Homeoffice gefragt wie nie - Arbeitnehmerkammer Bremen

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Homeoffice gefragt wie nie - Arbeitnehmerkammer Bremen
November / Dezember 2021

        Homeoffice gefragt wie nie
             Beschäftigte zu Digitalisierung und Corona-Krise befragt

Betriebsrat? Na klar!        Gleichstellung in Schweden       KI in der Arbeitswelt
Fragen und Antworten         Grarantierte Ganztagsbetreuung   Interview mit einem Forscher für
für Beschäftigte             und Väter in Elternzeit          künstliche Intelligenz
Homeoffice gefragt wie nie - Arbeitnehmerkammer Bremen
BAM — November / Dezember 2021                                                                 Inhalt

      Galerie der Arbeitswelt                       Verbrauchertipp: Versicherungen               Geflüchtete in Ausbildung
      Seite 16                                      Seite 10                                      Seite 14

                                                                           SERVICE & BERATUNG
      Inhalt                                                               10			      Verbrauchertipp
                                                                                      Welche Versicherung b
                                                                                                          ­ rauche ich?

                                                                           11			      Fragen & Antworten
                                                                                      Betriebsrat? Na klar!
      THEMEN
                                                                           22			      Alles, was Recht ist

                Schwerpunkt                                                           Rechtstipp / Rechtsirrtum: Mein Arbeitgeber
      6			      Homeoffice gefragt wie nie                                            darf keine Betriebsferien anordnen – stimmt
                Beschäftigte zu Digitalisierung und                                   das?
               ­Corona-Krise befragt
                                                                           23			    Drei Fragen
      14			      Ausbildung mit Hürden
                                                                                    zum Weihnachtsgeld
                 Beruflicher Einstieg für Geflüchtete

      18		       „Je sozialer die Aufgabe, desto weniger                   IN JEDEM HEFT
                 schnell wird sie von KI ersetzt“
                 Interview mit einem Forscher                              3			       Editorial
                 für künstliche Intelligenz
                                                                           4			       Die Bremer Arbeitswelt in Zahlen
      20			      Gleichstellung in Schweden                                           Minijobs im Land Bremen
                 Garantierte Ganztagsbetreuung und
                 viele Väter in Elternzeit                                 5			       Kurz gemeldet

                                                                           12			      Tipps & Termine

                                                                           13			      Veranstaltungskalender
                                      Aktuelle politische Inhalte
         BAM                         und Service-Informationen             16			    Galerie der Arbeitswelt
        im Abo?                     von uns finden Sie auf T
                                                           ­ witter
                                                                                    Die Musicaldarstellerin
                                        (@ANK_HB), facebook

                                e    (Arbeitnehmerkammer Bremen),          22			      Impressum
                 er.d
  bam@ ehmerkamm                          ­YouTube und Xing.
         n
  arbeit                                                                   23			      Cartoon

                                                                           24			      Beratungsangebote & Öffnungszeiten

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Homeoffice gefragt wie nie - Arbeitnehmerkammer Bremen
Editorial                                                 BAM — November / Dezember 2021

                                                                 EDITORIAL

                        #first7jobs
                                                                 Gemeinsam
                                                                 stark
                        Kellner? Babysitter? Oder doch
                         eher Marketing-Hase in der Fuß-
                         gängerzone? Wir haben prominente
                        ­Bremerinnen und Bremer gefragt,
                        wie sie ihre Berufslaufbahn be­­
                         gonnen haben.

                        Ein Kapitän wird zur Landratte:
                        In den vergangenen Jahren war
                        Stephan Berger abwechselnd drei
                        Monate auf See und drei zu Hause
                        in Elsfleth. Doch damit ist seit Mai
                        Schluss, als Kapitän der bremi-
                        schen Häfen arbeitet er jetzt von                                   Peter Kruse
                        seinem Schreibtisch in Bremer­                                    Präsident der
                        haven aus.                                                 Arbeitnehmerkammer
                                Im Münsterland aufgewach-                                      Bremen
                        sen brachte Berger ein Schüler-
                        praktikum bei Hapag-Lloyd aufs
                        Wasser. Nach seinem Nautikstu-
                        dium arbeitete er sich hoch bis          Liebe Leserinnen und Leser,
                        zum Kapitän zur See.
                                Jetzt koordiniert und orga-      2021 ist das Jahr der Jubiläen: Nicht nur wir feiern mit dem 100-Jährigen ein
                        nisiert Berger die Arbeit in den         besonderes Jahr, auch der Deutsche Gewerkschaftsbund Bremen begeht in die-
                        Häfen in Bremen und Bremer­haven.        sem Jahr sein 75-jähriges Bestehen. Gewerkschaften und Arbeitnehmerkammer
                        Er ist zuständig für die Sicher-         haben in Bremen von Anfang an eng zusammengearbeitet. Uns eint ein gemein-
                        heit, dazu gehört die Überwachung        sames Ziel: die Arbeits- und Lebensbedingungen von Arbeitnehmerinnen und
                        der Schleusen, die Kontrolle des         Arbeitnehmern zu verbessern.
                        Gefahrguts und die Entsorgung des
                        Schiffsabfalls.                          Während die Mitgliedsgewerkschaften des DGB gemeinsam mit den Kolleginnen
                                                                 und Kollegen in den Betrieben für Tarifverträge, höhere Löhne, bessere Arbeits-
                        Stephan Bergers bunt gemischte           bedingungen und mehr Mitbestimmung streiten – und manchmal auch strei-
                        erste Jobs steuerten gezielt in          ken –, geben wir den Interessen der Beschäftigten zum Beispiel gegenüber Politik
                        Richtung Wasser:                         und Verwaltung eine Stimme. Zudem liefern wir als Kammer wichtige Kenntnisse
                           Erntehelfer (Kartoffeln per Hand      über Wirtschaft und Arbeitsmarkt und wir nehmen Branchen und Arbeitsbedin-
                           auflesen)                             gungen unter die Lupe, um so die Situation von Arbeitnehmerinnen und Arbeit-
                           Hausmeisteraushilfe in der            nehmern deutlich zu machen und zu verbessern.
                           Musikakademie
                           Webdesigner in einer Werbe-           Wir danken dem DGB deshalb, dass er gemeinsam mit uns eine lautstarke Stimme
                           agentur                               der Beschäftigten ist und mit uns für eine gerechte Arbeitswelt einsteht. So ist
                           Englisch-Tutor in der VHS             es auch unserem gemeinsamen Vorgehen zu verdanken, dass Bremen als erstes
                           Fahrkartenabreißer bei einer          Bundesland einen Landesmindestlohn eingeführt hat. Dies zeigt: Gemeinsam sind
                           Inselreederei                         wir stark und wirkungsvoll.
                           Ausbilder für Schiffsmechaniker
                           und Schiffsmechanikerinnen            Lieber DGB, herzlichen Glückwunsch und wir freuen uns auf das weitere gute
                           Kapitän auf Containerschiffen         Miteinander!

                                                                 Ihr Peter Kruse

                                                                 ­Kontakt:     bam@arbeitnehmerkammer.de
Foto: P. Eisenschmidt

                                 Stephan Berger

                                                                                                                                                    — 3
Homeoffice gefragt wie nie - Arbeitnehmerkammer Bremen
BAM — November / Dezember 2021

       DIE BREMER ARBEITSWELT IN ZAHLEN                                                                     Im Dezember 2020
                                                                                                       arbeiteten im Land Bremen

       Minijobs –                                                                                         über 38.000 Menschen
                                                                                                       ausschließlich im Minijob*.

                                                                                                                                          Quellen: Koordinaten der Arbeit im Land Bremen. Befragung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern 2021, Studie von infas im Auftrag der Arbeitnehmerkammer Bremen sowie * Statistik der Bundesagentur für Arbeit, Beschäftigtenstatistik
       kleine Jobs, große Probleme                                                                      In unserer Beschäftigten-
                                                                                                           befragung haben wir
                                                                                                          Anfang 2021 diejenigen
                                                                                                           von ihnen interviewt,
                                                                                                       die mindestens 5 Wochen-
       Unsichere Arbeitsverhältnisse, schlechte Bezahlung und                                                stunden arbeiten.
       keine soziale Absicherung: Eine Reform der Minijobs ist
       überfällig. Unsere Beschäftigtenbefragung zeigt die prekären
       Rahmenbedingungen.
       Illustration: Marco Agosta, Asja Beckmann

                     32%                               12%                                15,5 %
        erhielten nur den           Mindestlohn        gaben an, sogar                    arbeiten auf
                                                                                                                      Der Arbeitgeber
             gesetzlichen                              weniger als                        Abruf. Das sind
                                                                                                                        entscheidet
             Mindestlohn.                              den gesetzlich                     mehr als doppelt             spontan nach
                                                       vorgeschriebenen                   so viele wie bei           Bedarf, wann und
                            33 %      9,50€**          Mindestlohn zu                     allen befragten               in welchem
                                                                                                                     Umfang die Arbeit
                                                       verdienen.                         Beschäftigten (6%).
                                                                                                                       zu leisten ist.

      ** seit 1.7.21 9,60 Euro,                  12%
         vorher 9,50 Euro

                                                                                                                ausländische oder
                                  Gewünschte Arbeitszeit                   Bei 73% der Minijobs
                                                                                                            andere Abschlüsse
       75%                        59% sind nicht zufrieden                 ist kein Abschluss                                 kein
       arbeiten weniger           mit ihrer Stundenzahl,                   gefragt. Aber        akademischer     8%           Abschluss
       als 12 Wochen-             sehr viele würden gerne                  70% der Mini-           Abschluss
                                                                                                             22 %       30%
       stunden. Im                mehr arbeiten: 31% wünschen              jobberinnen und
       Durchschnitt sind          sich eine Teilzeitstelle von             Minijobber haben
       es 10,5 Wochen-            20 bis 35 Stunden, 9% hätten             einen Abschluss.
       stunden.                   sogar gerne eine Vollzeit-                                                          40%
                                  stelle.
                                                                                                                Berufsabschluss

                                                   Weiterbildungs-               Hohe Risiken in der Corona-Krise
       70 %                                        möglichkeiten
       haben keine                                 im Betrieb                                               Minijobberinnen
       Weiterbildungs-                             Vollzeit-Beschäftigte   Bei 12%                          und Minijobber
       möglichkeiten                                                       wurden Arbeitsstunden            haben auch keinen
                                                   51%
                                                                           gekürzt. Da für Minijobs         Anspruch auf
       im Betrieb.                                 Teilzeit-Beschäftigte                                    Arbeitslosengeld.
                                                                           keine Beiträge in die
                                                   39%                                                      Dabei haben in der
                                                                           Arbeitslosenversicherung
                                                   Minijobber                                               Pandemie viele
                                                                           eingezahlt werden, gab es
                                                   30%                                                      ihren Job ganz
                                                                           für sie kein Kurzarbeitergeld.   verloren.

— 4
Homeoffice gefragt wie nie - Arbeitnehmerkammer Bremen
BAM — November / Dezember 2021

                           Kurz
                           gemeldet
                                                                                        Studie: Fachkräfte
                                                                                        gebraucht für die
                                                                                        ­ökologische Wende
                                                                                        Das Land Bremen plant Strategien und Maßnahmen zum
                                                                                        Klimaschutz, die von Fachkräften und Spezialisten umge-
                                                                                        setzt werden müssen. Die Arbeitnehmerkammer hat jetzt
                                                                                        in einer Studie untersuchen lassen, ob dieser Arbeits­
                                                                                        kräftebedarf von dem in der Region zur Ver­fügung stehen­
                                                                                        den Angebot gedeckt werden kann. Ein Ergebnis ist, dass
                                                                                        Fachkräfteengpässe in für Klimaschutzmaßnahmen rele-
                                                                                        vanten Berufen die Umsetzung der im Land Bremen
                                                                                        geplanten Strategien gefährden können. Denn der Mehr-
Foto: © Pressestelle FSU

                                                                                        bedarf liegt bei bis zu 8,5 Prozent. Gleichzeitig ­werden
                                                                                        Beschäftigte, die aus Altersgründen ausscheiden, nicht
                                                                                        durch vor Ort ausgebildete Nachwuchskräfte ersetzt
                                                                                        ­werden können, sofern nicht deutlich mehr ausgebildet
                                                                                         wird.

                           Veranstaltungstipp im November: Klaus Dörre liest            Download der Studie „Ökologische Trans­formation
                           aus „In der Warteschlange. Arbeiter*innen und die            und duale Ausbildung in Bremen. Analyse des
                           radikale Rechte“ (weitere Infos auf Seite 13)                ­Fachkräftebedarfs und -angebots“ unter
                                                                                            www.arbeitnehmerkammer.de/downloads

                           „tekst“ –
                           ­Veranstaltungsreihe zu
                            Fragen der Zukunft
                           Autorinnen und Autoren lesen aus ihren aktuellen Roma-
                           nen oder Sachbüchern und stellen sie zur Diskussion. Das
                                                                                                                                 Foto: Unsplash

                           übergreifende Thema sind Zukunftsfragen: Warum ist
                           existenzsichernde, gute Arbeit elementar für die Gesell-
                           schaft – wie auch der Ausgleich der Lohnungleichheit
                           ­zwischen Frauen und Männern? Wieso ist gerade jetzt das­
                            Engagement der jüngeren Generation für eine gerechte
                            Klima- und Umweltpolitik entscheidend? Und welche           Hilfe bei Benachteiligung
                            Rolle spielt diese Generation für unser Zusammenwachsen
                            zu einer inklusiven, durch Vielfalt geprägten Demokratie?
                                                                                        und Ausgrenzung
                            Eine Veranstaltungsreihe der Arbeitnehmerkammer
                                                                                        Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes unterstützt bei
                            ­Bremen und der Kulturwerkstatt westend.
                                                                                        Diskriminierung und sexueller Belästigung. Sie informiert
                                                                                        telefonisch über Rechte und wie Betroffene diese durch-
                                                                                        setzen können und gibt Tipps zu wohnortnahen Bera-
                                                                                        tungsstellen. Auch online können sich Betroffene schnell
                                                                                        und einfach über Möglichkeiten im Falle einer Diskrimi-
                                                                                        nierung informieren. Dort auch in Gebärdensprache und
                                                                                        leichter Sprache.

                                                                                          0800 . 546 546 5 (kostenlos),
                                                                                        Montag bis Donnerstag, 9 bis 15 Uhr
                                                                                        www.antidiskriminierungsstelle.de

                                                                                                                                                    — 5
Homeoffice gefragt wie nie - Arbeitnehmerkammer Bremen
SCHWERPUNKT

Homeoffice
gefragt wie nie
— Beschäftigte zu Digitalisierung
und Corona-Krise befragt

Die Zahl der Beschäftigten, die
von zu Hause aus arbeiten, hat
sich seit Beginn der Corona-
Pandemie mehr als verdoppelt.
Das und mehr geht aus der dritten
Beschäftigtenbefragung hervor,
die die Arbeitnehmerkammer mit
dem Titel „Koordinaten der Arbeit
im Land Bremen“ vorgelegt hat

Text: Anne-Katrin Wehrmann – Fotos: Jonas Ginter
Homeoffice gefragt wie nie - Arbeitnehmerkammer Bremen
Schwerpunkt                                                           BAM — November / Dezember 2021

                                             ver­loren.“ Die Arbeit blieb trotzdem         Zeitgewinne durch eingesparte Arbeits-
                                             nicht liegen, auch wenn die Disziplinie-      wege sowie eine bessere Vereinbarkeit
                                             rung anders funktioniere als im Büro.         von Arbeits- und Privatleben als posi-
                                             Was er über die Monate beibehalten            tive Effekte hervor. Als Schwachpunkte
                                             hat, ist ein den Um­­ständen angepass-        werden Entgrenzungserfahrungen und
                                             ter bequemer Kleidungsstil: „Wenn ich         wenig Kontakt zu Kollegen und Vorge-
                                             nicht gerade in einer Video-­Konferenz        setzten gesehen.
                                             sitze, genieße ich es, in Jogging­hose
                                             und Sweatshirt zu ­arbeiten.“                 Sorge vor Ansteckungsrisiko und
                                                                                           gesellschaftliche Anerkennung
                                             Vorteile des Homeoffice                       ungleich verteilt
                                                                                           Nicht überraschend zeigt die Beschäf-

D
                                             ­überwiegen
            er Arbeitsplatz von Tobias        Ähnliche Erfahrungen wie Tobias              tigtenbefragung auch, dass mit 73 Pro-
            Seidel ist der Tisch in seinem    ­Seidel haben zuletzt Tausende Arbeit-       zent die weit überwiegende Zahl der
            Esszimmer. Als die Corona-­        nehmerinnen und Arbeitnehmer in             im Homeoffice Arbeitenden ihr Risiko
            Pandemie voriges Jahr über         ­Bremen gemacht. Zwischen 2019 und          als niedrig einschätzen, sich im beruf­
das Land hereinbrach, packten er und            2021 hat sich hier die Zahl der im         lichen Umfeld mit dem Corona-Virus zu
seine Büro-Kollegen von einem Tag auf           Home­office Arbeitenden von 19 auf         infizieren. Bei Berufsgruppen, die nicht
den anderen ihre Monitore und Laptops           41 Prozent mehr als verdoppelt: Das        von zu Hause aus arbeiten können,
zusammen und gingen ins Homeoffice.             geht aus der Beschäftigtenbefragung        sieht das deutlich anders aus. Beson-
Dort, in seiner Wohnung in der ­Bremer          mit dem Titel „Koordinaten der Arbeit      ders stark ausgeprägt ist die Sorge vor
Neustadt, sitzt er nun von morgens              im Land Bremen“ hervor, für den das        einer Infektion im Bereich Unterricht
bis spätnachmittags auf einem typi-             Sozialforschungsinstitut infas im Auf-     (94 Prozent). Dort fühlt sich die Hälfte
schen Esszimmer-Stuhl und das jetzt             trag der Arbeitnehmerkammer nun            der Beschäftigten von ihrem Arbeit-
schon seit anderthalb ­Jahren. „Mein            schon zum dritten Mal die Arbeits-         geber nicht ausreichend vor Corona
Chef wollte mir sofort zwei große neue          situation von Bremer Beschäftigten         geschützt. Auch im Gesundheits­wesen
Monitore bestellen“, erzählt er, „aber          erfasst und ausgewertet hat. Beson-        und insbesondere in den Kranken-
das wollte ich gar nicht. Es würde mich         dere Schwerpunkte der diesjährigen         häusern sehen die Beschäftigten hohe
stören, wenn da zwei so riesige Teile           Befragung waren die Digitalisierung        Infektionsrisiken für sich (82 Prozent).
herumstehen.“ Während er seine Gerät-           der Arbeitswelt und die Auswirkungen           Die Beschäftigten aus Gesundheits-
schaften anfangs noch jeden Abend               der Corona-Krise – bei beiden Aspek-       berufen sind im Verlauf der Corona-­
ordentlich beiseite räumte, lässt er            ten spielte die Zunahme der Homeof-        Pandemie immer wieder in den medi-
inzwischen alles einfach stehen – es sei        fice-Nutzung eine wichtige Rolle. Für      alen Fokus gerückt. Die Befragung
denn, es kommt Besuch zum Essen.                diejenigen, die im Homeoffice arbei-       macht nun deutlich, dass gerade sie
        Der 31-Jährige arbeitet für ein         ten, überwiegen demnach die Vor-           sich heute gesellschaftlich noch weni-
Energieberatungsunternehmen, das ­sei-­         teile: Zwei Drittel von ihnen kön-         ger anerkannt fühlen als in der vor­
nen Hauptsitz in Heidelberg und eine            nen nach eigenen Angaben zu Hause          herigen Befragung aus dem Jahr 2019.
Außenstelle in Bremen hat. Für ihn ist          konzentrierter arbeiten als im Büro.       Keine Berufsgruppe schätzt den gesell-
dies der erste Job nach Abschluss sei-          Jeweils mehr als 80 Prozent heben          schaftlichen Beitrag ihrer Arbeit höher
nes Geografie-Studiums. Schon in sei-
ner Masterarbeit hatte er sich mit dem
deutschen Energiemarkt beschäftigt.
Nach einem knappen Jahr als Werk-                                Im Homeoffice überwiegen die Vorteile
student ist er nun seit Anfang 2020
als Energieberater festangestellt. „Das           „Durch eingesparte           „Ich kann die Arbeit            „Konzentriertes
war in der ersten Zeit schwierig für               Arbeitswege habe               einfacher mit                 Arbeiten fällt
mich“, sagt er rückblickend. „Ich war                ich mehr Zeit             meinem Privatleben               mir zu Hause
                                                   für andere Dinge.“              vereinbaren.“                  leichter.“
erst wenige Monate im Büro, als wir
ins Homeoffice gewechselt sind. Viele
unserer Bestandskunden habe ich bis
heute noch nicht persönlich gesehen.“
Auch der Austausch mit den Kollegen,
sowohl fachlich als auch privat, fehle
ihm. „Auf der anderen Seite finde ich
es aber auch angenehm, zwischendurch
mal die Wäsche machen oder einkaufen
gehen zu können“, sagt ­Seidel. Gerade
                                                81%                           82%                            62%
in den ­ersten Wochen habe er die neuen
Freiheiten ausgekostet und sich zum
Beispiel mittags einen kurzen Schlaf
gegönnt. „Aber das hat schnell an Reiz       Quelle: Koordinaten der Arbeit im Land Bremen 2020, eigene Berechnungen

                                                                                                                                      — 7
Homeoffice gefragt wie nie - Arbeitnehmerkammer Bremen
BAM — November / Dezember 2021                                                               Schwerpunkt

                                                                        als der erwar-           Unterstützung eine Broschüre mit dem
                                                                        tete Schub festzu­       Titel „Home sweet home“ veröffent-
                                                                        stellen.­ ­Klassische    licht (siehe Info-­Kasten).
                                                                        digitale      Geräte
                                                                        und Kommunika-           Betriebsvereinbarung regelt
                                                                        tionsmedien für          die Details
                                                                        Büroarbeitsplätze        Eine      solche   Betriebsvereinbarung
                                                                        werden          zwar     gibt es seit vorigem Sommer bei der
                                                                        insgesamt         viel   ­Bremer dbh Logistics IT AG. Darin
                                                                        genutzt, hin­gegen        ist unter anderem geregelt, dass die
                                                                        haben innova­ti­          knapp 260 Beschäftigten grundsätz-
                                                                        ­ve ­Technologien         lich ­zwischen 40, 60 oder 100 Prozent
                                                                         wie        Roboter,      Präsenz im Firmenbüro wählen kön-
                                                                         Daten­­brillen oder      nen. Eine komplette Beschäftigung im
                                                  3-D-Drucker ­weiter keine hohe Verbrei-         Home­office habe sein Arbeitgeber in
                                                  tung. Dennoch sind qualitative Verän-           der Vereinbarung ausschließen wollen,
        „Ich war erst wenige Monate               derungen durch die Digitalisierung der          berichtet Betriebsrat Rainer Ley: „Es
                                                  Arbeitswelt klar erkennbar: So hat bei          gibt aber die Möglichkeit, das bei Inte-
      im Büro, als wir ins Home­office
                                                  mehr als einem Drittel der Befragten            resse individualvertraglich zu regeln.“
       gewechselt sind. Viele u
                              ­ nserer            der Einsatz digitaler Technologien in           Gut zwei Drittel der Belegschaft hät-
                                                  hohem Maß zu Veränderungen beim                 ten sich schon zum Homeoffice ange­
       Bestandskunden habe ich bis
                                                  Aufgabenzuschnitt oder bei der Arbeits-         meldet, davon jeweils die Hälfte für
         heute noch nicht persönlich              organisation geführt. Eine große Mehr-          40 und für 60 Prozent. Im Vorfeld hat-
                                                  heit gibt zudem an, Fähigkeiten und             ten Betriebsrat und Chef-Etage zusam-
 gesehen. Auch der Austausch mit
                                                  Kompetenzen aufgrund der technolo-              men eine Check-Liste erarbeitet, in der
       den Kollegen, sowohl fachlich              gischen Neuerungen ständig weiterent-           die Rahmenbedingungen zur Gestal-
                                                  wickeln zu müssen. „Bei der Unterstüt-          tung des heimischen Arbeitsplatzes
  als auch ­privat, fehlt mir. Auf der
                                                  zung im digitalen ­Wandel durch den             beschrieben sind – also etwa die Höhe
      anderen Seite finde ich es aber             Betrieb sehen viele Befragte noch Luft          des Schreibtisches, die Position des
                                                  nach oben“, macht Regine Geraedts               Stuhls und anderes mehr. „Wenn die
  auch an­­genehm, ­zwischendurch
                                                  deutlich. „Gerade die Beschäftigten, die        Pandemie vorbei ist und alles ­wieder
       mal die Wäsche machen oder                 sie am meisten brauchen, fühlen sich            normal läuft, werden die Kolleginnen
                                                  am wenigsten mitgenommen. Sie be­               und Kollegen nachweisen ­müssen, dass
        ein­kaufen gehen zu können.“
                                                  kommen auch am seltensten Möglich­              ihr Arbeitsplatz wirklich so aussieht
                                  Tobias Seidel   keiten sich weiterzubilden. Da sollte           wie in der Checkliste festgehalten“,
                                                  die ­Politik klug gegen­steuern.“               erläutert Ley. „Wahrscheinlich wird
                                                                                                  dieser Nachweis dann per Foto erfol-
                                                  Homeoffice vertraglich regeln                   gen.“ Nur in einem Punkt konnte bisher
       ein, identifiziert sich so stark damit     Wenn auch der große Digitalisierungs-
       (jeweils 92 Prozent in hohem und sehr      schub durch die Pandemie ­bisher aus-
       hohem Maß) und sieht sich zugleich so      geblieben zu sein scheint, so hat aber
       wenig anerkannt. Beinahe die Hälfte        doch die Homeoffice-­Nutzung zuge-                    Sorge vor Corona-Infektion
       (46 Prozent) fühlt sich gesellschaftlich   nommen. Und davon wird etwas
                                                                                                    „Ich schätze das Risiko hoch bis sehr hoch
       zu wenig wertgeschätzt. „Die Situation     bleiben. Die Befragungsergebnisse
                                                  ­                                                    ein, dass ich mich im Rahmen meiner
       in den Gesundheitsberufen lässt sich       ­zeigen, dass auch hier einiges zu tun            beruflichen Tätigkeit mit dem Corona-Virus
       nach diesen Ergebnissen nur als drama­      bleibt. Denn für nicht e­ inmal die Hälfte                        anstecke.“

       tisch beschreiben“, betont Regine           der Befragten gibt es im Betrieb ver-
       Geraedts, Referentin für Arbeitsmarkt-      bindlich vereinbarte Regelungen für
       und Beschäftigungspolitik bei der           diese Arbeitsform, sei es nun indi-
       Arbeitnehmerkammer. „Gesellschaft-          vidualvertraglich, tariflich oder per
       liche Anerkennung bemisst sich am           Betriebs­vereinbarung. Dabei wäre
       Ende in guten Arbeitsbedingungen, in        genau das wichtig, denn nur so lässt
       Schutz vor besonderen Risiken und in        sich die von vielen Beschäftigten aus-
       guter Bezahlung. Da muss sich jetzt
       ganz dringend der Wind drehen.“
                                                   drücklich gewünschte Arbeit von zu
                                                   Hause gut und (rechts-)sicher gestal-
                                                                                                    94%                             82%
                                                   ten. Die Abteilung Mitbestimmung
       Digitalisierung auf                         und Technologieberatung der Arbeit­
       konventionellen Bahnen                      nehmerkammer rät deswegen Betriebs-                    Unterricht     Gesundheitswesen
       Mit Blick auf den digitalen Wandel          und Personalräten dazu, eine schrift-
       ist aus der Perspektive der Beschäf-        liche Vereinbarung zu diesem Thema            Quelle: Koordinaten der Arbeit im
       tigten im Land Bremen eher Stillstand       zu erarbeiten, und hat zur inhaltlichen       Land Bremen 2020, eigene Berechnungen

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Homeoffice gefragt wie nie - Arbeitnehmerkammer Bremen
BAM — November / Dezember 2021

                                                                                         KOMMENTAR

                                Gesundheitswesen

                                   „Ich bin eher oder
                                  sehr unzufrieden mit
     „Ich leiste in hohem         der Anerkennung und

                                                                                                                                    Foto: Stefan Schmidbauer
    oder sehr hohem Maß             Achtung meines             „Ich identifiziere mich               Ingo
       mit meiner Arbeit              Berufes in der            in hohem oder sehr          Schierenbeck,
   einen wichtigen Beitrag            Gesellschaft.“          hohem Maß mit meiner       Hauptgeschäfts­
    für die Gesellschaft.“                                             Arbeit.“

        92%                           46%                           92%
                                                                                              führer der
                                                                                          Arbeitnehmer-
                                                                                                kammer

                                                                                              System-
                                                                                             relevante
Quelle: Koordinaten der Arbeit im Land Bremen 2020, eigene Berechnungen                        Berufe
   keine Einigung mit der Unternehmens-
   leitung erzielt werden: Der Betriebsrat
                                                 aus tätig sein kann“, erzählt der
                                                 31-Jährige. „Hier kann ich kon-
                                                                                            aufwerten!
   würde gerne als Kosten­beteiligung an         zentrierter arbeiten und mir die
   der Büroaus­stattung sowie an Strom-          Zeit anders einteilen. Und außer-       Wie geht es weiter mit dem Home­office?
   und Internetkosten eine monatliche            dem muss ich mir keine unbe-            Diese Frage beschäftigt gerade viele
   Pauschale verein­baren. „Da wurde uns         queme Hose anziehen.“                   Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und
   aber gesagt, dass es wegen der aktu-                                                  Unternehmen zu Recht.
   ell erhöhten Kosten für die technische
   Ausstattung momentan kein Geld dafür                                                  Aber nicht zu vergessen ist, dass viele
   gibt. Wir haben uns des­wegen darauf                                                  Menschen nicht ins Homeoffice können,
   geeinigt, darüber in einem Jahr zu ver-       Wer keinen fest eingerichte-            weil sie vor Ort gebraucht werden – zum
   handeln.“                                     ten Telearbeitsplatz in einem           Beispiel Pflegerinnen und Ärzte, Verkäu-
       Unterdessen freut sich Energie­           Arbeitszimmer mit Schreibtisch          fer und Kassiererinnen, Erzieherinnen
   berater Tobias Seidel darauf, dass er         und Bürostuhl hat, muss im              und Kellner. „Systemrelevant“ werden die
   bald wieder ins Büro gehen wird und           Homeoffice improvisieren.               meisten von ihnen genannt – oder anders
   dann auch persönlich mit seinen Kol-          Auf Dauer ist der Küchentisch           gesagt: Ohne sie geht es nicht.
   legen und Kunden sprechen kann. Die           aber nicht die optimale Lösung.
   Vorteile, die sich für ihn aus der Arbeit     Wie Sie die Arbeit möglichst            Von ihnen wollten wir in unserer Befra-
   im Homeoffice ergeben, will er aber           gesundheitsgerecht gestalten,           gung wissen: Fühlen Sie sich nach der
   nicht mehr missen. „Ich verhandele            lesen Sie auf unserer Website:          Krise „aufgewertet“? Das Ergebnis ist
   gerade mit meinem Chef, dass ich künf-           www.arbeitnehmerkammer.de/           ernüchternd: Beschäftigte im Gesund-
   tig die Hälfte der Zeit von zu Hause          homeofficeundgesundheit                 heitswesen fühlen sich noch weniger aner-
                                                                                         kannt als vor der Pandemie. Da müssen
                                                                                         nun wirklich alle Alarmglocken schrillen.
                                                                                         Von Wertschätzung, die sich auch in guter
                                                                                         Bezahlung und ausreichendem Personal
                                                                                         ausdrückt, sind wir im Gesundheitswesen
   Welche rechtlichen Grundlagen gibt es zum Thema Homeoffice?                           weit entfernt. Das muss sich jetzt endlich
   Welche Mitbestimmungsrechte haben Betriebs- und Personalräte?
   ­                                                                                     ändern!
   Worauf ist beim Erstellen einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung zu
   achten? Wer trägt die Kosten, die für die Geräte und ihren Betrieb                    Unsere Befragung zeigt: Auch die Zufrie-
   anfallen? Und wie lässt sich eine gesunde Balance zwischen Privatem                   denheit mit dem Gehalt liegt in den
   und Arbeit gewährleisten? Fragen wie diese beantwortet die Broschüre                  Gesundheitsberufen deutlich unter dem
   „Home sweet home – Homeoffice beschäftigtengerecht gestalten“, die                    Durchschnitt. Ein kleiner Lichtblick sind
   die Abteilung Mitbestimmung und Technologieberatung der Arbeitneh-                    die Beschäftigten im Lebensmittel- und
   merkammer aktuell veröffentlicht hat. Sie steht im Download-Bereich                   Gastgewerbe: Wenigstens hier ist die
   der Kammer-Website für alle Interessierten zum Herunterladen bereit.                  Zufriedenheit mit der Anerkennung der
      www.arbeitnehmerkammer.de/downloads                                                Berufe gestiegen.

                                                                                                                              — 9
Homeoffice gefragt wie nie - Arbeitnehmerkammer Bremen
BAM — November / Dezember 2021                                                              Verbrauchertipp

       GASTBEITRAG
                                                                        Versichert sind die Gefahren des täglichen Lebens wie die
                                                                        Verletzung von Verkehrssicherungspflichten – zum Beispiel
                                                                        beim Reinigen, Streuen und Schneeräumen auf Gehwegen
                                                                        oder bei einem mit dem Fahrrad angefahrenen Fußgänger.
                                                                        Oftmals bringt ein Wechsel der Gesellschaft oder eine Neu-
                                                                        anpassung auf ein aktuelles, besseres Bedingungswerk eine
                                                                        Beitragsersparnis.

                                                                        Berufsunfähigkeitsversicherung – sehr wichtig
                                                                        Die eigene Arbeitskraft ist die Grundlage zur Sicherung des
                                                                        Lebensunterhalts. Daher ist der Abschluss einer Berufsun­
                                                                        fähigkeitsversicherung dringend zu empfehlen. Junge Men-
                                                                        schen und Berufseinsteiger stehen bei Verlust ihrer Arbeits-
                                                                        kraft vor besonderen Problemen. Sie haben in der Regel die
                                                                        Einstiegsvoraussetzungen für den Bezug einer gesetzlichen
                                                                        Erwerbsminderungsrente nicht erfüllt. Dafür müssen in den
                                                                        letzten fünf Jahren 36 Monate Pflichtbeiträge in die gesetz­
                                                                        liche Rentenversicherung gezahlt worden sein.
                                                                                Doch selbst wenn später ein Anspruch besteht, ­reichen
                                                                        die Leistungen oft nicht aus. Je früher ein Vertrag abge-
       Welche Versicherung                                              schlossen wird, desto geringer sind die Beiträge. Außerdem
       ­brauche ich?                                                    spielen Vorerkrankungen eine große Rolle, ob ein Antrag­
                                                                        steller überhaupt einen Vertrag bekommt und zu welchen
       Mehr als 2.000 Euro geben Bundesbürger
                                                                        Bedingungen.
       im Schnitt pro Jahr für Versicherungen aus.                              Neben den zu zahlenden Beiträgen sind die Ver­
                                                                        sicherungsbedingungen entscheidend. Zum Beispiel sollte die
       Dennoch sind viele Menschen keineswegs
                                                                        Möglichkeit der Verweisung auf eine andere berufliche Tätig-
       gegen existenzbedrohende Schäden oder                            keit ausgeschlossen sein („abstrakter Verweisungsverzicht“).
                                                                        Versichert ist im Falle der Berufsunfähigkeit dann die zuletzt
       Einbußen gut gewappnet
                                                                        ausgeübte Tätigkeit: Wenn ich meinen Job nicht mehr aus-
                                                                        üben kann, kann ich nicht auf einen anderen Job verwiesen
                                                                        werden – nur weil ich zum Beispiel früher eine andere Aus-
       Text: Annabel Oelmann                                            bildung gemacht habe.
       Vorständin der ­Verbraucherzentrale ­Bremen                              Hier ist eine unabhängige Beratung dringend notwen-
       Illustration: Anika Falke­                                       dig, damit das bestmögliche Angebot ermittelt werden kann.

                                                                        Mehr Infos online unter          www.arbeitnehmerkammer.de/
       Entscheidend ist, dass der eigene Versicherungsschutz regel-     bam
       mäßig überprüft, an die eigene Lebenssituation angepasst
       wird. Wer sich vor Vertragsabschluss gut informiert, kann
       viel Geld und Ärger sparen.
                                                                                       GEMEINSAM
       Krankenversicherung – eine Pflicht                                              GUT BERATEN
       Die Krankenversicherung – egal ob privat oder gesetzlich –
       ist eine gesetzliche Pflichtversicherung. In der privaten
       Kranken­versicherung bietet oft ein Tarifwechsel innerhalb                      Beratung bei der Verbraucherzentrale
       der eigenen Gesellschaft eine deutliche Beitragsersparnis.                      Ermäßigt für Mitglieder der
                                                                                       Arbeitnehmerkammer Bremen
       In der gesetzlichen Krankenversicherung, bei der immer-
       hin etwa 90 Prozent der Bevölkerung versichert sind, kann
       ein Vergleich der Zusatzbeiträge helfen zu sparen. Bei einer
       Erhöhung der Zusatzbeiträge haben Versicherte ein Sonder-        Sie haben Fragen zur privaten Vorsorge? Hier hilft
       kündigungsrecht. Sie sind bei der neuen Krankenkasse dann        die unabhängige Beratung der Verbraucherzentrale.
       nur noch zwölf Monate gebunden (statt bisher 18 Monate).         Beschäftigte im Land Bremen, also alle Kammer-­
       Die Kündigung der alten Kasse übernimmt die neue bei             Mitglieder, zahlen bei der Verbraucherzentrale nur
       Antragstellung.                                                  die Hälfte für eine Beratung zu arbeitnehmernahen
                                                                        ­Themen wie Altersvorsorge, zusätzliche Krankenver­
       Privathaftpflichtversicherung – unverzichtbar                     sicherung oder Berufsunfähigkeitsrente. Zusätzlich
       Dieser Schutz ist unverzichtbar. Jeder haftet für Schäden, die    gibt es rund 30 Ratgeber zum halben Preis.
       er einem anderen zufügt, mit allem was er hat und zukünftig
       erwirtschaftet. Ohne Privathaftpflichtversicherung kann eine     Weitere Infos auf der Rückseite dieses Magazins.
       Unachtsamkeit im Alltag den finanziellen Ruin be­­deuten.

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Fragen & Antworten                                                    BAM — November / Dezember 2021

Betriebsrat?
Na klar!
Betriebsratswahlen finden in Deutschland alle

                                                                                                                                         Foto: iStock / © Steve Cole
vier Jahre in der Zeit vom 1. März bis 31. Mai statt.
Die nächste Wahl ist 2022. Wer allerdings zum
­ersten Mal einen Betriebsrat wählt, kann das
 ­jederzeit tun. Was Beschäftigte wissen sollten,
  wenn sie einen Betriebsrat ­gründen wollen

                                           werden kann. In Betrieben mit 101 bis      können besonderen Kündigungsschutz
Text: Klaas Kuhlmann                       200 Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-       erhalten mittels einer öffentlich beglau-
                                           mern kann das vereinfachte Wahlver-        bigten Erklärung eines Notars. Auch
                                           fahren mit dem Arbeitgeber vereinbart      Beschäftigte, die zur Wahlversammlung
                                           werden.                                    einladen, Wahlvorstände und Wahlbe-
 1.
	Gibt es Voraussetzungen
       für die Gründung eines                                                         werber haben besonderen Kündigungs-
                                                                                      schutz, Betriebsräte bis ein Jahr nach
       Betriebsrats?
Ja, der Betrieb muss mindestens fünf       5.        o und wieweit darf der
                                                    W
                                                    Betriebsrat mitbestimmen?         Ende ihrer Amtszeit.
wahlberechtigte Arbeitnehmerinnen          Im Betriebsverfassungsgesetz sind der
und Arbeitnehmer haben und drei            gesetzliche Auftrag wie auch die Ins-
davon müssen wählbar sein. Auszubil-       trumente für die Betriebsratsarbeit
dende ab 18 Jahren werden mitgezählt.      beschrieben. Ein Betriebsrat hat unter-
                                           schiedliche Beteiligungsrechte und         Beratung von Interessenvertretungen
                                           Mitgestaltungsmöglichkeiten – zum
2.
	Wer darf sich zum
       ­Betriebsrat wählen lassen?         Bei­­spiel überprüft er geplante perso-
                                                                                      Die Abteilung Mitbestimmung und
                                                                                      Techno­logieberatung der Arbeitnehmer-
Über 18-Jährige, die seit sechs ­Monaten   nelle Maßnahmen auf eine Benachtei-        kammer berät Betriebs- und Personal-
im Betrieb arbeiten.                       ligung der Betroffenen oder der übri-      räte und Mitarbeitervertretungen. Sie
                                           gen Belegschaft. Er bestimmt auch          hilft auch bei der Gründung einer Inter-
                                           bei der Einführung und Änderung von
3.       Wer darf wählen?
         Alle Arbeitnehmerinnen und        Arbeitszeit- und Schichtmodellen mit.
                                                                                      essenvertretung.

Arbeitnehmer des Betriebs, die das         Oder bei der Einführung von techni-        Weitere Infos auf der Rückseite dieses
16. Lebensjahr vollendet haben. Nicht      schen Einrichtungen (etwa eines Zeit­      Magazins.
wahlberechtigt sind zum Beispiel           erfassungssystems), der Ausgestaltung
leiten­­de Angestellte.                    von Homeoffice und bei Maßnahmen
                                           zum Gesundheitsschutz. Auch wenn
                                           der Arbeitgeber Arbeitsbereiche aus­
4.
	     Wie funktioniert das
       ­Wahlverfahren?                     lagern will, muss der Betriebsrat betei-
In Betrieben ab 201 und mehr wahlbe­       ligt ­werden.
rechtigten Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmern wird im normalen
Wahlverfahren gewählt. Das ­     dauert
                                           6.
                                           	Sind Betriebsräte
                                                  besonders geschützt?
etwa zehn bis zwölf Wochen. In Betrie-     Für alle Beteiligten einer Betriebsrats-
ben mit fünf bis 100 Arbeit­nehmerinnen    wahl besteht ein Benachteiligungs- und
und Arbeitnehmern wird das verein-         besonderer Kündigungsschutz. Bereits
fachte Wahlverfahren an­­gewendet,         Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh-
das nach zwei Wochen abgeschlossen         mer, die eine Wahl vorbe­reiten w
                                                                           ­ ollen,

                                                                                                                                  — 11
BAM — November / Dezember 2021                                     Tipps & Termine

       Tipps & Termine

                                                                                                                    Fotos: Christian Werner (l.),
                                                                                                                    Amira Fritz (r.)
       BUCH-TIPP

       Den schreienden Kollegen kann
       man nicht wegatmen                                                                                                                               Dmitrij Kapitelman & Mirna Funk,
                                                                                                                                                        Festival globale°,
                               Jacob-Niedballa, Manuela                                                                                                 4. November, 19 Uhr
                               Den schreienden Kollegen kann man nicht wegat-                                                                           Arbeitnehmerkammer B
                                                                                                                                                                           ­ remen
                               men: Effektives Stressmanagement für Führungs-
                               kräfte und Mitarbeiter
                               Wiley-VCH, 2021, 248 S.

                               Stress lässt sich nicht einfach wegzaubern: Die Verringe-
                               rung der Arbeitszeit, Achtsamkeitsübungen oder Resili-

                                                                                                                    wig thee to glamour (Detail)
                               enzstrategien mögen hier und da Einzelnen helfen, hier
                               wird aber vor allem versucht, den Menschen zu opti-

                                                                                                                    Ngozi Schommers,
                               mieren. Die betriebliche Situation ist nicht im Blick.
                                  Das Buch von Manuela Jacob-Niedballa gibt beson-
       ders Führungskräften (aber auch Mitarbeitern) Methoden und Empfehlungen
       an die Hand und zeigt, wie sie ihren Verantwortungsbereich stressfreier gestal-
       ten. Oftmals übersehene Gestaltungsmöglichkeiten können so bei Führungs-
                                                                                                                                                        Specificity – Gruppen­ausstellung von
       kräften und Mitarbeitern zu mehr Selbstbe-
                                                                                                                                                        Vincent Haynes | Syowia Kyambi |
       stimmtheit führen. Klar und einfach übersetzt
                                                                                                                                                        Joa Tejeiro | Ngozi Schommers
       die Autorin neuere neurowissenschaftliche
                                                                                                                                                        Bis 14. November 2021
       und arbeitsmedizinische Erkenntnissen und
                                                                                                                                                        Vegesacker Geschichtenhaus, Zum Alten
       Methoden in Handlungsmöglichkeiten.
                                                                                                                                                        Speicher 5a, 28759 Bremen

       Beschäftigte mit KammerCard erhalten auf die ­BIBCARD der Stadt­
       bibliothek zehn Prozent Ermäßigung!
           www.arbeitnehmerkammer.de/kammercard
                                                                                                                                Foto: Thomas Herbrich

       VERANSTALTUNGSTIPPS

       Feuerspuren 2021                                                  warmhalten
                                                                                           Foto: © Kultur Vor Ort

       Das internationale Erzählfestival B
                                         ­ remen
       hat diesmal das Thema „Warmhalten“ im
                                                                                                                                                        „Locomotive Breath“ –
       Fokus. Zum Finale am 7. November wird
                                                                                                                                                        eine Musikrevue,
       ­Gröpelingen zu einem Stadtteil ­voller
                                                                                                                                                        6. November, 20 Uhr
        Geschichten und Licht. Um 16 Uhr starten
                                                                                                                                                        Apollo Bremerhaven, Georgstraße 73,
        an allen Orten Erzählerinnen und Erzähler
                                                                                                                                                        27570 Bremerhaven
        mit ihren oft ­mehrsprachigen Geschichten. Begleitet wird das Festival von Feu-
       ershows und leuchtenden ­Installationen.
       www.feuerspuren.de

       Die Lange Nacht der Industrie
       Bremen gehört zu den zehn größten Industriestandorten D ­ eutschlands und ist
       das Bundesland mit der höchsten Exportquote. Am 11. November ist ein Blick
       hinter die Kulissen großer Unter­nehmen gestattet. Weitere Infos und Anmel-
       dung:
       www.langenachtderindustrie.de

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Veranstaltungskalender                                                      BAM — November / Dezember 2021

Veranstaltungen                                                                                                      Online
                                                                                                                     Veranstaltungen
                                                                                                                         möglich

    BREMEN & BREMEN-NORD                                                                                                                in,
                                                                                                                       a kann es se
                                                                                                        Wegen Coron                lt un gen
                                                                                                                       Verans  ta
2. November          Kandidatinnenschulung für die Betriebsratswahlen 2022                              dass unsere              itt e
                                                                                                                       nden.   B
17 – 19 Uhr          Haus der Wissenschaft (Olbers-Saal), Sandstraße 4/5, 28195 Bremen                  online stattfi
                                                                                                                  re n Si e sich unter
                                                                                                        informie                             e/
                                                                                                                              merkammer.d
                                                                                                             www.arbeitneh
3. November          „Menschen, Mut und Migration“ Filme, Gespräche, Poetry-Slam im

                                                                                                         veranstaltungen
18 Uhr               Rahmen der Ausstellung „100 Jahre für eine gerechte Arbeitswelt“
                     Bremische Bürgerschaft, Am Markt 20, 28195 Bremen                                                 Sie auch de
                                                                                                                                        n
                                                                                                         Dort finden
                                                                                                                        en Link  .
4. November          Mitbestimmung aktuell – Kommen nach Kurzarbeit Stellenabbau,                        ­dazugehörig
15 – 17 Uhr          ­Restrukturierung oder Insolvenz?
                      Kultursaal der Arbeitnehmerkammer Bremen, Bürgerstraße 1, 28195 Bremen

4. November          „globale° – Festival für grenzüberschreitende Literatur“: Lesungen mit Dmitrij K
                                                                                                    ­ apitelman &
19 Uhr               Mirna Funk
                     Kultursaal der Arbeitnehmerkammer Bremen, Bürgerstraße 1, 28195 Bremen

bis 11. Nov.         Specificity – G
                                   ­ ruppen­ausstellung von Vincent Haynes | Syowia Kyambi | Joa Tejeiro | Ngozi Schommers
                     Vegesacker Geschichtenhaus, Zum Alten Speicher 5a, 28759 Bremen

8. November          Bremen Kitas zwischen Verlässlichkeit und mehr Flexibilität
17 Uhr               Kultursaal der Arbeitnehmerkammer Bremen, Bürgerstraße 1, 28195 Bremen

16. Nov. 20 Uhr      „In den Gängen“ – aus der Jubiläums-Filmreihe der Arbeitnehmerkammer
17. Nov. 18 Uhr      City 46, Birkenstraße 1, 28195 Bremen

30. November         Betriebsratskandidatur? Na klar!
17 – 19 Uhr          Kultursaal der Arbeitnehmerkammer Bremen, Bürgerstraße 1, 28195 Bremen

23. November         Feierabendführung „Manet und Astruc. Künstlerfreunde“ (Anmeldung erforderlich)
18 Uhr               Kunsthalle Bremen, Am Wall 207, 28195 Bremen

23. November         Klaus Dörre liest aus „In der Warteschlange. Arbeiter*innen und die r­ adikale Rechte“
19.30 Uhr            Kulturwerkstatt westend e.V., Waller Heerstraße 294, 28219 Bremen

30. November         Jobwechsel – Kündigung, Abfindung, Sperrzeit
18 – 19.30 Uhr       Arbeitnehmerkammer Bremen, Lindenstraße 8, 28755 Bremen-Vegesack
´
    BREMERHAVEN

6. November          „Locomotive Breath“ – eine Musikrevue.
20 Uhr               Apollo Bremerhaven, Georgstraße 73, 27570 Bremerhaven

18. November         Betriebsratskandidatur? Na klar!
17 – 19 Uhr          Forum der Arbeitnehmerkammer, Barkhausenstraße 16, 27568 Bremerhaven

24. November         Klaus Dörre liest aus „In der Warteschlange. Arbeiter*innen und die r­ adikale Rechte“
19.30 Uhr            Arbeitnehmerkammer Bremen, Barkhausenstraße 16, 27568 Bremerhaven

25. Nov. bis         Foto-Ausstellung: Ostwärts in den Westen – Die Flucht von DDR-Bürger*innen über die bundes­
14. Jan. 2022        deutsche Botschaft in der CSSR im September 1989.       Podiumsdiskussion (25.11., 17 Uhr),
                       Vernissage (25.11., 19 Uhr)
                     Forum der Arbeitnehmerkammer, Barkhausenstraße 16, 27568 Bremerhaven

jeweils 20 Uhr       Kabarett im Capitol
                       Matthias Brodowy (10.11.),     Die Zollhausboys (11.11.), Marie (13.11.),       Reiner Kröhnert (16.11.),
                       Helmut Schleich (19.11.),    Robert Kreis (26.11.),  Mackefisch (03.12.)
                     Capitol, Hafenstraße 156, 27576 Bremerhaven

    ONLINE
2. Dez. 18 Uhr       Ihr Recht-Pflegespezial – ­Berufskrankheiten und Arbeitszeit/Schichtplan

Weitere Veranstaltun­gen und ­Informationen unter        www.arbeit­nehmer­kammer.de/veranstaltungen

                    = für alle     = für Politikinteressierte     = für Betriebs- und Personalräte
                                                                                                                                       — 13
BAM — November / Dezember 2021

                             Mohammad Sabour Darvish wollte unbedingt eine IT-Ausbildung machen und er wusste:
                                      „Ohne entsprechende Sprachkenntnisse kann man nichts erreichen.“

       Ausbildung mit Hürden
                         Geflüchtete, die in Deutschland eine Ausbildung machen wollen,
                   müssen viele Hürden überwinden. Wie ist die Situation in Bremen und was
                      kann die Stadt tun, um ihnen den beruflichen Einstieg zu erleichtern?

                                                  aus Afghanistan in die Hansestadt und     zur Verfügung. Zusammen mit ­anderen
       Text: Insa Lohmann                         sprach kein Wort Deutsch. Schon für       jungen M ­ ännern war Darvish in einer
       Fotos: Kay Michalak                        Muttersprachler ist die IT-Ausbildung     Flüchtlingsunterkunft unter­gebracht.
                                                  anspruchsvoll, für den gebürtigen Af-     Unterschiedliche Sprachen, ­Kulturen
       Rund 21.000 Beschäftigte arbei-            ghanen war sie mit besonderen ­Hürden     und keine Privatsphäre: „Das war
       ten im Land Bremen im IT-Bereich,          verbunden. „Mir war schnell klar:         schwierig.“ Umso ­    froher war der
       Mohammad Sabour Darvish von der
       ­                                          Damit ich in Deutschland bleiben kann,    36-Jährige, als er 2015 eine eigene
       Arbeitnehmerkammer Bremen ist einer        muss ich etwas machen“, erinnert sich     Wohnung fand. „Ab da konnte ich mich
       von ihnen. Dass der heute 36-Jährige       Mohammad Sabour Darvish. Das sei          richtig auf die Sprache konzentrieren.“
       es überhaupt soweit geschafft hat, ist     anfangs nicht leicht gewesen: Ohne                Darvish begann auf eigene Faust
       alles andere als selbstverständlich.       genehmigten Asylantrag standen ihm        Deutsch zu lernen, kümmerte sich um
       Denn Darvish kam vor sieben Jahren         keine Sprach- und Bildungsangebote        Anträge und Behördengänge. 2016

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Ausbildung                                                        BAM — November / Dezember 2021

wurde sein Asylantrag genehmigt und           erfolgreich seine Prüfung als Fachinfor-     Beratung“, betont Stührenberg. Dazu
der gebürtige Afghane konnte Sprach-          matiker für Systemintegration bestand.       gehöre auch, dass die Mitarbeiterin-
kurse belegen. Durch einen berufsbe­          „Ich bin sehr dankbar für die Chance         nen und Mitarbeiter direkt in die Über-
zogenen Deutschkurs kam er schließlich        und Unterstützung, die ich bekom-            gangswohnheime gehen und vor Ort
an einen Praktikumsplatz bei der Arbeit-      men habe“, sagt Mohammad Sabour              beraten. „Der persönliche Kontakt ist
nehmerkammer Bremen. Und Darvish              ­Darvish. Heute ist er ein fester Teil des   ganz wichtig.“
hatte eine Vision: „Ich wollte unbedingt       IT-Teams bei der Arbeitnehmerkammer                    Sobald die jungen Menschen
eine IT-Ausbildung machen.“ Bereits            Bremen. „Mit seiner freundlichen und        eine Ausbildung gefunden haben, sei
in der afghanischen Hauptstadt Kabul,          motivierten Art ist Sabour Darvish eine     eine große Hürde geschafft. Doch
wo Darvish als Dolmetscher arbeitete,          Bereicherung für unsere Abteilung“, so      manchmal ziehen sich die sprachlichen
war er nebenberuflich mit IT-Aufgaben          Stephan Trautmann.                          Hürden bis zur Abschluss­prüfung: „Wir
betraut. Darvishs Vorkenntnisse für eine                                                   ­müssen daher zum einen das Deutsch­
Ausbildung bei der Arbeitnehmerkam-                                                         niveau in der Ausbildung ­         weiter
mer Bremen waren gut, doch es haperte                                                       ­stärken, zum anderen mit der nötigen
bei den Sprachkenntnissen. Sein Aus-                                                         Sprachsensibilität die Prüfungsformulie-
bildungsleiter Stephan Trautmann von
                                                   „Die Problematik ist                      rungen überdenken“, sagt Kai Stühren-
der Arbeitnehmerkammer Bremen sieht             sehr viel komplexer als                      berg. „Denn Prüfungsergebnisse bilden
hier die größte Hürde: „Es gab schon                                                         das Know-how der Geflüchteten nicht
einige größere Herausforderungen,
                                                  nur die der ­Sprache,                      ab.“ Der Staatsrat wünscht sich mehr
besonders aufgrund der Sprache.“ Für                daher ­benötigen                         niedrigschwellige Angebote in Sachen
Mohammad Sabour Darvish war klar:                                                            Aus­ bildung: „Wir müssen möglichst
„Ohne entsprechende Sprachkenntnisse
                                                  junge Menschen mit                         früh ganz viel in Geflüchtete inves-
kann man nichts erreichen.“                   ­Flucht­erfahrung von der                      tieren, damit sie in den Arbeitsmarkt
          Das bestätigt auch Naji Chehade,                                                   ­kommen.“ Im kommenden Jahr soll die
der als Willkommenslotse im Haus
                                                ­Einstiegsqualifizierung                      „Aufsuchende Beratung“, die in 2020
der Handelskammer Geflüchtete und                  bis zur ­Ausbildung                        mehr als 1.300 Kurzberatungen sowie
Unternehmen zusammenbringt: „Einige                                                           120 längere Beratungs­prozesse durch-
unterschätzen auch die Anforderun-
                                                       ­individuelle                          geführt hat, weiter ausgebaut werden.
gen, die Fachsprache mit sich bringt.                ­Unterstützung.“
Meine Erfahrung ist, dass Geflüch-
                                                  Kai Stührenberg (Staatsrat bei
tete, die vorher eine Einstiegsqualifi-
                                                der ­Senatorin für Wirtschaft, Arbeit
zierung ab­­solviert haben, es wesentlich
                                                            und Europa)
leichter in der Ausbildung haben und                                                       Adressen und Anlaufstellen
diese auch erfolgreich abschließen.“                                                       Die Aufsuchende Beratung der Jugend-
Auch ­   Darvish entschied sich für eine                                                   berufsagentur für 15- bis 25-Jährige
durch die Agentur für Arbeit geförderte               Im Land Bremen arbeiten knapp        berät individuell und vor Ort zu den
betriebliche       Einstiegsqualifizierung,   4.000 Beschäftigte mit Fluchthinter-         ­Einstiegsmöglichkeiten im Rahmen
und zwar bei der Arbeitnehmerkammer:          grund, 850 von ihnen machen der-              einer Berufsausbildung
So konnte der gebürtige Afghane nicht         zeit eine Ausbildung hier. Wie Bremen             www.zsb-drk-bremen.de/abjg
nur einen Einblick in das Berufsbild          Geflüchteten den Einstieg erleichtern
des Fach­informatikers bekommen, son-         kann, damit beschäftigt sich auch die        Die Willkommenslotsen – Beratung zur
dern in dieser Zeit auch seine sprach-        Senatorin für Wirtschaft, Arbeit und         betrieblichen Integration von Geflüch-
lichen Fähigkeiten ausbauen. „Sabour          Europa seit einiger Zeit sehr intensiv.      teten im Hause der Handels­kammer
­Darvish war sehr ambitioniert, Deutsch       „Es ist eine Herausforderung, primär         informieren zu allen Fragen der betrieb­
 zu ­lernen“, sagt IT-­Leiter Stephan         eine sprachliche“, weiß Staatsrat Kai        lichen Integration von Flüchtlingen
 ­Trautmann.                                  Stührenberg. Aber die Problematik sei        durch Hospitationen, Praktika, Ein-
          Doch trotz eines hohen Maßes an     sehr viel komplexer, daher benötigen         stiegsqualifizierungen, Ausbildung oder
  Eigeninitiative stieß auch ­Mohammad        junge Menschen mit Fluchterfahrung           Arbeit
  Sabour Darvish mit dem Beginn der Aus-      von der Einstiegsqualifizierung bis zur           www.handelskammer-bremen.de/
  bildung an seine Grenzen: „Ich wollte       Ausbildung individuelle Unterstützung.       bilden-qualifizieren/ausbildung-fluechtlinge/
  schon aufgeben“, sagt der 36-Jährige.       Seit 2017 fördert die Wirtschaftssenato-     willkommenslotse-3342532
  Ausbildungsleiter Trautmann bestärkte       rin daher die bei der Jugendberufsagen-
  ihn weiterzumachen, doch schnell war        tur angesiedelte „Aufsuchende Beratung       Das Bremer und Bremerhavener Inte-
  klar, dass weiterer Bedarf an Sprachför-    Geflüchtete“, die 15- bis 25-Jährigen        grationsnetzwerk BIN berät Asylbe-
  dermaßnahmen und außerbetrieblich           Jugendlichen und jungen Erwachse-            werber/-innen, Geduldete, anerkannte
  geförderten berufsbegleitenden Hilfsan-     nen mit Migrationshintergrund bei der        Flüchtlinge, Flüchtlinge mit einem
  geboten nötig war. Insbesondere die         beruflichen Orientierung helfen soll:        humanitären Aufenthaltsstatus und
  Abschlussprüfung war sprachlich eine        Welche Berufe gibt es überhaupt? Und         jugendliche Flüchtlinge im Übergang
  besondere Herausforderung für den           was wird benötigt, um in eine Ausbil-        von Schule zu Beruf bei der Suche nach
  Azubi. So musste Darvish drei Anläufe       dung gehen zu können? „Es handelt            einer Ausbildungs- oder Arbeitsstelle.
  nehmen, bis er im Sommer schließlich        sich um eine hochgradig individuelle             www.bin-bremen.de

                                                                                                                                        — 15
BAM — November / Dezember 2021   Galerie der Arbeitswelt

                                                     Als Musicaldarstellerin
                                                    braucht es viel Disziplin,
                                                    Übung und starke Nerven,
                                                     weiß Lena Wischhusen

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BAM — November / Dezember 2021

                                               GALERIE DER ARBEITSWELT

                                  Im Musical
                                   zu Hause
                      Lena Wischhusen arbeitet am Bremer Fritz Theater.
                           Die ausgebildete Musicaldarstellerin liebt
                     ihren Beruf. Sie weiß auch, dass es viel Biss braucht,
                                     um sich zu behaupten

                                         Text: Frauke Janßen – Foto: Kay Michalak

„I
     ch möchte die Leute mit in eine andere Welt nehmen“,        nicht aus. „Man muss auch mit Ablehnung klarkommen: Auf
     antwortet Lena Wischhusen auf die Frage nach ihren          100 Castings kommt ein Job, sagt man.“ Hinzu kämen ein-
     beruflichen Ambitionen. Schon als Kind liebte sie es zu     same Abende in Hotelzimmern, die sich wenig glamourös
     singen – gemeinsam mit ihren Eltern, die ihre Begeis-       an­­fühlten, so Wischhusen. Reich und berühmt würden die
 terung für Musik teilen. Nach einer Musicalaufführung in        wenigsten – viele Musicaldarsteller hätten Zweitjobs als Visa-
 Lilien­thal wollte die Zwölfjährige Gesangsunterricht neh-      gistinnen, Tanztrainer oder Gesangslehrerinnen. Auch wer
 men. Das war die Initialzündung: „Von da an wollte ich          einem festen Ensemble angehöre, müsse sich fit halten und
 nur noch tanzen, singen und schauspielern! Alle drei gehen      stetig weiterentwickeln.
 mitten durch den Körper – die perfekte Fusion“, findet die
 36-Jährige. Ob im Chor oder als Mitglied der Schülerband        Lena Wischhusen, die seit letztem Jahr Mutter ist, muss auch
 ließ sie von da an keine Gelegenheit mehr aus, um selbst auf    den Spagat zwischen Job und Familienleben meistern: „Vor-
 der Bühne zu stehen.                                            mittags Proben und während der Spielzeit von donnerstags
                                                                 bis sonntagabends auftreten.“ Das ist eine Herausforderung.
 Als sich Lena Wischhusen mit 14 Jahren der Bremer Musical-­     Umso mehr freut sie sich, zwischen Proben und Auftrit-
 Company anschloss, war sie die Jüngste im Ensemble. „Da         ten nach Hause radeln zu können. Und schließlich darauf,
 wurde mir bewusst, dass ich mein Hobby zum Beruf machen         ­wieder auf der Bühne zu stehen. Denn das ist es, was sie
 möchte.“ Nach dem Abitur bestand sie die Aufnahmeprüfun-         machen will: Singen, tanzen und in immer neue Charaktere
 gen für die Ausbildung an der German Musical Academy in          schlüpfen. So wie aktuell in dem Stück „Sing Sing“, in dem
 Osnabrück. „Danach wollte ich einfach los und machen!“,          Lena Wischhusen eine von vier Frauen rund um die Musik
 erzählt sie von ihrem Drang, endlich richtig zu arbeiten:        von Boy- und Girlbands der 90er-Jahre spielt.
 Bei den Freilichtspielen in Tecklenburg, auf Tournee durch
 Deutschland, Österreich und die Schweiz, am Landes­theater
 in Mecklenburg-Vorpommern oder am Concordia-Theater
 in Bremen. „Das Vagabundenleben hat mir sehr viel Spaß
 gemacht, aber irgendwann habe ich mich nach einem festen        Musicaldarsteller/-in
 Ort zum Arbeiten und Leben gesehnt.“
         2012 empfahl sie ein Freund am Bremer Fritz ­Theater.   Die Ausbildung ist an verschiedenen künstlerischen
 Sie bewarb sich und konnte direkt anfangen. Seitdem             ­Hochschulen möglich sowie bei speziell auf das Musical
 gehört Lena Wischhusen zum festen Ensemble des ­Musical-         ausgerichtete Akademien. Nähere Informationen zu den
 und Comedytheaters und sie liebt ihre Arbeit. „Dennoch           verschiedenen Schulen gibt es unter www.musical1.de/
 braucht es viel Disziplin, Übung und starke Nerven“, weiß        schulen
 die Musical­darstellerin aus Erfahrung. Talent allein reicht

                                                                                                                                  — 17
BAM — November / Dezember 2021

                                                                                                                                       Foto: iStock © RichVintage
                    „Je sozialer die Aufgabe,
                 desto weniger schnell wird sie
                         von KI ersetzt“

            Künstliche Intelligenz ist längst Bestandteil unseres alltäglichen Lebens. Wie wird sich
           das langfristig auf unsere Arbeitswelt auswirken? Wir haben darüber mit Markus Langer
          ­gesprochen, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Arbeits- und Organisations­
           psychologie sowie Gründungsmitglied von „Algoright, der Verein für gute Digitalisierung“

                                                          Text: Anna Zacharias

       K
                  ünstliche Intelligenz (KI) nimmt uns die Arbeits-    mich beispielsweise, nicht mehr Bestandteil des eigentlichen
                  plätze weg – stimmt diese Befürchtung?               Arbeitsprozesses zu sein? Oder wird mir langweilig, wenn
                  Markus Langer: In manchen Bereichen ist diese        ich 20 Maschinen als Kollegen habe? Da gilt es, die Prozesse
                  Angst nicht ganz unberechtigt. In der Lagerarbeit    menschengerecht und sozial verträglich zu gestalten.
       ist bereits vieles automatisiert worden und KI verändert ohne
       Frage die gesamte Arbeitswelt. Dabei ist klar, dass auch Jobs   Aber es gibt auch die positiven Seiten …
       wegfallen werden. Und auch wenn es trotzdem immer noch                 Natürlich, zum Beispiel ist ja bereits durch Automati-
       Menschen brauchen wird, die beispielsweise Überwachungs-        sierungsprozesse am Fließband körperliche Arbeit erleichtert
       tätigkeiten übernehmen, bleibt die Frage: Will ich diesen,      worden. Und neue Technologien schaffen ja auch ganz neue
       durch den Einsatz von KI veränderten Job machen? Stört es       Jobs. Wenn KI-basierte Systeme innerhalb von Unternehmen

— 18
Digitalisierung                                                  BAM — November / Dezember 2021

eingesetzt werden sollen, kann es sein, dass es Übersetzer        bringen. Aber dort, wo es um die Interaktion mit Patien-
KI-basierter Outputs und Prozesse gibt, die die Ergebnisse        ten geht und bei wichtigen Entscheidungsprozessen wird
interpretieren. Wenn zum Beispiel eine Maschine zum vier-         es noch dauern. Je sozialer die Aufgabe ist, desto weniger
ten Mal in Folge denselben Mitarbeiter des Monats ausge-          schnell kommt vermutlich der erfolgreiche Einsatz KI-basier-
wählt hat, stellt sich die Frage, ob das so richtig ist und was   ter S
                                                                      ­ ysteme.
die Gründe dafür sein könnten. Für die Überprüfung und
Interpretation KI-basierter Systeme werden Mitarbeiter mit        Könnte im Einzelhandel bald das Kassenpersonal über-
besonderer Expertise benötigt.                                    flüssig werden?
                                                                         In dem Bereich geht die Entwicklung schnell, die
Sind Maschinen die besseren Personaler? Man erhofft               Selbstbe­dienungskassen sind überraschenderweise zwar in
sich dabei ja totale Objektivität, stattdessen hört man           Deutschland noch nicht sehr verbreitet, im Ausland dagegen
von Algorithmen, die sogar sexistische oder rassistische          schon. Wenn da demnächst Lidl oder Aldi vorpreschen, wer-
Kategorien beim Sortieren von Bewerbungen angewandt               den die anderen schnell folgen. Was das mit den Arbeitsplät-
haben.                                                            zen im Einzelhandel machen wird, bleibt abzuwarten. Wäh-
        Algorithmen an sich können nicht sexistisch oder          rend manche Kundinnen und Kunden sicherlich den Kontakt
rassistisch sein. Die Datenauswahl als Grundlage für die          zu Verkäuferinnen und Verkäufern genießen, gibt es auch
Algorithmen hingegen kann natürlich Vorurteile beinhal-           Studien, in denen das Personal in Läden, in denen automati-
ten, wenn man bei der Entwicklung der Algorithmen nicht           sche Kassen schon Standard sind, berichten, dass Menschen
aufpasst. Wenn ich der Maschine 50 gute und 50 schlechte          beim Einkaufen gar nicht unbedingt Kontakt zu anderen
Lebensläufe als Orientierung zeige, kann es passieren, dass       Menschen haben wollen und somit automatische Kassen oft
unter den erfolgreichen in der Vergangenheit mehr Frauen          bevorzugt werden.
oder Männer waren und die Maschine das Geschlecht als
Erfolgskriterium wertet. Man kann dem System dann sagen,          Deutschland hinkt der internationalen Entwicklung
dass gewisse Aspekte ignoriert werden sollen, aber das ist        hinter­her, können wir das überhaupt noch aufholen?
nicht einfach: Ein selbstlernendes System kann aus vielen                In den letzten zwei Jahren wurde der Weg deutlich
Informationen ablesen, dass es sich beispielsweise um eine        geebnet, es gibt unfassbar viele Förderungen und Forschun-
Frau ­handelt – möglicherweise auch aus Informationen, die        gen, die Politik pusht das Thema sehr stark. Wir liegen aber
uns als M­ enschen erst einmal gar nicht so bewusst sind.         noch weit hinter China und den USA zurück – das liegt unter
                                                                  anderem daran, dass Europa eben menschzentrierte KI för-
                                                                  dern will, KI, die auch datenschutzkonform ist. Aber ich bin
                                                                  optimistisch: Wenn wir in Europa hohe moralische Stan-
                                                                  dards an die Entwicklung von KI-basierten Systeme legen,
                „KI verändert ohne Frage die                      kann das, was dabei entsteht, auch ein Alleinstellungsmerk-
                                                                  mal und damit Verkaufsargument im internationalen Wett-
                       gesamte Arbeitswelt.“                      bewerb sein.
                                                Markus Langer
                                                                  Hätten Sie das Interview auch einem Roboter gegeben?
                                                                        Ehrlich gesagt – wahrscheinlich schon.

Gibt es tatsächlich schon Firmen, die so ihre Personal­
entscheidungen treffen?                                           Markus Langer
       Ja, das gibt es bereits – bei großen Firmen wie Wal-       wissenschaftlicher Mitarbeiter am
mart beispielsweise, die erst mal aus einer Vielzahl an Bewer-    Lehrstuhl für Arbeits- und Organi-
bungen eine Vorauswahl treffen müssen. Allerdings gewäh-          sationspsychologie und Gründungs-
ren die Unternehmen nur ungern Einblick in die Ausmaße            mitglied von „Algoright, der Verein
dieser Verfahren. Das Ganze hat den positiven Effekt, dass        für gute Digitalisierung“.
auf diese Weise vielleicht einige Bewerbungsmappen wahr-
genommen werden, die sich früher einfach niemand ange­
sehen hätte. Mir ist allerdings auch keine Firma bekannt, die
zugibt, sich die endgültige Entscheidung für die Einstellung
von Bewerberinnen und Bewerbern von KI-basierten Syste-
men ab­­nehmen zu lassen.

Wie lange wird es dauern, bis KI unsere Arbeitswelt
­völlig umgekrempelt haben wird?
         Die Entwicklung ist sehr schwer abzuschätzen, es
 wird zurzeit viel probiert, aber der Einsatz von KI ist noch
 überschaubar. Bei einfacheren Gebieten kann es aber schnell
 gehen. Auch Pflege-Roboter stehen in den Startlöchern, die
 ein­fache Aufgaben übernehmen wie Essen oder Getränke

                                                                                                                                 — 19
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