotel Zum Goldenen Ross in der Maria-       I (Sackstraße – Badgasse), 1870,
        hilferstraße Nr. 7 in Graz.                 PLZ 8010.
                                                    1674 bereits als Badt oder Admundt
       Adlergasse                                   Gäßl bezeichnet. 1870 benannt nach
       XVII (Hafnerstraße – Spitzäckerweg),         dem Admonterhof (ehemaliges Stadt­
       1947, PLZ 8055.                              palais des Stiftes Admont), dessen Re­
       Zuvor Johann-Höbel-Gasse. 1894 bis           naissancefront gegen die Mur noch er-
       1940 existierte im Süden des Bezirks         halten ist. Der ursprüngliche Haupt­ -

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eingang befand sich am Südost-Tor             milie) hervorging. Das Öster­reichische
         (Badgasse Nr. 5), wo heute noch das           Kolpingwerk besitzt hier die Häuser
         Abtwappen Valentin Abels (1558) zu            Nr. 4 bis 6 und betreibt verschiedene
         sehen ist. Bis 1912 bestehende, zum           Sozialeinrichtungen wie ein Jugend­
         Eingangsportal des Admonterhofs füh-          wohnheim.
         rende Gasse. Beim Neubau des Groß-
         kaufhauses Kastner & Öhler als Passage        Afritschgasse
         integriert. Namenslöschung 1983.              IV (Volksgartenstraße über Marschall-
                                                       gasse gegen Osten), 1947, PLZ 8020.
         Adolf-Kolping-Gasse                           Zuvor Auenbruggergasse. Anton Af-
         VI (Conrad-von-Hötzendorf-Straße –            ritsch (1873 Klagenfurt – 1924 Graz)
         Schönaugasse), 1935, PLZ 8010.                gründete 1908 den Arbeiterverein Kin-
         Zuvor Teil der Pfeifengasse. Der katho-       derfreunde und initiierte damit eine
         lische Priester Adolf Kolping (1813           ­humanitäre Organisation, die bis in die
         ­Kerpen bei Köln – 1865 Köln) bemühte          Gegenwart wirkt. Afritsch war auch als
          sich um die religiöse und fachliche E
                                              ­ r-      sozialdemokratischer Gemeinderat und
          ziehung des Handwerkerstands und              Stadtrat in Graz in den Jahren nach dem
          gründete 1846 einen Gesellenverein, aus       Ersten Weltkrieg aktiv und bemühte
          dem die Organisation katholischer Ge-         sich in der Kommunalpolitik besonders
          sellenvereine (Kolpingwerk, Kolpingfa-        um die Jugendwohlfahrt.

         Adolf-Kolping-Gasse: Castellhof (Nr. 14, Abbruch 2010).

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