Hinsehen und schützen - Dokumentation des Fachtages "Prävention ist mehr als Improvisation" - Erzbistum-Paderborn

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Hinsehen und schützen - Dokumentation des Fachtages "Prävention ist mehr als Improvisation" - Erzbistum-Paderborn
Dokumentation des Fachtages
„Prävention ist mehr als Improvisation“

  auge n a u f                  schü      tzen
                   hinsehen und
Hinsehen und schützen - Dokumentation des Fachtages "Prävention ist mehr als Improvisation" - Erzbistum-Paderborn
Inhalts-
Bildergalerie
verzeichnis
Gesichter der Prävention

Vorwort....................................................................................................... 3

Interview mit Karl-Heinz Stahl...................................................................... 4

Impulsvortrag von Brigitte Braun:
„Es braucht eine sichtbare Haltung“:............................................................ 8

Impulsvortrag von Julia von Weiler: „Es braucht Wissen
um die Relevanz der sozialen Medien im Kontext sexueller Gewalt“.............10

Im Gespräch mit Thomas Bensmann:
„Prävention muss Teil der Seelsorge sein“...................................................13

Interview mit Julia von Weiler.......................................................................14

Statements und Bildergalerie......................................................................16

Anfangen statt Aussitzen: Wie das Erstellen
eines institutionellen Schutzkonzeptes gelingen kann................................. 22

Weitergehende Informationen.................................................................... 24

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Hinsehen und schützen - Dokumentation des Fachtages "Prävention ist mehr als Improvisation" - Erzbistum-Paderborn
Vorwort:
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Liebe Leserinnen und Leser,
sehr geehrte Damen und Herren,

„Prävention (lateinisch praevenire „zuvorkommen“/„verhüten“) bezeichnet Maßnah-
men zur Abwendung von unerwünschten Ereignissen oder Zuständen, die mit einer ge-
wissen Wahrscheinlichkeit eintreffen könnten, wenn nichts getan würde.“ Mit diesen
Worten definiert eine große Online-Enzyklopädie die Aufgabe, die sich die katholische
Kirche im Allgemeinen, wir im Erzbistum Paderborn und viele haupt- und ehrenamt-
liche Mitchristen in den einzelnen Pfarreien, Vereinen und Verbänden ganz oben auf
die Agenda gesetzt haben. In aller Ernsthaftigkeit, mit großer Kompetenz, Sorgfalt
und sehr viel Engagement haben wir uns in den vergangenen Jahren organisatorisch,
strukturell und inhaltlich aufgestellt und die Grundlagen dafür geschaffen, dass wir
durch eine aufmerksame Präventionsarbeit heute und auch in der Zukunft gemeinsam
für eine sichere und achtsame Kirche arbeiten werden.

Wenn wir heute über die Präventions-          als Lesende selbst ein Bild davon machen,    Menschen zugänglich gemacht werde,
arbeit in unserer Kirche reden, dann dür-     wie facettenreich und herausfordernd         „wie tief das Böse sogar in das Herz eines
fen wir die Augen nicht davor verschlie-      die Präventionsarbeit im Erzbistum           Dieners der Kirche eindringen kann.“ In
ßen, dass auch Vertreter unserer Kirche       Paderborn gestaltet wird. Dazu bedarf es     diesem Vorwort bittet Papst Franziskus
in der Vergangenheit das Vertrauen von        auf allen Ebenen Menschen, die aus einer     persönlich die Opfer von Missbrauch
Kindern und Schutzbefohlenen ver-             sichtbaren Grundhaltung heraus mithel-       durch katholische Priester um Vergebung
letzt haben. Es galt und gilt für uns als     fen, dass die Prävention von sexualisier-    und kündigt an, hart gegen Missbrauch
Kirche Verantwortung zu tragen und wir        ter Gewalt zum integralen Bestandteil        und dessen Vertuschung vorzugehen.
können und dürfen der Frage nicht aus-        kirchlicher Arbeit werden kann.
weichen, wie wir verlässlich sicherstellen                                                 Dieser Verantwortung fühlen wir uns
können, dass anvertraute Menschen             Ihnen möchte ich an dieser Stelle von        auch im Erzbistum Paderborn jeden Tag
unsere Dienste und Einrichtungen als          ganzem Herzen danken und gleichzeitig        verpflichtet. Deshalb bin ich dankbar,
geschützten Raum erleben können.              dazu ermutigen, dass wir den Weg der         dass sich hier so viele Mitchristen enga-
                                              Entwicklung zu einer Kultur der Acht-        gieren und die Kirche zu einem vertrau-
Über 100 Männer und Frauen haben bei          samkeit auch in Zukunft kontinuier-          ensvollen und sicheren Ort des Miteinan-
der Fachtagung in Dortmund der Prä-           lich gemeinsam weiter gehen. Unsere          der und Füreinander werden lassen.
ventionsarbeit ein Gesicht gegeben. Sie       Koordinationsstelle im Erzbischöflichen
sind auf vielen Ebenen der katholischen       Generalvikariat wird all ihr Engagement      Herzlichen Dank.
Kirche im Erzbistum Paderborn aktiv und       und ihre Kompetenz nutzen, um sie auf
repräsentieren die engagierten Christin-      diesem Weg zu unterstützen.
nen und Christen, die in den Gemeinden
                                                                                           Alfons Hardt
und kirchlichen Organisationen, Vereinen      Eines der Opfer von sexuellem Miss-          Generalvikar des Erzbistums Paderborn
und Verbänden in der Präventionsarbeit        brauch durch einen Ordensmann hat
arbeiten. Hauptamtliche und Ehrenamt-         ein wichtiges und erschütterndes Buch
liche und auch Seelsorger stehen mit          geschrieben. Daniel Pittet beschreibt in
ihrem Tun und Denken für eine Kirche,         „Pater, ich vergebe Euch“, wie er als Kind
die achtsam ist, Hilfe und Schutz ge-         missbraucht wurde. Papst Franziskus hat
währt und Verantwortung übernimmt.            zu diesem wichtigen Werk das Vorwort
                                              verfasst und betont, wie wichtig es sei,
In dieser Dokumentation können Sie sich       dass durch das Zeugnis von Pittet allen

                                                                                                                                    3|
Hinsehen und schützen - Dokumentation des Fachtages "Prävention ist mehr als Improvisation" - Erzbistum-Paderborn
Paderborn, denn auch hier wurde „ein
Interview                                                                           intensiver Lern- und Entwicklungs-
mit Karl-Heinz Stahl, Präventionsbeauftragter                                       prozess durchlaufen, der noch nicht
                                                                                    abgeschlossen ist.“

                                                                                    Präventionsschulungen sind in diesem
                                                                                    Zusammenhang wichtige Bausteine,
                                                                                    damit das Thema „sexualisierte Gewalt“
                                                                                    nicht tabuisiert und umgangen, son-
                                                                                    dern offen und mit Wissen angegangen
                                                                                    und in die Entwicklung einer neuen
                                                                                    Kultur des achtsamen Miteinanders
                                                                                    eingebettet wird. In einer solchen Aus-
                                                                                    richtung dienen die Schulungen unter
                                                                                    anderem dazu, den Menschen neben
                                                                                    der notwendigen Sensibilisierung einen
                                                                                    gemeinsamen Mindest-Wissensstand zu
                                                                                    vermitteln.

                                                                                    Stichwort „Präventionsschulungen“,
                                                                                    wenn Sie eine Einschätzung zur Prä-
                                                                                    ventionsarbeit im Erzbistum Paderborn

  „Wir müssen eine Kultur der aktiven                                               geben sollen, wie würden Sie die aktuelle
                                                                                    Situation zusammenfassen?
  Aufmerksamkeit entwickeln“
                                                                                    Karl-Heinz Stahl: Im Erzbistum Pa-
„Die Kirche will ein sicherer Lern- und Lebensraum sein“, so schreibt Karl-         derborn haben mittlerweile mehrere
Heinz Stahl in seiner Einladung zum Fachtag. Als Diözesanbeauftragter zur Prä-      zehntausend Menschen an einer Prä-
vention von sexuellem Missbrauch im Erzbistum Paderborn steht er jeden Tag          ventionsschulung teilgenommen. Die
vor der Herausforderung zu verdeutlichen, dass neben Sensibilität, Achtsam-         Erkenntnis von Werner Tschan, „Wenn
keit und Wissen eine entschiedene Haltung von Verantwortlichen und Mitarbei-        man sich etwas nicht vorstellen kann,
tenden notwendig ist, damit Präventionsmaßnahmen eine konkrete, tragfähige          kann man es auch nicht erkennen“, ist
und im Alltag umzusetzende Gestalt bekommen.                                        vielfach ein erster Schlüssel, um in Prä-
                                                                                    ventionsschulungen für die Thematik zu
„Die Kirche ist kein Ort fernab der Realität, sondern auch hier sind Menschen       sensibilisieren.
mit all ihren Schwächen zugegen. Wir müssen eine Kultur der aktiven Auf-
                                                                                        Im Erzbistum Paderborn haben
merksamkeit entwickeln, die deutlich macht, dass alle Mitarbeiterinnen und
                                                                                        mittlerweile mehrere zehntau-
Mitarbeiter den Schutz von anvertrauten Menschen als selbstverständlichen
                                                                                        send Menschen an einer Präven-
Auftrag in ihrem Tun verstehen.“ Im Interview steht er uns Rede und Antwort.
                                                                                        tionsschulung teilgenommen.
Herr Stahl, wie sind Sie als Diözesanbe-    zuholen und besprechbar zu machen.      Die positiven Entwicklungen der Prä-
auftragter zur Prävention von sexuellem     Dabei zeigten sich, pointiert gesagt,   ventionsarbeit in den vergangenen
Missbrauch im Erzbistum an dieses           zwei Akzentuierungen sehr deutlich:     Jahren zeigen sich in vielen Handlungs-
Thema herangetreten?                        Zum einen ist es ein sehr dynamischer   feldern: Neben der Verstetigung der
                                            Prozess, zum anderen skizziert eine     Schulungsarbeit trugen vor allem die
Karl-Heinz Stahl: Nun, zunächst einmal      Aussage von Bischof Ackermann ge-       Qualifizierung der Präventionsfachkräfte
gilt und galt es, das Thema „sexualisier-   wissermaßen auch die Entwicklungen      und die Entwicklung von institutionellen
te Gewalt“ aus der Tabu-Zone heraus-        der Präventionsarbeit im Erzbistum      Schutzkonzepten zu diesen Entwicklun-

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gen maßgeblich bei. Es wurde deutlich,        den Teilnehmenden mit diesem Fachtag        plikatoren, Präventionsfachkräfte und
dass in der intensiven Auseinander-           eine Plattform zum Wissenserwerb, zum       Trägervertreter immer wieder inhaltlich
setzung mit der eigenen Haltung zur           fachlichen Austausch und zur Vernet-        auf den Stand zu bringen und eine Wis-
Thematik ein Schlüssel liegt, um die          zung bieten.                                senserweiterung zu ermöglichen.
„Kultur der Achtsamkeit“ zu fördern,
                                                                                              So haben das Internet und die
Verantwortung zu übernehmen und die-          „Haltung, Wissen und Konzepte“ – was
                                                                                              sozialen Medien das Aufwach-
se Haltung im Arbeitsalltag in Handlung       bedeutet das genau?
                                                                                              sen junger Menschen in hohem
umzusetzen.
                                                                                              Maße verändert.
                                              Karl-Heinz Stahl: Die Präventionsarbeit
Nicht selten erleben wir darüber hinaus,      braucht als Erstes eine sichtbare Haltung   Und als Drittes braucht die Präventions-
dass sich Einstellungen von Teilnehmen-       und fordert deshalb, dass Verantwort-       arbeit Konzepte, die sowohl individuelle
den zur Thematik verändern. Vielen wird       liche und alle Mitarbeitenden auf allen     als auch strukturelle – und damit insti-
deutlich, wie sehr das Thema einer ge-        Ebenen sich mit der Thematik ausein-        tutionelle – Bemühungen zum Schutz
lebten Kultur der Achtsamkeit mit ihnen       andersetzen und ihre eigene Haltung         der anvertrauten Menschen in den Mit-
persönlich – und mit ihrer Haltung -          überprüfen. Hier gilt es eine Kultur zu     telpunkt stellen. Dieser Ansatz zielt auf
zu tun hat.                                   entwickeln, in der die Angst genau hin-     die institutionellen Schutzkonzepte und
                                              zuschauen, die Angst genau hinzuhören       damit darauf ab, welche Bausteine zum
Der Fachtag sollte gerade Multiplikato-       und die Angst Dinge anzusprechen            Aufbau schützender Faktoren innerhalb
ren, Präventionsfachkräfte und Träger-        keinen Platz haben. So wird gelebte         von Gemeinden, Diensten und Einrich-
vertreter weiterbilden und motivieren in      Achtsamkeit als grundlegende Haltung        tungen passgenau entwickelt werden
der nicht alltäglichen und teils aufreiben-   zu einem Schlüssel für die Präventions-     können.
den Arbeit. Was war der Grundgedanke          arbeit.
bei der Konzeption des Tages?                                                             Sie nannten das Stichwort „Institutio-
                                              Präventionsarbeit braucht als Zweites       nelle Schutzkonzepte“: Wie groß ist die
Karl-Heinz Stahl: Neben den Schu-             Sensibilität und Wissen – und dieses        Gefahr, dass nach der Erstellung die ent-
lungsmaßnahmen geht es in einem wei-          Wissen muss gewissermaßen immer             sprechenden Konzepte in der Schublade
teren Schritt darum, wie die Prävention       wieder upgedatet werden. So haben das       verschwinden? Ist bei allen Beteiligten
von sexualisierter Gewalt in laufende         Internet und die sozialen Medien das        angekommen, dass man so ein Thema
Prozesse und die jeweiligen Strukturen        Aufwachsen junger Menschen in hohem         nicht „abhaken“ kann, sondern dass
der zum Teil differenzierten und komple-      Maße verändert. Vor diesem Hinter-          Kirche und ihre Institutionen hier ihrer
xen Arbeitsbereiche eingefügt werden          grund müssen wir in den Blick nehmen,       Verantwortung dauerhaft gerecht wer-
kann.                                         dass bei allen positiven Möglichkei-        den müssen?
                                              ten, die die sozialen Medien bieten,
Der Grundgedanke bei der Konzeption           eben auch die Gefahr des sexuellen          Karl-Heinz Stahl: Ein Schutzkonzept
des Tages war deshalb: Es braucht Hal-        Missbrauchs im Internet sehr real ist.      ist nicht dafür gedacht, verschriftlicht
tung, Wissen und Konzepte. Wir wollten        Deshalb ist es uns wichtig, die Multi-      zu werden und anschließend sein Da-

                                                                                                                                     5|
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sein in einem verstaubten Büroordner       Die Entwicklung eines institutionellen     groß und eine große Herausforderung.
zu fristen. Es muss gelebt und in einem    Schutzkonzeptes hat zudem das Ziel,        Wie ist Ihre Herangehensweise an diese
kontinuierlichen Prozess immer wieder      eine Kultur der Achtsamkeit und des        spezielle Herausforderung?
auch auf seine Aktualität und eventuel-    Respekts, der Wertschätzung und
len Änderungs- und Ergänzungsbedarf        der Grenzachtung einzuführen, nach-        Karl-Heinz Stahl: Die Fachtagung war
überprüft werden – und dazu bedarf es      haltig zu fördern und administrativ zu     bereits die zweite Veranstaltung inner-
eines „hierarchischen Willens zur Um-      implementieren. Dieses lenkt den Blick     halb kurzer Zeit, in der wir diese Thematik
setzung“, wie Michael Böwer es nennt,      darauf, dass Organisationen, Diens-        zielgerichtet aufgegriffen haben. In der
in den Arbeitsalltag.                      te und Einrichtungen einiges für den       katholischen Jugendarbeit im Erzbistum
                                           Schutz von Kindern und Jugendlichen        Paderborn wird ebenfalls schon seit län-
     Ein Schutzkonzept ist nicht
                                           tun können.                                gerer Zeit zu dieser Thematik gearbeitet.
     dafür gedacht, verschriftlicht zu
                                                                                      So werden für die zuständigen Mitarbei-
     werden und anschließend sein
                                           Hier bin ich sehr froh, dass wir enga-     tenden und Referenten entsprechende
     Dasein in einem verstaubten
                                           gierte und tatkräftige Präventionsfach-    Fortbildungsangebote und ein entspre-
     Büroordner zu fristen.
                                           kräfte in vielen Gemeinden, Jugendver-     chender Fachaustausch ermöglicht.
Die Entwicklung und Erstellung eines       bänden, Diensten und Einrichtungen
institutionellen Schutzkonzeptes ist ein   haben, die auf Dauer die Diskussion        Spannend war insbesondere der Fach-
umfassender inhaltlicher Prozess, der      über Verbindlichkeit und Achtsam-          austausch mit den Fachkräften der
bei allen Herausforderungen auch die       keit in ihrem jeweiligen Handlungsfeld     katholischen Jugendarbeit und den Prä-
Potenziale zeigt, wenn es gelingt, mög-    aufrechterhalten und Mitsorge dafür        ventionsfachkräften an den Schulen in
lichst viele Akteure mit einzubeziehen.    tragen, dass das Thema eben nicht „ab-     Trägerschaft des Erzbistums, da in bei-
Ein solcher Prozess braucht Partizipa-     gehakt“ wird.                              den Bereichen sehr deutlich wird, dass
tion. Deshalb sollte darauf hingewirkt                                                Begriffe wie Trolling, Cyberbullying,
werden, dass ein Entwicklungsprozess       Um nochmal ein von Ihnen eben bereits      Cybergrooming, Sexting oder Sextor-
auf allen Ebenen stattfindet und alle      angesprochenes Thema in den Blick zu       tion, das heißt sexuelle Erpressung, für
Beteiligten – vor allem die Kinder und     nehmen: Missbrauch im Internet be-         Kinder und Jugendliche im Internet und
Jugendlichen selbst – partizipativ ein-    ziehungsweise in sozialen Netzwerken       in den sozialen Medien, die sie nutzen,
bezogen werden.                            ist ein wichtiges Thema, die Dynamik ist   manchmal sehr real sind.

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Hinsehen und schützen - Dokumentation des Fachtages "Prävention ist mehr als Improvisation" - Erzbistum-Paderborn
Mit den Schulungsreferentinnen und
-referenten haben wir im Dezember
vergangenen Jahres gemeinsam be-
raten, wie wir das Thema „Übergriffe
in sozialen Medien“ in den Präven-
tionsschulungen zukünftig verankern
können. Vor diesem Hintergrund planen
wir z. B. auch gemeinsam mit der
Hauptabteilung Schule und Erziehung
z. Zt. entsprechende thematische Ver-
anstaltungen für die Kollegien in allen
Schulen in Trägerschaft des Erzbistums
im Jahr 2019.

Wenn Sie auf den Fachtag blicken,
welches Feedback haben Sie bekommen
– speziell aus den Arbeitsgruppen am
Nachmittag?                                  dass es eine regelmäßige Überprüfung         zu sehen, dass viele Menschen in den
                                             und gegebenenfalls Weiterentwicklung         Gemeinden, in der Jugendarbeit, in den
Karl-Heinz Stahl: Wir haben sehr             des Schutzkonzeptes gibt. Ein solch          Schulen, in den Diensten und Einrich-
positive Rückmeldungen erhalten, und         intensiver Lern- und Entwicklungspro-        tungen im Erzbistum Paderborn aus
es zeigt sich, dass der Fachaustausch        zess braucht Zeit und setzt eine Haltung     ihrer Grundhaltung heraus mithelfen,
in den Nachmittagseinheiten wichtige         voraus, die man weder befehlen noch          dass Prävention von sexualisierter Ge-
Akzentuierungen aufzeigte und darüber        zu der man jemanden verpflichten kann.       walt grundsätzlich und selbstverständ-
hinaus ein weitergehender Anstoß war,        Wir müssen auch sehen, dass es oftmals       lich in die tägliche (Erziehungs)- Arbeit
sich mit den Themen weiter auseinan-         die vermeintlich kleinen, alltäglichen       mit Kindern, Jugendlichen sowie schutz-
derzusetzen und erste Ideen zur Über-        Schritte sind, die eine Kultur der aktiven   oder hilfebedürftigen Erwachsenen
tragung auf die jeweilige Praxis vor Ort     Aufmerksamkeit befördern.                    integriert wird. Dafür bin ich dankbar.
zu bekommen.
                                                 Ein solch intensiver Lern- und
                                                 Entwicklungsprozess braucht
Dann lassen Sie uns zum Schluss noch
                                                 Zeit und setzt eine Haltung
an Ihrem Ausblick in die Zukunft teil-
                                                 voraus, die man weder befehlen
haben. Präventionsarbeit ist ein stetiger        noch zu der man jemanden
und langwieriger Prozess, weil eines der         verpflichten kann.
Hauptziele sein muss, Verhalten zu ver-
ändern und zu verfestigen. Was sind Ihre     Deshalb möchten wir weiterhin darauf
wesentlichen mittelfristigen Ziele für die   hinwirken, dass möglichst viele Men-
Präventionsarbeit im Erzbistum?              schen in der Präventionsarbeit mitden-
                                             ken und sich engagieren. Es geht um
    Karl-Heinz Stahl: Im Wesentlichen        einen vertrauensvollen, offenen Umgang
       geht es hier darum sicherzustel-      miteinander, in Respekt, Achtsamkeit
          len, dass das institutionelle      und Wertschätzung, damit es gelingt,
             Schutzkonzept nachhaltig        Prävention als dauerhaften und wirksa-
                wirksam ist. Es handelt      men Bestandteil in der Praxis zu veran-
                   sich um institutio-       kern, um davon ausgehend Schutz- und
                      nelle Schutzpro-       Kompetenzräume zu entwickeln.
                        zesse und das
                           bedeutet,         Und hier ist es für mich sehr erfreulich

                                                                                                                                7|
Hinsehen und schützen - Dokumentation des Fachtages "Prävention ist mehr als Improvisation" - Erzbistum-Paderborn
Es braucht
eine sichtbare Haltung

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                                                                                      erschweren. Mädchen und Jungen sind
                                                                                      Adressaten, weil ihre Stärke aufgebaut
Impulsvortrag von Brigitte Braun,          und Überlegenheit geht und die mittels     und ihre Unabhängigkeit gefördert wer-
Referentin für Prävention von se-          sexualisierter Handlungen durchgesetzt     den sollen. Ihre Mobilität und Freiheit
xuellem Kindesmissbrauch bei der           wird. Wichtig ist in diesem Zusammen-      soll vergrößert werden.
Bundeszentrale für gesundheitliche         hang die Tatsache, dass sexualisierte
                                                                                          „Institutionen sind gefordert,
Aufklärung in Köln                         Gewalt keine Variante der Sexualität
                                                                                          weil ihre Strukturen und Kultur
                                           ist, sondern eine sexualisierte Form der
                                                                                          sexualisierte Gewalt erleich-
„Haltung bestimmt Handlung!“ – lau-        Gewalt.
                                                                                          tern können und erschweren.“
tete die zentrale Aussage des Vortrags
von Brigitte Braun. Die Mitarbeiterin      Prävention, so Braun, meint jede Maß-      Für Brigitte Braun sind in „Haltung“
der Bundeszentrale für gesundheitliche     nahme, die dazu dient, sexualisierte       weitere Begriffe eingeschlossen: „Halt
Aufklärung sieht gerade bei der Prä-       Gewalt gegen Mädchen und Jungen zu         wie Stopp und Grenze, Halten wie
vention die Erwachsenen in der Pflicht,    verhindern und bereits im Vorfeld zu       Unterstützen und Stärken, Haltung wie
sich mit der eigenen Haltung zu Gewalt     behindern. Die entsprechenden Maß-         Standpunkt und Mut sowie Aushalten
und ihrem Verständnis von Sexualität       nahmen richten sich an alle Beteiligten:   schwieriger Gefühle und Situationen.“
auseinanderzusetzen: „Dazu gehören         Erwachsene bekommen in diesem
die Übernahme von Verantwortung und        Zusammenhang einen „Modellcharak-          Wenn es darum geht, eine entsprechen-
der Mut, Positionen zu beziehen und        ter“, weil sie im Umgang miteinander       de Haltung gegen sexualisierte Gewalt
diese in Handlung umzusetzen.“ Dabei       Respekt und Grenzsetzung vorleben          zu entwickeln, kommt eine ganze Reihe
ist sexualisierte Gewalt in erster Linie   sollen. Institutionen sind gefordert,      von Aspekten und Komponenten ins
eine Gewalttat, in der es um Macht         weil ihre Strukturen und Kultur sexua-     Spiel: Das Wissen über diese Form der

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Hinsehen und schützen - Dokumentation des Fachtages "Prävention ist mehr als Improvisation" - Erzbistum-Paderborn
Gewalt und die Auseinandersetzung           lich machen – Schritt für Schritt, Wort
damit muss einhergehen mit der Be-          für Wort, Geste für Geste.“
wusstheit für den eigenen Körper sowie
Klarheit, Verlässlichkeit und Mut zu        Unerlässlich dabei: Der Blick auf das
sichtbaren Positionen. Ebenso gehört        eigene Verhalten. Wer von Kindern er-
die Fähigkeit dazu, Kritik auszuhalten      wartet, Grenzen zu setzen und „Stopp“
und mit Angst umzugehen und diese zu        zu sagen, dürfe deshalb nicht ver-
bewältigen; ebenso die Solidarität mit      gessen, wie schwierig das sein kann,
Betroffenen und die Unterstützung Be-       selbst für Erwachsene und auch in ganz
troffener sowie die Auseinandersetzung      alltäglichen Situationen: „Wenn Ihre
mit Geschlechterrollen.                     Nachbarin schellt, und Sie haben abso-
                                            lut keine Zeit. – Wie verhalten Sie sich,            1 Haltung aufgrund eigener Aus-
Zentral ist in diesem Kontext das           wie setzen Sie in diesem Moment eine                   einandersetzung ist eine gute
Spüren, Setzen und Respektieren von         Grenze?“ Deshalb sei Zurückhaltung                     Basis, mit der unauf­geregt und
Grenzen. Denn Grenzverletzungen             wichtig, wenn von Kindern und Jugendli-                verlässlich mit sexualisierter
passieren alltäglich in den unterschied-    chen Grenzsetzung eingefordert werde:                  Gewalt umgegangen werden kann.
lichsten Zusammenhängen und Situatio-       „Machen Sie es den Kindern leichter,
nen. Brigitte Braun: „Man wird unter-       indem Sie selbst im Umgang Grenzen                   2 Erwachsene sind Modell für einen
brochen, ungefragt berührt, man wird        achten, versuchen Sie, in solchen                      grenzachtenden Umgang. Was sie
nicht beteiligt oder nicht einmal gehört.   Momenten Vorbild zu sein.“ Denn, das                      nicht nur vermitteln, sondern gleich
– Situationen, die Kinder und Jugend-       müsse man sich immer vor Augen hal-                       zeitig vorleben, wird glaubwürdig
liche ganz besonders häufig erleben.“       ten: „Das Zwischenmenschliche steuert                     und ermutigt.
Angesichts dessen sei es besonders          uns mehr als manche richtige und gute
wichtig, gerade im alltäglichen Umgang      Erkenntnis.“                                         3 Mut, Zutrauen und Vernetzung
beispielsweise in einer Einrichtung ein                                                            sind hilfreiche Ressourcen in
Klima der Achtsamkeit und des respekt-      Vier zentrale Punkte gab die Referentin                der Arbeit mit sexualisierter Gewalt
vollen Miteinanders zu fördern. Denn,       der Bundeszentrale für gesundheitliche                 und dem Ziel, diese zu reduzieren.
so Brigitte Braun, grenzachtende Prä-       Aufklärung ihrem Publikum mit auf den
vention beginne bereits an einem Punkt,     Weg:                                                 4 Alles kann gelehrt und gelernt werden!
an dem von sexualisierter Gewalt noch
keine Rede sei. Ihr Rat: „Kinder wollen
gefragt werden, sie wollen entscheiden
können. Zeigen Sie, dass Sie das mög-

                                                  Brigitte Braun                                   le m   K indesmissbrauc
                                                                                                                                h bei der
                                                                                       se  xu   el
                                                                    Prävention von                                g in Köln
                                                   Referentin für             sund he itl iche Aufklärun                      o-Trainerin
                                                   Bundeszentrale
                                                                       für ge
                                                                                       is  or  in  M  . A . (DGSv), WenD
                                                                       gogin, Superv
                                                   Dipl.- Sozialpäda                                                             rtbildne -
                                                                                               Ja hr en   al s qualifizier te Fo
                                                                    ist seit den 1980
                                                                                         er                                     und Wei -
                                                    Brigitte Braun                      t  tä  tig . Si e ve  ranstaltet Aus-
                                                                      sexuelle Gewal                                             tionen.
                                                    rin zum Thema                            ch  ho  ch  sc hu  len und Institu
                                                                       Hochschulen,
                                                                                       Fa                                        rbänden
                                                    terbildungen in                          r  hi na  us  zu  sammen mit Ve
                                                                      entwickelt darü
                                                                                        be                                     r Gewalt
                                                     Brigitte Braun                                 äv  en tio n von sexuelle
                                                                        nen Konzepte
                                                                                         zu   r  Pr                           en und Frau -
                                                     und Organisatio                        tr of fe ne  n  Mädchen, Jung
                                                                        ch direkt mit  be                                      cher zum
                                                     und arbeitet au                    di  ve   rs er  Fa char tikel und Bü
                                                                         n ist Autorin
                                                      en. Brigitte Brau                         isierter Gewalt.
                                                            a de r Pr äv ention vor sexual
                                                      Them

                                                                                                                                              9|
Hinsehen und schützen - Dokumentation des Fachtages "Prävention ist mehr als Improvisation" - Erzbistum-Paderborn
Es braucht
Wissen um die Relevanz der sozialen
Medien im Kontext sexueller Gewalt

                                                                                    Kinder und Jugendliche im digitalen
                                                                                    Dauerstress: Ständiger Zugriff auf
                                                                                    Daten, Bilder, Filme, Spiele, immer er-
Impuls-Vortrag von Julia von Weiler,      überzeugt: Zum einen um im Bereich        reichbar, zugleich Subjekt und Objekt
Geschäftsführerin von „Innocence in       Prävention und Intervention erfolgreich   sein. Permanentes Ausgeliefertsein an
Danger“                                   zu sein, zum anderen um im Umgang         Beleidigungen, Gewaltdarstellungen,
                                          mit Opfern das Richtige zu tun.           Pornografie – ob absichtlich oder zu-
Digitale Medien verändern unsere                                                    fällig; etwa in Werbespots, die auf die
Lebenswelt grundlegend – vom Kon-         Mit Blick auf die Nutzung digitaler       alte Regel „Sex sells“ setzen, und das
sumverhalten bis zur Sexualität. Eine     Medien und die Auswirkungen sollte        vor dem Hintergrund eines „kindlichen“
Tatsache, die man nach Ansicht von        man sich deshalb Folgendes vor Augen      Entwicklungsstands.
Julia von Weiler bei der Frage nach der   halten: Die tägliche Onlinenutzung
                                                                                        Die tägliche Onlinenutzung liegt
Relevanz digitaler Medien im Miss-        liegt heute im Schnitt bei 221 Minuten
                                                                                        heute im Schnitt bei 221 Minuten
brauchs-Kontext nicht vergessen darf.     und hat sich damit innerhalb von zehn
                                                                                        und hat sich damit innerhalb von
Denn die Konsequenz daraus lautet:        Jahren mehr als verdoppelt. Zu 80
                                                                                        zehn Jahren mehr als verdoppelt.
„Alles findet heute online statt – auch   Prozent wird dabei das Smartphone
Missbrauch.“                              verwendet, jederzeit und überall          Gerade die Online-Kommunikation ohne
                                          nutzbar. Rund ein Viertel der 18- und     persönlichen Kontakt hat Auswirkungen
Wer sich gegen sexuellen Missbrauch       19-Jährigen gibt an, dass schon einmal    auf das Gehirn, wie der amerikanische
engagiert – als Institution genauso wie   falsche oder beleidigende Dinge über      Neurowissenschaftler Dr. Dan Siegel
als Person, muss diese Zusammenhän-       ihn oder sie online oder per Handy        festgestellt hat: Wer nicht mehr „Face
ge kennen, davon ist Julia von Weiler     verbreitet wurden.                        to Face“ miteinander kommuniziert,

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muss auf eine ganze Reihe von Signalen      lichen Gegensatz, wie die Referentin        klein: Dazu gehört das Verbreiten von
seines Gesprächspartners verzichten:        betonte: einerseits weil Erwachsene         sexuellen und/oder gewaltvollen Inhal-
Von der Haltung über den Gesichts-          Regeln aufstellen, an die sie sich selbst   ten an Kinder und Jugendliche durch
ausdruck bis zu Tonfall und -lage. Das      nicht halten, andererseits weil Kinder      Erwachsene oder auch Jugendliche
schränkt nicht nur die Kommunikations-      und Jugendliche aufgrund ihres Entwick-     – bis hin zu Cybersex bzw. sexuellem
möglichkeiten ein. Auf Dauer wirkt sich     lungsstandes zu einem solchen Ver-          Missbrauch, wobei das Smartphone das
das laut Siegel auch auf das gesamte        halten bzw. zur Reflexion des eigenen       „ultimative Tatwerkzeug“ darstellt.
Sozialverhalten aus: Wer nur auf diesem     Tuns (noch) nicht in der Lage sind: „Wir
„surface level“ kommuniziert, lernt auch    überfordern sie mit Vorgaben in Sachen      Dabei kann schon die Verbreitung von
seine gesamte Umwelt nur oberflächlich      Mediennutzung und -kompetenz, an die        Sexting-Bildern etwa von Jugendlichen
kennen und handelt unter Umständen          wir uns selbst gar nicht halten.“           eine hohe Belastung darstellen: Denn
entsprechend.                                                                           die Raum-Zeit-Dimension wird im Netz,
                                            Entscheidend im Missbrauchs-Kontext:        das „nie vergisst“, gesprengt: Was ein-
Alles geschieht online, alles ist perma-    Täter kennen alle diese Zusammenhän-        mal im Internet ist, ist immer im Inter-
nent für alle nachvollziehbar. Die Folge    ge und machen sie sich gezielt zunutze.     net. Angst – „Wer wird das über mich
dieser ständigen öffentlichen Selbst-       Der Wunsch nach Anerkennung und             sehen?“ – wird zum Dauerbegleiter.
darstellung ist der Zwang zur digitalen     Angst vor Ausgrenzung machen Kinder         Erpressung mit entsprechenden Bildern
Selbstoptimierung. Dieser „gesellschaft-    und Jugendliche beeinflussbar. Sexuelle     oder Videos gehört zum Täter-Vorge-
lich verordnete Exhibitionismus“ betrifft   Neugier und Unerfahrenheit werden           hen. Wobei sie perfide und strategisch
nicht nur Kinder und Jugendliche,           planvoll ausgenutzt.                        eine Beziehung aufbauen und Kinder
be­einflusst sie aber in besonderer Weise                                               und Jugendliche manipulieren, um sie zu
– schließlich ist jeder dritte Internet-    Damit einher geht ein gesamtgesell-         missbrauchen („Grooming“).
nutzer minderjährig: Dazugehören, an-       schaftlicher Veränderungsprozess die
                                                                                            Nach einer Studie von
erkannt werden, Angst vor Ausgrenzung       Sexualität betreffend: Denn die neue
                                                                                            „Innocence in Danger“ schätzt
als „Looser“, etwa beim Verzicht auf        Technologie hat massive Auswirkun-
                                                                                            fast die Hälfte aller Schulen
„WhatsApp“. Das Leben wird zu einem         gen. „Sexting“ – das Verschicken von
                                                                                            die Gefahren von „Sexting“
digitalen Wettlauf nach „Likes“: Untersu-   sexuellen Nachrichten und Bildern zur
                                                                                            als hoch ein.
chungen zeigen, dass Frauen zwischen        gegenseitigen Erregung – hat enormen
16 und 25 Jahren über fünf Stunden          Anteil an der Kommunikation in sozialen     Sexueller Missbrauch ist eine Bezie-
in der Woche mit „Selfie-Shootings“         Medien, ein Trend, der Kinder und Ju-       hungstat – auch und gerade im Netz.
verbringen; auf der Suche nach einem        gendliche natürlich nicht auslässt. Nach    Denn Kinder und Jugendliche leben
durch Bildbearbeitungsprogramme             einer Studie von „Innocence in Danger“      Beziehungen online. Das macht sie ver-
kreierten Schönheitsideal.                  schätzt fast die Hälfte aller Schulen die   letzlich, weil Täter immer ungestörten
                                            Gefahren von „Sexting“ als hoch ein.        und direkten Zugriff haben.
Das alles, so Julia von Weiler, muss der-   Denn der Schritt hin zu sexualisierter
jenige wissen, der sich in der Prävention   Gewalt mittels digitaler
engagiert: „Wer Kinder und Jugendliche      Medien ist nur
schützen will, muss sie verstehen, und
wissen, wie Täter ticken.“ In Sachen
Verständnis kann ein selbstkritischer
Blick auf das eigene Verhalten hilf-
reich sein: Denn das persön-
liche Medienverhalten und
die Erwartungen an
Kinder und Jugend-
liche stehen
häufig in
einem deut-

                                                                                                                            11 |
Dabei lässt sich das Ausmaß ziemlich       der Opfer teilt sich jemand anderem
                                                                                                          Dabei muss eines immer klar
genau berechnen: Legt man die Zahlen       mit, gerade einmal ein Prozent der
                                                                                                          sein: Prävention, die nur Angst
der von der Universität Regensburg         Betroffenen wird Ermittlungsbehör-                             macht, verfehlt ihr Ziel!
2015 durchgeführten „Mikado“-Studie        den oder Jugendämtern bekannt. Die
zugrunde, haben 26 Prozent der er-         Opfer schweigen aus unterschiedlichen                    „Wir brauchen deshalb“, so Julia von
wachsenen Internet-Nutzer sexuelle On-     Gründen: 52 Prozent aus Scham, 26                        Weiler, „Neugier und Offenheit für die
line-Kontakte. Das sind bei 56 Millionen   Prozent, weil sie vom Täter bedroht wur-                 Lebenswelten der Kinder und Jugend-
erwachsenen Nutzern im Jahr 2015 rund      den. Allerdings fühlten sich 80 Prozent                  lichen, eine klare Haltung und Wissen
14,5 Millionen. Experten gehen davon       derjenigen, die sich mitgeteilt hatten,                  über Gewalt und Missbrauch genauso
aus, dass fünf Prozent von ihnen im Netz   anschließend ausreichend geschützt                       wie über das Online-Leben etwa in
sexuelle Missbrauchs-Kontakte zu Kin-      und unterstützt. Julia von Weiler: „Sozia-               sozialen Netzwerken.“ Dazu gehört die
dern bis 14 Jahren unterhalten; das ent-   le Unterstützung durch die Familie und                   Auseinandersetzung mit dem eigenen
spricht einer Zahl von knapp 730.000       das weitere soziale Umfeld sind bedeu-                   Verhalten und dem der Kinder und
Erwachsenen. Bei zwei bis fünf Kon-        tende Schutzfaktoren.“                                   Jugendlichen. Hilfreich kann es ebenso
takten pro Erwachsenem liegt die Zahl                                                               sein, den kreativen Umgang mit sozialen
der betroffenen Kinder zwischen knapp      Betroffene brauchen einfühlsame und                      Medien zu fördern, zum Beispiel mit
1,5 und gut 3,6 Millionen Kindern. Das     informierte Ansprechpartner, die sie                     Blick auf Musik, Video oder Fotografie.
Täterprofil der Regensburger Studie geht   verstehen, die Ruhe bewahren können
von einem hohen Bildungsniveau, jun-       und die hinsehen und eingreifen. Auf-
gem Alter und männlichem Geschlecht        klärung und Nachsorge haben zentrale
aus, etwa 25 Prozent sind Frauen.          Bedeutung. Kinder und Jugendliche
                                           sollten ihrem Alter entsprechend auf-
Wobei gerade im Hinblick auf konkre-       geklärt werden. Es gibt für jedes Alter
te Zahlen das große Dunkelfeld nicht       geeignetes Informationsmaterial, etwa
außer Acht gelassen werden darf, so die    Theaterstücke oder Selbstbehauptungs-
„Mikado“-Studie: Nur etwa ein Drittel      kurse.

                                                                                             r
                                                Julia von Weile                                                 nce in Danger
                                                                                          erin von Innoce
                                                               utorin und Leit
                                                 Psychologin, A
                                                                V.
                                                 Deutschland e.                                                                 d an der
                                                                                     yc  ho  lo  gi e an   der FU Berlin un
                                                                  r studierte Ps                                              sie für
                                                  Julia von Weile                          ih re s  St  ud iums arbeitete
                                                                    rsity. Währe      nd                                     dort u. a.
                                                  New York Unive                            ew    Yo  rk  und begleitete
                                                                     ty Project“     in  N                                  Anlauf- und
                                                   „Children’s Safe                              ar  si e in zahlreichen
                                                                     nder. Seit     19  92   w                               betreuen und
                                                   missbrauchte Ki                                  n  se xueller Gewalt
                                                                     n tätig, die    O  pf  er  vo                             itung der deut-
                                                    Beratungsstelle                                 lia  vo n Weiler die Le
                                                                       2003 über      na  hm     Ju                          internationalen
                                                    beraten. Im Jahr                         in   D an  ger e. V“, einem
                                                                    von „Innoc      en  ce                                     s sich v. a.
                                                    schen Sektion                                    le m   Missbrauch, da
                                                                       ävention vo     r  se  xu  el                              einsetzt. Julia
                                                     Netzwerk zur Pr                              po  rn  og rafie im Internet
                                                                      reitung von      Ki nd  er                                 len Gremien
                                                     gegen die Verb                                na  le n und internationa                        n
                                                                        zahlreiche     n  na   tio                             ng der Fälle vo
                                                     von Weiler ist in                  r  Be  gl ei tu ng  der Aufarbeitu              SO     –  th e
                                                                       im Beirat     zu                                       i „eNAC
                                                     tätig, wie etwa                  de  r O  de  nw   al dschule und be              ei le r is t
                                                                      sbrauch in                                                    W
                                                      sexuellem Mis                                            nline“. Julia von
                                                                    O   A lli an ce fo r Child Safety O                g
                                                                                                                       ­ eb er s „I m Netz –
                                                      European NG                      el   so  w ie  de  s Elternra­t
                                                                          Fachar tik                                                  ).“
                                                      Autorin diverser                                           der Verlag, 2014
                                                                     xu el  le r G ew al t schützen (Her
                                                       Kinder vor se

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Im Gespräch
                                                                                                  mit Thomas Bensmann

      e n t io n  m u s s Teil
Prä  v             e  sein
d e r S e e ls o rg

Für Thomas Bensmann war es „keine           Umso wichtiger, meint Thomas Bens-              Wer an das Thema herangeht,
Frage“, am Fachtag in der Kommen-           mann, sei es deshalb, der Prävention            weil es eben sein muss, der kann
de teilzunehmen: „Ich befasse mich          den entsprechenden Stellenwert zu ge-           kaum den richtigen Zugang fin-
schon lange mit dem Thema, bin selbst       ben: „Wer an das Thema herangeht, weil          den und in seinen Bemühungen
Präventionsfachkraft und führe auch         es eben sein muss, der kann kaum den            ernst genommen werden.
Schulungen durch.“ Solche Veranstal-        richtigen Zugang finden und in seinen
tungen, ist sich der 48-jährige Pastor im   Bemühungen ernst genommen werden.“          Deshalb meint Bensmann, sollte es im
Pastoralverbund Paderborn Nord-Ost-         Er setzt darauf, authentisch und glaub-     Hinblick auf Prävention auch eine klare
West sicher, sind in mehrfacher Hinsicht    haft zu sein: „Die kirchlichen Jugendver-   Aufgabenverteilung geben: „Jemand aus
unverzichtbar: „Weil sie den Austausch      bände haben in diesem Zusammenhang          dem Pastoralteam muss eindeutig zu-
untereinander fördern, immer wieder         die Vorreiterrolle übernommen und auch      ständig sein.“ Das müsse, so der Pastor,
aufs Neue sensibel für die Problematik      eine Art Vorbildfunktion.“ Bensmann         nicht unbedingt ein Geistlicher sein,
machen und natürlich auch einen Moti-       selbst war einige Jahre BDKJ-Diöze-         auf der anderen Seite solle man als
vationsschub mit sich bringen.“             sanseelsorger, weiß aber auch um den        Priester aber immer ansprechbar sein:
                                            Stellenwert der Jugendarbeit in der         „Nur wenn wir das Thema Prävention
Prävention und Umgang mit sexuellem         Gemeinde oder auf Pastoralverbunds­         zu einem Teil der Seelsorge machen,
Missbrauch hält Bensmann für zentrale       ebene: „Dort gab es im Rahmen der Prä-      zeigen wir als Kirche, dass wir aus den
Themen, wenn die Glaubwürdigkeit der        ventionsarbeit eine Fragebogen-Aktion       Vorfällen der Vergangenheit gelernt und
Institution Kirche zur Diskussion steht:    mit Kindern und Jugendlichen, bei der       die richtigen Schlüsse gezogen haben.“
„Zum einen geht es darum, eine Haltung      auch die Eltern mit im Boot waren.“ Eine
zu entwickeln, die von gegenseitigem        Aktion, so der Priester, mit deutlicher
Respekt geprägt ist, zum anderen wird       Signalwirkung in die Richtung, dass alle
nur auf diese Weise deutlich gemacht,       Fragen rund um das Thema offen disku-
dass nichts mehr unter den Teppich ge-      tiert werden und nichts nach „Schema F
kehrt wird!“                                abgehandelt wird.“

                                                                                                                            13 |
häufig „kontraproduktiv“. Was müsste
Interview                                                                             passieren, damit man sich dieser Ver-
mit Julia von Weiler                                                                  antwortung bewusster ist?

                                                                                      Julia von Weiler: Wir bewegen uns da
                                                                                      in einem sehr interessanten Spannungs-
                                                                                      feld: Einerseits müssen wir als Erwach-
                                                                                      sene dafür sorgen, dass die nächste
                                                                                      Generation sich in allen möglichen
                                                                                      Bereichen gut entwickelt, dass sie sich
                                                                                      gesund ernährt, Sport treibt, dass sie
                                                                                      die Bildung bekommt, die sie braucht.
                                                                                      Die Ansprüche sind immens gestiegen,
                                                                                      andererseits tut sich die Elterngene-
                                                                                      ration sehr schwer damit, Grenzen zu
                                                                                      setzen und Eltern zu sein, die nicht
                                                                                      immer nur Freunde sind, sondern auch
                                                                                      Vorbild. Wir haben nicht unbedingt Lust,
                                                                                      uns in diesen Kategorien zu bewegen.
Als Erwachsene erwarten wir von            Sie haben es gerade schon gesagt:          In den digitalen Medien tun sich die
Kindern und Jugendlichen einiges an Me-    Kinder sind gute Anwender und uns          Erwachsenen in Sachen Vorbildfunktion
dienkompetenz, andererseits verhalten      Erwachsenen häufig überlegen. Das          besonders schwer. Denn dazu gehört,
wir uns selbst nicht so kompetent. Wie     kann auch ein Problem sein.                dass sie ihr Verhalten selbstkritisch
kommt man aus dieser Falle heraus?                                                    reflektieren. Dabei kommen wir aber
                                           Julia von Weiler: Dabei darf man nicht     unter Umständen zu Erkenntnissen, die
Julia von Weiler: Indem man sich sehr      vergessen, dass digitale Medien sehr in-   uns gar nicht gefallen. Wir weichen dem
genau bewusst macht, wie komplex           tuitiv anwendbar sind; wenn Kinder und     aus, indem wir herunterspielen oder
die Welt durch digitale Medien gewor-      Jugendliche das gut beherrschen, heißt     verdrängen, dass wir selbst häufig von
den ist und man sich dann Gedanken         das nicht, dass sie auch Zusammenhän-      der digitalen Welt eingenommen oder
darüber macht, was Jugendliche und         ge durchschauen. Mit einem Smart-          sogar abhängig sind, – letztlich ein Ver-
Kinder wirklich leisten können: Ich will   phone können sie spielend umgehen.         drängungs- oder Verleugnungsprozess.
sie weder unter- noch überfordern. Man     Das mag ein Vorteil sein, aber Anwen-
sollte aber nicht so tun, als könnten      dungskompetenz darf auf keinen Fall        Ab und zu rüttelt uns aber mal etwas auf!
Kinder und Jugendliche alles in der        verwechselt werden mit Medien- oder
digitalen Welt regeln, nur weil sie gute   gar Lebenskompetenz. Dazu gehört die       Julia von Weiler: Ja, zum Beispiel jetzt
Anwender sind. Als Eltern muss man         kritische Reflexion des eigenen Medien-    der aktuelle Facebook-Skandal. Als
sich immer wieder die Frage stellen:       verhaltens. Deshalb muss man sich die      Kinderschützer kritisieren wir schon
„Was kann mein Kind aufgrund seines        Frage stellen, ob das eigene Kind das      seit Jahren Art und Umfang, wie Daten
Entwicklungsstandes können und was         wirklich kann, wenn es sieben, zehn,       von der Industrie gehortet werden,
kann es schlicht noch nicht können?“ In    zwölf oder 16 Jahre alt ist.               ohne dass uns gesagt wird, was damit
der analogen Welt machen wir das ganz                                                 geschieht. Auf der anderen Seite wird
                                               Anwendungskompetenz darf
selbstverständlich, etwa im Straßenver-                                               uns vonseiten der Internet-Konzerne
                                               auf keinen Fall verwechselt
kehr oder wenn es um Nahrungsmittel                                                   gerade mit Blick auf Missbrauch und
                                               werden mit Medien- oder gar
oder Fernsehsendungen geht. In der                                                    Kinderschutz die Verantwortung für
                                               Lebenskompetenz.
digitalen Welt dagegen zucken wir so                                                  die eigenen Daten zugeschoben. Dabei
ein bisschen mit den Schultern, statt      Erwachsene, Eltern, Lehrer, Erzieher –     wäre es technisch kein Problem, mehr
unserer elterlichen Verantwortung ge-      alle haben Vorbildcharakter. Wir verhal-   Sicherheit gerade für Kinder zu schaf-
recht zu werden.                           ten uns aber gerade im Medienbereich       fen. Entsprechende Forderungen sind

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immer ins Leere gelaufen. Plötzlich         Was heißt das alles für den Bereich der
kommt die Politik mit ins Spiel, es geht    Prävention?
an den Kern unserer Demokratie, und
alle stehen da und sagen: „Jetzt muss       Julia von Weiler: Natürlich müssen wir
dringend etwas passieren.“                  die Kinder stärken. Aber wir dürfen die
                                            Augen nicht vor der Tatsache verschlie-
    Dabei wäre es technisch
                                            ßen, dass Kinder und Jugendliche
    kein Problem, mehr Sicherheit
                                            den strategisch vorgehenden Tätern
    gerade für Kinder zu schaffen.
                                            einfach völlig unterlegen sind. Denn
Zu spät?                                    das kann Prävention nicht leisten:
                                            Kinder und Jugendliche werden
Julia von Weiler: Kinder- und Jugend-       diesen erwachsenen Tätern nicht
schutz war eigentlich in diesem Zu-         ebenbürtig. Sie sind immer
sammenhang nie so weit oben auf der         stärker als Kinder; insbeson-
politischen Agenda. Hinzu kommt, dass       dere digital. Dessen müssen
wir von digitalen Medien regelrecht         wir uns als Erwachsene immer
eingekauft sind, weil sie unser Leben so    bewusst sein! Deshalb lautet
wahnsinnig bequem gestalten.                eine ganz konkrete Forderung,
                                            dass Plattformen im Netz, die
Ist vor dieser Tatsache der Einsatz gegen   sich explizit an Kinder und
Missbrauch im Internet nicht ein „Kampf     Jugendliche wenden, für einen
gegen Windmühlen“?                          erhöhten Sicherheitsstandard
                                            sorgen, damit Kinder und
Julia von Weiler: Das stimmt, aber wir      Jugendliche sich dort sicher
müssen diesen Kampf führen. Ange-           bewegen können. Die Idee
sichts der Dimensionen, die Miss-           von der freundlichen Selbst-
brauchsskandale wie der aktuelle in         organisation der Menschheit
Großbritannien haben, ist es dringend       im digitalen Orbit funktioniert
geboten, die Ressourcen zu verstär-         einfach nicht. Auch Experten,
ken. Missbrauchszahlen, die das BKA         die dieser Utopie lange positiv
aus den USA vom „National Centre for        gegenüberstanden wie Sascha
Missing and Exploited Children“ in den      Lobo, gestehen mittlerweile
USA erhält, weisen eine unglaubliche        ein, dass das Experiment ge-
Steigerungsrate auf: von 2012 bis 2017      scheitert ist.
um 1845 Prozent! Diesem Anstieg steht
ein Personalzuwachs bei der zustän-         Also Regulierung?
digen BKA-Abteilung um 46 Prozent
gegenüber. In den Bundesländern gab         Julia von Weiler: In anderen
es bei den zuständigen Ermittlern prak-     Zusammenhängen, etwa beim Ur-
tisch keine personelle Verstärkung. Das     heberrecht, ist man sich einig, beim
Internet macht vieles von dem sichtbar,     Kinderschutz ist man zurückhalten-
was sowieso schon immer passiert ist.       der – für mich völlig unverständlich!
Deshalb müssen wir uns als Gesell-          Die Gesellschaft muss sich ihrer Ver-
schaft fragen, welchen Stellenwert Kin-     antwortung Kindern und Jugendlichen
derschutz wirklich hat. Und zwar ganz       gegenüber bewusst werden. Und zwar
konkret mit Blick auf mehr Personal etc.    jeder Einzelne, der oder die in diesem
und nicht mit Phrasen wie „Kinder sind      Zusammenhang mit Kindern und Ju-
unsere Zukunft!“                            gendlichen zu tun hat.

                                                                                      15 |
Statements
Eindrücke zum Fachtag

                        Sabine Düser, Ense

                        „Als Dozentin in der Altenhilfe hat das Thema für mich noch
                        eine weitere Komponente, den Missbrauch von schutzbe-
                        dürftigen älteren Menschen – ein besonders tabuisierter
                        Bereich. Umso wichtiger sind Veranstaltungen wie diese, um
                        einen professionellen und sensiblen Umgang zu fördern.“

                        Antje Bettermann, Dortmund

                        Präventionsfachkraft für den Pastoralen Raum Dortmund-­
                        Ost und Leiterin eines Familienzentrums: „Prävention be-
                        gleitet mich bereits während meiner gesamten beruflichen
                        Zeit und liegt mir persönlich sehr am Herzen. Sowohl in der
                        Kita wie im Pastoralen Raum ist das Thema präsent und
                        akzeptiert. Ein Fachtag wie dieser in der Kommende ist in
                        mehrfacher Hinsicht wichtig: Informationen aus erster Hand
                        und direkter Austausch sind durch nichts zu ersetzen.“

                        Dr. Gabriele Staufenbiel-Zervoulakos, Letmathe

                        Ehrenamtliche Präventionsfachkraft im Pastoralverbund
                        Letmathe: „Das Thema wird bei uns auf breiter Ebene dis-
                        kutiert, und in den vergangenen eineinhalb Jahren ist viel
                        geschehen – von Schulungen in der Kinder- und Jugend-
                        arbeit bis zur Erstellung von Verhaltenskonzepten. Persön-
                        liche Kontakte, wie sie hier geknüpft und vertieft werden
                        können, sind gerade in diesem Zusammenhang wichtig.“

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Stefan Wehrmann, Jugendhilfe St. Elisabeth, Dortmund:

„Für eine Einrichtung wie unsere, in der Kinder und Jugend-
liche in schwierigen Lebensverhältnissen Unterstützung
bekommen, ist Prävention immer ein wichtiges Thema, mit
dem aber sensibel umgegangen werden muss. Ich selbst
bin Schulungsmitarbeiter und freue mich natürlich über
Informationen von anerkannten Expertinnen und Experten.
Fachtage wie dieser in der Kommende bringen darüber
hinaus einen echten Motivationsschub!“

Christiane Köhne, Dortmund

Macht Präventionsschulungen – unter anderem im Sport,
etwa bei der DJK: „Neuer Input und neue Impulse wie bei
dieser Veranstaltung sind extrem wichtig, gerade mit Blick
auf die rasante Entwicklung in den sozialen Netzwerken und
digitalen Medien!“

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Bildergalerie
Gesichter der Prävention

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Bildergalerie
Gesichter der Prävention

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21 |
Anfangen
statt Aussitzen

Wie das Erstellen eines institutionel-      den Punkt und beschrieb damit eine         gruppen, die bereits ein Schutzkonzept
len Schutzkonzeptes gelingen kann.          Situation, in der sich wohl eine ganze     verwirklicht haben oder kurz vor der
                                            Reihe hauptamtlicher Mitarbeitern se-      Fertigstellung stehen: „Man sollte sich
Der Countdown läuft: Bis zum Ende           hen: Die Befürchtung, als „Einzelkämp-     Unterstützer suchen und deren Hilfe an-
des Jahres müssen alle kirchlichen          ferin oder Einzelkämpfer auf der Strecke   nehmen.“ Das könne die ehrenamtliche
Rechtsträger im Erzbistum Paderborn         zu bleiben.“                               Präventionsfachkraft ebenso eine von
ein institutionelles Schutzkonzept für                                                 der Diözesanstelle vermittelte Prozess-
Handlungsfelder im Bereich der Kinder-      „Ein Schutzkonzept ist viel Arbeit“,       begleiterin oder ein Prozessbegleiter;
und Jugendhilfe erstellt haben. Um die      äußert Carsten Adolfs hier Verständnis,    wie ein Schulungsmitarbeiter sein. Auch
Frage, wie das trotz Zeitdrucks und         um gleichzeitig deutlich zu machen:        der Kontakt zu Jugendverbänden ist
Arbeitsbelastung gelingen kann, ging es     „Sie müssen diese Arbeit nicht allein      durchaus sinnvoll: „Sie sind in diesem
in zwei Arbeitsgruppen, die von Marion      tun, holen Sie sich andere mit ins         Themenfeld häufig einfach besser auf-
Nolden bzw. von Carsten Adolfs und          Boot!“ Christoph Storks Rat in diesem      gestellt“, erklärt Carsten Adolfs. „Das
Christoph Stork geleitet wurden.            Zusammenhang: „Beginnen Sie nicht          Erzbistum macht zahlreiche prozess-
                                            ohne klaren Auftrag; die Frage nach        begleitende Angebote, nutzen Sie sie“,
Die aktuelle Zwischenbilanz in Sachen       der Verantwortung und die Schaffung        empfiehlt Christoph Stork.
Schutzkonzept fiel dabei recht unter-       entsprechender Strukturen sollte am
schiedlich aus: Während einige Pas-         Anfang stehen.“                            Dass das Erstellen eines Schutzkonzep-
toralverbünde oder Pastorale Räume                                                     tes „kein Auftrag wie jeder andere“ ist,
                                                Sie müssen diese Arbeit nicht
bereits am Ziel oder auf der Zielgeraden                                               betont Marion Nolden mit Blick auf die
                                                allein tun, holen Sie sich
sind, gibt es woanders noch Start-                                                     spezielle Situation der pädagogischen
                                                andere mit ins Boot!
schwierigkeiten. „Ich habe Angst, dass                                                 Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen:
ich mit der Arbeit alleingelassen werde“,   Dass es auf diese Weise gelingen kann,     „Das Thema ist emotional belastend,
brachte es eine Gemeindereferentin auf      bestätigten diejenigen aus den Arbeits-    sehr vielschichtig und im Umgang nicht

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immer ganz einfach“, weiß sie aus eige-    weilt und nicht wirklich anfängt.“ Vor        Erstellung eines Schutzkonzeptes dem
ner Erfahrung. Abgesehen davon sei es      dem Hintergrund der Dynamik, dem die          Thema einen Platz in der Pastoral zu
nur ein „Aufgabenbereich von vielen in     gesamte Problematik unterliege, müsse         verschaffen und so für eine allgemei-
der täglichen Arbeit.“                     man sich sowieso von dem Gedanken             ne Akzeptanz zu sorgen: „Allein aus
                                           verabschieden, „fertig“ zu werden, sind       diesem Grund sollte man viele Mitstrei-
Andererseits können ihrer Einschätzung     sich alle drei Fachleute einig: „Das          ter ins Boot holen, so schafft man eine
nach gerade die Kindertageseinrichtun-     Thema wird uns weiter beschäftigen,           solide Basis“, rät Christoph Stork.
gen auf eine ganze Reihe von vorhande-     es bleibt aktuell, und deshalb müssen
                                                                                             Stattdessen müsse es das
nen „Bausteinen“ setzen, wenn es um        alle Verantwortlichen Maßnahmen und
                                                                                             Ziel sein, auch durch Erstel-
die Realisierung eines Schutzkonzeptes     Konzepte immer wieder den aktuellen
                                                                                             lung eines Schutzkonzeptes
geht: „Entsprechende Erfahrungen           Anforderungen und Wandlungen an-
                                                                                             dem Thema einen Platz in der
in der Sexualpädagogik sind nur ein        passen.“
                                                                                             Pastoral zu verschaffen.
Teil von vielen Ressourcen, auf die in
diesem Zusammenhang zurückgegriffen        Deshalb dürfe das „Aufatmen“ nach der         „Einige stehen derzeit bildlich gespro-
werden kann.“ Wie bei einem Puzzle         Erstellung eines Schutzkonzeptes wirk-        chen noch am Fuß des Berges, das Gip-
könne man diese einzelnen Teile in die     lich nur eine kurze „Atempause“ sein,         felkreuz ist nicht in Sicht, und sie fragen
Hand nehmen, prüfen und zuordnen:          denn abgeschlossen ist der Prozess in         sich, wie sie da hinaufkommen sollen“,
„Wenn man sich vorher die Frage ge-        diesem Moment nicht. Darauf weisen            beschreibt Carsten Adolfs die Situation.
stellt hat, wie das Gesamtbild aussehen    alle Referenten hin: „Gerade in diesem        „Gehen Sie los, aber packen Sie sich
soll, kann man leichter die Bausteine      Zusammenhang müssen wir uns als               den Rucksack unterwegs nicht zu voll“,
aus den vorhandenen auswählen, die         lernende Institution erweisen, die Her-       lautet seine Empfehlung. Von Idealvor-
man für das Schutzkonzept brauchen         ausforderungen ändern sich immer aufs         stellungen, die nicht realistisch seien,
kann.“                                     Neue, ihnen kann man nur mit einer            solle man sich in dieser Anfangsphase
                                           deutlich sichtbaren Haltung begegnen,         verabschieden: „In diesem Moment
Doch dieses Gesamtbild müsse nicht         aus der heraus man ein solches Kon-           kommt es darauf an, den ersten Schritt
perfekt und bis ins Detail ausgearbeitet   zept ständig weiterentwickelt, überprüft      zu tun und den Prozess anzustoßen und
sein, warnen sowohl Carsten Adolfs als     und hinterfragt.“                             in Gang zu bringen.“
auch Christoph Stork vor übertriebe-
nem „Perfektionismus“ in der Startpha-     Wer angesichts dieser Tatsache „für die       Die Empfehlung der Experten zum
se: „Man muss zu Beginn nicht alles bis    Schublade“ arbeite, habe die Zeichen          Schluss: „Nehmen Sie den Motivations-
zum Ende durchgeplant und entwickelt       der Zeit nicht erkannt und werde der          schub aus diesem Tag und nutzen Sie
haben, denn das bringt alles nichts,       Problematik nicht gerecht. Stattdessen        ihn, dann wird es auch gelingen!“
wenn man nur im Planungsmodus ver-         müsse es das Ziel sein, auch durch

          Carsten Adolfs                              Marion Nolden                                 Christoph Stork
   Pastor, Präventionsfachkraft und        Leiterin einer Tageseinrichtung für Kinder,    Prozessbegleiter bei der Entwicklung
           Schulungsreferent               Präventionsfachkraft und aktuell Prozess-       institutioneller Schutzkonzepte und
                                               begleiterin für zwei Einrichtungen                    Schulungsreferent

                                                                                                                                23 |
Weitergehende
Informationen

www.innocenceindanger.de
Auf der Internetseite gibt es unter anderem konkrete Infos zu unterschiedlichen Präven-
tions-Angeboten und -Projekten. Clips beispielsweise zu Nackt-Selfies oder Sexting zei-
gen, wie Eltern und Erzieher oder Lehrer damit umgehen sollten. Außerdem können um-
fangreiche Arbeitsmaterialien sowie ein Ratgeber über die Grundlagen zum Kinderschutz
im Zeitalter von Internet, Smartphone und sozialen Medien heruntergeladen werden.

www.save-me-online.de
Beratung für Jugendliche von Mobbing in der Schule und Cybermobbing bis zu sexuellem
Missbrauch.

www.juuuport.de
Anonyme Beratung und praktische Online-Tipps von Jugendlichen für Jugendliche.

www.hilfeportal-missbrauch.de
Internetseite des unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs.

www.bzga.de
Internetseite der Bundeszentrale zur gesundheitlichen Aufklärung mit Informationen zu
dem Thema Prävention von sexuellem Missbrauch.

Buchtipp:
Julia von Weiler: Im Netz – Kinder vor sexueller Gewalt schützen; Herder-Verlag

Erzb. Generalvikariat - HA Personal und Verwaltung
Karl-Heinz Stahl - Diözesanbeauftragter zur Prävention von sexuellem Missbrauch
Domplatz 20, 33098 Paderborn - Tel. 05251/125-1213
karlheinz.stahl@erzbistum-paderborn.de - www.praevention-erzbistum-paderborn.de
               Verantwortlich für Redaktion und Gestaltung
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