Ältere Menschen und Digitalisierung - Erkenntnisse und Empfehlungen des Achten Altersberichts - BMFSFJ
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Über Generationen denken, lernen und handeln. Unsere Gesellschaft der Zukunft. Ältere Menschen und Digitalisierung Erkenntnisse und Empfehlungen des Achten Altersberichts
Vorwort Liebe Leserin, lieber Leser, „Über Generationen lernen, denken, handeln – unsere Gesellschaft der Zukunft“. So beschreiben wir im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend das Ziel, heute unsere Aufgaben für die Zukunft zu erkennen. Dafür untersuchen Expertinnen und Experten unterschiedliche Politikfelder und geben uns in fünf Berichten Empfehlungen zu Themen, die unsere Gesellschaft prägen. Der Altersbericht ist nach dem Engagementbericht der zweite Bericht dazu. Beide befassen sich mit Digitalisierung – einem der grundlegendsten Verän- derungsprozesse unserer Zeit. Bereits als die Arbeit für den Achten Altersbe- richt begann, waren wir von der Relevanz des Schwerpunktthemas „Ältere Menschen und Digitalisierung“ mehr als überzeugt. Durch die Coronavirus-Pandemie ist es nun auch aktueller denn je geworden. Viele ältere Menschen haben in der Zeit der Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen erkannt, welche Möglichkeiten digitale Kommunikations- und Informationstechnologien ihnen bieten und diese stärker als bisher für sich genutzt. Denken wir beispielsweise an Videotelefonate mit der Familie, digitale Nach- barschaftsplattformen, um gegenseitige Hilfe und Unterstützung zu organisieren, oder Gespräche mit der Ärztin oder dem Arzt, die nun häufiger als Videosprechstunden stattfinden. Deutlich wurde in dieser Zeit aber auch: Die Voraussetzungen für die digitale Teilhabe älterer Menschen sind noch nicht überall gegeben. Häufig fehlt es am nötigen Wissen, an ratgebender Unterstützung oder an Geld, um sich digitale Geräte anzuschaffen. Auch bieten längst nicht alle stationären Pflegeeinrich- tungen WLAN für ihre Bewohnerinnen und Bewohner. 3
Die Auswirkungen der Digitalisierung auf das Leben im Alter zeigen sich beim Wohnen, in der Pflege, bei der Mobilität, in der gesundheitlichen Versorgung und in der Organisation von Sozialräumen. Die Sachverständigenkommission hat für diese Lebensbereiche untersucht, welche digitalen Technologien hier von Bedeutung sind, welche Entwicklungen sich abzeichnen und wie sie sich auf das Leben im Alter auswirken. Die aufschlussreichen Ergebnisse können Sie in diesem Bericht nachlesen. Für ihr Engagement und ihre anregenden Ideen danke ich den Kommissionsmitgliedern ganz herzlich. Ich bin gespannt auf die öffentliche Diskussion über den Bericht. Und ich hoffe, dass dabei noch viele Ideen für unsere Gesellschaft der Zukunft entstehen! Dr. Franziska Giffey Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 4
Inhalt Warum ein Bericht über „Ältere Menschen und Digitalisierung“? 6 Was ist Digitalisierung? 7 Leitgedanken der Kommission 8 Digitale Teilhabe 13 Die Digitalisierung der Lebenswelten älterer Menschen 17 Wohnen: Sicher und selbstbestimmt leben 17 Mobilität: Selbständigkeit erhalten 20 Soziale Integration: Miteinander – aber anders 23 Gesundheit: Neue Wege der Versorgung 25 Pflege: Unterstützen, nicht ersetzen 28 Sozialraum: Verbinden und vernetzen 31 Digitale Souveränität 35 Zielkonflikte und ethische Fragen 39 Empfehlungen der Kommission 43 Die Mitglieder der Achten Altersberichtskommission 50 Die Altersberichterstattung der Bundesregierung 51 Bestellung und Download der Altersberichte 52 5
Warum ein Bericht über „Ältere Menschen und Digitalisierung“? Warum ein Bericht über „Ältere Menschen und Digitalisierung“? Digitalisierung ist eine der zentralen Entwicklun- Viele dieser Entwicklungen haben gerade erst gen unserer Zeit. Die mit der Digitalisierung begonnen und es ist bislang noch nicht in jedem einhergehenden Veränderungen betreffen nicht Bereich klar abzusehen, welche Folgen sie für das nur eine Teilgruppe, sondern alle Mitglieder der Leben im Alter haben werden. Aus diesem Grund Gesellschaft. Für die meisten Menschen, auch für werden im Achten Altersbericht die mit der viele Ältere, ist es zu einem selbstverständlichen Digitalisierung einhergehenden Chancen und Teil ihres Alltags geworden, immer wieder neue Herausforderungen für das Leben älterer Men- digitale Technologien und entsprechende Geräte schen betrachtet: Welche Möglichkeiten bieten und Anwendungen kennenzulernen, sie zu nutzen digitale Technologien älteren Menschen? Wo und das eigene Leben damit zu gestalten. Der spielen sie im Leben älterer Menschen bereits eine Digitalisierung und ihren Folgen kann man sich wichtige Rolle? Wie verändert sich das Leben im kaum entziehen: Auch Menschen, die kein Alter durch die Verbreitung digitaler Technologien? Smartphone, kein Tablet und keinen Computer benutzen, schauen digitales Fernsehen und Um Antworten auf diese Fragen zu finden, hat die kommunizieren bei Telefonanrufen mit einem Achte Altersberichtskommission die Entwicklung Sprachroboter. Mittlerweile sind viele Informatio- und Anwendung digitaler Technologien in für nen ohne Zugang zum Internet nicht zugänglich, ältere Menschen besonders wichtigen Lebensbe- und mehr und mehr Dienstleistungen können nur reichen und Handlungsfeldern in den Blick über das Internet in Anspruch genommen genommen: Wohnen, Mobilität, soziale Integra- werden. tion, Gesundheit, Pflege sowie Sozialraum. Auf dieser Grundlage hat sie herausgearbeitet, was die Politik dazu beitragen kann, dass die Digitalisie- rung die Lebenssituation älterer Menschen verbessert. 6
Was ist Digitalisierung? Was ist Digitalisierung? Digitalisierung hat eine technische und eine Menschen neue Möglichkeiten, ihren Alltag soziale Seite. Technisch gesehen ist Digitalisierung zu gestalten und am gesellschaftlichen Leben die Darstellung und Speicherung von Daten in teilzuhaben. Wer beispielsweise aus gesundheit- einer maschinenlesbaren binären Form. Im lichen Gründen nur eingeschränkt mobil ist, Vergleich zur analogen Darstellung von Daten aber einen PC, ein Tablet oder ein Smartphone können digitale Daten sehr viel effizienter herge- sowie Zugang zum Internet hat, kann diese Geräte stellt, gespeichert, verarbeitet und vervielfältigt benutzen, um mit Angehörigen oder Bekannten werden. Die Erstellung, Speicherung, Verarbeitung in Kontakt zu bleiben, sich Informationen einzu- und Vervielfältigung dieser Daten erfolgen holen oder Dienstleistungen in Anspruch zu mithilfe digitaler Kommunikationsmittel. Ein nehmen. wesentliches Merkmal digitaler Technologien ist es, dass viele der dazugehörenden Geräte mitein- ander vernetzt werden können. Die beschriebenen technischen Veränderungen haben Auswirkungen auf das Leben der Men- schen. Digitalisierung verändert die Art und Weise, wie die Menschen kommunizieren, sich informie- ren, konsumieren, soziale Kontakte pflegen, arbeiten oder mobil sind. Man spricht deshalb auch von der digitalen Transformation oder dem digitalen Wandel der Gesellschaft. Mit dem Einsatz digitaler Technologien und durch die Nutzung des Internets entstehen auch für ältere 7
Leitgedanken der Kommission Leitgedanken der Kommission Die folgenden Leitgedanken dienten der Achten Nutzen und zu den Risiken von digitalen Techno- Altersberichtskommission als roter Faden für ihre logien zu vermeiden. Schon im Sechsten und im Analysen, Argumente und Empfehlungen. Siebten Altersbericht wurden die sozialen Unter- schiede sowie die Vielfalt und Heterogenität der Lebensformen innerhalb der Gruppe der älteren Die Vielfalt des Lebens im Alter Menschen hervorgehoben und die Notwendigkeit differenzierter Altersbilder aufgezeigt. Im Achten Für den Achten Altersbericht ist maßgeblich: Altersbericht wird im Hinblick auf den digitalen Ältere Menschen sind keine homogene Gruppe, es Wandel an diese Perspektive angeknüpft. gibt nicht „den“ älteren Menschen. Die zuneh- mende Ausdifferenzierung von Lebensläufen und Lebenslagen bringt es vielmehr mit sich, dass die Die Potenziale und die Risiken Lebenssituationen von Menschen mit steigendem digitaler Technologien Lebensalter immer unterschiedlicher werden. Das Geschlecht, der Bildungsstand, das Einkommen, die Art der Erwerbstätigkeit, kulturelle Prägungen Die Achte Altersberichtskommission geht davon und die soziale Herkunft einer Person sind für die aus, dass digitale Technologien das Potenzial Lebenssituation mindestens genauso prägend wie haben, die Lebenssituation älterer Menschen das Alter. Es sollte deshalb auch im Zusammen- erheblich zu verbessern. Digitalisierung eröffnet hang mit Digitalisierung und der Nutzung neue Möglichkeiten, das Leben im Alter zu digitaler Technologien nur mit großer Vorsicht gestalten und soziale Teilhabe zu verwirklichen. von älteren Menschen im Sinne einer sozialen Die Kommission nimmt in ihrem Bericht deshalb Gruppe gesprochen werden. Gerade auch in Bezug vor allem die Chancen digitaler Technologien in auf Digitalisierung ist es wichtig, die sozialen den Blick. Sie geht aber immer wieder auch auf Unterschiede innerhalb der Gruppe der älteren Risiken ein, die die Digitalisierung für Ältere, ihre Menschen im Blick zu behalten und zu themati- Angehörigen sowie für professionelle Pflegeperso- sieren, um pauschalisierende Aussagen zum nen mit sich bringt. 8
Leitgedanken der Kommission Der ambivalente Charakter der Digitalisierung zeigt Ungleichheiten durch Digitalisierung sich an vielen Stellen. So können beispielsweise Systeme zur Überwachung der Mobilität (Tracking- Die Vielfalt des Lebens im Alter zeigt sich gerade Systeme) sowie Zugangskontrollen an den Türen von auch am Umgang mit digitalen Technologien, stationären Pflegeeinrichtungen die Sicherheit weshalb ein differenzierter Blick wichtig ist. Viele älterer Menschen erhöhen, sie stellen zugleich ältere Menschen beschäftigen sich gerne mit dem jedoch Eingriffe in die Privatsphäre der betroffenen Internet und digitalen Technologien, probieren Personen dar und schränken ihre Freiheit ein. Am neue Geräte und Anwendungen aus, praktizieren digitalen Wandel teilhaben bedeutet also auf der internetgestützte Kommunikationsformen. Andere einen Seite, von den Vorteilen dieses Wandels haben hingegen nicht den Wunsch, digitale Techno- profitieren und sie zur Gestaltung des eigenen logien und das Internet zu nutzen. Und wieder Lebens nutzen zu können. Andererseits bedeutet anderen fehlt es schlichtweg an der Möglichkeit Teilhabe am digitalen Wandel, sich mit neuen dazu, weil sie sich die nötigen Geräte oder einen Herausforderungen auseinandersetzen zu müssen, Internetzugang nicht leisten können, weil Informa- etwa was den Datenschutz betrifft. Es ist Aufgabe der tionen und Unterstützung nicht zur Verfügung Politik, dafür zu sorgen, dass die Vorteile der Digitali- stehen, weil es in ihrer Wohnumgebung keinen sierung genutzt und ihre Risiken minimiert werden. Internetzugang gibt oder weil sie in einer Region leben, in der leistungsstarkes Internet noch nicht Die Digitalisierung ist auch insofern ambivalent, als vorhanden ist. es in verschiedenen Kontexten eklatante Unterschie- de im Entwicklungsstand gibt. Beispielsweise findet Die Unterschiede im Zugang zum Internet und in man im Bereich der Pflege einige Prototypen und der Nutzung von digitalen Technologien, die Visionen für den Einsatz komplexer Technologien zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen wie Robotik und Künstliche Intelligenz, andererseits bestehen, werden als „digitale Spaltung“ bezeichnet. gibt es bislang nur in einem eher kleinen Anteil von In der Gruppe der älteren Menschen ist ein deutlich Pflegeheimen Internetzugänge und WLAN für die größerer Anteil von der Teilhabe und den Möglich- Bewohnerinnen und Bewohner. keiten digitaler Technologien ausgeschlossen als in 9
Leitgedanken der Kommission anderen Altersgruppen. Der im Vergleich recht Nutzungsweisen und Wirkung große Anteil der älteren Menschen ohne Zugang digitaler Technologien weiter zum Internet ist nach Meinung der Achten Alters- berichtskommission nicht zu tolerieren. erforschen Es werden sehr viele Ressourcen in die Entwick- Digitale Kompetenzen lung und Verbreitung digitaler Technologien für die Zielgruppe der älteren Menschen investiert – Dem Achten Altersbericht liegt die Annahme in der Regel wird dies damit begründet und zugrunde, dass ältere Menschen genauso wie gerechtfertigt, dass digitale Technologien ein Menschen anderer Altersgruppen im Rahmen ihrer selbstständiges Leben unterstützen, soziale jeweils individuellen Möglichkeiten und sozialen Teilhabe sichern, die Versorgung stärken und Netzwerke kompetent und verantwortungsvoll ihr generell die Lebenssituation älterer Menschen Leben gestalten. Dieses kompetenzorientierte verbessern können. Der Achte Altersbericht zeigt Menschenbild ist gerade im Zusammenhang mit jedoch sehr deutlich, dass es bislang viel zu wenig digitaler Technik nicht selbstverständlich: Allzu oft einschlägige wissenschaftliche Studien gibt, um werden ältere Menschen als diejenigen dargestellt, auf solider empirischer Grundlage die Wirkungen die mit technischen Entwicklungen nicht mithalten digitaler Technologien auf die Lebenssituation können, die technische Neuerungen ablehnen und älterer Menschen einschätzen zu können. Der lediglich passiv und nachfolgend auf solche empirische Nachweis, dass die erhofften Wirkun- Entwicklungen reagieren. Die Kommission wählt gen des Einsatzes digitaler Technologien im Leben demgegenüber ein Leitbild, bei dem ältere Men- älterer Menschen auch tatsächlich eintreten, steht schen prinzipiell in der Lage sind, in der digitalen für die meisten der im Achten Altersbericht Welt kompetent und selbstbestimmt zu agieren. betrachteten Lebensbereiche noch aus. Wer sich die dazu nötigen digitalen Kompetenzen nicht selbst aneignen kann, sollte die passende Unterstützung und Beratung bekommen. 10
Leitgedanken der Kommission Die Gestaltung des digitalen Wandels Auf der Ebene der Institutionen und Organisationen sind Akteurinnen und Akteure in Dienstleistungs- Der Achte Altersbericht soll dazu beitragen, einen und Versorgungsstrukturen angesprochen, die gesellschaftlichen Austausch darüber in Gang zu Verantwortung für die Ausstattung mit digitalen setzen, wie die Menschen in Deutschland im Technologien sowie Mitverantwortung für die digitalen Zeitalter im Alter leben wollen. Dabei Entwicklung individueller Fähigkeiten und geht die Kommission davon aus, dass ältere Fertigkeiten zum kompetenten Umgang mit Menschen dem stattfindenden digitalen Wandel diesen Technologien tragen. keinesfalls hilflos ausgeliefert sind. Mit der Aufforderung, den digitalen Wandel aktiv zu Auf gesamtgesellschaftlicher Ebene muss über gestalten, spricht die Altersberichtskommission verbindliche Regeln zur Rahmung und Gestaltung gleichzeitig Akteurinnen und Akteure auf drei der digitalen Transformation entschieden werden. Ebenen an: auf der individuellen Ebene, auf der Hier geht es unter anderem um gesetzliche Ebene der Institutionen und Organisationen und Grundlagen bezüglich des Datenschutzes, der auf der gesamtgesellschaftlichen Ebene. Verantwortung, der Finanzierung und der Sozial- versicherung. Auf der individuellen Ebene spielen Fragen der Kompetenz im Umgang mit digitalen Technolo- gien und Fragen der Akzeptanz dieser Technolo- gien eine wichtige Rolle. Wenn ältere Menschen, ihre Angehörigen und ihre weiteren Bezugsperso- nen (zum Beispiel Hausärztin oder Hausarzt, ambulante Pflegeperson) die vorhandenen Technologien nicht kompetent bedienen können oder sie nicht akzeptieren, werden selbst weitent- wickelte Technikangebote keine Wirkung entfal- ten können. 11
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Digitale Teilhabe Digitale Teilhabe Einen Zugang zum Internet zu haben, digitale Viele Studien zeigen, dass in den letzten Jahren Technologien zu nutzen und kompetent damit zwar immer mehr ältere Menschen das Internet umgehen zu können, ist heute in vielen Bereichen nutzen, dass die digitale Kluft zwischen jüngeren des alltäglichen Lebens eine wesentliche Voraus- und älteren Menschen jedoch immer noch groß setzung für gesellschaftliche Teilhabe. ist. Während in der Phase rund um den Ruhestand der Anteil von Menschen mit Zugang zum Von digitalen Technologien und dem Internet Internet mit mittlerweile über 80 Prozent recht können allerdings nur Menschen profitieren, die hoch ist, haben Menschen ab Mitte 70 wesentlich Zugang zu diesen haben, die die verfügbare seltener einen Internetzugang. Allerdings zeigt Technik akzeptieren und entsprechend nutzen. sich zugleich, dass es hier deutliche Unterschiede Der Zugang zu digitalen Technologien hat dabei innerhalb der Gruppe der älteren Menschen gibt. sowohl technisch-infrastrukturelle Voraussetzun- Ältere Menschen mit niedrigem und mittlerem gen, wie beispielsweise die Verfügbarkeit des Bildungsstand nutzen digitale Technik deutlich Internets und das Vorhandensein eines entspre- seltener beziehungsweise weniger kompetent als chenden Anschlusses, als auch die finanzielle ältere Menschen mit hohem Bildungsstand. Diese Voraussetzung, sich digitale Technologien leisten Unterschiede nehmen im höheren Alter zu: zu können. Darüber hinaus spielen das Wissen Während bei den Menschen vor dem Ruhestands- über digitale Produkte und Systeme sowie die alter die Bildungsunterschiede relativ gering Fähigkeit, diese nach den eigenen Bedürfnissen zu ausfallen, sind sie bei älteren Menschen ab etwa nutzen, eine große Rolle. Diese Voraussetzungen 67 Jahren noch sehr groß (siehe Abbildung). sind nicht bei allen Menschen in gleichem Maße gegeben. Um die entsprechenden Unterschiede Neben dem Bildungsstand spielen auch die (frühe- zwischen verschiedenen Teilen der Bevölkerung ren) Berufs- und Technikbiografien eine Rolle für hervorzuheben, spricht man von „digitaler die kompetente Nutzung digitaler Technologien. Spaltung“ oder „digitaler Kluft“. Vor allem ältere Menschen mit formal hoher Bildung sind in ihrem Berufsleben mit digitalen Technologien in Berührung gekommen. 13
Digitale Teilhabe 100 100 100 98 96 96 95 94 92 93 88 87 80 85 82 80 76 66 60 59 55 40 40 30 27 20 0 43–48 49–54 55–60 61–66 67–72 73–78 79–84 Jahre Jahre Jahre Jahre Jahre Jahre Jahre Niedrige Bildung Mittlere Bildung Hohe Bildung Abbildung: Anteil der Personen mit Zugang zum Internet nach Altersgruppen und Bildung (2017, in Prozent) Quelle: Huxhold, O. und Otte, K. (2019): Zugang zum Internet und Nutzung des Internets in der zweiten Lebenshälfte. DZA Aktuell. Berlin: Deutsches Zentrum für Altersfragen. Datengrundlage: DEAS 2017, gewichtet, (n=5246). 14
Digitale Teilhabe Es zeigen sich zudem deutliche Geschlechter- schen und ländlichen Regionen sowie zwischen unterschiede: So nutzen zwar immer mehr ältere den Bundesländern beeinflussen die Verbreitung Frauen das Internet; von den über 80-Jährigen, die und Nutzung digitaler Technologien. Insgesamt das Internet nutzen, waren jedoch im Jahr 2018 zeigt sich, dass zwischen verschiedenen Ungleich- nur knapp 40 Prozent Frauen, während sie insge- heitsdimensionen oft eine Wechselwirkung und samt in dieser Altersgruppe zwei Drittel der Verstärkung besteht, das heißt, dass vielen Älteren älteren Bevölkerung ausmachen. Zu diesem der Zugang und die Nutzung von digitalen Unterschied zwischen Männern und Frauen Technologien durch mehrere Merkmale sozialer tragen neben traditionellen Rollenbildern auch die Ungleichheit erschwert werden. Berufsbiografien von Frauen bei: Ältere Frauen waren zum Teil gar nicht oder häufig in geringe- Um digitale Spaltung zu verringern und um die rem Umfang sowie in technikferneren Berufen digitale Exklusion bestimmter Gruppen älterer erwerbstätig als Männer. Sie bezogen meist ein Menschen zu vermeiden, müssen Zugangs- und niedrigeres Gehalt und verfügen auch im Alter Nutzungshindernisse abgebaut werden. Insbeson- über weniger finanzielle Ressourcen als gleich dere sozial schlechter gestellte ältere Menschen altrige Männer. müssen durch finanzielle Hilfen sowie niedrig- schwellige und zielgruppenspezifische Informati- Unter älteren Migrantinnen und Migranten ist der ons- und Bildungsangebote unterstützt werden. Anteil derjenigen ohne Zugang zu Internet und digitalen Technologien besonders hoch – dies hängt mit einem überdurchschnittlich hohen Anteil von Personen mit niedrigem sozioökono- mischem Status in dieser Bevölkerungsgruppe zusammen. Für viele ältere Migrantinnen und Migranten werden Barrieren bei der Nutzung des Internets durch fehlende oder geringe Deutsch- kenntnisse sowie Erfahrungen von Ausgrenzung und Diskriminierung noch verstärkt. Auch infrastrukturelle Unterschiede zwischen städti- 15
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Die Digitalisierung der Lebenswelten älterer Menschen Die Digitalisierung der Lebenswelten älterer Menschen Im Achten Altersbericht werden die Auswirkun- Digitale Technologien sollen das selbständige gen der Digitalisierung auf das Leben älterer Leben in den eigenen vier Wänden unterstützen Menschen in sechs für ältere Menschen bedeutsa- und es Menschen auch bei Pflegebedürftigkeit men Lebensbereichen und Handlungsfeldern in ermöglichen, Zuhause wohnen zu bleiben. Dazu den Blick genommen. Die Sachverständigenkom- werden technische Assistenzsysteme ebenso wie mission hat dafür wissenschaftliche Studien sogenannte Smart Home-Technologien eingesetzt, ausgewertet und Erkenntnisse zu Verbreitung, die sowohl mit dem Internet als auch miteinander Nutzung und Wirkung von digitalen Technologien vernetzt sein können. Die Anwendungsfelder zusammengetragen. dieser Technologien sind vielfältig: So gibt es Systeme, die die Sicherheit Zuhause erhöhen (zum Beispiel zur Sturzerkennung, für den Brandschutz, Wohnen: Sicher und selbstbestimmt intelligente Türöffnungssysteme oder Beleuch- leben tungssysteme). Andere Systeme erleichtern die Haushaltsführung (zum Beispiel Saug- oder Mähroboter) oder unterstützen die gesundheit- Wohnen ist eines der bedeutsamsten Grundbe- liche oder pflegerische Versorgung (zum Beispiel dürfnisse älterer Menschen. Viele ältere und berührungslose Vitaldatenmessung, Telemedizin insbesondere hochbetagte Menschen verbringen und Telepflege). Aber auch Verwaltungs- und einen Großteil ihrer Zeit in der eigenen Wohnung. Dienstleistungen können mithilfe von digitalen Häufig wohnen sie schon lange in ihrer Wohnung Technologien von Zuhause aus beauftragt oder und haben eine emotionale Bindung zu dieser erledigt werden (zum Beispiel die Beauftragung aufgebaut. Die Wohnung vermittelt Sicherheit von Handwerkern oder Lieferdiensten). und Selbstbestimmtheit. Auch wenn Hilfe und Unterstützung benötigt wird, wollen die meisten älteren Menschen einen Umzug, etwa in eine stationäre Pflegeeinrichtung, möglichst vermei- den. 17
Die Digitalisierung der Lebenswelten älterer Menschen Ein Teil dieser Systeme sieht vor, dass über das Service einfordern und so den Verbraucherschutz Internet Meldungen und Daten an Angehörige, im Sinne der Mieterinnen und Mieter gestalten. Pflegedienste, Gesundheitsdienste oder andere Diese werden dadurch von der Verantwortung Dienstleistungsanbieter versendet werden. Diese entlastet, sich um die Auswahl, die Funktionsfä- Systeme sind in einer Wohnung natürlich nur higkeit und die Wartung der Geräte selbst küm- einsetzbar, wenn es dort einen Internetzugang mern zu müssen. Die Wohnungswirtschaft muss gibt. Umso problematischer ist es, dass bislang ein dabei jedoch unterstützt werden: Staatliche oder großer Teil der hochbetagten Menschen in ihren kommunale Förderprogramme können Anreize Wohnungen nicht über einen Internetzugang schaffen, auch um etwa einen Umbau zur Redu- verfügt. zierung von Barrieren mit dem Einbau alltags- tauglicher technischer Hilfsmittel zu verbinden. Viele ältere Menschen beziehungsweise viele Angehörige älterer Menschen sind bereit, digitale Digitale Assistenztechnologien können ihr Technologien zur Alltagsunterstützung in der Potenzial nur dann voll entfalten, wenn die in den Wohnung anzuschaffen und zu nutzen, wenn mit entsprechenden Wohnungen lebenden Menschen ihrer Hilfe die Selbständigkeit in den eigenen vier die Geräte bedienen können. Die Systeme müssen Wänden unterstützt werden kann. Häufig schei- also benutzerfreundlich gestaltet sowie in der tert die Umsetzung dieses Interesses jedoch an Bedienung möglichst selbsterklärend sein. fehlenden Informationen und mangelnder Zugleich müssen die Bewohnerinnen und Bewoh- Beratung, aber auch an hohen Anschaffungs- und ner mindestens grundlegende digitale Kompeten- Betriebskosten. Bei der Ausstattung der Wohnun- zen, etwa bei der Verwendung von Smartphones gen mit Smart Home-Technologien und Assis- oder Tablets als Schnittstellen zu den Assistenz tenzsystemen kommt der Wohnungswirtschaft systemen, mitbringen oder unter Anleitung (vor allem Unternehmen und Genossenschaften) entwickeln. Dennoch muss immer auch eine eine zentrale Rolle zu: Sie ist der wichtigste Akteur leicht zugängliche und schnelle technische bei der Bereitstellung von digital ausgestattetem Unterstützung gewährleistet sein. Insbesondere Wohnraum. Viel besser als Einzelpersonen kann ans Internet angebundene Assistenzsysteme die Wohnungswirtschaft von den Technikanbie- müssen hohe Anforderungen an Datenschutz und tern hohe Standards bei Sicherheit, Qualität und Datensicherheit erfüllen. 18
Die Digitalisierung der Lebenswelten älterer Menschen Zunehmend wächst das Bewusstsein dafür, dass auch die Bewohnerinnen und Bewohner stationä- rer Pflegeeinrichtungen einen Anspruch auf Zugang zum Internet sowie zu digitalen Diensten haben. Die Einrichtungen sollten über eine Grundausstattung mit WLAN verfügen, damit die Bewohnerinnen und Bewohner ihre digitalen Geräte nutzen können, um Informationen abzurufen, Musik oder Filme zu übertragen, einen Sprachassistenten zu nutzen oder per Video mit dem Freundeskreis oder Verwandten zu kommu- nizieren. Auch wenn Smart Home-Systemen und techni- schen Assistenzsystemen das Potenzial zuge- schrieben wird, einen längeren Verbleib in der Wohnung zu gewährleisten und einen Umzug in eine stationäre Pflegeeinrichtung verzögern zu können, fehlt es dafür bislang noch an aussage- kräftigen wissenschaftlichen Belegen. 19
Die Digitalisierung der Lebenswelten älterer Menschen Mobilität: Selbständigkeit erhalten Im Rahmen von Forschungsprojekten wurde mittlerweile eine beachtliche Vielfalt von Assis- Die Lebensqualität im höheren Alter hängt stark tenzsystemen zur Unterstützung der Mobilität davon ab, ob ältere Menschen selbständig in und älterer Menschen entwickelt. Ein Teil dieser außerhalb der Wohnung unterwegs sein können, Systeme wird am Markt angeboten, im Alltag oder etwa um soziale Kontakte zu pflegen oder um im Rahmen der gesundheitlichen Versorgung medizinische Behandlungen wahrzunehmen. eingesetzt. Das Spektrum reicht von Unterstüt- Gleichzeitig ist die individuelle Mobilität mit zungssystemen für ältere Menschen, die die zunehmendem Alter immer stärker gefährdet. allgemeine Mobilität betreffen (zum Beispiel Digitale Technologien können eingesetzt werden, E-Bikes, Assistenzsysteme in Fahrzeugen oder um verlorengegangene Mobilität wiederherzu Mobilitäts-Apps), über Systeme, die bei einge- stellen oder um die Mobilität älterer Menschen schränkter Mobilität unterstützen sollen (zum zu kontrollieren – zum Beispiel um Stürze zu Beispiel smarte Rollstühle oder Exoskelette), bis vermeiden. hin zu Systemen, die auf die Wiedergewinnung oder Aufrechterhaltung von Gehfähigkeit und Balance abzielen (zum Beispiel Exergame-Systeme oder Wearables). Darüber hinaus finden sich 20
Die Digitalisierung der Lebenswelten älterer Menschen Systeme, die der Kontrolle und Sicherheit von Zunehmend finden Systeme zur Überwachung Mobilität dienen (zum Beispiel Tracking-Systeme von Mobilität und körperlicher Aktivität in der oder smarte Schließsysteme), sowie Systeme zur Pflege Verbreitung. Diese sogenannten Track- Prävention von Mobilitätsverlusten (zum Beispiel ing-Systeme werden sowohl in der privaten Sensormatten zur Sturzerkennung oder tragbare Häuslichkeit als auch in stationären Versorgungs- Aktivitätssysteme). einrichtungen eingesetzt, um vor allem an Demenz erkrankte ältere Menschen lokalisieren Zur Förderung der eigenen Mobilität und gesund- zu können, deren Zugang oder Abgang automati- heitlichen Prävention werden von immer mehr siert zu kontrollieren und im Notfall schnell Hilfe Menschen aller Altersgruppen Systeme zur einleiten zu können. Der Einsatz solcher Zugangs- Aktivitäts- und Sportüberwachung eingesetzt. und Monitoring-Systeme kann allerdings dann Dabei werden Daten über körperliche Aktivitäten problematisch werden, wenn sich die Betroffenen gesammelt (Anzahl der Schritte, Steigungen, dadurch in ihrer Autonomie begrenzt oder Strecken) oder Vitalparameter (Herzschlagrate, unzulässig überwacht fühlen. Die Technologien Sauerstoffsättigung) gemessen, um die eigenen sollten deshalb nur nach Zustimmung der über- Bewegungs- und Gesundheitsdaten überprüfen wachten Personen verwendet werden, was vor und bewerten zu können. Die Komplexität und die allem bei Menschen mit demenziellen Erkrankun- Vielfalt der hierfür eingesetzten mobilen Sensoren gen nicht immer möglich ist und dadurch ethi- und Smartphone-Apps sowie ihre teils geringe sche Fragen aufwirft. Bedienfreundlichkeit stellen allerdings für wenig technikerfahrene Personen eine oft schwer zu Im Rahmen der geriatrischen Rehabilitation überwindende Barriere für die private Nutzung werden in einigen Kliniken mittlerweile techni- dar. Mit der zunehmenden Verbreitung dieser sche Lösungen wie robotische Exoskelette genutzt. Technologien besteht darüber hinaus die Gefahr, Diese Mobilitätsassistenzsysteme, die Körperteile dass ältere Menschen das Gefühl bekommen, es wie beispielsweise die Rückenmuskulatur mit entstehe eine Verpflichtung zu Aktivität und zusätzlicher Bewegungskraft unterstützen, gelten Mobilität. als sicher und hilfreich und sind nicht nur bei Mobilitätseinschränkungen älterer Menschen, sondern auch bei Pflegeleistenden zur Vermei- 21
Die Digitalisierung der Lebenswelten älterer Menschen dung von Rückenproblemen einsetzbar. Soge- Zu den in den letzten Jahren erfolgreichsten nannte Serious Games oder Exergame-Systeme Innovationen im Bereich der Mobilität gehören zur spielerischen Förderung der Geh- und Balan- sicherlich E-Bikes, die nicht nur das Mobilitätsver- cefähigkeit werden ebenfalls zunehmend in halten vieler älterer Menschen verändert haben, Rehabilitationskliniken oder Pflegeheimen sondern auch das verbreitete Bild von technik- verwendet. und innovationszögerlichen älteren Menschen widerlegen. Auch Assistenzsysteme in Kraftfahr- Darüber hinaus wird an der Entwicklung techno- zeugen sind inzwischen weit verbreitet. Digitale logiegestützter Dienstleistungsangebote im Einparkhilfen können Beweglichkeitseinschrän- öffentlichen Nahverkehr gearbeitet, die älteren kungen im Schulter- und Nackenbereich kompen- und mobilitätseingeschränkten Menschen sieren; Abstandsregeltempomaten, automatische mithilfe digitaler Technologien eine individuelle Notbremssysteme oder Abbiegeassistenten und barrierefreie Mobilität ermöglichen sollen. So können das Fahren bei altersbedingten Einschrän- können mithilfe von Mobilitätsplattformen kungen sicherer und komfortabler machen. Informationen über Zugänglichkeit und Kombi- nierbarkeit der öffentlichen Verkehrsangebote, Neben solchen bereits etablierten Technologien über Mitfahrgelegenheiten sowie über mögliche wird sich in der Zukunft zeigen, welche Rolle Barrieren bereitgestellt werden. Auch der Einsatz virtuelle Mobilität für die Lebensqualität älterer von Navigationssystemen für ältere Menschen zur Menschen spielen kann, wenn zum Beispiel besseren Orientierung außerhalb der Wohnung virtuelles Wandern in einer Berglandschaft das wird intensiv erforscht. aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr mögliche reale Bergwandern ersetzt. Und voraus- sichtlich in wenigen Jahren schon wird sich zeigen, welche Rolle das autonome Fahren für die Aufrechterhaltung der Automobilität älterer Menschen spielen kann. 22
Die Digitalisierung der Lebenswelten älterer Menschen Soziale Integration: Mit zunehmendem Alter wird das soziale Netz in Miteinander – aber anders der Regel kleiner, somit nimmt mit dem Alter auch die Wahrscheinlichkeit der sozialen Isolation deutlich zu. Eine Person ist sozial isoliert, wenn sie Soziale Beziehungen sind über den gesamten über einen längeren Zeitraum hinweg nur wenige Lebenslauf hinweg von großer Bedeutung. Kontakte zu anderen Menschen hat und die Aufgrund ihrer Beziehungen zu Familienmitglie- meiste Zeit des Tages alleine ist. Soziale Isolation dern, zum Freundeskreis und zur Nachbarschaft und Einsamkeit sind unterschiedliche Phänome- erhalten ältere Menschen emotionale Unterstüt- ne: Soziale Isolation ist objektiv feststellbar, zung, instrumentelle Hilfen und finanziellen Einsamkeit hingegen eine subjektive Erfahrung, Beistand. Soziale Beziehungen sind auch die über die nur die betroffene Person selbst Auskunft Grundlage für gemeinsame Aktivitäten, den geben kann. Soziale Isolation im Alter kann Austausch von Anregungen und Informationen. negative Auswirkungen auf die Gesundheit haben, auch wenn die betroffenen Personen sich nicht einsam oder depressiv fühlen. 23
Die Digitalisierung der Lebenswelten älterer Menschen Mit der Verbreitung digitaler Kommunikations- Technologien gepflegt werden. Allerdings gibt es technologien und der Nutzung des Internets sind Hinweise darauf, dass nicht alle älteren Menschen auch für ältere Menschen neue Möglichkeiten in gleichem Maße von den Chancen digitaler entstanden, Kontakte mit anderen Menschen Kommunikationstechnologien profitieren: aufzunehmen oder zu pflegen. Im Achten Alters- Personen mit hoher Bildung und gutem Einkom- bericht wird der Frage nachgegangen, welche men haben häufiger Zugang zu digitalen Kommu- Bedeutung digitale Kommunikationstechnologien nikationstechnologien, zeigen höhere Kompeten- für soziale Integration und Einsamkeitsgefühle zen im Umgang mit ihnen und haben einen älterer Menschen haben. Die Ergebnisse der hierzu stärkeren Nutzen mit Blick auf soziale Integration vorliegenden empirischen Studien deuten als Menschen mit einem niedrigeren Bildungs- insgesamt einen positiven Effekt digitaler Kom- stand und geringerem Einkommen. munikationstechnologien an: Wenn ältere Menschen digitale Kommunikationsmedien und das Internet nutzen, sind sie sozial besser integriert und haben weniger Einsamkeitsgefühle als vorher. Dies gilt vor allem dann, wenn vorhandene soziale Beziehungen auch mithilfe der digitalen 24
Die Digitalisierung der Lebenswelten älterer Menschen Trotz dieser Hinweise auf einen positiven Zusam- kationstechnologien ist, dass die virtuellen menhang zwischen der Nutzung digitaler Kom- Online-Beziehungen nicht die realen Offline-Be- munikationstechnologien und der sozialen ziehungen verdrängen oder ersetzen – sonst Integration sind Beziehungen auf der Basis können Einsamkeitsgefühle sogar zunehmen. digitaler sozialer Netzwerke für ältere Menschen gegenwärtig noch nicht so wichtig wie für jüngere Menschen: Mit dem Alter sinkt die Zahl der Gesundheit: Neue Wege Bekanntschaften in digitalen sozialen Netzwerken. der Versorgung Ältere Menschen ziehen offenbar den analogen Austausch mit Familienmitgliedern und dem Freundeskreis dem digitalen Austausch deutlich Im Bereich der gesundheitlichen Versorgung vor. Ob und wie sich diese Präferenz in Zukunft älterer Menschen ergeben sich durch die Digitali- wandeln wird, ist derzeit noch nicht abzusehen. sierung vielfältige Anwendungsmöglichkeiten. Das sehr heterogene Spektrum umfasst E-Health- Digitale Kommunikationstechnologien können Angebote (für Electronic Health) wie die elektro- dazu beitragen, Beziehungen zu intensivieren und nische Patientenakte, digitale Informationssyste- den Kontakt zu vertrauten Bezugspersonen me für Patientinnen oder Patienten oder virtuelle aufrechtzuerhalten – ein Umstand, der beispiels- Arztbesuche, die den Zugang zu medizinischer weise bei weit entfernt lebenden Kindern und Versorgung erleichtern können. Auch die Kom- Enkelkindern oder im Kontext von Hilfe- und munikation innerhalb der Ärzteschaft kann durch Pflegebedürftigkeit eine Rolle spielt. Sie können den Einsatz digitaler Technologien verbessert aber auch zum Aufbau neuer Beziehungen und werden. M-Health-Anwendungen (für Mobile der Erweiterung des eigenen sozialen Netzes Health), wie Fitness-Armbänder oder Serious dienen, da sie einen niedrigschwelligen Einstieg in Games (digitale Lernspiele), können zur Erhaltung soziale Kontakte bieten. Dies könnte insbesondere und Förderung der Autonomie und Lebensquali- bei Menschen von Bedeutung sein, die allein leben tät dienen. Die Nutzung von Monitoring-Apps und wenige persönliche Kontakte haben, die also kann bei chronisch erkrankten Personen das ein erhöhtes Risiko für soziale Isolation haben. Selbstmanagement verbessern und die Häufigkeit Wichtig bei der Nutzung von digitalen Kommuni- von Krankenhausaufenthalten senken. Insgesamt 25
Die Digitalisierung der Lebenswelten älterer Menschen können digitale Anwendungen im Gesundheits- legende Gesundheitskompetenzen vorhanden system die konventionelle Patientenversorgung sind. Empirische Studien zeigen, dass ältere sinnvoll ergänzen und verbessern, Versorgungs- Menschen digitale Gesundheitsangebote weniger lücken kompensieren und zu einer Einsparung nutzen, wenn sie die eigene Kompetenz im von Gesundheitskosten beitragen. Umgang mit digitalen Technologien als gering einschätzen. Auch der erwartete Nutzen von Digitale Gesundheitstechnologien verändern aber digitalen Anwendungen sowie der erwartete auch die Beziehung zwischen Ärztin oder Arzt auf Aufwand bei der Nutzung sind wichtige Einfluss- der einen und der Patientin oder dem Patienten faktoren für die Akzeptanz digitaler Gesundheits- auf der anderen Seite: Gesundheitsbezogene technologien und Dienstleistungen im Gesund- Informationen werden mit dem Einsatz digitaler heitswesen. Dementsprechend sollten die Gesundheitstechnologien für die Patientinnen Gestaltung und die Einführung digitaler Gesund- und Patienten besser verfügbar und können heitstechnologien den verschiedenen Bedarfen einfacher übermittelt werden. Dadurch entsteht und Anforderungen älterer Menschen gerecht mehr Transparenz. Außerdem kann der Kontakt werden. E-Health-Anwendungen sollten leicht zum medizinischen Fachpersonal vereinfacht zugänglich und bedienbar sein, die Datenübertra- werden. Zudem tragen digitale Gesundheitstech- gung sollte sicher, vertrauenswürdig und verläss- nologien dazu bei, dass Patientinnen und Patien- lich sein. ten an der Diagnostik, Behandlung und Symp- tomkontrolle stärker beteiligt werden. Eine stärkere Patientenorientierung ist damit verbun- den, dass ärztliche Kompetenzen teilweise an die Patientinnen und Patienten abgegeben werden. Der Nutzen und die Akzeptanz von digitalen Gesundheitstechnologien hängen stark davon ab, ob die älteren Nutzerinnen und Nutzer die digitalen Technologien kompetent bedienen können und in welchem Maße bei ihnen grund- 26
Die Digitalisierung der Lebenswelten älterer Menschen Aber nicht nur ältere Patientinnen und Patienten Deutschland erst seit einem Jahr exklusiv teleme- können von digitalen Gesundheitstechnologien dizinische Behandlung ohne zwingende Notwen- profitieren, auch für pflegende Angehörige lassen digkeit erlaubt, ist es nicht sonderlich überra- sich positive Effekte digitaler Technologien schend, dass der Bestand an wissenschaftlichen beobachten, beispielsweise beim Einsatz digital Erkenntnissen über die Akzeptanz, den Nutzen vermittelter psychosozialer Unterstützungsange- und die Wirkung des Einsatzes digitaler Techno- bote. Verschiedene Untersuchungen lassen logien in der gesundheitlichen Versorgung bislang vermuten, dass digitale Informations- und eher klein ist. In Zukunft sollten Forschungstätig- Kommunikationstechnologien die mit der Pflege keiten in diesem Bereich jedoch dringend ausge- verbundenen Belastungen mildern und soziale baut werden. Unterstützung fördern können. Mithilfe digitaler Technologien können Hürden beim Zugang zu Entlastungsangeboten für pflegende Angehörige, die etwa durch hohe Kosten oder großen logisti- schen Aufwand entstehen, abgebaut werden. Generell ist allerdings die wissenschaftliche Befundlage zur Akzeptanz von digitalen Gesund- heitstechnologien wie auch zu ihrem Nutzen und ihren Risiken bislang lückenhaft und heterogen. Existierende Forschungsarbeiten beispielsweise zu E-Health-Angeboten legen in der Regel einen Schwerpunkt auf spezifische Krankheitsbilder (wie etwa Diabetes oder Herzinsuffizienz) oder spezi- fische Interventionsstrategien (zum Beispiel Monitoring oder Kurznachrichten). Selten wird in den vorliegenden Untersuchungen nach dem Lebensalter der Patientinnen und Patienten differenziert. Da die ärztliche Berufsordnung in 27
Die Digitalisierung der Lebenswelten älterer Menschen Pflege: Unterstützen, nicht ersetzen Es gibt inzwischen eine Vielzahl digitaler Techno- logien, die in den drei genannten Kontexten der Die Pflege steht wegen des demografischen und Pflege eingesetzt werden können. Zur Unterstüt- sozialen Wandels vor großen Herausforderungen. zung der Selbstpflege und der informellen Es gibt einen zunehmenden Mangel an ausgebil- Unterstützung in der unmittelbaren häuslichen deten Fachkräften, zudem sind informelle Unter- Umgebung sind dies vor allem sogenannte stützung und Pflege durch Angehörige für die assistive Technologien. Dazu gehören elektroni- Familien immer schwieriger zu organisieren. Es sche Erinnerungshilfen, Fernbedienungen für wird deshalb immer dringlicher, neue Konzepte elektronische Geräte, alltagstaugliche Haushalts- für die pflegerische Versorgung zu entwickeln und robotik (Saug- oder Mähroboter) oder elektroni- zu erproben. In diesem Zusammenhang wird sche Aufstehhilfen. Auch Sicherheitssysteme wie vermehrt auf den Einsatz digitaler Technologien der Hausnotruf, Tür- und Fensteralarme, Rauch-, gesetzt. Die Erwartungen an digitale Technologien, Wasser- und Bewegungsmelder sowie Beleuch- die pflegerische Versorgung wesentlich zu verbes- tungssysteme sind hierbei von Bedeutung. In den sern, sind groß. Es wird angenommen, dass privaten Wohnungen unterstützungs- und digitale Technologien Akteurinnen und Akteure pflegebedürftiger Menschen sollen diese Techno- der Pflege entlasten und unterstützen sowie die logien eine selbständige Lebensführung erleich- Vernetzung und Informationsflüsse in pflegeri- tern, die Sicherheit erhöhen, die Orientierung schen Versorgungsnetzwerken verbessern können. unterstützen, soziale Interaktion und die Freizeit- Die Hoffnungen auf positive Effekte digitaler gestaltung anregen. Technologien erstrecken sich auf alle Kontexte der Pflege: erstens die Selbstpflege sowie die informel- le Pflege und Unterstützung durch Angehörige, zweitens die professionelle ambulante Pflege in der häuslichen Umgebung und drittens die professionelle Pflege in stationären Einrichtungen. 28
Die Digitalisierung der Lebenswelten älterer Menschen Für alle Bereiche der professionellen Pflege sind In der langzeitstationären Pflege kommen derzeit vor allem Systeme für den administrativen Technologien zur Sturz- und Dekubitusprophy und organisatorischen Teil der Pflegearbeit laxe, im Zusammenhang mit Inkontinenz sowie interessant. Für die Dienstplanung, die Dokumen- zur Erfassung des Aufenthaltsorts und der Mobili- tation der Pflegearbeit und die Abrechnung tät von Pflegebedürftigen zum Einsatz. Auch werden von vielen Pflegediensten und in vielen elektronisch verstellbare Betten, elektronische stationären Einrichtungen mobile Endgeräte und Aufsteh- und Tragehilfen, Sensormatten mit spezialisierte Software genutzt. Bei ambulanten Alarmfunktion und Geräte zur digitalen Vital Pflegediensten sind hier außerdem digitale zeichenmessung sind auf dem Markt. In immer Möglichkeiten der Tourenplanung zu nennen. mehr stationären Einrichtungen werden verschie- Digitale Technologien zur Unterstützung der dene Geräte und Anwendungen der Unterhal- direkten Pflegearbeit (etwa Systeme der Tele-Pflege, tungselektronik zur Gestaltung der Freizeit zur Emotionsroboter oder Serviceroboter) sind in der Verfügung gestellt. Praxis der ambulanten pflegerischen Versorgung im häuslichen Umfeld bislang kaum verbreitet. 29
Die Digitalisierung der Lebenswelten älterer Menschen Systeme zur Gewährleistung von Sicherheit in der digitaler Technologien tatsächlich erhöht werden häuslichen Umgebung (vor allem der Hausnotruf) können. Zwar geben einzelne Untersuchungen sowie Anwendungen zur Verwaltung, Dokumenta- Hinweise auf entsprechende Effekte, methodisch tion und Organisation der professionellen Pflege- gut gesicherte und belastbare Erkenntnisse liegen arbeit haben sich in Deutschland breit etabliert. jedoch noch nicht vor. Angesichts der Möglichkeiten, die digitale In der Bevölkerung ist die Akzeptanz für digitale Technologien in der Pflege bieten, und vor dem Technologien in der Pflege grundsätzlich hoch, Hintergrund der großen Erwartungen, die an sie auch wenn es Bedenken hinsichtlich des Daten- gerichtet sind, ist der Verbreitungsgrad digitaler schutzes, der Datensicherheit und ethischer Fragen Technologien in der Pflege jedoch insgesamt als gibt. Immer mehr pflegebedürftige Menschen, ihre gering einzuschätzen. Digitale Technologien, die Angehörigen sowie jüngere Generationen von die direkte Pflege unterstützen, sind in der Praxis Fachkräften in der professionellen Pflege halten kaum zu finden, weder im ambulanten noch im den Einsatz digitaler Technologien auch in der stationären Bereich. Viele der entwickelten Pflege für vorstellbar. Es sind also einige Vorausset- Technologien sind bislang nur als Prototypen zungen dafür gegeben, mit einer Gesamtstrategie vorhanden und derzeit gar nicht auf dem Markt zur Verbesserung der Lebens- und Pflegequalität in verfügbar. Für die geringe Verbreitung digitaler der häuslichen und in der langzeitstationären Produkte für die Pflege gibt es verschiedene Pflege den Einsatz digitaler Technologien in der Erklärungen: Wichtige Gründe sind unter Pflege stärker zu verankern. Alle Bemühungen, die anderem mangelnde Informationen bei allen vermuteten Potenziale digitaler Technologien in Akteurinnen und Akteuren der Pflege über das der Pflege weiter auszuschöpfen, sollten jedoch Angebot und die Potenziale digitaler Technolo- sicherstellen, dass der Einsatz digitaler Technik gien sowie die Anschaffungs- und Wartungskos- nicht vorrangig ökonomisch motiviert ist und dass ten, die bislang nur sehr eingeschränkt von den die Technik die personengebundene Pflegearbeit Kranken- oder Pflegekassen übernommen nicht ersetzt, sondern sie unterstützt und ergänzt. werden. Hinzu kommt, dass es nur wenige Studien gibt, die bestätigen, dass die Effektivität und die Qualität der Pflege durch den Einsatz 30
Die Digitalisierung der Lebenswelten älterer Menschen Sozialraum: Verbinden und vernetzen nen zusammengelegt, der öffentliche Nahverkehr eingeschränkt, Kindergärten, Schulen und Vereine Für ältere Menschen hat das direkte Wohnumfeld geschlossen und private Dienstleistungen (etwa für die Alltagsgestaltung eine hohe Bedeutung. im Bereich des Einzelhandels oder Finanzdienst- Das Quartier, der Kiez, der Stadtteil oder das Dorf leistungen) aufgrund fehlender Wirtschaftlichkeit sind Orte des Wohnens, des sozialen Austauschs nicht (mehr) angeboten. Für ältere Menschen und der gesellschaftlichen Teilhabe für ältere haben solche Entwicklungen besonders gravieren- Menschen. de Folgen – vor allem, wenn die gesundheitliche und pflegerische Versorgung beeinträchtigt ist. Wie bereits im Siebten Altersbericht herausge- arbeitet wurde, sind die demografischen und strukturellen Veränderungen in Deutschland regional sehr unterschiedlich – wachsenden Zentren und stabilen Städten stehen struktur- schwächere Gebiete und Landkreise mit großen wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen gegenüber. In vielen Regionen werden Kommu- 31
Die Digitalisierung der Lebenswelten älterer Menschen Vor diesem Hintergrund fragen sich die Verant- Netzwerke aufbauen und an sie anschließen. In wortlichen in vielen Kommunen, wie digitale vielen Modellprojekten hat sich gezeigt, dass Technologien zur Vernetzung im Sozialraum entsprechende Angebote die wirtschaftliche beitragen und auf diese Weise helfen können, Entwicklung und die kommunale Daseinsvorsor- älteren Menschen die Teilhabe am gesellschaftli- ge mit Blick auf Nahversorgung, Mobilität, chen Leben zu erleichtern und den Abbau be- Gesundheit und Pflege verbessern können. Das stehender Infrastrukturen zu kompensieren. Ziel digitaler Daseinsvorsorge sollte es immer sein, Immer häufiger werden Verwaltungsangebote Partizipation und Teilhabe auch außerhalb des auch online bereitgestellt. Und es werden Online- digitalen Raums zu stärken. Bürgerinnen und Plattformen eingerichtet, über die Dienstleistun- Bürger aller Altersgruppen, unter besonderer gen angeboten und gebucht, freiwilliges Engage- Berücksichtigung vulnerabler Gruppen, sollten ment vermittelt und Informationen ausgetauscht deshalb in die Entwicklung von Konzepten der werden können. Allerdings muss bei der Bereit- digital gestützten Daseinsvorsorge partizipativ stellung von digitalen Angeboten der Daseinsvor- eingebunden werden. sorge immer bedacht werden, dass unter den älteren Menschen viele mit digitalen Technologien Damit Ansätze der digital gestützten kommunalen und dem Internet nicht vertraut sind. Kombiniert Daseinsvorsorge über den Status von Modellpro- mit lokalen Angeboten zur Entwicklung digitaler jekten mit kleiner Zielgruppe hinausgelangen und Kompetenzen können diese Angebote jedoch auch ökonomisch tragfähig werden können, sollten sie dafür genutzt werden, unter Anleitung und vor allem in ländlichen Räumen nicht nur für alltagsnah den Umgang mit digitalen Endgeräten einzelne Gemeinden, sondern gemeindeübergrei- und mit dem Internet zu erlernen. fend konzipiert werden. Voraussetzung für eine digital gestützte Daseinsvorsorge ist eine entspre- Die Digitalisierung von Angeboten soll dabei nicht chende digitale Infrastruktur, insbesondere zum Selbstzweck werden. Digitale Technologien ausreichend leistungsfähige Internetverbindun- können die regionale und quartiersbezogene gen. Dafür muss flächendeckend der Breitband- Vernetzung und Teilhabe umso besser unterstüt- ausbau und die Abdeckung mit Mobilfunknetzen zen, je mehr die neuen digitalen Angebote auf vorangetrieben werden. Zudem sollten bei der bereits bestehende analoge Strukturen und Entwicklung und Umsetzung digitaler Angebote 32
Die Digitalisierung der Lebenswelten älterer Menschen sowie der dazugehörigen Finanzierungsmodelle die konkreten Bedingungen und Voraussetzungen jeder Region beziehungsweise jedes Quartiers (zum Beispiel in Bezug auf technische und soziale Infrastruktur, regionale Akteurinnen und Akteure et cetera) berücksichtigt werden. Über die Wirkungen, die eine digitale Bereitstel- lung von Informationen und Dienstleistungen auf die Lebensqualität der älteren Nutzerinnen und Nutzer hat, gibt es bislang kaum gesicherte empirische Erkenntnisse. Die Evaluationen erster Modellprojekte in ländlichen Räumen zeigen positive Effekte, wenn die digitalen Angebote alltagsnah und problembezogen mit analogen Lösungen verknüpft werden. 33
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Digitale Souveränität Digitale Souveränität Allzu oft werden ältere Menschen pauschal als eigenen Kompetenzen zur Nutzung der digitalen diejenigen dargestellt, die digitalen Technologien Technik weiter zu entwickeln. und dem Internet skeptisch gegenüberstehen, und denen es schwerfällt, entsprechende Geräte und Entscheidend für ein souveränes Agieren mit Anwendungen zu nutzen. Die Achte Altersbe- digitalen Technologien ist ein Zusammenwirken richtskommission betont demgegenüber, dass von Entwicklungen und Leistungen auf drei ältere Menschen – genauso wie Menschen anderer Ebenen: Altersgruppen – in der Lage sind, die Kompeten- zen zu entwickeln, die nötig sind, um in der Auf der individuellen Ebene setzt digitale Souve- digitalen Welt souverän zu agieren. Tatsächlich ränität voraus, dass die älteren Nutzerinnen und gehen viele ältere Menschen kompetent und Nutzer digitale Kompetenzen entwickeln. Digitale selbstverständlich mit digitalen Technologien und Kompetenz umfasst dabei die Fähigkeit, digitale dem Internet um. Die Kommission appelliert an Produkte und Systeme nach den eigenen Bedürf- alle älteren Menschen, sich dem digitalen Wandel nissen, Interessen und Präferenzen zu nutzen. nicht zu verschließen. Allerdings sollte Menschen Dazu gehören sowohl Kenntnisse über die zugestanden werden, nichts Neues mehr lernen zu Bedienung digitaler Technologien sowie Wissen müssen, wenn sie dies nicht wollen. Es ist nicht über beabsichtigte und auch unbeabsichtigte zielführend, von allen Menschen einen kompeten- Folgen des Gerätegebrauchs. ten Umgang mit digitalen Technologien und dem Internet zu erwarten. Allerdings kann auch nicht sichergestellt werden, dass es immer analoge Alternativen zu digitalen Angeboten gibt. Ent- scheidend ist, dass die lokalen Lern- und Unter- stützungsangebote sowie die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen digitale Souveränität möglich machen, sofern bei den Menschen die Bereitschaft und der Wille vorhanden sind, die 35
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