Grenzen und Möglichkeiten einer Deutung der Merseburger Zauber-sprüche

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Grenzen und Möglichkeiten einer Deutung der Merseburger Zauber-sprüche
Zusammenfassungen zu den Vorträgen der Tagung
"Symposium für Archäoastronomie 2013"
Stand 14.08.2013

Grenzen und Möglichkeiten einer Deutung der Merseburger Zauber-sprüche
Wolfgang Beck, Friedrich-Schiller-Universität Jena

Die Merseburger Zaubersprüche zählen zu den prominentesten Texten des frühen Mittelalters.
Neben der philologischen Erforschung und Deutung dieser beiden Zaubersprüche hat es immer
auch Versuche gegeben, die Texte in einem interdisziplinären Zugriff zu deuten und sie als
Manifestation bestimmter Diskurse zu vereinnahmen. Diese Versuche sind nicht selten
voraussetzungsreich und spekulativ. Anhand einiger populärwissenschaftlicher Thesen aus den
Bereichen der Mythologie, der Rechtsgeschichte und der Astronomie sollen die Grenzen und
Möglichkeiten einer Deutung der Merseburger Zaubersprüche ausgelotet werden.
(Foto: Kulturhistorisches Museum Merseburg)

Der „zweite Merseburger Zauberspruch“ als Astralsage
Ralf Koneckis-Bienas, Dortmund

„Phol und W(u)odan fuhren (ritten) zum Holze (Wald)
Da ward Balders Fohlen sein Fuß verrenkt …
Bein zu Beine, Blutader zu Blutader
Glied zu Glieder (zu heilen sei) als seien sie geleimt.“

Der zweite Merseburger Zauberspruch handelt von Phol, Wodan und Balder, die in einen Wald
ritten. Balders Pferd verrenket sich ein Bein. Es wurde mit magischen Worten wieder geheilt.
Ein unbekannter Chronist hatte die Zeilen im 9.oder 10. Jahrhundert aufgeschrieben. Bereits die
Brüder Grimm deuteten Balder als Sonnensinnbild. Darauf aufbauend läßt sich der Merkspruch
für den Gläubigen und Himmelskundigen als Astralsage aufzeigen. Phol, gedeutet als ein
Venussinnbild, ist das Pferd von Balder. Mit auf diese Reise geht Wodan (Merkur). Merkur und
Venus reiten ein Stück gemeinsam von der untergehenden Sonne fort. Der Astronom spricht von
„östlicher Elongation“. Als innere Planeten können sie sich aber nicht all zu weit von der Sonne
weg bewegen. Die Sonne hält ihr „Venuspferdchen“ immer am Zügel. Plötzlich scheut das
Himmelspferd und bleibt ruckartig stehen, was als Beinverrenkung („benrenki“) aufgefaßt wird.
Der Astronom spricht vom „Stillstand der Venus“. Erst nach Heilung des Beins kann das
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Venuspferd wieder zuzurücklaufen. Die Venus als Pferd der Sonne ist in zahlreichen Märchen
und Mythen Europas belegbar. Hinzu kommen zahlreiche Felsbilder aus der nordischen
Bronzezeit, die zeigen, daß die Astralsage den Menschen Jahrtausende lang geläufig war.

Abbildung: Der zweite Merseburger Zauberspruch läßt sich mit nordischen Felsbildern der
Bronzezeit vergleichen: Zeichnung oben: Die Sonne wird vom Venuspferd gezogen. Die
glänzende Mähne entspricht der Darstellung der „östlichen Elongation“. Die zweite Zeichnung
deutet das ruckartige Scheuen des Pferdes an, das sich wie das Merseburger ebenfalls das Bein
verrenkt zu haben scheint. In der dritten Zeichnung hat das Pferd vier Beine und vier Streifen.
Die vierte Zeichnung zeigt eine Mähne, die nur aus zwei Strichen besteht (Abbildungen aus: F.
Kaul: Der Sonnenwagen von Trundholm, in H. Meller (Hrsg.): Der geschmiedete Himmel, Halle
2004).

Das Rondell Pömmelte-Zackmünde – Ein Ritualort des späten 3. Jt. v. Chr. in
Mitteldeutschland
André Spatzier, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Das in der Nähe von Schönebeck, Salzlandkreis, gelegene Rondell von Pömmelte-Zackmünde
gehört zu den bedeutendsten Neuentdeckungen der letzten Jahre für die Zeit des ausgehenden
Neolithikums und der frühesten Bronzezeit in Mitteleuropa. Die während der Ausgrabungen in
den Jahren 2005-2008 entdeckten Befundsituationen und Funde lassen in ihm eines der seltenen
Heiligtümer jenes Zeitraums erkennen. Hierfür spricht nicht nur die besondere, an der Kreisform
orientierte Architektur mit dem komplexen Aufbau aus mehreren konzentrischen Ringen. Dies
zeigen ebenso die rituellen Deponierungen im Bereich der Anlage, deren außerordentliche
Häufung einzigartig für das 3. Jt. v. Chr. ist. Von entscheidender Wichtigkeit sind 29
schachtartige Vertiefungen, in die mannigfaltige Objekte zu verschiedenen Zeitpunkten
absichtlich eingebracht worden waren. Die Zusammensetzung des Spektrums der deponierten
Objekte und die Art und Weise der Niederlegungen bezeugen die Nutzung des ringförmigen
Monumentalbaus als Ort zur Durchführung ritueller Handlungen und Performance. Diese
fanden, wie die Ausrichtung der Hauptzugänge zum Inneren der Anlage nahe legt, unter anderem
zu bestimmten Zeitpunkten im Verlauf des durch den Wechsel von Frühling, Sommer, Herbst
und Winter geprägten Jahreszyklus statt. Ferner weist auch die Verteilung der während der
Grabungen geborgenen Funde darauf hin, das bestimmte Bereiche des Rondells mit spezifischen
Vorstellungen verbunden waren. Neben der vermutlich am Sonnenlauf orientierten Ausrichtung
der Hauptzugänge äußert sich dieser Sachverhalt des Weiteren durch die Lokalisierung
„regulärer“ Bestattungen ausschließlich in der östlichen Hälfte der Kreisanlage.
Interessanterweise handelt es sich bei den bestatteten Individuen ausschließlich um junge
Männer, die vermutlich einen besonderen sozialen Status innehatten. Zu den zuvor genannten
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Deponierungen gehören weitere menschliche Skelette und Skelettteile, die jedoch ausschließlich
von Kindern, Jugendlichen und weiblichen Individuen stammen. Zusammen mit dem
hierarchisch gestaffelten Aufbau des Rondells in verschiedene Zonen liefern die Menschenfunde
Anhaltspunkte, dass das Ringmonument neben rituell-performativen auch gesellschaftlich
regulierende Funktionen besaß.
Aus einer integrativen Zusammenschau der in den letzten Jahren erkannten Indizienlage wird es
möglich, das Rondell von Pömmelte-Zackmünde als ikonisches, eventuell ein komplexes
Weltbild repräsentierendes Bauwerk zu interpretieren, dem die Bedeutung eines unter
Umständen als Garant angesehenen Heiligtums zukam.

Zur Astronomie der Rondellanlage Pömmelte-Zackmünde
Mechthild Meinike, Planetarium Merseburg

Im Zeitraum 2005-2008 wurde südöstlich von Magdeburg eine komplexe archäologische
Fundstelle ausgegraben. Eine große Kreisgrabenanlage, mehrere Häuser, Grabanlagen sowie
interessante Stein- und Keramikfunde lassen auf einen zentralen rituellen Ort, der über längere
Zeit genutzt wurde, schließen. Mittels der Fundkomplexe und 14C-Daten ließ sich der Nachweis
führen, dass die Schnurkeramiker, die Glockenbecherleuchte und die Aunjetitzer Kultur (2800-
1600 v. Ch.) das Areal in der Nähe der heutigen Dörfer Pömmelte und Zackmünde nutzten. Nach
den Wiedererrichtung der Kreisgrabenanlage in Goseck als Sonnenobservatorium stellte sich die
spannende Frage, ob die Graben- und Grubenstrukturen mit 3-fachem ringförmige Woodhenge
eine astronomische Bedeutung hatte. Auch die umgebende Topographie wurde in die
Untersuchungen mit eingezogen.

Der Himmel über dem Erdwerk Salzmünde – Archäologie und Astronomie
eines Doppelgrabenwerkes
Mechthild Meinike, Planetarium Merseburg

Aus dem Ende 2007 geschlossenen Grabungsfeld bei Salzmünde-Schiebzig brachten die
Archäologen mehr als 100.000 Einzelfunde ans Licht. Verschiedene Siedlungsspuren stammen
aus der Zeit der Stichbandkeramik (4900 v. Ch.), der Bernburger (3000 v. Ch.) und Aunjetitzer
Kultur (1900 v. Ch.) bis ins Hochmittelalter. Als Bestattungsplatz diente das Areal um 3800 v.
Ch. zur Zeit der Baalberger Kultur und der Schnurkeramik (2400 v. Ch.). Es wurden
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Grubenreihen der späten Bronzezeit/frühen Eisenzeit (800 v. Ch.)und Brandgräber der Latené-
Zeit ausgegraben. Neben über 300 Gräbern aus allen Zeiten wurden auch zahlreiche Tierskelette
gefunden. Aus der Zeit der Salzmünder Kultur wurden u. a. Schädeldeponierungen,
Körpergräber und ein Doppelgrabensystem freigelegt. Die Archäologen forschen über den
Zweck dieser großen Anlage, da viele Funde rätselhaft erscheinen.
Am Beispiel des Erdwerkes Salzmünde sollen die archäoastronomischen Methoden und die
Möglichkeiten bei der Interpretation erläutert werden.

Von Ägypten nach Merseburg: Steinerne Sonnenuhren und Kultur-transport
Peter Lindner, Planetarium Hoyerswerda

Sonnenuhren als Zeitmessinstrumente in unterschiedlichen Ausführungen lassen sich im alten
Ägypten finden. Die Uhren haben in einem zyklischen Zeitverständnis einen hohen Stellenwert.
Um 1500 v. Ch. treten neben verschiedenartig gestalteten Wasseruhren auch drei Typen von
Sonnenuhren auf. Die linealförmige Sonnenuhr wird zur Sonnenuhr mit treppenartigen
Auffangflächen oder zu Streiflichtsonnenuhr weiter entwickelt. Doch diese Entwicklungen
verlieren sich im Lauf der Geschichte, während die Sonnenuhr mit senkrechtem Schattenstab
(Gnomon) und waagerechter Auffangfläche von den Griechen und Römern übernommen wird.
(Lit.: Daniela Wuensch, Klaus P. Sommer Reprint "Ludwig Borchardt - Die altägyptische
Zeitmessung", Termessos, 2013, S. 31-39, Foto: „Berliner Instrumente“ Ägyptisches Museum
Berlin)

Lichtmess in Spergau und die Astronomie – über den Umgang mit der
Geschichte am Beispiel der Region Rössen-Spergau
Jürgen Jankofsky/Schüler-AG des Planetariums Merseburg

Lichtmess am ersten Sonntag im Februar ist ein Termin, der in der Region Rössen-Spergau nicht
vergessen wird. Ob Erbsbär, Schwarzmacher oder Vogelmenschen, die streng hierarchisch
gegliederte Lichtmessgesellschaft folgt genau festgelegten Ritualen, die z. T. fremdartig
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anmuten. Die ältesten Nachweise der Spergauer Lichtmess sind aus dem 17. Jahrhundert
überliefert. Seit der mittleren Jungsteinzeit ist die Gegend besiedelt. Lassen sich Indizien für
astronomische Bezüge zu diesem großartigen Volksfest und archäologischen Fundstellen in der
Region finden? Die Rössener Kultur hat noch heute deutlich sichtbare Spuren hinterlassen.

Jugendarbeit der Fachgruppe "Archäoastronomie" in der Sternwarte
Sohland/Spree
Dr. Hilmar Hensel, Sternwarte Sohland

Im Jahr 2006 wurde an verschiedenen legendenumwobenen Felsen der Oberlausitz ein
Sonnenbeobachtungsphänomen entdeckt. Sichtöffnungen bieten die Möglichkeit kalendarischer
Sonnenbeobachtungen zur Bestimmung der Sonnenwenden und Tagundnachtgleichen. Es kam
zu der Überlegung, dass es sich bei den Sichtöffnungen zum Teil um das gezielte Werk des
Menschen handeln könnte. Im Jahr 2007 gründete die Sternwarte „Bruno-H.-Bürgel“
Sohland/Spree zur Erforschung des Sonnenbeobachtungsphänomens die Fachgruppe
Archäoastronomie. Um möglichst viele Verdachtsobjekte beobachten zu können und schnell
auswertbare Ergebnisse zu erhalten wurde bei Schülern des Immanuel-Kant-Gymnasiums
Wilthen um Mithilfe geworben. Die Resonanz war hoch. Es bildeten sich vier Schülergruppen
mit 4-6 Schülern, die sechs Objekte zur Wintersonnenwende 2007 aufsuchen und das Erscheinen
der Sonne in den jeweiligen Sichtöffnungen fotografisch Dokumentieren wollten. Die Schüler
wurden für die Beobachtungszeit von der Schule freigestellt. Die Aktion wurde zu einem Erfolg.
Alle waren begeisterte. Seither ist es Tradition, dass alljährlich Schülergruppen in der Sternwarte
archäoastronomische Forschungsaufgaben erfüllen. Sie vermessen und fotografieren Objekte,
informieren sich über das Funktionsprinzip kalendarische Sonnenbeobachtungen, fertigen
Dokumentationen an, bauen Modelle und halten Vorträge über ihre Ergebnisse in der Sternwarte
Sohland. Eine Schülerin des Sorbischen Gymnasiums Bautzen erarbeitet über einen Zeitraum
von 2 Jahren zum Thema Sonnenheiligtümer der Oberlausitz auch einen Videobeitrag. Im
Frühjahr 2012 öffnete die Sächsische Landesgartenschau in Löbau. Ein Bereich des
Gartenschaugeländes wurde zu einem grünen Klassenzimmer umgestaltet. Im Rahmen dieses
Klassenzimmerkonzeptes erhielt die Fachgruppe Archäoastronomie der Sternwarte Sohland die
Möglichkeit eine kleine archäoastronomische Steingartenanlage zu konzipieren und eine
Minibaustelle für „Sonnenheiligtümer“ einzurichten. Zum Rahmenprogramm der Gartenschau
gehörten auch 10 Vorträge der Fachgruppe Archäoastronomie zum Thema „Sonnenheiligtümer
der Oberlausitz“ vor Schulklassen. Seit Februar 2013 läuft in der Sternwarte ein
Jugendprogramm, welches von der Fachgruppe Archäoastronomie initiiert wurde und unter
anderem auch archäoastronomische Themen beinhaltet. Das Jugendprogramm trägt den Titel
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„Über Grenzen zu den Sternen auf der Suche nach dem Stein der Weisen“. Teilnehmer sind
Schüler aus Tschechien und Deutschland. Es wird finanziert durch den Europäischen
Sozialfonds für regionale Entwicklung.
Quellen: Chronik der Sternwarte „Bruno-H.-Bürgel“ Sohland/Spree e.V.; Ralf Herold
„Sonnenheiligtümer der Oberlausitz – Der Geldkeller auf dem Löbauer Berg und sein wahrer
Schatz“; Programm der Sächsischen Landesgartenschau Löbau 2012, Sächsische Zeitung vom
28.05.2012 „Himmelsscheibe aus Lausitzer Granit“ und vom 12.07.2012„Sonnensucher“;
„Rozhlad“, sorbischen Kulturzeitschrift vom 14.05.2012 „Was vielleicht die alten Sorben noch
wussten“

Archäologie mit dem Multicopter – Fliegen mit Digitalkamera und
Fernsteuerung
Workshop mit dem Modellflugclub Merseburg

Praktische Hinweise und Hilfestellungen für den Einsatz eines Multicopters geben Mitglieder
des Modellflugclubs Merseburg. Das Fliegen mit Digitalkamera und Fernsteuerung findet heute
breite Anwendungsmöglichkeiten in Wissenschaft und Technik. Auch Archäologen nutzen die
fliegenden Kameraaugen. Senkrecht und schräg aufgenommene Fotos und Videos vom zu
untersuchenden Gelände liefern neue Perspektiven.

angefragt:
SHS-Spezialhelikopter-Service Halle

Die Plejaden – das Siebengestirn in Himmelsmechanik, Kulturgeschichte und
aktueller Forschung
Ingo Hohler, Planetarium Merseburg

Eine Reise durch die Geschichte der Beobachtung des berühmten Sternhaufens zeigt die
vielfältigen Sichtweisen zu unterschiedlichen Zeiten in verschiedenen Kulturen. Um das
Siebengestirn ranken sich eine große Zahl Geschichten und bildlicher Darstellungen, die in
dieser Vorführung vorgestellt werden. Warum hatte das Siebengestirn am Himmel für die
Menschen früherer Zeiten eine so besondere Bedeutung? Lässt sich die Bedeutung
möglicherweise durch die Position des Sternhaufens am Firmament und durch
himmelsmechanische Vorgänge erklären? Ein anderes, aber ebenso faszinierendes Bild dieser
besonderen Sterne zeigen die neuesten Forschungsergebnisse.
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Archäologie aus dem Weltall mit dem Satelliten TerraSAR-X
Roland Linck, Bayrisches Landesamt für Denkmalpflege

Für eine Untersuchung großflächiger archäologischer Stätten bietet sich neben den
bodenbasierten geophysikalischen Verfahren auch eine satellitengestützte Fernerkundung an.
Während optische Satellitenfotos bereits seit einigen Jahrzehnten sehr vielversprechend
eingesetzt werden, war beim Satellitenradar bisher die geringe Auflösung der Sensoren ein
limitierender Faktor. Seit 2007 ist jedoch mit TerraSAR-X ein sehr leistungsfähiger Satellit in
Einsatz, mit dem auch Archäologie aus dem Weltall beobachtet werden kann. Dies stellt einen
wesentlichen Meilenstein in der satellitenbasierten archäologischen Prospektion dar. Denn nun
stehen neben den hoch aufgelösten optischen Aufnahmen durch QuickBird und WorldView-2
mit bis zu 0,5 m Auflösung auch Radaraufnahmen aus dem All mit bis zu 1 m Auflösung zur
Verfügung. Damit lassen sich selbst kleinste lineare archäologische Befunde am Boden aus dem
Weltraum detektieren.
Im Rahmen dieses Vortrags werden das Potential und die Verwendungsmöglichkeiten von
TerraSAR-X und optischen Satellitenaufnahmen zur Identifizierung und Beobachtung von ober-
und untertägigen archäologischen Stätten weltweit dargestellt. Zur Verifizierung der Resultate
erfolgt jeweils ein Vergleich mit den Ergebnissen der dort durchgeführten bodenbasierten
geophysikalischen Verfahren. Ein Hauptaugenmerk liegt dabei auf den weltbekannten UNESCO
Weltkulturerbestätten in Uruk (Irak) und Palmyra (Syrien). Beide stellen hervorragende
Beispiele dafür dar, wie eine archäologische Feldforschung trotz unstabiler politischer
Bedingungen mit Hilfe von satellitengestützter Fernerkundung fortgeführt werden kann. Des
Weiteren werden Denkmäler unterschiedlichster Zeitstellung vom Neolithikum bis ins
Mittelalter z. B. aus Deutschland, Russland, Syrien, Jordanien und Italien vorgestellt.
Grenzen und Möglichkeiten einer Deutung der Merseburger Zauber-sprüche
Sternenhimmelvorführung "Sternhagelvoll – die Sterne des Bacchus"
Mechthild Meinike, Planetarium Merseburg
Manche Sternbilder haben in den überlieferten Geschichten etwas mit verschiedenen geistigen
Getränken zu tun. Im himmlischen Olymp ging es durchaus fröhlich zu. Am Sternenhimmel
haben sich die Menschen kalendarisch für Tätigkeiten im Weinanbau zeitlich orientiert. Noch
heute kündet eine Stern namens "Die Weinleserin" davon. Auch spielt das Siebengestirn in
diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle. Die aktuelle Forschung widmet sich der
Untersuchung von "Alkohol im Kosmos". Auch in der Raumfahrt wird Alkohol in
unterschiedlicher Form verwendet.

Zwischen Buntsandstein und Himmelszelt – Geologische Besonderheiten der
Fundregion um Sonnenobservatorium und Himmelsscheibe
Gregor Borg, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Die Fundplätze der bronzezeitlichen Himmelsscheibe von Nebra sowie des jungsteinzeitlichen
Sonnenobservatoriums von Goseck liegen eingebettet in naturräumliche Landschaften, die
maßgeblich von der regionalen, insbesondere aber von der lokalen Geologie geprägt sind. Dabei
sollten diese beiden, in ihrer archäologischen Bedeutung besonders herausragenden Funde auch
im Kontext des reichen Fundinventars der Umgebung beider Orte betrachtet werden. Die Region
entlang der Unstrut ist u. a. von mehreren großen prähistorischen Gräberfeldern geprägt, so dem
Hügelgräberfeld oberhalb des Steilhangs (der sogenannten Steinklöbe) der Unstrut, nordwestlich
von Nebra, sowie der großen Vielzahl von Schachtgräbern im Sander von Steigra. Die
Umgebung dieser Fundkomplexe wurde im Rahmen geoarchäologischer Begleitforschung
geologisch, petrologisch, geomorphologisch und geographisch untersucht, um so Hinweise
darauf zu finden, ob und welche Rolle der Naturraum für die Ortsauswahl gespielt hat. Die das
Gebiet unterlagernde Geologie der Region wird überwiegend von Gesteinen des Buntsandsteins
sowie des Muschelkalks geprägt, deren Wechselfolgen von flach lagernden Ton‐ und
Sandsteinen bzw. Kalk und Mergelsteinen die ausgeprägten Plateaus und Geländekanten des
südlichen Sachsen‐Anhalts bildet. In diese Gesteinsfolge sind die Fluss‐ und Bachläufe der
Region mit ihren z. T. sehr ausgeprägten Steilhängen (die Steinklöbe und der Felsabbruch bei
Schloss Goseck) erosiv eingetieft.
Eiszeitliche Sedimente wie Schotter, Kiese, Sande und Löß finden sich ‐ zumeist reliktisch ‐
auf den Hochplateaus nördlich der Unstrut. Die Detailkartierung der Umgebung des
Sonnenobservatoriums von Goseck ergab, dass es auf einer reliktischen glazialen Schotterlinse
liegt, die von Geschiebemergeln und z. T. Lößlehm umgeben ist. Die Bedeutung dieser lokalen
geologischen Situation für den „Baugrund“ der prähistorischen Palisadenanlage, wie auch der
rekonstruierten Anlage erschließt sich leicht bei Regenwetter. Im umgebenden tonigen Boden
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versinkt man zu Fuß im Schlamm und eine feste Verankerung der Palisadenpfähle im
Untergrund ist unmöglich. Erst die gut drainierte Schotterlinse mit ihren groben Geröllen und
Kiesen erlaubt die Errichtung einer Doppelpalisade und zugleich einen festen Zugang bei einem
ansonsten vom Wasser durchweichten tonig‐schlammigen Boden der Umgebung. Direkt
benachbart zum Fundort der Himmelsscheibe liegt das seinerzeit weithin sichtbare
Hügelgräberfeld oberhalb der Steinklöbe am Steilabhang zur Unstrut. Die z. T. stark erodierten
und vermutlich schon früh ausgeraubten Hügelgräber enthalten Steinkistengräber aus sehr
dünnplattigem Stein. Diese zumeist nur 5‐7 cm dicken, beinahe brettartig anmutenden
Steinplatten stellen einen ganz besonderen natürlichen „Verbundwerkstoff“ dar, da es sich um
sogenannte oolithische Sandsteinplatten des Muschelkalks handelt. In diesen Platten ist der
übliche, Quarz, Feldspat und Glimmer enthaltene Sandstein durch wenige mm‐große,
eiförmige Karbonatpartikel (sogenannte Ooide) zusätzlich verstärkt und zementiert und erlaubt
so den Abbau und die Verwendung dieser besonders ungewöhnlich dünnen dabei aber äußerst
stabilen Sandsteinplatten. Diese Beispiele zeigen, wie sehr die prähistorischen Menschen bei der
Auswahl von Orten und geogenen Materialien geologische, petrologische und
geomorphologische Standortfaktoren bewusst berücksichtigt haben. Diese gilt es heute
wiederzuentdecken bzw. zu rekonstruieren.

Imbolc, Samhain und Co. – vom Fortwirken steinzeitlicher Feste in unsere Zeit
Wolfhard Schlosser

Unsere Feste lassen sich in zwei Gruppen einteilen. Einige sind im Jahr beweglich und über den
Sonnenlauf und die Mondphase an den Ostertermin gekoppelt. Dazu zählen etwa Pfingsten oder
Christi Himmelfahrt. Andere wie beispielsweise Mariä Lichtmeß oder Allerheiligen liegen im
Jahre fest, hängen also nur vom Sonnenstand ab. Der Referent hat fast zweihundert Feste der
zweiten Gruppe untersucht. Es handelt sich zumeist um lokale Feste, die häufig mit Umzügen,
Viehmärkten und dergleichen verbunden sind. Es zeigt sich, dass diese gehäuft zeitlich zwischen
den Sonnenwenden und den Äquinoktien auftreten, also gegen Anfang der Monate Februar, Mai,
August und November. Diese Termine werden in der wissenschaftlichen Literatur mit ihren
keltischen Namen Imbolc, Beltaine, Lugnasad und Samhain bezeichnet, sind aber sicher in ganz
Alteuropa gefeiert worden. Es ist interessant, dass in einigen Fällen ein Bezug zu prähistorischen
Denkmälern vermutet werden kann. So ist das Ziel des Bochumer Maiabendfestes das Umfeld
des Bochumer Kreisgrabens. Dieser ist etwa so alt wie die berühmte Anlage von Goseck und –
wie diese – über Jahrtausende im Gelände nicht mehr erkennbar gewesen. Ein kollektives
Gedächtnis der umwohnenden Bevölkerung an herausragende prähistorische Ereignisse ist nicht
ungewöhnlich, man denke etwa an das bronzezeitliche ‚Königsgrab von Seddin’.
Sonnenreligion und Sonnenschiffe - Nebra, Dänemark, Ägypten
Flemming Kaul, Nationalmuseum Kopenhagen

Die Himmelsscheibe von Nebra trägt ein stilisiertes Boot, die Sonnenbarke, als eines ihrer
herausragenden Elemente. Das belegt für uns die herausragende Funktion von Schiffen in der
Mythologie der Bronzezeit– dieses Bild steht in Verbindung mit der unendlichen Wanderung der
Sonne und der anderen Himmelskörper am Firmament. In Skandinavien und in Ägypten – „an
beiden Enden der Welt“ – finden wir bemerkenswerte Parallelen des Bildes vom „Sonnenschiff“.
Wir sollten dafür auch eines der kompliziertesten Themen der bronzezeitlichen Religion näher
betrachten: Was geschah mit den Verstorbenen und welche Vorstellungen für das Leben nach
dem Tod gab es? Spielten die Toten eine aktive Rolle für den ewigen Sonnenlauf als
Schiffsbesatzung auf der Sonnenbarke?

Zur Sprache der Himmelsscheibenbenutzer
Jürgen Udolph

Aus archäologischer, historischer, astronomischer und naturwissenschaftlicher Sicht ist die Scheibe von
Nebra schon oft und auch sehr genau untersucht worden. Es wird aber auch gern die Frage gestellt: Was
waren das für Menschen, die die Scheibe nutzten? Sie lebten nicht in Städten, hatten keine Schrift, und
Stammesnamen sind auch nicht bekannt. Woher kamen sie? Oder wohnten sie schon länger in Nebra und
an der Unstrut? Wie kann man etwas über die Sprache der Himmelsscheibennutzer erfahren?
Greift man diese Bemerkungen aus Sicht der Sprachwissenschaft und Namenforschung auf, so kann man
in einigen Punkten durchaus zu einigen Ergebnissen kommen. Die vor 3.600 Jahren am Unterlauf der
Unstrut siedelnden Menschen hatten zwar noch keine Schrift, aber sie haben etwas anderes hinterlassen:
geographische Namen, darunter den Namen Nebra selbst. Orts- und Flussnamen sind alte Zeugen der
Besiedlung und sie verraten uns auch, welche Sprache die Besiedler des Unstruttales vor ca. 3.000 Jahren
gesprochen haben. Darum wird es in dem Vortrag gehen.

angefragt:
Zur Kreisgrabenanlage Goseck
Andreas Northe
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