Hexenjagd in der Natur - Die Ostschweiz
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www.dieostschweiz.ch № 04/21 Hexenjagd in der Natur Lassen wir es wuchern – Lubera-CEO Markus Kobelt über Fremdenfeindlichkeit in der Pflanzenwelt Ausserdem: Roger Köppel beschäftigt sich mit seiner Überflüssigkeit. Wieso sich ein Mann 10 000 Mal aus einem Flugzeug stürzt. Teilauszug Graziella Blatter analysiert die menschliche Arroganz. Jägerin Katja Eichmann. Weshalb man entschlossen töten sollte. dieser Printausgabe Und: Das komplette Magazin kann via Faszinierend – ein Blick auf die Kraftorte der Ostschweiz. abo@dieostschweiz.ch bestellt werden.
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EDITORIAL 2 /3 Liebe Leserin, lieber Leser Es freut uns sehr, dass vermehrt auch Leserinnen und Leser ausserhalb unseres eigentlichen Einzugsgebiets «Die Ostschweiz» entdeckt und abonniert haben. Wir haben die Printausgabe immer als Ergänzung zum Onlinebereich angesehen, als Instrument, um die Marke zu stärken, aber auch als ein Gefäss, in dem gewisse Themen anders abgehandelt werden können als auf dieostschweiz.ch. Jedes einzelne Abo unterstützt uns dabei, die gesamte Welt rund um «Die Ostschweiz» weiterzuentwickeln und noch vielfältiger zu gestalten. Und hier sind wir derzeit gleich mit mehreren Projekten beschäftigt. Einige davon stellen wir Ihnen in diesem Magazin kurz vor. Wo «Die Ostschweiz» draufsteht, soll natürlich auch ordentlich «Ost- schweiz» drinstecken. Dennoch haben wir uns zum Ziel gesetzt, in unserer Printausgabe künftig vermehrt auch den Fokus auf die Schweiz als Ganzes zu richten. An entsprechenden Themen fehlt es nicht. Und erste Ansätze finden Sie bereits in der vorliegenden Ausgabe. Es ist wie in so vielen Bereichen: Der perfekte Mix macht es aus. Und letztlich auch der Wille, sich laufend auf neue Gegebenheiten einzulassen. Hier sind wir jederzeit auch dankbar um Feedbacks, Anregungen und natürlich auch Kritik. Wenn Sie diese Ausgabe in den Händen halten, sind wir bereits mitten in PS: Wenn Sie neu auf uns gestossen der Produktion des Magazins zum Jahresende. Dieses wird – so viel können sind und keine Ausgabe verpassen wir schon heute verraten – sehr vielfältig ausfallen. Sowieso haben wir wollen, dann abonnieren Sie unser gerade auch für den Printbereich für das Jahr 2022 so einige Ideen, die wir Magazin unter abo@dieostschweiz.ch verfolgen. Wir werden Ihnen dann nicht nur neue Rubriken präsentieren, oder per Telefon unter 071 221 20 90. sondern auch mit der einen oder anderen Überraschung aufwarten. Am schnellsten geht es online: Wir freuen uns, wenn Sie auch in den nächsten Monaten ein Teil von www.ostschweizermedien.ch/angebote «Die Ostschweiz» sind und uns auf einem spannenden, nicht immer einfachen Weg begleiten. Herzlich Stefan Millius & Marcel Baumgartner Herausgeber, Redaktion und Verlag: Verlagsleitung: Marcel Baumgartner, baumgartner@dieostschweiz.ch | Chefredaktion: Stefan Millius, millius@dieostschweiz.ch | Anzeigenleitung: Martin Schwizer, schwizer@ «Die Ostschweiz» dieostschweiz.ch | Autoren: Michel Bossart, Manuela Bruhin, Manuela Müller, Simone Ostschweizer Medien AG Hengartner, Andy Givel, Andreas Felder, Michael Steiner, Andreas Lehmann, Claudia Marktgasse 14 Hutter, Hansjörg Hinrichs, Lea Müller, Sarah Roth, Lea Tuttlies | Fotografie: Bodo Rüedi, 9000 St.Gallen Keystone | Korrektorat: Galledia Print AG | Aboverwaltung: KünzlerBachmann Verlag AG, abo@dieostschweiz.ch, Abopreis: CHF 69.– für 6 Ausgaben | Erscheinung: «Die Ostschweiz» T. +41 71 221 20 90 erscheint 6 Mal jährlich mit Ausgaben April, Mai, Juli, August, Oktober, Dezember info@dieostschweiz.ch Gestaltung/Satz: A mmarkt AG, St.Gallen, Tammy Kissling, t.kissling@ammarkt.ch www.dieostschweiz.ch Produktion: Galledia Print AG, Flawil. Die Ostschweiz 4/2021
WÄHLERISCH SEIN UND Wo Sie Schönheit finden, finden Sie DAS LEBEN Ruhe und Gelassenheit. In der Hektik des Alltags soll es sich lohnen, der Entspannung Raum zu geben. Am STILVOLL besten in einem Ambiente, das in jeder Beziehung stimmig und individuell ist. GENIESSEN. Unsere Einrichtungskonzepte mit Originalen von B&B Italia, Minotti, Molteni, Knoll International etc. erzählen vom Gegentrend zur schnellen Welt. Sie feiern das Fühlbare, Echte und Einzigartige und wecken die Sehnsucht nach Dingen, jenseits vom Massen- konsum. Willkommen zuhause. GAMMA AG gamma.ch St. Gallerstrasse 45 CH-9500 Wil Tel. 071 914 88 88
4/5 Inhalt 04/21 Meinungen/Kolumnen Die Ostschweiz 21 Lieber glücklich sein als recht bekommen, schreibt 6 Die nächste Dimension: Simone Hengartner Thurnheer. Videos und Podcasts. 21 Für Andy Givel ist Wellness nicht das, was die meisten Brennpunkt darunter verstehen. 8 Graziella Blatter erzählt 41 Herr Gerber gendert sich ihre persönliche durch einen Anlass. «Coronageschichte». 41 Batmobil und «K.I.T.T»: Wenn ein Traum wahr wird. Gespräch Herbstwind 70 Hansjörg Hinrichs über ein Geschenk aus Stein. 14 Der Pflanzenzüchter Markus 10 Roger Köppel denkt Kobelt wird mit seinen Gedanken 72 Die junge Ostschweiz über bei seinem zum Kult. sexuelle Gewalt, Neurodiversität Engagement und Unwetter 18 Bei Nadja Tschopp geht es um an seinen Kleider – aber auch um Emotionen 74 Ralph Weibel über Zollbürokratie, Vater. und Geschichten. die Beziehungen rettet 22 An diesen Kraftorten füllen wir unseren Energiespeicher. Menschen 32 Uhrmacher? Das gibt es noch? 54 Diese Marke kennt jeder. So wie Dominic Krähenbühl. Ralph Brühwiler kennt sie besser als andere. Business 34 Sarah Schönenberger 59 An den Jasstisch gehört ein macht Käse. 50 Elektrifiziert und elektrisierend: Landei wie Fabienne Bamert, Onlinehandel geht auch nachhaltig. Auch wenn sie nicht nichts anderes. danach aussieht. 52 Null Risiko? Null Chance! Wo unser «Kulturfehler» liegt. 60 Hoch zu 38 Raymond Gimmi sucht den freien Fall. Schon mehr als 10 000 Mal. Ross – aber 53 Banken sollen nicht den «Aufpasser» spielen müssen Léonie Guerra 44 Die Jungjägerin Katja Eichmann räumt mit Vorurteilen auf. will noch höher hinaus. 47 Was, wenn der Sohn Mehr Infos via QR-Code des Extremsportlers 64 Hanspeter Krüsi spricht täglich Sie finden in diesem Magazin bei mehreren Artikeln QR-Codes, die Sie später auch mal will? über Dinge, die nie geschehen zu weiteren Infos führen. Hinweis: dürften. Bei neueren Handys einfach Kamera 68 Giuseppe Gracias neues Buch: aktivieren und auf QR-Code platzieren. Die meisten Zusatzinfos finden Sie Eine junge Frau, eine Waffe und zudem auf www.dieostschweiz.ch ein nervenzerreissendes Finale. unter dem Menüpunkt «Magazin». Die Ostschweiz 4/2021
DIE OSTSCHWEIZ Jetzt gibt es etwas auf die Ohren (und bald fürs Auge) Lesestoff bietet «Die Ostschweiz» mit der auch den entsprechenden Menüpunkt mit allen bereits veröffentlichten Episoden. Als Nutzer eines kostenlosen Onlinezeitung und dem abonnierten Dienstes wie Spotify, Apple Podcasts und vielen an- Magazin mehr als genug. Nun bauen wir deren können Sie den «Die Ostschweiz»-Podcast mit neuen Formaten aus: Podcasts und Video- auch abonnieren und verpassen so keine Episode. sendungen. Damit werden die Vorteile Noch in diesem Jahr beginnen wir zudem mit der Produktion und Ausstrahlung von Videosen- eines digitalen Mediums voll ausgekostet. dungen. Dort stehen Interviews und Gesprächsrun- den aus verschiedenen Lebensbereichen im Fokus. Eine Reihe fachkundiger Moderatoren führt durch Sendungen rund um Politik, Wirtschaft, Kultur, Vom regionalen «Newsblog» zum kleinen Medien- Sport und Gesellschaft. haus mit einem umfassenden Angebot: Der Erfül- lung dieser Mission kommt «Die Ostschweiz» im- Mehr Vertiefung mer näher. Seit Kurzem produziert die Redaktion Die neuen Formate sollen das «Kerngeschäft» regelmässige Podcasts mit Inter- von «Die Ostschweiz» ergänzen und erweitern. Al- Die neuen Formate views und Kommentaren. Podcasts lerdings geht es nicht nur um eine andere Form der sollen das «Kerngeschäft» sind eine komfortable und einfache Vermittlung. Gerade Podcasts erlauben es, ein The- Art und Weise, sich informieren ma sehr viel stärker zu vertiefen als ein Text, dem von «Die Ostschweiz» und unterhalten zu lassen, bestens punkto Umfang Grenzen gesetzt sind. Die akusti- ergänzen und erweitern. geeignet auch, wenn man im Auto sche Form schafft auch mehr Nähe und Atmosphä- sitzt oder durch den Wald joggt. re als nackte Buchstaben. Ein fixes Element wird die Sendung «Der Wahn- «Die Ostschweiz» möch- sinn der Woche» sein, in der die Redaktion über te Sie publizistisch begleiten das spricht, was in den letzten Tagen besonders zu – in der Form, für die Sie sich reden gegeben hat. Darüber hinaus werden auch entscheiden. Das wird in Zu- zeitlose Gespräche und vieles mehr dazukommen. kunft noch weit mehr mög- lich sein als bisher. Über diverse Dienste abonnieren Die Podcasts werden auf www.dieostschweiz.ch publiziert; dort finden Sie unter den «Rubriken» Die Ostschweiz 4/2021
6 /7 Klar ist nur, was unklar ist Gegen aussen stehen sich zwei u nversöhnliche Seiten gegenüber. Die Menschen, die mit dem Zertifikat ausgerüstet alle Freiheiten geniessen, und die anderen, die sich diesem Schritt verweigern. Doch beim näheren Hinschauen ist alles denkbar unklar. Das Stichwort heisst: Willkür. Text: Stefan Millius, Bild: zVg. Viele Universitäten in der Schweiz haben frei- Entscheidungen des Staates polarisieren immer, willig die Zertifikatspflicht eingeführt. Aufgrund sie freuen den einen, sie ärgern den anderen. eines Rekurses eines Studenten muss diese Ge- Entscheidend ist nur, dass sie auf dem fussen, pflogenheit nun untersucht und abschliessend was einst beschlossen wurde. Auf der Verfas- beurteilt werden. Der Ausgang war bei Redak- sung. Auf den Grundrechten. Auf den geltenden tionsschluss noch offen. Was aber sicher ist: Die Gesetzen. Aktuell wird all das sehr kreativ in Einführung dieser Pflicht basiert auf denkbar eine Richtung ausgelegt. Obschon wir eigentlich dünnem Eis. Es gibt schlicht zu viele Grund- schon eine ganze Weile nicht mehr dem Notrecht sätze, welche sich Universitäten auf die Fah- unterstehen, das vermutlich auch übereilig ins ne geschrieben haben, die durch das Zertifikat Leben gerufen wurde. tangiert werden. Nur scheint es aktuell nieman- Rechtssicherheit ist das, was «Vieles, was geschieht, den mehr zu kümmern, was man sich früher als uns von Willkürstaaten unter- grundsätzliche Philosophie übergestülpt hat. scheidet. Es wird nie staatliche hat eine denkbar Die freie Bildung für jeden, den Zugang zu Bil- Entscheidungen geben, die allen schwache Grundlage.» dungsinstitutionen ohne Hürden und so weiter. gefallen, aber immerhin hatten Wenn Menschen auf einer denkbar schwa- wir früher die Gewissheit, dass das, was uns ge- chen bis inexistent rechtlichen Grundlage kei- gen den Strich geht, irgendwann auch entspre- nen Zugang mehr haben zu Bildungsinstitutio- chend beschlossen worden ist. Heute sieht das nen aufgrund einer Pandemie, die diesen Begriff anders aus. Der politische Wille hat die Ober- vielleicht nicht einmal verdient, gemessen an hand über die Gesetzmässigkeiten gewonnen den Zahlen der letzten eineinhalb Jahre, dann – ohne entsprechende Grundlage. Das ist die ist klar: Da passiert etwas anderes als das, was Basis für eine grosse Verunsicherung in der Ge- uns vermittelt wird. sellschaft. Diese wiegt schwerer als die einzelne Auch die Sicherheitsinstitutionen in unserem Massnahme. Sie unterminiert das Vertrauen in Land sind unter Druck, was die Glaubwürdig- den Staat als solchen. Und das vermutlich weit keit betrifft. Wie lässt sich beispielsweise diese über die Coronasituation hinaus. Situation erklären? Klimaaktivisten campieren tagelang unbehelligt vor dem Bundeshaus, zap- fen Strom und Wasser der Stadt Bern an. Aber wehe, Kritiker der Coronamassnahmen tauchen auch nur in der Nähe der heiligen Hallen des Bundes auf: Dann werden in Minutenschnelle Wasserwerfer und Gummischrot aufgefahren, und einzelne Teilnehmer der Demonstration werden im Video dokumentiert angegangen, als wären wir in Amerika bei einem Einsatz der Polizei gegen einen Schwerkriminellen. Es ist diese Ungleichheit, die zum Nachden- ken anregt. Oder je nachdem auch zu mehr. Die Ostschweiz 4/2021
BRENNPUNKT «Was wir tun, ist menschliche Arroganz» Graziella Blatter wurde 2003 schweizweit bekannt, als sie den damaligen FIFA-Präsidenten Sepp Blatter heiratete. Die Ehe hielt nicht lange, mit Blatter fühlt sie sich immer noch verbunden. betrachten kann. Ich betrachte Corona auch aus Heute ist sie als Coach und Therapeutin tätig. dieser Perspektive. Die Spaltung auf der ganzen Welt, die wir derzeit erleben, liegt für mich schon Aus dieser Perspektive beschäftigt sie die in der Impfung begründet. Man gibt einer Zelle aktuelle Situation stark. Ein Gesprächsprotokoll. den Auftrag, einen Erreger zu erzeugen, der Kör- per versucht, diesen zu zerstören. Diese Gegen- Umsetzung: Stefan Millius, Bild: KEYSTONE/AP Photo/Mark Lennihan sätzlichkeit bringt eine Spaltung, einen Konflikt in den Körper. Ich betone aber immer, dass das meine per- sönliche Meinung ist und ich andere Ansichten «Im November 2020 habe ich Sepp Blatter be- respektiere. Niemals würde ich jemanden dazu sucht, der damals an Corona erkrankt war. Wir auffordern, sich nicht impfen zu lassen. Jeder haben zwar Masken getragen, aber ich habe das muss sich selbst mit dem Thema auseinander- Virus auch eingefangen – mit den ganzen Sym- setzen und für sich Verantwortung überneh- ptomen wie Gliederschmerzen, men. Was aber aufhören muss, ist das Mobbing Husten und so weiter. Zwei bis gegen Ungeimpfte. Medien sollten auch kriti- «Ich betone immer, dass drei Tage lang war es richtig sche Stimmen zu Wort kommen lassen. Alles das meine persönliche schlimm, an einem Abend ha- andere ist die Basis für Misstrauen, aus denen Meinung ist und ich andere be ich kaum mehr Luft gekriegt, dann Verschwörungstheorien werden. Damit Ansichten respektiere.» es fühlte sich bedrohlich an. wird ausgerechnet das gefördert, was die Medi- Ich kann nachvollziehen, wenn en angeblich bekämpfen wollen. Menschen damit ins Spital ge- Ich glaube, Bundesrat Alain Berset will seine hen. Ich habe aber zu anderen, natürlichen Mit- Aufgabe eigentlich so gut wie möglich machen, teln gegriffen, auf meine eigene Verantwortung, aber er ist von der Situation überfordert und auf und für mich war es der richtige Weg. bestimmte Lösungen fixiert. Nur ein Beispiel: Seit die Impfung ein Thema ist, habe ich Man müsste längst prüfen, welche Medikamente mich laufend mit verschiedenen Stimmen aus bei einer Coronaerkrankung helfen, es gibt sogar der Wissenschaft auseinandergesetzt. Ich bin bestehende, die gut funktionieren, die aber nicht zum Schluss gekommen, dass ein schwerer Ver- weiter verfolgt werden. lauf eventuell verhindert werden kann, aber was, Ich erlebe in meinem Umfeld, zu welchen wenn neue Varianten auftauchen? Die Impfung Konflikten die aktuelle Situation führen kann. ist keine langfristige Lösung. Vor allem aber sehe Mein Bruder, ein Pfarrer, ist ein klarer Befürwor- ich es als Arroganz des Menschen, in das hoch- ter der Impfung. Ich hingegen befürchte, dass wir komplexe Immunsystem einzugreifen und es zu uns abhängig machen von der Pharmaindustrie manipulieren. Wir haben ja bis heute noch gar und so nicht in die Freiheit finden. Es herrscht nicht genau verstanden, was das Immunsystem aber nicht viel Akzeptanz und Mitgefühl für für uns alles leistet. Menschen, die es so sehen. Nehmen wir die Zür- Für mich ist schon lange klar, dass man den cher Regierungsrätin Natalie Rickli, die fand, Körper nicht unabhängig vom Bewusstsein Ungeimpfte sollen auf eine Spitalbehandlung Die Ostschweiz 4/2021
GESPRÄCH Heitere Apokalypse Selbst seine Kritiker müssen eingestehen: Der Mann geht seinem Beruf mit einer Leidenschaft nach, die bewundernswert ist. Als Chefredaktor und Verleger der «Die Weltwoche» steht er immer wieder selbst im Rampenlicht. Wichtiger ist ihm aber, durch die publizierten Artikel Diskussionen zu entfachen. Ein Gespräch über das Konkurrenzprodukt «Nebelspalter», die Schatztruhe der Menschheit und seinen aktuellen Einsatz zur Landesverteidigung. Interview: Marcel Baumgartner, Bilder: KEYSTONE/Pascal Mora, Rolf Neeser Roger Köppel, wie geht es der «Weltwoche»? Wann definieren Sie jeweils, über was Sie in Achtung, «Die Weltwoche» ist eine ältere «Weltwoche daily» sprechen? Dame von bald 90 Jahren. Die Corona-Politik Ich packe da ein paar Themen ein und hof- hat ihr das Leben unnötig schwer gemacht, aber fe, dass ich das dann unterbringe. Go with the mit unverminderter Rüstigkeit und fundierter Flow! Zuversicht stellt sie sich der Zukunft. Dieses Format startete als kostenpflichtiges Und wie geht es Ihnen? Sie scheinen im Angebot. Heute ist es allen zugänglich. Dauereinsatz zu sein. Es heisst, Sie schlafen War ein zu kleiner Empfängerkreis bereit, wenig und joggen täglich früh dafür zu bezahlen? morgens. Dann haben Sie sich mit In der heutigen Form war Daily nie kosten- «Die Menschheit «Weltwoche daily» ein Format pflichtig. Erfreulich ist, dass es schön wächst. ist nicht verdammt, aufgeladen, das entsprechend Seit ein paar Wochen mache ich zwei Sendun- gen pro Tag, Schweiz und Deutschland, unab- das Leben ist schön, laufend betrieben werden muss. Und Nationalrat sind Sie auch noch… hängig, kritisch, gut gelaunt. auch wenn es Danke, mir geht’s bestens, und die manchmal hart ist.» Arbeit macht mir grossen Spass. Sprechen wir über die einzelnen Punkte. Wann beginnt jeweils Ihr Arbeitstag? Ich habe kein fixes Programm, je nach Lage, meistens sehr früh. Kommt auf den Vortag an. Und als Erstes steht jeweils das tägliche Joggen auf dem Programm? Dafür habe ich leider keine Zeit mehr. Die Ostschweiz 4/2021
10 /11 Verleger Roger Köppel: «Wie überwinde ich meine eigene Überflüssigkeit? Diese Frage treibt mich an.» Die Ostschweiz 4/2021
HERBSTWIND Kraftorte Nachdem wir uns in der letzten Ausgabe dem Genuss gewidmet haben, thematisieren wir nun die Natur. Wir blicken auf Orte in der Ostschweiz, die den eigenen Energie- speicher wieder volltanken. Und gerade in Zeiten der harten Diskussionen, in Zeiten von Widersprüchen, Angst und Ungewissheit kann ein Rückzugsort, an dem man auf andere Gedanken kommen kann, wahre Wunder vollbringen. Die Ostschweiz bietet unzählige solcher Plätze. Wir präsentieren eine Auswahl davon. Umsetzung: Marcel Baumgartner, Bilder: zVg. Die Ostschweiz 4/2021
22 /23 Das Murgtal ist etwas für Ruhesuchende, denn hier gibt es keinen Handyempfang. In unmittelbarer Nähe der Murgseehütte befinden sich die idyllisch gelegenen Murgseen. Wasserfälle und Steingärten findet man im Murgtal ebenso wie ein geschütztes Arvenwaldreservat. (Bild: Heidiland Tourismus / Thomas Kessler) Die Ostschweiz 4/2021
HERBSTWIND Käsesommelière Sarah Schönenberger: «Unglaublich, aber wahr. Ein wahrer Genuss. Und ein vollkommen neues Geschmackserlebnis.» Die Ostschweiz 4/2021
34 /35 «Ein bodenständiges, puristisches Handwerk» Die Toggenburgerin Sarah Schönen- berger ist eine Geniesserin. Etwas, das sie in ihrem Beruf als Käsesommelière und mit ihrem eigenen Shop «Wunder- land Käse» vollkommen ausleben kann. Kann sie aber auch jemanden von sind. Wir Schweizer sind da eher noch puris- «ihrem» Produkt überzeugen, der damit tisch, gerade etwa im Vergleich zu beispiels praktisch nichts anfangen kann? Und weise Deutschland. Da sind Käsesorten oder wird ihrer Meinung nach die Schweiz auch Frischkäsesorten in etlichen Variationen erhältlich – mit Lauch oder auch mit Schoko dem Ruf als «Land des Käses» nach wie lade veredelt. Spannend. vor gerecht? Ein Gespräch über Geschmack, Variationen und unge Was macht denn grundsätzlich den Reiz am wöhnliche Kombinationen. Produkt Käse aus? Die grenzenlose Vielfalt. Es gibt Käse inzwi- Interview: Marcel Baumgartner, Bilder: Bodo Rüedi schen in allen Grössen, Formen, Farben und Ge- schmacksrichtungen. Da sind keine Grenzen gesetzt und es ist für (fast) jeden etwas dabei. Ausserdem kann man Käse zur Vor-, Haupt- oder auch Nach- «Jede Region, wahrschein- Sarah Schönenberger, ich oute mich gleich speise geniessen und mit diver- vorweg: Ich esse keinen «normalen» Käse. Mir sen Produkten kombinieren. Das lich fast schon jedes Dorf, passt weder der Geruch noch die Konsistenz. verspricht immer neue Aromaer- hat einen eigenen Käse.» Ausnahmen mache ich nur beim Raclette oder lebnisse. Fondue. Womit könnten Sie bei jemandem wie mir allenfalls Begeisterung wecken? Wann haben Sie diese Leidenschaft entdeckt? Mit meiner Leidenschaft zum Käse. Wenn Ursprünglich komme ich aus der Automobil- man sich erst einmal mit dem Produkt beschäf- branche. In einem Käsereifungslager habe ich tigt und ein grundsätzliches Interesse da ist, ist als Aushilfe Käse verpackt, um mein Haushalts- es kein Problem jemanden dafür zu begeistern. geld ein wenig aufzustocken. Ich bin jedoch als Es ist für jeden Geschmack etwas dabei. Ich bin gelernte Detailhandelsfachfrau schnell im Ver- der Überzeugung, dass es auch meine Aufgabe kauf gelandet und habe somit auch meine Lei- als Käsesommelière ist, das Passende zu finden. denschaft und Passion für diese Materie ent- Jedoch möchte ich niemanden von irgendetwas deckt, obwohl ich vorher sehr selten bis gar überzeugen, wenn eine prinzipielle Ablehnung keinen Käse gegessen habe. da ist – Käse darf ein Genuss sein, jedoch keine Überwindung. Und wann war klar, dass Sie diese Leidenschaft auch zum Beruf machen möchten? Es gibt inzwischen unzählige Kreationen. Gibt Schon nach kurzer Zeit wurde mir klar, dass es auch solche, die bei Ihnen auf Ablehnung ich mich in diesem Bereich weiterbilden möch- stossen? te. Und bin bis heute dankbar, dass mir dies er- Eigentlich nicht. Jedoch denke ich, dass man möglicht wurde. Diese Aromavielfalt, die Her- einen Käse immer noch als Käse erkennen sollte. stellungsverfahren, die Lagermöglichkeiten, das Ich finde es aber schön, dass inzwischen zahl- breite Spektrum an Wissen, das es benötigt… reiche Variationen auf dem Markt erhältlich Einfach faszinierend. Die Ostschweiz 4/2021
MEINUNGEN 40 /41 Gerber und das Gendern Das Gerber sucht. Manchmal seinen Porscheschlüssel, das Feuerzeug oder den Golfball. Jetzt aber sucht er die richtigen Worte für seine Rede anlässlich des 30-Jahr- Jubiläums seiner Werbeagentur. Für die richtigen Worte ist Gerber ja weitherum bekannt. Als «Gerber. Der Werber!». Klare Botschaften, treffend auf Batmobil den Punkt gebracht. Kurz, prägnant, stark. So soll auch seine Rede sein. Da lässt er sich nicht lumpen. Aber heutzutage ist das schwierig, sehr, sehr schwierig. Es war 1990, ich war 11 Jahre alt. Mein Vater erzählte mir von einem Kunden – welcher LISTA Schon die Begrüssung fällt ihm schwer: «Verehrte Gäste, liebe Freunde…», Betriebseinrichtung kaufte – der in Kalifornien startet er in die Rede. Doch Vorsicht: Gendergerecht muss die Sprache einen Supersportwagen baute, ähnlich wie das sein. Also: «Verehrte Gäste, liebe Freundinnen und Freunde…» Halt! Das «Batmobil» oder «K.I.T.T.» – Ein Beitrag von Fredy klingt ja grad so, als hätte er neben seiner Annemarie noch ein paar Alexander Lienhard. Freundinnen. Und wie steht’s mit den weiblichen Gästen? Der Gast, die Gästin, die Gästinnen? Tatsächlich, im Duden steht die «Gästin». Natürlich war ich von der Geschichte fasziniert, Also: «Liebe Gästinnen und Gäste, liebe…» Nein, klingt dämlich. war ich doch grosser Auto- und Knight-Rider-Fan. Dämlich? So was von sexistisch! Das Besondere an dem Auto war der Boost-Knopf, welcher dem Motor Extraleistung bescherte. Gerber kommt jetzt echt ins Grübeln. Der Gast, die Gästin. Also auch Dass die Geschichte echt ist, wagte ich damals als der Mensch, die Menschin? Tatsächlich steht das so im Duden. angehender Teenager zu bezweifeln, tönte es doch zu Der Bösewicht, die Bösewichtin? Gibt’s! Nur drei Bösewichtinnen futuristisch. Doch ein Jahr später war es tatsächlich so bei fünfundzwanzig James-Bond-Folgen. Aber gemäss Duden ist weit, das Auto wurde gebaut. Mein Vater hat mich auf Bösewichtin ein Synonym für Schuftin, ein Sustantiv, feminin für seine kurze Geschäftsreise in die USA mitgenommen, um böser Mensch. Nicht böse Menschin, wohlgemerkt. noch gemeinsam die LA Autoshow 1991 zu besuchen. Das Böse Menschen sind männlich! Entschuldigungsschreiben an den Lehrer aus der 6. Klasse habe ich heute noch, es war ein verlängertes Wochenende. Arzt und Ärztin ist ja längst klar. Lehrer und Lehrerin auch. Auch Wegen der geschäftlichen Beziehung und weil mein Vater die boomenden Ausweichformen, um andauernde Doppelnennun- ebenfalls fasziniert war von diesem Sportwagen, welcher zu gen zu vermeiden: Lehrende, Lehrkräfte, Lehrpersonen, Lehrer- 100% aus amerikanischer Produktion stammt, war der Handel schaft. Studentinnen und Studenten werden zu Studierenden. besiegelt, und seither sind wir Besitzer vom Vector W8, Chassis #8. Ausnahme: die Studentenschaft der HSG. Ausschliesslich Dieser Vector W8 Twin Turbo – die meisten kennen ihn aus männlich. Jedenfalls im Namen, nicht in der Realität. Da sind dem Auto-Quartett von damals – steht heute noch in der autobau die Studentinnen längst in der Überzahl. Mit Studentinnen erlebniswelt. Aber er steht da nicht nur und sammelt Staub. und Studenten sind ja übrigens alle nichtbinären Studierenden Bald darf er wieder raus und um unseren kleinen Rundkurs flitzen. ganz krude ausgeschlossen. Was der Vector sonst noch erlebt hat? Wir waren auf ganz vielen US-Car Meetings. Einmal in Hockenheim auf dem GP-Kurs. Eine Doch zurück zu seiner Rede: «Liebe Gäst*innen, sehr Auto-Motor-Sport TV Sendung, schnelle Fahrten auf unlimitierten verehrte Damen und Herren, liebe Befreundete…» Autobahnen und Rollen in ganz vielen Auto-Magazinen, an Messen, Im Geiste sieht er schon die Augenverdreher*innen und Ausstellungen und in Museen. Stirnrunzler*innen und Kopfschüttler*innen im Publikum während seiner stolpersteinigen Rede. Apropos Geist: Das Auto fasziniert! In Romanshorn Gibt’s eigentlich weibliche Geister, also Geistinnen oder erfahren Sie mehr darüber und Geister*innen? Tatsächlich: Sogar der Heilige Geist wenn Sie bei schönem Wetter Glück soll eigentlich eine Heilige Geistin gewesen sein – mei- haben, sehen Sie es sogar fahren. nen gewisse Quellen. Und dann schickt der/die Geist*in dem Gerber einen Geistesblitz – oder eben einen Geister*innenblitz: Ich eröffne ganz einfach so, wie manche Leute ihre Mails eröffnen, mit «Liebe alle!» Klingt auch dämlich, aber keine*r kann was dagegen haben. Weitere Andreas Felder Informationen REMBRAND AG, Branding & Campaigning unter: Die Ostschweiz 4/2021
HERBSTWIND «Man muss entschlossen töten, sonst kann man nicht jagen» Sie hat sich ihren Traum erfüllt: Mitten im Coronajahr hat Katja Eichmann ihre Jagdprüfung abgelegt. Ihre Aufgaben als Jungjägerin nimmt die Thurgauerin sehr ernst – und diese umfassen viel mehr, als «nur» Tiere zu herumschlagen müssen: Dass sie Tiere «abknal- len» und «einfach so töten können». Viele wür- erlegen. Solche Vorurteile gibt es auch in der den «direkt vom Schützenfest kommen oder heutigen Zeit zuhauf. ohnehin als Metzger arbeiten». Dabei mache das Töten selbst nur einen sehr kleinen Teil der Text: Manuela Bruhin, Bild: zVg. äusserst vielfältigen Arbeit einer Jägerin aus, er- klärt Katja Eichmann im Gespräch. Vielmehr ge- he es um die Natur, die Biologie, den natürlichen Gezögert. Überlegt. Und schliesslich doch zuge Kreislauf. Dass Jagen nicht einfach so ein klei- stimmt. Katja Eichmann ist der Meinung, dass ner Nebenjob ist, zeige sich bereits bei der mehr- sich für ein Interview viele andere Jägerinnen schichtigen und tiefgehenden Prüfung. «Ich bin oder Jäger besser als sie eignen würden. Schliess- eine Person, die eigentlich leicht lernt. Aber hier lich hat sie ihre Jagdprüfung erst im vergange- musste ich wirklich büffeln, um alles miteinan- nen Jahr abgelegt. Und da wären natürlich noch der verbinden zu können», sagt Eichmann, die die vielen Vorurteile, mit denen sich die Jäger als Lehrerin arbeitet. Jägerin Katja Eichmann: «Ehrfurcht, Respekt und Geduld.»
46 /47 Schwindel- erregend Mindestens einmal pro Woche hängt dieser Mann irgendwo an einem Felsen. Michi Wohlleben ist Bergfüh- rer und Profikletterer. Dieser Leiden- schaft geht er schon seit 24 Jahren nach. Seit er Vater geworden ist,, stellt sich der in Appenzell Ausserrhoden wohnhafte Extremsportler vermehrt die eine Frage: «Komme ich noch zur Ruhe, sollte mein Sohn dereinst das Klettern so betreiben, wie ich es tue?» Jeder Griff muss sitzen Das Interview mit Profikletterer Wohlleben © Rainer Eder Die Ostschweiz 4/2021
MENSCHEN Ralph Brühwiler: «Es braucht viel Energie, aber es gibt auch viel Energie.» Die Ostschweiz 4/2021
54 /55 Ein Leben in der Caran d’Ache-Welt Ihn hat sprichwörtlich die Geschichte eingeholt: Was er als Sechsjähriger mit wachen Augen und fasziniert durch eine Schaufensterscheibe in Genf erblickte, begleitete ihn in den ver- gangenen Jahren intensiv. Die bunte und span- mit Caran d’Ache-Farbstiften oder -Neocolor ge- nende Geschichte von Caran d’Ache hat der malt. Doch nicht nur sie – auch der weltberühm- Wahltoggenburger Ralph Brühwiler akribisch te Picasso vertraute der Marke. In Asien hinge- gen kennt man Caran d’Ache primär wegen ihrer erforscht und zu Papier gebracht. Für den Hochpreis-Füllfederhalter. Diese kosten dann Journalisten und Autor schliesst sich mit seinem schon mal mehrere tausend Franken und wurden Buch «Die Caran d’Ache Saga» der Kreis. zwischen 1998 und 2012 unter anderem vom in Lausanne lebenden Gossauer Juwelier Edouard Text: Andreas Lehmann, Bilder: Bodo Rüedi Jud im Auftrag der Firma bearbeitet. Doch wer kennt sie, die Geschichten und Tra- gödien jener Protagonisten, die um den St.Galler Börsenmakler und Investor Arnold Schweitzer «Wir haben immer noch keinen Namen für die sowie den heutigen Eigentümerfamilien Hub- Firma.» Er blickt zur Pendule, die an der Wand scher, Reiser und Christin das Genfer Unter- hängt. «Wir brauchen einen wirklich guten Na- nehmen zu Weltruhm brachten? Drei Jahre hat men.» Irène steht auf. Sie holt sich im Salon einen Ralph Brühwiler recherchiert, Archive besucht, Digestif. Als sie in die Bibliothek zurückkommt, Quellen studiert, Gespräche geführt, getextet. geht sie langsamen Schrittes zum Fenster. Dann Angefangen hat alles mit dem nationalen wendet sie sich zu ihrem Mann. «Warum nennt Zeichenwettbewerb zum 100-Jahr-Jubiläum ihr die Firma nicht Caran d’Ache?» Arnold von Caran d’Ache. Ralph Brühwiler, der haupt- Schweitzer blickt auf und schaut sie an. «Caran sächlich als Autor tätig ist, d’Ache? Was ist das für ein Name?» Irène nimmt beschäftigt sich seit Mitte «Ich war erschlagen wieder Platz. «Caran d’Ache ist das Pseudonym der 90er-Jahre auch mit der eines russischen Karikaturisten, der in Frank- Zeichen- und Malkunst. und glücklich im sel- reich gewirkt hat. Soviel ich weiss, ist er vor lan- Er nimmt 2015 am Wett- ben Moment. Plötzlich ger Zeit gestorben. Der Name bedeutet in un- bewerb teil. «Ich erinnere waren gefühlt hundert serer russischen Sprache Bleistift, Karandach.» mich noch gut an die Preis- Fragen beantwortet.» Arnold Schweitzers Mine hellt sich auf. Lang- verleihung im Kunstmuse- sam spricht er den Namen aus. Silbe für Silbe: um in Interlaken. Unsere «Caran d’Ache». Seine Augen beginnen zu glän- Zeichnungen wurden im Parterre präsentiert. zen. «Das könnte er sein! Unser Firmenname.» Die erste Etage war den Werken von Pablo Pi- casso vorbehalten, die er mit Caran d’Ache-Pro- *** dukten gemalt hat», sagt Brühwiler. «Im Rah- Die Szene spielt im Herbst 1923 im Hause von men dieser Veranstaltung habe ich erfahren, Caran d’Ache-Gründer Arnold Schweitzer. Und dass der Caran d’Ache-Gründer etwas mit dem heute, fast hundert Jahre später, liest sich Ralph Toggenburg zu tun haben könnte. Mein Inter- Brühwilers Buch «Die Caran d’Ache Saga» esse war geweckt und ich begann im Dezember (NZZ Libro) wie ein gut fundierter, spannender 2017 mit ersten Recherchen», erzählt der heute Wirtschaftsroman. 65-Jährige. Caran d’Ache ist eine Weltmarke. Die Blei- Caran d’Ache autorisierte ihn, ein Buch über und Farbstifte sind in der Schweiz vielen ein Be- die Firma zu verfassen und öffnete ihm auch das griff. Tausende Kinderhände haben Zeichnungen firmeneigene Archiv. Rasch wird ihm klar, dass Die Ostschweiz 4/2021
MENSCHEN Polizeisprecher Hanspeter Krüsi: «Man denkt immer, diese harten Kerle weinen nicht.» Die Ostschweiz 4/2021
64 /65 Wenn der Tod Teil des Berufs ist Ein breit gebauter Rocker, der mit den Emotionen kämpft. Ein Bauer, der seine Katze rettet. Drängelnde Journalisten. Solche Situationen Kommunikationsverantwortlichen ein mit WLAN ausgestattetes Auto, in dem sie die Medienmitteilun- prägen den Alltag von Hanspeter gen direkt vor Ort verfassen und versenden. Krüsi. Seit über zwanzig Jahren ist Natürlich darf der Polizeisprecher nicht immer er als Polizeisprecher tätig, seit alles kommunizieren, was im Kanton St.Gallen pas- siert. Dann wären die Medien innert Stunden von zwölf Jahren als Kommunikations- der Flut an Meldungen zugedeckt. Auch geht es im- chef der Kantonspolizei St.Gallen. mer um rechtliche Vorgaben, was publiziert werden Tagtäglich hat er mit rund 250 Fällen darf und muss – oder eben nicht. Die Meldungen zu tun – darunter auch schwere der Polizei werden beispielsweise dann unterlas- sen, wenn es um Details eines Falles geht. «Wir Delikte. Für Krüsi ist es dennoch wollen dann genau diese Details bei einer späteren genau der Job, den er gesucht hat. Festnahme vom Beschuldigten wissen. Würden wir sie bereits publizieren, kä- Text: Manuela Müller, Bild: Keystone/Gian Ehrenzeller men wir der Täterschaft zu- 250 Fälle pro Tag. Ist Krüsi vor», erklärt Hanspeter Krü- demnach im Dauereinsatz? si. «Damit könnte man einen ganzen Fall zerstören.» Teilweise durchaus. Immer wieder hört man von Unfällen auf der Stadt- Kameras sind schnell zur Stelle autobahn. Oder man ist gleich selbst mittendrin Für die Polizeisprecher sei es daher auch immer im Stau wegen eines Unfalls. In diesem Moment eine Gratwanderung zwischen Information und kommen nicht nur Feuerwehr, Sanität oder Poli- Sensation. Natürlich interessiere es immer, wenn zei zum Einsatz, sondern auch der Polizeisprecher. jemand einen schweren Unfall habe. Und ebenso, Er bringt Ruhe in die hektische Unfallsituation und wie es demjenigen gehe oder um wen es sich handle. beantwortet die wichtigsten Fragen der Medien- Jedoch gehe es zuerst immer um die Unfallbeteilig- schaffenden. Auch schreibt er die Mitteilungen, die ten und nicht um die Berichterstattung der Medien- Interessierten vermitteln sollen, was in der Region häuser. «Man erlebt es immer wieder: Kaum pas- passiert. «Es geht dabei um den Bürgerkontakt», er- siert etwas, hält schon jemand die Kamera drauf», läutert Hanspeter Krüsi, Kommunikationschef der erläutert Krüsi. «Das verschafft uns als Polizeispre- Kantonspolizei St.Gallen. «Dadurch können zum cher natürlich einen enormen Druck, dass die In- Beispiel Informationen einer Umfahrung der Un- formationen auch richtig weitergegeben werden.» fallstelle kommuniziert werden.» Der Kampf gegen die falschen Meldungen Details, die zurückgehalten werden Und Krüsi weiter: «Was die Polizei meldet, muss Krüsi weiss aus seiner Erfahrung, wie sich die zwingend der Wahrheit entsprechen. Deshalb wol- Funktion des Polizeisprechers im Verlauf der Jah- len wir mit der Berichterstattung auch so schnell re verändert hat. Früher traf er an einem Unfallort wie möglich sein.» Es gehe auch darum, den Fa- bereits die Medienschaffenden an, die darauf warte- ke News vorauszueilen. «Es ist sehr schwierig, eine ten, von ihm informiert zu werden. Damals sei man falsche Information, die bereits in der Öffentlich- wirklich noch «Sprecher» gewesen. Heute haben die keit kursiert, wieder richtigzustellen.» Natürlich sei Die Ostschweiz 4/2021
SATIRE 50-Franken-Freigrenze vielleicht denken, ich hätte mich für immer verdrückt. Wahrscheinlich würde sie weinen bei dem Gedanken, die nächsten Stiefel allei- rettet Beziehungen ne kaufen zu müssen. Überlege mir Vorteile des Single-Daseins. Nie wieder auf eine Frau warten! Könnte die Zeit künftig besser nutzen. Müsste mir keine Ausrede mehr einfallen lassen, um einem drohenden Spaziergang am Sonntag Endlich stopft der Staat Steuerschlupflöcher. Nicht bei den auszuweichen. Kein Mann wird je begreifen, was Gewinnern der Paradise-, Panama oder Pandora Papers. Frauen an Sonntagsspaziergängen finden. Erst Nein, bei den grenzüberschreitenden Einkaufstouristen. Als recht nicht, seit es Sportfernsehen gibt. netter Nebeneffekt werden damit Beziehungen gerettet. Nie mehr wäre ich vorwurfsvollen Blicken ausgesetzt, wenn ich den vierten Absacker be- stelle, nachdem ich vor zwei Stunden die Mei- nung meiner Frau geteilt hatte, es wäre höchs- te Zeit, mit dem Saufen aufzuhören und nach Sitze auf einem Elektro-Verteilkasten in Kreuz- Hause zu gehen. Meine Skepsis weicht leiser lingen und rauche, nachdem ich mit meiner Hoffnung. Keine Frau mehr haben heisst, ge- Frau die Zollfreigrenze zum persönlichen Vor- brauchte Socken auf dem Sofa lagern ohne ge- teil genutzt habe. Waren in Konstanz. Natürlich schlechtsübergreifende Konflikte austragen zu wollen wir auch die Mehrwertsteuer zurück. müssen. Bierflaschen in den Hausmüll werfen Bin deshalb mit den Einkäufen zum Auto. Mei- und nie wieder rausholen. Grillieren nur mit Ralph Weibel ist Bühnenautor ne Frau zurück mit dem Formular «Ausfuhr- Fleisch und Chips, ohne Salate und Gemüse. und Nebelspalter-Redaktionsleiter und Abnehmerbescheinigung für Umsatzsteu- Mit Kellnerinnen flirten, ohne unter dem Tisch ralph.weibel@nebelspalter.ch erzwecke», Geld eintreiben. War vor vier Ziga- ins Schienbein getreten zu werden. Durch frem- retten. Mache mir langsam Sorgen. Vielleicht de Städte gehen und nach verruchten Kneipen kommt sie ja überhaupt nicht mehr. Stelle mir suchen, statt die Zeit in Museen und vor Statuen vor, wie es wäre, wenn meine Frau in Europa zu verplempern. verschwunden bliebe. Immerhin müsste ich nie Überlege mir, von meinem Elektro-Verteil- mehr Schuhe einkaufen. kasten zu steigen und loszufahren. Wäge den Mich beschleicht die Angst, die Zigaretten Gedanken gegen die rund 40 Euro Mehrwert- könnten mir ausgehen, während Europa mich steuer-Rückerstattung ab, die uns dank dem For- zum Single macht. Zudem drückt die Blase. mular «Ausfuhr- und Abnehmerbescheinigung Könnte hier im Niemandsland zwischen Euro- für Umsatzsteuerzwecke» zustehen. Das war pa und Helvetien hinter einen Busch. Doch be- früher. Künftig stellt sich die Frage nicht mehr. stimmt käme dann meine Frau und würde mich Zur Rettung des heimischen Gewerbes und un- nicht finden. Sie würde sich Sorgen machen, zähliger Beziehungen. Danke, Vater Staat. Cartoons von Martin Zak Die Ostschweiz 4/2021
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