Grüner Wasserstoff als Klimaretter - Energie - FEN Systems

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Grüner Wasserstoff als Klimaretter - Energie - FEN Systems
Energie

                                                                          AUFREINIGUNG
                                              MIKROCHIP-
                                             HERSTELLUNG

                                                                                        BETANKUNG

                        ELEKTROLYSE

                                    NACHHALTIGE                                     VERWENDUNG
                                    ENERGIEERZEUGUNG                               ALS TREIBSTOFF

Grüner Wasserstoff als Klimaretter
Dekarbonisierung und die Erreichung der Klimaziele können laut Experten nur dank grünem
Wasserstoff gelingen, doch der Weg zu diesem klimaneutralen und wirtschaftsankurbelnden
Energieträger der Zukunft ist noch weit. Erste Projekte und Lösungen sind vielversprechend.
Ein Überblick. | VON CLAUDIA JÖRG-BROSCHE

W
            asserstoff (H2) ist pure Ener-       „Blauer Wasserstoff“ ist grauer H2,         „Grüner Wasserstoff“ hingegen ent-
            gie – daher gilt grüner Was-     dessen CO2 unter Energieaufwand abge-      steht zu 100 Prozent aus CO2-freien En-
            serstoff als „Öl der Zukunft“.    schieden und gespeichert wird (Carbon      ergiequellen – sprich: aus erneuerbarem
H2 hat viele Farben: Grau, blau, türkis,     Capture and Storage – zumeist in geolo-    Strom. „Wasserstoff ist dann nichts an-
pink oder grün– was ist der Unterschied?     gischen Formationen) und stofflich wei-      deres als modifizierter Strom“, erläutert
     Wasserstoff bedarf eines „Primären-      ter genutzt wird. Das CO2 gelangt zumin-   Ewald Perwög vom Wasserstoff-First-
ergieträgers“ zur Erzeugung, bis dato wird   dest nicht in die Atmosphäre. „Türkiser“   Mover Mpreis in Tirol. Gewonnen wird
er zu 98 Prozent aus fossilen Brennstoffen    wird über die thermische Spaltung von      grüner H2 derzeit vorrangig durch Elekt-
gewonnen. Beim „grauen“ wird meist Erd-      Methan (Methanpyrolyse) hergestellt.       rolyse (Aufspaltung von Wasser in Was-
gas bzw. Erdöl oder Kohle unter Hitze in     Statt CO2 bleibt fester Kohlenstoff. Ent-   serstoff und Sauerstoff); Zukunftstech-
H2 und CO2 umgewandelt (Dampfrefor-          scheidend für die CO2-Neutralität dieses   nologien sind Photolyse (direkte Spal-
mierung). Bei der Produktion einer Tonne     Verfahrens ist die Versorgung des          tung von Wasser mittels Sonnenenergie)
                                                                                                                                    Illustration: Arnulf Rödler

grauen Wasserstoffs aus Erdgas gehen          Hochtemperaturreaktors aus erneuer-        oder Pyrolyse (Vergasung von Biomasse).
rund zehn Tonnen CO2 in die Atmosphä-        baren Energiequellen sowie die dauer-      Noch sehr in den Kinderschuhen stecken
re; beim Einsatz von Kohle sind es gar 19    hafte Bindung des Kohlenstoffs. „Pinker“    Plasmalyse (aus Sondermüll). Grundvor-
Tonnen. Für die Umwelt genauso kata-         wird aus Atomstrom gewonnen (z. B. in      aussetzung für die Herstellung von grü-
strophal wie der fossile Energieträger!      Frankreich).                               nem Wasserstoff ist also der massive

62                                                         GEWINN-EXTRA                                                 Juni 2021
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                Ausbau erneuerbarer Energie im globa-             Felix Matthes vom Öko-Institut in         GmbH als vollintegrierte Lösung (siehe
                len Maßstab.                                  Berlin und Mitglied des nationalen Was-       Seite 66), „um das Thema Wasserstoff in
                                                              serstoffrates in Deutschland attestiert        die Gänge zu bringen“, so Wiener-Was-
                Enormes Potenzial                             Österreich, auf gutem Weg zu sein. Doch       serstoff-Geschäftsführerin Gudrun Senk.
                Bisher wird der weltweite H2-Bedarf           – wen wundert’s – Deutschland ist schon      „Die Dekarbonisierung des urbanen,
                (rund 115 Millionen Tonnen pro Jahr) nur      weiter, ebenso England. Die Jahre bis         dicht besiedelten Ballungsraumes rund
                zu zwei Prozent mit grünem Wasserstoff         2030 erachtet Matthes als entscheidend:       um Wien mit mehr als zwei Millionen
                gedeckt. Größte Verbraucher sind Raffi-        „In der nächsten Dekade werden die Wei-        Menschen und erschwerten Rahmenbe-
                nerien, die chemische und Halbleiterin-       chen gestellt.“ Er ist überzeugt, dass es     dingungen, wie extrem hoher Energie-
                dustrie. Grüner Wasserstoff bietet viele       kein Zurück mehr gibt: „In meiner Kar-        verbrauch und viel Mobilität, ist eine be-
                Optionen für integrierte Energiesysteme       riere erlebte ich schon viele energietech-    sonders große Herausforderung.“
                und ermöglicht die Koppelung der Sek-         nische Hypes und Blasen, die wieder                Der Anteil erneuerbarer Stromer-
                toren Strom, Wärme und Mobilität. H2-         platzten. Die Wasserstofftechnologie hin-     zeugung in Österreich liegt bereits bei
                Mobilität gelingt mittels Brennstoffzel-       gegen wird sich durchsetzen.“ Die Coro-       75 Prozent – Senk: „Das ist schon mal gut!“
                len-Technologie: Brennstoffzellen wan-         na-Krise wirke als enormer Beschleuniger,     –, in den Bereichen Heizen und Kühlen
                deln Wasserstoff in Strom und Wärme            zahlreiche Kooperationen und Netzwerke        machen alternative Energien 34 Prozent
                um und treiben so einen Elektromotor          wurden gegründet und es tobt ein wahrer       aus, in der Mobilität zehn. Speziell im
                an. Als Emission entsteht lediglich Was-      Wettbewerb der Technologien.                  Verkehrs- und Industriebereich birgt
                serdampf (Brennstoffzellen und Elektro-                                                      der Einsatz von grünem Wasserstoff viel
                lyse sind die gleichen Vorgänge, nur um-     Österreichs Vorreiter –                        Potenzial, ist er doch ein Plattformener-
                gekehrt).                                    Wiener Wasserstoff                             gieträger mit schönen Eigenschaften:
                     Grüner Wasserstoff sowie Brenn-          Auch in unserem Land investieren zahl-         einfache Speicherung und sehr breite
                stoffzellen bieten ein enormes Potenzial,     reiche Firmen in Forschung und Ent-            Anwendungsbereiche. Senk: „Sektor-
                Treibhausgasemissionen zu reduzieren,        wicklung. Innovationsführer sind Ver-          kopplung gelingt mit H2 ganz besonders
                und gelten als Schlüsseltechnologien zur     bund, OMV, Voestalpine Stahl, Magna            gut! Trotzdem bleibt das Henne-Ei-Prob-
                Erreichung der Klimaziele. „Dieser che-      Energy Storage Systems, Siemens Ener-          lem: Erzeugung und Verbrauch – beides
                mische Grundstoff sowie gasförmige En-        gy Austria, AVL List, Fronius, Infineon,        muss gleichzeitig hochgefahren werden!
                ergieträger hat Eigenschaften, die für die   Wien Energie, Mpreis und andere mehr.          Wir sind in der Position, die gesamte
                vollständige Dekarbonisierung bis 2040           Im Osten Österreichs haben die Wie-        Wertschöpfungskette zu betreiben, und
                unabdingbar sind“, bekräftigt Jürgen         ner Stadtwerke sehr praxisorientiert die       möchten als Keimzelle der österreichi-
                Streitner, Abteilungsleiter der Sektion      (grüne) Nase vorne, hier kann auch Otto        schen Wasserstoffwirtschaft und Infra-
                Klima und Energie des Klimaschutzmi-         Normalverbraucher bereits einen Blick          struktur grünen Wasserstoff als konkur-
                nisteriums (BMK).                            in die nähere Wasserstoffzukunft wer-           renzfähigen Energieträger im System
                     Zunächst gilt es, Grundlagen und        fen: 2020 gründeten die Konzernunter-          etablieren!“
                Rahmenbedingungen zu schaffen. Die            nehmen Wien Energie und Wiener Netze                Den Start machte sich die Stadt Wien
                österreichische Wasserstoffstrategie          gemeinsam die Wiener Wasserstoff                selber nicht leicht: 2020 setzten die Wie-
                wurde zwar für Anfang 2020 angekün-
                digt, bis dato aber noch nicht verabschie-
                det. Anders in Deutschland und der                  Wasserstoff-Pkw
                Schweiz; und auch die EU hat bereits klar
                                                                         2 wird dank Brennstoffzellen-           ist der Wirkungsgrad doppelt so hoch
                definierte Ausbauziele. Bei dem notwen-
                digen Fundament geht es nicht nur um                H    Technologie in elektrische Energie
                                                                    (sowie Wärme) umgewandelt, die ei-
                                                                                                                wie bei einem Verbrennungsmotor.
                                                                                                                Der Verbrauch liegt bei rund einem
                entsprechende Gesetze, sondern auch
                                                                    nen Elektromotor antreibt. Als einzige      Kilogramm H2 je 100 Kilometer, eine
                um Förderung und Aufbau von H2-Infra-
                                                                    Emission entsteht Wasserdampf. Die          Pkw-Tankfüllung umfasst vier bis
                struktur und -netzen, um Anpassung be-
                                                                    Betankung von Brennstoffzellen-Fahr-         sechs Kilogramm Wasserstoff.
                stehender Regularien (z. B. Bauordnung),            zeugen ist heutigen Vorgängen an der
                Konsumentenrechte, Qualitätsstan-                   Tankstelle ähnlich, allerdings muss das
                dards inklusive Herkunftsnachweisen,                Gas vorher verdichtet werden (auf
                Abgaben usw. „Diese Basics müssen jetzt             350 oder 700 Bar – der hohe Druck
                geschaffen werden, damit sich Wasser-                macht die Tanksysteme sehr aufwen-
                stoff durchsetzen kann“, meint Alfons                dig), gezählt werden Kilogramm (nicht
                Haber von der Regulierungsbehörde E-                Liter). Vollgetankt wird ein Pkw in rund
                Control. „Zu den Pilotprojekten zählt,              vier Minuten sein, weltweit soll ein ein-
                Gasnetze umzubauen und zukunftsfit                   heitlicher Betankungsstandard gelten.
Fotos: OMV AG

                zu machen. Besonders im Bereich der                 Der Energiegehalt von einem Kilo-
                Ventiltechnik und Verdichtung ist noch              gramm Wasserstoff entspricht 2,8 Ki-
                viel Forschung notwendig!“                          logramm Benzin, in der Brennstoffzelle

                Juni 2021                                                  GEWINN-EXTRA                                                            63
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ner Linien einen H2-betriebenen Testbus      mitteleinzelhändler Mpreis – mit eben-     Mehr noch: Mit dem Fokus, ein neues
eine Woche lang ein – „aber nicht auf ir-    falls sehr praxisorientierten Anwendun-
                                                                                   Geschäftsfeld aufzubauen, wird die Elekt-
gendeiner Linie, sondern einer besonders     gen (siehe Kasten Seite 66). Das stark in
                                                                                   rolyse-Anlage redundant ausgeführt und
schwierigen: 39A, wo es ständig bergauf      der Nachhaltigkeit verankerte Familien-
                                                                                   kann im Endausbau doppelt so viel H2 lie-
und bergab geht. Das funktionierte über-     unternehmen mit 300 Standorten be-    fern als benötigt. „Es gibt nichts Beste-
raschend gut und gab uns Mut. Nun re-        schäftigt sich schon lange mit nachhal-
                                                                                   hendes, wir müssen alles selber aufbauen
den wir nicht länger über Strategien, son-   tigen Energielösungen. Zuständig dafürund versuchen, auf diesem Weg mög-
                                             ist Ewald Perwög: „Der Güterverkehr ist
                                                                                   lichst viele heimische Unternehmen mit-
                                             besonders schwer zu dekarbonisieren.  zunehmen.“ Im Rahmen des neu gegrün-
                                             Ich habe mich intensiv nach Alternativen
                                                                                   deten Wasserstoffclusters Tirol und der,
                                             für unsere Flotte aus 42 Diesel-Lkw um-
                                                                                   seit Beginn der Tiroler H2-Initiative ak-
                                             gesehen, einzig praktikable Lösung isttiven Unternehmens- und Vernetzungs-
                                             der Wasserstoff.“                      plattform „Green Energy Center“, entste-
                                                  Da Tirol mit klimaneutralem Stromhen gerade mehrere Projekte und Syner-
                                             aus Wasserkraft gesegnet ist, entschied
                                                                                   gien (z. B. HyWest, HyTrain – siehe Kasten
                                             sich Mpreis für den Bau einer firmenei-Seite 66). Involvierte Partner sind neben
                                             genen Elektrolyseanlage als Gesamtlö- Mpreis die Tiwag, Thöni Industriebetrie-
                                             sung. „Mpreis legt den Grundstein für ei-
                                                                                   be GmbH und Zillertaler Verkehrsbetrie-
                                             ne breit angelegte Wasserstoffwirtschaft
                                                                                   be; Projektkoordinator ist FEN Systems.
                                             im Westen Österreichs: Statt weiterhin     Die H2-Elektrolyseanlage geht im Sep-
                                                                                   tember 2021 in Betrieb, gefolgt von einer
Der Wasserstoff-betriebene Testbus                                                 H2-Tankstelle und drei H2-Lkw. Der Elekt-
der Wiener Linien                                                                  rolyseur wurde als Zwei-Stufen-Lösung
                                                                                   konzipiert: Wasserstoffherstellung für
dern machen uns auf den Weg!“ Bis Ende                                             Mobilität; darüber hinaus wird Wasser-
2021 entsteht eine H2-Tankstelle in                                                stoff in industrielle Prozesswärme umge-
Wien-Leopoldau und ein Brennstoffzel-                                               wandelt, um die Backöfen der Mpreis-
len-39A wird permanent im Regeldienst                                              Bäckerei Therese Mölk mit CO2-freier
getestet.                                                                          Wärme zu versorgen. Mit der zweiten
    In der Praxis unterscheidet sich der                                           Tankstelle ab 2022 wird H2 der Allgemein-
Wasserstoffbus kaum von seinen Diesel-                                             heit zur Verfügung gestellt. „Ein bewuss-
Brüdern (bis auf den geräuschlosen An-                                             ter Schritt zur Vermeidung fossiler Ener-
trieb). Eine Tankfüllung mit 35 Kilo-                                              gieträger; im Kampf gegen die Klimaka-
gramm gasförmigem Wasserstoff dauert Ewald Perwög, Mpreis, legt „Grundstein für     tastrophe die einzig richtige Entschei-
rund zehn Minuten, damit kommt der breit angelegte Wasserstoffwirtschaft“          dung“, gibt sich Perwög umweltbewusst.
Bus 400 bis 500 Kilometer weit (ent-                                                    Als „First Mover“ hat Mpreis enorme
spricht einem Betriebstag ). Ab 2022 soll sinnlos Gelder für fossile Energieträger Kosten zu stemmen. „Brennstoffzellen-
die Wien-Energie-Wasserstofftankstelle ins Ausland abfließen zu lassen, können Lkw sind derzeit rund sechsmal so teuer
Leopoldau allen Nutzfahrzeugen (auch wir einen Business Case daraus machen als herkömmliche Lastwägen“, stöhnt er.
externen) zur Verfügung stehen.           und regionale Wertschöpfungsketten Das Projekt von der Stromnetzanbindung
    Größtes Problem an der Sache ist der aufbauen und im Land halten“, so Perwög. bis zur H2-Zapfsäule umfasst insgesamt
Mangel an grünem H2, aber so Senk: „Der-      Im März 2021 war Grundsteinlegung rund 13 Millionen Euro, dazu addieren
zeit sind etliche Elektrolyseure im Um- für das Elektrolyse-Gebäude. Perwög sich Investitionen für die Flottenumstel-
feld in Bau. Noch sind die Importwege entschied sich gegen einen innovativen lung auf Brennstoffzellen-Lkw von rund
weit, aber wir verhandeln gerade den Lie- PEM-Elektrolyseur, sondern für die kon- 20 Millionen Euro. „Wir haben viel Know-
                                                                                                                                 Fotos: MPREIS Warenvertriebs GmbH. , Wiener Linien/ M. Helmer

ferstart ab 2022 mit einem österreichi- servative PAE-Elektrolyse (alkalische how zu Fördermöglichkeiten aufgebaut
schen Anbieter. Ab Juli 2023 erzeugen Druckelektrolyse). „Sie ist seit Langem und freuen uns über Unterstützungen
wir dann unseren eigenen grünen Was- bewährt, sehr zuverlässig, wartungsarm von bis zu 70 Prozent der jeweiligen Inves-
serstoff ‚made in Vienna!‘ – in Simmering. und skalierbar. Im Gegensatz zum PEM titionskosten“, so Perwög. Förderstellen
Hier eröffnen wir dann auch unsere zwei- benötigt PAE keine Edelmetalle und sel- für grüne H2-Aktivitäten gibt es viele, etwa
te H2-Tankstelle.“ Das Investitionsvolu- tenen Erden, sondern ist in Europa res- die EU im Rahmen von Horizon 2020, die
men für Wiener Wasserstoff liegt im gut- sourcenunabhängig möglich! Und: Wir Kommunalkredit Public Consulting (KPC),
en zweistelligen Millionenbereich.        brauchen zuverlässige, belastbare Logis- der Klima- und Energiefonds etc. „Es ist
                                          tiklösungen – und keine hippen Innova- jetzt noch nicht berechenbar, aber abseh-
Grüner Wasserstoff aus Tirol              tionen. Unsere Liefer-Lkw müssen im- bar, dass sich unsere H2-Business Cases
Auf dem besten Weg zum grünen Was- mer fahren, die Verfügbarkeit muss per- in der Betriebsausgaben-Betrachtung
serstoff „made in Tirol“ ist der Lebens- manent gegeben sein“ erklärt Perwög.       bald amortisieren werden!“

64                                                        GEWINN-EXTRA                                               Juni 2021
Grüner Wasserstoff als Klimaretter - Energie - FEN Systems
Energie

                                                                                               Grüner Wasserstoff: Die zwölf wichtigsten
                                                                                               Leitprojekte in Österreich
                                                                                                                                                                  trolyt-Membrane; Investitionen rund 25 Millionen Euro). Sie soll
                                                                                                                                                                  im zweiten Halbjahr 2023 in Betrieb gehen und bis zu 1.500 Ton-
                                                                                                                                                                  nen grünen Wasserstoff pro Jahr produzieren (vorrangig, um
                                                                                                                                                                  grauen H2 in der Raffinerie zu substituieren). www.omv.com

                                                                                                                                                                  3
                                                                                                                                                                          WIVA P&G – die Klammer
                                                                                                                                                                          über alle geförderten
                                                                                                                                                                          Wasserstoffprojekte
                                                                                                                                                                         IVA P&G (Wasserstoffinitiative Vorzeigeregion Austria
                                                                                                                                                                  W      Power&Gas) ist ein Verein und Zusammenschluss von 17
                                                                                                                                                                  österreichischen Unternehmen zur Förderung von Forschung
                                                                                                                              Europäisches Leuchtturmprojekt      und Entwicklung von grünen Wasserstoff-Themen in den Berei-
                                                                                                                                  H2Future bei der voestalpine    chen Energie, Industrie und Mobilität, im Zentrum steht die
                                                                                                                                                                  gesamte Wertschöpfungskette. Die WIVA P&G ist quasi die
                                                                                                                                                                  Klammer über alle geförderten Projekte in Österreich. Pro-

                                                                                               1
                                                                                                        H2Future und SuSteel – grüne                              grammeigner ist der Klima- und Energiefonds, Förderstelle die
                                                                                                        Wasserstoff-Pilotanlage im                                FFG. Mitglieder sind AVL List, Energie AG, Energie Steiermark,
                                                                                                                                                                  EVN, Energieinstitut an der JKU Linz, FEN Research, FEN Sys-
                                                                                                        Industriemaßstab                                          tems, Fronius International, HycentA, K1-Met, Linde Gas, OMV
                                                                                                    as europäische Leuchtturmprojekt H2Future für die Pro-        Refining & Marketing, RAG Austria AG, TÜV Süd, Verbund Solu-
                                                                                               D    duktion von grünem Wasserstoff in industriellem Maßstab
                                                                                               zielt auf den Einsatz in der Stahlindustrie ab (sie verursacht
                                                                                                                                                                  tions, Voestalpine und Wiener Stadtwerke. Bis dato erhielten
                                                                                                                                                                  14 Projekte eine Förderzusage, die Gesamtprojektsumme dafür
                                                                                               30 Prozent der industriellen CO2-Emissionen). Die Testanlage       beträgt 132 Millionen Euro. www.wiva.at
                                                                                               des PEM-(Proton-Exchange-Membran-)Elektrolyseurs am
                                                                                               Werksgelände der Voestalpine in Linz ist seit Ende 2019 in
                                                                                               Betrieb (sechs Megawatt, Kapazität 1.200 Kubikmeter grüner
                                                                                               Wasserstoff pro Stunde) und gilt aktuell als größte und
                                                                                               modernste ihrer Art in der Stahlindustrie. Projektpartner sind
                                                                                               Verbund, Siemens, Austrian Power Grid, K1-MET und TNO.
                                                                                               www.h2future-project.eu
                                                                                                     Am Voestalpine-Standort Donawitz (Steiermark) entsteht
                                                                                               unter dem Namen SuSteel (Sustainable Steelmaking) weiters
                                                                                               eine Versuchsanlage für die CO2-freie Herstellung von Rohstahl
                                                                                               in einem Prozessschritt: Diese neuartige Wasserstoff-Plasma-
Fotos: SAN, Visualisierung SWAP Architektur/ Janusch, Voestalpine/ Fotostudio Martin Eder

                                                                                               Technologie erzeugt in einer Art Lichtbogenofen Stahl ohne
                                                                                               Roheisenstufe. www.voestalpine.com
                                                                                                                                                                   Der SAN Biotechpark,
                                                                                                                                                                   die erste grüne Was-

                                                                                               2
                                                                                                        UpHy I & II – Bau der                                      serstoffproduktion in
                                                                                                        größten Elektrolyseanlage                                  Niederösterreich

                                                                                                        Österreichs

                                                                                                                                                                  4
                                                                                                    pHy I schafft die Basis für die Wertschöpfungskette für grü-           SAN Wasserstoffproduktion
                                                                                               U    ne H2-Mobilität – von der Produktion über die Logistik bis
                                                                                               zur Betankung (350 Bar). Ein Teil der Elektrolyse wird zur Sen-
                                                                                                                                                                          Herzogenburg –
                                                                                               kung der CO2-Emission in der OMV-Raffinerie verwendet. Wei-
                                                                                                                                                                          H2 aus Photovoltaik
                                                                                               ters kümmert sich UpHy I um künftige Qualitätsparameter an             ie SAN Group, ein Biotechnologieunternehmen aus
                                                                                               der Zapfsäule.
                                                                                                    UpHy II setzt zum erstmals in Österreich eine vollständige
                                                                                                                                                                  D   Singapur, baut die erste grüne Wasserstoffproduktion in
                                                                                                                                                                  Niederösterreich. Sie wird im firmeneigenen Gewerbepark
                                                                                               grüne H2-Wertschöpfungskette im industriellen Maßstab um.          Herzogenburg zu 100 Prozent aus der eigenen Photovoltaikan-
                                                                                               Im Februar 2021 beschlossen OMV und Kommunalkredit Aus-            lage (1,5 MW Leistung) betrieben. Partner ist die Fronius Inter-
                                                                                               tria AG den Bau der größten Elektrolyseanlage unseres Landes       national GmbH; Investitionen rund drei Millionen Euro, geplante
                                                                                               am Standort Raffinerie Schwechat (10 MW PEM – Polymer-Elec-          Inbetriebnahme Frühjahr 2022. www.san-group.com

                                                                                            Juni 2021                                                  GEWINN-EXTRA                                                             65
Grüner Wasserstoff als Klimaretter - Energie - FEN Systems
Energie

     5
             Wiener Wasserstoff – alles

                                                                         7
                                                                                 HyWest –
             aus einer Hand: Produktion,                                         sektorenübergreifende
             Betankung und Nutzung                                               Wasserstoffinitiative in Tirol
            iener Wasserstoff ist                                              yWest hat die autonome, regionale, grüne Wasserstoffwirt-
     W      ein zentrales Projekt
     im urbanen Ballungsraum
                                                                         H    schaft in Tirol im Fokus, erforscht werden Prozesse der
                                                                         sektorenübergreifenden Erzeugung, Speicherung und Anwen-
     Ostösterreichs und am bes-                                          dung (seit 2016). Vorreiter ist Mpreis mit Prozesswärme aus
     ten Weg, hier der führende                                          grünem Wasserstoff (siehe unten), ab Ende 2021 werden wei-
     Wasserstoffpartner für die                                           ters Lkw und Züge, später auch Busse und Pistenraupen um-
     gesamte Wertschöpfungs-                                             stellen. Das multidisziplinäre Konsortium wird von FEN Sustain
     kette zu werden: Produktion,                                        Systems GmbH geleitet; Projektbetreiber sind die Mpreis Wa-
     Betankung und Nutzung. Die                                          renvertriebs GmbH, Tiwag-Tiroler Wasserkraft AG (Sektor-
     Wiener Stadtwerke gründe-                                           kopplungsanlage beim Tiwag-Kraftwerk Langkampfen in Pla-
     ten 2020 die Wiener Was-                                            nung), Tigas-Erdgas Tirol GmbH (Netzeinspeisung) und die Zil-
     serstoff GmbH (WWG) als                                              lertaler Verkehrsbetriebe (siehe HyTrain). Forschung: Johan-
     50/50-Tochter von Wien                                              nes Kepler Uni Linz, die FEN Research GmbH Innsbruck und Hy-
     Energie und Wiener Netzen.         Die Wiener-Wasserstoff-          CentA Research GmbH Graz; Projektträger: WIVA P&G.
     Bei Wiener Wasserstoff lau-      Geschäftsführerin Gudrun Senk       www.hywest.at, www.fen-systems.com
     fen alle Fäden für eine vollin-
     tegrierte Lösung zusammen – mit Wien Energie (Erzeugung,
     Bereitstellung und Forschung), Wiener Netze (Transport- und
     Verteilinfrastruktur, Forschung) sowie Wiener Linien (Mobilität).
     Angewandte Forschung liefert Erkenntnisse über die Einspei-
     sung von Wasserstoff in das Gasnetz – erste Schritte auf dem
     Weg zum grünen Gas. Erste konkrete Umsetzungen laufen
     bereits (siehe Text).
     www.wienerstadtwerke.at/wiener-wasserstoff

                                                                          Ab September 2021 wird ein PAE-Elektrolyseur für Mpreis
                                                                          mittels Wasserkraft grünen Wasserstoff erzeugen

                                                                         8
                                                                                 Mpreis Wasserstoffinitiative –
                                                                                 Elektrolyseur mit Zwei-Stufen-

                                                                                                                                                Fotos: MPREIS Warenvertriebs GmbH., Infineon, Wiener Wasserstoff/ Sophie Kirchner
                                H2Carinthia von Infineon Austria sieht           Konzept
                            die Elektrolyse-Erzeugung sowie doppelte
                                                                              er Tiroler Lebensmitteleinzelhändler Mpreis (mit 300 Ge-
                                 Nutzung von grünem Wasserstoff vor
                                                                         D    schäften in Westösterreich und Südtirol) startete im März
                                                                         2017 seine Wasserstoffinitiative, die sehr bald konkrete, praxis-

     6
             Infineon H2Carinthia –                                      orientierte Gestalt annimmt: Ab September 2021 wird ein PAE-
             zweifache Nutzung von                                       Elektrolyseur (alkalische Druckelektrolyse) mittels Wasserkraft
                                                                         grünen Wasserstoff erzeugen. Im November 2021 geht am
             Wasserstoff in Kärnten                                      Mpreis-Betriebsstandort in Völs bei Innsbruck die H2-Tankstelle
          ie Halbleiterproduktion benötigt Wasserstoff, bis dato          in Betrieb, die die drei ersten Mpreis-Brennstoffzellen-Lkw be-
     D    kommt Flüssigwasserstoff aus fossilen Rohstoffen zum Ein-
     satz. Das soll sich bald ändern: Das Projekt H2Carinthia von Infi-
                                                                         tanken wird. Grüner Wasserstoff substituiert in der Mpreis-
                                                                         Großbäckerei „Therese Mölk“ weiters Erdgas. Voraussichtlich
     neon Austria sieht die Elektrolyse-Erzeugung sowie doppelte         2022 folgt eine weitere H2-Tankstelle. Endziel ist die komplette
     Nutzung von grünem Wasserstoff vor – zum Einsatz kommt er            Umstellung der Mpreis-Flotte aus 42 Lkw auf Brennstoffzellen-
     bei der industriellen Mikrochip-Produktion bei Infineon sowie        fahrzeuge (vier bis sieben pro Jahr) sowie die Zurverfü-
     für die Betankung von Fahrzeugen (insbesondere Postbusse im         gungstellung des erzeugten Wasserstoffs samt Infrastruktur
     Raum Villach). Projektpartner sind OMV, Postbus, Verbund und        für breite Anwendungsgebiete in der Mobilität (insbesondere
     HyCentA GmbH. www.infineon.com                                      Schwerverkehr). www.mpreis.at

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Grüner Wasserstoff als Klimaretter - Energie - FEN Systems
Energie

                                                                                                                    ha (Kopplung von Hochtemperatur-Co-Elektrolyse und Metha-
                                                                                                                    nisierung) sowie IFE (Innovation Flüssige Energie). Ziel ist die
                                                                                                                    Errichtung Europas innovativster Power-to-Liquid-Anlage
                                                                                                                    zur Produktion synthetischer Kraftstoffe. www.avl.com,
                                                                                                                    www.iesta.at/keytech4ev

                                                                                                                    11
                                                                                                                                    H2Accelerate –
                                                                                                                                    Durchbruch des
                                                                                                                                    H2-Lkw
                                                                                                                         ie Interessengemeinschaft H2Accelerate, bestehend aus
                                                                                                                    D    OMV, Shell, Daimler Truck AG, IVECO und Volvo Group,
                                                                                                                    strebt seit Dezember 2020 den europaweiten Durchbruch H2-
                                                                                                                    angetriebener Lkw an. Ziel sind vierstellige Produktionszahlen
                                                                                                                    in der zweiten Hälfte der 2020er Jahre. Weiters unterfertigen
                                                                                                                    OMV und die Österreichische Post AG eine Absichtserklärung
                                                                                                                    für den Einsatz von mehr Brennstoffzellen-Lkw (bis 2030 rund
                                                                                      Die Zillertalbahn setzt auf   2.000 „grüne Brummis“ in Österreich bei verschiedenen An-
                                                                                         den Wasserstoffzug         wendern). www.omv.com

                                                9
                                                            HyTrain –
                                                            Wasserstoffzug auf
                                                            der Zillertalbahn
                                                     yTrain führt mit österreichischem Know-how den weltweit
                                                H    ersten H2-betriebenen Schmalspurzug zur Marktreife. Das
                                                wasserstoffelektrische Zugsystem für Hochleistungszugan-
                                                wendungen (S-Bahn mit hoher Beschleunigung) wird derzeit
                                                auf einer Zugplattform der Zillertalbahn getestet. Aufbauend
                                                am aktuellen Forschungsstand des Nahverkehrtriebwagens
                                                Alstom Coradia iLint (Testbetrieb in Deutschland und Holland)
                                                wird weiters der erste H2-betriebene Schmalspurzug für
                                                Schwerlast-Zuganwendungen entwickelt (inklusive Wasser-
                                                stoffinfrastruktur). Beteiligt sind die oben genannten HyWest-
                                                Partner, Molinari Rail in Jenbach und die WIVA P&G. Ziel ist der
                                                weltweite Export. www.hytrain.at                                                                   Fronius dekarbonisiert den Winter-
                                                                                                                                                    tourismus: Der HySnow, ein mit
                                                                                                                                                     Wasserstoff-Brennstoffzellen

                                                10
                                                                Keytech4EV –                                                                          betriebenes Schneefahrzeug
                                                                Elektromobilität mit Brenn-
                                                                stoffzellen-Batterie-Hybrid

                                                                                                                    12
                                                                                                                                    Fronius Solhub – lokale
                                                     eytech4EV ist die Entwicklung eines hocheffizienten,                             Erzeugung, Speicherung und
                                                K    kostenoptimierten, COx2-freien Antriebskonzepts für E-
                                                Fahrzeuge, vorrangig Schwerfahrzeuge. Anfang 2020 wurde
                                                                                                                                    Nutzung von solarem H2
                                                                                                                         as oberösterreichische Familienunternehmen Fronius In-
                                                ein Demonstrationsfahrzeug mit Hybrid-Brennstoffzellen-Bat-
                                                terieantrieb präsentiert. Dieser innovative Ansatz bringt ge-
                                                genüber reinen Brennstoffzellensystemen sowie reinen Batteri-
                                                                                                                    D    ternational GmbH (führend bei Photovoltaik) erforscht seit
                                                                                                                    rund zwei Jahrzehnten die saisonale Energiespeicherung sowie
                                                elösungen zahlreiche Vorteile, für die Praxis entscheidend sind     Sektorkopplung und ist mittlerweile Innovationsführer im Um-
                                                                                                                    gang mit solarem Wasserstoff. Der Fronius Solhub stellt lokal
Fotos: BRP-Rotax GmbH. & Co KG, Zillertalbahn

                                                große Reichweite und kurze Tankzeiten (rund vier Kilogramm
                                                Wasserstoff für 500 Kilometer mit drei Minuten Betankungs-           über Photovoltaik grünen Wasserstoff her, speichert PV-Über-
                                                zeit). Die Beteiligung führender Fahrzeughersteller zeigt die       schussstrom vor Ort und ermöglicht die Rückverstromung. Der
                                                Marktorientiertheit: AVL List GmbH (Leitung), Magna Steyr En-       Solhub ist eine schlüsselfertige Komplett-Systemlösung für
                                                gineering (Wasserstofftank und -tanksystem), ElringKlinger AG        Kommunen, Gewerbe- und Industriebetriebe. Fronius dekarbo-
                                                in Deutschland (Weiterentwicklung Brennstoffzelle), Hoerbiger        nisiert auch den Wintertourismus: Der HySnow, ein mit Wasser-
                                                Wien GmbH (H2-Einspritzventil), HyCentA Research GmbH (pas-         stoff-Brennstoffzellen betriebenes Schneefahrzeug, ist seit
                                                sive H2-Rezirkulation), IESTA – Institute for Advanced Energy       2020 im Skigebiet Hinterstoder-Wurzeralm in Betrieb. Er wird
                                                Systems & Transport Applications, TU Graz und TU Wien. Wei-         vor Ort über einen Solhub betankt (rund 50 Kilogramm Wasser-
                                                tere Leitprojekte unter der Leitung von AVL List sind HydroMet-     stoff pro Jahr). www.fronius.com

                                                Juni 2021                                                     GEWINN-EXTRA                                                              67
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