Heimatkundliche Blätter - Heimatkundliche Blätter
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Heimatkundliche Blätter Nr. 7/2021 Die Neustädter Fronfischer Die Fischerei in den Gewässern um die Stadt 1) Fischer mit Zille auf der Donau vor Neustadt, Bearbeitung der Stadtansicht aus dem 16. Jahrhundert Im gesamten bayerischen Land sind seit dem Mittelalter Fischlehen an Flüssen und Seen greifbar. Von Fronfischer an der Donau hören wir sowohl donauaufwärts als auch donau- abwärts. In unmittelbarer Nachbarschaft Neustadts sind die Vohburger- und die Kelhei- mer Fron(fisch)lehen zu nennen. Die Versorgung der Neustädter Die Fänge aus den Neustädter Gewässern Bevölkerung mit Fisch bestanden aus Aalruten (Ruethen), Hech- Die Fischer aus Neustadt wurden vom Rat ten, Barben, Karpfen (Thonnau Karpfen), der Stadt verpflichtet, ihre Fänge zuerst Flussbarschen (Bürstlingen), Huchen, Aiteln, dem Pfleger, den in Neustadt stationierten Brachsen (Präxen), Schleien, Steinbeißern Offizieren und dann den Wirten und Brau- (Steinpeißen), Nerflingen, Schieden (Schiet) ern anzubieten. Erst danach durfte der und Krebsen. Fisch war teuer: So kostete Fisch auf dem Markt der übrigen Bevölke- 1657das Pfund Karpfen 8 Kreuzer (x), was rung feilgeboten werden. Es wurde aus- vier Pfund mittelmäßigem Rindfleisch oder drücklich vor einem heimlichen Verkauf acht Pfund Bratwürsten entsprach. Zu den nach Abensberg, Kelheim oder Regensburg teuren Fischen zählten Aalrute, Huchen, gewarnt. Hecht, Karpfen und der kleine Steinbeißer. 1
oder Beutellehen. Da diese Lehensform sich auf ein Rustikalgut (untertäniges Gut) be- zog, verpflichtete sie nicht zum Kriegsdienst, sondern nur zu Geld- und Naturaldiensten und wurde deshalb auch an Nichtadelige vergeben. Lehen waren erblich, mussten aber bei Tod des Lehnsherrn oder des Lehnsmannes erneuert werden und es wa- ren hierbei entsprechende Abgaben zu leis- ten. Der Herzog bzw. später der Kurfürst vergab diese Fronlehen. Die landesherrlichen Ge- wässer um Neustadt umfassten die Donau zwischen Marching und Eining, einen Teil der Abens, Altwasserabschnitte der Donau, jenseits der Donau 500 Schritte des Detten- baches, den Goldausee und etwa zwanzig 2) Prütel- und Krebsmaß der bayerischen Landtsordnung von 1553 kleinere Fischwasser, sogenannte Gräben. Als erste Fronfischer werden Andre Pandel Die Fronfischer und das Fronlehen und Hans Glaser greifbar, als Herzog Alb- recht IV. beiden im Jahre 1461 erbrechts- Ein Lehen im Hochmittelalter bedeutete ein weise das Fronlehen verlieh. Dieses war da- Treueverhältnis zwischen dem Lehensherrn mit in ein oberes- und ein unteres Lehen und seinen Vasallen, welche für Waffen- aufgeteilt. Auch im 16.- und zeitweise auch dienste auf Lebenszeit Güter ihres Herrn er- im 18. Jahrhundert gab es ein geteiltes hielten. Fronlehen. Im 17. Jahrhundert gehörte das Das Fron(fisch)lehen bestand jedoch in der Fronlehen Michael Kherzinger und danach Vergabe der Fischereiausübung, war also folgten Hans, Balthasar und Georg Kherzin- rechtlich gesehen ein sogenanntes Bauern- ger nach. 1722, nach dem Tode des Michael Khürzinger, ging das Lehen auf Joseph Schretl über und verblieb nun für immer in dieser Familie. 2 Die Fronfischer-Familie Schrödl Joseph Schrödl hauste mit seiner Familie wie alle seine Vorgänger noch in Wöhr. Die nachfolgende Generation verlegte unter Mathias Schredl, kurz vor Mitte des Jahr- hunderts, den Wohnsitz einige Meter noch außerhalb der Stadtmauer in die Nähe des Donautores, heute Fronfischergasse 3. 3 Die Neustädter Fronfischer Schrödl und de- ren Nachfahren können bis in die heutigen Tage namentlich erfasst werden: 4 3) Fischfang im Mittelalter
de Lehen Michael Schrödl (Ur-Enkel) Franz Xaver Schrödl (Ur-ur-Enkel) Franz Xaver Schrödl (Ur-ur-ur-Enkel) Hermann Schrödl (Ur-ur-ur-ur-Enkel), Bürgermeister von 1945 bis 1956 XaverSchrödl (Ur-ur-ur-ur-Enkel, +2014) derzeit Hubert Schrödl (Ur-ur-ur-ur-ur- Enkel). Fronfischer und Gemeinfischer In Neustadt gingen 1783 elf Fischer und zwei Lerner ihrem Gewerbe nach, wobei zeitwei- 4) Die Fronfischerfamilie mit acht von 12 Kindern (um 1910?) se auch zwei Fischer die Rechte der Fronfi- Joseph Schretl, 1722 Erhalt des Lehens scherei ausübten; die anderen waren soge- Matthias Schredl (Sohn), 1735 als nannte Gemeinfischer. „piscatore supremo vulgo Fronfischer“ Um den Fischfang in einem Altwasser gab es genannt, zwischen 1743 und 1749 Um- einen langen Streit zwischen Fronfischer, zug von Wöhr an die Stadtmauer dem Rat der Stadt und den Gemeinfischern. Franz Ignatz und (Johann) Georg Dieses Wasser wurde 1378 der Stadt durch Schredl (Enkel) Herzog Stephan verliehen. 5 1783 Johann Georg Schrödl (Enkel) bei- Da sich nach Hochwässern der Donaulauf 5) Fronfischer Franz Xaver Schrödl mit Sohn Ludwig, vermutlicher 30er Jahre
und somit auch die Altwasser veränderten, Die Stadt selbst besaß außer dem vorherge- führte dies verständlicherweise zu häufigen nannten Altgewässer auch drei städtische Streitigkeiten, die bis Mitte des 19. Jahr- Weiher zwischen Mühlhausen und Neu- hunderts währten. 6 stadt. Die Größe der Weiher wird bei zweien Ein solcher Streit führte 1604 zu folgendem mit zehn und bei einem mit vier Tagwerk Vergleich zwischen den Konfliktparteien mit angegeben. Die mit Karpfen besetzten Wei- diesem Ergebnis: her wurden alle zwei Jahre ausgefischt. 9 - Fronfischer und Gemeinfischer nutzen das Die Fischer besaßen drei größere Holz- strittige Gewässer gemeinsam. schiffe, mit welchen je drei Klafter Holz ge- - Die Hälfte eines jeden Fanges gehört je- führt werden konnten sowie 15 bis 16 klei- weils der Stadt, die dem Pfleger dafür jähr- nere Zillen. Eine Personenfuhr von Neustadt lich vier Pfund Pfennige (lb dn) zu entrichten bis Regenburg kostete 2 fl. 10 Die Gemeinfi- hat. scher sorgten im Auftrag der Stadt auch für - Von der anderen Hälfte bekommt der den Fährbetrieb über die Donau. Von einer Fronfischer zwei Anteile Fisch bzw. den Fähre wissen wir bereits urkundlich von Geldwert. 1470. 1596 wurde eine neue Fähre beim Re- - Was übrigbleibt gehört den Gemeinfi- gensburger Schopper und Schiffzimmer- schern. 7 mann Hans Gritsch in Auftrag gegeben. Die- Auch 1864 kam es zu einer Auseinanderset- se besaß eine Länge von ca. 16,3 m und ei- zung zwischen Schrödl Xaver, Fronfischer ne Breite von 3,6 m. Auch die „uhrfahr“, al- von Neustadt, gegen die Neustädter Fischer so die Überfahrt mit der Zille, erfolgte durch Schrödl Bernhard, Gruber Georg, Schrödl Jo- die Gemeinfischer. 11 sef sen., Frei Xaver, Fritz Josef, Hagl Josef, Ob die Fronfischer in diese städtischen Auf- Frei Sebastian, Völkl Anton und dem Irnsin- gaben und Unternehmungen einbezogen ger Fischer Karl Michel wegen widerrechtli- waren, wissen wir nicht. chen Fischens. 8 6) Der Goldausee und seine Umgebung, Vermessung von 1723
7) Hubert Schrödl , Vater des jetzigen Rechteinha- bers, im Alter von 19 Jah- ren mit der Zille auf dem Altwasser, Aufnahme von 1954 Der Weidestreit um den Goldausee Die letzten Fronfischer Einen langwierigen Streit gab es auch um Die Fronfischerei endete gegen Ende des Weideflächen am Goldausee. 1779 sprach 18. Jahrhunderts unter Kurfürst Karl Theo- man von einem 337jährigen Prozess. Dieser dor und Fronfischer wie Gemeinfischer wur- eigentlich 47 Tagwerk große See war bereits den rechtlich auf die gleiche Stufe gestellt. zu mehr als der Hälfte (29 Tagwerk) verlan- Die Neustädter Fronfischer-Familie Schrödel det und wurde von den Wöhrer Bürgern wi- hatte jedoch alle Fischereirechte in ihren derrechtlich beweidet und abgeerntet. Ein Besitz gebracht und übt dieses alleinige gegenseitiger Wiesentausch mit einer Flä- Recht bis dato aus. Der langjährige Neustäd- che von je 10 Tagwerk zwischen Fronfischer ter Bürgermeister und Fronfischer Hermann und Stadt beendete auch diese Auseinan- Schrödl befuhr noch mit der Zille seine Ge- dersetzung. Der Fronfischer profitierte da- wässer und verkaufte aber auch schon An- von, da er die besseren Gründe erhielt. Die gelkarten. Der letzte Inhaber des alten Fron- Vermessung des Goldausees mit der dazu- lehens, Xaver Schrödl, verpachtete seine gehörigen Weide betrug nun 34 Tagwerk. Gewässer an den Neustädter Fischerverein. Noch 1756 ergab eine Vermessung mit Ein- Nach dessen Tod 2014 trat sein Neffe Hu- beziehung von acht Gräben in der Pförrin- bert das Erbe an. ger Au eine Fläche von 71 Tagwerk. 12 Quellen und Fundstellen 1 Köglmeier , Neustadt an der Donau, S 327/328 2 ebenda ff Neustadt, 20.05.2021 3 ebenda 4 Ritzinger, Zur alten Geschichte … Wöhr, vergl. S. 31 - 71 , mdl. Mitteilung von A. Metzger, Stadtarchivar Eduard Albrecht, Stadtheimatpfleger 5 Baumgartner, Beschreibung der Stadt und des Gerichts Neustadt a.d.D., Seite 30 6 Urkunden aus den StAM, RMA München Unterbehörden 12097,Pfleggericht Voh- burg A 49; Rep. 165/1 Fasz. 7 Nr. 414/2 u. StALa, Bezirksgericht Landshut Rep. 240/2: Nr. 138, Nr. 139, Nr. 89, Nr. 90 7 Köglmeier, S. 329 8 StALa, Bezirksgericht Landshut Rep. 240/2: Nr. 89, Nr. 139, 9 Baumgartner, S. 30 10 Köglmeier, S. 330 11 ebenda 12 ebenda 329/330 Bilder 1 BHStA, Plansammlung 2 Bayerische Staatsbibliothek, 2 Bavar. 1606 o 3 Bavarikon, StBN, Hausbücher der Zwölffingerstiftung 4,5,7 Hubert Schrödl, Neustadt 6 BHStA, GL
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