Vollwertige Ernährung nach den Empfehlungen der DGE ist auch ökologisch nachhaltig

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          Vollwertige Ernährung nach den Empfehlungen der
          DGE ist auch ökologisch nachhaltig

Gesundheitsförderung und ökolo-                         Abb. 1 | Die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung

                                                                                                                                             ahead of print: 28.05.2019
gische Nachhaltigkeit sind durch
Umsetzung der DGE-Ernährungs-
empfehlungen möglich.

          Vom 30. Mai bis zum 5. Juni 2019
          fanden die Deutschen Aktionstage
          Nachhaltigkeit statt. Sie wurden im
          Jahr 2012 vom Rat für Nachhaltige
          Entwicklung anlässlich der Weltkon-
          ferenz der Vereinten Nationen (UN)

                                                                                                                                                    Urheberrechtlich geschützt
          über nachhaltige Entwicklung ins
          Leben gerufen und sind heute Teil
          der alljährlich stattfindenden Euro-
          päischen Nachhaltigkeitswoche. Die
          Aktionswoche ist eine europaweite
          Initiative, deren Ziel es ist, Aktivitäten,
          Projekte und Veranstaltungen zu ini-
          tiieren und sichtbar zu machen, die
          zu nachhaltiger Entwicklung und den
          Zielen für nachhaltige Entwick-
          lung (Sustainable Development
          Goals, SDGs) beitragen.

          Die 17 SDGs (s. Abb. 1) der für
          alle Staaten dieser Welt geltenden
          Agenda 2030 umfassen soziale, öko-
          logische und ökonomische Aspekte
          gleichermaßen. Leitbild der Agenda
          2030 ist es, weltweit ein menschen-
          würdiges Leben zu ermöglichen und
          gleichzeitig die natürlichen Lebens-
          grundlagen dauerhaft zu bewahren.
          Klimawandel, Verlust von Biodiver-            bis hin zu jedem einzelnen Menschen           Bezug auf die Ernährung steht in
          sität, Armut, Hunger und häufig mit           (Die Bundesregierung 2018).                   direktem Zusammenhang mit Nach-
          hohem Ressourcenverbrauch ver-                                                              haltigkeit. Laut Global Nutrition
          bundenes Wirtschaften zeigen, dass            Nachhaltigkeit beginnt beim eigenen           Report 2017 (Development Initiati-
          weltweit umgesteuert werden muss              Handeln. „Jeder kann etwas zum                ves 2017) sind alle 17 SDGs mit der
          und dass dafür alle Akteure gemein-           Besseren verändern“; heißt es in der          Ernährung verbunden. Dabei sind
          sam Verantwortung übernehmen                  Ankündigung der Aktionswoche                  einerseits die SDGs relevant für das
          müssen – von der Politik, Wirtschaft,         (https://www.tatenfuermorgen.                 Erreichen der Ernährungssicherheit,
          Wissenschaft über Zivilgesellschaft           de/deutsche-aktionstage-nach-                 und andererseits können nachhaltige
                                                        haltigkeit/). Auch das Handeln in             Ernährungsweisen das Erreichen der

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          SDGs fördern. So ist eine verbesserte,     Ernährungsweisen mit                      Trotzdem ist klar, dass die derzeitige
          nachhaltige Ernährung nicht nur ein        Vorteilen für Umwelt und                  westliche Ernährung umgestellt wer-
          isoliertes Ziel, sondern ein unverzicht-   Gesundheit                                den muss, um Umwelt- und Gesund-
          bares Zahnrad im Kontext der SDGs                                                    heitsvorteile zu erreichen, wobei sich
          (Development Initiatives 2017).            Die Umweltauswirkungen von übli-          verschiedene Optionen bieten (Alek-
                                                     chen Essgewohnheiten, der Umset-          sandrowicz et al. 2016). So haben
          Ernährungsentscheidungen                   zung von Ernährungsempfehlungen           beispielsweise Ernährungsweisen mit
          verbinden menschliche Ge-                  und theoretischen Modelldiäten            einem höheren Gesundheitswert,
          sundheit und Nachhaltigkeit                wurden von einer Reihe von Autoren        wie mediterrane und semivegetari-

                                                                                                                                        ahead of print: 28.05.2019
                                                     anhand verschiedener Indikatoren          sche Ernährung, auch einen höheren
          Die Konzentration auf Ernährung und        wie Treibhausgasemissionen, Land-         Nachhaltigkeitswert; demgegenüber
          Gesundheit allein reicht nicht aus, da     nutzungskapazität, Primärener-            gehen Ernährungsweisen, die zu
          eine Ernährung, die heute mit Gesund-      gieverbrauch oder Wassernutzung           einer Zunahme der weltweiten Häu-
          heit vereinbar ist, das Wohlergehen        beispielweise unter Anwendung der         figkeit von chronischen ernährungs-
          künftiger Generationen beeinträchti-       Lebenszyklusanalyse (LCA; Umwelt-         mitbedingten Krankheiten führen, mit
          gen kann, und die derzeitigen Ernäh-       bilanz) untersucht. Es gibt inzwischen    einem signifikanten Anstieg der Treib-
          rungssysteme die gegenwärtige und          verschiedenste Vorschläge und Initia-     hausgasemissionen einher und tragen
          zukünftige Lebensmittelproduktion          tiven zur Identifizierung und Integra-    zur Rodung bei (van Dooren et al.
          gefährden. Daher ist es unerlässlich,      tion nachhaltiger Lebensmittel oder       2014, Chen et al. 2019, Tilman und
          ökologische und andere gesellschaft-       Ernährungsweisen (Nelson et al. 2016,     Clark 2014). Im Allgemeinen deuten
          liche Überlegungen in die Definition       Alarcon und Gerritsen 2014, Lang und      übereinstimmende Beweise darauf
          einer wünschenswerten Ernährung            Barling 2013, Jelsøe 2015, Jones et al.   hin, dass eine Ernährungsweise mit

                                                                                                                                               Urheberrechtlich geschützt
          einzubeziehen (Gonzalez Fischer und        2016, Donini et al. 2016, Ulaszewska      reichlich pflanzlichen Lebensmitteln
          Garnett 2016, Horgan et al. 2016).         et al. 2017, Smedman et al. 2010,         (z. B. Gemüse, Obst, Hülsenfrüchte,
                                                     Garnett et al. 2015, Department for       Samen, Nüsse, Vollkorngetreide),
          Laut FAO (United Nations Food and          Environment, Food & Rural Affairs         wenig tierischen Lebensmitteln
          Agricultural Organization) sind nach-      2013, Chen et al. 2019, SUSFANS           (insbesondere rotes Fleisch), einem
          haltige Ernährungsweisen solche mit        2015). Der Vergleich der Ergebnisse       geringeren Energiehalt und geringem
          geringen Umweltauswirkungen, die           zur Bewertung der Umweltauswir-           Verzehr von verarbeiteten Lebens-
          zur Lebensmittel- und Ernährungs-          kungen von Lebensmitteln ist jedoch       mitteln wie Süßigkeiten und salzige
          sicherheit und zu einem gesunden           schwierig, da die für die Berechnun-      Snacks (geringe Nährstoff- und hohe
          Leben für heutige und zukünftige           gen verwendeten Methoden sehr             Energiedichte) sowohl gesünder als
          Generationen beitragen. Sie schützen       unterschiedlich sind (Ulaszewska et       auch weniger umweltbelastend ist
          und respektieren die biologische Viel-     al. 2017, Masset et al. 2015). Das        (van Dooren et al. 2014, Hendrie et
          falt und die Ökosysteme, sind kulturell    Fehlen klarer Me­triken und Ansätze       al. 2016, Macdiarmid et al. 2012,
          vertretbar, jedem verfügbar, ökono-        zur Messung der verschiedenen Kom-        Nelson et al. 2016, Chen et al. 2019).
          misch gerecht und finanziell leistbar,     ponenten nachhaltiger Ernährung           Da dies die Grundlagen bestehender
          ernährungsphysiologisch geeignet,          sowie wissenschaftlicher Ziele für        nationaler lebensmittelbezogener
          sicher und gesundheitsfördernd, und        nachhaltige Lebensmittelproduktion        Ernährungsempfehlungen (food-
          sie verbessern gleichzeitig die Lebens-    hat lange den Fortschritt behindert,      based dietary guidelines, FBDG) sind,
          grundlagen für Natur und Mensch            die notwendigen wissenschaftlichen        reduziert die Einhaltung der Ernäh-
          (Burlingame und Dernini 2012). Wäh-        Nachweise für die Ableitung von Leit-     rungsempfehlungen die schädlichen
          rend es möglich ist, Ernährungsweisen      linien für eine gesundheitsfördernde      Auswirkungen auf die Umwelt.
          zu identifizieren, die im Allgemeinen      und umweltfreundliche Ernährung zu
          weniger umweltbelastend sind, die          erbringen bzw. groß angelegte, koor-      Umsetzung von Ernährungs-
          Gesundheit fördern und eine wesent-        dinierte Anstrengungen zur Transfor-      empfehlungen ist nachweis-
          liche Verbesserung der Ernährungs-         mation des globalen Ernährungssys-        lich umweltschonend
          weise der Menschen darstellen (s. u.),     tems durchzuführen (Aleksandrowicz
          ist das Wissen um breitere soziale und     et al. 2016, Jones et al. 2016, Health    Dementsprechend kann die Ein-
          ethische Dimensionen und ihre Einord-      Council of the Netherlands 2011, Wil-     haltung von offiziellen FBDG im
          nung in das Verständnis einer nach-        lett et al. 2019).                        Vergleich zum derzeitigen durch-
          haltigen Ernährung bisher weniger                                                    schnittlichen Ernährungsmuster der
          klar und erfordert weitere Forschung                                                 Bevölkerung sowohl die Gesundheit
          (Gonzalez Fischer und Garnett 2016).

                                                                                                    info 06 | 2019                83
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          Tabelle 1 | Lebensmittelmengen planetary health diet und vollwertige Ernährung der DGE

           Planetary health diet, EAT-Lancet-Kommission                        Vollwertige Ernährung, Deutsche Gesellschaft für
           (Willett et al. 2019)                                               Ernährung (DGE) (Oberritter et al. 2013)

           Lebensmittelgruppe                Menge (g/Tag)                    Lebensmittelgruppe                  Orientierungswert (g/Tag)
                                             (bei einer Energiezufuhr                                             (bei einer Energiezufuhr
                                             von 2 500 kcal/Tag)                                                  von 1 600–2 400 kcal/Tag)
           Getreide                          232 (0–60 % der                  Getreide(-produkte)                 200–300
                                             Gesamtenergie)

                                                                                                                                                   ahead of print: 28.05.2019
           Kartoffeln                        50 (0–100)                       Kartoffeln, Nudeln, Reis            150–250
           Gemüse                            300 (200–600)                    Gemüse und Salat,                   ≥ 400
                                                                              inkl. Hülsenfrüchten
           Hülsenfrüchte                     100
           Obst                              200 (100–300)                    Obst                                ≥ 250
           Nüsse                             25                               davon: Nüsse                        25
            Rind-, Lamm- oder                14 (0–28)                        Fleisch, Wurst                      43–86
           ­Schweinefleisch
           Geflügel                          29 (0–58)
           Fisch                             28 (0–100)                       Fisch                               21–31
           Eier                              13 (0–25)                        Eier                                < 25
           Milch (Vollmilch oder daraus      250 (0–500)                      Milch(-produkte)                    200–250
           hergestellte Produkte)                                             Käse                                50–60
           ungesättigte Fettsäuren (Öle)     40 (20–80)                       Öle                                 10–15

                                                                                                                                                          Urheberrechtlich geschützt
           gesättigte Fettsäuren* (Palmöl,   11,8 (0–11,8)                    Butter, Margarine                   15–30
           Schmalz)
           alle Süßungsmittel (inklusive     31 (0–31)                        freie Zucker                        ≤ 50 g (Ernst et al. 2018)
           Zucker)
                                                                              Getränke                            rund 1,5 l/Tag, bevorzugt
                                                                                                                  Wasser

          *Milchfett schon in „Milch“ enthalten

          der Bevölkerung verbessern als auch             meter des Klimawandels (Treibhaus-             der globalen Last der chronischen
          die Umweltbelastung reduzieren                  gasemissionen), des Stickstoff- und            ernährungsmitbedingten Krankheiten)
          (Mertens et al. 2016, Hendrie et al.            Phosphorkreislaufs (Stickstoff- und            realisiert werden kann.
          2016, Macdiarmid et al. 2012, Nelson            Phosphoreintrag), der Wassernutzung
          et al. 2016, Perignon et al. 2016, Rey-         (Wasserverbrauch), der Biodiversität           Die von der Kommission identifizierte
          nolds et al. 2014, Meier und Christen           (Verlustrate der biologischen Vielfalt)        universelle Referenzkost, die sog. pla-
          2013, Chen et al. 2019). Dies wurde             und der Landnutzungsänderung                   netary health diet, besteht größten-
          aktuell durch die aus internationa-             (Anbauflächennutzung), die durch die           teils aus Gemüse, Obst, Vollkornge-
          len Experten zusammengesetzte                   Lebensmittelproduktion beeinflusst             treide, Hülsenfrüchten, Nüssen und Öl
          EAT-Lancet-Kommission (Willett et               werden. Aufgrund der Komplexität               aus ungesättigten Fettsäuren, enthält
          al. 2019) bestätigt. Sie hat anhand             und der Anpassungsmechanismen des              geringe bis moderate Mengen an
          von Literaturauswertungen eine                  Systems der Erde und der mensch-               Meeresfrüchten und Geflügel sowie
          Antwort auf die Frage formuliert,               lichen Biologie sind die gewählten             keine oder nur geringe Mengen an
          wie die zukünftige Weltbevölkerung              Grenzwerte als Richtwerte bzw.                 rotem Fleisch, verarbeitetem Fleisch,
          von 10 Mrd. Menschen im Jahr                    Entscheidungshilfen zu verstehen,              zugesetztem Zucker, Weißmehlpro-
          2050 innerhalb der ökologischen                 unter deren Berücksichtigung mit               dukten und stärkereichem Gemüse.
          Belastungsgrenzen der Erde (engl.               hoher Wahrscheinlichkeit die Lebens-           Mit entsprechenden Ernährungs-
          planetary boundaries) mit einer                 mittelproduktion für eine Win-Win-             umstellungen hin zu dieser gesund-
          gesundheitsfördernden Ernährung                 Ernährungsweise (Sicherung der Sta-            heitsfördernden Ernährung könnten
          versorgt werden kann. Diese Belas-              bilität des Erdsystems und Senkung             weltweit etwa 11 Mio. vorzeitige
          tungsgrenzen beziehen sich dabei auf                                                           Todesfälle pro Jahr verhindert werden
          die Prozesse und entsprechende Para-                                                           (Willett et al. 2019).

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          Abb. 2 | DGE-Ernährungskreis
                                                                                             Regierungen sind dazu aufgefordert,
                                                                                             ihre aktuelle Politik zu überarbeiten
                                                                                             und dabei auch die Entwicklung
                                                                                             und Bekanntmachung von FBDGs
                                                                                             zu fördern, die auch die Nachhaltig-
                                                                                             keitsziele berücksichtigen (Gonzalez
                                                                                             Fischer und Garnett 2016, Alarcon
                                                                                             und Gerritsen 2014, Lang und Bar-
                                                                                             ling 2013, Jelsøe 2015, Garnett et al.

                                                                                                                                       ahead of print: 28.05.2019
                                                                                             2015). Die European Public Health
                                                                                             Association (EUPHA) hat darüber
                                                                                             hinaus vorgeschlagen, dass interna-
                                                                                             tionale Akteure wie die Weltgesund-
                                                                                             heitsorganisation (World Health Orga-
                                                                                             nization, WHO) die Nachhaltigkeit von
                                                                                             FBDG in ihre Konzepte einbeziehen
                                                                                             und Mechanismen zur Rechenschafts-
                                                                                             pflicht entwickeln sollten (EUPHA
                                                                                             2017). Die DGE arbeitet aktuell an
                                                                                             der Entwicklung eines neuen Modells
                                                                                             der wissenschaftlichen Ableitung der
                                                                                             Ernährungsempfehlungen, das die

                                                                                                                                              Urheberrechtlich geschützt
                                                                                             Parameter der ökologischen Nachhal-
                                                                                             tigkeit neben weiteren Parametern
                                                                                             bereits in den Prozess der Ableitung
                                                                                             integriert.
          Die Lebensmittelmengen der plane-        Stabilität des Ökosystems der Erde
          tary health diet, die mit Gesundheit     schwächen. Ein globaler Ernährungs-       Die von der DGE herausgegebenen
          und ökologischer Nachhaltigkeit          wandel ist notwendig, um die SDGs         lebensmittelbezogenen Ernährungs-
          vereinbar sind, entsprechen weitest-     der UN zu erreichen. „Gesunde“            empfehlungen (10 Regeln der DGE,
          gehend den Orientierungswerten der       Ernährung aus nachhaltigen Ernäh-         DGE-Ernährungskreis und Dreidimen-
          DGE für eine vollwertige Ernährung,      rungssystemen für alle Menschen           sionale DGE-Lebensmittelpyramide)
          die durch den DGE-Ernährungskreis        erfordert grundlegende Veränderun-        werden auf Basis der Referenzwerte
          (s. Abb. 2) abgebildet werden (Ober-     gen hin zu gesundheitsfördernden          für die Nährstoffzufuhr (DGE et
          ritter et al. 2013) (s. Tab.1).          Ernährungsgewohnheiten, eine starke       al. 2018) und ihrer Umsetzung in
                                                   Verminderung von Lebensmittelver-         Deutschland sowie evidenzbasierter
          Fazit und Ausblick                       lusten und -verschwendung sowie           Erkenntnisse zur Prävention ernäh-
                                                   wesentliche Verbesserungen der Pro-       rungsmitbedingter Krankheiten durch
          Die derzeitige globale Lebensmittel-     duktionsverfahren für Lebensmittel        Nährstoffe bzw. Lebensmittel abge-
          produktion, gekennzeichnet durch         (Willett et al. 2019).                    leitet und überprüft (Wolfram et al.
          nicht nachhaltige Prozesse und ernäh-                                              2015, Hauner et al. 2012, Dinter et al.
          rungsphysiologisch ungünstige Pro-       FBDG sind nicht nur Grundlage für         2016, Boeing et al. 2012, Oberritter
          dukte, ist die größte von Menschen       Maßnahmen der Ernährungsbildung           et al. 2013). Wie der vorliegende Bei-
          verursachte Belastung für Ökosys-        und -aufklärung, sie sollen auch eine     trag zeigt, sind die DGE-Ernährungs-
          teme. Vor dem Hintergrund aktueller      Grundlage für die Ausrichtung und         empfehlungen durch internationale
          Ernährungsgewohnheiten und des           Entscheidungen der Ernährungs-,           Bewertungen gestützt und sowohl
          prognostizierten Bevölkerungswachs-      Gesundheits- und Agrarpolitik sein        mit präventiven Aspekten in Bezug
          tums auf rund 10 Mrd. Menschen           (FAO 2019). Eine Analyse der Kon-         auf die menschliche Gesundheit als
          bis 2050 wird sich die globale Last      zepte europäischer FBDG hat erge-         auch mit Aspekten der ökologischen
          chronischer ernährungsmitbedingter       ben, dass bisher nur in drei nationalen   Nachhaltigkeit vereinbar.
          Krankheiten voraussichtlich verschlim-   FBDGs die Nachhaltigkeit im Rahmen
          mern und die Auswirkungen der            der Ableitung berücksichtigt wurde        Referat Wissenschaft
          Lebensmittelproduktion werden die        (Bechthold et al. 2018). Nationale

                                                                                                  info 06 | 2019                 85
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                                                                                             LITER ATUR
               DGE-Zusatzzertifikat „Nachhaltige                                             1.    Alarcon B, Gerritsen E: On our plate
               Verpflegung“                                                                        today: healthy, sustainable food
                                                                                                   choices. (2014) http://livewellforlife.
               In den Lebenswelten Kindertagesstätten, Schulen,                                    eu/wp-content/uploads/2014/12/
                                                                                                   LiveWell-for-LIFE_Rec-Report_Eng-
               Hochschulen, Betriebe, Krankenhäuser, Rehakliniken,
                                                                                                   lish_Final.pdf (eingesehen am
               stationäre Senioreneinrichtungen sowie Anbietern                                    13.05.2019)
               von „Essen auf Rädern“ kann das Zusatzzertifikat                              2.    Aleksandrowicz L, Green R, Joy EJM
               „Nachhaltige Verpflegung“ erworben werden. Da es sich um eine Zusatz-               et al.: The impacts of dietary change
                                                                                                   on greenhouse gas emissions, land
               auszeichnung handelt, ist die Teilnahme an die erfolgreich absolvierte Zer-

                                                                                                                                             ahead of print: 28.05.2019
                                                                                                   use, water use, and health: a syste-
               tifizierung nach dem jeweiligen lebensweltbezogenen DGE-Qualitätsstan-              matic review. PLoS One 11 (2016)
               dard gekoppelt und steht somit exklusiv den zertifizierten Logopartnern             e0165797
               zur Verfügung. Eine Zertifizierung der DGE gewährleistet eine Qualitätssi-    3.    Bechthold A, Boeing H, Tetens I et
                                                                                                   al.: Perspective: food-based dietary
               cherung des Speisenangebots und somit eine optimierte Verpflegung.
                                                                                                   guidelines in Europe-scientific con-
                                                                                                   cepts, current status, and perspecti-
               Die Zertifizierungskriterien für eine nachhaltige Verpflegung sind in vier
                                                                                                   ves. Adv Nutr 9 (2018) 544–560
               Themenbereiche untergliedert:
                                                                                             4.    Boeing H, Bechthold A, Bub A et al.:
                                                                                                   Critical review: vegetables and fruit
               1. Gesundheit
                                                                                                   in the prevention of chronic diseases.
               2. Ökologie                                                                         Eur J Nutr 51 (2012) 637–663
                                                                                             5.    Burlingame B, Dernini S: Sustainable
               3. Gesellschaft                                                                     diets and biodiversity – Directions
                                                                                                   and solutions for policy research and
               4. Wirtschaft                                                                       action. (2012) http://www.fao.org/3/
                                                                                                   a-i3004e.pdf (eingesehen am

                                                                                                                                                    Urheberrechtlich geschützt
               In jedem dieser Themenbereiche müssen Nachhaltigkeitsbestrebungen                   13.05.2019)
               vorhanden sein. Je nach Bereich sind mehr oder weniger Aktivitäten nach-      6.    Chen C, Chaudhary A, Mathys A:
               zuweisen:                                                                           Dietary change scenarios and impli-
                                                                                                   cations for environmental, nutrition,
               1. Gesundheit: Eine Aktivität                                                       human health and economic dimen-
                                                                                                   sions of food sustainability. Nutrients
               2. Ökologie:      Drei Aktivitäten                                                  11 (2019) 856
                                                                                             7.    Department for Environment, Food &
               3. Gesellschaft: Zwei Aktivitäten                                                   Rural Affairs (Hrsg.): Sustainable Con-
                                                                                                   sumption Report. Follow-Up to the
               4. Wirtschaft: Eine Aktivität                                                       Green Food Project. (2013) https://
                                                                                                   assets.publishing.service.gov.uk/
               Sind diese nachweislich durchgeführt, gilt das Audit als bestanden. Alle            government/uploads/system/up-
               in diesen Themenbereichen durchgeführten Maßnahmen werden mit                       loads/attachment_data/file/229537/
                                                                                                   pb14010-green-food-project-sustai-
               Punkten erfasst. Eine Mindestpunktzahl zum Bestehen des Audits ist nicht
                                                                                                   nable-consumption.pdf (eingesehen
               erforderlich.                                                                       am 13.05.2019)
                                                                                             8.    Deutsche Gesellschaft für Ernährung,
               Das Auditergebnis spiegelt mit seiner Punktesumme den Stand der bisher
                                                                                                   Österreichische Gesellschaft für Er-
               erreichten Nachhaltigkeitsbestrebungen in der Verpflegung wider und                 nährung, Schweizerische Gesellschaft
               gilt als Anreiz, sich durch einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess zu          für Ernährung (Hrsg.): Referenzwerte
                                                                                                   für die Nährstoffzufuhr. Bonn, 2.
               steigern. Durch diesen flexiblen Weg soll ein Einstieg in eine nachhaltige
                                                                                                   Auflage, 4. aktualisierte Ausgabe
               Ausrichtung der Verpflegung in den Betrieben geschaffen und gleichzeitig            (2018)
               die unterschiedlichen Möglichkeiten und Rahmenbedingungen der Betrie-         9.    Development Initiatives (Hrsg.): Glo-
               be berücksichtigt werden.                                                           bal Nutrition Report 2017: Nourishing
                                                                                                   the SDGs. Bristol, UK. (2017)
               Eine Checkliste zur „Nachhaltigen Verpflegung“ der Deutschen Gesell-                http://165.227.233.32/wp-content/
               schaft für Ernährung e. V. (DGE) dient den Betrieben als Instrument zur             uploads/2017/11/Report_2017-2.pdf
                                                                                                   (eingesehen am 13.05.2019)
               eigenständigen Überprüfung des Standes ihrer derzeitigen Nachhaltig-
                                                                                             10. Die Bundesregierung (Hrsg.): Die UN-
               keitsbestrebungen im Bereich Verpflegung.                                         Nachhaltigkeitsziele. (2018) http://
                                                                                                 www.bundesregierung.de/breg-de/
                   LINK                                                                         themen/nachhaltigkeitspolitik/die-
               Weitere Informationen zum Thema Zertifizierungen finden Interessierte             un-nachhaltigkeitsziele-1553514 (ein-
               auf der Internetseite der DGE unter www.dge > Gemeinschaftsver-                   gesehen am 13.05.2019)

               pflegung > Zertifizierungen.                                                  11.   Dinter J, Bechthold A, Boeing H et
                                                                                                   al.: Fish intake and prevention of se-
               Für weitere Fragen schreiben Sie uns unter zertifizierung@dge.de oder               lected nutrition-related diseases. Er-
               rufen Sie uns an unter 0228 3776-651 oder -655.                                     nahrungs Umschau 63(7) (2016)
                                                                                                   148–154

          86
W ISSENSC HAF T

          12. Donini LM, Dernini S, Lairon D et al.:     23. Jones AD, Hoey L, Blesh J et al.: A       36. Ulaszewska MM, Luzzani G, Pignatel-
              A consensus proposal for nutritional           systematic review of the measure-             li S et al.: Assessment of diet-related
              indicators to assess the sustainability        ment of sustainable diets. Adv Nutr 7         GHG emissions using the environ-
              of a healthy diet: the Mediterranean           (2016) 641–664                                mental hourglass approach for the
              diet as a case study. Front Nutr 3         24. Lang T, Barling D: Nutrition and sus-         Mediterranean and new Nordic diets.
              (2016) 37                                      tainability: an emerging food policy          Sci Total Environ 574 (2017) 829–836
          13. Ernst JB, Arens-Azevêdo U, Bitzer B            discourse. Proc Nutr Soc 72 (2013)        37. van Dooren C, Marinussen M, Blonk
              et al.: Quantitative Empfehlung zur            1–12                                          H et al.: Exploring dietary guidelines
              Zuckerzufuhr in Deutschland. (2018)        25. Macdiarmid JI, Kyle J, Horgan GW et           based on ecological and nutritional
              https://www.dge.de/fileadmin/pub-              al.: Sustainable diets for the future:        values: a comparison of six dietary
              lic/doc/ws/stellungnahme/Konsen-               can we contribute to reducing green-          patterns. Food Policy 44 (2014)
              suspapier_Zucker_DAG_DDG_                      house gas emissions by eating a               36–46

                                                                                                                                                     ahead of print: 28.05.2019
              DGE_2018.pdf (eingesehen am                    healthy diet? Am J Clin Nutr 96           38. Willett W, Rockström J, Loken B et
              07.01.2019)                                    (2012) 632–639                                al.: Food in the Anthropocene: the
          14. European Public Health Association         26. Masset G, Vieux F, Darmon N: Which            EAT-Lancet Commission on healthy
              (EUPHA): Healthy and sustainable               functional unit to identify sustainable       diets from sustainable food systems.
              diets for European countries. (2017)           foods? Public Health Nutr 18 (2015)           The Lancet 393(10170) (2019)
              https://eupha.org/repository/advoca-           2488–2497                                     447–492
              cy/EUPHA_report_on_healthy_and_                                                          39. Wolfram G, Bechthold A, Boeing H
              sustainable_diets_20-05-2017.pdf           27. Meier T, Christen O: Environmental
                                                             impacts of dietary recommendations            et al.: Evidence-based guideline of
              (eingesehen am 13.05.2019)                                                                   the German Nutrition Society: fat
                                                             and dietary styles: Germany as an
          15. FAO (Food and Agriculture Organiza-            example. Environ Sci Technol 47               intake and prevention of selected
              tion) (Hrsg.): Food-based dietary              (2013) 877–888                                nutrition-related diseases. Ann Nutr
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              14.05.2019)                                    aspects of sustainable diets: a review.
                                                             Public Health Nutr (2016) 1–19
          16. Garnett T, Mathewson S, Angelides P
                                                         29. Metrics, models and foresight for

                                                                                                                                                            Urheberrechtlich geschützt
              et al.: Policies and actions to shift
              eating patterns: What works? A re-             European SUStainable Food And Nu-
              view of the evidence of the effective-         trition Security (SUSFANS). (2015)
              ness of interventions aimed at shif-           https://www.susfans.eu/ (eingesehen
              ting diets in more sustainable and             am 13.05.2019)
              healthy directions. (2015) http://         30. Nelson ME, Hamm MW, Hu FB et al.:
              www.fcrn.org.uk/fcrn-publications/             Alignment of healthy dietary patterns
              reports/policies-and-actions-shift-            and environmental sustainability: a
              eating-patterns-what-works (einge-             systematic review. Adv Nutr 7 (2016)
              sehen am 13.05.2019)                           1005–1025
          17.   Gonzalez Fischer C, Garnett T: Plates,   31. Oberritter H, Schäbethal K, Rüsten A
                pyramids, planet. (2016) http://www.         v. et al.: The DGE nutrition circle –
                fao.org/documents/card/en/c/d8d-             presentation and basis of the food-
                feaf1-f859-4191-954f-                        related recommendations from the
                e8e1388cd0b7/ (eingesehen am                 German Nutrition Society (DGE). Er-
                13.05.2019)                                  nahrungs Umschau 60(2) (2013)
          18. Hauner H, Bechthold A, Boeing H et             24–29
              al.: Evidence-based guideline of the       32. Perignon M, Masset G, Ferrari G et
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