Digitale Angebote erfolgreich vermarkten - Leitfaden zur Kommerzialisierung von digitalen Produkten und Services - BCG
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Digitale Angebote erfolgreich vermarkten Leitfaden zur Kommerzialisierung von digitalen Produkten und Services in Kooperation mit Business Advisory
Digitale Angebote erfolgreich vermarkten Leitfaden zur Kommerzialisierung von digitalen Produkten und Services
2 DIGITALE ANGEBOTE ERFOLGREICH VERMARKTEN Inhalt Vorwort 5 I. Digitalisierung im Maschinenbau – Wachstumschancen versus Status quo 6 II. Typen digitaler Leistungsangebote 9 Die vier Typen von digitalen Leistungen 11 III. Voraussetzungen für eine erfolgreiche Kommerzialisierung 15 Muster und Methodiken bei der Kommerzialisierung digitaler L eistungen 16 IV. Erfolgskonzepte zur Kommerzialisierung 18 Erfolgsmuster für den digitalen Leistungstyp 1: Integrale Produktverbesserung 18 Erfolgsmuster für den digitalen Leistungstyp 2: Komplementärleistung 21 Erfolgsmuster für den digitalen Leistungstyp 3: Digitaler Mittler 24 Erfolgsmuster für den digitalen Leistungstyp 4: Digitale Innovation 27 V. Handlungsempfehlungen 30
ABBILDUNGSVERZEICHNIS 3 Abbildungsverzeichnis Abb. 1: Digitales Wachstumspotenzial deutlich über Wachstum der etablierten Kernmärkte 6 Abb. 2: Hohes Ambitionsniveau deutscher Maschinenbauer 7 Abb. 3: Einordnung digitaler Leistungen in zwei Dimensionen 10 Abb. 4: Typische digitale Angebote führender Maschinenbauer 10 Abb. 5: Entscheidungsbaum zur Einordnung neuer digitaler Leistungen 13 Abb. 6: Voraussetzung für eine erfolgreiche Kommerzialisierung ist eine durchdachte Value Proposition 15 Abb. 7: Erfolgsmuster für den digitalen Leistungstyp 1: Integrale Produktverbesserung 18 Abb. 8: Erfolgsmuster für den digitalen Leistungstyp 2: Komplementärleistung 21 Abb. 9: Erfolgsmuster für den digitalen Leistungstyp 3: Digitaler Mittler 24 Abb. 10: Erfolgsmuster für den digitalen Leistungstyp 4: Digitale Innovation 27
4 DIGITALE ANGEBOTE ERFOLGREICH VERMARKTEN
VORWORT 5 Vorwort Die Digitalisierung eröffnet dem Maschinen- und In diesem Leitfaden haben wir Erfolgskonzepte Anlagenbau neue Geschäftspotenziale. Viele für unterschiedliche digitale Leistungen im Unternehmen arbeiten an der Entwicklung von Maschinen- und Anlagenbau identifiziert. digitalen Services für ihre Kunden oder testen Unsere Experten haben hierzu mehr als 20 in Pilotprojekten neue datenbasierte Geschäfts- Fallstudien erfolgreicher Digitalisierungsprojekte modelle. Die Chancen auf eine erfolgreiche im Maschinen- und Anlagenbau sowie in Kommerzialisierung sind aufgrund des Nutzen vergleichbaren B2B-Branchen analysiert. versprechens für die Kunden groß. Digitale Ser- vices und Produkte können die Kostensituation Die große Bandbreite der Aktionsfelder erforderte des Kunden verbessern – etwa durch eine höhere zunächst eine Kategorisierung der digitalen Energie- und Rohstoffeffizienz –, sie können Leistungen. Anhand der durchgeführten Analy- die Bedienbarkeit der Maschinen oder den sen wurden die wesentlichen Stellhebel für die Aufwand bei der Wartung optimieren. Oder sie Kommerzialisierung digitaler Leistungen defi- ermöglichen Umsatzsteigerungen, beispielsweise niert. Maschinen- und Anlagenbauer, die digitale durch eine Erhöhung des Outputs, bessere Pro- Services entwickeln und an neuen Geschäftsmo- duktqualität oder vereinfachte Administration. dellen arbeiten, können sich daran orientieren. Die Erwartungen der Unternehmen an zukünf- Der vorliegende Leitfaden „Digitale Angebote tige Erträge aus digitalen Leistungen sind ent- erfolgreich vermarkten“ ist das Ergebnis sprechend hoch. Umso wichtiger ist es daher, die eines gemeinsamen Projektes des Verbandes digitale Transformation strategisch voranzutrei- Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e. V. ben. Für die erfolgreiche Kommerzialisierung sind (VDMA) und The Boston Consulting Group (BCG). die Definition des Kundennutzens und ein durch- dachter Anwendungsfall genauso wichtig wie Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre. die richtige Preis- und Marktangangsstrategie. Bianca Illner Dr. Ralph Lässig Leitung Business Advisory Associate Director VDMA Boston Consulting Group
6 DIGITALE ANGEBOTE ERFOLGREICH VERMARKTEN I. Digitalisierung im Maschinenbau – Wachstumschancen versus Status quo Digitale Wachstumsmärkte im Maschinenbau Viele Unternehmen der Branche haben hohe Der Maschinen- und Anlagenbau kann mit Hilfe Erwartungen an den zukünftigen Geschäftsbei- digitaler Innovationen interne Prozesse opti- trag von digitalen Lösungen – das belegt eine mieren und sich mit digitalen Produkten und BCG-Umfrage im Maschinen- und Anlagenbau Leistungen für produzierende Unternehmen aller aus dem Jahr 2018. Demnach glauben 28 Prozent Branchen neue Geschäftsfelder erschließen. Das der befragten Unternehmen, dass der Umsatz- Spektrum des möglichen Angebots ist sehr breit anteil mit IoT-Lösungen in ihrem Unternehmen und reicht von Apps für Maschinenmonitoring 2023 bereits über fünf Prozent liegen wird. Das und Remote Service über Engineeringsoftware wäre nahezu eine Verdopplung gegenüber 2018. und datengestützte Beratungsleistungen bis hin Derzeit generieren nur 15 Prozent der befrag- zu digitalen Marktplätzen und digital gestützten ten Unternehmen mehr als fünf Prozent ihrer Betreibermodellen. Umsätze mit digitalen Lösungen. Während einige Unternehmen wie beispielsweise Erwartung contra Status quo Siemens bereits Anfang der 2000er Jahre in den Die Zukunftserwartung und die Beurteilung Markt für Industriesoftware eingestiegen sind, ist des Status quo zeigen jedoch eine deutliche das Internet der Dinge (IoT – Internet of Things) Diskrepanz. Denn trotz der erwarteten Umsatz- ein vergleichsweise neuer Markt. Im industriellen steigerungen in den nächsten Jahren sehen die Bereich des Internets der Dinge prognostiziert Unternehmen der Branche aktuell großen Nach- BCG der Branche Maschinen- und Anlagenbau holbedarf auf dem Feld der Digitalisierung. für den Zeitraum zwischen 2018 und 2023 ein Umsatzwachstum von 32 Prozent. Bei der Indus- Maschinen, Anlagen oder Komponenten sind triesoftware wird ein Wachstum von immerhin schon überwiegend mit Informations- und acht Prozent erwartet. Kommunikationstechnologien ausgestattet. Die während des Betriebs erhobenen Daten werden jedoch häufig nur für die Steuerung des Digitales Wachstumspotenzial deutlich über Wachstum der etablierten Kernmärkte # Industriesoftware #IoT (B2B Applikationen) CAGR +32 % CAGR +8 % 2017 2023 2017 2023 Abbildung 1 Quelle: BCG Marktmodelle
DIGITALISIERUNG IM MASCHINENBAU – WACHSTUMSCHANCEN VERSUS STATUS QUO 7 Hohes Ambitionsniveau deutscher Maschinenbauer # Digitale Readiness # Umsatz mit digitalen 2017 Leistungen 2023 • Digitale Technologien weitgehend beherrscht, aber langsame Umsetzung ins aktive Leistungsportfolio • Weiterhin geringer Nutzungsgrad erhobener Daten, v.a. für intelligente datenbasierte Services • Häufig "Task Force"-Organisation ~60 % ~70 % innerhalb bestehender Strukturen sind Neulinge bei haben Umsatzziel >3 % Bisher marginaler Umsatzbeitrag digitalen Produkten vom Gesamtumsatz ohne signifikante Profite und Services Quelle: VDMA Industrie 4.0-Readiness Online-Selbst-Check 2017; Abbildung 2 BCG IoT Umfrage 2018 laufenden Betriebs genutzt und damit nicht wei- 61 Prozent nahezu gleich groß. Datenbasierte ter aggregiert, analysiert und für die Entwicklung Dienstleistungen bieten sie entweder gar nicht von digitalen Leistungen verwendet. Ein weiteres oder nur ohne Vernetzung mit dem Kunden an. Problem sind die Nutzungsrechte der Daten. Viele Hier ist jedoch zu berücksichtigen, dass es sich Maschinenbetreiber sind nicht bereit, ihre Daten bei einem nicht unerheblichen Teil der befrag- zur Verfügung zu stellen – erst recht, wenn für sie ten Unternehmen um Komponentenhersteller daraus kein Nutzen für das eigene Unternehmen handelt, die per se nur begrenzt datengetriebene erkennbar ist. Services anbieten können (Quelle: VDMA Indust- rie 4.0-Readiness Studie Online-Selbst-Check). Der Verband Deutscher Maschinen- und Anla- genbau e. V. (VDMA) hat zwischen Januar 2017 Was die Digitalisierung hemmt und Juni 2018 rund 530 Unternehmen aus dem Die Digitalisierung im industriellen Umfeld ist Maschinen- und Anlagenbau nach ihrer „Indus- komplex. Der Maschinen- und Anlagenbau ist trie 4.0-Readiness“ befragt. Ergebnis: Mehr traditionell sehr technik- und produktzentriert. als jedes zweite Maschinenbauunternehmen Seit Längerem spielt aber die Digitalisierung in (57 Prozent) sieht sich selbst als Neuling in der der Konstruktion von Produktionsanlagen und Digitalisierung, Nachholbedarf besteht dabei Maschinen eine wichtige Rolle und hat die Kern- weniger bei technischem Know-how als bei kompetenz der Branche erweitert. Es entsteht strategischen und organisatorischen Fragen rund ein Markt, der weit über die klassische Maschine um die Vermarktung von digitalen Leistungen. hinausgeht. Dabei stellen die notwendigen Kom- 62 Prozent verfügen über keine oder nur wenig petenzen für die Entwicklung digitaler Lösungen Erfahrung bei „Smarten Produkten“. Gefragt zunehmend einen Engpass dar. Auch die Komple- wurde nach einer Erweiterung der eigenen Pro- xität vieler IT-Projekte wird häufig unterschätzt. dukte um intelligente Komponenten, die mit dem So verfügen zwar viele Unternehmen über das Hersteller in Verbindung bleiben, um beispiels- Know-how zur Entwicklung von Automatisie- weise Remote Monitoring zu ermöglichen. rungslösungen. Dabei wird aber oft verkannt, wie groß der Schritt von dort beispielsweise bis Die Produkte der befragten Unternehmen zur durchlässigen Einbindung von Enterprise besitzen entsprechend nur in geringem Maß Software ist. Ein weiteres Hemmnis ist der lange Zusatzfunktionalitäten aus der Informations- und Produktlebenszyklus bei Industrie- und Ferti- Kommunikationstechnik (IKT). Bei den „Datenge- gungsanlagen von 20 bis 30 Jahren. Die Unter- triebenen Services“ ist der Anteil der Unterneh- nehmen stehen vor der Herausforderung, beste- men, die keine oder wenig Erfahrung haben, mit hende Fertigungsanlagen in digitale Lösungen
8 DIGITALE ANGEBOTE ERFOLGREICH VERMARKTEN einzubinden. Wie bei jeder Diversifizierung des abschätzen, welcher Aufwand notwendig ist, um Portfolios sind dazu auch vergleichsweise hohe das digitale Projekt erfolgreich zu vermarkten. Investitionen im Vorfeld notwendig, deren Return Die Entwicklung von digitalen Leistungen setzt on Investment (ROI) auch bei den befragten eine klare und nutzerzentrierte Zieldefinition Unternehmen nicht abschätzbar ist. voraus. Diese kann sich beispielsweise an Leis- tungskennzahlen einer Betreiberproduktion wie Am Aufbau digitaler Leistungsportfolios führt Verfügbarkeit, Taktfrequenzen, Durchlaufzeiten kein Weg vorbei oder Qualitätszeiten orientieren. Die Digitalisierung ist eine der großen Herausfor- derungen für die Maschinenindustrie. Sie bietet Parallel zur Entwicklung und Umsetzung ist große Chancen, das eigene Angebotsportfolio es essenziell, den aus dem Softwareanteil ent- auszubauen und damit auch dem Markteintritt stehenden Nutzen für den Kunden konkret zu branchenfremder Unternehmen zuvorzukom- quantifizieren. Auch muss die Vermarktung der men. Dazu müssen die Unternehmen neue digitalen Leistung durchdacht und entsprechend Geschäftsmodelle entwickeln. Wichtige Fragen vorbereitet werden. Bei vielen Maschinen- und sind dabei: Wie lassen sich Fertigungsanlagen in Anlagenbauern besteht aber noch Unsicherheit, der produzierenden Industrie digital nachrüsten? wie man die digitalen Leistungen am besten in Wie können neue digitale Leistungen entwickelt den Markt bringt und welchen Preis man dafür werden, die eine Vernetzung und Optimierung fordert. von Produktionsanlagen ermöglichen? Es gibt keinen Königsweg, kein Patentrezept, Digitale Produkte und Leistungen des Maschinen- wohl aber Strategien, die eine erfolgreiche Kom- und Anlagenbaus haben ein großes Potenzial, merzialisierung möglich machen. wenn sie strategisch durchdacht, geplant und konsequent durchgeführt werden: Kunden- nutzen, Preis und Marktangang sind dabei die wesentlichen Stellhebel für eine erfolgreiche Kommerzialisierung der entwickelten Produkte und Dienstleistungen. Viele Digitalisierungs- projekte in der Industrie scheitern nicht an der Technik. Die Unternehmen können aber oft nicht
TYPEN DIGITALER LEISTUNGSANGEBOTE 9 II. Typen digitaler Leistungsangebote Dieser Leitfaden gibt dem Maschinen- und Anla- Die Erhöhung des Nutzenbeitrags für genbau bei der Kommerzialisierung von Digital- den Kunden unterscheidet sich in leistungen eine wirkungsvolle Hilfestellung. Das Spektrum möglicher digitaler Leistungen und • inkrementelle Verbesserung bekannter KPIs Produkte ist im Maschinen- und Anlagenbau sehr groß, weil sie direkt mit der Nutzung des unter- • Quantensprung in bestehenden Nutzen nehmenseigenen Primärproduktes verbunden dimensionen sein beziehungsweise auf dieses referenzieren können. Ein originärer Softwareentwickler oder • einer neuen Nutzendimension ein Digital-Start-up haben diesen strategischen Vorteil nicht. Es gibt bereits heute einige sehr Mit diesen Dimensionen lassen sich bei den erfolgreiche Beispiele aus der Branche. Auch untersuchten Erfolgsbeispielen vier Typen digi- Unternehmen aus vergleichbaren B2B-Branchen taler Leistungsangebote identifizieren. Diese wie Automobilzulieferer, Medizintechnik, Chemie weisen jeweils unterschiedliche Ausprägungen und Pharma liefern wertvolle Best Practices. Die der wesentlichen Merkmale Nutzenbeitrag und folgende Kategorisierung digitaler Leistungsan- Portfoliokontext der Leistungen auf. gebote basiert auf der Analyse solcher erfolg- reichen Beispiele. Die Angebote sind zwar völlig unterschiedlich und folgen auch anderen Regeln der Kommerzialisierung. Es gibt jedoch zwei grundsätzliche Kernmerkmale, anhand derer sich eine sinnvolle Zuordnung vornehmen lässt: der Portfoliokontext und der Nutzenbeitrag. Beim Portfoliokontext unterscheiden sich Leistungen, die • vollständig in das Primärprodukt integriert sind – beispielsweise die Konnektivität von Maschinen • das bestehende Produkt erweitern, aber nur in Verbindung mit dem Primärprodukt nutzbar sind – beispielsweise digital gestützte proak- tive Remote Services • eigenständig nutzbar sind, aber einen Bezug zum bestehenden Produkt haben, beispiels- weise eine Engineering Software • sich eigenständig, ohne Bezug zum Primar- produkt nutzen lassen – beispielsweise Cloud- Dienste
10 DIGITALE ANGEBOTE ERFOLGREICH VERMARKTEN Einordnung digitaler Leistungen in zwei Dimensionen Nutzenbeitrag Portfolioevolution Diversifizierung für den Kunden Neue Nutzen- dimension Digital- adressiert Innovation Quantensprung Komplementär- in bestehenden Integrale leistung Nutzen- Produktver- dimensionen besserung Digitaler Mittler Inkrementelle Verbesserung Eingebettet in Erweiterung/Ergänzung Eigenständige Vollständig produkt- bestehendes des bestehenden Leistung mit Bezug zum unabhängige Produkt Produkts bestehenden Produkt Leistung Portfoliokontext der Leistung Abbildung 3 Quelle: Experteninterviews Typische digitale Angebote führender Maschinenbauer Nutzenbeitrag der digitalen Leistung für Kunden IoT-enabled Remote Neue Nutzen- Betreibermodelle Anlagenbetrieb Digital-Innovation IoT- dimension Basisdienste adressiert Gesundheits- Digital Tracking management Remote Service Quantensprung Komplementär- Marktplatz leistung Workflow-Software in bestehenden Ersatzteile via 3D-Druck Nutzen- Anlagenleitstand Datengestützte Digitales Wartungs- dimensionen Prozessop mierung management Maschinenportal Engineering- Soware Integrale Produktverbesserung Maschinen- monitoring Digitaler Inkrementelle Konfigura- Mittler Verbesserung Maschinenkonnektvität onstool Ersatzteil- versorgung Nutzen- Eingebettet in Erweiterung/Ergänzung Eigenständige Vollständig produkt- verspre- bestehendes des bestehenden Leistung mit Bezug zum unabhängige chen Produkt Produkts bestehenden Produkt Leistung Portfoliokontext der digitalen Leistung Abbildung 4 Quelle: Experteninterviews
TYPEN DIGITALER LEISTUNGSANGEBOTE 11 Die vier Typen von digitalen Die Typen der digitalen Leistungsangebote reichen Leistungen von Digital-Features, die das eigene Produkt ergän- zen und damit aufwerten, bis hin zu völlig neuen Leistungstyp 1: Integrale Produktverbesserung digitalen Services und Leistungen. Die Grenzen Die Funktionalität des Primärprodukts wird mit sind nicht immer trennscharf. Es können auch Hilfe digitaler Technologien erweitert, um die Lösungen weiterentwickelt werden, bei denen Wettbewerbsfähigkeit abzusichern oder auszu- beispielsweise der Bezug zum Primärprodukt des bauen. eigenen Unternehmens wegfällt und die digitale Leistung somit auch für Wettbewerbsprodukte Leistungstyp 2: Komplementärleistung oder in neuen Anwendungen nutzbar ist. Das eigene Leistungs- und Produktprogramm wird um eigenständige digitale Angebote ergänzt Die Integrale Produktverbesserung ist in das oder erweitert. In Verbindung mit den beste- bestehende Produktportfolio des Unternehmens henden Produkten bieten diese Angebote den eingebettet oder ergänzt das bestehende Pro- Kunden einen signifikanten zusätzlichen Nutzen. dukt. Digitale, in die Kernprodukte integrierte Zusatzleistungen werden in naher Zukunft zum Leistungstyp 3: Digitaler Mittler Mindeststandard der Branche zählen. Sie können Eigenständige digitale Leistungsangebote mit vor allem vorhandene Umsätze absichern – zu sichtbaren Kundennutzen, die einen Bezug zum einem spürbaren Wachstum tragen sie jedoch eigenen Primärprodukt haben, aber gegebenen- nicht bei. Dennoch sind sie ein wichtiger ers- falls auch mit Produkten anderer Hersteller nutz- ter Schritt hin zum digitalen Produktportfolio bar sind. Diese sollen dazu dienen, den Absatz und bereiten den Weg, weitere Leistungen mit des Primärgeschäfts anzukurbeln. einem höheren Nutzenbeitrag, die unabhängiger vom eigenen Produkt sind, zu entwickeln und Leistungstyp 4: Digitale Innovation erfolgreich zu vermarkten. So kann beispiels- Es handelt sich um eine komplett eigenständige weise ein Maschinenbauer standardmäßig alle Leistung ohne direkten Bezug zum Primärpro- Neumaschinen mit der eigenen Cloud-Lösung dukt, die sich auch eigenständig vermarkten verbinden. Auf diese Digitalinfrastruktur kann lässt. Dies kann eine Software, eine Lösung mit er dann sukzessive Services aufsetzen und Kom- einem hohen Softwareanteil oder ein Geschäfts- plementärleistungen wie etwa Remote Machine modell sein. Monitoring oder eine Online-Beratung zur opti- malen Betriebsweise der Maschinen anbieten. Eine solche Online-Beratung kann auf einer App durch Wartungsvideos erfolgen und zusätzlich, wenn Bauteile doch defekt sein sollten, durch einen installierten QR-Scanner eine genauere und schnellere Ersatzteilversorgung ermöglichen. Oder das Maschinenbauunternehmen bietet seinen Kunden eine Service-App mit kostenlosen Basisfunktionen wie Dokumentation, Support
12 DIGITALE ANGEBOTE ERFOLGREICH VERMARKTEN oder Maschinenvisualisierung an. Perspektivisch einen Mehrfachnutzen: variable verbrauchsab- können weitere Mehrwertfunktionen aufge- hängige Abrechnung, die Investitions- und War- schaltet werden – Maschinenüberwachung, tungsaufwände beinhaltet, anstatt fixer Kosten vorausschauende Wartung, Energie-Monitoring für die Maschinen. Der Maschinenbauer wiede- oder Auftragsmanagement –, die dann als Kom- rum kann Kunden langfristig an sich binden und plementärleistung im Abonnement buchbar sind. die Umsätze verstetigen. Eine solche App bietet die Möglichkeit, sukzessive digitale Zusatzfunktionen anzubieten, die eine Beim Digitalen Mittler handelt es sich um ein neue Nutzendimension eröffnen und sich ent- eigenständiges digitales Leistungsangebot mit sprechend monetarisieren lassen. einem klar messbaren Nutzen für den Kunden. Zwingend hat die Leistung einen Bezug zur Pri- Die Komplementärleistung ergänzt oder erwei- märleistung. So gibt es Marktbeispiele, die zwar tert das eigene Leistungsprogramm um autarke auf eine Primärleistung referenzieren, aber dies digitale Angebote. In Verbindung mit den beste- muss nicht zwingend das Produkt des eigenen henden Produkten bieten diese den Kunden Unternehmens sein. Ein Beispiel hierfür sind einen signifikanten zusätzlichen Nutzen. So gibt Engineering-Software oder datengestützte Pro- es im Maschinenbau eine Vielzahl von Condition zessoptimierung. Hier profitiert das Unterneh- Monitoring Systemen, die das eigene Aggregat men von seiner Expertise der Herausforderungen nutzungsbasiert prüfen und über den Anlage- in den Prozessen der jeweiligen Abnehmer- leitstand der Gesamtproduktion des Kunden branchen, weil die digitale Leistung exakt auf eingebunden sind. Solche Lösungen schonen die Bedürfnisse eigener beziehungsweise ähn- das technische Personal des Kunden und werden licher Primärprodukte zugeschnitten ist – und zumeist über Lizenzmodelle vertrieben. Ein wei- entsprechend auch positive Effekte darauf hat. teres bekanntes Beispiel sind auch Betreibermo- Der Baustoffhersteller Xella baut aktuell sein delle mit Vorteilen für Anbieter wie Kunden. Für Geschäftsmodell vom reinen Materiallieferanten Letztere kann die Umwandlung von Fixkosten in zum Lösungsanbieter aus. Bestandteil dieser verbrauchsabhängige Kosten durchaus attrak- Strategie sind Building Information Modeling tiv sein und entsprechend einen hohen Nutzen (BIM) Planungstools, die eine bessere Flächen- stiften – unabhängig von der Kernleistung. Sol- und Raumausnutzung im Gebäude ermögli- che IoT-gestützten Betreibermodelle bieten sich chen – aufbauend auf dem Portfolio und den immer dann an, wenn die Installationen in der Materialspezifikationen von Xella. Fläche weit verteilt sind, beispielsweise Druck- luftkompressoren, Waagen oder Mess- und Prüf- Einige Maschinenbauer bieten produktionsbe- geräte. Sensoren sammeln die Daten, übermit- gleitende Prozessoptimierung an. Sie basiert auf teln sie in Echtzeit an eine Machine-to-Machine Daten, die etwa über die verbaute Bestandssen- Plattform und von dort in die Cloud. Servicetech- sorik geliefert werden, sowie auf Daten aus Soft- niker überall auf der Welt erhalten ihre Aufträge wareleistungen wie Condition Monitoring oder aus der Cloud direkt auf ihre mobilen Endgeräte. Predictive Maintenance. Abgedeckt werden dabei Für den Kunden haben diese Betreibermodelle nicht nur Fertigungsabschnitte, in denen das
TYPEN DIGITALER LEISTUNGSANGEBOTE 13 eigene Primärprodukt eingesetzt wird, sondern Die Digitale Innovation ist eine digitale Leistung auch vor- und nachgelagerte Prozessschritte, bei oder ein digitales Geschäftsmodell – beispiels- denen eventuell Fremdprodukte installiert sind. weise eine Software, die keinen direkten Bezug Mit dem Kunden werden garantierte Leistungs- zur Primärleistung hat und sich solitär vermark- zahlen definiert, die sich aus der bestehenden ten lässt. Damit diversifiziert das Unternehmen OPEX-Struktur ableiten lassen. Der Vorteil für den und kann sich unabhängig vom Primärprodukt Kunden ist ein günstigerer Stückkostenpreis. Der neue Einnahmequellen sichern. Maschinenbauer kann neben den softwarege- stützten Leistungen auch seine Serviceangebote Digitale Innovation in Reinkultur betreibt bei- und Verbrauchsmaterialien innerhalb der Pro- spielsweise Amazon, ursprünglich Onlinehändler, zessberatung integrieren. Wenn die festgelegten der sein Angebot mit Amazon Web Services in KPIs übererfüllt werden, kommen zudem erfolgs- Richtung Cloud-Services diversifiziert hat. Auch abhängige Bepreisungsmodelle zum Tragen. Siemens hat sich bereits vor einigen Jahren mit Industriesoftware in einem für den Konzern damals völlig neuen Marktsegment etabliert. Entscheidungsbaum zur Einordnung neuer digitaler Leistungen Eigenständige Fundamentaler Leistung ohne Mehrnutzen in Digitale Bezug zum Neben eigenem bestehenden/ Innovation Primärprodukt auch mit neuen Dimensionen fremdem Nutzen? Primärprodukt nutzbar Signifikante Verbesserung Digitaler bekannter KPIs Mittler Eigen- Nutzbar in Her- ? ständig- keit? Verbindung mit (physischem) Primärprodukt stellerbe- zug? Quantensprünge Komple- und/oder neue mentär- Anwendbar nur Nutzendimensionen leistung zusammen mit eigenem Nutzen? Vollständig ins Primärprodukt Inkrementelle Integrale Primärprodukt Verbesserung Produktver- integriert bekannter KPIs besserung Abbildung 5 Quelle: BCG/VDMA
14 DIGITALE ANGEBOTE ERFOLGREICH VERMARKTEN Leistungen der digitalen Innovation im Maschi- Jeder dieser vier Typen von digitalen Leistungen nen- und Anlagenbau zeichnen sich dadurch aus, verlangt eine spezifische Preisgestaltung und dass die Software unterschiedliche Herstellerge- einen spezifischen Marktangang. Der Entschei- räte verbindet beziehungsweise ihre Leistungen dungsbaum auf Seite 13 hilft Unternehmen auch für Produkte von Wettbewerbern verwendet zunächst, neue digitale Leistungen in die vier werden kann. Beispielsweise Wartungsapps, die Kategorien einzuordnen. Im ersten Schritt wird bei unterschiedlichen Produktionsanlagen ein die Eigenständigkeit der Leistung unterschieden. effizientes Instandhaltungsmanagement ermög- Ist die digitale Leistung vollständig in das eigene lichen. Bei der installierten Basis können Instand- Produkt integriert, ist sie nur in Verbindung mit haltungsmanager für alle Aggregate Wartungs- dem Kernprodukt nutzbar oder handelt es sich zyklen eingeben. Der Wartungstechniker kann sie um eine eigenständige Leistung? Hier ist noch über mobile Endgeräte abrufen und abarbeiten. einmal nach Herstellerbezug zu unterscheiden, Datenmanagementlösungen in der Medizintech- das heißt: Ist die digitale Leistung ausschließlich nik können in Krankenhäusern oder Arztpraxen mit eigenen oder auch mit Produkten von Wett- die Prozesse effizienter gestalten, indem sie die bewerbern nutzbar? Zudem differenzieren sich Daten unterschiedlicher medizinischer Periphe- die Leistungen nach den Nutzendimensionen für riegeräte verarbeiten und damit eine zentrale den Kunden. Diese können von inkrementellen Datenarchivierung der digitalen Akte des Patien- Verbesserungen über spürbare Nutzenerhö- ten möglich machen. hung bis hin zu signifikanten Verbesserungen beziehungsweise fundamentalem Mehrnutzen reichen.
VORAUSSETZUNGEN FÜR EINE ERFOLGREICHE KOMMERZIALISIERUNG 15 III. V oraussetzungen für eine erfolgreiche Kommerzialisierung Der Innovationsprozess für digitale Leistungen Unternehmen eine völlig neue Leistung, die es erfolgt nicht linear. Die Entwicklung und das Ver- vorher gar nicht gab? Die möglichen Nutzendi- marktungskonzept greifen eng ineinander und mensionen sind unterschiedlich und reichen von müssen deshalb parallel ausgearbeitet werden. Optimierungen des Bedienungskomforts – der Kunde kann Daten nicht nur direkt auf dem Dis- Die Ideenfindung sollte in Interaktion mit dem play der Maschine, sondern unabhängig von Zeit Kunden stattfinden. Seine Probleme und seine und Ort überall auf seinem Smartphone einse- Bedürfnisse müssen angesprochen und klar hen – bis hin zu völlig neuen medienbruchfreien herausgearbeitet werden. Die iterative Produkt Prozessen. Beispielsweise eine IoT-Plattform, auf entstehung, ebenfalls in enger Kommunikation der Unternehmen Rechenkapazitäten buchen mit den Kunden und gegebenenfalls mit den können. Geräte und Maschinen lassen sich Plug- Nutzern, schafft einen Optimierungskreislauf, der and-play anschließen, alle Daten werden in der die Marktnähe der Lösung sichert. Cloud gespeichert, ausgewertet, analysiert und zur weiteren Optimierung etwa der Steigerung Grundvoraussetzung für die Kommerzialisierbar- der Verfügbarkeit oder der Anlageneffektivität keit ist ein gut durchdachtes Nutzenversprechen genutzt. für den Kunden. Wie groß ist das Verbesserungs- potenzial der digitalen Lösung gegenüber der Je größer das Verbesserungspotenzial einer analog bestehenden Lösung? Was hat der Kunde Lösung, desto unabhängiger vom Primärprodukt davon, wenn er Daten nicht mehr nur an der lässt sich die digitale Leistung kommerzialisieren Maschine, sondern auch auf mobilen Endgeräten und eben auch individuell bepreisen. Die genaue einsehen kann? Stellt dies einen quantifizierbar Ausgestaltung hängt letztlich vom jeweiligen monetären Mehrwert dar? Oder aber schafft das Leistungstyp ab. Voraussetzung für eine erfolgreiche Kommerzialisierung ist eine durchdachte Value Proposition ? # Nutzenversprechen (Value Proposition) Schritt 1: Spezifikation des Anwendungsfalls (Use Case) Sicherstellung der Nutzenbeitrag für den Kunden (quantifizierbar) Kommerzialisierbarkeit Portfoliokontext # Preisgestaltung # Marktangang Umsatzgenerierungsmodell Schritt 2: Vertriebskanalmodell Preismodell inkl. Metrik Aktive Kommunikationskonzept Preisfestsetzungsansatz Kommerzialisierung Digitales Kooperationsmodell Abbildung 6 Quelle: BCG, VDMA
16 DIGITALE ANGEBOTE ERFOLGREICH VERMARKTEN Wie gehen Unternehmen hier bestmöglich • Ist die Reife des Marktes und der vorhandenen vor? Die erfolgreiche Kommerzialisierung setzt Technik getestet? zunächst Vermarktungspotenzial voraus. Dieses lässt sich nur in engem Austausch mit Kunden • Sind die strategischen Ziele und die Bedeu- beziehungsweise der Zielgruppe identifizieren, tung für das Unternehmen definiert? da bei neuen digitalen Leistungen weder der Wettbewerb noch Marktdaten einen belastbaren • Wurde die Investitionsplanung skizziert und Bezugsrahmen liefern, wie dies beim Primär- ist die Wirtschaftlichkeit abgeschätzt? produkt und den daraus gewachsenen Wettbe- werbsbeobachtungen der Fall ist. Dann erfolgt Preisgestaltung im zweiten Schritt die Kommerzialisierung des Die Preisgestaltung ist von zentraler Bedeutung. digitalen Portfolioelements mit Preisgestaltung Sie definiert den Umsatz- und Ergebnisstrom und und Marktangang. ist ein wichtiges Marketinginstrument. Die Preis- gestaltung digitaler Leistungen ist aufgrund ihrer Wichtig ist die Spezifikation des Anwendungs- Andersartigkeit im Vergleich zu analogen Produk- falls für die digitale Leistung. Nur wenn dieser ten eine Herausforderung für Unternehmen. in allen Dimensionen sinnvoll durchdacht ist, Die am weitesten verbreiteten Methoden zur besteht eine Chance der erfolgreichen Kommer- Preisbildung sind die „Cost Plus“ Methode, die zialisierung. Orientierung am Wettbewerb und die wert orientierte Preisgestaltung. Viele Unternehmen kalkulieren auf Basis von Cost Plus. Hauptnach- Muster und Methodiken bei teile dieser Selbstkostenkalkulation: Es besteht der Kommerzialisierung digitaler die Gefahr, dass die Preise aufgrund der eigenen Leistungen Kostenstruktur nicht das Marktpreisniveau treffen und damit das Marktpotenzial nicht voll Checkliste zur Beurteilung des Reifegrades ausschöpfen. Insbesondere bei digitalen Leistun- der Use Case-Spezifikation gen mit hohen positiven Skaleneffekten ist die • Ist das Produkt technisch überhaupt Methode nicht geeignet. Die Preisorientierung realisierbar? am Wettbewerb setzt voraus, dass es vergleich- bare Produkte am Markt gibt. Bei Neuentwick- • Ist das Marktpotenzial erfasst und die lungen im digitalen Umfeld ist dies nicht immer Wettbewerbsdynamik verstanden? gegeben. • Gibt es einen Bedarf und löst das Produkt Pro- Hier bietet sich daher in erster Linie ein wertba- bleme der aktuellen und potenziellen Nutzer? siertes Preiskonzept an. Im Vordergrund stehen der Nutzen des Kunden und der damit für ihn • Sind Differenzierungsmerkmale zu möglichen geschaffene Wert. Der Nutzen kann dabei auch Wettbewerbern definiert? die Ersparnis des Kunden, sprich Kostensenkun- gen oder die Erhöhung seiner Umsatzrendite,
VORAUSSETZUNGEN FÜR EINE ERFOLGREICHE KOMMERZIALISIERUNG 17 sein. So ist beispielsweise bei Software die Höhe Vertriebseinheiten oder entsprechende Ver- der Lizenzgebühren oftmals auf Basis des Ein- triebspartner verkauft werden können. Eng damit sparpotenzials des Kunden kalkuliert. verbunden sind Kommunikation und Marketing. Mögliche Alternativen, die in der Praxis häufig Wie viel Zeit, wie viel Material, wie viel Arbeits- parallel genutzt werden, sind: kraft spart er durch die digitale Leistung ein? Und wie lassen sich diese Ressourcen gewinnbringend • Direktansprache der Bestandskunden nutzen? Erhöht sich der Umsatz des Kunden durch eine Erhöhung der Ausbringungsmenge, • Bildung von neuen Fokusgruppen, die einen eine Steigerung der Qualität oder eine Verkür- besonders hohen Nutzen durch die entwi- zung der Lieferzeiten? Wie wirkt sich das auf ckelte Leistung haben und dadurch besonders seine Rendite aus? Diese Methode setzt voraus, aufgeschlossen sind, Endkundenansprache dass der Nutzen für den Kunden beziffert werden und – besonders wichtig im digitalen Bereich kann und dieser den Wertbeitrag auch erkennen kann. Das Perceived Value Pricing basiert auf • digitale Ökosysteme mit intelligenten Anwen- Modellrechnungen, da eine exakte individuelle dungen und Services für Kunden und Partner. Berechnung faktisch kaum möglich ist. Grundsätzlich gibt es bei der letztgenannten Beim Preis- oder Zahlungsmodell unterscheidet Alternative folgende strategische Ausgestaltun- man die indirekte Monetarisierung, die über das gen: Das Unternehmen kann eine eigene digitale Primärprodukt erfolgt, und die direkte Monetari- Plattform als geschlossenes System aufbauen. sierung, deren Bandbreite von kostenloser Nut- Dies hat den Vorteil der größeren Kontrolle, auch zung und Einmalzahlung bis hin zu unterschiedli- Wettbewerber lassen sich damit ausschließen. Es chen Formen wiederkehrender Zahlungen reicht. ist allerdings auch schwieriger, die Plattform für Diese können verbrauchsabhängig, an Lizenzen Kunden attraktiv zu gestalten, wenn das Angebot gebunden, beziehungsweise durch feste Raten begrenzt ist. Eine Alternative sind offene part- definiert sein. nerschaftliche Systeme, die der eigenen digitalen Leistung eine größere Verbreitungsbasis geben Marktangang und eine indirekte Vertriebsoption darstellen, Die schnelle Penetration der Zielkundenbasis da für den Kunden in solchen Netzwerken ein und der Gewinn von Marktanteilen ist bei digi- größeres Leistungsspektrum abgedeckt ist. Die talen Produkten erfolgsentscheidend. Wichtige hohe Angebotsdiversifizierung, die durch die Hebel für den Marktangang sind Vertrieb, Kom- Einbindung von Partnern entsteht, erhöht auch munikation und Marketing sowie der Aufbau die Attraktivität für den Kunden. Letztlich gibt von Kooperationen und Netzwerken. Mögliche es viele Spielarten, Netzwerke aufzubauen und Vertriebskanäle reichen vom rein digitalen Web zu nutzen. Wichtig ist, dass sie die Kommerziali- shop oder Marktplätzen bis hin zu Leistungen, die sierungsstrategie der digitalen Leistung optimal aufgrund ihrer Komplexität nur über die eigenen stützen können.
18 DIGITALE ANGEBOTE ERFOLGREICH VERMARKTEN IV. Erfolgskonzepte zur Kommerzialisierung Digitale Produkte und Leistungen unterscheiden Erfolgsmuster für sich in der Herstellung, Bereitstellung und Nut- den digitalen Leistungstyp 1: zung wesentlich von analogen Produkten. Im Integrale Produktverbesserung Folgenden werden die wichtigsten strategischen Schritte für die erfolgreiche Kommerzialisierung Die Integrale Produktverbesserung ist in das digitaler Produkte und Leistungen der Maschi- bestehende Produktportfolio des Unternehmens nen- und Anlagenbauunternehmen durchdekli- eingebettet oder ergänzt das bestehende Pro- niert. Die beschriebenen aktuellen Praxisfälle dukt. Der Preis ist vollständig in den Preis des sind den vier vorab definierten Leistungstypen Primärprodukts integriert. Die Leistung bietet zugeordnet, die im Maschinen- und Anlagenbau dem Kunden mindestens eine inkrementelle vorzufinden sind. Verbesserung, im besten Fall sogar einen deutli- chen Mehrnutzen. Sie übersteigt allerdings nicht einen Nutzenschwellenwert für den Kunden, der eine eigenständige Monetarisierung ermöglichen würde. Ziel ist es, das aktuelle Preisniveau des Primärproduktes abzusichern und eine Basis für den Verkauf zusätzlicher Komplementärleistun- gen zu schaffen. Erfolgsmuster für den Erfolgsmuster digitalen für LeistungstypIntegrale Leistungstyp: 1: Integrale Produktverbesserung Produktverbesserung # Preisgestaltung Umsatzgenerierungs- Paket- Individuelles Lock-in angebot Angebot & sell up modell Indirekt über Einmal- Verbrauchs- Lizenz/ Erfolgs- Preismodell Primär- Umsonst zahlung abhängig Feste Rate beteiligung produkt Differen- Preisfestsetzungsansatz Kostenbasiert Zahlungs- bereitschaft Nutzen- quantifi- Wettbewerbs- ziert (nach orientiert Zeit/Kunde/ inkl. -differenzierung des Kunden zierung Geogra- phie) # Marktangang Vertriebskanalmodell Inte- griert mit Webshop Eigene Vertriebs- Vertriebs- Marketplace Kerngeschäft partner einheit Direkt- ansprache Fokus- Endkunden- Community- Kommunikationskonzept der Kunden- gruppen ansprache building basis Selbst- Einzelnes Digitales Multi- kontrolliertes, Ökosystem, Proprietär systemfähiges offenes Öko- fremd- Kooperationsmodell system kontrolliert Angebot Abbildung 7 Quelle: BCG, VDMA
ERFOLGSKONZEPTE ZUR KOMMERZIALISIERUNG 19 A. Preisgestaltung jüngster Zeit gelingt es vereinzelt, eine Beprei- Die Ziele sind Integraler Produktverbesserungen sung von Teilen der bislang kostenlosen Web- in der Regel der Erhalt oder Ausbau der bestehen- Inhalte beim Kunden durchzusetzen. den Wettbewerbsposition des Primärprodukts oder die Kompensation eines potenziellen Preis- Entscheidend für eine erfolgreiche und vor allem verfalls. Weil die digitale Leistung untrennbar nachhaltige Bepreisung ist es, den Nutzen für mit dem Primärprodukt verbunden ist – also per den Kunden auch klar an diesen zu kommunizie- se nicht separat verkauft werden kann –, wird ren. Mit steigendem Anteil digitaler Leistungs- sie indirekt über das Primärprodukt bepreist. bestandteile kann das Preis- und Rabattmodell Dennoch sollte der enthaltene Nutzen, wenn des Primärproduktes dann nach und nach in eine möglich, gegenüber dem Kunden quantifiziert gleichrangige Bepreisung von Software- und werden. Hardware-Elementen transformiert werden. Idealerweise ist die Integrale Produktverbesse- rung Bestandteil eines aufeinander aufbauenden digitalen Leistungsportfolios, für das Lock-in- Effekte beim Kunden erzielt werden – je höher B. Marktangang die Wechselkosten, desto stärker die Kundenbin- Die bestehenden Vertriebskanäle für das Primär- dung. produkt werden genutzt. Möglicherweise erfor- dert die integrale digitale Leistung einen zusätzli- Grundsätzlich stellt sich die Frage: Wird die Inte- chen digitalen Vertriebskanal, etwa in Form eines grale Produktverbesserung durch einen Preisauf- Online-Zugangs zu After-Sales-Services. Dieser schlag ausgewiesen oder wird sie als kostenloses sollte aber ebenfalls in den Kern- oder im Service- Feature mitgeliefert? vertrieb integriert werden. Die Bestimmung des Mehrwerts für den Kunden Die bestehenden Zielgruppen werden proaktiv sollte, wenn möglich, quantitativ als Eingangs- angesprochen. Vor dem Hintergrund einer Erwei- größe in die Kalkulation des Preises für das Pri- terung der digitalen Leistungspalette werden märprodukt einfließen und als eigene Position offene flexible Schnittstellen für die Anbindung im Angebot erscheinen. Hierbei sollte allerdings an fremde Partnernetzwerke geschaffen, indem vermieden werden, lediglich einen virtuellen die Leistung beispielsweise auf Branchenplattfor- Preis auszuweisen, diesen dann aber nicht einzu- men oder Plattformen von Anbietern mit komple- fordern und die Leistung kostenlos zur Verfügung mentären Leistungen platziert wird. zu stellen. Dies erzeugt beim Kunden erfahrungs- gemäß nicht den gewünschten Rabatteffekt, vielmehr tritt ein Gewöhnungseffekt ein. Es fällt C. Praxisbeispiel dann in der Folge schwerer, digitale Leistungen Vom Holzverarbeiter zum Upselling-Strategen entsprechend ihres Mehrwertes zu bepreisen. So Die Michael Weinig AG ist der weltweit größte hat das Verlagswesen über viele Jahre redaktio- Hersteller von Maschinen und Systemen in der nelle Inhalte im Internet kostenlos zur Verfügung Massivholzbearbeitung und hat weltweit Instal- gestellt, was die Auflagen der kostenpflichti- lationen im Einsatz. gen Printprodukte und damit die Einnahmen der Branche erheblich vermindert hat. Erst in Seit 2015 bietet das Unternehmen seinen Kun- den die Weinig-App Suite mit vielen Services rund um die Holzverarbeitung, wie beispiels- weise Tools für Winkelberechnungen oder Hobelschrittrechner. Herzstück der App ist der
20 DIGITALE ANGEBOTE ERFOLGREICH VERMARKTEN Maschinenmonitor. Weltweit können Weinig- den Preispunkt des Primärproduktes zu stüt- Kunden den aktuellen Status ihrer Maschinen zen. Gleichzeitig ist damit die Basis für weitere sowie laufende und produzierte Aufträge über zusätzliche Komplementärleistungen geschaffen. das Smartphone abrufen. Durch das Produktions- monitoring erhält der Anwender Auswertungen Die Preisfestsetzung für die Mehrwertleistun- bezüglich der Maschinenverfügbarkeit sowie gen orientiert sich an der Zahlungsbereitschaft Wartungsintervalle direkt auf das Mobilgerät. der Kunden und an Wettbewerbsangeboten. Auch können die Nutzer zu den regionalen Ser- Die Weinig-App Suite wird bei Bestandskunden vicepartnern verlinkt werden. Weinig betreibt beworben und über den Google Play-Store bezie- diese digitalen Lösungen zurzeit über eine hungsweise den Apple App-Store distribuiert. geschlossene Cloud, geplant ist die Nutzung von Siemens MindSphere, um internationale Kunden Zusammengefasst: besser einbinden zu können. Preisgestaltung • Vollständige Integration des Preises für das Die Weinig-App Suite ist ein klassisches Beispiel Digitalprodukt in den Preis des Primärprodukts für eine Integrale Produktverbesserung, die jedoch auch aufeinander aufbauende Komple- • Klare Kommunikation des Mehrwerts für den mentärleistungen anbietet. Die App-Funktionen Kunden sind mit Weinig-Maschinen verbunden, nur wenige Zusatzfeatures lassen sich unabhängig • Fokus auf Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit des vom Primärprodukt einsetzen. Die Registrierung Primärproduktes und/oder die Kompensation für die App ist kostenlos ebenso wie die Nutzung eines potenziellen Preisverfalls der Basisfunktionen wie etwa die Anzeige des Weinig Maschinenparks und der lokalen Service- Marktangang partner. Weitere Mehrwertfunktionen werden • Marktangang erfolgt zusammen mit dem über In-App-Käufe entweder als Einzelleistung Primärgeschäft oder im Abonnement verkauft. Dazu gehören beispielsweise das Maschinenmonitoring mit • Zusätzlich Promotion weiterer, auf die inte- Produktions-Auftragsmanagement und das Con- grale Digitalleistung aufbauender digitaler dition Monitoring von Spindeln. Weinig arbeitet Leistungsangebote an zusätzlichen modularisierten Einzelleistun- gen, die die Gesamtverfügbarkeit der Anlage • Proprietäre digitale Lösung mit offenen erhöhen sollen. Schnittstellen Das Unternehmen verfolgt hier eine Upselling- Strategie, indem der Kunde zunächst durch kostenlose Services an das Stammportfolio gebunden wird. Ziel ist es, zunächst einmal
ERFOLGSKONZEPTE ZUR KOMMERZIALISIERUNG 21 Erfolgsmuster für verfügt oftmals nicht über die notwendigen den digitalen Leistungstyp 2: Kenntnisse. Deshalb benötigt die Komplemen- Komplementärleistung tärleistung für die Anlaufphase zumindest eine eigenständige Vertriebseinheit. Alternativ kann Die Komplementärleistung ergänzt oder erwei- auch eine Geschäftseinheit gegründet werden, tert das eigene Leistungsprogramm um autarke die sich auch aus digitalen Vertriebsmitarbeitern, digitale Angebote. In Verbindung mit den beste- dem Produktmanagement, dem Service und oder henden Produkten bieten diese den Kunden auch dem strategischen Marketing zusammen- einen signifikanten zusätzlichen Nutzen. Die setzt. Von zentraler Bedeutung ist zudem der Bepreisung der Komplementärleistung kann als aktive Aufbau eines offenen Technologiepartner- Einmal- oder fortlaufende Zahlung konzipiert Netzwerks, um zusammen mit den anderen werden, je nachdem, ob die Nutzungsintensität Anbietern abgestimmte Leistungen für die des Kunden messbar ist. Hier ist auch die CAPEX/ gleiche Zielgruppe zu entwickeln. Dies könnten OPEX-Präferenz des Zielkunden wichtig. beispielsweise produktionsprozessübergreifende Partner sein, die gemeinsam mit ihren Teilleis- Die Komplementärleistung unterscheidet sich tungen eine bessere Gesamtanlageneffektivität grundsätzlich vom Primärprodukt, da sie sehr (OEE – Overall Equipment Effectiveness) beim viel softwarelastiger ist. Der bestehende Vertrieb Zielkunden sicherstellen. Erfolgsmuster für den Erfolgsmuster fürdigitalen L eistungstypKomplementärleistung Leistungstyp: 2: Komplementärleistung Preisgestaltung Umsatzgenerierungs- Paket- Individuelles Lock-in angebot Angebot & sell up modell Indirekt über Einmal- Verbrauchs- Lizenz/ Erfolgs- Preismodell Primär- Umsonst zahlung abhängig Feste Rate beteiligung produkt Differen- Preisfestsetzungsansatz Kostenbasiert Zahlungs- Nutzen- ziert (nach Zeit/Kunde/ inkl. -differenzierung des Kunden zierung Geogra- phie) Inte- # Marktangang Vertriebskanalmodell griert mit Kerngeschäft Webshop Eigene Vertriebs- Vertriebs- Marketplace (Neu/ partner einheit Service) Direkt- ansprache Fokus- Endkunden- Community- der Kunden- gruppen ansprache building basis Selbst- Einzelnes Digitales Proprietär kontrolliertes, Ökosystem, Multisystem- offenes Öko- fremd- fähiges Kooperationsmodell system kontrolliert Angebot Abbildung 8 Quelle: BCG, VDMA
22 DIGITALE ANGEBOTE ERFOLGREICH VERMARKTEN A. Preisgestaltung B. Marktangang Als eigenständige Leistung mit messbarem, Idealerweise werden Bestandskunden direkt signifikant operativem oder finanziellem Zusatz- angesprochen. Um der Komplexität der digita- nutzen für den Kunden soll und kann die Komple- len Produkte gerecht zu werden, empfiehlt es mentärleistung separat bepreist werden. Vertrie- sich, den originären Vertrieb mit einer neuen ben wird sie einzeln oder im Verbund mit dem Vertriebseinheit zu unterstützen. Die beiden Primärprodukt. Aufgrund der Eigenständigkeit ist Einheiten betreuen die Kunden in der Markt- die Komplementärleistung auch als alternatives einführungsphase gemeinsam. Ein „Double Geschäfts- und Umsatzgenerierungsmodell zur Accounting“-Anreizsystem fördert die Zusam- Primärleistung denkbar. menarbeit und verhindert internes Konkurrenz- denken. Schrittweise kann dann die gesamte Die Preisgestaltung ist abhängig von der Art der Vertriebsorganisation für den Verkauf digitaler Leistung. Fortlaufende verbrauchsabhängige Leistungen qualifiziert werden, so dass dann die Zahlungen setzen voraus, dass der Verbrauch Einheiten zusammengelegt werden können. messbar ist, etwa bei Betreibermodellen. Hier orientiert sich die verbrauchsabhängige Beprei- Viele Komplementärleistungen funktionieren sung meistens an den variablen Kosttreiber beim gegebenenfalls auch unabhängig vom Primär- Kunden. Remote-Lösungen werden häufig als produkt, lassen sich dann aber nicht vermarkten. Lizenzmodelle verkauft. Einmalzahlungen bieten Die Konzentration weiterer komplementärer sich für On-Premise-Lösungen an, gegebenenfalls Leistungen in einem Netzwerk kann für Kunden können sie mit laufenden Wartungs- oder Ser- und Anbieter ein hochattraktives Partnernetz- vicegebühren gekoppelt werden. werk schaffen, von dem letztlich alle Teilnehmer profitieren. Um die Einstiegshürde möglichst gering zu halten, ist ein Freemium-Modell oder eine kos- Die Gefahr, sich bei Digitalprojekten zu über- tenlose Testphase unbedingt empfehlenswert. nehmen, wird reduziert, wenn Unternehmen bei Komplementärleistungen müssen die kritische der Erstellung von Komplementärleistungen auf Nutzeranzahl überschreiten, insofern ist das die eigenen Kernkompetenzen fokussieren und erste Ziel nicht die Kostendeckung, sondern der gleichzeitig aktiv ein branchen- oder segment- Gewinn von Marktanteilen. spezifisches Partnernetzwerk mit weiteren komplementären Angeboten aufbauen. Solche Der geeignete Zielpreis lässt sich basierend auf Communitys leben von ihrer Offenheit. Es ist kei- quantifiziertem Kundennutzen, Zielkosten und nesfalls notwendig, diese Netzwerke zu dominie- der Zahlungsbereitschaft ermitteln. Weitere ren. Im Gegenteil: Dadurch verlieren sie häufig an Markierungen für den Preis sind – falls vorhan- Dynamik. Die Gruppenbildung in offenen Netz- den – die Preise von Wettbewerbern. Wichtig werken kann dagegen für Kunden ein attraktives ist es, im Zuge der Anlaufphase Spielräume zur Umfeld schaffen. Gleichzeitig bietet es für die Preisadjustierung einzuplanen. Zudem kann die Anbieter die Möglichkeit, die Entwicklung digita- Preisgestaltung auch differenziert nach Kunden ler Angebote in der Branche mitzugestalten. mit Hilfe zentral gesteuerter Preisarchitekturvor- gaben erfolgen.
ERFOLGSKONZEPTE ZUR KOMMERZIALISIERUNG 23 C. Praxisbeispiel Converting 4.0 wird zwar von Kampf maß- Vom Maschinenbauer zum digitalen Netzwerker geblich vorangetrieben, aber nicht gesteuert. Kampf Schneid- und Wickeltechnik gehört zu Mittlerweile haben sich mehr als 50 Partner aus den weltweit führenden Anbietern von großen Industrie, Forschung und Verbänden hier zusam- Maschinen zur Herstellung und Verarbeitung von mengeschlossen, um gemeinsam praxistaugliche Folien aller Art. Die Maschinen stehen in mehr als Digitalanwendungen für die Folienindustrie zu 3500 Fabriken weltweit. Gemeinsam mit Part- entwickeln. Kampf ist zudem Gründungsmitglied nern hat das Unternehmen die Plattform the@ im Verein MindSphere World, der Lösungen von vanced entwickelt. Die integrative Softwareplatt- cloudbasierten IoT-Betriebssystemen erarbeitet. form bietet effizienzsteigernde digitale Zusatz- funktionen für den Betrieb von Maschinen und Zusammengefasst: Anlagen wie beispielsweise die Überwachung von Produktionsprozessen auf mobilen Endgerä- Preisgestaltung ten. Die Plattform integriert Zusatzaggregate und • Eigenständige Bepreisung der sorgt für die Konnektivität und Interoperabilität digitalen Leistung mit digitalen Unternehmensinfrastrukturen. Zunächst wurde the@vanced als On-Premise • Einmal- oder fortlaufende Zahlung für die Plattform entwickelt – die Lösung lief auf einem Leistung, abhängig vom Betriebsmodell und Server beim Kunden vor Ort. der CAPEX/OPEX-Präferenz der Zielkunden Der Datenfluss aller vernetzten Maschinen kann • Freemium-Modell oder kostenlose Testphase damit automatisiert überwacht und analysiert werden. Um auch Maschinen an anderen Stand- • Multidimensionale Bestimmung des Zielprei- orten anbinden zu können, wurde schließlich ses über Zahlungsbereitschaft, Nutzenquan- eine Cloud-Lösung entwickelt. Damit können sich tifizierung und gegebenenfalls Marktpreisni- Maschinenbediener jederzeit über den Status veau der Maschine informieren. Aufgrund des Echtzeit- Monitorings lässt sich die Produktivität bei Marktangang sinkenden Wartungskosten steigern. Das • Direktansprache der bestehenden Kundenbasis the@vanced Software- und Servicepaket kann kostenlos getestet werden. Die weitere Verwen- • Eigenständige Vertriebseinheit für die Anlauf- dung ist kostenpflichtig, Nutzer können dafür phase erforderlich, eng vernetzt mit bestehen- Lizenzen erwerben. Dabei gibt es je nach Leis- der Vertriebsorganisation tungspaket und Maschinentypen differenzierte Preise. • Aktiver Aufbau eines offenen Technologiepart- ner-Netzwerks mit weiteren komplementären the@vanced ist im Rahmen von Converting 4.0 Leistungen entstanden – ein interdisziplinäres Netzwerk, das neue digitale Ideen für die Optimierung der Produktion in der Folienherstellung entwickelt. Ziel der Zusammenarbeit ist es, Lösungen anzu- bieten, die den gesamten Produktionsprozess eines Fabrikbetreibers abdecken können und die Verfügbarkeit des installierten Maschinenparks steigern. Eine solche branchenübergreifende Entwicklung ist nur in einem großen Partnernetz- werk möglich.
24 DIGITALE ANGEBOTE ERFOLGREICH VERMARKTEN Erfolgsmuster für den digitalen hoch, wird sie nicht mehr als Digitaler Mittler Leistungstyp 3: Digitaler Mittler wahrgenommen. Als autarke Leistung ist ein eigenständiger Vertrieb unerlässlich, der eng mit Beim Digitalen Mittler handelt sich um ein dem Stammvertrieb zusammenarbeitet. eigenständiges digitales Leistungsangebot mit einem klar messbaren Nutzen für den Kunden. Zu diesem Leistungstyp gibt es noch wenige Zwingend hat die Leistung einen Bezug zur Anwendungsbeispiele, wie beispielsweise die Primärleistung. Sie kann jedoch auch in Wettbe- digitale datenbasierte produktionsbegleitende werbsprodukte und andere komplementäre End- Prozessoptimierung, die nicht nur die Primär- peripherien integriert werden und dient weiter produkte des Anbieters, sondern auch Produkte dazu, den Absatz des Primärgeschäfts anzukur- der Wettbewerber abdeckt. Die Potenziale dieses beln. Der Fokus liegt also klar auf einem Lock-in Leistungstyps sind für den Maschinen- und Anla- & Sell-up-Effekt für das Kernproduktportfolio. In genbau vielversprechend. der Standardversion kann die digitale Leistung kostenlos angeboten werden, gegebenenfalls ist eine Erfolgsprämie sinnvoll. Diese muss aber deutlich unter der Zahlungsbereitschaft der Kunden für die Leistung liegen. Ist der Preis zu Erfolgsmuster für den digitalen Leistungstyp 3: Digitaler Mittler Erfolgsmuster für Leistungstyp: Digitaler Mittler # Preisgestaltung Umsatzgenerierungs- Paket- Individuelles Lock-in angebot Angebot & sell up modell Indirekt über Einmal- Verbrauchs- Lizenz/ Erfolgs- Preismodell Primär- Umsonst zahlung abhängig Feste Rate beteiligung produkt Differen- Preisfestsetzungsansatz Zahlungs- Nutzen- ziert (nach Wettbewerbs- Kostenbasiert bereitschaft quantiffi- Zeit/Kunde/ orientiert inkl. -differenzierung des Kunden zierung Geogra- phie) Inte- # Marktangang Vertriebskanalmodell griert mit Kerngeschäft Webshop Eigene Vertriebs- Vertriebs- Marketplace (Neu/ partner einheit Service) Direkt- ansprache Fokus- Endkunden- Community- Kommunikationskonzept der Kunden- gruppen ansprache building basis Selbst- Einzelnes Digitales Multi- kontrolliertes, Ökosystem, Proprietär systemfähiges offenes Öko- fremd- Kooperationsmodell system kontrolliert Angebot Abbildung 9 Quelle: BCG, VDMA
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