Grüner Wasserstoff als Klimaretter - Energie - FEN Systems
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Energie AUFREINIGUNG MIKROCHIP- HERSTELLUNG BETANKUNG ELEKTROLYSE NACHHALTIGE VERWENDUNG ENERGIEERZEUGUNG ALS TREIBSTOFF Grüner Wasserstoff als Klimaretter Dekarbonisierung und die Erreichung der Klimaziele können laut Experten nur dank grünem Wasserstoff gelingen, doch der Weg zu diesem klimaneutralen und wirtschaftsankurbelnden Energieträger der Zukunft ist noch weit. Erste Projekte und Lösungen sind vielversprechend. Ein Überblick. | VON CLAUDIA JÖRG-BROSCHE W asserstoff (H2) ist pure Ener- „Blauer Wasserstoff“ ist grauer H2, „Grüner Wasserstoff“ hingegen ent- gie – daher gilt grüner Was- dessen CO2 unter Energieaufwand abge- steht zu 100 Prozent aus CO2-freien En- serstoff als „Öl der Zukunft“. schieden und gespeichert wird (Carbon ergiequellen – sprich: aus erneuerbarem H2 hat viele Farben: Grau, blau, türkis, Capture and Storage – zumeist in geolo- Strom. „Wasserstoff ist dann nichts an- pink oder grün– was ist der Unterschied? gischen Formationen) und stofflich wei- deres als modifizierter Strom“, erläutert Wasserstoff bedarf eines „Primären- ter genutzt wird. Das CO2 gelangt zumin- Ewald Perwög vom Wasserstoff-First- ergieträgers“ zur Erzeugung, bis dato wird dest nicht in die Atmosphäre. „Türkiser“ Mover Mpreis in Tirol. Gewonnen wird er zu 98 Prozent aus fossilen Brennstoffen wird über die thermische Spaltung von grüner H2 derzeit vorrangig durch Elekt- gewonnen. Beim „grauen“ wird meist Erd- Methan (Methanpyrolyse) hergestellt. rolyse (Aufspaltung von Wasser in Was- gas bzw. Erdöl oder Kohle unter Hitze in Statt CO2 bleibt fester Kohlenstoff. Ent- serstoff und Sauerstoff); Zukunftstech- H2 und CO2 umgewandelt (Dampfrefor- scheidend für die CO2-Neutralität dieses nologien sind Photolyse (direkte Spal- mierung). Bei der Produktion einer Tonne Verfahrens ist die Versorgung des tung von Wasser mittels Sonnenenergie) Illustration: Arnulf Rödler grauen Wasserstoffs aus Erdgas gehen Hochtemperaturreaktors aus erneuer- oder Pyrolyse (Vergasung von Biomasse). rund zehn Tonnen CO2 in die Atmosphä- baren Energiequellen sowie die dauer- Noch sehr in den Kinderschuhen stecken re; beim Einsatz von Kohle sind es gar 19 hafte Bindung des Kohlenstoffs. „Pinker“ Plasmalyse (aus Sondermüll). Grundvor- Tonnen. Für die Umwelt genauso kata- wird aus Atomstrom gewonnen (z. B. in aussetzung für die Herstellung von grü- strophal wie der fossile Energieträger! Frankreich). nem Wasserstoff ist also der massive 62 GEWINN-EXTRA Juni 2021
Energie Ausbau erneuerbarer Energie im globa- Felix Matthes vom Öko-Institut in GmbH als vollintegrierte Lösung (siehe len Maßstab. Berlin und Mitglied des nationalen Was- Seite 66), „um das Thema Wasserstoff in serstoffrates in Deutschland attestiert die Gänge zu bringen“, so Wiener-Was- Enormes Potenzial Österreich, auf gutem Weg zu sein. Doch serstoff-Geschäftsführerin Gudrun Senk. Bisher wird der weltweite H2-Bedarf – wen wundert’s – Deutschland ist schon „Die Dekarbonisierung des urbanen, (rund 115 Millionen Tonnen pro Jahr) nur weiter, ebenso England. Die Jahre bis dicht besiedelten Ballungsraumes rund zu zwei Prozent mit grünem Wasserstoff 2030 erachtet Matthes als entscheidend: um Wien mit mehr als zwei Millionen gedeckt. Größte Verbraucher sind Raffi- „In der nächsten Dekade werden die Wei- Menschen und erschwerten Rahmenbe- nerien, die chemische und Halbleiterin- chen gestellt.“ Er ist überzeugt, dass es dingungen, wie extrem hoher Energie- dustrie. Grüner Wasserstoff bietet viele kein Zurück mehr gibt: „In meiner Kar- verbrauch und viel Mobilität, ist eine be- Optionen für integrierte Energiesysteme riere erlebte ich schon viele energietech- sonders große Herausforderung.“ und ermöglicht die Koppelung der Sek- nische Hypes und Blasen, die wieder Der Anteil erneuerbarer Stromer- toren Strom, Wärme und Mobilität. H2- platzten. Die Wasserstofftechnologie hin- zeugung in Österreich liegt bereits bei Mobilität gelingt mittels Brennstoffzel- gegen wird sich durchsetzen.“ Die Coro- 75 Prozent – Senk: „Das ist schon mal gut!“ len-Technologie: Brennstoffzellen wan- na-Krise wirke als enormer Beschleuniger, –, in den Bereichen Heizen und Kühlen deln Wasserstoff in Strom und Wärme zahlreiche Kooperationen und Netzwerke machen alternative Energien 34 Prozent um und treiben so einen Elektromotor wurden gegründet und es tobt ein wahrer aus, in der Mobilität zehn. Speziell im an. Als Emission entsteht lediglich Was- Wettbewerb der Technologien. Verkehrs- und Industriebereich birgt serdampf (Brennstoffzellen und Elektro- der Einsatz von grünem Wasserstoff viel lyse sind die gleichen Vorgänge, nur um- Österreichs Vorreiter – Potenzial, ist er doch ein Plattformener- gekehrt). Wiener Wasserstoff gieträger mit schönen Eigenschaften: Grüner Wasserstoff sowie Brenn- Auch in unserem Land investieren zahl- einfache Speicherung und sehr breite stoffzellen bieten ein enormes Potenzial, reiche Firmen in Forschung und Ent- Anwendungsbereiche. Senk: „Sektor- Treibhausgasemissionen zu reduzieren, wicklung. Innovationsführer sind Ver- kopplung gelingt mit H2 ganz besonders und gelten als Schlüsseltechnologien zur bund, OMV, Voestalpine Stahl, Magna gut! Trotzdem bleibt das Henne-Ei-Prob- Erreichung der Klimaziele. „Dieser che- Energy Storage Systems, Siemens Ener- lem: Erzeugung und Verbrauch – beides mische Grundstoff sowie gasförmige En- gy Austria, AVL List, Fronius, Infineon, muss gleichzeitig hochgefahren werden! ergieträger hat Eigenschaften, die für die Wien Energie, Mpreis und andere mehr. Wir sind in der Position, die gesamte vollständige Dekarbonisierung bis 2040 Im Osten Österreichs haben die Wie- Wertschöpfungskette zu betreiben, und unabdingbar sind“, bekräftigt Jürgen ner Stadtwerke sehr praxisorientiert die möchten als Keimzelle der österreichi- Streitner, Abteilungsleiter der Sektion (grüne) Nase vorne, hier kann auch Otto schen Wasserstoffwirtschaft und Infra- Klima und Energie des Klimaschutzmi- Normalverbraucher bereits einen Blick struktur grünen Wasserstoff als konkur- nisteriums (BMK). in die nähere Wasserstoffzukunft wer- renzfähigen Energieträger im System Zunächst gilt es, Grundlagen und fen: 2020 gründeten die Konzernunter- etablieren!“ Rahmenbedingungen zu schaffen. Die nehmen Wien Energie und Wiener Netze Den Start machte sich die Stadt Wien österreichische Wasserstoffstrategie gemeinsam die Wiener Wasserstoff selber nicht leicht: 2020 setzten die Wie- wurde zwar für Anfang 2020 angekün- digt, bis dato aber noch nicht verabschie- det. Anders in Deutschland und der Wasserstoff-Pkw Schweiz; und auch die EU hat bereits klar 2 wird dank Brennstoffzellen- ist der Wirkungsgrad doppelt so hoch definierte Ausbauziele. Bei dem notwen- digen Fundament geht es nicht nur um H Technologie in elektrische Energie (sowie Wärme) umgewandelt, die ei- wie bei einem Verbrennungsmotor. Der Verbrauch liegt bei rund einem entsprechende Gesetze, sondern auch nen Elektromotor antreibt. Als einzige Kilogramm H2 je 100 Kilometer, eine um Förderung und Aufbau von H2-Infra- Emission entsteht Wasserdampf. Die Pkw-Tankfüllung umfasst vier bis struktur und -netzen, um Anpassung be- Betankung von Brennstoffzellen-Fahr- sechs Kilogramm Wasserstoff. stehender Regularien (z. B. Bauordnung), zeugen ist heutigen Vorgängen an der Konsumentenrechte, Qualitätsstan- Tankstelle ähnlich, allerdings muss das dards inklusive Herkunftsnachweisen, Gas vorher verdichtet werden (auf Abgaben usw. „Diese Basics müssen jetzt 350 oder 700 Bar – der hohe Druck geschaffen werden, damit sich Wasser- macht die Tanksysteme sehr aufwen- stoff durchsetzen kann“, meint Alfons dig), gezählt werden Kilogramm (nicht Haber von der Regulierungsbehörde E- Liter). Vollgetankt wird ein Pkw in rund Control. „Zu den Pilotprojekten zählt, vier Minuten sein, weltweit soll ein ein- Gasnetze umzubauen und zukunftsfit heitlicher Betankungsstandard gelten. Fotos: OMV AG zu machen. Besonders im Bereich der Der Energiegehalt von einem Kilo- Ventiltechnik und Verdichtung ist noch gramm Wasserstoff entspricht 2,8 Ki- viel Forschung notwendig!“ logramm Benzin, in der Brennstoffzelle Juni 2021 GEWINN-EXTRA 63
Energie ner Linien einen H2-betriebenen Testbus mitteleinzelhändler Mpreis – mit eben- Mehr noch: Mit dem Fokus, ein neues eine Woche lang ein – „aber nicht auf ir- falls sehr praxisorientierten Anwendun- Geschäftsfeld aufzubauen, wird die Elekt- gendeiner Linie, sondern einer besonders gen (siehe Kasten Seite 66). Das stark in rolyse-Anlage redundant ausgeführt und schwierigen: 39A, wo es ständig bergauf der Nachhaltigkeit verankerte Familien- kann im Endausbau doppelt so viel H2 lie- und bergab geht. Das funktionierte über- unternehmen mit 300 Standorten be- fern als benötigt. „Es gibt nichts Beste- raschend gut und gab uns Mut. Nun re- schäftigt sich schon lange mit nachhal- hendes, wir müssen alles selber aufbauen den wir nicht länger über Strategien, son- tigen Energielösungen. Zuständig dafürund versuchen, auf diesem Weg mög- ist Ewald Perwög: „Der Güterverkehr ist lichst viele heimische Unternehmen mit- besonders schwer zu dekarbonisieren. zunehmen.“ Im Rahmen des neu gegrün- Ich habe mich intensiv nach Alternativen deten Wasserstoffclusters Tirol und der, für unsere Flotte aus 42 Diesel-Lkw um- seit Beginn der Tiroler H2-Initiative ak- gesehen, einzig praktikable Lösung isttiven Unternehmens- und Vernetzungs- der Wasserstoff.“ plattform „Green Energy Center“, entste- Da Tirol mit klimaneutralem Stromhen gerade mehrere Projekte und Syner- aus Wasserkraft gesegnet ist, entschied gien (z. B. HyWest, HyTrain – siehe Kasten sich Mpreis für den Bau einer firmenei-Seite 66). Involvierte Partner sind neben genen Elektrolyseanlage als Gesamtlö- Mpreis die Tiwag, Thöni Industriebetrie- sung. „Mpreis legt den Grundstein für ei- be GmbH und Zillertaler Verkehrsbetrie- ne breit angelegte Wasserstoffwirtschaft be; Projektkoordinator ist FEN Systems. im Westen Österreichs: Statt weiterhin Die H2-Elektrolyseanlage geht im Sep- tember 2021 in Betrieb, gefolgt von einer Der Wasserstoff-betriebene Testbus H2-Tankstelle und drei H2-Lkw. Der Elekt- der Wiener Linien rolyseur wurde als Zwei-Stufen-Lösung konzipiert: Wasserstoffherstellung für dern machen uns auf den Weg!“ Bis Ende Mobilität; darüber hinaus wird Wasser- 2021 entsteht eine H2-Tankstelle in stoff in industrielle Prozesswärme umge- Wien-Leopoldau und ein Brennstoffzel- wandelt, um die Backöfen der Mpreis- len-39A wird permanent im Regeldienst Bäckerei Therese Mölk mit CO2-freier getestet. Wärme zu versorgen. Mit der zweiten In der Praxis unterscheidet sich der Tankstelle ab 2022 wird H2 der Allgemein- Wasserstoffbus kaum von seinen Diesel- heit zur Verfügung gestellt. „Ein bewuss- Brüdern (bis auf den geräuschlosen An- ter Schritt zur Vermeidung fossiler Ener- trieb). Eine Tankfüllung mit 35 Kilo- gieträger; im Kampf gegen die Klimaka- gramm gasförmigem Wasserstoff dauert Ewald Perwög, Mpreis, legt „Grundstein für tastrophe die einzig richtige Entschei- rund zehn Minuten, damit kommt der breit angelegte Wasserstoffwirtschaft“ dung“, gibt sich Perwög umweltbewusst. Bus 400 bis 500 Kilometer weit (ent- Als „First Mover“ hat Mpreis enorme spricht einem Betriebstag ). Ab 2022 soll sinnlos Gelder für fossile Energieträger Kosten zu stemmen. „Brennstoffzellen- die Wien-Energie-Wasserstofftankstelle ins Ausland abfließen zu lassen, können Lkw sind derzeit rund sechsmal so teuer Leopoldau allen Nutzfahrzeugen (auch wir einen Business Case daraus machen als herkömmliche Lastwägen“, stöhnt er. externen) zur Verfügung stehen. und regionale Wertschöpfungsketten Das Projekt von der Stromnetzanbindung Größtes Problem an der Sache ist der aufbauen und im Land halten“, so Perwög. bis zur H2-Zapfsäule umfasst insgesamt Mangel an grünem H2, aber so Senk: „Der- Im März 2021 war Grundsteinlegung rund 13 Millionen Euro, dazu addieren zeit sind etliche Elektrolyseure im Um- für das Elektrolyse-Gebäude. Perwög sich Investitionen für die Flottenumstel- feld in Bau. Noch sind die Importwege entschied sich gegen einen innovativen lung auf Brennstoffzellen-Lkw von rund weit, aber wir verhandeln gerade den Lie- PEM-Elektrolyseur, sondern für die kon- 20 Millionen Euro. „Wir haben viel Know- Fotos: MPREIS Warenvertriebs GmbH. , Wiener Linien/ M. Helmer ferstart ab 2022 mit einem österreichi- servative PAE-Elektrolyse (alkalische how zu Fördermöglichkeiten aufgebaut schen Anbieter. Ab Juli 2023 erzeugen Druckelektrolyse). „Sie ist seit Langem und freuen uns über Unterstützungen wir dann unseren eigenen grünen Was- bewährt, sehr zuverlässig, wartungsarm von bis zu 70 Prozent der jeweiligen Inves- serstoff ‚made in Vienna!‘ – in Simmering. und skalierbar. Im Gegensatz zum PEM titionskosten“, so Perwög. Förderstellen Hier eröffnen wir dann auch unsere zwei- benötigt PAE keine Edelmetalle und sel- für grüne H2-Aktivitäten gibt es viele, etwa te H2-Tankstelle.“ Das Investitionsvolu- tenen Erden, sondern ist in Europa res- die EU im Rahmen von Horizon 2020, die men für Wiener Wasserstoff liegt im gut- sourcenunabhängig möglich! Und: Wir Kommunalkredit Public Consulting (KPC), en zweistelligen Millionenbereich. brauchen zuverlässige, belastbare Logis- der Klima- und Energiefonds etc. „Es ist tiklösungen – und keine hippen Innova- jetzt noch nicht berechenbar, aber abseh- Grüner Wasserstoff aus Tirol tionen. Unsere Liefer-Lkw müssen im- bar, dass sich unsere H2-Business Cases Auf dem besten Weg zum grünen Was- mer fahren, die Verfügbarkeit muss per- in der Betriebsausgaben-Betrachtung serstoff „made in Tirol“ ist der Lebens- manent gegeben sein“ erklärt Perwög. bald amortisieren werden!“ 64 GEWINN-EXTRA Juni 2021
Energie Grüner Wasserstoff: Die zwölf wichtigsten Leitprojekte in Österreich trolyt-Membrane; Investitionen rund 25 Millionen Euro). Sie soll im zweiten Halbjahr 2023 in Betrieb gehen und bis zu 1.500 Ton- nen grünen Wasserstoff pro Jahr produzieren (vorrangig, um grauen H2 in der Raffinerie zu substituieren). www.omv.com 3 WIVA P&G – die Klammer über alle geförderten Wasserstoffprojekte IVA P&G (Wasserstoffinitiative Vorzeigeregion Austria W Power&Gas) ist ein Verein und Zusammenschluss von 17 österreichischen Unternehmen zur Förderung von Forschung Europäisches Leuchtturmprojekt und Entwicklung von grünen Wasserstoff-Themen in den Berei- H2Future bei der voestalpine chen Energie, Industrie und Mobilität, im Zentrum steht die gesamte Wertschöpfungskette. Die WIVA P&G ist quasi die Klammer über alle geförderten Projekte in Österreich. Pro- 1 H2Future und SuSteel – grüne grammeigner ist der Klima- und Energiefonds, Förderstelle die Wasserstoff-Pilotanlage im FFG. Mitglieder sind AVL List, Energie AG, Energie Steiermark, EVN, Energieinstitut an der JKU Linz, FEN Research, FEN Sys- Industriemaßstab tems, Fronius International, HycentA, K1-Met, Linde Gas, OMV as europäische Leuchtturmprojekt H2Future für die Pro- Refining & Marketing, RAG Austria AG, TÜV Süd, Verbund Solu- D duktion von grünem Wasserstoff in industriellem Maßstab zielt auf den Einsatz in der Stahlindustrie ab (sie verursacht tions, Voestalpine und Wiener Stadtwerke. Bis dato erhielten 14 Projekte eine Förderzusage, die Gesamtprojektsumme dafür 30 Prozent der industriellen CO2-Emissionen). Die Testanlage beträgt 132 Millionen Euro. www.wiva.at des PEM-(Proton-Exchange-Membran-)Elektrolyseurs am Werksgelände der Voestalpine in Linz ist seit Ende 2019 in Betrieb (sechs Megawatt, Kapazität 1.200 Kubikmeter grüner Wasserstoff pro Stunde) und gilt aktuell als größte und modernste ihrer Art in der Stahlindustrie. Projektpartner sind Verbund, Siemens, Austrian Power Grid, K1-MET und TNO. www.h2future-project.eu Am Voestalpine-Standort Donawitz (Steiermark) entsteht unter dem Namen SuSteel (Sustainable Steelmaking) weiters eine Versuchsanlage für die CO2-freie Herstellung von Rohstahl in einem Prozessschritt: Diese neuartige Wasserstoff-Plasma- Fotos: SAN, Visualisierung SWAP Architektur/ Janusch, Voestalpine/ Fotostudio Martin Eder Technologie erzeugt in einer Art Lichtbogenofen Stahl ohne Roheisenstufe. www.voestalpine.com Der SAN Biotechpark, die erste grüne Was- 2 UpHy I & II – Bau der serstoffproduktion in größten Elektrolyseanlage Niederösterreich Österreichs 4 pHy I schafft die Basis für die Wertschöpfungskette für grü- SAN Wasserstoffproduktion U ne H2-Mobilität – von der Produktion über die Logistik bis zur Betankung (350 Bar). Ein Teil der Elektrolyse wird zur Sen- Herzogenburg – kung der CO2-Emission in der OMV-Raffinerie verwendet. Wei- H2 aus Photovoltaik ters kümmert sich UpHy I um künftige Qualitätsparameter an ie SAN Group, ein Biotechnologieunternehmen aus der Zapfsäule. UpHy II setzt zum erstmals in Österreich eine vollständige D Singapur, baut die erste grüne Wasserstoffproduktion in Niederösterreich. Sie wird im firmeneigenen Gewerbepark grüne H2-Wertschöpfungskette im industriellen Maßstab um. Herzogenburg zu 100 Prozent aus der eigenen Photovoltaikan- Im Februar 2021 beschlossen OMV und Kommunalkredit Aus- lage (1,5 MW Leistung) betrieben. Partner ist die Fronius Inter- tria AG den Bau der größten Elektrolyseanlage unseres Landes national GmbH; Investitionen rund drei Millionen Euro, geplante am Standort Raffinerie Schwechat (10 MW PEM – Polymer-Elec- Inbetriebnahme Frühjahr 2022. www.san-group.com Juni 2021 GEWINN-EXTRA 65
Energie 5 Wiener Wasserstoff – alles 7 HyWest – aus einer Hand: Produktion, sektorenübergreifende Betankung und Nutzung Wasserstoffinitiative in Tirol iener Wasserstoff ist yWest hat die autonome, regionale, grüne Wasserstoffwirt- W ein zentrales Projekt im urbanen Ballungsraum H schaft in Tirol im Fokus, erforscht werden Prozesse der sektorenübergreifenden Erzeugung, Speicherung und Anwen- Ostösterreichs und am bes- dung (seit 2016). Vorreiter ist Mpreis mit Prozesswärme aus ten Weg, hier der führende grünem Wasserstoff (siehe unten), ab Ende 2021 werden wei- Wasserstoffpartner für die ters Lkw und Züge, später auch Busse und Pistenraupen um- gesamte Wertschöpfungs- stellen. Das multidisziplinäre Konsortium wird von FEN Sustain kette zu werden: Produktion, Systems GmbH geleitet; Projektbetreiber sind die Mpreis Wa- Betankung und Nutzung. Die renvertriebs GmbH, Tiwag-Tiroler Wasserkraft AG (Sektor- Wiener Stadtwerke gründe- kopplungsanlage beim Tiwag-Kraftwerk Langkampfen in Pla- ten 2020 die Wiener Was- nung), Tigas-Erdgas Tirol GmbH (Netzeinspeisung) und die Zil- serstoff GmbH (WWG) als lertaler Verkehrsbetriebe (siehe HyTrain). Forschung: Johan- 50/50-Tochter von Wien nes Kepler Uni Linz, die FEN Research GmbH Innsbruck und Hy- Energie und Wiener Netzen. Die Wiener-Wasserstoff- CentA Research GmbH Graz; Projektträger: WIVA P&G. Bei Wiener Wasserstoff lau- Geschäftsführerin Gudrun Senk www.hywest.at, www.fen-systems.com fen alle Fäden für eine vollin- tegrierte Lösung zusammen – mit Wien Energie (Erzeugung, Bereitstellung und Forschung), Wiener Netze (Transport- und Verteilinfrastruktur, Forschung) sowie Wiener Linien (Mobilität). Angewandte Forschung liefert Erkenntnisse über die Einspei- sung von Wasserstoff in das Gasnetz – erste Schritte auf dem Weg zum grünen Gas. Erste konkrete Umsetzungen laufen bereits (siehe Text). www.wienerstadtwerke.at/wiener-wasserstoff Ab September 2021 wird ein PAE-Elektrolyseur für Mpreis mittels Wasserkraft grünen Wasserstoff erzeugen 8 Mpreis Wasserstoffinitiative – Elektrolyseur mit Zwei-Stufen- Fotos: MPREIS Warenvertriebs GmbH., Infineon, Wiener Wasserstoff/ Sophie Kirchner H2Carinthia von Infineon Austria sieht Konzept die Elektrolyse-Erzeugung sowie doppelte er Tiroler Lebensmitteleinzelhändler Mpreis (mit 300 Ge- Nutzung von grünem Wasserstoff vor D schäften in Westösterreich und Südtirol) startete im März 2017 seine Wasserstoffinitiative, die sehr bald konkrete, praxis- 6 Infineon H2Carinthia – orientierte Gestalt annimmt: Ab September 2021 wird ein PAE- zweifache Nutzung von Elektrolyseur (alkalische Druckelektrolyse) mittels Wasserkraft grünen Wasserstoff erzeugen. Im November 2021 geht am Wasserstoff in Kärnten Mpreis-Betriebsstandort in Völs bei Innsbruck die H2-Tankstelle ie Halbleiterproduktion benötigt Wasserstoff, bis dato in Betrieb, die die drei ersten Mpreis-Brennstoffzellen-Lkw be- D kommt Flüssigwasserstoff aus fossilen Rohstoffen zum Ein- satz. Das soll sich bald ändern: Das Projekt H2Carinthia von Infi- tanken wird. Grüner Wasserstoff substituiert in der Mpreis- Großbäckerei „Therese Mölk“ weiters Erdgas. Voraussichtlich neon Austria sieht die Elektrolyse-Erzeugung sowie doppelte 2022 folgt eine weitere H2-Tankstelle. Endziel ist die komplette Nutzung von grünem Wasserstoff vor – zum Einsatz kommt er Umstellung der Mpreis-Flotte aus 42 Lkw auf Brennstoffzellen- bei der industriellen Mikrochip-Produktion bei Infineon sowie fahrzeuge (vier bis sieben pro Jahr) sowie die Zurverfü- für die Betankung von Fahrzeugen (insbesondere Postbusse im gungstellung des erzeugten Wasserstoffs samt Infrastruktur Raum Villach). Projektpartner sind OMV, Postbus, Verbund und für breite Anwendungsgebiete in der Mobilität (insbesondere HyCentA GmbH. www.infineon.com Schwerverkehr). www.mpreis.at 66 GEWINN-EXTRA Juni 2021
Energie ha (Kopplung von Hochtemperatur-Co-Elektrolyse und Metha- nisierung) sowie IFE (Innovation Flüssige Energie). Ziel ist die Errichtung Europas innovativster Power-to-Liquid-Anlage zur Produktion synthetischer Kraftstoffe. www.avl.com, www.iesta.at/keytech4ev 11 H2Accelerate – Durchbruch des H2-Lkw ie Interessengemeinschaft H2Accelerate, bestehend aus D OMV, Shell, Daimler Truck AG, IVECO und Volvo Group, strebt seit Dezember 2020 den europaweiten Durchbruch H2- angetriebener Lkw an. Ziel sind vierstellige Produktionszahlen in der zweiten Hälfte der 2020er Jahre. Weiters unterfertigen OMV und die Österreichische Post AG eine Absichtserklärung für den Einsatz von mehr Brennstoffzellen-Lkw (bis 2030 rund Die Zillertalbahn setzt auf 2.000 „grüne Brummis“ in Österreich bei verschiedenen An- den Wasserstoffzug wendern). www.omv.com 9 HyTrain – Wasserstoffzug auf der Zillertalbahn yTrain führt mit österreichischem Know-how den weltweit H ersten H2-betriebenen Schmalspurzug zur Marktreife. Das wasserstoffelektrische Zugsystem für Hochleistungszugan- wendungen (S-Bahn mit hoher Beschleunigung) wird derzeit auf einer Zugplattform der Zillertalbahn getestet. Aufbauend am aktuellen Forschungsstand des Nahverkehrtriebwagens Alstom Coradia iLint (Testbetrieb in Deutschland und Holland) wird weiters der erste H2-betriebene Schmalspurzug für Schwerlast-Zuganwendungen entwickelt (inklusive Wasser- stoffinfrastruktur). Beteiligt sind die oben genannten HyWest- Partner, Molinari Rail in Jenbach und die WIVA P&G. Ziel ist der weltweite Export. www.hytrain.at Fronius dekarbonisiert den Winter- tourismus: Der HySnow, ein mit Wasserstoff-Brennstoffzellen 10 Keytech4EV – betriebenes Schneefahrzeug Elektromobilität mit Brenn- stoffzellen-Batterie-Hybrid 12 Fronius Solhub – lokale eytech4EV ist die Entwicklung eines hocheffizienten, Erzeugung, Speicherung und K kostenoptimierten, COx2-freien Antriebskonzepts für E- Fahrzeuge, vorrangig Schwerfahrzeuge. Anfang 2020 wurde Nutzung von solarem H2 as oberösterreichische Familienunternehmen Fronius In- ein Demonstrationsfahrzeug mit Hybrid-Brennstoffzellen-Bat- terieantrieb präsentiert. Dieser innovative Ansatz bringt ge- genüber reinen Brennstoffzellensystemen sowie reinen Batteri- D ternational GmbH (führend bei Photovoltaik) erforscht seit rund zwei Jahrzehnten die saisonale Energiespeicherung sowie elösungen zahlreiche Vorteile, für die Praxis entscheidend sind Sektorkopplung und ist mittlerweile Innovationsführer im Um- gang mit solarem Wasserstoff. Der Fronius Solhub stellt lokal Fotos: BRP-Rotax GmbH. & Co KG, Zillertalbahn große Reichweite und kurze Tankzeiten (rund vier Kilogramm Wasserstoff für 500 Kilometer mit drei Minuten Betankungs- über Photovoltaik grünen Wasserstoff her, speichert PV-Über- zeit). Die Beteiligung führender Fahrzeughersteller zeigt die schussstrom vor Ort und ermöglicht die Rückverstromung. Der Marktorientiertheit: AVL List GmbH (Leitung), Magna Steyr En- Solhub ist eine schlüsselfertige Komplett-Systemlösung für gineering (Wasserstofftank und -tanksystem), ElringKlinger AG Kommunen, Gewerbe- und Industriebetriebe. Fronius dekarbo- in Deutschland (Weiterentwicklung Brennstoffzelle), Hoerbiger nisiert auch den Wintertourismus: Der HySnow, ein mit Wasser- Wien GmbH (H2-Einspritzventil), HyCentA Research GmbH (pas- stoff-Brennstoffzellen betriebenes Schneefahrzeug, ist seit sive H2-Rezirkulation), IESTA – Institute for Advanced Energy 2020 im Skigebiet Hinterstoder-Wurzeralm in Betrieb. Er wird Systems & Transport Applications, TU Graz und TU Wien. Wei- vor Ort über einen Solhub betankt (rund 50 Kilogramm Wasser- tere Leitprojekte unter der Leitung von AVL List sind HydroMet- stoff pro Jahr). www.fronius.com Juni 2021 GEWINN-EXTRA 67
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