Hinweise zum christlichen und muslimischen Kalender
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Hinweise zum christlichen und muslimischen Kalender am Beginn eines christlichen Jahrtausends Muslime feiern nach dem Mond — und Christen? Superintendent Rainer Kunick, Wetzlar, zum Geburtstag Aus der Arbeit des Christlich-Islamischen Arbeitskreises des Kirchenkreises Braunfels Horst Kannemann
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3 Inhalt 1. Nach einem besonderen christlichen Jahr — 2000 2. Die Himmelskörper und die Religionen — Mond-, Sonnen- und Sternenjahre 3. Wann ist Ostern — julianisch, gregorianisch, melitianisch? 3.1. Ägyptische Weisheit kommt nach Rom — Iulius Caesar 3.2. Sabbat und Sonntag — Geheiligte Tage und Bezeichnungen 3.3. Pessach und Ostern — Jüdischer Kalender und das christliche Fest 3.4. Richtige Osterfeier durch ein Konzil? — Níkaia 325 3.5. Die große Chance des kleinen Dionysius — Dionysius Exiguus 3.6. Der ehrwürdige Beda schreibt Geschichte — Beda Venerabilis 3.7. Wann genau war die Mitte der Zeit? — Johannes Kepler 3.8. Zurück zur Sonne und hin zur neuen Zeit — Papst Gregor XIII. 3.9. Zum weltweiten Kalender? — Das Ende des Osmanischen Reiches 3.10. Welche ist die wahre Kirche? — Orientalisch-orthodoxe und orthodoxe Kirchen 3.11. Ist Einheit möglich? — Osterdiskussionen seit 1923 4. Jesu Weg feiern mit Sonne und Mond — Christliche Feste 5. Sorgsam nach dem Mond — aber wann beginnt der Monat? — Der islamische Kalender 6. Abrahams Weg nachgehen — Das Opferfest 7. Mensch, Mitgeschöpf und Feier — auch in Deutschland — Halal-Schächten 8. Gott verehren statt der Sonne — Die Zeiten des islamischen Pflichtgebets 9. Islamische Kultur in Begegnung mit dem Sonnenjahr — Osmanisches Reich und Iran 10. Neue Jahre — mit Sonne und Mond — Ausblick Literatur zu den Hinweisen zum christlichen und muslimischen Kalender 1. Quellen und Hilfsmittel 2. Aufsätze und Monographien 3. Internetseiten
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5 1. Nach einem besonderen christlichen lich das jüdische Tempelweihfest Chanukka3 Jahr das christliche Weihnachtsfest4 und das mus- Das Jahr 2000 war in vieler Hinsicht ein be- limische Fastenbrechen ( 5 ). Das Fas- sonderes Jahr. In Veröffentlichungen zu Fragen tenbrechen ereignete sich am 1. von Zeit und Kalendern schlägt sich dies 14206 sowie 1421 H. zweimal innerhalb des nieder. Das zweite Jahrtausend ist im ersten christlichen Jahres 2000. weltweit in Kraft befindlichen Kalender abge- 2. Die Himmelskörper und die Religionen schlossen. Zwei Jahrtausende „nach Christi Geburt“ sind angesichts der Bedeutung, die in Die Entwicklung von Kalendern zur Bestim- der geschichtlichen Wirksamkeit der Bibel mung und Benennung von Stationen in der (ausdrücklich mit Psalm 90, 4 und Apokalypse Zeit gehört zum Geschick der Menschen, wenn / Offenbarung 20, 1-101 ) ein „Jahrtausend“ diese glauben, dass „sie als einzige Lebewesen“ hatte und hat, ein Anlass der Besinnung für die Zeit erkennen, aber dabei erfassen: „sie christliche Gläubige. Sofern sie es wagen kön- mußten Zeit stets durch Zeichen wahrnehmen nen, konkrete, an Israel gerichtete Gebote der und darstellen, die ihrerseits der Deutung Hebräischen Bibel auf sich anzuwenden, werden bedurften und verschieden gedeutet werden sie bedenken, dass 2000 der Zahl von vierzig konnten“7 . Jobel oder Jubiläen („Erlassjahren“) nach Es überrascht dabei nicht, dass Kalender eine Leviticus / 3. Mose 25, 11 entspricht. hohe religiöse Bedeutung haben. Nach Gottes Der 1582 eingeführte Gregorianische Kalen- Weisung werden Tage, Feste und Riten (z.B. der, der heute der meistverwendete ist, hat eine Fasten und Wallfahrten bzw. Pilgerfahrten) wiederkehrende Periode von 400 Jahren. Mit beachtet. Änderungen von Kalendern können dem Jahr 2000 endete bei Betrachtung voller veränderte Deutungen und Bewertungen der Jahrhunderte die erste Periode dieses Kalen- Zeichen, Weisungen und Regelungen ausdrü- ders. Es war das erste Jahrhundertjahr mit 366 cken. Sie führen verständlicherweise zu Kon- Tagen seit 16002. flikten 8 . Das christliche Jahr 2000 war auch darin ein auffälliges Jahr, dass hohe Feste der drei ver- 3 24./25. breitetsten monotheistischen Religionen aus - 4. Tewet 5761 / 21./22.-30. De- zember 2000. dem Nahen Osten fast zusammenfielen, näm- 4 24./25. Dezember 2000. In den Kirchen genannt „Christfest“. In Deutschland wird der 26. Dezember als 2. Christtag und Teil des Festes im engsten Sinne begangen — so wie auch jüdische und muslimische 1 Verschiedene alte jüdische und christliche Entwürfe Hauptfeste über mehrere Tage begangen werden und die jüdischen Hauptfeste außerhalb Israels einen Tag rechneten mit einer Dauer dieser Weltzeit von sechs- länger dauern als im Land Israel. Betreffs der tausend Jahren oder sechs Weltaltern, so der babylo- muslimischen Feste gibt das Präsidium für Religiöse nische Talmud II. VIII. Der Trak- Angelegenheiten der Türkischen Republik die Dauer tat . Vom Neujahrsfeste IV iv 31a („Sie des Opferfestes mit vier Tagen und die des Fas- streiten über die Lehre R. , denn R. tenbrechens mit drei Tagen Dauer an. sagte: Sechstausend Jahre werde die Welt bestehen 5 1.-3. 1421 / 27.-29. Dezember 2000. und ein[tausend] zerstört sein, denn es heißt: und der 6 8. Januar 2000. Herr wird allein an jenem Tage erhaben sein. Abajje aber sagte, zweitausend werde sie zerstört sein, denn 7 Arno Borst, 10. es heißt: er wird uns nach zwei Tagen beleben) und 8 Aristophanes (etwa 450 - etwa 388 v. Chr.) spot- das letzte Kapitel von Aurelius Augustinus (354- tete in den Wolken, 615-626, dass sich seit der An- 430), De civitate Dei (XXII 30), in dem sich der gleichung des Mondkalenders an das Sonnenjahr die Autor im sechsten Weltalter sah, dem als siebtes Tage der Athener nicht mehr nach den Festen der „unser Sabbat“ folgt, „dessen Ende kein Abend ist, Götter richteten (Daten zur antiken Chronologie und sondern der Tag des Herrn, gleichsam der achte Geschichte, 9-10). Vielleicht hat sich die Gruppe der ewige, der durch Christi Auferstehung seine Weihe Essener vom jüdischen Hauptstrom bei der damali- empfangen hat und die ewige Ruhe vorbildet, nicht gen, bis heute nachwirkenden Reform des jüdischen nur des Geistes, sondern auch des Leibes!“ (Überset- Kalenders getrennt (Hartmut Stegemann). Etwa zur zung von Kurt Flasch). Zeit Moshe ben Maimons waren rabbinisches 2 Papst Gregor XIII. hat 1582 vorausschauend und Judentum und Karäer im Festkalender getrennt erfolgreich erlassen: „Anno vero MM, more consueto (Maurice-Ruben Hayoun, 41f). Bis heute können dies bissextus intercaletur, Februario dies XXIX con- auch in jüdischen Gruppen Diskussionen um den tinente“ (Gregorius episcopus, Inter Gravissimas 9, Kalender geführt werden (siehe z.B. die Beiträge von nach Rodolphe Audette) — „dass aber im Jahre 2000 Charles J. Voss), ebenso wie um die richtige nach dem Herkommen ein Schalttag eingefügt wird, Beachtung des islamischen Kalenders gestritten wird so dass der Februar 29 Tage enthält“. (siehe Kapitel 5). Der gregorianische Kalender war
6 In alten, am Naturkreislauf orientierten Kultu- eine Sonnenfinsternis (bei der der ren ist der Kalender zyklisch, auch Jahresbe- Mondschatten auf die Erde fällt), nur bei Neu- zeichnungen kehren also wieder (z. B. die des mond auftreten kann und eine Mondfinsternis chinesischen Tierkreises). Die Religionen, die (bei der Mond in den Erdschatten tritt) nur bei sich revolutionierend zu diesem Kreislauf stel- Vollmond. len (Buddhismus, Judentum, Christentum, Is- Beruhend auf solchen Wahrnehmungen werden lam) haben einen linearen Kalender mit offe- Mondkalender, die sich am Umlauf des Mon- nem Ausgang eingeführt. Wo der eine Gott des um die Erde ausrichten, die älteste Traditi- von Glaubenden bekannt wird, weist dieser on haben. Ein Jahr aus zwölf Umläufen (Luna- Kalender hin auf die Einmaligkeit des mensch- tionen) hat 354,36708 Tage10 . Besonders lichen Lebens von der Geburt bis zum Tod, den nomadische Gesellschaften behalten Mondka- offenen Charakter der Zukunft und die erwar- lender bei. tete Vollendung der Welt durch Gott. Zugleich bleiben viele Elemente zyklischer Wiederkehr Ackerbauende Gesellschaften fassen die Tage in Lebenserfahrung und Kalender prägend. zu einem Sonnenjahr (nach dem Umlauf der Wenn der Glaube an den einen Gott mit einem Erde um die Sonne) zusammen, in dem die Jah- universalen Verständnis der einen Welt ver- reszeiten mit ihrer grundlegenden Bedeutung bunden ist, kann dies den Wunsch nach einem an gleichbleibender Stelle wiederkehren. Es einheitlichen, vielen bekannten und nachvoll- dauert nach heutiger astronomischer Darstel- ziehbaren System der Zeitbestimmung fördern. lung 365,24219 Tage. Das ist das sogenannte „tropische Jahr“11 , die Zeitspanne, in der die Zeitmessung geschieht geeigneterweise durch Erde einmal die Sonne umkreist, beginnend am die vielen Menschen zugängliche Beobachtung „Frühlingspunkt“, in dem sich die Ebene des sich wiederholender Vorgänge. Nach dem täg- Erdäquators mit der Ebene der Umlaufbahn um lich sich wiederholenden Rhythmus des Son- die Sonne, der „Ekliptik“, überschneidet. Seine nenstandes zwischen Licht und Finsternis ist angegebene Länge ist allerdings ein Mittelwert. vor allem der Wechsel der Mondphasen eine In Wirklichkeit schwankt sie. Zudem verlang- nicht zu übersehende und leicht zu beobach- samt sich allmählich die Rotation der Erde tende Erscheinung, die zweifellos auch der Menschheit Rätsel aufgab. (wie auch die des Mondes) 12 . Die Mondphasen ergeben sich durch den wech- Für alle Kulturen, die nicht beim strikten selnd großen Anteil der Mondoberfläche, der, Mondkalender bleiben, ist die Geschichte der von der Erde aus gesehen, durch die Sonne Kalender weithin der Versuch, ausgehend von beleuchtet wird, d.h. durch den Winkel, in dem der Beobachtung der Mondumläufe Tage, Mo- Sonne und Mond von der Erde aus zueinander nate („Monde“) und Jahre einander so zuzu- stehen. Bei einem entsprechenden Winkel von ordnen, dass der Naturkreislauf dem Ablauf des 0° (dem „ekliptischen Längengrad“ 0) ist Neu- Jahres entspricht, also etwa der Frühlingsan- mond, bei einem Winkel von 180° Vollmond. fang immer auf ein festes Datum fällt. Men- So gilt für die Wahrnehmung der meisten Orte schen versuchen, mit solchen Kalendern „ihre auf der Erde, dass der (nicht sichtbare) Neu- in sich schon verwickelten sozialen Abläufe mond tagsüber am Himmel steht. Der Neu- auf die natürlichen Umschwünge von Erde, mond geht mit dem Sonnenaufgang auf und Sonne, Mond und Sternen abzustimmen“13 . mit dem Sonnenuntergang unter. Mit zuneh- Dabei besteht das Problem, dass sich weder mendem Mondalter geht der Mond im Verhält- nis zur Sonne immer später auf und unter. Entsprechend ist auch der zunehmende Mond in der ersten Nachthälfte sichtbar, der abneh- bei der Bestimmung des Monatsbeginns nach islami- scher Sicht (siehe Kapitel 5 und 8). mende in der zweiten9 . Ebenso ergibt sich, dass 10 Der synodische Monat (Zeitspanne von Neumond zu Neumond) dauert 29,53059 Tage. Seine Beobach- und ist seit über 400 Jahren unter Kirchen umstritten. tung ist durch die sichtbaren Mondphasen gegliedert. In Griechenland, Rumänien, Russland und anderen 11 Den Begriff (tropé) für „die Wende, das Ländern spalteten sich anlässlich der Kalenderum- Umwenden“ der Sonne oder anderer Himmelskörper stellung „Altkalendrier“ ab. Diese müssen durchaus verwendet in Jakobus 1, 17 auch das Neue Testa- nicht wie „Altgläubige“ aus früheren Konflikten in ment. schwer zugänglichen sibirischen Siedlungen gesucht 12 Nach dem in Paris arbeitenden Astrophysiker werden, sondern stellen sich auf amerikanischen Internetseiten vor. Über den Ostertermin besteht bis Mohammed Heydari-Malayeri kann sich die Länge heute in der Christenheit noch keine Einheit, wie des tropischen Jahres in Tagen in der Lebenszeit eines diese Hinweise zeigen. Menschen in der sechsten Stelle nach dem Komma 9 Dieses Verhältnis, in dem Auf- und Untergang von verändern. 13 Borst, 11. Sonne und Mond zueinander stehen, spielt eine Rolle
7 Sonnen- noch Mondjahr ohne Rest in Monate, 3. Wann ist Ostern — julianisch, gregori- Wochen oder Tage teilen lassen. anisch, melitianisch? Die Woche ist keine ganz eindeutig erkennbare Der Gregorianische Kalender hat eine führende astronomische Erscheinung. Sie kann durch Rolle als weltweit benutzter Kalender. Obwohl Teilung des Monats nach den vier Mondpha- er diese Rolle mit dem Ruf eines christlichen sen, durch die im Altertum angenommene Sie- Kalenders hat16 , muss gleichzeitig gesagt wer- benzahl der Planeten des Sonnensystems14 , den, dass es keinen einheitlichen christlichen durch ein mit der Zahl Sieben verbundenes Kalender gibt. Die Kirchen sind an den für sie Tabu und durch das biblische Sabbatgebot ent- wichtigsten Festtagen getrennt. Im kirchlichen standen sein. Vieles spricht dafür, dass die Wo- Bewusstsein östlicher Kirchen, die dem che erstmals in Babylon entstand. Israel lernte Gregorianischen Kalender trotz seines heutigen sie kennen. Aber auch nach Rom ist sie ge- Gebrauchs über kulturelle Grenzen hinaus für langt. Der jüdische Kalender gab sie an den ihren Festkalender nicht folgen, spiegelt sich christlichen und islamischen Kalender als ge- ein Wissen von der Bedeutung von Alex- meinsames Erbe weiter. Sie war aber als Zeit- ándreia ( ) als wissenschaftli- einteilung Christinnen und Christen auch durch chem Zentrum Ägyptens. Ägypter, nicht die römische Welt bekannt. Menschen des westlichen Mittelmeerraums, Vorteile bei einer präzisen Zeitbestimmung hat nahmen Zusammenhänge zwischen natürlichen das siderische Jahr, die Zeitspanne des Um- Abläufen auf Erden und den Bewegungen der laufs der Erde um die Sonne von einem fest- Himmelskörper so genau wahr, dass sie „als stehenden Punkt im Weltall aus betrachtet. erste die Länge des Jahres feststellten“, also Seine heute bekannte Dauer ist 365,2563578 eine präzise Kenntnis des Sonnenjahrs hat- Tage15 . ten17 . Die Überlegenheit dieser Tradition über alle Kalenderversuche des Abendlandes für Jahrtausende ist unzweifelhaft. In der Entwicklung der christlichen Kalender, der dieser Teil unserer Hinweise nun nachgeht, zeigt sich, dass wiederholt bestimmte Ent- scheidungsstunden genutzt wurden. 14 Der Planet Uranus wurde erstmals 1781 von ei- nem Menschen beobachtet, Neptun 1846 und Pluto 3.1. Ägyptische Weisheit kommt nach Rom 1930. 15 Die hier zitierten astronomischen Angaben über Wie Ägypten Möglichkeiten der Wissenschaft Monats- und Jahreslängen werden seit 1926 in „Uni- auf der Grundlage einer Schriftkultur bot, schuf versal Time“ (UT, bzw. UT1 unter Berücksichtigung Rom „die politischen Bedingungen für eine der Polschwankungen der Erde) ausgedrückt. Diese entspricht zwar in den meisten praktisch relevanten Vereinheitlichung von Welt und Zeit“. So ver- Fällen der mittleren Sonnenzeit für den Längengrad von Greenwich (den Nullmeridian), wird aber von der 16 „Die Erfolgsgeschichte dieses Kalenders hat neben siderischen Zeit abgeleitet (Dirk Husfeld / Christine Kronberg, Astronomical Timekeeping). Während die dem weltlichen Einfluss der Kirche gewiss noch Erde selbst die „Uhr“ ist, die UT1 anzeigt, wurde in einen zweiten Grund: Mit seinen jüdisch-babylo- der „Coordinated Universal Time“ (UTC) die Zeit nischen (7-Tage-Woche), ägyptischen (Sonnenjahr) (erstmals?) unabhängig von astronomischen Beob- und römischen Wurzeln (Monatsnamen) ist er selbst achtungen mit der Schwingung des Atoms Caesium ein interkulturelles und -religiöses Produkt, das kei- 133 definiert: „Die Sekunde ist das 9 192 631 ner religiösen, kulturellen oder nationalen Tradition 770fache der Periodendauer der dem Übergang zwi- allein verhaftet ist und das von Julius Caesar für ein schen den beiden Hyperfeinstrukturniveaus des Großreich entwickelt wurde“ (So der Göttinger Lite- Grundzustands von Atomen des Nuklids 133Cs ent- raturwissenschaftler Thomas Schmidt, 15). sprechenden Strahlung.“ In Folge wurde eine Atom- 17 A. Borst, 12. zeitskala, bezogen auf die Sekunde in Meereshöhe Die ägyptische Astronomie beobachtete die Sterne, und nach dem Nullmeridian festgelegt (nach Wolf- vor allem den hellsten Fixstern, den Sirius im Stern- gang Trapp, 74f, Zitat 75). Wenn der Unterschied bild „Großer Hund“, als Gottheit „Sothis“ bezeichnet, zwischen UT1 und UTC mehr als 0,9 Sekunden be- bei dessen Erscheinen der Nil über die Ufer trat. Aus trägt, wird in der Zählung von UTC eine Schaltse- der Ermittlung des siderischen Jahres erließ Pto- kunde eingefügt, was durchschnittlich alle 1-1,5 Jahre lemäus III. 238 v. Chr. das Edikt von Kanopus, nach vorkommt (U.S. Naval Observatory, What is Univer- dem jedes vierte Jahr 366 statt 365 Tage hat. Zuvor sal Time?). ist mindestens seit 2772 v. Chr. in Ägypten ein Während im deutschen Alltag der Gebrauch der UT Kalender von 365 Tagen in Kraft gewesen. In einer unbekannt ist, wird sie etwa von namhaften engli- Periode von 1461 Jahren wurde dabei wieder der schen und französischen Rundfunksendern bei Zeit- Jahresbeginn am Tag des Sothis und des Nilhoch- ansagen verwendet. wassers erreicht.
8 danken wir Rom auch unsere Begriffe „von Französischen als „année bissextile“ bezeich- Festen, Kalendern, Annalen und säkularen Er- nen kann. Das Jahr vor der Reform hatte Iulius eignissen“18 . Caesar auf eine Dauer von 445 Tagen Der römische Dictator Gaius Iulius Caesar (100-44 v. Chr.) griff in seiner Kompetenz als sam seien (Titus Livius [59 v. Chr. - 14 n. Chr.], Ab höchster Priester („Pontifex Maximus“) urbe condita [Seit Gründung der Stadt] I 19). glücklicherweise für das einzig mögliche Jahr Das Werk über Zeitrechnung des Grammatikers und zwischen seiner Ernennung zum Dictator (46 Philosophen Censorinus aus dem Jahre 238 n. Chr. v. Chr.) und seiner Ermordung die Aufgabe der vermutet, dass Numa ein Jahr aus offiziell zehn Mo- Reform des äußerst unhandlichen römischen naten (Januar und Februar blieben ungezählt) in eines Kalenders auf. Er führte zum 1. Januar des aus zwölf Monaten umwandelte. Das Mondjahr aus Jahres 709 „von der Gründung der Stadt (Rom) 354 Tagen wurde, vermutlich um eine ungerade Zahl an“ (Zählung von Marcus Terrentius Varro, zu erreichen, auf 355 Tage erhöht. Der Schaltmonat 116-27 v. Chr.) — später genannt das Jahr 45 (nach anderen Quellen genannt „ Mercedonius“, „vor Christi Geburt“ — einen reformierten eigentlich der „Monat der Pachtgeldzahlung“, also der Kalender ein, den im westlichen letzte des Jahres) wurde zwischen den Festen Termi- Sprachgebrauch heute so genannten Juliani- nalia und Regifugium, dem 23. und 24. Februar, schen Kalender. Die Reform nahm die ägyp- eingefügt (Censorinus, De Die Natale Liber [Buch über den Tag der Geburt], XX; vgl. Ivan Cholodniak: tische Zeitberechnung und den zeitgenössi- Notes de l’éditeur, Decem mensium, aaO., nach schen, vielleicht aus Alexándreia stammen- einem Edinburgher Forscher Adam. Ähnlich den19 Astronomen Sosigenes auf und wurde 8 überliefert 430 n. Chr. Ambrosius Theodosius nach der christlichen Zeitrechnung durch Macrobius, Satunalia I 13, in: William Thayer, Caesars Großneffen und Adoptivsohn Kaiser LacusCurtius: vers le cœur du monde romaine Octavian (Gaius Octavius, 63 v. Chr. - 14 n. < http://www.ukans.edu/history/index/europe/ancient_ Chr.), der den Ehrentitel „Augustus“ trug, un- rome/L/Roman/Texts/Macrobius/Saturnalia/ ter Behebung von Missverständnissen erneut 1*.html>). begonnen20 . Dieser Kalender hat ein Sonnen- Römische Kalender bevorzugten Monate mit ungera- jahr von 365,25 Tagen und in jedem vierten der Zahl von Tagen, da ungerade Zahlen als glücks- Jahr einen Schalttag, den Tag nach dem Fest bringende Zahlen angesehen wurde, wie Plinius der der Terminalia, den „zweiten Tag VI vor den Ältere festgehalten hat. (C. Plinius Secundus: Natu- Kalenden des März“ — also „zweiten 24. Fe- ralis historiae liber XXVIII, 23, aaO. bruar“ 21 — nach dem man das Schaltjahr im < http://www.ukans.edu/history/index/europe/ancient_ rome/L/Roman/Texts/Pliny_the_Elder/28*.html> [22.02.2002]). Für den Historiker Theodor Mommsen (1817-1908) galt zu Rom: Das der „Neugestaltung 18 A. Borst, 21. des Kalenders zu Grunde liegende Motiv scheint hauptsächlich der Glaube an die heilbringende Kraft 19 Nach Einschätzung des Althistorikers Jürgen Ma- der ungeraden Zahl gewesen zu sein“ (T. Mommsen, litz, Eichstätt, ist das nicht beweisbar. 172). 20 Im Rahmen der Reform des Octavian gab es Der Volkstribun, Triumvir und Aedil (Magistrat für vielleicht zwischen 10 v. Chr. und 4 n. Chr. keine Bau und öffentlichen Dienst) Cnaeus Flavius, der Schaltjahre, da die zuständige Priesterschaft nach Begründer des Geschlechts der Flavier, machte um Caesars Tod zunächst irrtümlich jedes dritte Jahr als 300 v. Chr. gegen den Protest von Adel und Pries- Schaltjahr angesetzt hatte. terschaft Gerichtsurteile und Gerichtskalender in Rom 21 Das römische System der Zählung der Tage vor öffentlich zugänglich. (T. Livius, Ab urbe condita IX den Festtagen der Kalenden, Nonen und Iden (die am 46, 1). Auch ihm wurden Schaltjahrregelungen vor 1., 9. und 15. an Tagen mit ungerader Zahl liegen) Caesar zugesprochen (Elisabeth Achelis [1880-1973]: war in der westlichen Christenheit bis ins Mittelalter Render Unto Caesar, in: Journal of Calendar Reform. in Gebrauch, auch wenn fortlaufende Zählungen vom Juni 1954, nach: Rick McCarty, Home Page for Ca- ersten Tag des Monats an seit dem sechsten Jahrhun- lendar Reform featuring The World Calendar. dert belegt sind (Herbert Thurston [1856-1939], Dates < http://personal.ecu.edu/mccartyr/caesar.html> and Dating). (12.02.2002). Die römische Geschichtsschreibung schreibt bereits Caesars Erlass, seine Schrift „De astris“ (Über die dem Nachfolger des Staatsgründers Romulus (nach Sterne) und die Schriften des Sosigenes sind nicht kurzem Interregnum), dem König Numa Pompilius erhalten. Die wertvollsten Überlieferungen sind C. (angesetzt für 753-673 v. Chr.) zu, dass er in seinen Plinius Secundus: Naturalis historiae liber XVIII durch die Nymphe Egeria unterstützten religiösen 211ff. und die genannten Schriften von Censorinus Reformen „Schaltmonate“ so einführte, dass das und Macrobius. Die beiden letzteren beruhen auf der Mondjahr und das Sonnenjahr sich innerhalb von nur in Fragmenten erhaltenen Schrift „De anno Ro- zwanzig Jahren annäherten. Zugleich wird auf ihn die manorum“ (Über die Jahre der Römer) von Sueton römische Unterscheidung zurückgeführt, an welchen (C. Suetonius Tranquillus, gestorben 140 n. Chr.; Tagen bestimmte Tätigkeiten ratsam oder nicht rat- Darstellung nach J. Malitz).
9 verlängert, um zu erreichen, dass die Früh- ter“ bis „Zehnter“) hervor, die sich gegen lingstagundnachtgleiche im folgenden Jahr auf Umbenennungsversuche durchgesetzt haben. den 25. März fiel22 . Zu Ehren der Kalenderre- Vielleicht tastete Caesar den Jahresbeginn zum former Iulius Caesar und Augustus tragen in 1. Januar deshalb nicht an, weil dieser 45 v. vielen Sprachen Europas ebenso wie im Be- Chr. auf den Neumond fiel25 . reich der christlichen Gemeinschaften Ägyp- Im ersten Jahrhundert vor Christus war in ori- tens und des arabischen b zwei Monate entalischer Tradition eine Benennung der (Juli und August) ihre Namen. Im Falle des Folge von sieben Tagen nach den Planeten- hat sich auch das Türkische ange- göttern Saturn (der heutige Samstag als Ruhe- schlossen. Vielleicht wird schon seit dem 14. tag), Sol (Sonne), Luna (Mond), Mars, Merkur, Jahrhundert gern erzählt23 : Als noch zu Leb- Jupiter und Venus gebräuchlich 26 . zeiten des Augustus der nach ihm benannte Monat gewählt wurde, sei dieser Monat von 30 3.2. Sabbat und Sonntag auf 31 Tage Dauer verlängert, dabei die ab- wechselnde Folge von längeren und kürzeren Die christliche Kirche lebte im römischen Monaten durchbrochen und im Ausgleich der Reich im Julianischen Kalender. Die ersten Februar zum kürzesten Monat gemacht wor- christlichen Gemeinden folgten sicherlich dem den. Tatsächlich wird aber ein Inschriftenfund jüdischen Ablauf der Woche, d. h. sie begingen als Beleg geltend gemacht für die Annahme, den Sabbat, den „gesegneten“ und „geheilig- dass der alte „Sextilis“ schon vor seiner Um- ten“ siebten Tag, an dem nach der Hebräi- benennung in „Augustus“ 31 Tage hatte. Eben- schen Bibel die Schöpfung vollendet wurde so ist zu vermuten, dass bereits Caesar den (Genesis / 1. Mose 2, 2-3) — also auch die Februar wegen der Unglücksbedeutung des Neuschöpfung erwartet wird — und an dem der Festes der Terminalia bei seiner 28-tägigen Befreiung Israels aus Versklavung gedacht wird Dauer beließ, als er ein 355-tägiges Gemeinjahr (Deuteronomium / 5. Mose 5, 12-15) — also auf die Dauer von 365 Tagen verlängerte und auch die erneute Befreiung erwartet wird. Am die zusätzlichen Tage auf die Monatsenden ersten Tag der Woche, dem „Tag des Herrn“, verteilte24 . Die erzählte Geschichte drückt die wurde nach dem Neuen Testament27 Jesus von Einsicht aus, dass die heutige Verteilung der den Toten auferweckt (Matthäus 28, 1; Mar- Monatslängen den ägyptischen Kalender ver- kus 16, 1; Lukas 24, 1; Johannes 20, 1; 1. Ko- schlechtert hat, also keine guten Gründe ge- rinther 16, 2; Offenbarung 1, 1028 ). Christen habt haben kann. Dass die Schaltjahre eine werden wohl den Sabbat zunächst in diesen durch vier teilbare Bezifferung haben, ergab Sonntag, den Tag der Auferstehung, hinein ge- sich bei der Einführung der christlichen Zeit- rechnung. Seit 153 vor Christus war der 1. Januar, das Datum des Amtsantritt der Konsuln, zum zu- 25 ebd.; vgl. Herbert Metz. mindest geforderten Beginn des römischen 26 Hugo Rahner (1900-1968), Griechische Mythen in Jahres erklärt worden. Dass das Jahr vorher im christlicher Deutung, 101. März begann, geht bis heute aus den Namen 27 Wo muslimische Gläubige das arabische, ins Tür- der Monate September bis Dezember („Sieb- kische übernommene Wort 22 In Rom galt traditionell der 25. März als Datum türkisch , beides vom neutestamentlich-griechi- schen euangélion) verwenden, meinen der Frühlingstagundnachtgleiche, im ägyptischen sie vor allem die von Gott Jesus anvertraute Offenba- Alexándreia dagegen der 21. März. Nach astronomi- rung und Schrift (die nach muslimischer Überzeu- scher Darstellung kann die Frühlingstagundnachtglei- gung von Jesu Nachfolgerinnen und Nachfolgern ver- che etwa zwischen dem 19. März 8 Uhr und dem 21. fälscht wurde und vom mitumfasst ist). Im März 20 Uhr UT angesetzt werden (Dirk Husfeld / Gespräch zwischen Christen und Muslimen kann „in- Christine Kronberg, Astronomisches Kalenderwesen). jil“ bezeichnen: 1. das Evangelium, die gute Bot- Trotz der Bezeichnung „Tagundnachtgleiche (Ae- schaft von Gottes Erbarmen und seinem kommenden quinoctium)“ ist dieser Moment nicht präzis derje- Königtum, die Jesus verkündet und in Leben und nige, in dem Tag und Nacht die gleiche Länge haben, Sterben verwirklicht hat, 2. die vier „Evangelien“ bedingt dadurch, dass die Erde sich auf ihrer ellipti- oder eines von ihnen, also die mit Glauben wecken- schen Bahn in Sonnennähe schneller als in Sonnen- der Zielsetzung entstandenen Darstellungen des We- ferne bewegt. ges Jesu, die Matthäus, Markus, Lukas bzw. Johan- 23 Claus Tøndering, 17. Nach E. Achelis wurde die nes zugeschrieben werden, 3. das Neue Testament, Darstellung durch die Encyclopedia Britannica von der nach christlichem Verständnis zweite Teil der Bi- 1830 verbreitet. bel, der außer den vier Evangelien 23 weitere Schrif- 24 E. Achelis (s. Anm. 11); vgl. Censorinus, De Die ten enthält. Natale Liber, XX. 28 vgl. Didache (Die Lehre der zwölf Apostel) 14, 1.
10 feiert haben29 . Dann entwickelte sich der und Lernen des Wortes Gottes benötigt, das Sonntag zu ihrem Kennzeichen, wie der Sabbat alle Tage prägen soll. Heute gilt mit dem jüdisches Kennzeichen blieb, wobei christliche Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutsch- Theologen mit ihren Aussagen zunehmend in land: „Der Sonntag und staatlich anerkannte einer ihrem Glauben nicht würdigen christli- Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und chen Selbstsicherheit jüdisches Glaubensleben, seelischen Erhebung geschützt“ (Artikel 139, darunter auch die Beachtung des Sabbat, herab- als Teil des Artikels 140 der Weimarer setzten und entwürdigten30 . Reichsverfassung in diesem Wortlaut seit 1918 in Kraft). Auch die Türkische Republik, die Im Zuge des hellenistischen Sonnenkults wurde von Mustafa Kemal Atatürk (1881-1938) in schon vor dem Einfluss des Christentums der betonter Anbindung an den Westen gestaltet römische Wochenbeginn vom Saturnstag auf wurde, führte am 1. Juni 1936 den Sonntag als den Sonntag (dies Solis) verlegt31 . (einzigen) staatlich verordneten Tag wö- Im Jahre 321 christlicher Zeitrechnung ord- chentlicher Arbeitsruhe ein. nete der weströmische Kaiser Konstantin I. Auf Gestirns- bzw. Götternamen römischer, (272/73/74 - 337, weströmischer Kaiser ab aber auch einheimischer Kulte gehen in sehr 307, Herrscher des gesamten Reiches von 324- vielen europäischen Sprachen (einschließlich 337) den Sonntag als staatlichen Feiertag an. des Türkischen) einige oder viele Namen der Am Sabbat und am Herrentag durften nach Wochentage und der Monate zurück. Auch der seiner Verordnung keine opera servilia, also bekannteste Name eines Wochentages, der des keine schweren Arbeiten der Sklaven erfolgen, Sabbat, hat eine babylonische Vorgeschichte32 . so dass diese eine fünftägige Arbeitswoche er- Der christliche Feiertag heißt im Russischen hielten. Ebenso durften keine Gerichtsurteile „Auferstehung“ ( ), in den am Sonntag gefällt oder vollstreckt werden. romanischen Sprachen „Herrentag“ und im Der Sonntag wurde später in allen christlichen germanischen Raum „Sonnentag“. Eine Aus- Staaten als Tag der Ruhe von schwerer Arbeit nahme ist das Portugiesische darin, dass es verordnet. Biblische Sabbatgebote bekamen vergleichbar dem Hebräischen, Arabischen und eine strafrechtliche Bedeutung. Die Reforma- Persischen die Tage von Montag bis Freitag als tion in Westeuropa im 16. Jahrhundert „zweiten“ bis „fünften“ Tag bezeichnet, dem schaffte staatliche Strafen für die Schändung des Sonntags weitgehend ab. Sie betonte aber, der Sabbat und der Herrentag folgen33 . Etliche dass die christliche Gemeinschaft einen Tag Länder des „Nahen Ostens“ oder des der Muße für den Gottesdienst und das Hören arabischen kennen Spuren unter- 32 Wilhelm Gesenius, zur Stelle; André Pichot 125. 29 wie der übernächste Absatz nach Martin Stöhr. Auch der „Samstag“ kommt von der griechischen 30 In dem spannungsreichen Verhältnis der Glauben- Fassung des sábbaton, der vulgär als den untereinander haben Abendland und abendländi- geschrieben und im Rumänischen zum sche Kirche eine unchristliche Geschichte der gewalt- werden konnte. In der landschaftlichen samen Abwehr und Unterwerfung. Der Kalenderre- Unterscheidung von „Samstag“ und „Sonnabend“ former des 16. Jahrhunderts christlicher Zählung, kann sich der Unterschied zwischen den Einflüssen Papst Gregor XIII., dem die westliche Christenheit der gotischen bzw. der angelsächsischen Mission ihren heutigen Ostertermin verdankt, begründete die widerspiegeln, so dass sich hier Deutschland zwi- Mission des Jesuitenordens so: „Täglich sehen wir schen babylonisch-biblischer und römisch-planetari- die Kirche mit Hinterlist und Gewalt von ihren Fein- scher Benennung teilt. den angegriffen. Zu ihren älteren Gegnern, Ungläubi- 33 Nach Henry Chadwick, 146, wurden im Osten un- gen, Türken und Juden, sind noch neue, Ketzer und ter christlichem Einfluss die Namen von Gottheiten Schismatiker, hinzugekommen, die voll Gottlosig- bzw. Planeten durch numerische Bezeichnungen er- keit und lästerlichen Wahnsinns gegen sie kämpfen. setzt; vgl. H. Rahner, 103. Notker der Deutsche Diesem Angriff setzen Wir nach der Pflicht Unseres (Notker Labeo) aus Sankt Gallen übersetzte vor 1020 Amtes die Uns zu Gebot stehenden Kräfte entgegen den Vermerk „für den vierten Tag der Woche“, den ...“ (zitiert nach Friedrich Wilhelm Bautz, GREGOR griechische und lateinische Bibelausgaben am Beginn XIII., Papst). Die Morde an Protestanten in der des Psalm 93 (in der Lutherbibel Psalm 94) haben, „Bartholomäusnacht“ in Paris vom 23./24. August mit „in míttauuechun“ und erreichte damit, dass die 1572 feierte er in Rom mit Gotteslob („Te Deum“), deutsche Sprache im Unterschied zu einigen Prozession und Gedenkmünze — wusste aber viel- Nachbarsprachen den „Mittwoch“ nicht mehr nach leicht nicht, was in Paris wirklich geschehen war. Merkur benennt (Borst, 68). 31 H. Rahner, 103, nach Franz Boll (1867-1924), In der polnischen Sprache führen nur der Monat Hebdomas, in: Pauly’s Realencyclopädie der classi- marzec (März) und der Wochentag sobota (Samstag) schen Altertumswissenschaft, begründet von August die alten Namen weiter. Die anderen Monatsnamen Friedrich Pauly, hg. Georg Wissowa u.a., VII. 1912, drücken jahreszeitliche Prägung in der eigenen Spra- 2547-2578, 2577. che aus.
11 schiedlicher Kalender. So sind in Syrien und jüdische Kalender ist jedoch kein reiner Mond- dem Iraq neben den arabischen Bezeichnungen kalender, denn der Nisan ist zugleich immer des islamischen Kalenders alte aramäische ein Frühlingsmonat und Pessach wird immer Monatsnamen (für den von Rom und der im Frühling begangen 35 . Da also eine Anbin- Christenheit verbreiteten westlichen Kalender) dung eines Jahres aus grundsätzlich zwölf gebräuchlich, die den hebräischen Bezeichnun- Mondzyklen an das Sonnenjahr und den Früh- gen des jüdischen Kalenders eng verwandt sind. lingspunkt erforderlich ist, wird in einem Zy- Auch diese Namen, die eine babylonische Vor- klus von neunzehn Jahren im 3., 6., 8., 11., geschichte haben, gehen auf alte Kulte zurück. 14., 17. und 19. Jahr ein Schaltmonat nach Nationale Feier- und Gedenktage werden in der dem sechsten Monat eingefügt. Dieser Monat jetzigen Arabischen Republik Syrien mit diesen II hat 29 Tage, gleichzeitig wird aber im Bezeichnungen benannt. Auch die Türkei Schaltjahr auch der I von 29 auf dreißig kennt zwei Reihen von Monatsnamen, die ge- Tage erweitert. In einem neunzehnjährigen wöhnlich gebrauchten eigenen Namen (für den Zyklus bleibt so das Mondjahr dem Zyklus des westlichen Kalender), die teils der orientali- Sonnenjahres nahe36 . schen, teils der römischen Tradition entnom- men sind, und die islamischen Namen in türki- scher Schreibung (für den islamischen Kalen- zung von Heinrich Clementz II, 15, 1). Für jüdisches der). Das Gesetz Nr. 4696 der Türkischen ähnlich wie für islamisches Verständnis beginnt der Republik vom 10. Januar 1945 ersetzte die Tag mit dem Sonnenuntergang (s.u.), religionsge- Namen altorientalischer Herkunft schichtlich betrachtet vermutlich ein Erbe der Bedeu- , , Kanunievvel und tung, die die Verehrung des Mondes (Schin) in Baby- lon hatte (H. Stegemann, 236). Der Abend nach dem Kanunisani durch die türkischen Be- 14. Nisan ist der Beginn des Pessach, des 15. Nisan. zeichnungen Ekim („Feldbestellung“ — Okto- Den Festbeginn am Vorabend, um Mitternacht oder ber), Kasım (der Tag des Winteranfangs am 3. vor Sonnenaufgang kennen auch das christliche November und nun auch der ganze Monat Weihnachts- und Osterfest. Möglicherweise hat es im November), Aralık („Zwischenzeit“, bezeich- frühen Mittelalter auch christliche Tagesdatierungen nete einmal den islamischen Monat Zilkade gegeben, die mit dem Sonnenuntergang begannen (A und nun den Dezember) und Ocak („Feuer- Handbook of Dates, 16, Anm. 16). stelle, Herd, Kamin“ — Januar). 35 Die Hebräische Bibel setzt dies voraus. Das Ge- betbuch von Samson Raphael Hirsch (1808-1888) 3.3. Pessach und Ostern erläutert zu Pessach, Schawuot und Sukkot: „Ein je- des dieser Feste hat zuerst zwei Beziehungen: eine Nach dem wöchentlichen Sonntag ist das jahreszeitliche und eine geschichtliche. Nach der jah- jährliche Osterfest das grundlegende christliche reszeitlichen sind sie hochfreudige Zeiten Fest. Auch dieses Fest verkündigt die Aufer- des Frühlings, der ersten Fruchtreife im Sommer, der weckung Jesu Christi von den Toten. Nach Ernte im Herbst. Nach der geschichtlichen: dem Fest dem Neuen Testament ereigneten sich Tod der Befreiung, dem Fest der Gesetzgebung und dem und Auferweckung Jesu in (zeitlichem und Fest des Hüttenlebens in der Wüste sind sie Moadej Kodesch, von Gott zu unserer Zusammenkunft mit sachlichem) Zusammenhang mit dem jüdischen Ihm bestimmte Zeiten, indem wir aus dem Gedächt- Fest Pessach — seine Auferweckung dabei am nis der grossen Gottestaten unserer nationalen ersten Tag der Woche. Durch diese Bindung an Gründungsgeschichte das Bewusstsein von Gottes Pessach, damit auch an die nomadischen innnig [sic!] naher Beziehung zu uns und von unse- Kulturen des Nahen Ostens, ist der rer, unsere Heiligung bedingenden Beziehung zu Gott Christenheit die völlige Loslösung vom stets auf neue schöpfen“ (Siddur, 595). Mondkalender nicht möglich. Die christlichen 36 Nach dem griechischen Astronomen Meton (5. Kalender bemühen sich um ein exaktes Son- Jahrhundert v. Chr.) wird er als „Metonischer Zy- nenjahr und berechnen zugleich ihr wichtigstes klus“ bezeichnet, wurde aber bereits im 6. Jahrhun- Fest nach dem Mondumlauf. dert v. Chr. in Babylonien verwendet (Pichot, 126) Pessach beginnt im jüdischen Kalender, dessen und wird von der chinesischen Überlieferung zwei Monate (ebenso wie die des späteren islami- Jahrtausende früher datiert (David Ewing Duncan, 38). Ein Metonischer Zyklus von 235 Monaten (125 schen Kalenders) dem Mondumlauf entspre- Monaten zu 30 Tagen und 110 Monaten zu 29 Tagen) chen, mit dem Seder („Ordnung“) am Abend in 12 Gemeinjahren mit je 12 Monaten und 7 nach dem 14. des Monats Nisan (nach Exodus Schaltjahren mit je 13 Monaten enthält 6940 Tage. / 2. Mose 12, 6.18; Leviticus / 3. Mose 23, 5; 235 synodische Monate dauern 6939,688 Tage und Numeri / 4. Mose 28, 16; Josua 5, 1034 ). Der neunzehn tropische Jahre 6939,602, so dass der Un- terschied zwischen Sonnen- und Mondlauf während eines Metonischen Zyklus nur 0,086 Tage beträgt 34 vgl. Flavius Josephus (gest. nach 105), Antiqui- (Husfeld / Kronberg, Astronomisches Kalenderwe- tates Judaicae (Jüdische Altertümer, in der Überset- sen).
12 In dem noch weiter differenzierten System be- Der Nisan beginnt also nahe der Frühlingstag- steht für die Zwecke der Kalenderberechnung undnachtgleiche38 . In einem Kalender, in dem eine Stunde aus 1080 „Teilungen“ ( der Monat dem Mondumlauf folgt, mit der ers- und der Monat, so lange er nicht verlängert ten Sichtung der Mondsichel nach Neumond wird, aus 29 Tagen, 12 Stunden und 793 beginnend, bezeichnen die durchlaufend ge- . Bei der Ermittlung des nächsten Neu- zählten 29 oder 30 Tage des Monat zugleich jahrstermin werden grundsätzlich 12 bzw. 13 das „Mondalter“. Der Vollmond wird am 14. solcher Monate vom letzten Neujahrstag an des Monats erwartet39 . Gerade an der gezählt. Dann werden fünf Fälle von „Auf- biblischen Erzählung, die die Verlässlichkeit der schüben“ ( t) beachtet: Sie verhin- Rhythmen zusagt, auf die sich Zeitwahrneh- dern, dass im beginnenden Jahr der siebte Tag mung stützt, kann eine Übersetzung die Tages- des Laubhüttenfestes (Hoshana Rabba) auf ei- zählung nach dem Mondalter betonen, wie nen Sabbat und der Große Versöhnungstag immer auch biblische und nachbiblische Schrif- ( ) sowie Neujahr (Rosh Ha-Shana) ten die Beziehung von Monat, Mond- und auf den Tag vor oder nach Sabbat fallen sowie, Sonnenjahr voraussetzen mögen: dass das neue Jahr mit seinen ersten „Im Jahr der sechshundert Jahre des Lebens an einem Nachmittag vor dem Neumond be- Noachs, in der zweiten Mondneuung, am ginnt. Neujahr kann dabei niemals auf einen siebzehnten Tag auf die Neuung, Sonntag, Mittwoch oder Freitag fallen. Am an diesem Tag Beginn eines Gemeinjahres werden für den Jah- aufbrachen alle Quellen des großen Wirbels, resbeginn auch die Morgenstunden des Diens- und die Luken des Himmels öffneten sich.“ tag und nach einem Schaltjahr einige Vormit- SEINE Zusage nach der Flut ist: tagsstunden des Montag ausgeschlossen. Die Beachtung dieser Regeln führt gegebenenfalls „[...] hinfort soll, alle Tage der Erde, zur Verlängerung des Jahres um einen oder zwei Saat und Ernte, Tage. Diese Verlängerung des Jahres wird dabei Frost und Glut, nicht durch Verlängerung des letzten Monats Sommer und Winter, ( ), sondern durch Verlängerung zunächst des dritten ( ) und gegebenenfalls 38 Er beginnt jeweils einige Tage vor oder nach der zusätzlich auch des zweiten Monats Tagundnachtgleiche. Die Angabe Hugo Rahners, der ( ) durchgeführt. So können den Nisan eröffnende Neumond „war stets der dem Gemeinjahr (353-355 Tage lang) wie Schalt- Frühlingsäquinoktium unmittelbar folgende“ (103) ist zumindest in dem oben genannten Kalendersystem jahr (383-385 Tage lang) in abgekürzter, or- nicht (mehr) durchführbar. dentlicher und überzähliger Form auftreten, so 39 Diese mit der Länge des Mondumlaufs gegebene dass sich sechs unterschiedlich lange Jahre er- geben. und offensichtliche Tatsache ist im äthiopischen He- nochbuch 78, 6 formuliert. Das astronomische Buch Die Jahre werden als „Jahre der Welt“ (lateini- des äthiopischen Henochbuchs (72-82) betont im Un- sche Abkürzung: A. M. für „anno/anni mundi“) terschied zu dem jüdischen Kalender, der sich durch- gezählt. Der erste Tag des jüdischen Kalenders setzte, ein Sonnenjahr aus 364 Tagen. Dasselbe gilt ist der Tag der Erschaffung der Welt und für das Jubiläenbuch 36, 32, das dieses Jahr auf Noah entspricht im Julianischen Kalender dem 7. zurückführt. Oktober 3761 v. Chr.37 . Das Jahr von 364 Tagen in vier mal dreizehn Wochen wird im 6. Jahrhundert v. Chr. eingeführt worden sein. Innerhalb von sechs Jahren waren in ihm alle 24 Priesterfamilien gleichmäßig auch zu den Festen am Tempeldienst beteiligt. Nach 49 Sechs-Jahres-Zyklen Der 304. neunzehnjährige Zyklus begann mit dem war wieder der Ausgangspunkt erreicht. Die Stim- Jahr 5758, nach dem Gregorianischen Kalender am migkeit dieses Kalenders sprach „deutlich dafür, daß Abend vor dem 2. Oktober 1997. es sich um die gottgewollte Urordnung des Kosmos handeln müsse“. Er war vermutlich für den Jerusale- 37 Der emeritierte Hebraist Alan D. Corré stellt die mer Tempelkult in Kraft, bis erstmals der Hohepries- Tradition dar, nach der die Welt im Jahr 1 „wüst und ter Menelaos 167 v. Chr. und nach ihm wieder Jona- öde“ (Genesis / 1 Mose 1, 2) war, bis Gott am 24. tan im Jahre 152 v. Chr. (nach der makkabäischen 1 das Licht erschuf, so dass das Jahr 2 am 1. Erneuerung) den babylonischen Mondkalender aus Tishri mit dem ersten Sabbat, dem siebten Tag, 354 Tagen in Kraft setzte. Es gab also im 1. Jahrhun- begann. dert v. Chr. offenbar eine innerjüdische Auseinander- Die Einführung der genannten Details des jüdischen setzung um die Frage, ob nicht der Sonnenkalender Kalenders wird Rabbi Hillel II. für das Jahr 359 der besser der Schöpfung entspricht als der damals christlichen Zeitrechnung zugeschrieben. Die international und vielleicht schon regional im jüdi- historische Geltung von Einzelheiten, insbesondere schen Alltag praktizierte Mondkalender (nach H. für die Zeit davor, ist unsicher. Stegemann, 231-241, Zitat 234).
13 Tag und Nacht 2. Jahrhundert der christlichen Zeitrechnung niemals feiern.40 “ zu Auseinandersetzungen44 . Zur Zeit Jesu wurde Pessach am 14./15. Nisan, Nach kirchlichen Darstellungen kam es vor, am ersten Vollmond nach der dass im 2. oder 3. Jahrhundert bei der jüdischen Frühlingstagundnachtgleiche, begangen. Festberechnung der Pessachtermin nach Ta- Jesus starb nach allen vier Evangelien an ei- bellen der Mondphasen ermittelt wurde, ohne nem Freitag41 . Nach dem Johannesevangelium die Tagundnachtgleiche zu berücksichtigen. war dies der Tag vor dem Pessach, also der 14. Dadurch konnten zwei Pessachtermine „in ein Nisan (19, 14.31). Für die drei anderen Evan- Jahr“45 (d.h. zwischen zwei Frühlingstagund- gelien feierte Jesus Seder (den Abend nach dem nachtgleichen) fallen. Durch unterschiedliche 14. Nisan) noch vor seinem Tod. Der sich an- Voraussetzungen zum Ostertermin konnten bis schließende Freitag, Jesu Todestag, war also für Ende des 4. Jahrhunderts vier verschiedene Er- sie der 15. Nisan. Die kirchliche Kalenderbe- gebnisse von Osterberechnungen auftreten. rechnung ist an dieser Stelle schließlich dem Johannesevangelium gefolgt. In Diskussionen 3.4. Richtige Osterfeier durch ein Konzil? um die Osterfeier wie in anderen kirchlichen Auseinandersetzungen versuchten andererseits Auch der Versuch der Lösung der Osterfrage besonders Richtungen aus dem Osten des Rei- verbindet sich mit dem Namen des Kaisers ches, die von der sich durchsetzenden Großkir- Konstantin I. Nachdem schon 314 christlicher che abwichen, sich auf den Apostel Johannes Zeitrechnung eine Synode von Arles die Oster- als eigenständige Quelle ihrer Überlieferungen feier „an einem Tag zu einer Zeit auf dem zu berufen, denn dieser erhielt zwar nicht wie ganzen Erdkreis“ gefordert hatte, bemühte Petrus von Jesus Christus „die Schlüssel des sich das vom Kaiser einberufene Erste Ökume- Himmelreichs“ zugesprochen (Matthäus 16, nische Konzil von Níkaia ( 325, unter 19), aber er lag zu Tisch „an der Brust Jesu“ anderen entscheidenden theologischen Fragen (Johannes 13, 25; vgl. 21, 20)42 , war ihm also auch diese Gegensätze zu überwinden, bekräf- besonders vertraut. tigte die genannte Forderung und legte nach Das Neue Testament bezeugt, dass Jesus am den auf uns gekommenen Überlieferungen für dritten Tag vom Todestag aus gerechnet von die Christenheit des römischen Reiches fest, dass Ostern der erste Sonntag nach dem vier- den Toten auferweckt wurde43 . zehnten Tag des Paschamonds ist, wobei letz- Offenbar haben christliche Kirchen — wie es terer nach der Frühlingstagundnachtgleiche vom neutestamentlichen Sachverhalt her auch liegen muss. Dabei ist bis heute die Tagund- völlig naheliegend ist — teilweise am Tag des nachtgleiche gemeint, zu der auf der Nord- Pessach Tod und Auferweckung Jesu im Oster- halbkugel der Erde Frühling ist. Das Konzil fest begangen (so bis in die folgenden Jahrhun- nahm dabei offenbar nach alexandrinischer derte in der Provinz Asia Minor), teilweise am Sicht den 21. März als frühesten Termin dieses Sonntag n a c h diesem Tag besonders die Vierzehnten, des Frühlings-, bzw. Paschavoll- Auferweckung (am ersten Tag der Woche) in monds fest an, eine Bestimmung, der die ihrer Feier hervorgehoben. Es kam hierüber im kirchliche Osterrechnung ebenfalls heute folgt. Wahrscheinlich wurde das Patriarchat von 40 Die fünf Bücher der Weisung. Verdeutscht von Martin Buber gemeinsam mit Franz Rosenzweig, Im 44 Von dem Streit zwischen „Quatrodezimanern“ Anfang 7, 11; 8, 22. („Anhängern des vierzehnten [Nisan / Paschamon- 41 Markus 15, 42; Matthäus 27, 62; 28, 1; Lukas des]“) und der übrigen Kirche zur Zeit des Papstes Viktor I. (Papst von 189-198/199) um die Feier am 23, 54; Johannes 19, 31.42. Der Sabbat beginnt mit 14. Nisan oder an einem Sonntag berichtet Eusebius dem Sonnenuntergang (s. o.). von Caesarea, Kirchengeschichte, V, 23-26. Die 42 vgl. Eusebius von Caesarea (um 260 - 339/340), Rückschau im dort wiedergegebenen Brief des Kirchengeschichte III, 24, 3; vgl. V 24, 16 (Irenäus Irenäus von Lyon (um 130 - um 200) gibt an, dass von Lyon); Beda Venerabilis (um 673 - 735), Histo- die Kontroverse bereits zur Zeit des Papstes Sixtus I. ria Ecclesiastica gentis Anglorum / Kirchengeschichte (Papst um 115 - um 125) bestand. des englischen Volkes III, 25 (Ausgabe von Günter 45 Kaiser Konstantin in seinem Brief Über die Spitzbart, 288). Osterfeier an die Nichtteilnehmer des Konzils von 43 Lukas 24, 46; 1. Korinther 15, 4, vg. Hosea 6, 2. Níkaia (Eusebius von Caesarea, Vita Constantini Es war auch römische Zählweise, den Anfangs- und [Leben des Konstantin], III., 18-20), dem im Wort- Zieltag mitzuzählen. laut erhaltenen Dokument des Konzils zur Osterfrage.
14 Alexándreia damit betraut, den Termin zu er- Kirche, der diese Aussage mit ihrer Betonung, mitteln und der Reichskirche mitzuteilen.46 dass Ostern immer nach Pessach zu begehen Schriftlich festgehalten ist, dass die Synode ist, „gültige Bestimmung“49 ist, verstieß die von Antiócheia am Orontes (Antakya, 341 n. gesamte westliche Christenheit gegen diese Chr.) in ihrem Kanon 1 festlegte, dass Laien, Bestimmung, als sie aufgrund der Gregoriani- die der Entscheidung des Konzils „betreffs des schen Kalenderreform etwa am 26. März 1815 heiligen und heilsamen Osterfest“ beharrlich zum Pessachtermin Ostern feierte50 . widerstehen, exkommuniziert und aus der Kir- Die Ostkirchen betonen heute in Kirchenge- che ausgeschlossen werden sollen. „Wenn einer sprächen, dass die Entscheidung des Konzils die von denen, die in der Kirche vorstehen, sei er Bischof, Presbyter oder Diakon, sich nach diesem Dekret anmaßt, sein eigenes privates Boumis, 146), traf der 2. Kanon des 5./6. (Trullani- Urteil anzuwenden zur Zerrüttung des Volkes schen) Ökumenischen Konzils. Nach dem 5. (553) und Verwirrung der Gemeinden, indem er und 6. Ökumenischen Konzil (680-681) in Konstan- Ostern mit den Juden [zur selben Zeit] feiert, tinopel, die keine Kanones beschlossen, wird die Ge- so entscheidet die Heilige Synode, dass er der setzgebung des Ökumenischen Konzils „im Trullo“, dem Kuppelsaal des Kaiserpalastes von Konstantino- Kirche ein Fremder sei als einer, der nicht nur pel (691-692), als Ergänzung beider angesehen und Sünde auf sich selbst häuft, sondern der auch dieses Konzil als „5./6.“ (griechisch: / die Ursache der Zerstörung und Zerrüttung für Penthékte; lateinisch: Quinisextum) bezeichnet viele ist, und sie enthebt nicht nur solche Per- (Boumis, ebd.). sonen selbst ihres Amtes, sondern auch dieje- 49 G. Voss, Kosmische Symbolsprache, 220. nigen, die nach ihrer Amstenthebung sich an- maßen, mit ihnen die Kommunion zu empfan- 50 H. Thurston, Easter Controversy; Lewis Patsavos, gen.“47 Christian Classical Ethereal Library at the Calvin College. Der serbische Physiker Der Kanon 7 der Apostel ordnet entsprechend spricht von fünfzehn Fällen, an denen das westliche an: „Wenn ein Bischof, Presbyter oder Diakon Ostern vor oder zum Pessach lag. Ein gregorianischer das Fest des Pascha vor der Frühlingstag- Ostertermin vor Pessach ist auch für 2005 zu erwarten undnachtgleiche mit den Juden feiert, soll er (H. Metz). The Service Book of the Holy Orthodox seines Amtes enthoben werden.“48 Für eine Catholic Apostolic Church von Isabel Florence Hapgood (1850-1928), das vermutlich erste ins Eng- lische übersetzte orthodoxe Werk, formuliert: „Die 46 Dieser Abschnitt nach Herbert Thurston, Easter Östliche Kirche beachtet nach wie vor die vom Kon- Controversy, der sich für die letztgenannte Annahme zil von Níkaia (325 n. Chr.) festgelegte und heute auf einen Brief des Papstes Leo I. des Großen (Papst von der westlichen Kirche missachtete Regel, dass 440-461) an den oströmischen Kaiser Markian (396- das christliche Ostern niemals dem jüdischen Pessach 457) bezieht (Jacques-Paul Migne [1800-1875], Pa- vorausgehen oder mit ihm zusammenfallen soll, son- trologia cursus completus. Series latina LIV, 1055). dern ihm immer folgen muss. Ostern kann nicht frü- Problem aller Auslegungen der Regel des Konzils her als der 5. April oder später als der 8. Mai fallen. von Níkaia ist, „daß der genaue Wortlaut des Kon- Der für die Zwecke der Osterermittlung verwendete zilsbeschlusses nicht überliefert ist, ja daß es einen Vollmond ist der vierzehnte Tag eines lunaren Mo- schriftlich formulierten Beschlußtext wohl gar nicht nats, der nach der altkirchlichen Berechnung ermittelt gegeben hat“ (Gerhard Voss, Kosmische Symbolspra- wird, nicht der wirkliche astronomische Vollmond“ che, 220). Einen Überblick über die Quellenlage zu (Übersetzung der bei Matushka Nancy Gilbert zitier- den Konzilsentscheiden gibt Anthony N. S. Lane. ten Stelle der Ausgabe von 1921). Die angegebenen 47 übersetzt nach Christian Classics Ethereal Library Daten drücken die östlichen Ostertermine in Daten des Gregorianischen Kalenders für die Jahre von 1900 at Calvin College bis 2099 aus. < http://www.ccel.org/fathers/NPNF2- Das Zusammentreffen der Feste war auch vor den 14/2ancyra/Antcns.htm> (05.02.2002) und Schaltjahrregelungen der Gregorianischen Reform < http://www.ccel.org/fathers/NPNF2- durch im Westen verwendete tabellarische Berech- 14/2ancyra/Antcn1.htm> (05.02.2002). nungen möglich. Daniel P. McCarthy, 18, hat u.a. 48 Konstitutionen und Kanones der Apostel, 8. Buch errechnet, dass in einem 84-jährigen Osterzyklus (s.u. LXVII, 8 (übersetzt nach Apostolic Constitutions and 3.5.) das Mondalter 15 mit dem 14. Nisan des neun- Canons). Die Schrift, die sich selbst als Lehre der zehnjährigen Pessachzyklus zusammenfallen kann. Apostel, weitergegeben durch Clemens von Rom, Selbst in neunzehnjährigen christlichen Zyklen darstellt, wird nicht vor dem 3. Jahrhundert entstan- konnte dies durch die Ansetzung des saltus lunae den sein. Nur der Schlussteil dieser Schrift, die 85 (s.u. 3.5.) geschehen. „Kirchlichen Kanones derselben Heiligen Apostel“, Während die hier vorgelegten Hinweise die Eindeu- denen das obige Zitat entstammt, ist für die ortho- tigkeit der Feier als Hauptmotiv des Konzilsent- doxe Kirche kanonisches Recht. scheids vermuten, nennt als Absicht Die Festlegung, „welche Kanones als Regeln der des Konzils an erster Stelle die Trennung von Ostern ganzen Kirche angesehen werden können“ (Panagiotis und Pessach.
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