Handlungsfähigkeit in Krisen sichern - Evaluation der Digitalen Resilienz des Landes Brandenburg - Digitales Brandenburg

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Handlungsfähigkeit in Krisen sichern - Evaluation der Digitalen Resilienz des Landes Brandenburg - Digitales Brandenburg
Version 1.1 | Stand: 24.06.2021

Handlungsfähigkeit
in Krisen sichern
Evaluation der Digitalen Resilienz
des Landes Brandenburg
Handlungsfähigkeit in Krisen sichern - Evaluation der Digitalen Resilienz des Landes Brandenburg - Digitales Brandenburg
Vorwort

                                                                                                                         Foto: Volker Tanner, Staatskanzlei
                                                            Dr. Benjamin Grimm
                                                            Staatssekretär in der Staatskanzlei des Landes Brandenburg
                                                            Beauftragter für Medien und Digitalisierung

Sehr geehrte Leserinnen und Leser,

mit der Corona-Pandemie wurde unsere Gesellschaft von einem Tag auf den anderen vor
eine der größten Herausforderungen der jüngsten Geschichte gestellt. Gerade das, was uns
als Menschen ausmacht, nämlich die Pflege sozialer Kontakte, war in seiner herkömmlichen
Form nicht mehr möglich. Viele Härten, die dadurch zu entstehen drohten, konnten durch
digitale Instrumente abgewendet oder zumindest erträglich gemacht werden. Insofern kann
man sagen, dass diese Pandemie trotz aller Zumutungen und menschlichen Tragödien auch
vor Augen geführt hat, was die Digitalisierung auch kann: Kommunikation und Zusammen-
sein ermöglichen, wenn man gleichzeitig Abstand halten muss.

Diese Erfahrungen können wir auf andere Bereiche übertragen. Gerade im ländlichen Raum
geht es im Alltag ganz oft darum, Distanzen zu überwinden. Und hier hat die Digitalisierung
bereits einiges bewirkt. So genießen viele Berufstätige die neu gewonnene Freiheit, von
überall aus arbeiten zu können, solange es vor Ort eine stabile Internetverbindung gibt.

Die Krise hat damit einen Kulturwandel ausgelöst, welcher heute in allen gesellschaftlichen
Bereichen spürbar ist. Schulen nutzen Online-Angebote für den Unterricht, Unternehmen
ermöglichen Remote Work und Bürgerämter bieten Verwaltungsleistungen digital an. Auch
wenn die Pandemie noch nicht vollends bezwungen ist, so lässt sich schon heute sagen:
ohne die Möglichkeiten der Digitalisierung wären die Menschen in Brandenburg nicht so
glimpflich durch diese Krise gekommen.

Die Aufarbeitung der in der Krise gesammelten Erfahrungen – ob nun Technik, Umsetzung
oder Datenschutz – wird einige Zeit in Anspruch nehmen. Und mit der Aufarbeitung dieser
Erfahrungen hat ein Begriff Konjunktur erlangt, der uns auf Dauer begleiten wird. Es ist die
Resilienz, die Widerstandsfähigkeit. Die Digitale Resilienz. Mit der vorliegenden Evaluation
der Digitalen Resilienz hat Brandenburg den ersten substanziellen Schritt zur Aufarbeitung
der in der Krise gemachten Erfahrungen getan.

Ich wünsche Ihnen eine hoffentlich interessante Lektüre und uns allen, dass wir bei der
Digitalisierung gemeinsam gut vorankommen.

Dr. Benjamin Grimm

Evaluation der Digitalen Resilienz des Landes Brandenburg                       Cassini Consulting AG | Stand: 24.06.2021
Inhalt
          Managment Summary

1         Warum Digitale Resilienz?                                     1

1.1       Einordnung dieser Evaluation                                  1

1.2       Eingesetzte Methodik                                          3

2         Die Relevanz der Digitalen Resilienz für                      5
          Brandenburg

2.1       Wie ist die Landesverwaltung der                              5
          Covid-19-Pandemie begegnet?

2.2       Wie wurde die Handlungsfähigkeit aufrecht                     6
          erhalten?

2.3       Welche laufenden Initiativen stärken die                      9
          Digitale Resilienz?

3         Evaluation der Digitalen Resilienz                            9

3.1       Technologie                                                   9

3.2       Recht und Organisation                                       13

3.3       Digitalstrategien und Digitalkultur                          15

4         Handlungsempfehlungen zur Stärkung                           17
          der Digitalen Resilienz

4.1       Handlungsempfehlung 1:                                       18
          Fortführung der Binnendigitalisierung

4.2       Handlungsempfehlung 2: Weiterentwicklung                     19
          der organisatorischen Rahmenbedingungen

4.3       Handlungsempfehlung 3:                                       20
          Verbesserung der Schnittstellen zu
          Bürger*innen und Unternehmen

4.4       Handlungsempfehlung 4: Intensivierung                        20
          des ressortübergreifenden Austauschs

4.5       Handlungsempfehlung 5:                                       21
          Beschleunigung des Kulturwandels

5         Abkürzungsverzeichnis                                        22

Evaluation der Digitalen Resilienz des Landes Brandenburg   Cassini Consulting AG | Stand: 24.06.2021
Management Summary

Die Covid-19-Pandemie hat gezeigt, dass digitale Anwendungen und IT-Infrastrukturen
essenziell dafür sind, die Handlungsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung sowie die
staatliche Daseinsvorsorge auch in Krisen aufrecht zu erhalten. Es gilt nun, aus dieser
Krise die nötigen Lehren zu ziehen, um so besser auf künftige Krisen vorbereitet zu sein.
Die vorliegende Evaluation stellt die Auswertung der bisher in der Pandemie gemachten
Erfahrungen sicher. Sie trägt mit Handlungsempfehlungen zur Stärkung der Digitalen
Resilienz in Brandenburg bei.

Die wichtigsten Erkenntnisse sind:

   	Die Handlungsfähigkeit der Verwaltung konnte           Die Akzeptanz und damit die Nutzung der
     weitgehend unterbrechungsfrei sichergestellt            verfügbaren digitalen Verwaltungsangebote ist
     werden. Bei den geschäftskritischen Fachver-            auf­­­­grund fehlender Nutzerorientierung stark
     fahren und IT-Komponenten des Landes sind               ein­­geschränkt.
     keine Ausfälle aufgetreten.
                                                             ie Einführung neuer digitaler Lösungen wurde
                                                            D
     In den einzelnen Ressorts hing die Handlungs-         durch zeitintensive oder verspätete Datenschutz-
      fähigkeit entscheidend davon ab, ob die E-Akte        Abstimmungen verzögert.
      und ggf. weitere, ressortspezifische digitale Lö-
      sungen bereits verfügbar waren.                        ie Entwicklung einer Digitalkultur steht noch
                                                            D
                                                            am Anfang und wird durch tradierte Strukturen
      ollumfängliches mobiles Arbeiten ist aufgrund
     V                                                      und teilweise fehlende Vorbilder auf Leitungs-
     der fehlenden Verfügbarkeit von dazu nötigen           ebene behindert.
     Softwarelösungen noch nicht flächendeckend
     möglich.

      ie großzügige Auslegung von Ermessensspiel-
     D
     räumen und Anpassung einiger rechtlich-orga-
     nisatorischer Rahmenbedigungen stellte die
     Handlungsfähigkeit der Verwaltung trotz der
     Covid-19-Pandemie sicher.

Evaluation der Digitalen Resilienz des Landes Brandenburg                Cassini Consulting AG | Stand: 24.06.2021
Management Summary

Damit die Stärkung der Digitalen Resilienz nicht nur
politische Willensbekundung, sondern operative
Leitlinie bei der Digitalisierung des Landes Bran-
denburg wird, muss sie als übergeordnetes Ziel der
Digitalisierungsstrategie des Landes Brandenburg
gelten.

Dabei gelten die folgenden fünf
Handlungsempfehlungen:

                                       Technologie                  Recht und
                                                                   Organisation

1
Fortführung der
Binnendigitalisierung

2                                                                                                                4
Weiterentwicklung der                                                             Intensivierung des ressort-
organisatorischen                                    Digitalstrategien            übergreifenden Austauschs
Rahmenbedingungen                                    und Digitalkultur

3                                                                                                                5
Verbesserung der Schnittstellen zu                                                         Beschleunigung des
Bürger*innen und Unternehmen                                                                   Kulturwandels

Durch Aufnahme in das derzeit in Erarbeitung be-
findliche Digitalprogramm 2025 kann die Umsetzung
der Handlungsempfehlungen in konkrete Maßnah-
men überführt werden. Hierbei sind klare Verant-
wortlichkeiten und Meilensteine zu definieren.

Evaluation der Digitalen Resilienz des Landes Brandenburg                  Cassini Consulting AG | Stand: 24.06.2021
1     Warum Digitale Resilienz?

Die Covid-19-Pandemie hat gezeigt, dass digita-
le Anwendungen und IT-Infrastrukturen erheblich
dazu beitragen, die Handlungsfähigkeit der öffent-
lichen Verwaltung sowie die staatliche Daseins-
vorsorge aufrecht zu erhalten. Seitdem rückt das
Konzept der Digitalen Resilienz in den Fokus der
deutschen Verwaltung. Die dieser Evaluation zu-
                                                                            modifizierter Form aufrechterhalten werden. Die ab-
                                                                            rupte Umstellung vieler Lebensbereiche auf digitale
                                                                            Zugänge hat allerdings viele technische, organisato-
                                                                            rische und rechtliche Fragen aufgeworfen. Das Land
                                                                            will nun die nötigen Lehren ziehen, um besser auf
                                                                            künftige Krisen vorbereitet zu sein. Der Kabinetts-
                                                                            beschluss Nr. 199/20 vom 20. Oktober 2020 bildet die
                                                                                                                                               1
grundeliegende Definition zur Digitalen Resilienz                           Grundlage für die vorliegende Evaluation. Diese soll
wurde Ende 2020 mit den Mitgliedern der IMAG                                die Auswertung der in der Pandemie gemachten Er-
Digitalpolitik gemeinsam erarbeitet:                                        kenntnisse sicherstellen sowie mit Handlungsemp-
                                                                                         fehlungen zur Stärkung der Digitalen
                                                                                         Resilienz in Brandenburg beitragen.1
          „Digitale Resilienz beschreibt die Fähigkeit,
          die öffentliche Daseinsvorsorge, Verwaltungs­                                  Die Evaluation ordnet sich in eine
          leistungen und Infrastrukturen bei endogenen oder                              Reihe weiterer Papiere und Konzepte
          exogenen Schocks mittels digitaler Instrumente                                 zur Digitalen Resilienz in Brandenburg
                                                                                         und anderen Bundesländern sowie auf
          sowie Kompetenzen aufrecht zu erhalten und
                                                                                         Bundes- und EU-Ebene ein. In Branden-
          anpassen zu können. Ein System ist resilient, wenn                             burg sind hier insbesondere der Koali-
          es einen Schock übersteht, sich selbstständig                                  tionsvertrag vom 19. November 2019, die
          erneuert und aus Erfahrungen lernt. Somit wird                                 Zukunftsstrategie Digitales Branden-
                                                                                         burg von 2018 sowie die dazugehörige
          durch eine hohe digitale Resilienz die Funktions­
                                                                                         Evaluation von 2020 zu nennen. So-
          fähigkeit von Staat und Gesellschaft in Krisen gesi-                           wohl der Koalitionsvertrag als auch die
          chert. Hierfür sind vorausschauende rechtliche und                             Zukunftsstrategie sind vor der Covid-
          organisatorische Rahmenbedingungen, individuelle                               19-Pandemie entstanden. Der Begriff
          Entscheidungs- und Digitalkompetenz sowie be-                                  Digitale Resilienz wird in beiden Doku-
                                                                                         menten nicht explizit erwähnt. Dennoch
          lastbare Prozesse für den Schutz und die Wieder-                               unterstreicht der Koalitionsvertrag die
          herstellung leistungsfähiger technischer Infrastruk-                           grundsätzliche Bedeutung der Digitali-
          turen fundamental. Die pragmatische Anwendung                                  sierung für die Entwicklung des Landes
          digitaler Instrumente und Dienstleistungen in den                              und betont, die Landesregierung wolle
                                                                                         „die digitale Transformation in Branden-
          jeweiligen Politikfeldern sowie eine umfassende
                                                                                         burg zügig vorantreiben und zukunfts-
          Binnendigitalisierung der Verwaltung erleichtern                               orientiert gestalten.“2 Damit halten
          die Krisenbewältigung.“                                                        auch die Handlungsfelder der digitalen
                                                                                         Infrastruktur, der Bereich E-Government
                                                                                         einschließlich der OZG-Umsetzung bis
1.1    Einordnung dieser Evaluation                                         Ende des Jahres 2022 sowie die digitale Souveränität
                                                                            Einzug in den Koalitionsvertrag. Sowohl die Zukunfts-
Auch für das Land Brandenburg bedeutet die                                  strategie als auch der zugehörige Evaluationsbericht
Covid-19-Pandemie eine große Herausforderung,                               betonen die Wichtigkeit der Umsetzung des OZG bis
insbesondere im Bereich der öffentlichen Verwal-                            Ende 2022. Zudem soll die Binnendigitalisierung der
tung und der Daseinsvorsorge. In vielen Bereichen                           Landesverwaltung durch die flächendeckende Ein-
wurden technische und finanzielle Lösungen gefun-                           führung der E-Akte erreicht werden. Diese Papiere
den, um verstärkt digitale Lösungen einzusetzen.                            zeigen zudem Wege hin zu einer Digitalkultur in der
So konnte das Angebot der allermeisten Verwal-                              Landesregierung auf.3 4
tungsdienstleistungen der Landesverwaltung in

1 Ministerin und Chefin der Staatskanzlei des Landes Brandenburg, Kabinettsvorlage 199/20, 20. Oktober 2020
2 	SPD Brandenburg, CDU Brandenburg, Bündnis 90/Die Grünen Brandenburg, Zusammenhalt, Nachhaltigkeit, Sicherheit – Ein neues Kapitel für
    Brandenburg, 19. November 2019, online verfügbar unter: https://www.brandenburg.de/media/bb1.a.3833.de/Koalitionsvertrag_Endfassung.pdf,
    zuletzt abgerufen 30. März 2021.
3	Landesregierung Brandenburg, Zukunftsstrategie Digitales Brandenburg, 11. Dezember 2018, online verfügbar unter:
    https://digitalesbb.de/wp-content/uploads/2019/08/190529_Broschüre_A4_Gesamtstrategie_web.pdf, zuletzt abgerufen 31. März 2021.
4 	Prognos AG, Evaluation der „Zukunftsstrategie Digitales Brandenburg“, Dezember 2020, online verfügbar unter:
    https://digitalesbb.de/wp-content/uploads/2020/10/Eval-Digitstrat-BB_Evaluationsbericht.pdf, zuletzt abgerufen 31. März 2021.

Evaluation der Digitalen Resilienz des Landes Brandenburg                                        Cassini Consulting AG | Stand: 24.06.2021     1
Die Staatskanzlei Rheinland-Pfalz veröffentlichte im                         nicht geplanter Digitalisierungsschub stattgefunden
Juni 2020 als erstes deutsches Bundesland einen                              hat. Der Beirat empfiehlt daher, Ansätze wie Team-
Bericht zur Digitalen Resilienz. Der Bericht Rhein-                          arbeit und agiles Management in die Verwaltung
land-Pfalz nachhaltig digital – Resilienz durch digitale                     zu integrieren, um flexibler auf Herausforderungen
Infrastrukturen und Anwendungen gibt einen Über-                             reagieren und vermehrt innovative Prozesse und
blick zu den Lebensbereichen, in denen die rhein-                            Technologien einsetzen zu können. Darüber hinaus
land-pfälzische Landesregierung bereits die Digita-                          soll zukünftig mehr auf die Arbeit in Reallaboren ge-
le Resilienz stärken konnte. Der Bericht fokussiert                          setzt werden, um unter realen Bedingungen gesetz-
auf die öffentliche Daseinsvorsorge der Verwaltung.                          liche Regelwerke analysieren zu können.
Durch die flächendeckende Einführung der E-Akte in
den obersten Landesbehörden und die kurzfristige        Auch der Jahresbericht des Normenkontrollrates
Erhöhung der Anzahl der mobilen Arbeitsplätze wur-      (NKR) vom 21. Oktober 2020 enthält eine Reihe an
den während der Covid-19-Pandemie gute Vorausset-       Schlussfolgerungen aus der Covid-19-Pandemie
zungen geschaffen, um im Krisenfall handlungsfähig      und bezieht sich auf die Digitale Resilienz. Der Be-
zu bleiben.5 Ein Austausch zur Digitalen Resilienz      richt unterstreicht, dass die Covid-19-Pandemie
auf Ebene der Digitalminister*innen und -staatssek­     Schwachstellen in der öffentlichen Verwaltung offen-
retär*innen aller Bundesländer ist vereinbart.6         gelegt hat. So funktionierten die Meldewege in der
                                                        Gesundheitsverwaltung zu Beginn der Krise weit-
Auch auf Bundesebene gibt es bereits einige Ver- hin nur analog. Diese Meldewege sollen laut NKR-
öffentlichungen zum Thema Digitale Resilienz. Bei- Jahresbericht flächendeckend digitalisiert werden,
spielsweise legt der Deutsche Aufbau- und Resili- um auf künftige Krisen besser vorbereitet zu sein.9
enzplan (DARP) des BMF, welcher am 16. Dezember Zudem soll das föderale Krisenmanagement über-
2020 in einer Entwurfsfassung vom Bundeskabinett prüft und aktualisiert werden, um im Krisenfall
verabschiedet wurde, die Schwerpunkte der Aktivitä- klare Zuständigkeiten zu schaffen. Dabei muss mehr
ten der Bundesregierung nach der Krise zur langfris- Kompatibilität zwischen dem Krisenmanagement
tigen Stärkung der Resilienz dar.7 Die für die Stärkung von Bund, Ländern und Kommunen hergestellt
der Digitalen Resilienz wichtigsten Schwerpunkte werden. Darüber hinaus betont der NKR, dass die
des DARP sind die Digitalisierung der Wirtschaft, die Verwaltung auch in Krisenfällen arbeitsfähig bleiben
Digitalisierung der Bildung sowie der Aufbau einer muss. Neben zusätzlicher technischer Ausstattung
modernen öffentlichen Verwaltung.                       sind dazu auch neue Führungsqualitäten in der Ver-
                                                        waltung erforderlich, um so den Kulturwandel in
Der Wissenschaftliche Beirat des BMWi stellt in der Verwaltung voranzutreiben. Mit Unterstützung
einem Gutachten zu den Lehren aus der Corona-­ eines unabhängigen Expertenrates im Zentrum einer
Krise fest, dass die Covid-19-Pandemie deutliche Initiative Moderner Staat, moderne Verwaltung soll
Defizite in der Digitalisierung verschiedener Lebens- die Modernisierung der Verwaltung und des Staates
bereiche offengelegt hat.8 Dabei wird unter anderem vorangetrieben werden. Dabei dient das Jahr 2030
dargelegt, dass die Verwaltung nur in Ausnahme- als Zielhorizont.
fällen die Möglichkeiten von E-Government nutzt
und erst mit der Covid-19-Pandemie ein dringend
erforderlicher, aber in dieser Form ursprünglich

5	Staatskanzlei Rheinland-Pfalz, Rheinland Pfalz nachhaltig digital: Resilienz durchdigitale Infrastrukturen und Anwendungen, 19. Juni 2020, online
    verfügbar unter: https://www.rlp.de/fileadmin/rlp-stk/pdf-Dateien/RP_BroschuereA4_Resilienz_2.pdf, zuletzt abgerufen 8. April 2021.
6	Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung, Treffen der Digitalministerinnen und Digitalminister D16,
    28.April.2021, online verfügbar unter https://www.schleswig-holstein.de/DE/Landesregierung/V/Presse/PI/2021/0421/210428_PI_Digitalministertreffen.
    html, zuletzt abgerufen 1. Mai 2021.
7	Bundesministerium der Finanzen, Deutscher Aufbau und Resilienzplan (Entwurf), 13. Januar 2021, online verfügbar unter:
    https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/Broschueren_Bestellservice/2021-01-13-deutscher-aufbau-und-resilienzplan.pdf?__
    blob=publicationFile&v=10, zuletzt abgerufen 8. April 2021.
8	Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Digitalisierung in Deutschland – Lehren aus der Corona-Krise. Gutachten des Wissenschaftlichen
    Beirats beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi), 13. April 2021, online verfügbar unter: https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/
    Publikationen/Ministerium/Veroeffentlichung-Wissenschaftlicher-Beirat/gutachten-digitalisierung-in-deutschland.pdf?__blob=publicationFile&v=12,
    zuletzt abgerufen 14. April 2021.
9	Nationaler Normenkontrollrat, Krise als Weckruf: Verwaltung modernisieren, Digitalisierungsschub nutzen, Gesetze praxistauglich machen.
    Jahresbericht 2020 des Nationalen Normenkontrollrates, 21. Oktober 2020, online verfügbar unter: https://www.normenkontrollrat.bund.de/resource/
    blob/418738/1800428/44bc6f69bc0256967097282af768a05e/20201021-nkr-jahresbericht-2020-data.pdf?download=1, zuletzt abgerufen 6. April 2021.

Evaluation der Digitalen Resilienz des Landes Brandenburg                                         Cassini Consulting AG | Stand: 24.06.2021          2
Auf europäischer Ebene ist die Verbesserung der                                1.2    Eingesetzte Methodik
Resilienz kritischer Infrastrukturen im Zuge der
Covid-19-Pandemie ebenfalls zu einem wichtigen                                 Die Evaluation beruht auf einem qualitativen und
Handlungsfeld geworden. So wird diskutiert, wie kri-                           quantitativen Methodenmix und einem ressortüber-
tische Infrastrukturen mithilfe der Richtlinie über                            greifenden Partizipationsprozess. In der ersten Phase
die Resilienz kritischer Einrichtungen10 (CER-RL)                              der Evaluation wurde die Definition der Digi­talen Re-
widerstandsfähiger gemacht und so für kommende                                 silienz mit der IMAG Digitalpolitik abgestimmt und ein
Krisen besser gerüstet werden können. Die vorge-                               Fragebogen für die Ressortbefragung entworfen. Die
schlagene Richtlinie ist Teil der neuen Cybersicher-                           Beantwortung der Fragebögen wurde durch die digi-
heitsstrategie der Europäischen Union und wird bei                             talpolitischen Koordinator*innen gesteuert. Schwer-
Verabschiedung die EKI-RL11 ersetzen. Damit wird                               punkte der Erhebung waren die Bereiche Binnendigi-
der Anwendungsbereich der Richtlinie auf insgesamt                             talisierung, digitale Instrumente und Dienstleistungen,
zehn Sektoren erweitert, während die EKI-RL bisher                             Individuelle Entscheidungs- und Digitalkompetenz,
nur die Sektoren Energie und Verkehr betrifft. Zu-                             Technische Infra­   strukturen, rechtlich-organisatori-
dem soll eine Fokusverschiebung vom reinen Schutz                              sche Rahmenbedingungen, die Schwerpunkte der
kritischer Infrastrukturen zur aktiven, resilienten                            Digitalstrategien sowie Quer­schnitts­­themen in den
Ausgestaltung dieser Infrastrukturen stattfinden.                              Ressorts. Jedes Ressort erhielt zudem eine ressort-
                                                                               spezifische, weiterführende Frage zur Aufrechterhal-
                                                                               tung grundlegender Funk­tionen.

 1                                                        2                                                           3

Untersuchung initiieren                                 Informationen sammeln                                       Erkenntnisse teilen
                                                        und auswerten

Auswahl Dienstleister                                   1. Quantitative Ressortbefra-                              Evaluation zur Stärkung
                                                            gung mittels strukturierter                             der Digitalen Resilienz
Abstimmung und Ausarbeitung                                 Fragebögen                                              für das Digitalkabinett
des quantitativen Fragebogens                           2. Vier Ressortübergreifende
                                                            Workshops zur Vertiefung                                Auszüge werden beim
                                                            der quantitativen                                       Digitaltag vorgestellt
                                                            Befragung
                                                        3. Expert:inneninterviews für
                                                            Eindrücke außerhalb der
                                                            brandenburgischen
                                                            Verwaltung

September 2020 – November 2020                          Februar – Mai 2021                                          Juni 2021

Abbildung 1: Übersicht Projektvorgehen

10	Europäische Kommission, „Vorschlag für eine Richtlinie des europäischen Parlaments und des Rates über die Resilienz kritischer Einrichtungen“,
    16. Dezember 2020, online verfügbar unter: https://eur-lex.europa.eu/resource.html?uri=cellar:74d1acf7-3f94-11eb-b27b-01aa75ed71a1.0007.02/
    DOC_1&format=PDF, zuletzt abgerufen 6. April 2021.
11	Europäische Kommission, „Richtlinie 2008/114/EG des Rates vom 8. Dezember 2008 über die Ermittlung und Ausweisung europäischer kritischer
    Infrastrukturen und die Bewertung der Notwendigkeit, ihren Schutz zu verbessern“, 8. Dezember 2008, online verfügbar unter: https://eur-lex.europa.eu/
    LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2008:345:0075:0082:DE:PDF, zuletzt abgerufen 6. April 2021.

Evaluation der Digitalen Resilienz des Landes Brandenburg                                           Cassini Consulting AG | Stand: 24.06.2021           3
In der zweiten Phase wurden die Fragebögen ausge-
wertet und weitere Informationen mithilfe von Inter-
views und Workshops gesammelt. In allen Ressorts
wurde der Fragebogen in der Regel durch die zu-
ständigen Fachabteilungen beantwortet. Es fanden
punktuelle Nacherhebungen statt. Teilweise lagen
auch Rückmeldungen der nachgeordneten Bereiche
vor. Die Informationen wurden in ressortübergrei-
fenden Workshops validiert.

   Fokus 1          19.03.2021                                  In diesen Workshops diskutierten die Beteiligten die
                    Binnendigitalisierung                       Erkenntnisse aus der Ressortbefragung, erläuterten
                                                                ihre Erfahrungen mit der Covid-19-Pandemie und
                                                                identifizierten gemeinsam Handlungsfelder. Phase 2
                                                                wurde in enger Abstimmung mit dem Referat 42 der
                    26.03.2021                                  Staatskanzlei und durch teilstrukturierte Interviews
   Fokus 2          Digitale Instrumente und                    mit den folgenden Expert*innen abgerundet:
                    Dienstleistungen und
                    Querschnittsthemen
                                                                  —	
                                                                    Josef Nußbaum, Erster Geschäftsführer,
                                                                    zentraler IT-Dienstleister des Landes,
                                                                    ZIT-BB
                    16.04.2021
   Fokus 3          Technische Infrastrukturen und                —	
                                                                    Dr. Andrea Grochtmann, komm. Leiterin
                    Rechtliche- und Organisatorische                Geschäftsbereich 2, zentraler IT-Dienst­
                    Rahmenbedingungen                               leister des Landes, ZIT-BB

                                                                  —	
                                                                    Dr. André Göbel, Geschäftsführer,
                                                                    Digitalagentur Brandenburg
                    23.04.2021
    Fokus 4         Individuelle Entscheidungs-                   —	
                                                                    Lena Flohre, Bereichsleiterin Landespolitik,
                    und Digitalkompetenz                            Bitkom

                                                                  —	
                                                                    Dagmar Hartge, Landesbeauftragte für den
Abbildung 2: Schwerpunkte der ressortübergreifenden Workshops       Datenschutz Brandenburg

                                                                  —     r. Thomas Reinke, Bereich Technik und
                                                                       D
                                                                       Organisation, Landesbeauftragte für
                                                                       Datenschutz Brandenburg

                                                                  —	
                                                                    Maximilian Weis, Referent Referat 244,
                                                                    Staatskanzlei Rheinland-Pfalz
                                                                    (Anm.: Die Staatskanzlei Rheinland-Pfalz be-
                                                                    antwortete die Interviewfragen schriftlich.)

                                                                Die Erkenntnisse aus Ressortbefragung, Work-
                                                                shops und Expert*inneninterviews bilden die in-
                                                                haltliche Grundlage für die Evaluation der Digitalen
                                                                Resilienz. Aus den Ergebnissen der Evaluation wur-
                                                                den Handlungsempfehlungen zur Stärkung der
                                                                Digitalen Resilienz abgeleitet. Die Erstellung der
                                                                Evaluation erfolgte dabei in enger Abstimmung mit
                                                                der Staatskanzlei des Landes Brandenburg.

Evaluation der Digitalen Resilienz des Landes Brandenburg                      Cassini Consulting AG | Stand: 24.06.2021   4
2 Die Relevanz der Digitalen Resilienz
   für Brandenburg

Die Erfahrungen mit der Covid-19-Pandemie ver-
deutlichen die hohe Relevanz der Krisenfestigkeit
von Politik und Verwaltung für das Flächenland
                                                                                                               2
                                                                Trotz allem bleibt eine Lücke zwischen der subjekti-
                                                                ven Einschätzung der Wichtigkeit und den erreichten
                                                                Ausprägungen der einzelnen Themenschwerpunkte.
Brandenburg zur Aufrechterhaltung der Daseins-                  Diese Evaluation ist ein erster Schritt, um Digitale
vorsorge auch abseits von Ballungszentren. Durch                Resilienz als relevantes Ziel politischen Handelns zu
alle zehn Ressorts werden die Schwerpunkte der                  verstehen und bei der ganzheitlichen Ausgestaltung
Digitalen Resilienz als wichtig oder sehr wichtig an-           der Digitalisierung der Landesverwaltung in den
erkannt. In der Selbsteinschätzung werden gute An-              Fokus zu rücken.
sätze zur Stärkung der Digitalen Resilienz attestiert.

Rechtliche und organisatorische                                                                                  Wichtigkeit
           Rahmenbedingungen
                                                                                                                 Ausprägung

           Querschnittsthemen                                                                               n =10

    Prozesse zur Sicherung der
   technischen Infrastrukturen

    Individuelle Entscheidungs-
           und Digitalkompetenz

          Digitale Instrumente
          und Dienstleistungen

          Binnendigitalisierung

                                  1               2              3              4              5
                                                                 Grad der Ausprägung/Wichtigkeit

                                  1 = überhaupt nicht ausgeprägt/wichtig
                                  3 = ausgeprägt/wichtig
                                  5 = äußerst ausgeprägt/wichtig

Abbildung 3: Wichtigkeit und Ausprägung der Themenschwerpunkte der Digitalen Resilienz

2.1 Wie ist die Landesverwaltung der Covid-19-
     Pandemie begegnet?

Im März 2020 wurde von der Landesregierung ein                  Die Ressorts haben unverzüglich mit der Umsetzung
Krisenstab gebildet, der sich aus Vertretungen ver-             von Ad-hoc-Maßnahmen in den Handlungsfeldern
schiedener Bereiche der Landesregierung zusam-                  der Digitalen Resilienz begonnen. Dies war notwen-
mensetzte. Mit Kabinettsbeschluss vom 26. März                  dig, da aufgrund der Einschränkungen der Covid-
2020 verabschiedete die Landesregierung ihre                    19-Pandemie operative Herausforderungen gelöst
Sofort-Strategie zum Umgang mit der Covid-19-                   und neue Anforderungen an die Aufgabenerledigung
Pandemie, um die Funktionsfähigkeit des Regie-                  umgesetzt werden mussten. Die technischen Vor-
rungs- und Verwaltungshandelns sicherzustellen.                 aussetzungen zum mobilen Arbeiten wurden schnell
Diese Sofort-Strategie legte Maßnahmen fest, mit                und unbürokratisch ausgeweitet.
denen ein geordnetes und weitgehend einheitliches
Verfahren in der Landesverwaltung ermöglicht wurde.

Evaluation der Digitalen Resilienz des Landes Brandenburg                        Cassini Consulting AG | Stand: 24.06.2021   5
Die Corona-Pandemie stellte uns vor                                                                     Stimme zu
      große operative Herausforderungen
                                                                                                            Stimme weder zu
                                                                                                             noch nicht zu
       Die Corona-Pandemie stellte neue
Anforderung an unsere Aufgabenerfüllung
                                                                                                             Stimme nicht zu

Die Arbeitsweise in den Ressorts wird sich                                                                   Keine Angabe
                     nachhaltig verändern
                                                                                                        n =10

  Die Prioritätensetzung des langfristigen
     politischen Handelns verschiebt sich

                                             0         2          4          6            8       10
                                                                                   Anzahl Ressorts

Abbildung 4: Einfluss der Covid-19-Pandemie auf die öffentliche Verwaltung Brandenburgs

Parallel dazu wurden in den meisten Ressorts die
wichtigsten Erfahrungen mit der Covid-19-Pande-
mie fortlaufend analysiert. Die strukturierte Samm-
lung der wichtigsten Erkenntnisse fand hierbei in
den einzelnen Referaten oder auf Ressortebene
statt. Aus den gewonnenen Erkenntnissen wurden
weitere Maßnahmen abgeleitet.

2.2 
   Wie wurde die Handlungsfähigkeit aufrecht
    erhalten?

Einige Ressorts verfügten bereits vor der Covid-                Parallel dazu wurden rechtliche und organisatori-
19-Pandemie über weitgehend digitale Lösungen.                  sche Rahmenbedingungen auf den Prüfstand ge-
Darauf konnte nun zur Wahrung der Handlungs-                    stellt. Zunächst wurden die Rahmenbedingungen für
fähigkeit der öffentlichen Verwaltung und für die               das mobile Arbeiten geschaffen. Um den Beschäf-
staatliche Daseinsvorsorge zurückgegriffen werden.              tigten mobiles Arbeiten zu ermöglichen, wurden
Alle Ressorts haben darüber hinaus mit Ad-hoc-                  Ermessensspielräume großzügig ausgelegt, und wo
Maßnahmen auf die Herausforderungen der Covid-                  nötig, bestehende Regelungen ausgesetzt oder an-
19-Pandemie reagiert, allerdings mit unterschiedli-             gepasst. Dies betraf u.a. die Regelungen zur Erfas-
cher Schwerpunktsetzung.                                        sung der Arbeitszeit.

Der Fokus der Ad-hoc-Maßnahmen lag auf dem                      Lösungen zur Binnendigitalisierung waren in vielen
Ausbau digitaler Anwendungen und IT-Infrastruktu-               Ressorts bereits in einem höheren Reifegrad vorhan-
ren. An erster Stelle bedeutete dies die kurzfristige           den. Der ZIT-BB beschaffte frühzeitig eine große An-
Bereitstellung von Videokonferenzlösungen und Lö-               zahl an zusätzlichen mobilen Endgeräten und stellte
sungen für Telefonkonferenzen sowie Dateienaus-                 den Ressorts die nötigen Citrix-Token zur Verfügung.
tausch, beispielsweise über die Plattform DialogBB.             Die Umstellung auf Telefon- und Videokonferenzen
                                                                gelang in den einzelnen Ressorts unterschiedlich.
                                                                So erfolgte die Umstellung zeitlich versetzt und
                                                                unter Nutzung verschiedener Technologien, die res-
                                                                sortspezifisch beurteilt und ausgewählt wurden. Die
                                                                Lösungen waren untereinander nicht kompatibel.

Evaluation der Digitalen Resilienz des Landes Brandenburg                         Cassini Consulting AG | Stand: 24.06.2021   6
Ausbau digitaler Instrumente                                                                     Strategisch
                und Dienstleistungen
                                                                                                          Ad-hoc
           Anpassung rechtlicher oder
organisatorischer Rahmenbedingungen                                                                   n =10

                  Beschleunigung der
                 Binnendigitalisierung

           Stärkung der individuellen
 Entscheidungs- und Digitalkompetenz

Stärkung von Prozessen zur Sicherung
          technischer Infrastrukturen

  Bearbeitung von Querschnittsthemen

                                         0          2       4         6         8         10
                                                                             Anzahl Ressorts

Abbildung 5: Übersicht der vorgenommen strategischen Maßnahmen vor sowie von Ad-hoc-Maßnahmen
während der Covid-19-Pandemie

Die individuelle Digitalkompetenz wurde durch kurz-         Landesrechtsdatenbank des Landes Brandenburg
fristig anberaumte Schulungen zum Umgang mit                mit allen Rechts- und Verwaltungsvorschriften und
den neuen Lösungen verbessert. Zusätzlich wur-              zusätzlicher Änderungshistorie vor.
den ressortinterne Schulungen, wie beispielsweise
Führen auf Distanz, angeboten. Dadurch wurden die           Die Einführung der elektronischen Verfahrensakte
Referatsleitungen bestärkt, bestehende Ermessens-           bei Gerichten und Staatsanwaltschaften ist das zen-
spielräume besser zu nutzen.                                trale digitalpolitische Vorhaben des MdJ. Das Ressort
                                                            hatte bereits zu Beginn der Covid-19-Pandemie mit
                                                            dem Zentralen IT-Dienstleister der Justiz des Landes
Durch pragmatisch geschaffene Lösungen                      Brandenburg (ZenIT) die Arbeitsfähigkeit der Gerichte
konnte die Handlungsfähigkeit der Verwaltung                und der Staatsanwaltschaften sichergestellt. Zusätz-
trotz heterogener Voraussetzungen in den                    lich wurden Webkonferenzräume für das mobile Arbei-
Ressorts weitgehend unterbrechungsfrei                      ten eingerichtet. In enger Zusammenarbeit mit dem
sichergestellt werden.                                      ZIT-BB konnte innerhalb kürzester Zeit die Zahl der
                                                            mobilen Arbeitsplätze in der Justiz deutlich gestei-
                                                            gert werden. Der ZenIT hat sich an der Testung der für
Die Kontinuität der Regierungsarbeit und der demo-          die Landesverwaltung vorgesehenen Open-Source-
kratischen Abstimmprozesse muss auch in Krisen-             Videokonferenzsoftware BigBlueButton be­teiligt und
situationen sichergestellt sein. Dazu bestanden be-         so die Voraussetzungen für einen flächendeckenden
reits vor der Covid-19-Pandemie digitale Lösungen.          Einsatz dieses Systems in der Justiz ge­schaffen.
Über digitale Kabinettverfahren werden Ressortab-
stimmungen und Mitzeichnungsverfahren durch-                Im MdFE konnte durch den Zugriff auf das Steuer-
geführt, die Sitzungsvorbereitung für das Kabinett          fachnetz die Aufrechterhaltung des Steuerwesens
und die Dokumentation von Kabinettsitzungen er-             sichergestellt werden. Im Verlauf der Pandemie
folgt ebenfalls digital. Dazu wird das Kabinettinfor-       konnten nun auch mehr als 70 Prozent der Beschäf-
mationssystem EL.KIS ressortübergreifend genutzt.           tigten des MdFE mit Laptops ausgestattet werden,
Auch gegenüber dem Landtag gibt es digitale Verfah-         sodass diese während der Covid-19-Pandemie ihren
ren, welche die Bearbeitung von Kleinen Anfragen,           Tätigkeiten weitgehend regulär im mobilen Arbeiten
Beschlusszuweisung und -kontrolle, das Aktenein-            nachgehen konnten. Im Steuererklärungs­    system
sichtsverfahren und Petitionen ermöglichen. Ebenso          Elster wurde zusätzlich der Antrag zur Covid-
werden in Brandenburg sämtliche Gesetze und Ver-            19-Steuerstundung online gestellt. Durch die späte
ordnungen des Landes digital mittels der elektro-           Einführung der E-Akte im Jahr 2021 konnte nicht
nischen Normverkündung EL.Norm verkündet. Mit               durchgehend mobil gearbeitet werden.
dem System BRAVORS liegt zudem eine vollständige

Evaluation der Digitalen Resilienz des Landes Brandenburg                   Cassini Consulting AG | Stand: 24.06.2021   7
Mit der Covid-19-Pandemie kam es zu einem deut-
In den einzelnen Ressorts hing die Handlungs­               lichen Rückgang bei der Nutzung des ÖPNV, des Re-
fähigkeit entscheidend davon ab, ob die E-Akte              gional- und Fernverkehrs der Deutschen Bahn und
und ggf. weitere, ressortspezifische digitale               des Flugverkehrs. Um flexiblere Mobilitätsangebo-
Lösungen bereits verfügbar waren.                           te im Land Brandenburg zu unterstützen, wurde im
                                                            Mai 2020 die Richtlinie InnoMob erlassen, über die
                                                            bedarfsorientierte Ergänzungen zum bestehenden
Die Covid-19-Pandemie erforderte gerade im Schul-           Linienverkehr, beispielsweise auf Basis digitaler On-
wesen schnelle Reaktionen und passgenaue Ergän-             Demand Lösungen, gefördert werden sollen. Parallel
zungen an die im Einsatz befindlichen Lösungen.             werden bestehende Projekte weiterentwickelt, um
Dabei haben sich die vorhandenen webbasierten               zukünftig noch nutzungsfreundlichere und auf digita-
IT-Systeme wie bspw. das Schulverwaltungspro-               len Technologien aufbauende Angebote bereitstellen
gramm weBBschule als wichtige Grundlage für die             zu können. So werden die Mobilitätsplattformen im
Digitalisierung von Schulangelegenheiten bewährt.           Verkehrsbund Berlin-Brandenburg ausgebaut sowie
Während der Covid-19-Pandemie war es eine große             die Durchgängige Elektronische Fahrgastinforma-
Herausforderung, Distanzunterreicht in den Schulen          tion (DELFI) zur Vernetzung der Fahrgastinforma-
einzuführen. Die Schul-Cloud Brandenburg, welche            tionssysteme aller Bundesländer weiterentwickelt,
gemeinsam mit dem Hasso-Plattner-Institut ent-              um langfristig auch während Krisensituationen eine
wickelt wurde, soll Lehrkräften und Schüler*innen           zuverlässige Verkehrsinfrastruktur und verlässliche
eine leicht bedienbare Lern- und Arbeitsumgebung            Mobilitätsinformationen sicherstellen zu können.
bereitstellen. Zu Beginn der Krise war die Schul-
Cloud jedoch nur an 54 Schulen als Pilotprojekt ge-         Für die Agrarförderung wird bereits die Online-
plant. In einigen Schulen wurde daher auf alterna-          Plattform Agrarantrag Online als Angebot für Pro-
tive Systeme zurückgriffen, die nicht gänzlich den          duzent*innen von Agrarprodukten bereitgestellt. In
Datenschutzbestimmungen entsprachen. Im Laufe               Abstimmung mit dem ZIT-BB wurden die Vorausset-
der Covid-19-Pandemie wurde jedoch die Nutzung              zungen dafür geschaffen, die Aufgaben des MLUK
der Schul-Cloud Brandenburg auf über 600 der 900            während der Covid-19-Pandemie ortsunabhängig
Schulen in Brandenburg erweitert. Im Mai 2020               abzusichern (Programmentwicklung, Bewilligung,
wurde die Schul-Cloud um das Videokonferenzsys-             Vor-Ort-Kontrolle und Zahlbarmachung). Es gibt
tem BigBlueButton erweitert.                                auch Projekte, die die Digitale Resilienz in der Land-
                                                            wirtschaft langfristig stärken sollen. Beispielsweise
Den Hochschulbereich stellte der erforderliche Um-          wurde das vom BMEL geförderte Projekt GeoBox-
stieg auf Online-Semester vor beträchtliche Heraus-         Infrastruktur (GBI) als dezentrale, betriebliche Da-
forderungen. In kurzer Zeit wurde IT-Infrastruktur          tenerhaltung und regionale Vernetzung entwickelt.
aufgebaut, neue Software beschafft und das E-               Als Datendrehschreibe wird die GBI den Landwirten,
Learning-Angebot ausgeweitet. Dazu wurde für die            der Verwaltung, der Wirtschaft, jungen Unterneh-
Hochschulen vom MWFK ein Sofortförderprogramm               men, und den Bürgern in den ländlichen Räumen
in Höhe von 4 Millionen Euro aufgelegt.                     zugutekommen. Eine Ländervereinbarung der bis-
                                                            her sechs beteiligten Bundesländer, zu denen Bran-
Die Kultureinrichtungen des Landes haben eben-              denburg zählt, wird ab Juni 2021 den dauerhaften
falls mit digitalen Lösungen auf die Krise reagiert.        Betrieb und die weitere Entwicklung sicherstellen.
Dazu zählen unter anderem die Bereitstellung von            Die GBI trägt als standardisierte Datendrehscheibe
Online-Führungen, digitalen Ausstellungen oder              zur Sicherung der Datenhoheit, Ausfallsicherheit
die webbasierte Echtzeitübertragung von Schau-              und Resilienz in den Betrieben bei.
spiel- und Musikaufführungen. Dazu hat das MWFK
gemeinsam mit verschiedenen Partnern die Inter-
net-Plattform #KulturBB ins Leben gerufen, um den              Einige Ressorts konnten mit neuen oder
Kulturschaffenden, Kultureinrichtungen und Veran-              bereits vorhandenen digitalen Angeboten recht
staltungsorten eine Plattform zu bieten. Die institu-          gut auf die Covid-19-Pandemie reagieren.
tionelle und projektbezogene Förderung wurde ohne              Diese gilt es nun unabhängig von der Krise
Einschränkungen fortgesetzt. Dennoch ist eine gro-             weiterzuentwickeln.
ße Herausforderung des Kulturbereichs die fehlende
grundsätzliche technische Voraussetzung, wie Breit-
bandausbau und Hard- und Software.

Evaluation der Digitalen Resilienz des Landes Brandenburg                  Cassini Consulting AG | Stand: 24.06.2021   8
2.3 Welche laufenden Initiativen stärken die
     Digitale Resilienz?

Zu Beginn der Covid-19-Pandemie standen nur sehr            Das MWAE unterstützt die Digitalisierung der Wirt-
wenige digitale Angebote der digitalen Gesundheits-         schaft mit dem Strategischen Handlungsrahmen
vorsorge zur Verfügung. Das MSGIV entwickelt und            für die Digitalisierung der Wirtschaft des Landes
fördert nun digitale Angebote und begleitet deren           Brandenburg. Dieser soll die Unternehmen bei der
Einsatz im Land Brandenburg. So soll beispielswei-          Digitalisierung unterstützen sich wettbewerbs- und
se im Rahmen der OZG-Umsetzung im Laufe des                 zukunftsfähig aufzustellen. Zudem gibt es bereits den
Jahres 2021 eine digitale Suchtberatung realisiert          Online-Zugang Einheitlichen Ansprechpartner (EAP)
werden. Diese wird in eine sogenannte Sozialplatt-          des Landes Brandenburg. Hier können Unterneh-
form eingebettet, auf der etwa 20 weitere Sozial-           men online beispielsweise Gewerbeanmeldungen,
leistungen in digitaler Form angeboten werden. Als          Eintragungen in Berufsregister oder Beantragun-
Grundlage für die Umsetzung der digitalen Suchtbe-          gen von Zulassungen vornehmen. Derzeit wird durch
ratung soll die vom BMG geförderte und gemeinsam            das MWAE eine zentrale Plattform für Informationen
mit Expert*innen aus der Suchthilfe erstellte Kon-          zu Messeaktivitäten der Länder Brandenburg und
zeption einer trägerübergreifenden digitalen Bera-          Berlin entwickelt, die 2021 den Betrieb aufnehmen
tungsplattform für die kommunale Suchtberatung              soll. Zur Erhöhung der Digitalen Resilienz verant-
dienen. Durch den Aufbau dieser und weiterer Lö-            wortet das MIK die Sicherheitsarchitektur und das
sungen kann zukünftig mittels digitaler Werkzeuge           Krisenmanagement des Landes. Die Sicherheits-
die staatliche Daseinsvorsorge unterstützt werden.          architektur wird derzeit evaluiert und angepasst.
                                                            Momentan werden allen Beschäftigten, insbeson-
                                                            dere den IT-Sicherheitsbeauftragten, Sensibilisie-
                                                            rungsveranstaltungen und Fortbildungen angebo-
                                                            ten. Eine umfassende Cybersicherheitsstrategie für
                                                            die nächsten Jahre wird derzeit erarbeitet.

3   Evaluation der Digitalen Resilienz

Zur Evaluation der Digitalen Resilienz wurde eine           3.1   Technologie
Erhebung auf Basis des in Kapitel 1 beschriebenen
Methodenmix durchgeführt. Die Erkenntnisse der              Die verwaltungsinterne Kommunikation konnte wäh-
Evaluation beruhen auf der Auswertung dieser Er-            rend der Covid-19-Pandemie in technischer Hin-

3
hebung. Aus diesen Erkenntnissen haben sich die             sicht weitgehend sichergestellt werden. Die tech-
Themenfelder der Evaluation ergeben, über welche            nologische Ausstattung der Landesverwaltung wird
die Digitale Resilienz in Brandenburg gestärkt wer-         maßgeblich in der Zusammenarbeit zwischen dem
den kann. Die Erörterung der Themenfelder erfolgt           jeweiligen Ressort Information Officer (RIO) und dem
in den Dimensionen Technologie, Recht und Organi-           ZIT-BB, verantwortet. Hierbei übernehmen die RIOs
sation sowie Digitalkultur und Digitalstrategien.           die ressortinterne und -übergreifende Abstimmung
                                                            von Strategien und Anforderungen; für den Betrieb
                                                            und die Weiterentwicklung der IT-Infrastrukturen ist
                                                            (mit Kontrahierungszwang) der ZIT-BB zuständig.
                                                            Er verantwortet die standardisierte Ausstattung der
                                                            Arbeitsplätze mit Hard- und Software und betreibt
                                                            die Rechenzentrumsinfrastruktur des Landes. Über
                                                            diese Infrastrukturen werden (mit wenigen Ausnah-
                                                            men) die Fachverfahren und Kommunikationslösun-
                                                            gen aller Ressorts betrieben.

Evaluation der Digitalen Resilienz des Landes Brandenburg                  Cassini Consulting AG | Stand: 24.06.2021   9
In welcher RZ-Infrastruktur werden die                                                                                                Durch den
 Fachverfahren der Verwaltung betrieben?                                                                                                  ZIT-BB

                                                                                                                                         In Eigenregie
                                                                                                                                          für das ganze
                                                                                                                                          Ressort
    In welcher RZ-Infrastruktur werden die
 Kommunikationsinfrastrukturen (Telefon,
                                                                                                                                         Weitere
 Video, Chat oder Unified Communications)
                der Verwaltung betrieben?
                                                                                                                                     n =10

                     Wie werden die mobilen
                    Endgeräte bereitgestellt?

                                                      0              2              4             6              8             10
                                                                                                              Anzahl Ressorts

 Abbildung 6: Rolle des ZIT-BB bei der Bereitstellung von technischen Infrastrukturen

 In den Ressorts der Landesregierung nutzen inzwi-                              E-Akten-Systeme stehen der Landesverwaltung
 schen mehr als 70 Prozent der Beschäftigten mo-                                grundsätzlich zur Verfügung, waren zu Beginn der
 bile Endgeräte für ihre Arbeit. Bei der Ausstattung                            Covid-19-Pandemie aber nur in der Hälfte der Res-
 bestehen teilweise deutliche Unterschiede zwischen                             sorts eingeführt. Ähnliches zeigt sich bei der Nut-
 den Ressorts, wenngleich diese grundsätzlich auf                               zung von Software für die elektronische Rechnungs-
 den Leistungskatalog des ZIT-BB zurückgreifen.                                 bearbeitung. Während die Bearbeitung und Ablage
 Einige Ressorts haben in einer eigenen IT-Strategie                            eingehender Rechnungen bereits vollständig digital
 weiterführende Schwerpunkte für die Arbeitsplatz-                              erfolgt, ist die Einführung elektronischer Ausgangs-
 ausstattung gesetzt. Dies betrifft zum Beispiel die                            rechnungen noch nicht vollständig erfolgt. Eine zen-
 beschleunigte Ausstattung mit mobilen Arbeitsgerä-                             trale Videokonferenzplattform war nicht verfügbar,
 ten. Die Umsetzung dieser Strategien erfolgt bilate-                           ebenso befanden sich Kollaborationsplattformen
 ral zwischen Ressorts und ZIT-BB.                                              noch in der Entwicklung.

                      Ist ein E-Akten-System                                                                                               Ja
                         im Geschäftsbereich
                 flächendeckend im Einsatz?                                                                                              Nein

                                                                                                                                         Keine Angabe
          Ist ein System für elektronische
                                                                                                                                     n =10
    Rechnungsbearbeitung (Eingangs- und
Ausgangsrechnungen) im Geschäfts­­bereich
               flächendeckend im Einsatz?

                                                      0            2            4            6            8           10
                                                                                                      Anzahl Ressorts

 Abbildung 7: Nutzung von E-Akte und E-Rechnung in den Ressorts 12

 12	Einordnung der Grafik: Während die Bearbeitung und Ablage eingehender Rechnungen bereits vollständig digital erfolgt, ist die Einführung
     elektronischer Ausgangsrechnungen noch nicht in allen Ressorts erfolgt.

 Evaluation der Digitalen Resilienz des Landes Brandenburg                                            Cassini Consulting AG | Stand: 24.06.2021 10
Mit der Einleitung des begrenzten Dienstbetriebes                       können, nicht freigeschaltet beziehungsweise nicht
durch die Umsetzung der Sofort-Strategie muss-                          integriert, sodass externe Webcams beschafft werden
te die Anzahl an mobilen Arbeitsplätzen signifikant                     mussten. Der Einsatz privater Geräte begünstigte so
erhöht werden. Die dazu nötige Hardware konn-                           den Aufbau einer Schatten-IT. Darüber hinaus konnte
te durch den ZIT-BB trotz der pandemiebedingt                           die telefonische Erreichbarkeit vielfach nur über pri-
schlechten Verfügbarkeit von mobilen Endgeräten                         vate Endgeräte sichergestellt werden.
zeitnah beschafft und den Beschäftigten der unmit-
telbaren Landesverwaltung bereitgestellt werden.                        Die fehlende flächendeckende Einführung der E-Akte
Dabei wurden Risikogruppen bei der Zuteilung eine                       und der E-Rechnung erschwerte darüber hinaus für
höhere Priorität eingeräumt. Die Ausstattung mit                        viele Ressorts das uneingeschränkte mobile Arbeiten.
Citrix-Token erhöhte die Anzahl der mobilen Arbeits-                    Fehlende elektronische Rechnungsbearbeitung, die
plätze weiter. Ressorts, die bereits vor der Covid-                     fehlende Bereitstellung von Outlook-Archivierungen
19-Pandemie strategisch auf die Ausstattung mit                         sowie fehlende Kollaborationsplattformen machten
mobilen Endgeräten gesetzt hatten, fiel diese Um-                       vollumfängliches mobiles Arbeiten unmöglich.
stellung deutlich leichter.
                                                                        Zum Zeitpunkt der Evaluation verfügten noch nicht
                                                                        alle Ressorts über die nötigen Freigaben und Zeitpla-
Die Anzahl der mobilen Arbeitsplätze konnte                             nungen zur Einführung der E-Akte.
durch die Beschaffung zusätzlicher Hardware
schnell im erforderlichen Maße erhöht werden.                           Mit der laufenden Einführung der Open-Source-
                                                                        Videokonferenzsoftware BigBlueButton, mit der im
                                                                        ersten Quartal 2021 begonnen wurde, steht der Lan-
Nicht alle der zur Verfügung gestellten Endgeräte                       desverwaltung sowie der Justiz nun auch eine digi-
ermöglichen allerdings ein uneingeschränktes mo-                        tale Konferenzplattform zur Verfügung. Der flächen-
biles Arbeiten. Die meisten Videokonferenzlösungen                      deckende Roll-Out ist derzeit allerdings noch nicht
waren aufgrund von mangelnder Konformität zu den                        abgeschlossen. Videokonferenzen sind durch die
geltenden IT-Sicherheits- und Datenschutzbestim-                        Einführung von BigBlueButton jedoch auch weiterhin
mungen für die Verwendung über das Landesverwal-                        nicht vollumfänglich möglich. So sind mit dem System
tungsnetz nicht nutzbar. Daher konnte nur über eine                     Laptop-Kameras und Mikrofone nicht automatisch
kleine Anzahl an Stand-Alone-Rechnern (außerhalb                        freigeschaltet. Auch sind alternative portable Kame-
des Landesverwaltungsnetzes) auf externe Videokon­                      ras nur teilweise vorhanden. Die Nichtverfügbarkeit
ferenzlösungen zugegriffen werden. Bei einem Groß-                      der Videokonferenzsystem aus der Citrix-Umgebung
teil der Endgeräte war die benötigte Kamera für                         stellt nach wie vor die größte Hürde zum vollständi-
Videokonferenzen, die im LVN betrieben werden                           gen mobilen Arbeiten dar.

     Schnittstellen zu Bürger und                                                                                     Ja
                                                    26                     5              21
        Unternehmen sind digital
                                                                                                                      Teilweise

  Regelmäßige Audits von Ablauf,                                                                                      Nein
                                                         30                          19            3
         Qualität und Sicherheit
                                                                                                                      Keine Angabe

  Prozessdokumentation liegt vor                                   46                           2 3 1             n = 52

Gestützt durch digitale Werkzeuge                                   48                            3 1

           Daten sind rein digital,                 27                         6           19
             keine Medienbrüche

                                      0        10             20               30     40          50         60
                                                                                           Anzahl Fachverfahren

Abbildung 8: Reifegrad der geschäftskritischen Fachverfahren und Anwendungen

Evaluation der Digitalen Resilienz des Landes Brandenburg                              Cassini Consulting AG | Stand: 24.06.2021 11
die geringe Nutzung digitaler Verwaltungsangebote
Vollumfängliches mobiles Arbeiten ist aufgrund              identifiziert. Schnittstellen sind vielerorts noch ana-
der fehlenden Verfügbarkeit von dazu nötigen                log oder durch Medienbrüche gekennzeichnet. Das
Softwarelösungen noch nicht flächendeckend                  digitale Antrags- und Bescheidaufkommen ist in der
möglich.                                                    Covid-19-Pandemie kaum gestiegen.

                                                            Die laufende Umsetzung des OZG adressiert diese
Spätestens mit Beginn der Covid-19-Pandemie ha-             Schnittstellen zu Bürger*innen und Unternehmen in
ben alle Ressorts ihre geschäftskritischen Fachver-         allen Häusern. Dabei zeigt sich, dass die Anzahl der
fahren identifiziert, um die Wahrung des Dienstbe-          OZG-relevanten Verfahren zwischen den Ressorts
triebs sicherzustellen. Diese Fachverfahren sind in         variiert. Die OZG-Umsetzung ist somit nicht für alle
den meisten Fällen mit Prozessdokumentationen               Ressorts gleichermaßen relevant. Nur in wenigen
und digitalen Werkzeugen gestützt. Sie sind somit           Ressorts sind bereits alle OZG-relevanten Fachver-
auch in der Krisensituation innerhalb der Verwal-           fahren hinsichtlich der FIM-Systematik erhoben und
tung funktionsfähig. Für den Abbau von Medien-              zur Digitalisierung vorbereitet. Viele OZG-Leistun-
brüchen innerhalb der Verwaltung erweist sich das           gen stehen erst am Anfang der Umsetzungsphase.
Schriftformerfordernis als erhebliche Hürde.
                                                            Bei der Entwicklung neuer Angebote müssen die
                                                            Ressorts Interessengruppen oder deren Vertretun-
Geschäftskritische Fachverfahren sind dokumen-              gen mit in die Entwicklung von Verfahren und Kom-
tiert und mit digitalen Werkzeugen gestützt.                munikationswegen einbeziehen, um so die Akzep-
                                                            tanz digitaler Lösungen sicherzustellen. Hierfür gibt
                                                            es allerdings nicht durchgängig etablierte Prozesse.
Nahezu alle Ressorts verfügten bereits vor der              Durch diese fehlende Nutzerorientierung werden
Covid-19-Pandemie über etablierte Prozesse und              einige Angebote teilweise am Bedarf von Bürger*in-
Dokumentationen zur IT-Sicherheit und Informa-              nen und Unternehmen vorbei entwickelt. Darunter
tionssicherheit nach IT-Grundschutz sowie für ein           leidet die Nutzung digitaler Angebote.
systematisches IT-Notfallmanagement. Der ZIT-BB
stellt hierbei neben zentralen und landesweit gül-
tigen Vorgaben auch technische und prozessuale                 Die Akzeptanz und damit die Nutzung der ver-
Arbeitshilfen bereit. Durch mobiles Arbeiten und               fügbaren digitalen Verwaltungsangebote ist auf-
den vermehrten Einsatz digitaler Lösungen stellten             grund fehlender Nutzerorientierung und man-
sich jedoch neue Anforderungen an Datenschutz und              gelndem Bekanntheitsgrad stark eingeschränkt.
IT-Sicherheit. Der ZIT-BB und die Ressorts verant-
worten über ein umfangreiches Information Security
Management (ISMS) die IT-Sicherheit der Landes-             Damit von digitalen Angeboten der Daseinsvorsorge
verwaltung. Darüber hinaus stellt der ZIT-BB ein            möglichst viele Menschen profitieren, sind Barriere-
systematisches IT-Notfallmanagement für alle Res-           freiheit und die Benutzbarkeit digitaler Lösungen bei
sorts zur Verfügung. Besonders hervorzuheben ist            der Betrachtung der Digitalen Resilienz von zentra-
das Computersicherheits-Ereignis- und Reaktions-            ler Bedeutung. Die Schaffung von Barrierefreiheit
team (CERT) des ZIT-BB. Somit konnte der Regel-             unterliegt in Brandenburg mit der BbgBITV zur Um-
betrieb zu jedem Zeitpunkt der Covid-19-Pandemie            setzung der Richtlinie EU 2016/2102 klaren gesetz-
sichergestellt werden.                                      lichen Vorgaben.

                                                            In der Umsetzung der BbgBITV besteht allerdings
Bei den geschäftskritischen Fachverfahren                   noch Aufholbedarf. Nur bei einem Drittel der Ressorts
und IT-Komponenten des Landes sind keine                    stehen die Informationsangebote bereits vollständig
Ausfälle aufgetreten.                                       barrierefrei zur Verfügung. Während viele Webseiten
                                                            bereits barrierefrei sind, stehen weiterführende PDF-
                                                            Dateien selten barrierefrei zur Verfügung. Die noch
Bei der Kommunikation zwischen Verwaltung und               fehlende flächendeckende Umsetzung der Richtlinie
den Bürger*innen und Unternehmen besteht in                 ist auch auf eine fehlende zentrale, ressortübergrei-
technischer Hinsicht noch ein beträchtlicher Ver-           fende Steuerung zurückzuführen. Die Aufklärung und
besserungsbedarf. In der Mehrzahl der Ressorts gibt         in der Folge die Sensibilisierung der Beschäftigten für
es zwar Strategien zur Digitalisierung von Prozes-          die Belange der Barrierefreiheit lassen noch Optimie-
sen, Anwendungen und Fachverfahren. Die fehlen-             rungspotenzial erkennen. Barrierefreiheit wird bei
den Schnittstellen zwischen den Antragstellenden            der Entwicklung von digitalen Lösungen jedoch nicht
und der Verwaltung werden als Haupthindernis für            immer konsequent und von Anfang an mitgedacht.

Evaluation der Digitalen Resilienz des Landes Brandenburg                  Cassini Consulting AG | Stand: 24.06.2021 12
der Covid-19-Pandemie in allen Ressorts und wur-
Bei der Umsetzung der Barrierefreiheit                           den überwiegend im Zeitraum zwischen 2018 und
bestehen teilweise noch erhebliche Lücken.                       2020 letztmalig aktualisiert. Mobiles Arbeiten war
                                                                 demnach grundsätzlich vorgesehen, aber meist auf
                                                                 bestimmte Wochentage oder ein festes Kontingent
Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Mehrsprachig-              limitiert.
keit. Zwar stehen einige Informationsquellen, ins-
besondere zur Covid-19-Pandemie, auch in Eng-                    Die notwendige Umstellung der Arbeitsweise auf
lisch und Polnisch zur Verfügung. Allerdings stellt              längere Zeiten mobilen Arbeitens zu Beginn der
kein Geschäftsbereich seine Informationsangebo-                  Covid-19-Pandemie war zu großen Teilen nur mit
te durchgängig in einer weiteren Sprache zur Ver-                einer kurzfristigen Anpassung der jeweiligen Richt-
fügung. Probleme bereiten dabei die fehlerfreie                  linien möglich. Die veränderten Anforderungen an
Übersetzung von Inhalten durch den Mangel an                     Zeiterfassung, Mitarbeiterführung, Dokumentenver-
qualifizierten Übersetzenden oder die fehlende Ver-              waltung und Mitzeichnung konnten nur in wenigen
fügbarkeit geeigneter Übersetzungsinstrumente.                   Ressorts mit den bereits existierenden Richtlinien
                                                                 in Einklang gebracht werden. Die Anpassung der
Deutsch ist zwar als Amtssprache die Basis für                   Richtlinien zur Telearbeit, insbesondere auch zum
sämtliche Kommunikation mit der Verwaltung.                      mobilen Arbeiten, war in allen Ressorts notwendig.
Brandenburg weist allerdings mit der sorbisch-wen-               Auch mussten die Richtlinien auf mehr Mitarbeiten-
dischen Minderheit eine Besonderheit auf. Und In-                de ausgeweitet werden.
formationsangebote richten sich zunehmend auch
an internationale Unternehmen und Personen. Die-                 Die Auslegung der datenschutzrechtlichen Bestim-
sen Umständen wird noch nicht ausreichend Rech-                  mungen wird in Eigenverantwortung der Ressorts
nung getragen.                                                   umgesetzt und durch behördliche Datenschutzbe-
                                                                 auftragte kontrolliert und überwacht. Die behördli-
                                                                 chen Datenschutzbeauftragten agieren dabei in ihrer
Die Benutzbarkeit vieler digitaler Lösungen ist                  Tätigkeit weisungsunabhängig. In einige Fällen sind
durch fehlende Mehrsprachigkeit eingeschränkt.                   die Stellen der Datenschutzbeauftragten allerdings
                                                                 zeitweise nicht besetzt und eine Aus- oder Weiter-
                                                                 bildung für die Befähigung zur Wahrnehmung die-
                                                                 ser Rolle ist nicht durchgängig vorhanden. Teilweise
3.2                          Recht und Organisation              werden datenschutzrechtliche Fragen, beispielswei-
                                                                 se bei der Entwicklung von Fachverfahren, direkt an
Durch teilweise großzügige Auslegung von Ermess-                 die Landesdatenschutzbeauftragte adressiert, ohne
enspielräumen konnte die Handlungsfähigkeit der                  die ressortinternen Ansprechpersonen zu kontak-
Verwaltung auch in rechtlicher und organisatori-                 tieren. Ein regelmäßiger Austausch zwischen LDA
scher Hinsicht aufrechterhalten werden. Hausan-                  und den behördlichen Datenschutzbeauftragten so-
ordnungen zum mobilen Arbeiten und Richtlinien zur               wie zwischen den Ressorts wäre wünschenswert, ist
IT-Sicherheit und Datenschutz existierten bereits vor            aber nicht etabliert.

                                       91 – 100%                                                                      n =10
 Vereinbarung zum mobilen Arbeiten

                                       81 – 90%
  Anteil der Beschäftigten mit einer

                                       71 – 80%

                                       61 – 70%

                                       51 – 60%

                                       41 – 50%

                                       31 – 40%

                                       21 – 30%

                                       11 – 20%

                                        0 – 10%

                                                   0   1                       2   Anzahl Ressorts; Keine Angabe: 3
Abbildung 9: Anteil Beschäftigte mit einer Vereinbarung zum mobilen Arbeiten

Evaluation der Digitalen Resilienz des Landes Brandenburg                       Cassini Consulting AG | Stand: 24.06.2021 13
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